Sie sind vermutlich noch nicht im Forum angemeldet - Klicken Sie hier um sich kostenlos anzumelden  

ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



Sie können sich hier anmelden
Dieses Thema hat 84 Antworten
und wurde 11.541 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2 | 3 | 4
alteseuropa Offline



Beiträge: 259

10.01.2015 17:08
#26 RE: Individuum, Kollektiv und die Freiheit Antworten

Zitat von Techniknörgler im Beitrag #23


Herrlich, Harnasch hat damit den wohl knaggigsten Artikel verfasst, der die liberale (nicht links-"liberale") Position zu dem Thema zusammen fasst. Wunderbar geeigent, um es jedem Linken und Grünen als kleine, nicht zu lange, aber prägnante Lekteure vor die Nase zu halten, wenn der mal wieder unreflektiert die Islamorganisationen verteidigt und dabei die liberale Position mit der konservativen Position verwechselt. Der Beitrag grenzt das liberale Verhältnis zu dem Thema nämlich auch wunderbar von der konservativen Position ab.

Ja, das ist ein interessanter und guter Text, besonders die Gedanken über das Kollektiv. Nur eine Passage hat mir überhaupt nicht gefallen:
“Hey, wäre es OK für Dich, wenn das Schwimmbad Mittwochnachmittags exklusiv für muslimische Frauen geöffnet ist? Unsere Mädels sind etwas g’schamig und unser Glaube schreibt das vor.” “Klar, kein Ding.” “Wir finden Schweinefleisch echt hart eklig, und gottgefällig ist es für uns auch nicht, wäre es in Ordnung, wenn in der Schulkantine alle drauf verzichten würden?” “Gerne doch. Würde ich in China leben wäre ich auch dankbar für ein schlangen- und katzenfreies Mittagessen.”
Freilich wäre man froh über ein schlangen- und katzenfreies Mittagessen (spuken sonst nicht immer die Hunde durch die Köpfe?) Man kann aber nur darum bitten, daß einem AUCH ein europäisches Essen angeboten wird. Aber würde man den Chinesen vorschreiben, in ihren Schulen und Kindergärten ihren EIGENEN Kindern nicht mehr das Essen vorzusetzen, das sie für schmackhaft halten?
Die Sonderbadetage sind auch nicht so ohne. Montags die Buddhisten, dienstags die FKKler, mittwochs die Moslemfrauen, donnerstags die Transsexuellen etc., und das alles auf Steuerzahlers Kosten? Wieso Privilegien für eine einzige Gruppe?

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.404

10.01.2015 17:09
#27 RE: Individuum, Kollektiv und die Freiheit Antworten
Martin Offline



Beiträge: 4.129

10.01.2015 17:21
#28 RE: Individuum, Kollektiv und die Freiheit Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #22
Dieser Artikel passt gut zum Blogbeitrag von Andreas Döding, wie ich finde:
http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/d...penidentitaeten


Nur, wer im Glashaus sitzt sollte nicht mit Steinen werfen. Ich war letztes Jahr in einer griechischen Hotelanlage zu Gast, zeitgleich mit einer großen Reisegruppe Juden aus Israel. In ihrem orientalischen Auftreten waren diese nicht so sehr zu unterscheiden von konservativen Muslimen, das Hotel hat für die Gruppe eine komplette Küche und den zugehörigen Speisesaal reserviert, in Abendstunden wurde das Hotel-eigene Schwimmbad exklusiv für diese Gruppe freigehalten, diejenigen, die das Bad zu anderen Zeiten nutzten, taten das in Vollkleidung (Männer in kurzer Hose und T-Shirt).

Die Kinder der ersten türkischen Gastarbeitergeneration waren mit uns in den Schwimmbädern ohne Diskussion. Dir Hälfte der heutigen türkischen Mütter in der Schule unserer Tochter tragen Kopftuch und üben auf türkische Mütter ohne Kopftuch (nach Aussage einer solchen) ziemlichen Gruppendruck aus, doch ein solches zu tragen. Beim Sommerfest als Grillmeister habe ich gelernt, dass türkische Würstchen doch bitte nicht mit Schweinewürstchen auf demselben Grill grillen sollten (na ja, bei koscherem Kochen kann das noch extremer sein).

Ich stelle nur fest: Es hat sich etwas grundsätzliches geändert im Land, aber auch, dass man Strenggläubigkeit mit ihren zuweilen seltsam anmutenden Erscheinungsbildern nicht nur an den Muslimen festmachen kann. Ich jedenfalls möchte Freiheit nicht an grässlichen Karikaturen festmachen, sondern daran, ob lokales Recht effektiv und notfalls hart durchgesetzt wird, und Regierungspolitiker dieses in voller Neutralität repräsentieren, anstatt eine parallele PC-Welt etablieren zu wollen und dafür eine mit Steuergeldern finanzierte Günstlingswirtschaft zu installieren.

Wie weit wir gekommen sind konnte ich kürzlich in der Grundschulklasse unserer Tochter zur Kenntnis nehmen: Ein zwei Jahre älterer türkischstämmiger Schüler stiftet einen deutschen Schüler dazu an, einen weiteren türkischstämmigen Mitschüler 'Türke' zu schimpfen. Die Lehrerin völlig aus dem Häuschen, kontaktiert die Eltern des deutschen Schülers am späten Abend, diese in Tränen aufgelöst, der Junge muss sich entschuldigen, einige email gehen hin und her - letztlich wäre es für die Lehrerin das Schlimmste, auch nur den Anschein von Ausländerfeindlichkeit außerhalb der Wände ihres Klassenzimmers zu erwecken. Als dagegen unsere Tochter von anderen Mädchen als 'gef... A..loch' bezeichnet wurde, wurde das als unvermeidbare Kinderei zur Kenntnis genommen. Letztlich sind das alles Kindereien, wie sie auch zu unserer Schulzeit vorkamen, bedrückend ist aber die unterschiedliche Reaktion der Lehrkraft. Sie zeigt vielleicht am Besten den Mangel an Souveränität, den sich unsere Bevölkerung hat überstülpen lassen. Was sich geändert hat ist, dass die erste Gastarbeitergeneration die Deutschen zum Vorbild nahm, die heutige dagegen teilweise deutlich ihre Verachtung zeigt. Der ganze Rest (auch die Attraktion des Islamismus) sind die Folgen.

