Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #19Das sehe ich zwar nicht so, aber mal gesetzt Ihre Prämisse, lieber Emulgator, wäre zutreffend, dann lief es in der DDR aber genau anders herum. Und trotzdem fehlt die Erinnerung an den eigenen Sieg. Nicht bei allen, aber bei vielen. Im Grunde bei all jenen, die die Linke wählen.
Ja, natürlich haben die Deutschen in der DDR das DDR-System besiegt, nicht diejenigen, die sich hinterher die Beute geteilt haben. Das waren Investoren, Poltitiker und Gewerkschaften aus dem Westen. Die Politiker haben den Investoren nach der Wiedervereinigung zum Schleuderpreis verkauft, was die BRD nicht von der DDR geerbt haben konnte, weil es Eigentum freier Thüringer, Sachsen, Mecklenburger, Brandenburger und Pommeraner war. Die Gewerkschaften haben ihre Westklientel gegen die noch kaum organisierte Konkurrenz aus dem Osten geschützt. Bestes Beispiel ist ja der Kalibergbau in Bischofferode, der eigentlich konkurrenzfähig mit den Bergwerken im Westen war, aber trotzdem schließen mußte. Wie kann man stolz auf seine historischen Leistungen sein, wenn man danach weiter ausgebeutet wird?
"Professor Hingley says the “Tatar Yoke” left Russia with “a model of extreme authoritarian rule combined with control through terror.” It also left Russia with a model of leadership best summarized by a passage from John Keegan’s A History of Warfare: “Genghis Khan, questioning his Mongol comrades-in-arms about life’s sweetest pleasure and being told it lay in falconry, replied, ‘You are mistaken. Man’s greatest good fortune is to chase and defeat his enemy, seize his total possessions, leave his married women weeping and wailing, ride his gelding [and] use the bodies of his women as a nightshirt and support.’” Why Putin wants Angela Merkel for a nightshirt is beyond me. But that’s a Russian dictator for you. ... Russia never had a Renaissance, a Protestant Reformation, an Enlightenment, or much of an Industrial Revolution until the Soviet Union. Soviet industrialization produced such benefits to humanity as concrete worker housing built without level or plumb bob, the AK-47, MiG fighter jets, and proliferating nukes. (Although the only people the Soviets ever killed with a nuclear device was themselves at Chernobyl, located, perhaps not coincidentally, in what’s now Ukraine, for the time being at least.) ... Russia lost the Jews. Being robbed, beaten, and killed in pogroms was not a sufficient incentive to stay. More than a million Jews emigrated, taking what common sense the country had with them. ... Russia lost both sides of the 1917-22 Russian Civil War. The White Russians were losers. The Reds were total losers. We know how their revolution turned out. Russia might as well have lost World War II. Between 18 million and 24 million Russians died. That’s three times as many military and civilian casualties as Germany suffered. There must have been a better way to kill a bunch of Nazis running low on food and ammunition and stuck in frozen mud."
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #19Das sehe ich zwar nicht so, aber mal gesetzt Ihre Prämisse, lieber Emulgator, wäre zutreffend, dann lief es in der DDR aber genau anders herum. Und trotzdem fehlt die Erinnerung an den eigenen Sieg. Nicht bei allen, aber bei vielen. Im Grunde bei all jenen, die die Linke wählen.
Ja, natürlich haben die Deutschen in der DDR das DDR-System besiegt, ...
Besiegt? Eine Diktatur besiegt mit Demonstrationen? Auf denen auch noch Vertreter der Obrigkeit beklatscht wurden, wie in Berlin? Was war denn der Indikator des "Sieges"? Es war der Fall der Berliner Mauer, die Öffnung der deutsch-deutschen Grenze, die zur Aufhebung der Teilung geführt hat. Dies war ein behördlicher Akt des SED-Regimes. Das Mitglied des Politbüros, des höchsten Führungsgremiums der SED, Günter Schabowski, hatte am 09. November 1989 eine Reiseregelung verkündet, die auch die ständige Ausreise aus der DDR beinhaltete, "ohne dass dafür noch geltende Voraussetzungen für eine ständige Ausreise vorliegen müssen". Damit hatte die DDR den Grund für den Bau der Mauer und der deutschen Teilung zum Anlass genommen diese wieder rückgängig zu machen. Die DDR war das, was Trotzki Sowjetdeutschland nannte und mit dem Fall der Sowjetunion fiel auch die Diktatur in der DDR. Und die Sowjetunion ist gefallen, weil sie den kalten Krieg verloren hat. Die Kosten waren zu hoch und der wirtschaftliche Zusammenbruch zu stark um das Regime aufrechtzuerhalten. Die Satelitenstaaten sind dadurch weggebrochen; ihre Kontrolle musste einer Konsolidierung des Kernlandes geopfert werden. Es ist Ronald Reagans Verdienst und der des Amerikas, das an einen möglichen Sieg über den Kommunismus immer geglaubt hat und bereit war, dafür hohe Schulden auf sich zu nehmen.
Zitat von Emulgator im Beitrag #26...nicht diejenigen, die sich hinterher die Beute geteilt haben. Das waren Investoren, Poltitiker und Gewerkschaften aus dem Westen. Die Politiker haben den Investoren nach der Wiedervereinigung zum Schleuderpreis verkauft, was die BRD nicht von der DDR geerbt haben konnte, weil es Eigentum freier Thüringer, Sachsen, Mecklenburger, Brandenburger und Pommeraner war. Die Gewerkschaften haben ihre Westklientel gegen die noch kaum organisierte Konkurrenz aus dem Osten geschützt. Bestes Beispiel ist ja der Kalibergbau in Bischofferode, der eigentlich konkurrenzfähig mit den Bergwerken im Westen war, aber trotzdem schließen mußte. Wie kann man stolz auf seine historischen Leistungen sein, wenn man danach weiter ausgebeutet wird?
Es gab keine Beute im runtergewirtschafteten SED-Staat. Es gab Möglichkeiten der Konsolidierung. Eine dieser wurde gewählt und es war vielleicht nicht die beste, aber sie hat insgesamt gut funktioniert. In der Welt wird Deutschland für die erfolgreiche Integrierung der rückständigen DDR zu recht bewundert. Was vielen Menschen in der DDR völlig fehlt, ist die Dankbarkeit für diesen Akt der Brüderlichkeit.
Zitat von Fluminist im Beitrag #17Von Anwesenheit von Teilen der russischen Armee in den Regionen Donezk und Lugansk oder von Druck auf die Bevölkerung an der Abstimmung teilzunehmen, war keine Rede in dem im übrigen recht kritischen BBC-Bericht.
Das war vielleicht kein Thema für diesen konkreten Berichterstatter - aber die Präsenz russischer Spezialeinheiten in der Ostukraine läßt sich aus vielen Indizien schließen. Was nicht bedeutet, daß alles und jedes dort direkt von Putin angeordnet ist, da gibt es bestimmt viele Friktionen.
Über den Druck läßt sich nur spekulieren. Ob die Bevölkerung einfach nur auf die Propaganda reinfällt, oder auch Angst vor den robust auftretenden Maskierten hat - kann man nicht auseinanderhalten.
Ansonsten stimme ich völlig zu: Putin hat wahrscheinlich überhaupt kein Interesse, ein paar verarmte Landkreise zu okkupieren und dafür maximalen Ärger zu bekommen. Eine destabilisierte Ukraine, vielleicht sogar mit einer offiziell sich einmischenden dürfenden "Schutzmacht" Rußland, das wäre ihm strategisch viel lieber.
