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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 60 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2 | 3
Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

21.09.2013 08:05
Nichtwähler Antworten

Der Wählerwille kennt viele Ausdrucksformen, eine davon besteht darin, seine Stimme nicht wegzugeben. Es zeugt m.E. von mangelndem Respekt vor der Mündigkeit des Wählers, dies nicht zu akzeptieren.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Hausmann Offline



Beiträge: 710

21.09.2013 09:27
#2 RE: Nichtwähler Antworten

D'accord, Erling Plaethe!

Auch das Überschütten mit Kaffeesatz ("Prognosen") bis zuletzt scheint mir eine Verhöhnung des mündigen Wählers; genau wie das abstoßende Tricksen der FDP um "Zweit"stimmen.

mfG

Nola Offline



Beiträge: 1.719

21.09.2013 10:33
#3 RE: Nichtwähler Antworten

Großartig, lieber Erling Plaethe

Endlich hat mal einer mit der Faust auf den Tisch gehauen, würde ich sagen, wenn diese (Ihre), längst einmal fällige Diffrenzierung nicht so unaufgeregt daherkäme. Das Fakten um nicht zu sagen Absichten, erst auf den zweiten oder dritten Blick erkennbar sind, daran haben wir uns ja gewöhnt, auch zwischen den Zeilen zu lesen, so als nicht ehemals DDRler, aber eine BW unter diesem Gesichtspunkt zu betrachten, da wär ich im Leben nicht drauf gekommen.

Es zeigt sich auch hier, wie sehr der Bürger mit dem auf allen Ebenen verordneten schlechtem Gewissen manipuliert werden soll.

Danke für diese Ausführungen und danke für's wachrütteln.

♥lich Nola

---------------------------

Status quo, nicht wahr, ist der lateinische Ausdruck für den Schlamassel, in dem wir stecken.
Zettel im August 2008

Florian Offline



Beiträge: 3.179

21.09.2013 11:30
#4 RE: Nichtwähler Antworten

Lieber Erling Plaethe,

mit vielem was Sie kritisieren haben Sie sicher recht.

Allerdings erscheint es mir etwas zu pauschal, den Grund für Nichtwählen in Verdrossenheit mit bestimmten Ausprägungen unseres politischen Systems zu sehen.
Gerade ein technisches Detail wie die Gewaltentrennung mag zwar Ihnen (und auch mir) wichtig sein. Aber ich mag nicht so recht glauben, dass deren mangelhafte Umsetzung wirklich einen nennenswerten Teil der Deutschen vom wählen abhält.

Es kann viele Gründe für Nicht-Wählen geben.
Es gibt auch andere als die von Ihnen genannten.

Womöglich sogar genau entgegengesetzte. Manche Leute wählen nämlich gerade deshalb, weil sie mit den Zuständen oder gar mit dem gesamten politischen System nicht zufrieden sind. Entsprechend könnte Nicht-Wählen auch bedeuten, dass man mit dem System im wesentlichen zufrieden ist.

Dafür spricht eigentlich auch die Empirie.
Es gibt nämlich durchaus Länder mit ausgeprägter Gewaltenteilung, in denen die Wahlbeteiligung niedrig ist (Musterbeispiel: USA).
Und es gibt Länder mit sehr ausgeprägten Volksrechten, geringer Politikverdrossenheit und dennoch niedriger Wahlbeteiligung (Musterbeispiel: Schweiz).

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

21.09.2013 12:05
#5 RE: Nichtwähler Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #4
Lieber Erling Plaethe,

mit vielem was Sie kritisieren haben Sie sicher recht.

Allerdings erscheint es mir etwas zu pauschal, den Grund für Nichtwählen in Verdrossenheit mit bestimmten Ausprägungen unseres politischen Systems zu sehen.
Gerade ein technisches Detail wie die Gewaltentrennung mag zwar Ihnen (und auch mir) wichtig sein. Aber ich mag nicht so recht glauben, dass deren mangelhafte Umsetzung wirklich einen nennenswerten Teil der Deutschen vom wählen abhält.

Es kann viele Gründe für Nicht-Wählen geben.
Es gibt auch andere als die von Ihnen genannten.

Womöglich sogar genau entgegengesetzte. Manche Leute wählen nämlich gerade deshalb, weil sie mit den Zuständen oder gar mit dem gesamten politischen System nicht zufrieden sind. Entsprechend könnte Nicht-Wählen auch bedeuten, dass man mit dem System im wesentlichen zufrieden ist.

Dafür spricht eigentlich auch die Empirie.
Es gibt nämlich durchaus Länder mit ausgeprägter Gewaltenteilung, in denen die Wahlbeteiligung niedrig ist (Musterbeispiel: USA).
Und es gibt Länder mit sehr ausgeprägten Volksrechten, geringer Politikverdrossenheit und dennoch niedriger Wahlbeteiligung (Musterbeispiel: Schweiz).

Alles richtig, lieber Florian. Die USA als Beispiel hatte ich beim Schreiben auch ständig im Kopf. Vielleicht ist es nicht so richtig rübergekommen:
Mein Plädoyer für die Nichtwähler gilt in erster Linie denen, die politisch interessiert sind und deshalb nicht wählen gehen. Nicht aus Protest, sondern weil die Abgeordneten, oder die Partei, die Stimme nicht verdient haben. Oder besser: Sie haben sie sich nicht verdient.

Abgeordnete sollten sich mit dem Gedanken vertraut machen, evaluiert zu werden. Ebenso wie eine Partei. Es ist einfach nicht logisch eine andere Partei zu wählen, wenn die, welche nach wie vor die meisten Übereinstimmungen mit den eigenen Vorstellungen aufweist, das Vertrauen der letzten Stimmgabe enttäuscht hat.

In einem System wie Amerika mit nur einer Alternative, wird ja auch um Wähler geworben und mobilisiert. Wer mit dem aktuellen Präsidenten zufrieden ist, wird ihn wohl eher wiederwählen als zu Hause zu bleiben. Zumal auch in Amerika Wahlen schon sehr sehr knapp ausgegangen sind.

