Zitat "Es ist in Ordnung, wenn Arbeitsplätze im Lohndumping-Bereich wegfallen."
Ich bin ja einiges gewohnt, aber das lässt auch mir das Messer in der Tasche aufgehen.
Also wenn jemand bereit ist, für den Lohn zu arbeiten, dann soll er das nichtmehr dürfen. Was kommt als nächstes - Einnahmeuntergrenzen für Selbständige, sonst wird der Laden dichtgemacht? Ich möchte über die Vorstellung lachen, aber sie kommt mir irgendwie etwas zu realitätsnah vor.
Zitat von adder im Beitrag #3Bei nur 1200 Befragten ist die Statistik eben etwas fehlertolerant - besonders bei Telefonbefragungen.
Der bias möchte wohl auch bei einer doppelt so großen Anzahl noch gegeben sein. Wenn man Leute anruft, die um 10:00 zu Hause sind & fragt: wollt ihr, daß man die Arbeitgeber mehr löhnen?, dürfte sich das Risiko einer Enttäuschung in Grenzen halten.
Zitat von adder im Beitrag #3Bei nur 1200 Befragten ist die Statistik eben etwas fehlertolerant - besonders bei Telefonbefragungen.
Der bias möchte wohl auch bei einer doppelt so großen Anzahl noch gegeben sein. Wenn man Leute anruft, die um 10:00 zu Hause sind & fragt: wollt ihr, daß man die Arbeitgeber mehr löhnen?, dürfte sich das Risiko einer Enttäuschung in Grenzen halten.
Das ist richtig, allerdings liesse sich mit intelligentem Studiendesign und einer wirklich repräsentativen Studienpopulation auch der tatsächliche Wille der Bevölkerung ermitteln.
1) "Wollen Sie, dass mittels einem flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 900.000 Arbeitsplätze verlorengehen?" 2) "Wollen Sie, dass bereits jeder Facharbeiter den Spitzensteuersatz in Höhe von 49% zusätzlich zu 30% Sozialabgaben zahlt?", bzw: "Wollen Sie selbst bereits den Spitzensteuersatz...?" oder auch: 3) "Wollen Sie, dass es Ihnen schlechter geht?"
Aber die "Deutsche[n]" wollen doch "Mindestlohn und höhere Spitzensteuer". Steht zumindest in den Qualitätsmedien wie SpOn.
Nun ja. Bei nur 1200 Befragten ist die Statistik eben etwas fehlertolerant - besonders bei Telefonbefragungen.
Eine gewisse Abweichung mag es da geben, aber das ist ja nicht der Punkt. Über ein Drittel der Wahlberechtigten ist überhaupt nicht steuerpflichtig. Von den übrigen zahlt nur eine Minderheit den Spitzensteuersatz. Warum sollte man in dieser Debatte also überhaupt die Stimme der Mehrheit hören? Abgesehen davon hat die Mehrheit kürzlich schon gewählt und dabei haben die Parteien gewonnen, die Steuererhöhungen ablehnten.
Nun bin ich da bei Ihnen aber so wie Sie das zitieren
Zitat „Es ist in Ordnung, wenn Arbeitsplätze im Lohndumping-Bereich wegfallen.“ Ralf Stegner, SPD-Chef in Schleswig-Holstein gestern bei „Maybrit Illner“. Wenn das in Ordnung ist, dann ist der Mindestlohn ein Angriff auf alle Arbeitsplätze im Niedriglohnsektor.
ist das - verzeihen Sie mir bitte - nicht fair. So hat es Stegner auch nicht gesagt.
Zunächst einmal werden sicher nicht ALLE Arbeitsplätze in dem Sektor verloren gehen. Ansonsten ist es den Linken ein Dorn im Auge, daß ein Teil dieser Arbeitsplätze subventioniert sind und das die Arbeitgeber, die mehr zahlen, in ihrer Wettbewerbsfähigkeit behindert werden. Stegner et al denken eben, daß Arbeitgeber aktuell die weniger als 8,50 zahlen üble Ausbeuter sind, die dann pleite gehen. Nun, das werden die nicht und wenn dann finden die AN schon einen anderen Arbeitsplatz bei einen AG, der dann die Lücke füllt.