Gruß, Martin

Martin Offline



Beiträge: 4.129

10.01.2015 17:31
#29 RE: Individuum, Kollektiv und die Freiheit Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #24
[ Aber selbst wenn die Veröffentlichung justitiabel gewesen wäre, würde sich in der Gesamtbewertung für mich wenig ändern; dann wäre lediglich anstelle der Redakteure die verzeitgeistigte Rechtssprechung Gegenstand meiner Kritik gewesen.


Wie ich schrieb wird die Trennlinie zwischen Kunstfreiheit und Grenzen zur Beleidigung durch Rechtsprechung austariert. Recht und Gesetz sind auch dazu da, Konfliktpotential zu senken und nicht zu über gewisse Maßen zu stimulieren. Wenn die Rechtsprechung anderer Länder zurückhaltendere Grenzen als in Deutschland zieht darf man diese natürlich kritisieren, ich glaube aber nicht, dass dies aus Unterwürfigkeit der Richter geschah oder geschehen wäre - quasi in Voraussicht des nun Geschehenen.

Gruß, Martin

Solus Offline



Beiträge: 384

10.01.2015 20:01
#30 RE: Individuum, Kollektiv und die Freiheit Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #19
die Trennlinie zwischen Kunstfreiheit und Beleidigung oder gar 'Hassrede' ist in der Rechtsprechung keine ganz einfache, und wird in der Regel durch Gerichtsurteile austariert. Es wäre naheliegend, dass die Rechtsprechung in manchen angelsächsischen Ländern von der in einigen europäischen abweicht, und die Bilder deshalb nicht voll aufgelöst gezeigt werden. Deutschland hat dafür wiederum geschichts-bedingte Empfindlichkeiten in der Rechtsprechung verankert, die andere Länder nicht haben. Freiheit ist ein schwieriges Geschäft.

CNN hat die Karikaturen auch nicht gut sichtbar gezeigt. Nach US Recht wäre das problemlos möglich.
Was Sie ansprechen, kann also durchaus ein Grund sein, aber nicht der einzige.

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

11.01.2015 10:10
#31 RE: Individuum, Kollektiv und die Freiheit Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #19

Zitat
Ob die Zeitungen dies auch nach einem großen Anschlag auf deutschem Boden noch täten? Man darf skeptisch sein. In den Medien des angelsächsischen Sprachraums werden die Karikaturen von Charlie Hebdo zumeist gepixelt dargestellt oder ganz zensiert, um radikale Muslime nicht zu „provozieren“. Hat je ein Terroranschlag schneller sein vordergründiges Ziel erreicht?


Lieber Andreas Doeding,

die Trennlinie zwischen Kunstfreiheit und Beleidigung oder gar 'Hassrede' ist in der Rechtsprechung keine ganz einfache, und wird in der Regel durch Gerichtsurteile austariert. Es wäre naheliegend, dass die Rechtsprechung in manchen angelsächsischen Ländern von der in einigen europäischen abweicht, und die Bilder deshalb nicht voll aufgelöst gezeigt werden.



Da haben Sie sicherlich recht, auch für angelsächsische Lände wie das Vereinigte Königreich. Aber nicht für die USA. Egal was man ansonsten von ihnen hält, in Sachen inhaltlichem Umfang der Meinungsfreiheit macht denen so schnell keine etwas vor: Unter Berufung auf eine Verwerflichkeit/Schädlichkeit des Inhaltes kann man da so schnell nichts verbieten, solange man kein Geheimnisträger ist, der sich zur Geheimhaltung verpflichtet hat und dann diese Geheimnisse, die man schriftlich versprach zu schützen, ausplaudert. Gut, "Obszönitäten" können auf lokaler Ebene unter Umständen verboten werden (Stichwort: Miller-Test), aber eben auch nur lokal, was bei überregionalen Medien im Zeitalter des Internets quais keine Relevanz mehr hat. Ansonsten werden die USA eher dafür kritisiert, zu viele Meinungen nicht zu verfolgen.

______________________________________________________________________________

“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

11.01.2015 15:41
#32 RE: Individuum, Kollektiv und die Freiheit Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #2
Allerdings muss ich fairerweise zugeben:
Wäre ich Herausgeber oder Chefredakteur einer Zeitung, würde ich wahrscheinlich die Karikaturen auch nicht zeigen.
Man hat da eine Verantwortung den eigenen Mitarbeitern gegenüber.
Mut zur Freiheit ist gut und schön - aber wenn man damit das Leben seiner Mitarbeiter gefährdet, dann kann man das guten Gewissens eigentlich nicht machen.
Es ist verbreitet, so zu denken, aber im Kontext der Freiheit ist das nicht schlüssig. Durch den Abdruck von Karikaturen gefährdet man überhaupt nichts und niemanden. Es sind ja bloß die Terroristen, die aus eigenem Antrieb gefährliche Sachen machen. Für ihre freiwilligen Gewalttaten tragen sie die Verantwortung, nicht ein Redakteur. Das muß man den Terroristen selber auch mal sagen: Sich selber degradieren sie zu einem Automaten, der auf 180 ist, wenn Karikaturen veröffentlicht werden. Aber das sind sie nicht. Sie sind freie Menschen, die selber entscheiden, was sie tun. Selbst wenn sie sich durch Karikaturen gestört fühlen, sind sie sogar noch frei, andere, adäquatere Mittel zu wählen, die Störung für sich zu beheben. Tun sie das nicht, ist das ihre Schuld.