Und natürlich kann Nicht-Wählen bedeuten, dass man mit dem gesamten politischen System im wesentlichen zufrieden ist. Davon gehe ich sogar in der Mehrheit aus. Bei einer Diskussion drüben bei Rayson habe ich das mit dem Begriff "beredtes Schweigen" verglichen.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Loki Offline



Beiträge: 128

21.09.2013 12:23
#6 RE: Nichtwähler Antworten

Gewaltenverschränkung ist kein Gegensatz zur Gewaltenteilung sondern eine Variante davon. Der Gegensatz, den Sie meinen, ist der zur Gewaltentrennung.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

21.09.2013 12:41
#7 RE: Nichtwähler Antworten

Zitat von Loki im Beitrag #6
Gewaltenverschränkung ist kein Gegensatz zur Gewaltenteilung sondern eine Variante davon. Der Gegensatz, den Sie meinen, ist der zur Gewaltentrennung.

Nein, kein Gegensatz. Aber Variante? Es ist ja so, dass ich eine Kontrolle und Beeinflussung der Gewalten untereinander begrüße, so wie in Amerika beispielsweise.
Meine Kritik richtig sich an die Dominanz der Exekutive. An die mangelhafte Ausbalanciertheit der drei Staatsgewalten. In der EU wie in Deutschland geht dies zu Lasten der Legislative und der Judikative.
Und bei den vielen Diskussionen die ich hier vor allem mit Noricus über das Thema geführt habe, wurde ich in dieser Sicht bestätigt.
Es muss ein gewisses Maß der Trennung in der Teilung der Gewalten geben, will man sie als einzelne Gewalt wahrnehmen, denke ich. Und ich halte dies für fundamental, unsere demokratische Verfasstheit betreffend.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Kritiker Offline



Beiträge: 274

21.09.2013 16:44
#8 RE: Nichtwähler Antworten

Lieber Erling Plaethe

Ein richtiger und guter Beitrag.

Meine Tendenz war bislang eigentlich auch, nicht zu wählen, denn ich habe nur die Wahl zwischen den Blinden, den Blindtauben und den Blindtaubstummen. Nicht, dass ich es besser machen kann, denn unser politisches System läßt nur diese Art von Politikern zu und bestraft konsequent ehrliche Leute, die mit Charakter ihren Standpunkt vertreten.

Und am schlimmsten stößt es mir auf, dass die Wahlgewinner am Ende schablonenhaft sagen werden, dass die Wähler ihre Politik bestätigt haben (was nicht stimmt) und die Wahlverlierer betonen werden, dass sie es nicht geschafft haben, ihre Politik den Wählern verständlich zu machen (was auch nicht stimmt).

Aber...
Was kann nicht-wählen schon bewirken? Selbst wenn die Wahlbeteiligung auf unter 20% sinken würde, gewählt werden nur die, die in den abgegebenen Stimmen genannt sind und die werden die letzten sein, die etwas ändern wollen. Und Reformen? Wer will die eigentlich? Bzw. welche Reformen wären Mehrheitsfähig? Reformen würde auch nur auf den Versuch herauslaufen, für sich das Beste an Macht und Einfluss herauszuholen.

Wenn wirklich einmal etwas Neues entsteht, dann stellt sich nur zu schnell die Realität ein. Am Brutalsten hat man das an den Piraten gesehen. Sie sind mit Visionen gestartet und haben sich dann selbst aus den Wolken gestürzt.

Also werde ich wohl wieder hin gehen, meine Kreuze machen und das politische Geschäft denen überlassen, die sich dazu berufen fühlen.

Der Kritiker

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

21.09.2013 17:17
#9 RE: Nichtwähler Antworten

Zitat
Sie reden von einer demokratischen Pflicht wählen zu gehen oder einfach von einer Wahlpflicht die es in Deutschland aber gar nicht gibt, wie Peer Steinbrück.



Ich finde auch Herrn Steinbrück gibt es in diesem Wahlkampf einfach nicht - als ernst zu nehmenden Kandidaten

______________________________________________________________________________

“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

21.09.2013 17:22
#10 RE: Nichtwähler Antworten

Zitat von Techniknörgler im Beitrag #9

Zitat
Sie reden von einer demokratischen Pflicht wählen zu gehen oder einfach von einer Wahlpflicht die es in Deutschland aber gar nicht gibt, wie Peer Steinbrück.


Ich finde auch Herrn Steinbrück gibt es in diesem Wahlkampf einfach nicht - als ernst zu nehmenden Kandidaten



Viele Grüße, Erling Plaethe

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

21.09.2013 20:32
#11 RE: Nichtwähler Antworten

Zitat von Kritiker im Beitrag #8

Aber...
Was kann nicht-wählen schon bewirken? Selbst wenn die Wahlbeteiligung auf unter 20% sinken würde, gewählt werden nur die, die in den abgegebenen Stimmen genannt sind und die werden die letzten sein, die etwas ändern wollen. Und Reformen? Wer will die eigentlich? Bzw. welche Reformen wären Mehrheitsfähig? Reformen würde auch nur auf den Versuch herauslaufen, für sich das Beste an Macht und Einfluss herauszuholen.

Wenn wirklich einmal etwas Neues entsteht, dann stellt sich nur zu schnell die Realität ein. Am Brutalsten hat man das an den Piraten gesehen. Sie sind mit Visionen gestartet und haben sich dann selbst aus den Wolken gestürzt.

Also werde ich wohl wieder hin gehen, meine Kreuze machen und das politische Geschäft denen überlassen, die sich dazu berufen fühlen.

Ich will niemanden davon abhalten wählen zu gehen.
Aber…
Nichtwähler machen die Parteien nervös. Sehr nervös. So sehr, dass sie von Pflichten fantasieren wo nur nur Grundrechte sind welche nicht in Anspruch genommen werden müssen. Das wär' ja noch schöner.
Nichtwähler können alles sein. Theoretisch könnten alle Nichtwähler die Partei wählen die sich um sie bemüht. Und es bemühen sich alle Parteien um die Nichtwähler. Nur auf die falsche Art und Weise. Sie gehen ihren gewohnt paternalistischen, obrigkeitsstaatlichen Weg. Der sollte scheitern, genau wie ihr Anspruch auf diejenigen Stimmen welche abgegeben werden.
Die Problematik wird schon von der Politik erkannt. Was fehlt sind mehr offene Bekenntnisse nicht zu wählen. Gut begründete.
Was die Parteien und Politiker am meisten in ihrer Eitelkeit kränkt, sind politisch interessierte Nichtwähler.