Außerdem glauben diese Leute doch, daß der Niedriglohnsektor in Deutschland "irgendwie" für die Probleme der sog. Südländer verantwortlich ist und wollen das über eine Angleichung (=Verminderung) der deutschen Wettbewerbsfähigkeit dieses Problem sich löst. Ich vermute ja - so mal aus dem Bauch heraus - das das in dieser Hinsicht entweder gar nichts bringt oder die Südländer für die gleiche Menge deutsche Waren mehr zahlen müssen (und so ihre Problem sich mehren). Und wie soll sich das Europroblem lösen wenn hier die Friseure teurer werden?
was unsachliches: Wer wählt eigentlich Leute wie den Stegner, der (zumindest gestern) mit herabgezogenen Mundwinkeln konstant schlecht gelaunt aussieht? Selten habe ich so einen Unsympathen gesehen.
Zitat von AldiOn im Beitrag #7So hat es Stegner auch nicht gesagt.
Zum einen ist das Zitat das Zitat. Und was ich sage ist meine Interpretation, eine Behauptung die ich aufstelle, da ich sie hinlänglich belegt sehe. Der Kampf der SPD für einen Mindestlohn begann erst in der letzten GroKo. Der Mindestlohn steht für die Abkehr und Relativierung der Arbeitsmarktreformen von Wolfgang Clement. Der Ausbau des Niedriglohnsektors war einer der Schlüssel zum Abbau der Arbeitslosigkeit und einer der Gründe der Abkehr der Gewerkschaften von der SPD und ihrer Hinwendung zur ehemaligen SED. Mit dem Einsatz für den Mindestlohn versucht die SPD verlorenes Terrain bei den Gewerkschaften wieder gut zu machen. Was Herr Stegner deutlich macht, ist die Verbindung zwischen dem Niedriglohnsektor, von ihm genannt Lohndumping-Bereich, und dem Mindestlohn. Die Sicht dieses Zusammenhangs macht m.E. klar, dass der Kampf für einheitliche, gesetzliche und flächendeckende Mindestlöhne dem Kampf gegen Lohndumping und damit dem Niedriglohnsektor entspricht.
Zitat von AldiOn im Beitrag #7Zunächst einmal werden sicher nicht ALLE Arbeitsplätze in dem Sektor verloren gehen. Ansonsten ist es den Linken ein Dorn im Auge, daß ein Teil dieser Arbeitsplätze subventioniert sind und das die Arbeitgeber, die mehr zahlen, in ihrer Wettbewerbsfähigkeit behindert werden. Stegner et al denken eben, daß Arbeitgeber aktuell die weniger als 8,50 zahlen üble Ausbeuter sind, die dann pleite gehen. Nun, das werden die nicht und wenn dann finden die AN schon einen anderen Arbeitsplatz bei einen AG, der dann die Lücke füllt.
Es spielt für mich in diesem Beitrag keine Rolle wie viele Arbeitsplätze wirklich verloren gehen. Was mich interessiert ist die Intention, welche wegfallen zu lassen. Es in Ordnung zu finden. Dieser Allmachtsanspruch über die Existenz und Nichtexistenz von Arbeitsplätzen entscheiden zu wollen. Den Linken sind subventionierte Arbeitsplätze mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kein Dorn im Auge. Es gibt keine Klagen bei den durch die EEG-Umlage subventionierten.
Es gibt sicher noch andere Gründe für den Mindestlohn, aber der Entscheidende ist der des Zurückfahrens der arbeitsmarktpolitischen Reformen durch die Hintertür. Zurück zur alten Ordnung. Hier soll etwas wieder in Ordnung kommen. Nur so kann die SPD ihr beschädigtes Verhältnis zu den Gewerkschaften bessern. Nachtrag: "durch die Hintertür" hinzugefügt.
Zitat Wir haben einen der besten Niedriglohnsektoren aufgebaut, den es in Europa gibt.
Linke sehen darin halt Ausbeutung. Das "Niedriglohn" schlicht relativ gemeint ist und sich vor dem durchschnittlichen Lebensstandard der DDR aber auch der osteuropäischen Staaten heute nicht verstecken muss geht dabei unter.