Wenn man die Kausalität so betrachtet, liegt der Schwarze Peter wieder bei den Terroristen. Man kann das mit der Schleyer-Entführung vergleichen. Helmut Schmidt hat ihn nicht umgebracht. Das waren die Terroristen der RAF. Und die von ihnen behauptete Kausalität, durch die sie unfrei und gezwungen gewesen seien, ihn zu ermorden, wurde durch den Fortgang der Geschichte widerlegt, denn es ist eben nicht die sozialistische Revolution ausgebrochen. Dadurch haben sie zwei Schäden gemacht: Sie haben einen Menschen ermordet, anstatt ihn zu "bekehren", und sie haben für ihr eigentliches Ziel erst recht nichts erreicht. Daß solche Terroristen überhaupt Sympathisanten haben können, liegt m.E. an einem Mangel an logischem Denken.

Betrachtet man umgekehrt die Situation der Friedlichen, dann können sie durch Zugeständnisse an die Terroristen nicht erreichen, daß diese sich künftig und endgültig jeder Gewalt enthalten würden. Sie können ja einen neuen Vorwand finden. Oder einfach nur so morden. Selbst in ihren Bekennernachrichten sagen Terroristen üblicherweise nicht, welche Sachen die Friedlichen machen oder unterlassen müssen, damit die Terroristen keine Gewalt mehr anwenden. Sie sagen nur, daß irgendjemand irgendetwas gemacht hat. Wie soll man als Friedlicher mit diesen dürftigen Informationen jeder Aufregung seitens der Terroristen vorbeugen?

Martin Offline



Beiträge: 4.129

12.01.2015 08:03
#33 RE: Individuum, Kollektiv und die Freiheit Antworten

Zitat von Techniknörgler im Beitrag #31

Da haben Sie sicherlich recht, auch für angelsächsische Lände wie das Vereinigte Königreich. Aber nicht für die USA. Egal was man ansonsten von ihnen hält, in Sachen inhaltlichem Umfang der Meinungsfreiheit macht denen so schnell keine etwas vor: Unter Berufung auf eine Verwerflichkeit/Schädlichkeit des Inhaltes kann man da so schnell nichts verbieten, solange man kein Geheimnisträger ist, der sich zur Geheimhaltung verpflichtet hat und dann diese Geheimnisse, die man schriftlich versprach zu schützen, ausplaudert. Gut, "Obszönitäten" können auf lokaler Ebene unter Umständen verboten werden (Stichwort: Miller-Test), aber eben auch nur lokal, was bei überregionalen Medien im Zeitalter des Internets quais keine Relevanz mehr hat. Ansonsten werden die USA eher dafür kritisiert, zu viele Meinungen nicht zu verfolgen.


Lieber Techniknörgler,

meine Expertise in Sachen US-Recht reicht wohl nicht an die Ihrige heran, Wikipedia http://en.wikipedia.org/wiki/Satire gibt leider nicht viel her:

Zitat
Legal status[edit]

For its nature and social role, satire has enjoyed in many societies a special freedom license to mock prominent individuals and institutions.In Germany, and Italy satire is protected by the constitution.

Since satire belongs to the realm of art and artistic expression, it benefits from broader lawfulness limits than mere freedom of information of journalistic kind. In some countries a specific "right to satire" is recognized and its limits go beyond the "right to report" of journalism and even the "right to criticize." Satire benefits not only of the protection to freedom of speech, but also to that to culture, and that to scientific and artistic production.



Immerhin, ein den Jyllands-Posten oder Charlie Hebdo vergleichbares Magazin scheint es in den USA nicht zu geben, was auch bedeuten könnte, dass die Rechtsprechung bisher noch nicht vergleichbar gefordert war. Oder aber ist es der US amerikanischen Kultur fremder, über die heiligen Symbole ihrer Mitbürger herzuziehen.

Immerhin gibt es seit Jahren - wie in Europa - von Regierungsseite heftigste Kritik an der von diesen Publikationen verbreiteten Art von Satire. Der Charlie Hebdo-Karikaturist Bernhard Holtrop hat dementsprechend die nun in diesen Tagen gezeigte Anteilnahme dann doch als heuchlerisch identifiziert "Wir kotzen auf all die Leute, die plötzlich sagen, unsere Freunde zu sein" - ganz in der Kontinuität seines Magazins. Obama scheint sich nicht eingereiht zu haben.

Gruß, Martin

xanopos ( gelöscht )
Beiträge:

12.01.2015 08:41
#34 RE: Individuum, Kollektiv und die Freiheit Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #33
Oder aber ist es der US amerikanischen Kultur fremder, über die heiligen Symbole ihrer Mitbürger herzuziehen.
Hust, hust, South Park.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

12.01.2015 09:35
#35 RE: Individuum, Kollektiv und die Freiheit Antworten

Zitat von xanopos im Beitrag #34
Zitat von Martin im Beitrag #33
Oder aber ist es der US amerikanischen Kultur fremder, über die heiligen Symbole ihrer Mitbürger herzuziehen.
Hust, hust, South Park.