Zitat von Llarian im Beitrag #25Damit sich ein Teil eines Landes für unabhängig erklären könnte, müsste es ein sauberes Referendum geben, eine politische Diskussion, Positionen, einen vielleicht etwas ungewöhnlichen, aber doch demokratischen Prozess. Das ist hier aber nicht passiert, deswegen hat sich auch niemand für unabhängig erklärt. Es ist einfach eine Propagandanummer ohne Stellenwert. Und Propganada ist nix besonderes. Wenn ich morgen nach Castrop Rauxel gehe und dort eine Urne aufstelle und (wenn mich die Polizei nicht vorher in eine Zwangsjacke steckt) behaupte, eine Mehrheit von Castrop Rauxel habe die Unabhängikeit erklärt hat das den selben Stellenwert. Und es wird nicht dadurch aufgewertet das ich Bilder von Leuten habe, die tatsächlich Zettelchen in meine Urne werfen.
Aber wenn Sie dann noch erklären, daß die Bürger von Castrop Rauxel nicht mehr an Bundestagwahlen teilnehmen werden (d.h. dürfen), Castrop Rauxel der Republik Frankreich beitreten will und ggf. die französische Regierung diesem Gesuch nachkommt, dann hat es doch zumindest Nachrichtenwert?
Zitat von Llarian im Beitrag #25Kollaborateure gibts sicher genug. Wenn in einem Landstrich hunderttausend Leute leben, dann werde ich auch ein paar tausend Versprengte finden, die sich in die Kamera stellen. Realität ist das deswegen nicht.
Da haben wir nun wieder zwei Versionen. Einerseits die sagenhaften 90% von 90%, die für Ja gestimmt haben sollen, andererseits ein Bild, wonach sich nur ein kleiner Bruchteil der Bevölkerung beteiligt haben soll - das deuten Sie hier an, und Jörg Eigendorf in dem von Erling Plaethe in #2 zitierten Artikel spricht von der "schweigenden Mehrheit". Nur konkrete Beweise haben wir für keine dieser beiden Versionen.
Sehen Sie, es war nicht meine Absicht, den Vorgang am 11. Mai zu rechtfertigen oder zu beschönigen, sondern nur zu beschreiben und zwar möglichst auf Grundlage von Beobachtungen, die wir als gesichert annehmen können, weil sie in der Berichterstattung beider Seiten konsistent zu finden sind. Klar, wenn man davon ausgeht, daß der gesamte Vorgang ein völlig von Rußland inszeniertes und kontrolliertes Theater ist (das ist die Position in Washington, und daß sie eine gewisse Plausibilität hat, streite ich gar nicht ab - fragt sich nur, warum die Regierung in Kiew aufs Stichwort mitspielt), dann wirkt dieser Ansatz wohl naiv oder der anderen Seite gegenüber allzu aufgeschlossen; aber es scheint mir in einer ausgesprochen trüben Lage der beste Weg zu einem sine ira et studio zu sein.
Die unmittelbar Konsequenz der Eigenständigkeitserklärung für die Bevölkerung der "Volksrepubliken" wird sein, daß sie nicht an der Präsidentenwahl der Ukraine teilnehmen können, weil ihre Regionaloberhäupter erklärt haben, daß sie nicht teilnehmen werden. Das ist nun allerdings das genaue Gegenteil demokratischer Teilhabe und widerspricht dem Föderalismusprinzip, das vor dem Referendum von seinen Veranstaltern so hochgehalten wurde. Aber nachdem Donezk um Aufnahme in Rußland gebeten hat, sehen sie wohl auch keine Notwendigkeit mehr dafür. Die offizielle Position Rußlands ist im Moment noch bedeckt: die Regionen sollen sich mit Kiew diplomatisch auseinandersetzen, das entspreche auch dem Genfer Plan.
Zitat von Emulgator im Beitrag #26Die Politiker haben den Investoren nach der Wiedervereinigung zum Schleuderpreis verkauft ...
Das ist SED-Propaganda. Natürlich hat es bei der Abwicklung von vielen tausend Firmen einige Fehler gegeben, in seltenen Einzelfällen vielleicht auch Unregelmäßigkeiten - aber im wesentlichen kann von einem "Schleuderpreis" keine Rede sein, weil die Substanz viel zu heruntergewirtschaftet war.
Zitat was die BRD nicht von der DDR geerbt haben konnte, weil es Eigentum freier Thüringer, Sachsen, Mecklenburger, Brandenburger und Pommeraner war.
Die freien Thüringer etc. haben sich freiwillig der Bundesrepublik angeschlossen. Und dabei selbstverständlich ihr Staatseigentum eingebracht. Was ja angesichts der vielen Milliarden, die anschließend von West nach Ost flossen, eine vernünftige Entscheidung war.
Zitat Bestes Beispiel ist ja der Kalibergbau in Bischofferode, der eigentlich konkurrenzfähig mit den Bergwerken im Westen war, aber trotzdem schließen mußte.
Ich kenne die Bilanz von Bischofferode nicht. Aber es würde mich sehr überraschen, wenn dieser Standort deutlich konkurrenzfähiger gewesen wäre als die übrigen Kaliabbauorte in Thüringen. Auch im Bergbau hat ja die SED-Mißwirtschaft heftige Folgen gehabt. Gewerkschaften hin oder her - kein Eigentümer schließt freiwillig einen profitablen Betrieb.
Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #27[h/t vd Achse] P. J. O'Rourkes kleines Propädeutikum in russischer Geschichte:
Sehr interessant und treffend, aber einige Details möchte ich korrigieren.
Erst einmal ist der Bezug auf Dschingis Khan ein ziemlicher Folkloremüll. Die russischen Zaren waren absolutistische Herrscher, agierten aber von Motivation und Verhalten nicht viel anders als die meisten ihrer europäischen Kollegen - der Vergleich mit den Mongolen ist absurd. Wie man ja schon am Beispiel mit Angela Merkel als Putins Nachthemd sieht ;-)
Zitat Russia never had a Renaissance, a Protestant Reformation, an Enlightenment, or much of an Industrial Revolution until the Soviet Union.
Es ist natürlich richtig, daß es genau diese westlichen Denkrichtungen nicht gab. Was aber nicht heißt, daß die gebildete Schicht in Rußland nicht ebenfalls Ideen zu Reformen und Fortschritt entwickelt und diskutiert hat. Insbesondere ist es falsch (bzw. ein bolschewistischer Mythos), die Industrialisierung in Rußland hätte erst mit der Sowjetunion begonnen. Vielmehr hatte Rußland schon vor dem ersten Weltkrieg eine beachtliche Industrieproduktion - es brauchte nach dem Bürgerkrieg viele Jahre, bis die Kommunisten wieder dieses Niveau erreichen konnten. Allerdings gab es einen krassen Unterschied zwischen den entwickelten Städten und dem platten Land (den gab es ähnlich aber auch in Deutschland, bis hin in die 30er Jahre). Und Rußland wollte machtpolitisch immer mehr, als seine industrielle Basis hergab. Diese unselige Tradition nimmt Putin wieder auf.
Zitat Russia might as well have lost World War II. Between 18 million and 24 million Russians died.
Auch das ist sowjetische Propaganda. Man weiß nicht genau, wieviele Opfer der Krieg wirklich gekostet hat. Die offiziellen Angaben beruhen auf einem schlichten Vergleich der Bevölkerungszahlen - und beinhalten damit auch die vielen Millionen Opfer des Stalinismus, vom Holodomor in der Ukraine bis zu den Säuberungen im und nach den Krieg.
Zitat von Emulgator im Beitrag #26Die Politiker haben den Investoren nach der Wiedervereinigung zum Schleuderpreis verkauft ...