Aber in den osteuropäischen Staaten ist die relative Armut ja auch teilweise niedriger, was das Leben dort ja viel angenehmer macht...
Zitat Wir haben einen der besten Niedriglohnsektoren aufgebaut, den es in Europa gibt.
Linke sehen darin halt Ausbeutung. Das "Niedriglohn" schlicht relativ gemeint ist und sich vor dem durchschnittlichen Lebensstandard der DDR aber auch der osteuropäischen Staaten heute nicht verstecken muss geht dabei unter.
Aber in den osteuropäischen Staaten ist die relative Armut ja auch teilweise niedriger, was das Leben dort ja viel angenehmer macht…
Also da Sie es nicht getan haben, lieber Techniknörgler, und mir das wichtig erscheint : Das Zitat ist von Gerhard Schröder!
Ist Gerhard Schröder ein Linker? Ich bejahe das. Im Gegensatz zu den Parteigängern der ehemaligen SED hat die SPD lange die Tarifautonomie als einzig zuständig zur Findung von Lohnuntergrenzen angesehen. Für den Mindestlohn sind früher nur die sehr Linken unter den Linken eingetreten.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #8Den Linken sind subventionierte Arbeitsplätze mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kein Dorn im Auge. Es gibt keine Klagen bei den durch die EEG-Umlage subventionierten.
In den Debatten um den Mindestlohn und ALG-II stört mich vor allem die Bezeichnung "subventionierte Arbeitsplätze" für die Arbeit von sog. Aufstockern. Es handelt sich beim ALG-II Bezug unter Anrechnung von Einkommen um keine Subvention, denn hier wird nichts subventioniert. Die Arbeit und der gezahlte Lohn sind ein Tauschgeschäft über die Arbeitsleistung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, das ALG wird gezahlt, wenn das Gesamteinkommen unterhalb einer bestimmten Grenze liegt.
Das eine hat erstmal garnichts mit dem anderen zu tun, bei teilzeitbeschäftigten Alleinverdienern mit großer Familie kann der Stundenlohn sogar recht hoch liegen, es wird trotzdem ALG-II gezahlt, während ein 50h/Woche arbeitender Single schon bei einem Stundensatz von 5€ nicht mehr aufstockt.
Die nur anteilige Anrechnung von Einkommen auf ALG-II halte ich persönlich - und auch fachliche Autoritäten wie Prof. Sinn haben das vor einigen Jahren immer betont - für eine der großen Errungenschaften der Hartz-Reformen. Der wesentliche bessere Ansatz wäre, hier noch etwas weiter zu gehen, die Basis-Sätze etwas zu verringern und Einkommen weniger anzurechnen (die Anrechnung ist in seiner Wirkung der Grenzsteuersatz für niedrige Einkommen und damit sehr hoch). Damit würde der Anreiz zur Arbeitsaufnahme/-auweitung und zum Anstreben einer besseren Entlohnung erhöht und auch dem Wunsch Rechnung getragen, nicht "Arm trotz Arbeit" zu sein.
Zitat von KleineTerz im Beitrag #11n den Debatten um den Mindestlohn und ALG-II stört mich vor allem die Bezeichnung "subventionierte Arbeitsplätze" für die Arbeit von sog. Aufstockern. Es handelt sich beim ALG-II Bezug unter Anrechnung von Einkommen um keine Subvention, denn hier wird nichts subventioniert. Die Arbeit und der gezahlte Lohn sind ein Tauschgeschäft über die Arbeitsleistung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, das ALG wird gezahlt, wenn das Gesamteinkommen unterhalb einer bestimmten Grenze liegt.
Das eine hat erstmal garnichts mit dem anderen zu tun, bei teilzeitbeschäftigten Alleinverdienern mit großer Familie kann der Stundenlohn sogar recht hoch liegen, es wird trotzdem ALG-II gezahlt, während ein 50h/Woche arbeitender Single schon bei einem Stundensatz von 5€ nicht mehr aufstockt.