Ich kenne das nicht, kann mich nur grob über Wiki informieren. Wie heftig wird da über heilige Symbole hergezogen? Haben Sie das gesehen?

Gruß, Martin

xanopos ( gelöscht )
Beiträge:

12.01.2015 09:54
#36 RE: Individuum, Kollektiv und die Freiheit Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #35
Zitat von xanopos im Beitrag #34
Zitat von Martin im Beitrag #33
Oder aber ist es der US amerikanischen Kultur fremder, über die heiligen Symbole ihrer Mitbürger herzuziehen.
Hust, hust, South Park.


Ich kenne das nicht, kann mich nur grob über Wiki informieren. Wie heftig wird da über heilige Symbole hergezogen? Haben Sie das gesehen?

Gruß, Martin
Heftig ist da noch eine Untertreibung. Jesus schaut beispielsweise Pornos.

crastro Offline



Beiträge: 212

12.01.2015 10:19
#37 RE: Individuum, Kollektiv und die Freiheit Antworten

Die Kollegen darf ich daran erinnern, daß es auch in D einen Paragraphen gegen "Blasphemie" gibt. Interessanterweise hat 2012 die CSU eine Verschärfung dieses § gefordert..........anlässlich von Karrikaturen in "Charlie Hebdo", die den Islam betrafen.......

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

12.01.2015 11:08
#38 RE: Individuum, Kollektiv und die Freiheit Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #33
Zitat von Techniknörgler im Beitrag #31

Da haben Sie sicherlich recht, auch für angelsächsische Lände wie das Vereinigte Königreich. Aber nicht für die USA. Egal was man ansonsten von ihnen hält, in Sachen inhaltlichem Umfang der Meinungsfreiheit macht denen so schnell keine etwas vor: Unter Berufung auf eine Verwerflichkeit/Schädlichkeit des Inhaltes kann man da so schnell nichts verbieten, solange man kein Geheimnisträger ist, der sich zur Geheimhaltung verpflichtet hat und dann diese Geheimnisse, die man schriftlich versprach zu schützen, ausplaudert. Gut, "Obszönitäten" können auf lokaler Ebene unter Umständen verboten werden (Stichwort: Miller-Test), aber eben auch nur lokal, was bei überregionalen Medien im Zeitalter des Internets quais keine Relevanz mehr hat. Ansonsten werden die USA eher dafür kritisiert, zu viele Meinungen nicht zu verfolgen.


Lieber Techniknörgler,

meine Expertise in Sachen US-Recht reicht wohl nicht an die Ihrige heran, Wikipedia http://en.wikipedia.org/wiki/Satire gibt leider nicht viel her:



Lese ich da einen gewissen ironischen Unterton heraus?

Nun, weder Sie noch ich müssen dafür Juristen sein: Schauen Sie sich einfach mal die einschlägigen, amerikansichen Medien an. Das sind dort nicht unbedingt gedruckte Zeitungen, sondern Websites (The Onion) oder Serien ("South Park", "Penn & Teller Bullshit") oder amerikanische Comidians. Die gehen halt mit der Zeit. Bill Maher ist auch nicht ohne:

http://youtu.be/xrl7GlLsVf0?t=1m42s

https://www.youtube.com/watch?v=4FZeHvJDxas

https://www.youtube.com/watch?v=c6BoYIzhMVU

Und keiner der amerikanische Satiriker hat Angst vor staatlicher Anklage. Allerdings durchaus auch Angst vor islamistischen Terroristen.

______________________________________________________________________________

“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.404

12.01.2015 11:09
#39 RE: Individuum, Kollektiv und die Freiheit Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #35
...Hust, hust, South Park.


Zum Thema: die Doppelfolge 200/201 von 2010.
http://blog.zeit.de/joerglau/2010/04/23/...islamisten_3675
http://www.welt.de/fernsehen/article7285...-Erfindern.html

Frank Böhmert Offline




Beiträge: 927

12.01.2015 11:16
#40 RE: Individuum, Kollektiv und die Freiheit Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #35
Ich kenne das nicht, kann mich nur grob über Wiki informieren. Wie heftig wird da über heilige Symbole hergezogen?

Heftig genug, um "Spaß" mit Konvertiten zu bekommen; anno 2010 hat der Freitag mal darüber berichtet, eine Übernahme aus dem Guardian - https://www.freitag.de/autoren/the-guardian/zensur-und-angst

Was Ihre Frage nach amerikanischen Publikationen angeht; der National Lampoon war, glaube ich, nicht ohne. Das ist aber lange her, er hatte seine Hochzeit in den 1970er Jahren und war quasi das dreckige Mad.

Die Jyllands-Posten ist übrigens kein Satiremagazin, sondern eine liberalkonservative Tageszeitung.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

12.01.2015 13:09
#41 RE: Individuum, Kollektiv und die Freiheit Antworten

Zitat von Ludwig Weimer im Beitrag #20
Eine andere Sache ist meiner Einschätzung nach eine Selbsttäuschung der westlichen Medien: Sie gehen davon aus, dass der Islam sich als Religion in der Zivilisation umgestalten wird wie das Christentum, nur dass er eben um ein halbes Jahrtausend verspätet sei. Man könne also erwarten, dass er - beschleunigt wie alles - sich aufklären und humanisieren werde, seine Gesetze und seine heilige Schrift wissenschaftlich betrachten und relativieren werde...