Das ist SED-Propaganda. Natürlich hat es bei der Abwicklung von vielen tausend Firmen einige Fehler gegeben, in seltenen Einzelfällen vielleicht auch Unregelmäßigkeiten - aber im wesentlichen kann von einem "Schleuderpreis" keine Rede sein, weil die Substanz viel zu heruntergewirtschaftet war.
Vielleicht ist es auch nur ein Einzelfall, vielleicht nur eine fixe Idee von mir, aber jedenfalls kein Effekt von SED-Propaganda, weil ich die Sache damals vom Westen aus miterlebt habe: die Buchproduktion der DDR hatte einen sehr hohen Standard, insbesondere nachdem qualitativ hochwertiges Papier problemlos zur Verfügung stand, und wäre meines Erachtens durchaus weiterhin konkurrenzfähig gewesen. Nur wurde sie von der "Treuhand" den westdeutschen Großverlagen zur "Rettung"/Investition/Ausschlachtung vorgelegt, die dann auch die Gelegenheit gern nutzten, sich einer eventuellen Konkurrenz zügig zu entledigen und den schon damals eher engen deutschen Buchmarkt freizuhalten. Das konnte man daran sehen, daß die Ramschbuchläden während der 90er Jahre stapelweise 1a Neuware aus DDR-Produktion zum Schleuderpreis anboten, was z.B. mir die Gelegenheit zu ausgiebigem Einkauf von Schnäppchen bot, bei denen ich aber immer auch ein Gedenktränchen für die Hersteller im Auge hatte.
xanopos
(
gelöscht
)
Beiträge:
13.05.2014 11:44
#34 RE: Zerbrochene Spiegel. Ein Gastbeitrag von Fluminist.
Zitat Russia might as well have lost World War II. Between 18 million and 24 million Russians died.
Auch das ist sowjetische Propaganda. Man weiß nicht genau, wieviele Opfer der Krieg wirklich gekostet hat. Die offiziellen Angaben beruhen auf einem schlichten Vergleich der Bevölkerungszahlen - und beinhalten damit auch die vielen Millionen Opfer des Stalinismus, vom Holodomor in der Ukraine bis zu den Säuberungen im und nach den Krieg.
Zitat von Fluminist im Beitrag #33die Buchproduktion der DDR hatte einen sehr hohen Standard, insbesondere nachdem qualitativ hochwertiges Papier problemlos zur Verfügung stand
Die reine Produktion ist doch im Verlagswesen das Unwichtigste, vernünftige Druckereien gibt es wie Sand am Meer. Entscheidend für einen erfolgreichen Verlag ist die geistige Vorarbeit, insbesondere die Auswahl geeigneter Texte. Ich sehe daher wenig Grund zur Annahme, gerade die DDR-Verlage hätten konkurrenzfähig sein sollen.
Zitat die dann auch die Gelegenheit gern nutzten, sich einer eventuellen Konkurrenz zügig zu entledigen und den schon damals eher engen deutschen Buchmarkt freizuhalten.
Das Szenario "Konkurrent aufkaufen, um ihn zu erledigen" ist ein beliebter Mythos, in der Praxis rechnet sich das aber fast nie und kommt daher auch selten vor. Insbesondere im deutschen Buchmarkt ist es kaum möglich, durch Konkurrentenschließung irgendetwas "freizuhalten". Es gibt beliebig viele Verlage, die Eintrittsbarrieren sind minimal, und deswegen kommen täglich neue hinzu (während viele auch wieder eingehen).
Zitat Das konnte man daran sehen, daß die Ramschbuchläden während der 90er Jahre stapelweise 1a Neuware aus DDR-Produktion zum Schleuderpreis anboten ...
Daraus kann man nur schließen, daß diese Produktion Ramsch war, d.h. zu normalen kostendeckenden Preisen nicht verkauft werden konnte. Kein Buchhändler verramscht Bücher solange er noch eine Chance sieht, die zum offiziellen Preis zu verkaufen.
Diese "Neuware" bestand also entweder aus Lagerbeständen, die zu DDR-Zeiten angehäuft wurden. Oder aber die Verlage haben selbst nach der Wende noch am Bedarf vorbei produziert. Beides ein Beleg dafür, daß sie eben nicht überlebensfähig waren.
Zitat Das konnte man daran sehen, daß die Ramschbuchläden während der 90er Jahre stapelweise 1a Neuware aus DDR-Produktion zum Schleuderpreis anboten ...
Daraus kann man nur schließen, daß diese Produktion Ramsch war, d.h. zu normalen kostendeckenden Preisen nicht verkauft werden konnte. Kein Buchhändler verramscht Bücher solange er noch eine Chance sieht, die zum offiziellen Preis zu verkaufen.
Diese "Neuware" bestand also entweder aus Lagerbeständen, die zu DDR-Zeiten angehäuft wurden. Oder aber die Verlage haben selbst nach der Wende noch am Bedarf vorbei produziert. Beides ein Beleg dafür, daß sie eben nicht überlebensfähig waren.
Unter normalen marktwirtschaftlichen Bedingungen würde ich Ihnen vollkommen recht geben. Aber bestand da 1990 nicht doch eine Ausnahmesituation, z.B. wegen der ungleichen / ungewissen Kapitalsituation, überhaupt dem Rechtsstatus von Unternehmen, die vorher als VEB liefen? Ich hatte das so interpretiert, daß bei dem DDR-Verlag, der die Bücher produziert hatte, mit dem eisernen Besen ausgekehrt worden war, bevor er dichtgemacht wurde, und die Restbestände, soweit sie nicht direkt vernichtet wurden, als Makulatur in den Handel kamen. Dann hat der Buchhändler an den 3 Mark, für die er das Buch dann verkauft hat, immer noch mindestens so viel verdient wie an preisgebundener Neuware. (Zur Textauswahl: es ging hier nicht um zeitgenössische DDR-Autoren, die haben mich nicht interessiert, sondern um Klassikerausgaben. Die sind zwar keine Bestseller, sollten aber einen steten Absatzmarkt haben.)
Daß der Verkaufspreis immer im einzelnen maximiert wird, ist ja auch auf dem freien Markt nicht allgemein der Fall. Manche Läden spezialisieren sich auf billigen Abverkauf, das ist ihr Alleinstellungsmerkmal und scheint sich zu rechnen. Hier in GB, wo es ja keine Buchpreisbindung gibt, ist es mir durchaus schon passiert, ein Buch in einem solchen Laden für 3,99 Pfund zu kaufen, das (in derselben Ausgabe) gleichzeitig im gehobenen Buchhandel für um die 12 Pfund angeboten wurde.
Zitat von Fluminist im Beitrag #33die Buchproduktion der DDR hatte einen sehr hohen Standard, insbesondere nachdem qualitativ hochwertiges Papier problemlos zur Verfügung stand
Erfahrungsgemäß nicht. Der Standard der Herstellung ging zwar zwischen ~1970 und Ende der 80er nach oben, lag aber immer - auch bei sorgfältigen Editionen und Kunstbänden - gut 15 Jahre hinter dem üblichen kapitalistischen Standard. Zudem war das Angebot einfach nicht konkurrenzfähig. Vieles von der - eventuell - interessanten Produktion waren Nach- oder Parallelausgaben, die es im Westen genauso gab (wobei dann eben die Ausgaben wesentlich besser gestaltet waren - nicht nur graphisch, sondern auch was kritische Apparate u.dgl. anging) - beispielsweise bei Fischer oder Suhrkamp. Die russischen Klassiker (auch die polnischen) waren im Westen immer um Größenklassen besser greifbar (bei Tschechov, den Strugatzkis & Lem war das besonders krass). An Titeln von DDR-Autoren war der Westen sowieso besser sortiert. Nicht zu vergessen: in der Bäh-Err-Deh konnte man gerade nicht vorhandene Titel sogar mit Aussicht auf Erfolg bestellen . Das für Westnasen interessante DDR-Buchangebot beschränkte sich (so Stand 1987 f.) schlicht auf die BDK-Reihe bei Aufbau (die ja zumeist in den Westmarkt gingen) und die MEGA (ditto). Die ganze Misere war an der späten Almanach/Anthologienreihe "ad libitum" bei Volk & Welt sichtbar, die ganz deutlich an das Tintenfaß von Diogenes angelehnt war & ein bißchen publizistische Perestroika simulieren sollte: lizenzfreie Texte, die im Westen seit 1950 oder 1965 jeder kannte, mit schlichtesten Witzzeichnungen garniert. Für den (foto)grafischen Bereich galt das Gleiche für das "Magazin".