Zitat von http://www.welt.de/print/welt_kompakt/pr...ler-bewegt.html
Die Entscheidung, nicht zur Wahl zu gehen, sei oft "wohlüberlegt", konstatiert er. Das sei kein Desinteresse an Politik, sondern ein Desinteresse an der Art und Weise, wie sich Politik heute präsentiert.


Abgeordnete, Politiker und Parteien sind, bei aller Kritik, nicht gleich. Nur hat sich der Wettbewerb mit der Zeit von der Sachebene auf die Gefühlsebene verlagert. Sicherheit wird versprochen und Bevormundung geliefert.
Wähler werden mit sogenannten Wahlgeschenken gekauft, in dem man ihnen Geld verspricht, ihr Geld wohlgemerkt. Aber ohne den Teilrückzug des Staates aus seiner Fürsorgerrolle.
Dies sollte korrigiert werden. Und die Partei, welche als erstes damit beginnt, bekommt den größten Teil des Kuchens der da "Nichtwähler" heißt. Allerdings sollte sie gewarnt sein: Sie muss Kernaussagen einlösen (können).

Viele Grüße, Erling Plaethe

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

21.09.2013 21:31
#12 Einer muss mal die Gegenposition machen Antworten

Über Wahlpflicht und Gewaltenteilung denke ich ganz ähnlich, dem würde ich nicht widersprechen. Gerade Regime wie die DDR sind auf jeden legitimen Anstrich angewiesen. Man kann sehen, wie so etwas ausartet, beispielsweise in Studentenparlamenten, wo Wahlbeteiligungen unter 20% schon den Begriff Legitimation zum Scherze erklären.

ABER: Den Grund nicht zu wählen würde ich absolut nicht in der bescheidenen Gewaltenteilung in Deutschland sehen. Oder in der Parteienstruktur. Es gibt schlicht und einfach unpolitische Menschen. Und das ist gut so. Demokratie ist, so schön wir das alle finden, eine Herrschaftsform. Und die Herrschaft lässt sich daraus nicht wegdiskutieren, das Herrschaftsprinzip ist in jeder Ausgestaltungsform vorhanden. Nun gibt es aber Menschen, die gar kein Interesse an Herrschaft haben, die einfach nur ihre Ruhe haben wollen und froh sind, wenn der Staat sie in Ruhe lässt. Und die gehen dann eben nicht wählen. Was ich absolut legitim finde und man kann sich angesichts sinkender Wahlbeteílungen halt auch tatsächlich fragen wie legitim unsere Volksvertretung tatsächlich ist, wenn schon ein Drittel sich gar nicht dafür interessiert, wer da regiert.

Auch die Parteienschelte, die ich zu sehen meine, finde ich nicht wirklich korrekt. In diesem kleinen Zimmer hat mal jemand (Rayson um genau zu sein), einen sehr schönen Satz dazu gesagt, den ich seitdem (sinngemäß nicht wörtlich) nicht vergessen habe: Das ist eine Wahlkabine und nicht "Wünsch-Dir-Was". Ja, genau. Parteien sind nicht "Wünsch-Dir-Was". Parteien sind ein Ergebnis des Willens ihrer Mitglieder. Wem das nicht passt, der kann gerne eine eigene Partei gründen. Oder sich in einer bestehenden Partei engagieren. Aber die existierenden Parteien sind nicht schuld daran, dass die Wünsche eines spezifischen Wählers bei ihnen leider nicht geteilt werden. In einer repräsentativen Demokratie muss ich damit leben, dass die Vertreter, die ich entsende, eben nicht hundert Prozent das vertreten, was ich will. Sie vertreten was sie wollen. Und ich kann entscheiden, ob ich das teile. Ich teile es in aller Regel nicht. Aber das ist meine persönliche Haltung und die hat damit zu tun, dass ich an ein politisches Ideal, den Liberalismus, glaube, der in diesem Land eben keine Mehrheit hat. Aber das ist ein "Problem" der Demokratie an sich, nicht der Parteien. Ich wäre auch in einer direkten Demokratie in der Minderheit. Und ich wäre ebenso in einer Minderheit, wenn ich mich selbst aufstellte und genau das repräsentieren würde, was ich für richtig halte. Das Wesen der Demokratie ist nicht "Wünsch Dir was". Es ist vielleicht sowas wie "Such das, was deinen Wünschen am nächsten kommt." Aber das klingt reichlich doof.

Und ein letztes noch: Ich glaube nicht dass ein Wahlzwang Sinn macht. Und ich glaube auch nicht, dass es eine moralische Pflicht zu wählen gibt. Aber ich meine schon, dass Schweigen Zustimmung signalisieren kann. Und wer nicht wählt, hat zumindest Probleme glaubhaft zu kritisieren. Einfach dagegen zu sein ist zwar nett, aber nicht konstruktiv oder zielführend. Ich persönlich halte es für wichtig zu wählen. Und ich habe jede (politische) Wahl wahrgenommen, die mir bis jetzt zur Verfügung stand. Weil es mir wichtig ist zu kritisieren. Und wenn es die Hampel sind, die ich gewählt habe. Zum Beispiel bin ich gnadenlos enttäuscht von der FDP. Aber ich nehme mir auch das Recht dazu, weil ich sie gewählt habe. (Von der SED kann ich nicht enttäuscht sein, ich würde mir eher ein Loch in die Kniescheibe bohren, bevor ich auch nur darüber nachdächte dort ein Kreuz zu machen.)
Ich habe auch jetzt gewählt und zwar etwas, was nahezu überhaupt keine Aussicht auf Erfolg hat. Aber ich habe das getan. Und es ist erheblich mehr als sich zu beschweren und dann an einer der wenigen Stellen, wo man etwas ändern kann, lieber Segeln zu gehen.

adder Offline




Beiträge: 1.073

21.09.2013 22:08
#13 RE: Einer muss mal die Gegenposition machen Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #12
Über Wahlpflicht und Gewaltenteilung denke ich ganz ähnlich, dem würde ich nicht widersprechen. Gerade Regime wie die DDR sind auf jeden legitimen Anstrich angewiesen. Man kann sehen, wie so etwas ausartet, beispielsweise in Studentenparlamenten, wo Wahlbeteiligungen unter 20% schon den Begriff Legitimation zum Scherze erklären.(....)Aber das ist ein "Problem" der Demokratie an sich, nicht der Parteien. Ich wäre auch in einer direkten Demokratie in der Minderheit. Und ich wäre ebenso in einer Minderheit, wenn ich mich selbst aufstellte und genau das repräsentieren würde, was ich für richtig halte. Das Wesen der Demokratie ist nicht "Wünsch Dir was". Es ist vielleicht sowas wie "Such das, was deinen Wünschen am nächsten kommt." Aber das klingt reichlich doof.

