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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 61 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

24.03.2014 11:30
#51 RE: Marginalie: Krimsekt Antworten

Zitat von alteseuropa im Beitrag #48
Meines Wissens ist die neue Regierung der Ukraine nicht gewählt, oder täusche ich mich da? Braucht man jetzt noch nicht einmal mehr einen richtigen Staat, um mit dem Geld herumzuwerfen?

Die demokratische Legitimation ergibt sich daraus, daß die Regierung lieber von der demokratischen EU als vom undemokratischen Rußland Geld annimmt. Weß' Brot ich eß', deß' Lied ich sing.
Zitat von alteseuropa im Beitrag #48
Selbstverständlich wird sie gaaanz genau kontrollieren, wohin die Gelder fließen.

Als Lehre aus der Vergangenheit vermute ich mal, ein großes Indianerehrenwort der Antikorruptionsbeauftragten Yulia Timoschenko wird reichen.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

24.03.2014 12:42
#52 RE: Marginalie: Krimsekt Antworten

Zitat von alteseuropa im Beitrag #48
Juhu, die EU hat ein neues Faß ohne Boden dazugewonnen.

Die EU macht hier das, was in der Geschichte jede Großmacht getan hat, wenn sie die Möglichkeit dazu hatte: Außenpolitik mit Subsidien. Das ist eine sehr vernünftige Option.

Zitat
Selbstverständlich wird sie gaaanz genau kontrollieren, wohin die Gelder fließen.


Nein. Diese Hilfsgelder haben eine ganz andere Funktion als die merkwürdigen Schutzschirm-Zahlungen.

Zitat
siehe hier:
http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/ ...


Diese Quelle ist so hochgradig unseriös, die lohnt keine Diskussion.

Zitat
Meines Wissens ist die neue Regierung der Ukraine nicht gewählt, oder täusche ich mich da?


Sie täuschen sich. Die Regierung der Ukraine ist genauso gewählt wie die deutsche: Vom jeweiligen nationalen Parlament.

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

24.03.2014 15:10
#53 RE: Marginalie: Krimsekt Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #39
Nur Ihre Argumente sind teilweise denen ähnlich, die auf den Kreml-Postillen verbreitet werden. Manchmal sogar verblüffend ähnlich.

Ich bin ja sonst nicht so begeistert von der AfD, aber die Rede von Alexander Gauland in Erfurt trifft ziemlich genau meine Sicht.

Zitat von Alexander Gauland
Wir müssen die Ukraine finanzieren, wir müssen entsprechende Reformen stützen. Mag sein, dass wir das tun sollten. Aber bitte nur, wenn Menschen aus der Regierung verschwinden, die mit den angeblich vom Maidan verkörperten Werten nichts zu tun haben.[...]
Und, liebe Freunde, wir sollten aufhören, die Ukraine nach Westen und in die NATO zu zerren.


Ob er auch zu viele Kreml-Postillen gelesen hat?

alteseuropa Offline



Beiträge: 259

24.03.2014 15:18
#54 RE: Marginalie: Krimsekt Antworten

Zitat
Diese Quelle ist so hochgradig unseriös, die lohnt keine Diskussion.


Wenn die genannte Quelle nicht genehm ist, dann vielleicht diese hier:
http://www.zeit.de/politik/ausland/2014-...haeuble-g7-krim

Oder diese:
http://de.reuters.com/article/domesticNe...EA2N01L20140324
Zitat daraus: "Die EU-Kommission knüpft ein Paket von insgesamt elf Milliarden Euro für die Ukraine an die Bedingung, dass sich die Regierung in Kiew mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) einig wird und Reformen einleitet."
Ich vermute mal, daß diese Reformen ungefähr so effektiv ablaufen wie in Griechenland.
Und Deutschland hat ja keine Schulden, genauso wenig wie die anderen Europäer. Da kann man selbstverständlich den großzügigen Onkel spielen.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

24.03.2014 15:45
#55 RE: Marginalie: Krimsekt Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #53

Zitat von Alexander Gauland
Aber bitte nur, wenn Menschen aus der Regierung verschwinden, die mit den angeblich vom Maidan verkörperten Werten nichts zu tun haben.[...]
Und, liebe Freunde, wir sollten aufhören, die Ukraine nach Westen und in die NATO zu zerren.