Vielen Dank für die detaillierte Aufklärung! Das war dann wohl doch nur eine fixe Idee von mir. Tja, da bleiben nur noch die berühmten Spreewaldgurken übrig...
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #28 Besiegt? Eine Diktatur besiegt mit Demonstrationen? Auf denen auch noch Vertreter der Obrigkeit beklatscht wurden, wie in Berlin? Was war denn der Indikator des "Sieges"? Es war der Fall der Berliner Mauer, die Öffnung der deutsch-deutschen Grenze, die zur Aufhebung der Teilung geführt hat. Dies war ein behördlicher Akt des SED-Regimes. Das Mitglied des Politbüros, des höchsten Führungsgremiums der SED, Günter Schabowski, hatte am 09. November 1989 eine Reiseregelung verkündet, die auch die ständige Ausreise aus der DDR beinhaltete, "ohne dass dafür noch geltende Voraussetzungen für eine ständige Ausreise vorliegen müssen". Damit hatte die DDR den Grund für den Bau der Mauer und der deutschen Teilung zum Anlass genommen diese wieder rückgängig zu machen.
Diese Regelung hat die SED auch tatsächlich beabsichtigt. Schabowski hat sie irrigerweise zu früh verkündet und die Deutschen haben ihn sofort beim Wort genommen. Aber warum hat die SED diese Regelung beabsichtigt? Weil die Deutschen in der DDR demonstriert haben und sich danach herausgestellt hat, daß Gorbatschow den 17.06.1953 nicht wiederholen wollte. Die SED wußte damit nicht weiter. Aber ohne den Mut und die Freiheitsliebe der Leipziger usw. wäre alles so geblieben.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #28Die DDR war das, was Trotzki Sowjetdeutschland nannte und mit dem Fall der Sowjetunion fiel auch die Diktatur in der DDR.
Ich bitte Sie! Wiedervereinigung: 03.10.1990. Ende der Sowjetunion: 26.12.1991, mehr als ein Jahr später! Wenn Sie wenigstens Berg-Karabach erwähnt hätten! Aber was Sie meinen, ist ja völlig unhistorisch.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #28Und die Sowjetunion ist gefallen, weil sie den kalten Krieg verloren hat. Die Kosten waren zu hoch und der wirtschaftliche Zusammenbruch zu stark um das Regime aufrechtzuerhalten.
Ich bitte Sie! Die Kosten sind für Nordkorea noch höher und es kapituliert immer noch nicht in seinem privaten Kalten Krieg mit den USA und Südkorea. Die Sowjetunion stand viel besser da als Nordkorea. In Diktaturen kann noch jede Mißwirtschaft überdeckt werden, solange die Repression stark genug ist. (Auch das Dritten Reich wäre wirtschaftlich noch vor dem Sieg der Alliierten untergegangen, wenn die Inflation nicht zurückgestaut worden wäre). Was der SU das Genick gebrochen hat, war die naive Meinung von Gorbatschow, man könne die Repression lindern und die neue Freiheit würde vom Volk anschließend nur zum wirtschaftlichen Wachstum genutzt werden. Das war das Ende der SU. Sie dürfen nicht verwechseln: Ein (kalter) Krieg ist eine Konfrontation zweier Staaten, die Diktatur in der SU war eine innere Angelegenheit. Natürlich ist beides miteinander dogmatisch verbunden gewesen, Weltrevolution und so, aber bei der VRC sieht man, daß beides völlig verschieden ist. Ich empfehle Ihnen den damaligen Botschafter der USA in Moskau Jack Matlock als Zeitzeugen.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #28Es ist Ronald Reagans Verdienst und der des Amerikas, das an einen möglichen Sieg über den Kommunismus immer geglaubt hat und bereit war, dafür hohe Schulden auf sich zu nehmen.
Hohe Schulden sind niemals ein Verdienst. Richtig ist aber, daß die Doppelstrategie flakierend zu den SALT und den START-Verhandlungen vernünftig war, die den Kalten Krieg haben ausklingen lassen. Merkel und Obama wären zu so etwas niemals fähig.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #28Es gab keine Beute im runtergewirtschafteten SED-Staat. Es gab Möglichkeiten der Konsolidierung. Eine dieser wurde gewählt und es war vielleicht nicht die beste, aber sie hat insgesamt gut funktioniert.
Es stimmt zwar, daß die angestammten Eigentümer, die ab 1945 enteignet wurden, besser mit dem Kapital gewirtschaftet hätten als die Sozialisten. Doch das heißt nicht, daß alles in der DDR so wertlos gewesen wäre, daß eine Restitution nicht mehr möglich gewesen wäre. Und "gut funktioniert" -- für wen? Die Kapitalverteilung ist immernoch eine ganz andere als in einer intakten Marktwirtschaft. Das behindert die Wirtschaftsentwicklung bis heute. Die Transfers sind in dem Lichte kein Geschenk für das man dankbar sein kann, sondern ein Spott. Faktisch haben doch hauptsächlich die Deutschen in SBZ und den Ostgebieten für den Hitlerkrieg bezahlt. Der Westen hat den Marshallplan bekommen. Die Enteigneten von 1945ff. sollten 1990 hingegen für die Schulden der DDR aufkommen, indem man ihr Eigentum veruntreuhändert hat anstatt es zurückzugeben. Die Schulden der notorisch bankrotten DDR sind aber das Resultat der leichtsinnigen Kreditvergabe durch Westpolitiker (Strauß, Brandt) gewesen. Durch diese Kredite hat man den Kollaps in Wahrheit noch herausgezögert.
Immerhin ist man konsequent, wenn man jetzt bei den EU-Bankrottstaaten genauso nicht die Kreditgeber haften läßt, sondern Unbeteiligte.
Zitat von R.A. im Beitrag #31Die freien Thüringer etc. haben sich freiwillig der Bundesrepublik angeschlossen. Und dabei selbstverständlich ihr Staatseigentum eingebracht. Was ja angesichts der vielen Milliarden, die anschließend von West nach Ost flossen, eine vernünftige Entscheidung war.
Das Staatseigentum war enteignetes Privateigentum. Enteignet wurden die Menschen, weil man das für sozialistisch richtig hielt. Mit dem Ende des Sozialismusprojekts ist die "Geschäftsgrundlage" für die Enteignungen entfallen. Also hätte man restituieren müssen.
Zitat von R.A. im Beitrag #31Ich kenne die Bilanz von Bischofferode nicht. Aber es würde mich sehr überraschen, wenn dieser Standort deutlich konkurrenzfähiger gewesen wäre als die übrigen Kaliabbauorte in Thüringen. Auch im Bergbau hat ja die SED-Mißwirtschaft heftige Folgen gehabt. Gewerkschaften hin oder her - kein Eigentümer schließt freiwillig einen profitablen Betrieb.