Und ein letztes noch: Ich glaube nicht dass ein Wahlzwang Sinn macht. Und ich glaube auch nicht, dass es eine moralische Pflicht zu wählen gibt. Aber ich meine schon, dass Schweigen Zustimmung signalisieren kann. Und wer nicht wählt, hat zumindest Probleme glaubhaft zu kritisieren. Einfach dagegen zu sein ist zwar nett, aber nicht konstruktiv oder zielführend. Ich persönlich halte es für wichtig zu wählen. Und ich habe jede (politische) Wahl wahrgenommen, die mir bis jetzt zur Verfügung stand. Weil es mir wichtig ist zu kritisieren. Und wenn es die Hampel sind, die ich gewählt habe. Zum Beispiel bin ich gnadenlos enttäuscht von der FDP. Aber ich nehme mir auch das Recht dazu, weil ich sie gewählt habe. (Von der SED kann ich nicht enttäuscht sein, ich würde mir eher ein Loch in die Kniescheibe bohren, bevor ich auch nur darüber nachdächte dort ein Kreuz zu machen.)
Ich habe auch jetzt gewählt und zwar etwas, was nahezu überhaupt keine Aussicht auf Erfolg hat. Aber ich habe das getan. Und es ist erheblich mehr als sich zu beschweren und dann an einer der wenigen Stellen, wo man etwas ändern kann, lieber Segeln zu gehen.


Lieber Llarian, Sie müssen hier nicht alleine die Gegenposition einnehmen. Ich halte auch nichts von Wahlzwang. Allerdings halte ich es aber auch für richtig, wenn jemand sein Bürgerrecht auch als Bürgerpflicht versteht. Wer nicht wählt, hat nichts verändert - er stimmt also entweder dem Status quo zu? oder ist es ihm nur völlig egal, was passiert und wer ihn nachher wie auch immer beherrscht? Zumindest hat ein Nichtwähler eben von seinem kleinen Moment der Einflussnahme keinen Gebrauch gemacht. Wahrscheinlich also wird er hinterher meckern - nur: hätte er (und hätten Tausende/Millionen andere mit ihm) etwas getan und eine ihm zusagende Partei aus dem Pool der ganz kleinen gewählt - wäre die Wahl eben anders ausgegangen und er hätte evtl. nichts zu meckern.

Natürlich ist Teilhabe an der Demokratie schwer und umständlich... Natürlich muss man sich mit dem ganzen Problem beschäftigen (oder jemandem vertrauen, der das getan hat)... Natürlich ist eine informierte Wahlentscheidung kein Geschenk sondern schwere Arbeit und mit stundenlangen Recherchen verbunden...

Ich halte im Übrigen eine Wahlbeteiligung von ca 66-80 % (also 2/3 bis 4/5 der Wahlberechtigten) für absolut akzeptabel. Es gibt nun einmal Menschen, die sich nicht interessieren oder eben auch mal keine Entscheidung treffen können oder wollen. Gehen weniger zur Wahl, wird auch nicht die Demokratie abgeschafft.

Nun, eigentlich könnte ich sogar ganz froh sein, je weniger Leute wählen gehen, desto wichtiger ist meine Stimme. Leider bleiben die falschen Leute zu hause, während die ganzen Staatsgläubigen immer gute Mobilisierungsraten haben.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

21.09.2013 23:44
#14 RE: Einer muss mal die Gegenposition machen Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #12

ABER: Den Grund nicht zu wählen würde ich absolut nicht in der bescheidenen Gewaltenteilung in Deutschland sehen. Oder in der Parteienstruktur. Es gibt schlicht und einfach unpolitische Menschen. Und das ist gut so. Demokratie ist, so schön wir das alle finden, eine Herrschaftsform. Und die Herrschaft lässt sich daraus nicht wegdiskutieren, das Herrschaftsprinzip ist in jeder Ausgestaltungsform vorhanden. Nun gibt es aber Menschen, die gar kein Interesse an Herrschaft haben, die einfach nur ihre Ruhe haben wollen und froh sind, wenn der Staat sie in Ruhe lässt. Und die gehen dann eben nicht wählen. Was ich absolut legitim finde und man kann sich angesichts sinkender Wahlbeteílungen halt auch tatsächlich fragen wie legitim unsere Volksvertretung tatsächlich ist, wenn schon ein Drittel sich gar nicht dafür interessiert, wer da regiert.

