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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 60 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Noricus Offline



Beiträge: 2.362

30.09.2013 19:47
#51 RE: Nichtwähler Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #50
Das Freiheitsprinzip steht für Herrn Schmitt-Beck also im Gegensatz zum Gleichheitsprinzip. Das sehe ich auch so. Nur wieso im Gegensatz zum Fairnessprinzip. Sehr interessant wie die Fairness die eigentlich beim Freiheitsprinzip zu verorten wäre, plötzlich dem Gleichheitsprinzip zu mehr Akzeptanz verhelfen soll.


Ich musste unlängst in einer soziologischen Arbeit lesen, dass Migranten einen schlechteren Zugang zu Gesundheitsleistungen hätten. Abgestellt wurde in diesem Beitrag nicht auf illegale Einwanderer ohne Krankenversicherungsschutz. Mit "schlechterer Zugang" war schlicht und einfach gemeint (und das ging aus dem Kontext klar hervor), dass Migranten, die Anspruch auf Leistungen der Krankenkasse haben, diesen nicht ausschöpfen. Es ist natürlich Unfug, von einem "schlechteren Zugang" zu sprechen, wenn eine geringe(re) Nutzun gemeint ist. Dies wäre genauso unsinnig, wie wenn ich sagte, ich hätte einen schlechteren Zugang zu Autobahnen, nur weil ich schon lange auf keiner mehr gefahren bin.

Aber das ist genau die Logik des zitierten Herrn Schmitt-Beck. Unfair ist es, wenn es jemand an einem Sonntag von 8 bis 18 Uhr nicht schafft*, sich in ein Wahllokal an seinem Wohnort zu begeben, um dort zwei Kreuze zu machen. Für manche Menschen scheint Paternalismus und Totalentmündigung ihrer Mitbürger etwas ganz Selbstverständliches zu sein.

*EDIT: bzw. nicht schaffen will

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.547

30.09.2013 20:15
#52 RE: Nichtwähler Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #50
Politiker sind also keine dem Souverän Dienst leistenden. Sie beschäftigen sich mit wichtigen Themen.


Mit Weltklimarettungen, Nahostfriedensinitiativen, Gurkenkrümmungen, Kongreßeröffungsreden und Dauerquasselgastrunden. Ob sie damit tatsächlich einen nennenswerten Schaden anrichten, scheint zweifelhaft; der Nutzen solch abschäftigen Getreibs dürfte auf recht exakt "0" taxiert werden.

adder Offline




Beiträge: 1.073

30.09.2013 21:24
#53 RE: Nichtwähler Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #50
Prof. Dr. Rüdiger Schmitt-Beck ist Direktor des Mannheimer Instituts für Europäische Sozialforschung. Hier eine kleine Diskussion seines Artikels im Cicero vom 25. September 2009:

Zitat von http://www.cicero.de/die-wähler-&uu...-einfluss/40179
Warum muss man sie denn mobilisieren? Hat nicht jeder die Freiheit, auf politische Beteiligung zu verzichten?
Das ist die Haltung der liberalen Demokratie, die auch ausdrücklich auf eine Wahlpflicht verzichtet.

Soweit so gut. Wir befinden uns in einer liberalen Demokratie, wir haben keine Wahlpflicht.



Wirklich? Natürlich haben wir Demokratie und unsere Institutionen und das Grundgesetz sind auch durchaus demokratisch, rechtstaatlich und größtenteils liberal geprägt. Leider ist aber ein Großteil des Personals sowohl beim Souverän als auch in der Politik nicht mehr liberal.

Zitat von http://www.cicero.de/die-wähler-&uu...-einfluss/40179
Wenn man jedoch nicht, wie diese Grundhaltung, der Freiheit des Einzelnen den Vorrang gibt, sich politisch zu engagieren oder eben nicht, sondern sagt: Eine Demokratie sollte alle Bürger interessieren und für alle da sein, um eine sozial gleichmäßigere politische Repräsentation zu sichern, und zwar auch um den Preis, dass man manche Personen erst einmal zur Beteiligung verpflichten muss – dann ist das eine begrüßenswerte Maßnahme.


Zitat
Womit er klarmacht worum es geht: Gibt man der Freiheit des Einzelnen den Vorrang, oder nicht? Herr Schmitt-Beck jedenfalls nicht, ebenso wenig wie er mit einer liberalen Demokratie etwas anfangen kann. Die opfert er gern um den Preis, dass "manche Personen" zur Beteiligung an einer Wahl verpflichtet werden müssen.



Also, mit der Aussage "Eine Demokratie sollte alle Bürger interessieren" - da hat er durchaus ein Korn gefunden. Die Frage, ob man denjenigen, der sich eben nicht dafür interessiert, "umerzieht" oder zum "Schwarmwähler" degradiert oder einfach in Ruhe läßt - diese Frage definiert meines Erachtens diesen Kameraden zum Nicht-Liberalen.

Zitat
Nicht für den Souverän der wohl kaum noch als ein solcher bezeichnet werden kann, sondern eher die Macht welche ihn zur Beteiligung an einer Wahl zwingt.