Diese Erwartung übersieht einen wichtigen Unterschied. Im Judentum und Christentum bedeutet Reform zum ursprünglichen Glauben einen Blick nach vorne, eine Öffnung zu einer neuen zeit-entsprechenden Gestalt, fachsprachlich gesagt eine eschatologische Hoffnung. Im Islam bedeutet hingegen Reform zum wahren Glauben immer ein Zurück zu der Praxis am Anfang, nur dort liegt das Heil.
Der Islam war ja sogar schon einmal in gewisser Weise aufgeklärt, nur hat man --so Tilman Nagel-- ab einer bestimmten Epoche gefunden, daß Vernunft und Billigkeit nicht mehr islamisch genug sei und man vielmehr alles aus dem Koran oder den Hadithen herleiten können müsse. So eine Glaubenspraxis "im Rückwärtsgang" ist natürlich nur in einer Religion möglich, die von sich selber behauptet, sowieso schon immer bestanden zu haben, derzufolge etwa Abraham schon Muslim gewesen sei mit exakt dem Glauben, den Mohammed verkündet. Das Christen-/Judentum hingegen leugnet nicht, sich historisch entwickelt zu haben: Da kann man beobachten, wie sich Gott bei jeder Begegnung mit den Menschen immer mehr offenbart, angefangen mit dem anonymen Opfer von Abel, über den Gott Noahs, der immerhin Gebote nennt bis hin zu Jesus Christus als vorläufigen Höhepunkt.


Zitat von Ludwig Weimer im Beitrag #20
Wenn wir eine Wandlung des Islam erwarten sollen und dürfen, da es zum Weltfrieden nötig ist, dann ist dazu ein Weltreligionen-Dialog nötig, in dem es zu einer doppelten Selbsterkenntnis kommen würde: Wegen der Absetzung zwischen Judentum und Christentum ist es zum Recht des Islam auf ein drittes Gotteesvolk gekommen; dieser Islam leidet aber noch an seiner Gegengestalt.(Im Kleinen ist dies strukturell z.B. auch das Problem zwischen Lutheranern und Katholiken.)
Da gibt es durchaus Ansätze. "Muslim" wird im Koran als Bezeichnung für alle benutzt, die treu an einen Gott glauben. Insbesondere sind nicht nur Abraham und Noah sondern auch die Jünger Jesu Muslime. Vor dem Hintergrund erklären Christen in islamischen Ländern sich durchaus auch zu Muslimen: Wenn die Jünger Jesu Muslime waren und ich denselben Glauben habe, dann muß auch ich logischerweise ein Muslim sein. Anschließend werden islamische Begrifflichkeiten genutzt, um christliche Glaubensinhalte als vereinbar mit dem Islam zu erklären. Das ist im Grunde ähnlich zu der Inkulturation der Jesuiten. Voraussetzung ist natürlich ein profundes Wissen über den Koran.
Außerdem klappt es nicht, wenn man dieses Vorgehen aus der Säkularität heraus betreiben will.

Zitat von Ludwig Weimer im Beitrag #20
Ich glaube, unseren Journalisten fehlt das Wissen, dass zwischen Religion und Religion ein großer Unterschied walten kann. Sie arbeiten zu sehr nur mit soziologischen Maßstäben.
Da stimmt wohl. Leider tun sich aber auch die Theologen schwer damit, schlüssig zu folgern, was z.B. die Menschwerdung Christi für Maximen im Alltags- oder liturgischen Leben erzeugt.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

12.01.2015 13:21
#42 RE: Individuum, Kollektiv und die Freiheit Antworten

Zitat von Techniknörgler im Beitrag #38
[Das sind dort nicht unbedingt gedruckte Zeitungen, sondern Websites (The Onion) oder Serien ("South Park", "Penn & Teller Bullshit") oder amerikanische Comidians. Die gehen halt mit der Zeit. Bill Maher ist auch nicht ohne:

http://youtu.be/xrl7GlLsVf0?t=1m42s

https://www.youtube.com/watch?v=4FZeHvJDxas

https://www.youtube.com/watch?v=c6BoYIzhMVU

Und keiner der amerikanische Satiriker hat Angst vor staatlicher Anklage. Allerdings durchaus auch Angst vor islamistischen Terroristen.




Die referenzierten Beiträge von Maher vermeiden 'beleidigende' Darstellungen von Mohammed, die 'rote Linie', soweit ich das bisher verstanden habe. Ich hätte auch nicht vermutet, dass der Staat anklagen würde, sondern derjenige, der sich beleidigt fühlt, was wohl auch in Irland geschehen ist, wo anscheinend Blasphemie unter Strafe steht.

Gruß, Martin

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

12.01.2015 17:03
#43 RE: Individuum, Kollektiv und die Freiheit Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #42
Zitat von Techniknörgler im Beitrag #38
[Das sind dort nicht unbedingt gedruckte Zeitungen, sondern Websites (The Onion) oder Serien ("South Park", "Penn & Teller Bullshit") oder amerikanische Comidians. Die gehen halt mit der Zeit. Bill Maher ist auch nicht ohne:

http://youtu.be/xrl7GlLsVf0?t=1m42s

https://www.youtube.com/watch?v=4FZeHvJDxas

https://www.youtube.com/watch?v=c6BoYIzhMVU

Und keiner der amerikanische Satiriker hat Angst vor staatlicher Anklage. Allerdings durchaus auch Angst vor islamistischen Terroristen.




Die referenzierten Beiträge von Maher vermeiden 'beleidigende' Darstellungen von Mohammed, die 'rote Linie', soweit ich das bisher verstanden habe.



South Park hat seine Mohamed-Darstellung nicht auf Grund rechtlicher Drohungen zensiert. Natürlich kann dort jeder Zivilklage erheben, aber nicht erfolgreich wegen Blasphemie. Ich könnte auch hingehen und die Bundesregierung verklagen, sie solle sofort alle dimplomatischen Beziehungen mit dem klingonischen Reich einstellen. Erfolgreich wird die Klage nicht sein und auf den Gerichtskosten bliebe ich sitzen.