Im Bergbau hängt sehr viel Rentabilität von der Lagerstätte ab, Teufe, Reinheit des Rohstoffs usw. Und Sie haben recht, der Neueigentümer K+S schloß nicht freiwillig, sondern auf Hinterzimmerdruck der Westgewerkschafter.
Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #37Erfahrungsgemäß nicht. Der Standard der Herstellung ging zwar zwischen ~1970 und Ende der 80er nach oben, lag aber immer - auch bei sorgfältigen Editionen und Kunstbänden - gut 15 Jahre hinter dem üblichen kapitalistischen Standard.
Das stimmt. Insbesondere das Papier ist sehr säurehaltig, was zu schnellem Vergilben und Zerfall führt. Wenn man zwischen die Seiten gutes säurefreies Papier legt, saugt es den Schadstoff aber auf und man kann das Buch länger konservieren.
Zitat von Emulgator im Beitrag #39Aber ohne den Mut und die Freiheitsliebe der Leipziger usw. wäre alles so geblieben.
Die Leipziger, besonders die vom 09. Oktober 1989 waren mutig. Keine Frage. Dafür haben sie auch meine Hochachtung. Aber es wäre auch ohne sie nicht alles so geblieben. Den stärkeren Druck haben die gemacht, die gingen. Und zwar seit die DDR bestand.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #28Die DDR war das, was Trotzki Sowjetdeutschland nannte und mit dem Fall der Sowjetunion fiel auch die Diktatur in der DDR.
Zitat von Emulgator im Beitrag #39Ich bitte Sie! Wiedervereinigung: 03.10.1990. Ende der Sowjetunion: 26.12.1991, mehr als ein Jahr später! Wenn Sie wenigstens Berg-Karabach erwähnt hätten! Aber was Sie meinen, ist ja völlig unhistorisch.
Die Sowjetunion war schon 1989 am Ende. Ihr offizielles Auflösungsdatum mag für Sie das historische sein. Das Ende des der Sowjetunion und des Ostblocks kam aber nicht über Nacht. Den Vorwurf den Unhistorischen muss ich entschieden zurückweisen.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #28Und die Sowjetunion ist gefallen, weil sie den kalten Krieg verloren hat. Die Kosten waren zu hoch und der wirtschaftliche Zusammenbruch zu stark um das Regime aufrechtzuerhalten.
Zitat von Emulgator im Beitrag #39Ich bitte Sie! Die Kosten sind für Nordkorea noch höher und es kapituliert immer noch nicht in seinem privaten Kalten Krieg mit den USA und Südkorea.
Damit wir nicht Äpfel mit Birnen vergleichen: Nordkorea kapituliert nicht, weil China nicht zusammenbricht. Ohne China, kein Kim-Regime.
Zitat von Emulgator im Beitrag #39Die Sowjetunion stand viel besser da als Nordkorea. In Diktaturen kann noch jede Mißwirtschaft überdeckt werden, solange die Repression stark genug ist. (Auch das Dritten Reich wäre wirtschaftlich noch vor dem Sieg der Alliierten untergegangen, wenn die Inflation nicht zurückgestaut worden wäre). Was der SU das Genick gebrochen hat, war die naive Meinung von Gorbatschow, man könne die Repression lindern und die neue Freiheit würde vom Volk anschließend nur zum wirtschaftlichen Wachstum genutzt werden. Das war das Ende der SU.
An dieser Stelle gehen unsere Ansichten so weit auseinander, dass mir es angemessen erscheint, dies lediglich festzustellen. Agree to disagree?
Zitat von Emulgator im Beitrag #39Sie dürfen nicht verwechseln: Ein (kalter) Krieg ist eine Konfrontation zweier Staaten, die Diktatur in der SU war eine innere Angelegenheit. Natürlich ist beides miteinander dogmatisch verbunden gewesen, Weltrevolution und so, aber bei der VRC sieht man, daß beides völlig verschieden ist.
Sind Sie wirklich sicher, dass ich es bin, der hier etwas verwechselt? Die Diktatur in der SU: eine innere Angelegenheit? Sie haben Nerven...Das ist nicht mehr nett gegenüber denen, die unter sowjetischer Fremdherrschaft litten. Und für mich auch der abermalige Nachweis wie richtig Ulrich Elkmann und ich mit unserer Entgegnung hinsichtlich Ihrer "inneren Angelegenheiten" von Staaten lagen.
Zitat von Emulgator im Beitrag #39Ich empfehle Ihnen den damaligen Botschafter der USA in Moskau Jack Matlock als Zeitzeugen.
Gute Empfehlung:
Zitat von http://en.wikipedia.org/wiki/Jack_F._Mat...ching_DiplomacyI don't see much difference between a communist regime and a fascist regime. In fact, I think one of the greatest intellectual confusions that many have had over these decades is the whole right and left thing -- fascists are on the right, communists are on the left. Nonsense! They come together and overlap, and we're seeing this in Russia today where the allies are the nationalistic chauvinists and the communists. They are natural allies because they are authoritarians by nature. And more than authoritarians, they tend to be totalitarians, which means that they tend to destroy all of the elements of the civil society. To me that's much more important than whether you're philosophically right or left. You know, are you willing to create and live in a civil society, in an open society, or not? That to me is the basic issue.
Zitat von Emulgator im Beitrag #39Der Westen hat den Marshallplan bekommen.
Hätte der gesamte Ostblock auch bekommen können. Ansonsten noch einmal: Agree to disagree?
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #42Die Sowjetunion war schon 1989 am Ende. Ihr offizielles Auflösungsdatum mag für Sie das historische sein. Das Ende des der Sowjetunion und des Ostblocks kam aber nicht über Nacht.
Stimmt zwar, aber 1990 hatte die SU noch ihre militärische und politische Macht. Das ist heute mit der Ukraine ja anders. Deswegen kann da einfach so ein Nachbarland Bewaffnete hinschicken.
Zitat von Emulgator im Beitrag #39Sind Sie wirklich sicher, dass ich es bin, der hier etwas verwechselt? Die Diktatur in der SU: eine innere Angelegenheit? Sie haben Nerven...Das ist nicht mehr nett gegenüber denen, die unter sowjetischer Fremdherrschaft litten.
Da verstehe ich Sie nicht. Innere Angelegenheit heißt doch nicht harmlose Angelegenheit.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #42Ansonsten noch einmal: Agree to disagree?
Also mit Ihrem Zitat von Jack F. Matlock bin ich vollkommen einverstanden. Das paßt auch zu meinem Verständnis von Trotzki.
Zitat von Fluminist im Beitrag #30 Aber wenn Sie dann noch erklären, daß die Bürger von Castrop Rauxel nicht mehr an Bundestagwahlen teilnehmen werden (d.h. dürfen), Castrop Rauxel der Republik Frankreich beitreten will und ggf. die französische Regierung diesem Gesuch nachkommt, dann hat es doch zumindest Nachrichtenwert?
Hat es wirklich Nachrichtenwert wenn ein Spinner sich auf einen Marktplatz stellt und Unsinn erzählt ? Ich denke erst einmal nicht, aber selbst wenn man den Wert zubilligte, dann würde man darüber berichten, dass sich ein Spinner auf den Marktplatz gestellt hat und nicht darüber, dass er ein Referendum durchgeführt hat. Auf die Ukraine gemünzt: Man kann darüber berichten, dass Propaganda verbreitet wird, aber man sollte nicht den Inhalt der Propaganda diskutieren.