Meiner Ansicht nach ist es ein großer Irrtum anzunehmen, Nichtwähler seien unpolitisch. Das sieht die politische Klasse vielleicht so, weil sie nur sieht, was sie sich erklären kann. Perspektiven, welche dem eigenen Selbstverständnis widersprechen, werden bei manchen wohl nicht mal für möglich gehalten.
Gerade wer seine Ruhe haben will, hat ein Interesse daran, in Ruhe gelassen zu werden. Er will vom Staat in Ruhe gelassen werden. Die Herrschaft ist ihm egal. Diese Nichtwähler interessieren sich für den Erhalt und Ausbau von wirtschaftlicher und persönlicher Freiheit. Klassische liberale Werte also.
Politisch uninteressierte Menschen sind in Deutschland eine echte Rarität. Fast jeder hat zu allem irgendeine Meinung, ein Anliegen, eine Forderung. Vor allem an den Staat.
Zitat von Llarian im Beitrag #12
Auch die Parteienschelte, die ich zu sehen meine, finde ich nicht wirklich korrekt. In diesem kleinen Zimmer hat mal jemand (Rayson um genau zu sein), einen sehr schönen Satz dazu gesagt, den ich seitdem (sinngemäß nicht wörtlich) nicht vergessen habe: Das ist eine Wahlkabine und nicht "Wünsch-Dir-Was". Ja, genau. Parteien sind nicht "Wünsch-Dir-Was". Parteien sind ein Ergebnis des Willens ihrer Mitglieder. Wem das nicht passt, der kann gerne eine eigene Partei gründen. Oder sich in einer bestehenden Partei engagieren. Aber die existierenden Parteien sind nicht schuld daran, dass die Wünsche eines spezifischen Wählers bei ihnen leider nicht geteilt werden. In einer repräsentativen Demokratie muss ich damit leben, dass die Vertreter, die ich entsende, eben nicht hundert Prozent das vertreten, was ich will. Sie vertreten was sie wollen. Und ich kann entscheiden, ob ich das teile. Ich teile es in aller Regel nicht. Aber das ist meine persönliche Haltung und die hat damit zu tun, dass ich an ein politisches Ideal, den Liberalismus, glaube, der in diesem Land eben keine Mehrheit hat. Aber das ist ein "Problem" der Demokratie an sich, nicht der Parteien. Ich wäre auch in einer direkten Demokratie in der Minderheit. Und ich wäre ebenso in einer Minderheit, wenn ich mich selbst aufstellte und genau das repräsentieren würde, was ich für richtig halte. Das Wesen der Demokratie ist nicht "Wünsch Dir was". Es ist vielleicht sowas wie "Such das, was deinen Wünschen am nächsten kommt." Aber das klingt reichlich doof.

Mein Artikel ist keine Parteienschelte. Er ist die Antwort auf eine versuchte Nötigung, aus meinem Recht meine Stimme abgeben zu können, eine Pflicht machen zu wollen. Das ist schlicht eine Frechheit, die ich nicht hinnehme und die mich erinnert hat an eine Zeit in der ich "Nichtwähler" war.
Klar bin ich der Ansicht, dass beispielsweise die FDP mit ihrer klaffenden Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit, direkt Nichtwähler verursacht. Umso dreister erscheint mir dann die Aufforderung Guido Westerwelles:
"Mit Recht und Pflicht an die Wahlurnen".
Von mir aus können die Parteien machen was sie wollen. Ich gehöre keiner an. Aber ich wehre mich gegen die durchsichtigen Versuche, die Folgen der eigenen Prinzipienlosigkeit als einen Dienst zum Erhalt der Demokratie zu verkaufen. Und dagegen, dass die wahlberechtigten Bürger, die ihre Stimme abgeben können, dies als Geschenk ansehen sollen, dessen sie sich mit bravem Gang zur Wahlurne würdig zu erweisen haben.
Dieser Wille, nicht wählen zu wollen, hat, meiner Ansicht nach, einfach akzeptiert zu werden.

Viele Grüße, Erling Plaethe

ossi_normalo Offline



Beiträge: 20

22.09.2013 00:56
#15 RE: Nichtwähler Antworten

Nichtwählen in der Zone bedeutete Ablehnen des ganzen Wahlangebots aus dem Block der Nationalen Front. Es erforderte persönlichen Mut, nicht zur Wahl zu gehen. Das Nichtwählen aus Beuehmlichkeit oder auch aus Alters- oder Krankheitsgründen gab es nicht. Die Wahlurne wurde noch ans Sterbebett gebracht.

Nichtwählen bei der Bundestagswahl hat andere Gründe. Reine Bequemlichkeit, Alter, Krankheit kann durchaus eine Rolle spelen. Der Hauptgrund aber ist das Mißbehagen über das Gesamtangebot an Wahlmöglichkeiten. Überwiegend werden Kandidaten/Parteien der nationalen Front der Etablierten angeboten(CSU,CDU,SPD,FDP,Grüne). Diese Parteien haben noch nie die realen Bürgerinteressen vertreten oder haben diese soweit verraten(Merkel), daß sie ein anständiger Mensch nicht mehr wählen kann. Dann gibt es eine etablierte Gegen-alles-Opposition, die Linke. Die konnte ein anständiger Mensch noch nie wählen, so häuslich sie sich auch in der bundesrepublikanischen Wirklichkeit eingerichtet haben.
Dann gibt es noch ein Sortiment von Splitterparteien/Einzelkandidaten, in den Medien gern als Sonstige bezeichnet. Die kann ein vernünftiger Mensch nicht wählen, weil schon die Mühe des Wahlgangs nicht lohnt, die 5%-Hürde vernichtet diese Stimme sowieso.
Wir sind aber diesmal in der ungewöhnlich glücklichen Situation eines Angebots einer neuen Partei für die heimatlos gewordene bürgerliche Mitte, mit der endlich Gelegenheit geboten wird, dem Klüngel der Euro-Blockparteien die Ablehnung zu verdeutlichen, der Alternative für Deutschland(AfD).
Reell zu erwarten sind nach Privatmeinung rund 4%. Hier lohnt sich also der Einsatz. Und er lohnt sich selbst bei einer Niederlage, weil endlich Merkel, die jederzeit willig das Bürgertum, die Nation und jede Vernunft dem Kalkül des Machterhalts opfert, mal Grenzen gezeigt werden. Wird sie persönlich nicht schmerzen, sie koaliert sowieso mit allen - auch linkem Schmutz - solange sie an der Spitze steht.
Was aber zählt, ist die Perspektive für die Zukunft. Nachdem Merkel und die jämmerliche FDP in ihrem Schlepptau die Interessen des Bürgertums verraten haben, ist in Deutschland Platz für eine Partei der realen Bürgerinteressen entstanden. Es besteht Hoffnung, daß sich schon bei der Europawahl mit gesenkter Schwelle, enttäuschte Politiker von CDU und FDP der AfD anschließen.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

22.09.2013 00:58
#16 RE: Einer muss mal die Gegenposition machen Antworten

Zitat von adder im Beitrag #13

Natürlich ist Teilhabe an der Demokratie schwer und umständlich... Natürlich muss man sich mit dem ganzen Problem beschäftigen (oder jemandem vertrauen, der das getan hat)... Natürlich ist eine informierte Wahlentscheidung kein Geschenk sondern schwere Arbeit und mit stundenlangen Recherchen verbunden…