South Park hat die Mohamed-Darstellung durch eine Bären zensiert wegen der Drohungen durch Islamisten. Jetzt wissen wir, die Drohungen sind auch ernst zu nehmen.

Gesetze die Blasphemie unter Strafe stellen sind in den USA verfassungswiedrig.

______________________________________________________________________________

“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein

moise trumpeter Offline



Beiträge: 242

12.01.2015 18:18
#44 RE: Individuum, Kollektiv und die Freiheit Antworten

Zitat von crastro im Beitrag #37
Die Kollegen darf ich daran erinnern, daß es auch in D einen Paragraphen gegen "Blasphemie" gibt. Interessanterweise hat 2012 die CSU eine Verschärfung dieses § gefordert..........anlässlich von Karrikaturen in "Charlie Hebdo", die den Islam betrafen.......


Wenn Sie in den Paragraphen gucken werden Sie feststellen, dass das Schutzgut nicht der liebe Gott sondern der öffentliche Frieden ist. Der liberale Rechtsstaat ist historisch nicht die Antwort auf das Freiheitsstreben des Individuums sondern auf den religiösen/weltanschaulichen Bürgerkrieg. Er beantwortet die Frage: "Wie können wir zusammenleben (trotz unserer unterschiedlichen Religionen/Weltanschauungen)?" und nicht die Frage "Wieviel Freiheit steht mir zu?". Wer diesen Sachverhalt ignoriert befürwortetet (wie implizit auch immer) den religiös/weltanschaulichen Bürgerkrieg, meistens aus der Überzeugung des "Progressisten" jeglichen Couleurs heraus Wahrheit und Zukunft auf seiner Seite zu haben. Im Grunde zeigen die Pariser Ereignisse wie richtig und wichtig dieser "Blasphemieparagraph"ist.

adder Offline




Beiträge: 1.073

12.01.2015 20:59
#45 RE: Individuum, Kollektiv und die Freiheit Antworten

Zitat von moise trumpeter im Beitrag #44
Zitat von crastro im Beitrag #37
Die Kollegen darf ich daran erinnern, daß es auch in D einen Paragraphen gegen "Blasphemie" gibt. Interessanterweise hat 2012 die CSU eine Verschärfung dieses § gefordert..........anlässlich von Karrikaturen in "Charlie Hebdo", die den Islam betrafen.......


Wenn Sie in den Paragraphen gucken werden Sie feststellen, dass das Schutzgut nicht der liebe Gott sondern der öffentliche Frieden ist. Der liberale Rechtsstaat ist historisch nicht die Antwort auf das Freiheitsstreben des Individuums sondern auf den religiösen/weltanschaulichen Bürgerkrieg. Er beantwortet die Frage: "Wie können wir zusammenleben (trotz unserer unterschiedlichen Religionen/Weltanschauungen)?" und nicht die Frage "Wieviel Freiheit steht mir zu?". Wer diesen Sachverhalt ignoriert befürwortetet (wie implizit auch immer) den religiös/weltanschaulichen Bürgerkrieg, meistens aus der Überzeugung des "Progressisten" jeglichen Couleurs heraus Wahrheit und Zukunft auf seiner Seite zu haben. Im Grunde zeigen die Pariser Ereignisse wie richtig und wichtig dieser "Blasphemieparagraph"ist.


Entschuldigung, aber das sehe ich absolut anders. Der Rechtsstaat ist der Garant der individuellen Freiheit aller. Das heißt aber im Umkehrschluss auch, dass eine Freiheitseinschränkung dann gerechtfertigt ist, wenn die Freiheit anderer oder Rechte anderer (im Idealfall sogar ein höherwertiges Rechtsgut oder eine als höherwertig zu betrachtende Freiheit) ansonsten eingeschränkt würde.
Die Meinungs- und die Pressefreiheit ist allerdings absolut höherwertig als jedes auch nur denkbare, bei solch einer 'Blasphemie' beeinträchtigte Rechtsgut. Auch die Kunstfreiheit als Spezialfall der Meinungsfreiheit ist höherwertig. Das heißt zum Beispiel, dass katholische Christen die Lieder einer Metalband, die ganz klar häretische Verbindungen von Satanismus und Katholizismus zeigen, hinnehmen müssen. Sie müssen sie aber nicht gutfinden, und keiner kann sie zwingen, diese bei sich zu Hause zu hören. Nun habe ich noch keine christlichen Drohbriefe oder Überfälle auf z.B. die Saarländer Band Powerwolf gesehen - da scheint es also gut zu funktionieren. Auch Heiden müssen hinnehmen, dass sie gelegentlich in der Presse beschimpft werden (alles schon passiert - das reicht dann von "völkische Gesinnung" bis hin zu "dickbäuchige Mittelalterfreaks") - auch hier gibt es eventuell mal einen Leserbrief, aber nichts ernstes. Und auch Politiker sind nicht vor abfälligen Meinungen oder Meinungsäußerungen geschützt.
All das ist Ausdruck der Meinungsfreiheit. Und wenn wir sonst nichts von Amerika lernen könnten (wir können natürlich schon), dann doch zumindest die Wertschätzung der Meinungsfreiheit aller. Jeder darf jeden Unsinn erzählen, schreiben oder malen. Er muß mit Widerspruch rechnen - aber nur wegen des Inhalts seiner Meinung, nicht weil er diesen äußert.

Ein Einknicken, ein Nicht-Äußern einer Meinung bzw. das Verbot einer solchen Äußerung zerstört in letzter Instanz den liberalen Rechtsstaat und bringt uns alle geradewegs in die Gesinnungsdiktatur (welcher Art auch immer).