Zitat Da haben wir nun wieder zwei Versionen. Einerseits die sagenhaften 90% von 90%, die für Ja gestimmt haben sollen, andererseits ein Bild, wonach sich nur ein kleiner Bruchteil der Bevölkerung beteiligt haben soll -
Nein, das haben wir nicht. Es gibt keine zweite Version, weil die erste bereits eine Farce ist. Ich sehe keinen Grund anzunehmen, dass sich irgendjemand an irgendwas beteiligt hat, ich sehe nur eine Propagandanummer ohne Wert. Was da abgelaufen ist, ist nicht zu beurteilen, es ist aber auch nicht wichtig. Ob die SED im Zuge einer DDR Wahl vielleicht auch eine Zustimmung von 5 oder 10 Prozent drunter hatte, oder ob in der DDR auch 20 Prozent freiwillig gewählt haben, ist doch vollkommen wumpe im Angesicht dessen wie dort Wahlen durchgeführt wurden. Es muss kein zweites Narrativ dagegegen gesetzt werden, das erste ist schon lächerlich. Versetehen Sie: Ich sehe keinen Grund sich mit dem Inhalt der Farce auseinanderzusetzen, eben weil es eine Farce ist. Ein zweites Narrativ ist aber bereits eine inhaltliche Auseinandersetzung.
Zitat Nur konkrete Beweise haben wir für keine dieser beiden Versionen.
Nur brauchen wir die auch nicht. Es reicht zu zeigen das die erste lächerlich ist.
Zitat Die unmittelbar Konsequenz der Eigenständigkeitserklärung für die Bevölkerung der "Volksrepubliken" wird sein, daß sie nicht an der Präsidentenwahl der Ukraine teilnehmen können, weil ihre Regionaloberhäupter erklärt haben, daß sie nicht teilnehmen werden.
Das ist keine Konsequenz aus irgendeinem Propagandaentscheid, sondern die Konsequenz daraus, dass ein Teil der Ukraine von einer fremden Macht besetzt ist. Das war aber auch schon vor der Farce der Fall.
Zitat von Emulgator im Beitrag #26 Ja, natürlich haben die Deutschen in der DDR das DDR-System besiegt, nicht diejenigen, die sich hinterher die Beute geteilt haben.
Ich will die Leistung der DDR Bürger im Zuge der Einheit nicht kleinreden, lieber Emulgator, es gehört Mut dazu sich in einem Unrechtstaat auf die Strasse zu stellen, aber der Sieg war schon lange kalter Kaffee. Die DDR ist weniger von Menschen besiegt worden als an ihrem maroden System zugrunde gegangen, wenn man überhaupt von einem Sieg sprechen wollte, dann wäre das der Sieg des westlichen Kapitalismus über den gescheiterten Sozialismus. Pleite war die DDR schon jahrelang, der Bankrott wurde nur jahrelang, nicht zuletzt durch Geld aus dem Westen, verschleppt. Zum Zeitpunkt der Montagsdemos war die DDR bereits ein wirtschaftlicher Zombie und schon lange "besiegt" und dieser schwache Staat ist dann gestürzt worden. Wichtiger erscheint mir noch der Satz mit der Beute zu sein, denn die DDR war 1989 vieles, aber ganz sicher keine Beute. Gemessen am westlichen Standard war die DDR ein armes Land mit massiven Entwicklungsrückständen, einer sehr ungesunden Bevölkerungsentwicklung und massiven Umweltproblemen. Rein wirtschaftlich betrachtet war die deutsche Einheit aus westlicher Sicht sträflich unsinnig. Der Aufbau Ost hat seit 1989 inzwischen fast 2 Billionen Euro gekostet. Ja, es mag auch Firmen und Profiteure gegeben haben, die die Situation für sich ausgenutzt haben, das steht aber in keinem Verhältnis zur Gesamtproblematik. Die Wirtschaft der DDR als Beute zu verstehen ist schon arge Legendenbildung. Übrigens vielleicht ein Vergleich. Der hier gerne zitierte Marschallplan hat die Amerikaner 13 Milliarden Dollar gekostet. Und zwar für ganz Europa. Das wären heute ungefähr 150 Milliarden Dollar und damit nicht einmal ein Zehntel was der Aufbau Ost gekostet hat.
Zitat Bestes Beispiel ist ja der Kalibergbau in Bischofferode, der eigentlich konkurrenzfähig mit den Bergwerken im Westen war, aber trotzdem schließen mußte.
Wenn das das beste Beispiel ist, dann ist das sympthomatisch für die ganze Diskussion, denn es handelt sich inzwischen um nix anderes als eine Legende. Denn es gibt nicht "eigentlich konkurrenzfähig" sondern nur konkurrenzfähig oder eben nicht. Tatsache ist dass die ostdeutschen Kaligruben über mehrere Jahre keinen Käufer oder Investor gefunden haben und im Prinzip Geld gefressen haben. Die Treuhand hat sich deshalb entschlossen die Gruben als Gesamtpaket zu verkaufen, weil sie ansonsten auf einem Teil davon sitzengeblieben wäre. Und der Käufer K+S hat sich im Rahmen seiner Konsolidierung dazu entschlossen die Grube zuzumachen. Und an dieser Stelle kommt dann der Unterschied zwischen Kapitalismus und Legende ins Spiel: Wenn K+S eine Chance gesehen hätte die Grube anderweitig mit Gewinn zu nutzen statt zuzumachen, dann hätten die das gemacht. Und dabei ist es vollkommen nebensächlich, ob die Konkurrenz die Ware kauft. Die Konkurrenz kriegt ihre Ware immer irgendwoher (schönes Beispiel sind Apple und Samsung, die sich bis aufs Blut bekämpfen, was Apple nicht daran hindert bei Samsung einzukaufen und Samsung nicht daran hindert für Apple zu produzieren). Kein Kapitalist würde ernsthaft eine Investition in eine breite Ressource zerstören, damit sein Konkurrent wo anders kaufen muss. Das ist wirtschaftlicher Unsinn. Der ganze Gedankengang ist durch und durch von Nichtwirtschaftskenntnis geprägt. Nur war das etwas, was in der ehemaligen DDR immernoch gut ankam: Man glaubt lieber einer Verschwörungstheorie als wirtschaftlichen Fakten.
Zitat Wie kann man stolz auf seine historischen Leistungen sein, wenn man danach weiter ausgebeutet wird?
Ich höre immer "weiter ausgebeutet". Ja, von wem eigentlich ? Ein weiter impliziert, dass es vorher schon so war. Wer hat denn die DDR ausgebeutet ? Und wer tut es heute ? Die Lebensqualität des DDR Bürgers ist in den letzten 25 Jahren seit der Einheit um Faktoren gewachsen. Das ist mal ne Ausbeutung, die viele auf der Welt gerne hätten.
Jetzt habe ich soviel geschrieben, dass eine Quintessenz nicht fehlen darf: Ich bin nicht der Meinung, dass die DDR den "gebrauchten Bundesländern" auf ewig dankbar sein muss (wenn auch etwas Anerkennung mal ganz schön wäre), insbesondere im Hinblick darauf, dass die meisten heutigen Ost-Bürger die DDR auch nur als Jugendlicher oder Kind oder gar nicht kennengelernt haben. Aber ich bin tatsächlich der Meinung die Einheit hätte damals noch einige Jahre warten können. Nach meinem Dafürhalten ist die DDR viel zu weich gefallen und das hat der Legendenbildung einen sehr guten Nährboden bereitet ("es war ja nicht alles schlecht"). Andere Länder, die keinen reichen Bruder hatten (siehe beispielsweise die baltische Staaten) haben eine deutlich realere Sicht auf ihre Vergangenheit, weil sie viel härter gefallen sind. Auch wenns inhuman argumentiert ist, die DDR hätte so deutlich vor die Wand fahren müssen (und wäre es auch, wenn man nicht vorher eingegriffen hätte), wie das dritte Reich 50 Jahre zuvor. Denn das haben die Deutschen noch sehr lange in Erinnerung gehabt und der Nationalsozialismus hat es mit seiner Legendenbildung deutlich schwerer.