Die nur anteilige Anrechnung von Einkommen auf ALG-II halte ich persönlich - und auch fachliche Autoritäten wie Prof. Sinn haben das vor einigen Jahren immer betont - für eine der großen Errungenschaften der Hartz-Reformen. Der wesentliche bessere Ansatz wäre, hier noch etwas weiter zu gehen, die Basis-Sätze etwas zu verringern und Einkommen weniger anzurechnen (die Anrechnung ist in seiner Wirkung der Grenzsteuersatz für niedrige Einkommen und damit sehr hoch). Damit würde der Anreiz zur Arbeitsaufnahme/-auweitung und zum Anstreben einer besseren Entlohnung erhöht und auch dem Wunsch Rechnung getragen, nicht "Arm trotz Arbeit" zu sein.
Vielen Dank für die Klarstellung, liebe(r) KleineTerz.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #8Den Linken sind subventionierte Arbeitsplätze mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kein Dorn im Auge. Es gibt keine Klagen bei den durch die EEG-Umlage subventionierten.
In den Debatten um den Mindestlohn und ALG-II stört mich vor allem die Bezeichnung "subventionierte Arbeitsplätze" für die Arbeit von sog. Aufstockern. Es handelt sich beim ALG-II Bezug unter Anrechnung von Einkommen um keine Subvention, denn hier wird nichts subventioniert. Die Arbeit und der gezahlte Lohn sind ein Tauschgeschäft über die Arbeitsleistung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, das ALG wird gezahlt, wenn das Gesamteinkommen unterhalb einer bestimmten Grenze liegt.
Das eine hat erstmal garnichts mit dem anderen zu tun, bei teilzeitbeschäftigten Alleinverdienern mit großer Familie kann der Stundenlohn sogar recht hoch liegen, es wird trotzdem ALG-II gezahlt, während ein 50h/Woche arbeitender Single schon bei einem Stundensatz von 5€ nicht mehr aufstockt.
Die nur anteilige Anrechnung von Einkommen auf ALG-II halte ich persönlich - und auch fachliche Autoritäten wie Prof. Sinn haben das vor einigen Jahren immer betont - für eine der großen Errungenschaften der Hartz-Reformen. Der wesentliche bessere Ansatz wäre, hier noch etwas weiter zu gehen, die Basis-Sätze etwas zu verringern und Einkommen weniger anzurechnen (die Anrechnung ist in seiner Wirkung der Grenzsteuersatz für niedrige Einkommen und damit sehr hoch). Damit würde der Anreiz zur Arbeitsaufnahme/-auweitung und zum Anstreben einer besseren Entlohnung erhöht und auch dem Wunsch Rechnung getragen, nicht "Arm trotz Arbeit" zu sein.
Sie haben ja recht, aber es ist einfach nicht im Sinne der Sozialindustrie, die Klientel braucht, und es ist nicht im Interesse der Gewerkschaftsfunktionäre, die eine ständische Gesellschaft wollen - da braucht es für das Ego und die eigene Machtausübung einen Stand darunter, der anstrebt in den eigenen erlauchten Kreis der Privilegierten rein zu kommen.
Die Auswirkung der Einführung des Mindestlohnes auf den Arbeitsmarkt kann ich nicht einschätzen. Sicherlich werden diese auch wieder abgemildert durch das Ausweichen in die Schwarzarbeit.
Gedanken habe ich mir gemacht welche volkswirtschaftlichen Auswirkungen die Einführung des Mindestlohnes haben könnte. Dazu möchte ich einige Überlegungen mitteilen:
Unter der Voraussetzung, dass der Mindestlohn sich insgesamt Einkommen steigernd auswirkt, sehe ich eine Verteuerung der Produkte und Dienstleistungen, weil es wohl nicht möglich sein wird, sie in vollem Umfang durch Rationalisierungen zu vermeiden. Die allgemeine Preisentwicklung würde dadurch also angeregt werden. Bezahler sind wir, die Bevölkerung. Der Teil der Bevölkerung, bei dem sich die Mindestlohnerhöhung nicht Einkommen steigernd auswirkt müsste also die "Zeche bezahlen"? Wird nicht die Inflation dadurch auch befeuert? Da der Staat ebenfalls ein großer Nachfrager von Produkten und Dienstleistungen ist, würden sich auch für ihn die Mindestlöhne Ausgaben steigernd auswirken. Das hätte negative Auswirkungen. Wird das durch Steuermehreinnahmen kompensiert? Hat das schon mal jemand durch gerechnet? Kann man das überhaupt im Voraus berechnen?