Man kann eigentlich nur eine Lehre aus den Anschlägen ziehen: nie war es so wichtig wie heute, seine Meinung zu äußern und für das Recht der anderen, die ihre zu äußern, bedingungslos einzutreten. Ich mag die Hälfte (ach was - bestimmt 90%) der Meinungen in diesem Land zu egal was für Unsinn halten - aber ich würde den Teufel tun, wenn ich nicht jeden die seine äußern lassen würde, aber eventuell würde ich ihm danach sagen, dass er falsch liegt. Ich höre mir gerne alle an, entscheide aber selbst, was richtig ist und äußere meine Meinung auch entsprechend deutlich.

moise trumpeter Offline



Beiträge: 242

12.01.2015 23:17
#46 RE: Individuum, Kollektiv und die Freiheit Antworten

Zitat von adder im Beitrag #45
Entschuldigung, aber das sehe ich absolut anders.Der Rechtsstaat ist der Garant der individuellen Freiheit aller. [...]


Das ist er ganz gewiss, nach ein paar Jahrzehnten religiös/weltanschaulichen Bürgerkrieg dürften Sie allerdings öffentlichen Frieden etwas mehr wertschätzen, so wie die Europäer des 17. und 18. Jahrhunderts. Die Aufrechterhaltung des öffentlichen Friedens ist die Erste Aufgabe jeder staatlichen Gewalt, wenn dies nicht gelingt, dann können sie sich alle weiteren hohen ethisch/moralischen Ansprüche sparen. Der Vorteil des liberalen, weltanschaulich neutralen Rechtsstaates besteht darin, den öffentlichen Frieden in einer funktional differenzierten, religiös/weltanschaulichen inhomogenen Gesellschaft bewahren zu können, darin liegt der Grund für sein (Fort)Bestehen und nicht in seiner Garantie individueller Freiheitsansprüche.

Entgegen ihre Ausführungen geht es auch nicht um das Recht auf Redefreiheit sondern darum, ob ein Recht besteht die religiösen/weltanschaulichen Überzeugungen sozialer Gruppen öffentlich in übler und infamer Weise so herabzuwürdigen, dass der öffentliche Frieden gefährdet ist.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

13.01.2015 00:02
#47 RE: Individuum, Kollektiv und die Freiheit Antworten

Zitat von moise trumpeter im Beitrag #46
... ob ein Recht besteht die religiösen/weltanschaulichen Überzeugungen sozialer Gruppen öffentlich in übler und infamer Weise so herabzuwürdigen, dass der öffentliche Frieden gefährdet ist.

Wenn das überhaupt möglich ist, mit einer Herabwürdigung in übler und infamer Weise den öffentlichen Frieden zu gefährden, stellt sich doch die Frage, ob diese Gesellschaft überhaupt als Bürger- oder Zivilgesellschaft bezeichnet werden kann.
Und wenn nicht, wird diese Gesellschaft kaum die Fähigkeit entwickelt haben, den Staat und seine Gewalten rechtlich zu binden.
Denn das ist die Voraussetzung für den Rechtsstaat, der die Freiheit des Einzelnen sichert.
Wenn der öffentliche Frieden in Gefahr gerät, dann vor allem, weil Selbstjustiz geübt wird. Ein Staat der solche Selbstjustiz verhindern muss, ist bereits an der Gesellschaft gescheitert, die ihn trägt. Der kann gar kein Rechtsstaat mehr sein. Da muss sich erst mal die Gesellschaft wieder zivilisieren.

Viele Grüße, Erling Plaethe



Je suis Charlie

Martin Offline



Beiträge: 4.129

13.01.2015 06:35
#48 RE: Individuum, Kollektiv und die Freiheit Antworten

Zitat von Techniknörgler im Beitrag #43

South Park hat die Mohamed-Darstellung durch eine Bären zensiert wegen der Drohungen durch Islamisten.



Ich habe das gelesen, es scheint aber lediglich eine Behauptung/Begründung von South Park. Der Nachweis, dass Gesetze, die Blasphemie in den USA unter Strafe stellen verfassungswidrig sind, wäre ja mal interessant. Gibt es dazu Rechtsgutachten?

Gruß, Martin

adder Offline




Beiträge: 1.073

13.01.2015 06:39
#49 RE: Individuum, Kollektiv und die Freiheit Antworten

Zitat von moise trumpeter im Beitrag #46
Zitat von adder im Beitrag #45
Entschuldigung, aber das sehe ich absolut anders.Der Rechtsstaat ist der Garant der individuellen Freiheit aller. [...]


Das ist er ganz gewiss, nach ein paar Jahrzehnten religiös/weltanschaulichen Bürgerkrieg dürften Sie allerdings öffentlichen Frieden etwas mehr wertschätzen, so wie die Europäer des 17. und 18. Jahrhunderts. Die Aufrechterhaltung des öffentlichen Friedens ist die Erste Aufgabe jeder staatlichen Gewalt, wenn dies nicht gelingt, dann können sie sich alle weiteren hohen ethisch/moralischen Ansprüche sparen.


Aufrechterhaltung des öffentlichen Friedens? Ich dachte immer, die Aufgaben des Staates wären, Leib und Leben und Eigentum zu schützen. Meine persönliche, religiöse oder weltanschauliche Einstellung kann ich selbst schützen, da brauche ich keinen Staat, der den Menschen verbietet, meine religiösen Prinzipien in welcher Weise auch immer zu kommentieren. Und ehrlicherweise würde ich eher eine Wodaneiche kaufen, um sie zu schützen, als dafür zu demonstrieren, den Staat zu zwingen oder sonstwas. Wenn das alle machen, ist auch Frieden.