Zitat von Emulgator im Beitrag #26 Ja, natürlich haben die Deutschen in der DDR das DDR-System besiegt, nicht diejenigen, die sich hinterher die Beute geteilt haben.
Ich will die Leistung der DDR Bürger im Zuge der Einheit nicht kleinreden, lieber Emulgator, es gehört Mut dazu sich in einem Unrechtstaat auf die Strasse zu stellen, aber der Sieg war schon lange kalter Kaffee. Die DDR ist weniger von Menschen besiegt worden als an ihrem maroden System zugrunde gegangen, wenn man überhaupt von einem Sieg sprechen wollte, dann wäre das der Sieg des westlichen Kapitalismus über den gescheiterten Sozialismus.
Wenn man so argumentiert, dann hat natürlich nie irgendwer irgendjemanden besiegt. Man kann dann z.B. auch nicht mehr sagen, daß Hannibal bei Cannae die Römer besiegt hat, man kann nur noch sagen, daß die Umfassungstaktik die tiefe Infanteriestaffelung besiegt habe. Auch Bayern München hat letztes Wochenende nicht den VfB besiegt, sondern nur das In-der-Nachspielzeit-ein-Tor-erzielen hat das gleichmäßige Kämpfen besiegt. Und Sie benutzen nichts anderes als die SED-Diktion nur mit anderen Vorzeichen, wenn Sie sagen, der "westliche Kapitalismus" habe den gescheiterten Sozialismus besiegt. Der materialistischen Weltanschauung mag das zwar entgegenkommen, aber ich glaube, daß wir in einer Welt leben, in der Menschen mit einem Freien Willen handeln können. Deswegen sind es die Menschen, die den Sieg davontragen. Zum Siegen gehört dabei, eine Gegebenheit auszunutzen. Das kann auch mal Glück sein. Hannibal hat die Taktik der Römer mit einer in dieser Situation überlegenen eigenen Taktik siegreich gekontert. Bayern München hat einfach bessere Pässe gespielt. Und die Deutschen in der DDR haben sich zu ihren Montagsdemos in einer Situation getraut, wo das DDR-Regime (anders als das der VRC) nicht in der Verfassung war, einfach alles niederzuschlagen. Dazu wiederum kam es, weil Gorbatschow der DDR keinen Rückhalt in diesem Fall signalisiert hat. Die SU und die DDR hätte aber noch jahrelang so weitermachen können, wie unter Брежнев. Oder meinen Sie, die Waffen von Polizei und Militär funktionieren nur, wenn in den Betrieben die Bilanzen noch stimmen?
Zitat von Llarian im Beitrag #45Die Wirtschaft der DDR als Beute zu verstehen ist schon arge Legendenbildung.
Die Wirtschaft eines Landes ist die Gesamtheit der Geschäftsbeziehungen. Das kann man natürlich nicht als Beute bekommen. Die Beute war auch nicht die DDR. Ich habe freilich nicht genau bezeichnet, was die Beute war, und Sie greifen jetzt leider das falsche heraus. Die Beute war das Anlagevermögen. Und zwar nicht das Anlagevermögen der DDR sondern das der Alteigentümer. Sie haben Recht, daß durch die Mißwirtschaft in der DDR davon massive Nettoabschreibungen hinzunehmen waren. Die Alteigentümer, die dieses Vermögen zuvor über Jahre bewirtschaftet haben, hätten es nie dazu kommen lassen, weil man aus Eigeninteresse sich mindestens um Erhaltungsinvestitionen bemüht hätte. Und damit sehen wir jetzt auch, was der Grund für die Mißwirtschaft war: Die Enteignungen und die Außerkraftsetzung wirtschaftlicher Prinzipien.
Sie meinen die "blühenden Landschaften"? Wenn Helmut Kohl sie bei seinem Ehrenwort versprochen hat, dann wird es sie wohl auch geben, meinen Sie? Es gibt keinen Aufbau Ost. Es gibt einen Transfer Ost. Das ist kein Aufbau einer selbsttragenden Wirtschaft. Eine selbsttragende Wirtschaft gibt es nur, wenn es ansässige Eigentümer gibt. Aber die wollte man ja nicht, obwohl 1990 viele Enteignete bereitstanden. Die sind bis 1961 in den Westen gegangen sind und haben dort ein bescheidenes Kapital erwirtschaften können. Das hätte für Modernisierungsinvestitionen gereicht. Mit der alten Expertise und der Loyalität zum Land hätten diese Menschen einen Anfang für eine selbsttragende Marktwirtschaft bilden können. Stattdessen hat man als "Aufbau Ost" öffentliche Ausgaben befördert, die genau diejenigen gesteuert haben, die sich an den öffentlichen Schaltstellen etablieren konnten: Die SED- und Blockparteikader, also genau diejenigen, deren ökonomisches Versagen über 40 Jahre offensichtlich geworden ist. Verstehen Sie: Man hat die Enteignungen nicht rückgängig gemacht, damit die törichten Kreditgeber, die die DDR viel zu lange über Wasser gehalten haben, ihre Forderungen nicht abschreiben mußten. Diese Forderungen wollte man aus dem Eigentum der sozialistisch Enteigneten begleichen. Hat nicht geklappt, weil das Eigentum von der Streuhand nicht teuer genug verkauft werden konnte (warum auch immer). Dadurch hat man aber die Kapitalakkumulation eines ansässigen Unternehmertums unterbunden. Danach kamen die Transfers. Es ist ein Muster, das bis zur Staatsschuldenkrise im Euroraum anhält: Staatsschulden haben Priorität über Privateigentum, Transfers über wirtschaftliche Allokationen. Hätte man dieses Muster ab 1990 nicht befolgt, stünde ganz Deutschland viel besser da. Denn wenn Sie schon andere Länder anführen: Die DDR war im ganzen RGW pro Kopf am wirtschaftsstärksten, aber dank der tollen Westtransferpolitik ist dieser Vorsprung dahingeschmolzen.
Zitat Die Treuhand hat sich deshalb entschlossen die Gruben als Gesamtpaket zu verkaufen, weil sie ansonsten auf einem Teil davon sitzengeblieben wäre.
Genau, auf einem Teil. Der andere Teil hätte nämlich Gewinn gemacht, zumindest mit gewissen Investitionen. Und dazu gehörte Bischofferode.
Zitat Wenn K+S eine Chance gesehen hätte die Grube anderweitig mit Gewinn zu nutzen statt zuzumachen, dann hätten die das gemacht. Und dabei ist es vollkommen nebensächlich, ob die Konkurrenz die Ware kauft. Die Konkurrenz kriegt ihre Ware immer irgendwoher (schönes Beispiel sind Apple und Samsung, die sich bis aufs Blut bekämpfen, was Apple nicht daran hindert bei Samsung einzukaufen und Samsung nicht daran hindert für Apple zu produzieren).