Ob er auch zu viele Kreml-Postillen gelesen hat?


Hat er.

Erstens einmal muß man zwar nicht jedes Regierungsmitglied in Kiew mögen - aber letztens geht es nur recht beschränkt etwas an, wer anderswo Minister wird. Zu Recht wird oft kritisiert, daß die EU in gewissen Fällen Regierungsbeteiligungen in den eigenen Mitgliedsländern kommentiert hat - noch viel sollte sie das im Ausland tun.
Die inneren Gepflogenheiten in der Ukraine werden spannend, falls wirklich über eine EU-Mitgliedschaft diskutiert würde. Aber derzeit geht es darum noch lange nicht. Und EU-Hilfsgelder kriegen viele Staaten, deren Regierungen deutlich problematischer sind als die in Kiew. Wie kritisch Swoboda und Co. wirklich zu sehen sind, kann hierzulande ohnehin kaum jemand beurteilen.
Es geht aktuell NICHT um irgendeinen Minister in Kiew. Sondern es geht um eine militärische Aggression gegen einen selbständigen Staat. Wenn Gauland hier die Putin'sche Argumentation aufgreift, wird diese nicht richtiger. Die Regierungbeteiligung irgendeines Ministers kann nie Rechtfertigung für eine Invasion sein.

Und zweitens geht es überhaupt nicht darum, daß "wir" die Ukraine oder sonst einen Staat "zerren" würden. Auch hier wiederholt Gauland eine völlig haltlose Putin-Lüge.
Kein Mitgliedsstaat ist in die EU oder in die NATO gezerrt worden. Sondern die haben sich hineingedrängt, weil das für sie vorteilhaft ist.
Und Putin tut alles, daß die Angst vor russischen Angriffen den Drang in die NATO verstärkt.

Frank2000 Offline




Beiträge: 3.430

24.03.2014 16:19
#56 RE: Marginalie: Krimsekt Antworten

Werter R.A.,

Sie subsummieren unvollständig. Die ersten Sätze Gaulands waren:
"Beginnen wir mit dem Offensichtlichen. Die Annexion der Krim ist ein völkerrechtswidriger Akt, der auch nicht durch eine zweifelhafte Volksabstimmung ohne neutrale internationale Überwachung geheilt wird."

Wenn Gauland diese Sätze an den Anfang stellt, dann ergibt sich die Frage, was genau er an der Position von CDU oder SPD kritisiert. Und er kritisiert drei Dinge:

1. Die möglicherweise als Fehler einzustufende Entscheidung, die Anrainerstaaten Russlands in die NATO aufzunehmen oder Beitrittsgespräche zu führen. Der Wunsch solcher Länder nach Mitgliedschaft ist das eine; die tatsächliche Aufnahmebreitschaft das andere. Und man kann es drehen und wenden, wie man will. Aber im Nachhinein wirken die letzten Jahre tatsächlich so, als ob man möglichst schnell einen NATO-Gürtel um Russland ziehen wollte, bis Russland militärisch völlig erledigt wäre. Die Hoffnung war wohl, dass man Russland schneller als Großmacht ausschalten könne, als sich in dem tiefkonservativen Land Widerstand gegen diese Enmachtung regen würde. Unabhängig von den ethischen Grundsätzen einer Verteidigungsgemeinschaft geht es bei dieser Frage auch um Realpolitik.