Nein, natürlich nicht. Wobei man hier offen sagen muss, dass natürlich eine in der öffentlichen (oder veröffentlichten?) Wahrnehmung als "gute Menschen, die immer das richtige wollen" etc. gesehene Gruppierung von einer Wahlpflicht profitieren dürfte - wenn der unpolitische Bürger nicht weiter weiss, wen würde er denn bei einer Pflicht wählen?

Zitat

Zitat von http://www.cicero.de/die-wähler-&uu...-einfluss/40179
Wäre eine Wahlpflicht sinnvoll?
Sie kann sinnvoll sein. Wir wissen aus vergleichenden Studien, dass dort, wo Wahlpflicht existiert – selbst wenn es kaum tatsächlichen Zwang gibt – die Wahlbeteiligung sehr viel höher ist. Dadurch erreicht man eine sozial ausgewogenere politische Repräsentation: Diejenigen Gruppen, die sich am ehesten aus dem Wahlprozess ausklinken, werden dadurch an die Urne gebracht.



Ein Null-Argument. Dort, wo eine Pflicht existiert, wird immer die Pflichterfüllung größer sein als dort, wo sie nicht existiert. Aber vergessen wir lieber nicht, dass viele Menschen ihr Wahlrecht auch immer als Verpflichtung verstanden haben und wohl auch immer so verstehen werden. Diese Menschen dürften auch überdurchschnittlich politisch interessiert zu sein. Das ist natürlich schlecht für Emotionspolitiker, wenn die weniger interessierten eben nicht wählen gehen.

Zitat
Zitat:Das steht natürlich im Konflikt zur Maxime der liberalen Demokratie, die jedem Bürger freistellt, ob er sich engagieren will oder nicht. Da kollidieren zwei Maximen miteinander: Das eine ist das Freiheitsprinzip. Das andere ist das Gleichheits- und Fairnessprinzip. Je freier ich die Wahl gestalte, desto mehr nehme ich in Kauf, dass bestimmte Gruppen nicht repräsentiert werden.


Das Freiheitsprinzip steht für Herrn Schmitt-Beck also im Gegensatz zum Gleichheitsprinzip. Das sehe ich auch so. Nur wieso im Gegensatz zum Fairnessprinzip. Sehr interessant wie die Fairness die eigentlich beim Freiheitsprinzip zu verorten wäre, plötzlich dem Gleichheitsprinzip zu mehr Akzeptanz verhelfen soll.
Auch bekannt aus dem Wahlkampfslogan der Kommunisten: "Umfairteilen".




Ja. Wobei das Gleichheitsprinzip ja ein urliberales Thema ist: die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz nämlich. Nicht aber die Gleichheit aller Menschen in allen Belangen.

FrancisoDAnconia Offline



Beiträge: 74

01.10.2013 08:58
#54 RE: Nichtwähler Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #52
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #50
Politiker sind also keine dem Souverän Dienst leistenden. Sie beschäftigen sich mit wichtigen Themen.


Mit Weltklimarettungen, Nahostfriedensinitiativen, Gurkenkrümmungen, Kongreßeröffungsreden und Dauerquasselgastrunden. Ob sie damit tatsächlich einen nennenswerten Schaden anrichten, scheint zweifelhaft; der Nutzen solch abschäftigen Getreibs dürfte auf recht exakt "0" taxiert werden.


Sie meinen es wird kein nennenswerter Schaden angerichtet?
Nun wenn der Nutzen 0 ist, der Aufwand aber ungleich null dann sehe ich einen Schaden.

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.547

01.10.2013 10:49
#55 RE: Nichtwähler Antworten

Zitat von Manfred Sachs im Beitrag #30
Aber etwas anderes: Bin ich eigentlich der Einzige, dem sich, ob sprachlicher Fehlleistungen wie aktuellster Hochrechnung oder vorläufiges End-Ergebnis, die Fußnägel nach oben rollen?


Oder gerade in der Welt, 01.10., 10:19: "Arbeitslosenzahl sinkt um 97.000 Menschen"

Uwe Richard Offline



Beiträge: 1.255

01.10.2013 12:47
#56 RE: Nichtwähler Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #55
Zitat von Manfred Sachs im Beitrag #30
Aber etwas anderes: Bin ich eigentlich der Einzige, dem sich, ob sprachlicher Fehlleistungen wie aktuellster Hochrechnung oder vorläufiges End-Ergebnis, die Fußnägel nach oben rollen?


Oder gerade in der Welt, 01.10., 10:19: "Arbeitslosenzahl sinkt um 97.000 Menschen"

Sie wurden von mindestens einem Redakteur der Welt gelesen, denn die head line lautet itzo: »Zahl der Arbeitslosen sinkt um 97.000«

--
Wer mich ertragen kann, erträgt auch das Leben – Uwe Richard

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

03.10.2013 12:49
#57 RE: Nichtwähler Antworten

Zitat von adder im Beitrag #53
Wobei man hier offen sagen muss, dass natürlich eine in der öffentlichen (oder veröffentlichten?) Wahrnehmung als "gute Menschen, die immer das richtige wollen" etc. gesehene Gruppierung von einer Wahlpflicht profitieren dürfte - wenn der unpolitische Bürger nicht weiter weiss, wen würde er denn bei einer Pflicht wählen?