Zitat
Der Vorteil des liberalen, weltanschaulich neutralen Rechtsstaates besteht darin, den öffentlichen Frieden in einer funktional differenzierten, religiös/weltanschaulichen inhomogenen Gesellschaft bewahren zu können, darin liegt der Grund für sein (Fort)Bestehen und nicht in seiner Garantie individueller Freiheitsansprüche.



Nein. Ich gebe da Erling Plaethe recht. Der öffentliche Friede wird nicht durch Einschränkungen der Meinungsfreiheit geschützt. Wenn die Gesellschaft Äußerungen nicht aushält (um Widerspruch geht es nicht - sondern um Verbot), dann ist sie auch in keiner Weise liberal. Und sollte sich dringend überlegen, ob sie so bleiben will. Ich glaube sogar, dass es dem inneren Frieden dienlicher ist, Meinungsäußerungen eben nicht zu unterbinden, sondern sie zuzulassen.
Die Attentate auf den jüdischen Supermarkt und die Redaktion hätten auch durch Einschränkungen der Meinungsfreiheit eben nicht verhindert werden können. Diese Täter hätten sich halt ein anderes Ziel gesucht - der Supermarkt wäre ohnehin Ziel geblieben und dann wäre halt eine Schulklasse kurz berockter Mädchen oder ein anderer Verleger oder sonstwas dran gewesen.

Fängt man erst einmal an, Meinungen zu zensieren, nur um irgendjemanden etwas "zu ersparen" - dann begibt man sihc auf eine Abwärtsspirale, denn derjenige wird durch seinen Erfolg ermutigt danach weitere Einschränkungen fordern.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

13.01.2015 07:59
#50 RE: Individuum, Kollektiv und die Freiheit Antworten

Zitat von adder im Beitrag #45
Entschuldigung, aber das sehe ich absolut anders. Der Rechtsstaat ist der Garant der individuellen Freiheit aller. Das heißt aber im Umkehrschluss auch, dass eine Freiheitseinschränkung dann gerechtfertigt ist, wenn die Freiheit anderer oder Rechte anderer (im Idealfall sogar ein höherwertiges Rechtsgut oder eine als höherwertig zu betrachtende Freiheit) ansonsten eingeschränkt würde.
Die Meinungs- und die Pressefreiheit ist allerdings absolut höherwertig als jedes auch nur denkbare, bei solch einer 'Blasphemie' beeinträchtigte Rechtsgut.


http://www.sueddeutsche.de/panorama/irla...r-recht-1.59566

Lieber adder,

was ist schon absolut, wenn Menschen bewerten oder urteilen? Gesetze und Rechtsprechung sind Güterabwägungen, und wie Sie vielleicht sehen sind diese auch innerhalb Europas unterschiedlich, ohne dass jemand ernsthaft die Rechtmäßigkeit der Verfassungen in Frage stellen würde. Güterabwägungen sehen vielleicht in einigen Jahrzehnten auch D anders aus, wenn mehr Politiker oder Verfassungsrichter mit muslimischem Hintergrund unsere Politik und Rechtsprechung bestimmen (Frau Merkel hat ja gerade wieder bekräftigt, dass der Islam zu D gehört).

Interessant am referenzierten Artikel ist die für mich merkwürdige Haltung deutscher Journalisten, dass es zwar Gesetze gäbe, diese aber schon lange nicht mehr exekutiert würden. Die Exekutive richtet es? Oder sie wendet Gesetze nur dort an, wo sie ihre Präferenzen setzt? Ich glaube, das ist hierzulande eine verbreitete Geisteshaltung.

Gruß, Martin

Seiten 1 | 2 | 3 | 4
 Sprung  



Bitte beachten Sie diese Forumsregeln: Beiträge, die persönliche Angriffe gegen andere Poster, Unhöflichkeiten oder vulgäre Ausdrücke enthalten, sind nicht erlaubt; ebensowenig Beiträge mit rassistischem, fremdenfeindlichem oder obszönem Inhalt und Äußerungen gegen den demokratischen Rechtsstaat sowie Beiträge, die gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen. Hierzu gehört auch das Verbot von Vollzitaten, wie es durch die aktuelle Rechtsprechung festgelegt ist. Erlaubt ist lediglich das Zitieren weniger Sätze oder kurzer Absätze aus einem durch Copyright geschützten Dokument; und dies nur dann, wenn diese Zitate in einen argumentativen Kontext eingebunden sind. Bilder und Texte dürfen nur hochgeladen werden, wenn sie copyrightfrei sind oder das Copyright bei dem Mitglied liegt, das sie hochlädt. Bitte geben Sie das bei dem hochgeladenen Bild oder Text an. Links können zu einzelnen Artikeln, Abbildungen oder Beiträgen gesetzt werden, aber nicht zur Homepage von Foren, Zeitschriften usw. Bei einem Verstoß wird der betreffende Beitrag gelöscht oder redigiert. Bei einem massiven oder bei wiederholtem Verstoß endet die Mitgliedschaft. Eigene Beiträge dürfen nachträglich in Bezug auf Tippfehler oder stilistisch überarbeitet, aber nicht in ihrer Substanz verändert oder gelöscht werden. Nachträgliche Zusätze, die über derartige orthographische oder stilistische Korrekturen hinausgehen, müssen durch "Edit", "Nachtrag" o.ä. gekennzeichnet werden. Ferner gehört das Einverständnis mit der hier dargelegten Datenschutzerklärung zu den Forumsregeln.



Xobor Xobor Forum Software
Einfach ein eigenes Forum erstellen
Datenschutz