Zitat Wir haben einen der besten Niedriglohnsektoren aufgebaut, den es in Europa gibt.
Linke sehen darin halt Ausbeutung. Das "Niedriglohn" schlicht relativ gemeint ist und sich vor dem durchschnittlichen Lebensstandard der DDR aber auch der osteuropäischen Staaten heute nicht verstecken muss geht dabei unter.
Aber in den osteuropäischen Staaten ist die relative Armut ja auch teilweise niedriger, was das Leben dort ja viel angenehmer macht…
Also da Sie es nicht getan haben, lieber Techniknörgler, und mir das wichtig erscheint : Das Zitat ist von Gerhard Schröder!
Ist Gerhard Schröder ein Linker? Ich bejahe das. Im Gegensatz zu den Parteigängern der ehemaligen SED hat die SPD lange die Tarifautonomie als einzig zuständig zur Findung von Lohnuntergrenzen angesehen. Für den Mindestlohn sind früher nur die sehr Linken unter den Linken eingetreten.
Sie haben natürlich Recht. Ich meinte auch eher die heutigen Linken. Früher mag das mal anders gewesen sein.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #10Im Gegensatz zu den Parteigängern der ehemaligen SED hat die SPD lange die Tarifautonomie als einzig zuständig zur Findung von Lohnuntergrenzen angesehen.
Ich verstehe immer noch nicht, weshalb die Gewerkschaften für einen flächendeckenden, einheitlichen Mindestlohn eintreten. Zum einen ist es ja durchaus nicht abwegig, die Tarifautonomie als Ausfluss der Koalitionsfreiheit zu betrachten. Dieser Ansicht waren die Gewerkschaften ja lange Zeit selbst. Zum anderen werden die Arbeitgeberverbände wohl kaum bereit sein, einen Tarifvertrag mit über dem Mindestlohn liegendem Entgelt abzuschließen. Warum sollten sie auch?
Der flächendeckende, einheitliche Mindestlohn ist ein Prokrustesbett: Wer z.B. in einer teuren Großstadt wie München wohnt, kann mit EUR 8,50 keine großen Sprünge machen. In der strukturschwachen Provinz kann man davon ganz ordentlich leben. Dass - wenn man für einen Mindestlohn ist - eine bundesweite arithmetische Gleichheit in einem Land wie Deutschland der Realität nicht gerecht wird, dürfte auf der Hand liegen.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #10Im Gegensatz zu den Parteigängern der ehemaligen SED hat die SPD lange die Tarifautonomie als einzig zuständig zur Findung von Lohnuntergrenzen angesehen.
Ich verstehe immer noch nicht, weshalb die Gewerkschaften für einen flächendeckenden, einheitlichen Mindestlohn eintreten.
Der Niedriglohnsektor entzieht sich dem Einfluss der Gewerkschaften. Er steht für einen liberalisierten Arbeitsmarkt und für Konzepte die ihn flexibler machen wie z.B. eine Lockerung des Kündigungsschutzes. Den Niedriglohnsektor erheblich zu verringern, war immer das Ziel welches mit der Einführung eines möglichen hohen Mindestlohns erreicht werden soll. Was ihren Einfluss bremst oder gar verringert wird bekämpft. Dazu gehören auch sogenannte Scheinselbständige, Freiberufler, Werkunternehmer im Rahmen von Werkverträgen und Leiharbeitsfirmen. Die Gewerkschaften verfolgen nur m.E. vor allem ein Ziel: Einnahmen. Ihnen gehen die Mitglieder verloren und da sie sich über Mitgliedsbeiträge finanzieren, gehen sie gegen alle Strukturen vor die die Gründungen von Betriebsräten erschweren. Noch heute lesen sich Gewerkschaftspublikationen wie Pamphlete linker Sektierer. Die Mitgliederwerbung und -bindung läuft vor allem über Klassenkampfrhetorik die in einem umso größeren Widerspruch zum Handeln der Betriebsräte steht, je mehr Mitarbeiter das Unternehmen hat. Also führen die Gewerkschaften den Kampf, welchen ihre Betriebsräte nicht gegen die stark zugenommende Beschäftigung von Leiharbeitern in großen Unternehmen führen, politisch.
