Schön, einmal wieder eine Wahlbegleitung in Zettels Raum zu lesen - gerne mehr davon!
In der aktuellen deutschen Printausgabe von The European gibt es übrigens auch einen Debattenteil über Großbritannien, unter anderem mit einem John-Major-Interview. Online gibt's auch ein bisschen was: http://www.theeuropean.de/debatte/337-gr...paeischen-union
Vielen Dank für die Vorab-Analyse; diese Wahl wird möglicherweise entscheidender und richtungsweisender als die etwas entscheidungsscheuen und richtungslosen Oberhäupter von Labour und Conservatives sich wünschen würden. Ein Kopf-an-Kopf-Rennen dieser beiden Parteien wäre wegen des Mehrheitswahlrechts kein so großes Problem; schlimmer ist die Aussicht, daß beide nicht nah genug an eine Parlamentmehrheit kommen könnten. Ein hung parliament, ähnlich dem Ausgang der letzten Bundestagswahl. Auch darin ähnlich, daß als kleinere evtl. Mehrheitsbeschaffer die Liberaldemokraten (die in UK eher linksliberal sind) per Regierungsmalus voraussichtlich total ausfallen und nur radikalere Parteien zur Verfügung stehen, mit denen man eigentlich lieber nichts zu tun haben will.
Da ist einerseits die SNP, die naturgemäß nur in Schottland antritt, dort aber die Aussicht hat, die traditionell sicheren Labourmandate zu einem großen Teil zu übernehmen. Mit ihrem separatistischen und sozialistischen Programm ist sie kein Koalitionspartner für die Conservatives, und für Labour höchstens als Kröte, die man auf dem Weg zur Regierungsbildung frißt. Andererseits könnte diesmal auch UKIP ein paar Mandate bekommen, nachdem die Conservatives (meiner Meinung nach sehr ungeschickt) im letzten halben Jahr die klassischen UKIP-Themen EU und Einwanderung ganz oben auf die Tagesordnung gesetzt haben, in der (verfehlten) Absicht, mögliche UKIP-Wähler zurückzugewinnen. Programmatisch kein Partner für Labour, und für die Conservatives bestenfalls eine bittere Kröte. Die sonstigen Parteien (Green, Plaid Cymru und die nordirischen Unionisten (Sinn Fein nimmt traditionell gewonnene Westminstermandate nicht wahr)) können den einen oder anderen Sitz gewinnen und so immerhin für etwas Farbe in den Debatten sorgen, spielen aber ansonsten keine Rolle.
Es kann sich also durchaus eine Situation ergeben, die der derzeitigen Zusammensetzung des Bundestages nicht unähnlich ist. Allerdings (zum Glück, möchte ich andererseits sagen) wäre die deutsche Lösung für dieses Problem, eine große Koalition, ein völliger Bruch mit allen britischen demokratischen Traditionen. So ähnlich sich Labour und Conservatives in ihrem etwas prinzipienlosen Haschen nach Zustimmung geworden sind, eine Koalition der beiden wäre, bisher jedenfalls, vollkommen undenkbar. Die britische Demokratie, immerhin eine der ältesten und besten, beruht darauf, daß sich zwei Lager im Unterhaus gegenübersitzen und scharf gegenseitig kritisieren. Das deutsche Konsensmodell (das auch in Deutschland seine negativen Auswirkungen zeigt) wäre das Ende dieses Prinzips.
Mit ein bißchen Pech werden wir in zwei Wochen ein Unterhaus haben, das nicht nur ein hung parliament ist, sondern hung, drawn and quartered.
Die Parallelen zu Deutschland sind - jedenfalls für die beiden großen Parteien - tatsächlich erstaunlich. Und das Wahlergebnis ist m. E. absolut offen. Weil die Wähler viel stärker taktisch wählen werden.
Mein vorsichtiger Tip wäre, daß die Tories im Endspurt noch Boden gut machen werden. Die Unzufriedenheit ihrer Wähler scheint mir nicht so fundamental wie die auf der Gegenseite. Und gerade die Spekulation einer SNP-gestützten Labour-Minderheitsregierung dürfte sehr viele englische Wähler dazu bringen, am Ende doch wieder bei den Tories zu landen.
Eine Wahl jedenfalls, die nicht dadurch entschieden wird, was die Wähler bevorzugen. Sondern dadurch, was sie am meisten verabscheuen. Auch so eine Parallele ...
Zitat von Fluminist im Beitrag #3Ein hung parliament, ähnlich dem Ausgang der letzten Bundestagswahl. Auch darin ähnlich, daß als kleinere evtl. Mehrheitsbeschaffer die Liberaldemokraten (die in UK eher linksliberal sind) per Regierungsmalus voraussichtlich total ausfallen und nur radikalere Parteien zur Verfügung stehen, mit denen man eigentlich lieber nichts zu tun haben will.