2. Wieso eigentlich EU-Gelder -und damit auch Mittel des deutschen Steuerzahlers- ohne Mandat des Wählers einegsetzt wird. Und IHr Verweis auf "Wo anders wird das auch gemacht", macht dieses Thema nur schlimmer, nicht besser. Denn im Endeffekt belegt es die tiefverwurzelte Angst vieler AfD-Wähler/Mitglieder, dass sich eine eurokratische Politbürokratie herausgebildet hat, die für sich in Anspruch nimmt, den Wählerwillen für die "moralisch richtigen" Entscheidungen nicht mehr zu benötigen. Was genau diese Gelder bewirken sollen (Zielsetzung) und wie die Zielerreichung gemessen werden soll, scheint völlig unklar. Und auch hier im Forum konnte ich dazu noch keine nachvollziehbaren Analysen lesen.

3. Der völlig überzogene Erweiterungswille der EU-Instanzen. Ein "Zerren" kann ja auch dadurch entstehen, dass man die Beitrittskonditionen derart attraktiv macht, dass Staaten außerhalb der EU bescheuert wären, wenn sie NICHT beitreten würden. Wie sehr die EU den Bogen überspannt hat, hat man schon am Beispiel Rumänien gesehen. Es ist die Tendenz erkennbar, dass die EU auf wirtschaftlichen Wohlstand, innere Sicherheit und politische Gemeinsamkeiten verzichtet, wenn dafür die Anzahl der Länder in der EU nur noch mehr gesteigert wird. Also Symbolpolitik vor innerer Weiterentwicklung. Und das kann man schon als "zerren" interpretieren.

So weit mein Verständnis von Gaulands Rede.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

24.03.2014 16:53
#57 RE: Marginalie: Krimsekt Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #56
Sie subsummieren unvollständig.

Den Vorwurf muß ich an den Kollegen Fluminist weiterreichen. Nur auf das von ihm gebrachtet Zitat habe ich geantwortet. Die komplette Rede Gaulands habe ich nicht gelesen und werde das auch nicht tun - dafür ist er zu unwichtig.

Im übrigen beeindruckt mich auch ein Anfangsdisclaimer der zitierten Art wenig. Denn im weiteren Verlauf geht es ihm ja offensichtlich in erster Linie um angebliche Fehler oder gar Verantwortlichkeiten des Westens und um Verständnis für Putins angebliche Gründe.
So nach dem Motto: "Natürlich ist Vergewaltigung strafbar, aber mußte sie denn so einen kurzen Rock anziehen, und dann noch so viel Lippenstift, und geschieden ist sie auch noch, und überhaupt gibt es Gerüchte über ihren Lebenswandel ..." und am Ende bleibt dann für den Täter nur noch eine milde Rüge auf Bewährung.

Zitat
1. Die möglicherweise als Fehler einzustufende Entscheidung, die Anrainerstaaten Russlands in die NATO aufzunehmen oder Beitrittsgespräche zu führen.


Das setzt voraus, daß man Rußland das Recht zugesteht, gegen die selbstgewählte Zugehörigkeit von souveränen Nachbarländern ein Veto einlegen zu können. Oder genauer: So etwas als Fehler zu bezeichnen bedeutet, die Putin'sche Sicht der beschränkten Souveränität der SU-Nachfolgestaaten zu akzeptieren.

Zitat
Aber im Nachhinein wirken die letzten Jahre tatsächlich so, als ob man möglichst schnell einen NATO-Gürtel um Russland ziehen wollte, bis Russland militärisch völlig erledigt wäre.


Wenn man sich die militärische Gesamtpotenz der NATO-Neumitglieder anschaut, dann ist diese Vorstellung recht abwegig. Hätte die NATO jemals vorgehabt, Rußland "militärisch völlig zu erledigen", dann hätte sie einfach nur die alten (vertraglich zulässigen) Militärstärken beibehalten können.
Real hat die NATO aber ganz massiv einseitig abgerüstet. Die NATO ist TROTZ der Neuzugänge deutlich schwächer als vor 20 Jahren. Und das weiß Rußland (und das wird auch Gauland wissen). Die angeblichen russischen Ängste wegen der NATO-Ausdehnung sind vorgeschobene Lügen.
Das Einzige, was Putin an der NATO-Ausdehnung wirklich stört ist, daß er nun im Baltikum kein schlichtes Krim-Annexions-Szenario mehr fahren kann.