Das wäre eine traurige Demokratie in der die Teilhabe an ihr, sich auf den Gang zur Wahlurne beschränkte. In der kleinen Gesellschaft, da wo ich wohne, haben wir vor ein paar Wochen gerade einen kommunistischen Übernahmeversuch abgewehrt, sehr erfolgreich muss ich sagen. Auch so kann demokratische Teilhabe aussehen.
Auch ein Artikel, wie der über den wir diskutieren, ist demokratische Teilhabe.
Wählen zu gehen ist ebenfalls eine Form, auch die Mitgliedschaft in einer Partei oder die Mitarbeit in einer anderen Organisation.
Angesichts der weiter wachsenden Bedeutung der öffentlichen Meinung, stellt sich die Frage, ob es nicht Möglichkeiten der demokratischen Teilhabe gibt, die bedeutender und einflussreicher sind, als alle vier Jahre zwei Stimmen abzugeben.
Bedenken würde ich bei dieser Überlegung auch, wie nah Umfragen von gerade mal 1000 Personen dem tatsächlichen Wahlergebnis kommen. Wenn also eine Wahlbeteiligung von 1000 repräsentativen Personen das annähernd gleiche Wahlergebnis erzielt, wie eine von etwas mehr als der Hälfte aller Wahlberechtigten bekommt die Bedeutung einer Stimme mal eine andere Perspektive.

Viele Grüße, Erling Plaethe

HR ( gelöscht )
Beiträge:

22.09.2013 01:56
#17 RE: Nichtwähler Antworten

Dem Großteil der Nichtwähler spreche ich die Mündigkeit ab.
Desinteressierte ohne jeden politischen Willen.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

22.09.2013 02:22
#18 RE: Nichtwähler Antworten

Ein sehr interessanter Artikel wie ich finde, er spricht über dieses Zitat hinaus die Probleme des modernen Parlamentarismus an und geht auch auf die Entmündigung der Abgeordneten durch ihre Parteien ein.

Zitat von http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/bi...n-12580980.html
Emblematisch für diesen Trend war der Atomkonsens, den die rot-grüne Bundesregierung am 14. Juni 2000 unterzeichnete. Der Gesetzestext war ausgehandelt worden zwischen den Vertretern der Energiekonzerne und der Exekutive des Bundes, Wort für Wort. Und anscheinend wortgetreu verabschiedete ihn dann der Bundestag. Bei dieser Art „faktischer Entscheidungsverlagerung auf außerparlamentarische Instanzen“ bleibt, wie Horst Dreier kommentierte, der Volksvertretung nur noch, „Ja und Amen zu sagen“. Eigentlich bräuchten wir keine Abgeordneten mehr zu wählen. Da die Deliberation sich aus den Parlamenten verflüchtigt, bedarf es bloß eines Automaten, der Ja- und Nein-Stimmen nach Fraktionstärken ausspuckt. Die Abgeordneten sitzen nur herum, um Beifall zu spenden für Schaukämpfe, die im medialen Resonanzraum verhallen.

Die Mehrheitsentscheidung kann ohne besondere kulturelle Dispositionen der Entscheidungsträger nicht überleben. Ob diese Dispositionen zu reaktivieren sind oder verloren gehen, daran müsste sich die Zukunft der parlamentarischen Demokratie entscheiden, falls man die Entparlamentarisierung einfach weiterlaufen ließe.


Eine Mündigkeit allerdings, die ihnen selbstverständlich von niemandem abgesprochen werden könnte, wären sie nicht bereit dies mit sich geschehen zu lassen.

Viele Grüße, Erling Plaethe

adder Offline




Beiträge: 1.073

22.09.2013 09:58
#19 RE: Einer muss mal die Gegenposition machen Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #16
Zitat von adder im Beitrag #13

Natürlich ist Teilhabe an der Demokratie schwer und umständlich... Natürlich muss man sich mit dem ganzen Problem beschäftigen (oder jemandem vertrauen, der das getan hat)... Natürlich ist eine informierte Wahlentscheidung kein Geschenk sondern schwere Arbeit und mit stundenlangen Recherchen verbunden…

Das wäre eine traurige Demokratie in der die Teilhabe an ihr, sich auf den Gang zur Wahlurne beschränkte. In der kleinen Gesellschaft, da wo ich wohne, haben wir vor ein paar Wochen gerade einen kommunistischen Übernahmeversuch abgewehrt, sehr erfolgreich muss ich sagen. Auch so kann demokratische Teilhabe aussehen.
Auch ein Artikel, wie der über den wir diskutieren, ist demokratische Teilhabe.
Wählen zu gehen ist ebenfalls eine Form, auch die Mitgliedschaft in einer Partei oder die Mitarbeit in einer anderen Organisation.
Angesichts der weiter wachsenden Bedeutung der öffentlichen Meinung, stellt sich die Frage, ob es nicht Möglichkeiten der demokratischen Teilhabe gibt, die bedeutender und einflussreicher sind, als alle vier Jahre zwei Stimmen abzugeben.
Bedenken würde ich bei dieser Überlegung auch, wie nah Umfragen von gerade mal 1000 Personen dem tatsächlichen Wahlergebnis kommen. Wenn also eine Wahlbeteiligung von 1000 repräsentativen Personen das annähernd gleiche Wahlergebnis erzielt, wie eine von etwas mehr als der Hälfte aller Wahlberechtigten bekommt die Bedeutung einer Stimme mal eine andere Perspektive.