Zitat von xanopos im Beitrag #18Wird der Mindestlohn auch für Praktikums- und Diplomandenstellen gelten? Selbst Doktoranden bekommen teilweise weniger als die 8,5€ bezahlt.
Aber sicher doch, aber nur für Präsenzstunden. Dafür nicht.
Zitat von xanopos im Beitrag #18Wird der Mindestlohn auch für Praktikums- und Diplomandenstellen gelten? Selbst Doktoranden bekommen teilweise weniger als die 8,5€ bezahlt.
Aber sicher doch, aber nur für Präsenzstunden. Dafür nicht.
Au weia, das würde ja bedeuten. das von den ingesamt 631 Abgeordneten mindestens die Hälfte am Hungertuche nagen müßte. Nein, die Anwesenheit kann nicht das entscheidende Kriterium sein. Die Abgeordnetenentschädigung beträgt seit 1. Januar 2012 monatlich 7.960 € und ab 1. Januar 2013 monatlich 8.252 €. Außerdem bekommt jeder Parlamentarier eine Kostenpauschale von derzeit 4.029 € monatlich zur Deckung von Reisekosten und anderen berufsbedingten Ausgaben.
Schließlich sind wir ja nicht in Griechenland, wo der Busfahrer eine zusätzliche Anwesenheits- und Pünktlichkeitsprämie erhält.
Aber bleiben wir doch bei den 8,50 Euro Bruttostundenmindestlohn:
Eine erste PimalDaumenrechnung würde sich so ergeben:
8 Std. tgl. x 26 Arbeitstage im Monat = 208 Std. = 1.768,00 Euro, nach Abzug Steuern und Sozialausgaben ca. 1227,93 Nettolohn. (Ohne Kind, o. Freibeträge, o. Altersvorsorge betriebl., keine Kirchensteuer etc.) 35 Jahre alt und noch oder wieder Single. (im Bundesland Niedersachsen)
Fixkosten Euro mtl.: 550 Miete warm (ca. 55-60 qm, 2 Zi.) 60 Strom 20 Telefon/Internet 150 Auto (tanken + antlg. Steuer+Versicherung) 18 Wohnungsrundfunkbeitrag 20 Haftpflicht + Hausrat -------- 818 Euro
Da bleiben ca. 410 Euro übrig.
Im Gegensatz dazu:
Die Bundesregierung hat am 04.09.2013 die Erhöhung der Regelsätze zum 01.01.2014 beschlossen und das Bundeskabinett hat bereits zugestimmt. Insgesamt kostet die Erhöhung die Regierung rund 500 Mio. Euro und muss noch durch den Bundesrat und Bundestag genehmigt werden. Für volljährige Alleinstehende steigt der Regelsatz um 9 Euro von 382 Euro auf 391 Euro.
... und damit gebe ich zurück ans "Funkhaus"
♥lich Nola
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Status quo, nicht wahr, ist der lateinische Ausdruck für den Schlamassel, in dem wir stecken. Zettel im August 2008
Zitat von xanopos im Beitrag #18Wird der Mindestlohn auch für Praktikums- und Diplomandenstellen gelten? Selbst Doktoranden bekommen teilweise weniger als die 8,5€ bezahlt.
Aber sicher doch, aber nur für Präsenzstunden. Dafür nicht.
Ich gebe mein Versäumnis zu: ich hätte es als Ironie kennzeichnen sollen.
Im Ernst: Es geht um Mindestlohn!!
Also nicht um Vergütungen für Praktikanten, Diplomanden und Doktoranden.
Schon garnicht geht es um Abgeordnetendiäten oder -entschädigungen.
Aber, liebe Nola, mit Ihrer PimalDaumenrechnung haben Sie genau in's Schwarze getroffen. Bei korrekter Berechnung R.A. hat es bereits erwähnt, wird das Nettoergebnis noch niedriger. Allerdings muss Ihre Fixkostenaufstellung auch angepasst werden, weil nicht alle aufgeführten Kosten durch HarzIV erstattet werden.