Zitat
2. Wieso eigentlich EU-Gelder -und damit auch Mittel des deutschen Steuerzahlers- ohne Mandat des Wählers einegsetzt wird.


Die Regierung hat ein Mandat, Steuermittel für außenpolitische Zwecke auszugeben. Wie bei jeder staatlichen Ausgabe kann man über Ausmaß und Zweckdienlichkeit streiten - aber an der Legitimation gibt es keinen vernünftigen Zweifel.

Zitat
Was genau diese Gelder bewirken sollen (Zielsetzung) und wie die Zielerreichung gemessen werden soll, scheint völlig unklar.


Es geht derzeit nur darum, einen finanziellen Kollaps der Ukraine zu verhindern. Weil dann die ganze Region instabil würde.
Auch wenn die EU natürlich (mit Verweis auf den IWF) so tut, als gäbe es noch schöne Zusatzeffekte - die wären nur ein Sahnebonbon und die sind nicht sehr wahrscheinlich.

Zitat
3. Der völlig überzogene Erweiterungswille der EU-Instanzen.


Kann man anderswo durchaus kritisch diskutieren, ist aber im Falle Ukraine nicht vorhanden. Vor der aktuellen Krise hat niemand ernsthaft einen Beitritt des Landes betrieben, jedenfalls nicht in irgendeiner konkreten Zeitperspektive.

Zitat
Wie sehr die EU den Bogen überspannt hat, hat man schon am Beispiel Rumänien gesehen.


Da bin ich mir nicht so sicher. Zufällig habe ich dieses Jahr verstärkten Kontakt zu Firmen dort - die Beitrittskriterien waren wohl nicht wirklich erfüllt, aber die Fortschritte im Lande sind beachtlich und wären wohl ohne Beitritt nicht so schnell zu erreichen gewesen.
Aber das ist ein Aspekt, der nicht wirklich mit dem Thema hier zu tun hat.

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

24.03.2014 18:42
#58 RE: Marginalie: Krimsekt Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #57
Zitat von Frank2000 im Beitrag #56
Sie subsummieren unvollständig.

Den Vorwurf muß ich an den Kollegen Fluminist weiterreichen. Nur auf das von ihm gebrachtet Zitat habe ich geantwortet. Die komplette Rede Gaulands habe ich nicht gelesen und werde das auch nicht tun - dafür ist er zu unwichtig.

Danke. Das Zitat hatte ich allerdings nicht als Summa oder Höhepunkt der Rede gebracht, sondern nur als Beispiel, insofern war es etwas zusammenhanglos, wenn man nicht die ganze Rede liest. Das tut mir leid.

Gaulands Bemerkung über gewisse Regierungsmitglieder stand im Zusammenhang mit etwas, was er vorher gesagt hatte und was seine Intention deutlicher werden läßt:

Zitat von Gauland
Lassen Sie mich noch auf etwas anderes eingehen, was das Verständnis zwischen uns und Russland erschwert: die Heuchelei. In der neuen ukrainischen Regierung sitzen Leute, für die in unserem Lande der Generalbundesanwalt und das Bundesverfassungsgericht zuständig wären. Wie sollen wir dem russischen Präsidenten glaubwürdig entgegentreten, wenn er überall doppelte Moral erfährt.


So zart besaitet wird Putin schon nicht sein, werden Sie einwenden, und da würde ich Ihnen zustimmen. Das Problem sehe ich eher darin, daß er sich dann seinerseits zum Heucheln berechtigt sieht und man dagegen nicht mehr gut argumentieren kann, ohne sich selbst zu widersprechen.

Zitat von R.A. im Beitrag #55
Wie kritisch Swoboda und Co. wirklich zu sehen sind, kann hierzulande ohnehin kaum jemand beurteilen.