Aber, lieber Erling Plaethe, auch diese Form der Teilhabe ist schwer und umständlich. Ohne jede Gewichtung verschiedener Formen der Teilhabe kann ich sagen, dass jede einzelne vom Bürger ein hohes Maß an Engagement und Interesse verlangt - mit einer, aber auch wirklich nur einer Ausnahme: einfach dem Mainstream hinterherlaufen und sich von interessierter Seite als Wahlvieh und Wutbürger benutzen zu lassen. Auch dieses ist Teil jeder Wahl - ansonsten gäbe es nicht diese monolithisch erscheinenden Blöcke von "etablierten" Parteien. Dennoch: die Partei, die mehrheitlich von den Nicht-mehr-Nichtwählern gewählt wird, hat einen gewaltigen Einfluss auf die Politik der BRD. Sieht man, woher ein wirklich großer Prozentsatz der AfD-Wähler kommen, stellt man auch fest, dass die Wähler bei der letzten Wahl nicht gewählt haben oder bei dieser Wahl nicht hätten wählen wollen, gäbe es nicht diese AfD. Gleiches unterstelle ich bei den "Freien Wählern" und ähnlichen Bürgerinitiativ-Parteien.

Natürlich haben Sie recht, dass es ein Armutszeugnis für unsere politische Landschaft (und unsere Medien, die ja diese Landschaft ganz entscheidend mit gestalten, indem sie "Unkraut" über den Vorwurf des 'Rechtspopulismus', 'Marktradikalität' oder 'Rechtsseins' entfernen) ist, wenn etwa ein Drittel der Wahlberechtigten für sich kein Angebot findet. Allerdings muss ich darauf auch antworten (dürfen), dass dieses Drittel der Wahlberechtigten natürlich auch die eigenen Hinterbeine in die Hand nehmen und ein Angebot erstellen könnte (oder eines "kapern" könnte - es gab ja verschiedene Versuche, teils erfolgreich wie bei der Übernahme der alten Grünen durch die K-Gruppen, teils weniger erfolgreich wie das Kapern der FDP durch Studenten).
Auch kann man sich auf die eine oder andere Art in Tea Party like grass root campaigns, also Vorfeldarbeit, engagieren. Man muss sich nur aufraffen. Einfach Politik konsumieren, das ist nur für die Grünen und Linken (und Angela Merkel!) erfolgreich.

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

22.09.2013 12:25
#20 RE: Nichtwähler Antworten

Zitat von HR im Beitrag #17
Dem Großteil der Nichtwähler spreche ich die Mündigkeit ab.
Desinteressierte ohne jeden politischen Willen.

Was ist daran so schlimm ? Muss man einen politischen Willen haben ? Mir ist jemand, der keinen politischen Willen hat und eigentlich nur sein Leben ohne grossen Einfluss der Politik leben will, hundertmal lieber, als jemand, der mir seinen politischen Willen, am Ende mit Gewalt, aufzwingen will. Und zwar mindestens hundertmal.
Mein politischer Wille ist es ebenso möglichst von der Politik in Ruhe gelassen zu werden. Aber dafür wähle ich, weil ich das für effizienter halte als nicht zu wählen. Die Motivationslage ist aber durchaus ähnlich, nur der Weg ist anders. Jemanden deswegen die Mündigkeit (!) abzusprechen, nun ja, sowas ist schnell gesagt. Aber man sollte vorsichtig damit sein, lieber HR, denn die Konsequenzen aus der Frage ob jemand mündig ist oder nicht, sind massiv.

Nola Offline



Beiträge: 1.719

22.09.2013 13:16
#21 RE: Nichtwähler Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #20
Zitat von HR im Beitrag #17
Dem Großteil der Nichtwähler spreche ich die Mündigkeit ab.
Desinteressierte ohne jeden politischen Willen.

Was ist daran so schlimm ? Muss man einen politischen Willen haben ? Mir ist jemand, der keinen politischen Willen hat und eigentlich nur sein Leben ohne grossen Einfluss der Politik leben will, hundertmal lieber, als jemand, der mir seinen politischen Willen, am Ende mit Gewalt, aufzwingen will. Und zwar mindestens hundertmal.
Mein politischer Wille ist es ebenso möglichst von der Politik in Ruhe gelassen zu werden. Aber dafür wähle ich, weil ich das für effizienter halte als nicht zu wählen. Die Motivationslage ist aber durchaus ähnlich, nur der Weg ist anders. Jemanden deswegen die Mündigkeit (!) abzusprechen, nun ja, sowas ist schnell gesagt. Aber man sollte vorsichtig damit sein, lieber HR, denn die Konsequenzen aus der Frage ob jemand mündig ist oder nicht, sind massiv.


Dann stelle ich mal die Frage: was ist mit denen, die "mündig" sind? Ich spreche jetzt einfach mal von durchaus politikinteressierten Bürgern, die gestanden im Berufsleben sind, intelligent und gut ausgebildet. Diese haben meist einen langen Arbeitstag zu absolvieren, sind oft zu spät zu Hause um Familienleben zu pflegen und/oder um allen Anforderungen, die sonst noch da sind, gerecht werden zu können. Diese sicherlich nicht geringe Anzahl von Bürgern wird in der knappen kurzen Feierabendzeit von Tagesschau etc. informiert. Und, natürlich gibt es für sie keinen Grund die Infos in Medien und auch leider gerade den ÖR anzuzweifeln, jedenfalls nicht so kritisch wie man sollte.

Und so wird man (ich) dann mit der Aussage beglückt: ABER DIE AFD IST DOCH RECHTS.

- Nein ist sie nicht.

- Doch, informier dich mal. In der Talk-Runde JauMeiWillIll... und in der Sendung a-z wurde das beschrieben und warum. Außerdem stand es in der Ypsilon-Tages-Zeitung.

- Nein, das ist nicht richtig so; es werden viele Falschinformationen durch die MSM verbreitet.

- Ach ja, alle haben unrecht, nur du hast recht !?!

- Nein, aber ich habe mich intensiv informiert und das ganze verhält sich so ......

Stunden später, wenn das Gegenüber (sonst eher der Fraktion der Gutmenschen und Gründaumen zuzuordnen) uns überhaupt diese Zeit schenkt:

- ach so, das wußte ich nicht, da möchte ich gern mehr drüber wissen.

Ich glaube man ahnt, mit wem ich dieses Gespräch hatte. Fakt ist jedenfalls, die Zeit, die ich dafür aufbringe im Netz von "Quelle zu Quelle" weiter zu vertiefen, hat der "normale" Bürger nicht, darauf bauen und vertrauen die Politiker. Als weitere Variante stehen noch diese grottenschlechten Wahlslogan an jedem Baum, knapp und kurz und einprägend in der Aussage, eben für Menschen ohne Zeit.