Ein ganz wichtiger Punkt. In diesem Fall müsste m. E. dann der Wahlzettel erweitert werden um "None of the Above".

Zitat von adder im Beitrag #53
Ein Null-Argument. Dort, wo eine Pflicht existiert, wird immer die Pflichterfüllung größer sein als dort, wo sie nicht existiert. Aber vergessen wir lieber nicht, dass viele Menschen ihr Wahlrecht auch immer als Verpflichtung verstanden haben und wohl auch immer so verstehen werden. Diese Menschen dürften auch überdurchschnittlich politisch interessiert zu sein. Das ist natürlich schlecht für Emotionspolitiker, wenn die weniger interessierten eben nicht wählen gehen.

Ich muss mich wiederholen: Es ist m. E. reine Propaganda Nichtwähler als unpolitisch einzuschätzen.

Zitat von adder im Beitrag #53
Wobei das Gleichheitsprinzip ja ein urliberales Thema ist: die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz nämlich. Nicht aber die Gleichheit aller Menschen in allen Belangen.

Es hilft nichts, der Kampf um die Bedeutung des Gleichheitsprinzips ist verloren. So wie es der Herr Schmitt-Beck versteht, wird es es auch allgemein verstanden. Die Gleichheit vor dem Gesetz ist weitestgehend erreicht. Nicht vollständig, aber im Vergleich zu den Zeiten als es als Forderung Eingang in liberale Grundsätze fand, schon.
Geblieben ist die Gleichmacherei mit Zielen wie den gleichen Lebensverhältnissen usw.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.547

18.10.2013 20:43
#58 RE: Nichtwähler Antworten

Zitat von Uwe Richard im Beitrag #56
Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #55
Zitat von Manfred Sachs im Beitrag #30
Aber etwas anderes: Bin ich eigentlich der Einzige, dem sich, ob sprachlicher Fehlleistungen wie aktuellster Hochrechnung oder vorläufiges End-Ergebnis, die Fußnägel nach oben rollen?


Oder gerade in der Welt, 01.10., 10:19: "Arbeitslosenzahl sinkt um 97.000 Menschen"

Sie wurden von mindestens einem Redakteur der Welt gelesen, denn die head line lautet itzo: »Zahl der Arbeitslosen sinkt um 97.000«




Der Headline-Poet bei der Welt übt weiterhin wacker:
"Kabul: Deutsche Botschaft bleibt nach Explosionen zu"

...zue Türen, appe Arme...

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

09.02.2015 23:02
#59 RE: Nichtwähler Antworten

Nichts hält ewig. Heute habe ich gewählt. Den Landrat meiner Wahl.

Viele Grüße, Erling Plaethe

crastro Offline



Beiträge: 212

19.02.2015 23:27
#60 RE: Nichtwähler Antworten

Die alten Griechen haben doch, zumindest hab ichs so mal gelernt, die Demokratie erfunden.
In dem Zusammenhang ist heute weitgehend in Vergessenheit geraten, daß bei denen als "demokratisch" das Losverfahren galt, die Wahl hingegen als "aristokratisch".

Ein heute faszinierender Gedanke. Würden es ausgeloste Bürger wirklich schlechter machen?

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

24.02.2015 23:27
#61 RE: Nichtwähler Antworten

Zitat
In dem Zusammenhang ist heute weitgehend in Vergessenheit geraten, daß bei denen als "demokratisch" das Losverfahren galt, die Wahl hingegen als "aristokratisch".



Es stimmt, die Athener bezeichneten ein auf direkter Demokratie und Losverfahren basierendes System als demokratisch, wurde der Staat dagegen von gewählten Vertretern dominiert, so galt das System als Aristokratie oder als Mischverfassung zwischen Demokratie und Aristokratie.

Dabei wird aber eines ignoriert: Die Philosophen, von denen diese Kategorisierung stammt, benutzen den Begriff der Demokratie als abwertende Bezeichnung und lehnten sie ab.

Ich meine Aristoteles war es, der eine Mischverfassung aus Demokratie und Aristokratie vorzog: Die obersten Beamten werden gewählt, aber von allen Vollbürgern. Also im Prinzip das, was wir heute als Demokratie bezeichnen.

Davon abgesehen, halte ich geloste Gremien aber für eine hervorragende, vielleicht auch überfällige Ergänzung gewählter Vertreter. In vielen Ländern werden bereits geloste Gremien in die Staatsgewalt effektiv und mit langer Tradition in das System der Gewaltenteilung und gegenseitigen Kontrolle eingebunden: Im Rahmen von Geschworenenverfahren.

Und das nicht nur in den USA und im Vereinigten Königreich, sondern auch in Frankreich oder Österreich.

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“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein

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