Das mag so sein, obwohl allgemein schon klar ist, daß Swoboda in die Richtung NPD, BNP, Front National etc. geht, und daß es spätestens dann, wenn der "pravyi sektor" ins Spiel kommt, äußerst unappetitlich wird. Aber gerade die Tatsache, daß es von außen so schwer ist die innenpolitische Situation der Ukraine zu beurteilen, sollte doch zu besonderer Vorsicht mahnen, wenn es darum geht, rasch weitreichende und langfristige Verträge zu schließen.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

24.03.2014 21:00
#59 RE: Marginalie: Krimsekt Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #56

Wenn Gauland diese Sätze an den Anfang stellt, dann ergibt sich die Frage, was genau er an der Position von CDU oder SPD kritisiert. Und er kritisiert drei Dinge:

1. Die möglicherweise als Fehler einzustufende Entscheidung, die Anrainerstaaten Russlands in die NATO aufzunehmen oder Beitrittsgespräche zu führen. Der Wunsch solcher Länder nach Mitgliedschaft ist das eine; die tatsächliche Aufnahmebreitschaft das andere. Und man kann es drehen und wenden, wie man will. Aber im Nachhinein wirken die letzten Jahre tatsächlich so, als ob man möglichst schnell einen NATO-Gürtel um Russland ziehen wollte, bis Russland militärisch völlig erledigt wäre. Die Hoffnung war wohl, dass man Russland schneller als Großmacht ausschalten könne, als sich in dem tiefkonservativen Land Widerstand gegen diese Enmachtung regen würde. Unabhängig von den ethischen Grundsätzen einer Verteidigungsgemeinschaft geht es bei dieser Frage auch um Realpolitik.
(...)
So weit mein Verständnis von Gaulands Rede.

Lieber Frank2000, was mir an dieser Kritik wie auch anderen, denen es wichtig ist herauszustellen, wie wenig der Westen sich in die Lage Russlands zu versetzen vermag, auffällt, ist ein in den sprachlichen Umschreibungen und Abwandlungen des Begriffs vom "Nahen Ausland" sich äußerndes stilles Verständnis für die Hegemonie Russlands.

Der Begriff "Nahes Ausland" oder "near abroad" ist ja selbst schon eine Ironie für die Beherrschung seiner Nachbarstaaten durch Russland.
Die Bezeichnung "Anrainerstaaten Russlands" kommt dieser Kategorie sehr nahe. Ein Nachbarstaat impliziert keinen Unterschied. Der diesem Begriff übergeordnete Anrainerstaat schon.

Im Kern geht es ja bei den unterschiedlichen Positionen hinsichtlich des Verhaltens Russlands gegenüber seinem Nahen Ausland, also den Staaten, dessen Unabhängigkeit neu und gewöhnungsbedürftig war für Russland, darum, in wieweit Russland zuzumuten ist, sich nach einem viertel Jahrhundert nun endlich an diese neuen unabhängigen Staaten gewöhnt zu haben.
In Deutschland haben sehr viele Bürger sehr viel Verständnis für die Phantomschmerzen, welche den Rechtsnachfolger der Sowjetunion quälen.
Und wenige, welche kein Verständnis aufbringen. Gerade weil sie die Schmerzen nachvollziehen können. Es ist nicht so, dass von denen die russische Position nicht verstanden wird. Sie wird es, aber sie wird mit einem Anflug von Abscheu abgelehnt. Weil Russland die Unabhängigkeit dieser Länder als Teil seiner Niederlage im Kalten Krieg begreift.

Und in dem Maße, wie es diese Niederlage revidieren will, eben auch die Unabhängigkeit dieser Länder des sogenannten Nahen Auslands in Frage stellt.

Nachtrag:
Da stellt sich nebenbei auch ernsthaft die Frage, ob es denn Europas Sicherheit dienlich gewesen wäre, bestünde die Sowjetunion noch. Also territorial.
Würde die NATO und die EU dann nicht auch direkt an Russland grenzen? Wäre dann die Sicherheit Russlands in Gefahr?
Putin hätte mit dieser Situation sicher weniger Probleme.
Es ist keine Frage des Heranrückens des Westens. Der stellt keine militärische Gefahr dar, sondern eine die vom Wohlstand des Westens ausgeht.
Putin fürchtet, was die DDR fürchtete. Freiheit und Wohlstand.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

26.03.2014 10:52
#60 RE: Marginalie: Krimsekt Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #52

Zitat
Meines Wissens ist die neue Regierung der Ukraine nicht gewählt, oder täusche ich mich da?