Im Ergebnis haben Sie aber recht: Der Mindestlohn ändert nichts am gegenwärtigen Zustand - fehlendes Abstandsgebot - ist der Terminus Technicus dafür. Der Abstand zwischen Erwerbseinkommen und Transferleistungen motiviert nicht zur Arbeitsaufnahme. Das bedeutet auch der Mindestlohn beseitigt nicht die notwendige Aufstockung.
Es gäbe ein anderes System, um den Anreiz zu Aufnahme von Erwerbsarbeit zu erhöhen. Hans-Werner Sinn hat es in "Ist Deutschland noch zu retten?" bereits 2005 ausführlich dargestellt. Er nannte es "Aktivierende Sozialhilfe" (S.225ff, 3. Auflage, Ullstein Taschenbuch) Eine Zusammenfassung gab er in "Das 6+1 Programm für den Neuanfang" (ebd. S. 521ff) Kann ich wirklich nur zum lesen empfehlen.
Leider erging es Sinn wie dem "Rufer in der Wüste".
Zitat von Nola im Beitrag #2026 Arbeitstage im Monat
Das wäre jetzt aber sehr unüblich fleißig. Üblicherweise setzt man 20 Arbeitstage pro Monat an.
Ja stimmt, aber mich hat der Beitrag von "Kleine Terz" inspiriert: Das eine hat erstmal garnichts mit dem anderen zu tun, bei teilzeitbeschäftigten Alleinverdienern mit großer Familie kann der Stundenlohn sogar recht hoch liegen, es wird trotzdem ALG-II gezahlt, während ein 50h/Woche arbeitender Single schon bei einem Stundensatz von 5€ nicht mehr aufstockt.
Übrigens ist dieser Stundensatz gar nicht so ungewöhnlich. Nur werden Überstunden bei Gehaltsempfängern meist lt. Verträge, erst ab der 10ten Überstunde im Monat vergütet.
Ich wollte gar nicht so hieb- und Stichfest ins Detail gehen und erhebe keinen Anspruch auf Vollständigkeit, aber ich denke es wird deutlich, wieviel verdient werden muß, damit man selbstbestimmt leben kann und wenn ich jetzt 20 Tage mtl. genommen hätte, sehe es deutlich schlimmer aus.
Mein Vorschlag wäre daher den Unternehmen an anderer Stelle entgegenzukommen, damit wieder realitätsbezogene Löhne und Gehälter bezahlt werden können. Vor der "Kulturrevolution bis ca. 1990" und den damit einhergehenden "Verbesserungen" war das auch so.
Ein Bonbon gabs ja 2008 mit Änderung der Kapitalertragssteuer und das (meine ich) sogar rückwirkend. Es geht schon was, wenn man will, dazu brauchts aber einen Umdenkungsprozess nicht beim Bürger - wie gerne praktiziert - sondern bei 631 Personen, die sich in einem Kinderladen wähnen und durch ungezogene Zwischenrufe glänzen, die lachend und gackernd ihre Redebeiträge per DinA4-Bogen abgeben damit mehr Zeit fürs Wesentliche bleibt: Bundestag diskutiert, Züchten und Rauchen in Cannabis-Clubs? Die Legalisierung von Cannabis ist am Mittwoch Thema im Bundestag.
♥lich Nola
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Zitat von Paul im Beitrag #22Allerdings muss Ihre Fixkostenaufstellung auch angepasst werden, weil nicht alle aufgeführten Kosten durch HarzIV erstattet werden.
Die Fixkosten im Beispiel gelten für den Arbeitnehmer und was er von seinem Einkommen eben zahlen muß und was ihm bleibt.
Harz4-Empfänger haben diese Kosten nicht. Und, wenn, sind sie in Anbetracht der Situation "Privatvergnügen" siehe Auto, PC+Internet und luxuriöse Extras. Aber: Telefon wird glaub ich erstattet, GEZ-befreit, Heizkostenübernahme und bis zum Durchschnittsverbrauch auch Übernahme von Stromkosten und selbstvertändlich Miete incl. Nebenkosten und bei chronischer Erkrankung "Sonderausgaben".
Das widerum kommt für den o.g. Arbeitnehmer alles nicht infrage und ist auch nicht mit einer Steuererklärung aufgefangen, denn diese hat andere Kriterien als die Gesetzgebung für Harz4.
♥lich Nola
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