Zum einen will ein Unternehmen nur den Unternehmensgewinn maximieren. Unter wirklich marktwirtschaftlichen Bedingungen hätten Sie recht, würde das äquivalent zur Weiterführung der profitabelsten Betriebe sein. Wenn man aber Gewerkschaften hat, kommen solche Deals heraus, daß ein gewerkschaftlich schwacher aber profitabeler Betrieb geopfert werden muß, weil dessen Mehrgewinn über einen anderen stärker organisierten Betrieb nicht groß genug ist, das Unternehmen für die Schwierigkeiten mit den Gewerkschaften zu kompensieren. Zum anderen war K+S damals schon in Deutschland Monopolist und weltweit marktbeherrschend. Die übrigen großen Produzenten sind in Weißrußland und Rußland und haben sich vor wenigen Monaten zu einem Kartell verabredet (schauen Sie sich mal den K+S-Aktienkurs im Zusammenhang mit der Rußlandkrise an!). Deswegen paßt es einfach nicht, wenn Sie hier von Konkurrenz schreiben, denn die gab es nicht. Nichtwirtschaftskenntnis kann auch einmal darin liegen, daß man übersieht, wann die Modelle vom vollkommenen Markt angesichts der wirtschaftlichen Fakten nicht greifen. Dann kommen eher spieltheoretische Lösungen zum Zuge. Effizient muß das nicht mehr sein.
Zitat Die Lebensqualität des DDR Bürgers ist in den letzten 25 Jahren seit der Einheit um Faktoren gewachsen.
Sie wissen, daß Lebensqualität keine metrische Größe ist, oder? Lebensqualität hängt auch wesentlich davon ab, ob man sein Brot von seinem eigenen Kapital und seinen eigenen Händen verdient oder ob man es nur als Almosen vom Transferstaat bekommt. Das übersehen unsere Umverteilungsökonomen gerne, aber gute Ökonomen wissen, daß das verfügbare Geld nur ein Proxy für die nicht meßbare Lebensqualität ist.
xanopos
(
gelöscht
)
Beiträge:
14.05.2014 12:29
#47 RE: Zerbrochene Spiegel. Ein Gastbeitrag von Fluminist.
Zitat von Emulgator im Beitrag #46Lebensqualität hängt auch wesentlich davon ab, ob man sein Brot von seinem eigenen Kapital und seinen eigenen Händen verdient oder ob man es nur als Almosen vom Transferstaat bekommt.
Das sehen bei weitem nicht Alle so. Eigenes Kapital und eigene Hände, das klingt nach Arbeit, und vor allem nach Stress, dieser Stress ist, was die "Nur kein Stress"-Fraktion überhaupt nicht haben will. Da ist ein bedingungsloses Grundeinkommen, am besten in der Höhe des geforderten Mindestlohns von 1500€, viel stressfreier. Am real existierenden Grundeinkommen wird die zu geringe Höhe, und die Tatsache, dass eben nicht bedingungslos ist kritisiert.
Zitat von xanopos im Beitrag #47Das sehen bei weitem nicht Alle so. Eigenes Kapital und eigene Hände, das klingt nach Arbeit, und vor allem nach Stress, dieser Stress ist, was die "Nur kein Stress"-Fraktion überhaupt nicht haben will. Da ist ein bedingungsloses Grundeinkommen, am besten in der Höhe des geforderten Mindestlohns von 1500€, viel stressfreier. Am real existierenden Grundeinkommen wird die zu geringe Höhe, und die Tatsache, dass eben nicht bedingungslos ist kritisiert.
Das ist ja eine philosophische Frage, die man durchaus so beantworten kann. Es hängt davon ab, welches Menschenbild man hat. Wenn man einen Mensch mit einem Zootier vergleicht, dann ist so ein besinnungsloses Grunzeinkommen natürlich eine tolle Sache. Andererseits konnten wir kürzlich lesen, daß die Zootiere in ihrem streßfreien Leben doch nicht so wahnsinnig glücklich sind. Man kann jetzt natürlich auf seiner Position beharren, daß der Mensch eben besser als Zootier geeignet sei als die Tiere selber (was auch großartige Beschäftigungsmöglichkeiten als Menschenaffendarsteller eröffnen würde). Ich glaube aber, daß Streß und Risiko nun mal zum Leben gehören, der Auslegung des Menschen entsprechen, in einem gewissen Maße ihren Reiz entfalten und die Lebensqualität bei bewußtem Umgang sogar heben. Solch einen bewußten Umgang würde ich natürlich noch nicht von einem Kind erwarten, das den Schnuller noch nicht entwöhnt ist.
Zitat von Emulgator im Beitrag #46Lebensqualität hängt auch wesentlich davon ab, ob man sein Brot von seinem eigenen Kapital und seinen eigenen Händen verdient oder ob man es nur als Almosen vom Transferstaat bekommt.
Das sehen bei weitem nicht Alle so. Eigenes Kapital und eigene Hände, das klingt nach Arbeit, und vor allem nach Stress, dieser Stress ist, was die "Nur kein Stress"-Fraktion überhaupt nicht haben will. Da ist ein bedingungsloses Grundeinkommen, am besten in der Höhe des geforderten Mindestlohns von 1500€, viel stressfreier. Am real existierenden Grundeinkommen wird die zu geringe Höhe, und die Tatsache, dass eben nicht bedingungslos ist kritisiert.
Da gebe ich Ihnen recht, lieber xanopos. Aber, es wird eben auch zu leicht gemacht und man kriegt vom Staat ja alles bezahlt. Wozu noch anstrengen.
♥lich Nola
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Status quo, nicht wahr, ist der lateinische Ausdruck für den Schlamassel, in dem wir stecken. Zettel im August 2008
Zitat von Emulgator im Beitrag #46 Es gibt keinen Aufbau Ost. Es gibt einen Transfer Ost. Das ist kein Aufbau einer selbsttragenden Wirtschaft.
Ich weiß gar nicht, wie oft ich solchen Thesen schon widersprochen habe. Zur Zeit siond etwa 1,7 Billionen Euro in die neuen Bundesländer geflossen. Ein Teil davon in Form von Konsumsubventionen, aber der größere Teil in Form von Investitionen. In den neuen Bundesländern wurde jedes Kraftwerk, jede Kläranlage, Autobahn, Strom-, Gas- und Wassertrasse, jeder Flughafen, Hafen oder größere Bahnhof, jede Schaltanlage, praktisch jedes größere Gebäude und komplett Berlin sowie die Innenstädte aller Hansestädte entweder neu gebaut oder modernisiert.
Und selbst wenn -und ich sage "wenn", nicht "obwohl" - selbst wenn diese Baumaßnahmen komplett durch Westfirmen durchgeführt worden wären, dann wäre doch trotzdem nur die Gewinnspanne in die alten Bundesländer zurückgeflossen. Also etwa 5%. Die restlichen 95% der Investitionen bleiben ja in den neuen Bundesländern, weil die gebauten Gebäude, Infrastrukturen usw ja da sind. Entscheidend dabei ist ja nicht, welche Rechnungsadresse die Baufirma hat, sondern WO das steht, was gebaut worden ist.
Wenn wir also davon ausgehen, dass bereits heute über 1,5 Billionen Euro in Investitionen der neuen Bundesländer geflossen sind - wie kann man da NICHT vom "Aufbau" sprechen? Der Kommunismus hat ein völlig verseuchtes, zerstörtes, ausgebeutetes und technisch 50 Jahre zurückliegendes Land hinterlassen. Und die Bundesrepublik hat diese unmenschlichen Schäden beseitigt.
Was wir nicht mit Geld beseitigen konnten, waren die Schäden in den Köpfen der Leute. Ob Kohl das zum damaligen Zeitpunkt wusste, wird man wohl nie erfahren. Aber selbst wenn er es wusste, dann hätte er mit sicherheit in diesem Punkt gelogen: sehr viele Bewohner der DDR waren nach 60 Jahren Sozialismus derart verbogen und defomiert, dass ein Leben in Selbstverantwortung, Freiheit und Leistungsbereitschaft nicht mehr möglich war. Am "geistigen Aufbau" ist die BUndesrepublik gescheitert. Im Gegenteil hat die DDR die BUndesrepublik sogar noch teilweise runter in den Dreck gezogen.
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