Sie täuschen sich. Die Regierung der Ukraine ist genauso gewählt wie die deutsche: Vom jeweiligen nationalen Parlament.


Lieber R.A., ein bißchen vereinfachen Sie die Situation da aber schon.
Nehmen wir einmal einen fiktiven analogen Fall: Regierungskritische Krawalle in Washington geraten außer Kontrolle, das Weiße Haus wird gestürmt (zugegeben ein unwahrscheinliches Szenario, dafür sitzt der Polizei in DC der Abzug zu locker), Obama ist dort nicht aufzufinden. Sofort bildet der Congress eine neue Regierung (spaßeshalber mit Thom Robb als National Security Advisor*), erklärt Obama für abgesetzt und wählt einen neuen Präsidenten, z.B. Bill Gates. Alles wunderbar demokratisch, nur völlig im Widerspruch zur US-Verfassung.

Wenn man in einem anderen Land gutheißt und unterstützt (ich beziehe mich hier nicht auf Theorien, daß die USA den Protest gegen Janukowitsch finanziell und materiell gefördert hätten, sondern nur auf die offene Präsenz Kerrys in Kiew und den Staatsempfang in Washington für Jatsenjuk, der herzlicher nicht hätte sein können und bei dem nicht viel zum sozialistischen Bruderkuß gefehlt hat), was man in seinem eigenen Land nie dulden würde, dann mißt man mit zweierlei Maß.
___________________________

* Wikipedia über Andrij Parubij:

Zitat
Er war Mitbegründer der rechtsextremen Sozial-Nationalen Partei der Ukraine, des Vorläufers der heutigen Swoboda-Partei. In seiner politischen Laufbahn wechselte er mehrfach die Parteizugehörigkeit, bei den Parlamentswahlen 2012 kandidierte er auf der Liste von Julija Tymoschenkos Vaterlandspartei und wurde erneut in die Werchowna Rada gewählt. Während der Euromaidan-Proteste galt Parubij als „Kommandeur des Maidan“, wobei er eng mit dem Führer des Prawyj Sektor, Dmytro Jarosch kooperierte. Bei der Bildung der Übergangsregierung Jazenjuk im Februar 2014 erhielt er das Amt des Vorsitzenden des nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates der Ukraine.

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

17.01.2016 23:21
#61 RE: Marginalie: Krimsekt Antworten

Was vor zwei Jahren von mir satirisch prophezeit wurde, ist jetzt auf der Grünen Woche eingetroffen:

Zitat
Der russisch-ukrainische Konflikt macht auch vor den Regalen der Aussteller nicht ganz halt. Wem gehört der Krim-Sekt? Stand-Sponsor Satanovsky hat eine klare Auffassung:
"Wenn die [Russen, Anm. Petz] Sekt in ihr Regal stellen, dann streite ich mit ihnen und versuche sie, zu überzeugen, den Sekt aus dem Regal zu nehmen."
Denn mochte auch der Wein von der Krim oder der Südukraine stammen: Gereift zum Sekt sei er immer in kühlen Kellergewölben - weit weg von der Krim.

http://www.deutschlandfunk.de/gruene-woc...ticle_id=342600

Gruß Petz

Free speech is so last century. (Brendan O'Neill)

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

18.01.2016 11:06
#62 RE: Marginalie: Krimsekt Antworten

Das kapiere ich nicht:

Zitat
Denn mochte auch der Wein von der Krim oder der Südukraine stammen: Gereift zum Sekt sei er immer in kühlen Kellergewölben - weit weg von der Krim.


Ich würde mal davon ausgehen, daß der Krimsekt immer noch genauso hergestellt wird wie vor der russischen Invasion. Also auch in den Kellern vor Ort.

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