♥lich Nola

---------------------------

Status quo, nicht wahr, ist der lateinische Ausdruck für den Schlamassel, in dem wir stecken.
Zettel im August 2008

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

22.09.2013 17:34
#22 RE: Einer muss mal die Gegenposition machen Antworten

Zitat von adder im Beitrag #19
Dennoch: die Partei, die mehrheitlich von den Nicht-mehr-Nichtwählern gewählt wird, hat einen gewaltigen Einfluss auf die Politik der BRD. Sieht man, woher ein wirklich großer Prozentsatz der AfD-Wähler kommen, stellt man auch fest, dass die Wähler bei der letzten Wahl nicht gewählt haben oder bei dieser Wahl nicht hätten wählen wollen, gäbe es nicht diese AfD. Gleiches unterstelle ich bei den "Freien Wählern" und ähnlichen Bürgerinitiativ-Parteien.

Dann war die Wahlenthaltung der Nichtwähler sehr Zielführend. Die Politik der Kanzlerin schafft Nachfrage nach konservativer Themensetzung und auch nach klassisch-liberaler. Diese konservative Lücke wird hoffentlich mit dem Einzug der AfD in den Bundestag geschlossen. Ich habe hier von Anfang dafür plädiert - bei aller Kritik meinerseits. Ich werde mich freuen, wenn sie es schaffen.
Fehlt bloß noch die Schließung der klassisch-liberalen Lücke. Aber auch die wird kommen, da bin ich zuversichtlich.
Offenbar muss den Marktmechanismen, welche auch in der Politik gelten, etwas auf die Sprünge geholfen werden.

Zitat von adder im Beitrag #19
Natürlich haben Sie recht, dass es ein Armutszeugnis für unsere politische Landschaft (und unsere Medien, die ja diese Landschaft ganz entscheidend mit gestalten, indem sie "Unkraut" über den Vorwurf des 'Rechtspopulismus', 'Marktradikalität' oder 'Rechtsseins' entfernen) ist, wenn etwa ein Drittel der Wahlberechtigten für sich kein Angebot findet. Allerdings muss ich darauf auch antworten (dürfen), dass dieses Drittel der Wahlberechtigten natürlich auch die eigenen Hinterbeine in die Hand nehmen und ein Angebot erstellen könnte (oder eines "kapern" könnte - es gab ja verschiedene Versuche, teils erfolgreich wie bei der Übernahme der alten Grünen durch die K-Gruppen, teils weniger erfolgreich wie das Kapern der FDP durch Studenten).
Auch kann man sich auf die eine oder andere Art in Tea Party like grass root campaigns, also Vorfeldarbeit, engagieren. Man muss sich nur aufraffen. Einfach Politik konsumieren, das ist nur für die Grünen und Linken (und Angela Merkel!) erfolgreich.

Da haben Sie völlig recht, lieber adder. Nobody is perfect.

Viele Grüße, Erling Plaethe

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

22.09.2013 20:04
#23 RE: Nichtwähler Antworten

Tja. Am Nichtwählen ist die FDP nicht gescheitert. Heute Abend sieht man, wie stark das bürgerliche Lager sein könnte, wenn es strategisch besser aufgestellt wäre und wenn CDU/CSU/FDP gemeinsam etwas bessere Politik für das eigene Land gemacht hätten. Die drei linken Parteien sind im Grunde alle gescheitert. Die drei bürgerlichen Parteien haben sich selbst um den Sieg gebracht.

adder Offline




Beiträge: 1.073

22.09.2013 20:15
#24 RE: Nichtwähler Antworten

Zitat von stefanolix im Beitrag #23
Tja. Am Nichtwählen ist die FDP nicht gescheitert. Heute Abend sieht man, wie stark das bürgerliche Lager sein könnte, wenn es strategisch besser aufgestellt wäre und wenn CDU/CSU/FDP gemeinsam etwas bessere Politik für das eigene Land gemacht hätten. Die drei linken Parteien sind im Grunde alle gescheitert. Die drei bürgerlichen Parteien haben sich selbst um den Sieg gebracht.


Das ist wohl richtig.Die Union hat die FDP "kannibalisiert". Es war ein strategischer Fehler der FDP, sich selbst auf dem Altar der Staatsräson und des Gemeinwohls zu opfern, um die von der CDU wohl gewollte "große" Koalition (und damit noch größeren Ausverkauf von Recht und Gesetz und liberalen Positionen) zu verhindern. Es ist aber auch von der Union ein kapitaler Fehler, die FDP ständig als Sündenbock mißbraucht zu haben und alle Erfolge sich selbst und alle Mißerfolge der FDP zugeschoben zu haben.

Die FDP wird für ihre eigene (nur teilweise richtige) Politik und für die falsche Politik der Koalition bestraft.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

22.09.2013 20:38
#25 RE: Nichtwähler Antworten

Zitat von stefanolix im Beitrag #23
Tja. Am Nichtwählen ist die FDP nicht gescheitert. Heute Abend sieht man, wie stark das bürgerliche Lager sein könnte, wenn es strategisch besser aufgestellt wäre und wenn CDU/CSU/FDP gemeinsam etwas bessere Politik für das eigene Land gemacht hätten. Die drei linken Parteien sind im Grunde alle gescheitert. Die drei bürgerlichen Parteien haben sich selbst um den Sieg gebracht.

Die drei bürgerlichen Parteien? Das trifft nur zu, wenn die Union als CDU und CSU zählt. Die AfD hat ihre Stimmen nicht nur aus dem bürgerlichen Lager bekommen.
Bei der Bundestagswahl von 2009 gab es 48,4% für das bürgerliche Lager. 2013 haben Union und FDP nach aktueller Hochrechnung 46,8%.
Die AfD zählt weder für FDP noch für die Union zu ihrem Lager.

Wären nicht Wähler der FDP in das Lager der Nichtwähler gewechselt, hätte das Lager aus Union und FDP, trotz Verlusten an die AfD, welche auch das linke Lager zu beklagen hat, die nach wie vor vorhandene Pattsituation zwischen Links und Rechts zu ihren Gunsten entscheiden können.

Viele Grüße, Erling Plaethe

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