Da ist einerseits die SNP, die naturgemäß nur in Schottland antritt, dort aber die Aussicht hat, die traditionell sicheren Labourmandate zu einem großen Teil zu übernehmen. Mit ihrem separatistischen und sozialistischen Programm ist sie kein Koalitionspartner für die Conservatives, und für Labour höchstens als Kröte, die man auf dem Weg zur Regierungsbildung frißt. Andererseits könnte diesmal auch UKIP ein paar Mandate bekommen, nachdem die Conservatives (meiner Meinung nach sehr ungeschickt) im letzten halben Jahr die klassischen UKIP-Themen EU und Einwanderung ganz oben auf die Tagesordnung gesetzt haben, in der (verfehlten) Absicht, mögliche UKIP-Wähler zurückzugewinnen. Programmatisch kein Partner für Labour, und für die Conservatives bestenfalls eine bittere Kröte. Die sonstigen Parteien (Green, Plaid Cymru und die nordirischen Unionisten (Sinn Fein nimmt traditionell gewonnene Westminstermandate nicht wahr)) können den einen oder anderen Sitz gewinnen und so immerhin für etwas Farbe in den Debatten sorgen, spielen aber ansonsten keine Rolle.
So wie ich die Polls interpretiere, nimmt die SNP Labour ungefähr die Mandate weg, die sie von Lib Dem hinzugewinnt. Die zählbaren Gewinne kommen eher von den Tories.
Zitat von Fluminist im Beitrag #3Es kann sich also durchaus eine Situation ergeben, die der derzeitigen Zusammensetzung des Bundestages nicht unähnlich ist. Allerdings (zum Glück, möchte ich andererseits sagen) wäre die deutsche Lösung für dieses Problem, eine große Koalition, ein völliger Bruch mit allen britischen demokratischen Traditionen. So ähnlich sich Labour und Conservatives in ihrem etwas prinzipienlosen Haschen nach Zustimmung geworden sind, eine Koalition der beiden wäre, bisher jedenfalls, vollkommen undenkbar. Die britische Demokratie, immerhin eine der ältesten und besten, beruht darauf, daß sich zwei Lager im Unterhaus gegenübersitzen und scharf gegenseitig kritisieren. Das deutsche Konsensmodell (das auch in Deutschland seine negativen Auswirkungen zeigt) wäre das Ende dieses Prinzips.
Ich denke auch, dass eine große Koalition das unwahrscheinlichste aller Ereignisse ist. Zum einen ist Miliband dafür zu links (er verdankt seinen Sprung an die Labour-Spitze den Gewerkschaften), zum anderen sieht er, wie die Lib Dems durch ihre Regierungsbeteiligung pulverisiert wurden. Da Labour allem Anschein nach nicht stärkste Fraktion wird, könnte er als Juniorpartner nur den Untergang seiner Partei hervorrufen.
Zitat A Labour-Conservative 'National Unity Government
Once the shock-waves subside from the SNP’s stunning electoral performance, senior Conservative and Labour figures start thinking the unthinkable: a Westminster deal to keep the Nationalists from power.
It is an almighty upheaval for parties who have spent the past century in mortal combat, and the Labour Left and the Tory Right are livid. Conservative Eurosceptics are incensed they will not get their promised vote on leaving the European Union.
Some irreconcilables on both sides quit their party whip in protest, but the grand coalition still occupies more than 80 per cent of the Commons’ seats.
Work presses ahead on an overhaul of the UK’s constitutional arrangements, although it becomes bogged down in arcane detail, but the coalition partners struggle to find common ground, most notably over moves to tackle the deficit. The Chancellor Ed Balls is said to be barely on speaking terms with his Tory deputy Sajid Javid.
In Scotland, rebellion is growing as the SNP stoke up resentment over an English stitch-up to keep Scots from power. Support for separation is surging and demands for a new independence referendum mount.
The grand coalition collapses in bitterness and acrimony, with a new election held in 2017.
Eine Labour-Conservative-"Regierung der nationalen Einheit":
Nachdem die Schockwelle des erstaunlichen Wahlerfolges der SNP abgeklungen ist, fangen hochrangige Vertreter von Conservative und Labour an, das Undenkbare zu denken: Ein Westminster Deal, der die Nationalisten von der Macht fernhalten soll.
Es ist ein allumfassender Umbruch für Parteien, die sich das gesdamte vergangene Jahrhundert auf Leben und Tod bekämpft haben, und der linke Rand von Labour und der rechte Rand der Tories schäumen vor Wut. Konservative Euroskeptiker sind wütend, dass sie ihre Abstimmung über den EU-Austritt nicht bekommen werden.
Einige Unversöhnliche auf beiden seiten verlassen unter Protest ihre Fraktion, aber die Große Koalition hält trotzdem noch mehr als 80 Prozent der Sitze im Unterhaus.
Man stürzt sich darauf, die Verfassungsbestimmungen zu reformieren, verstrickt sich dabei in obskure Detailfragen, aber die Koalitionspartner ringen um eine gemeinsame Basis, hauptsächlich da, wo es um den Schuldenabbau geht. Wie man hört, spricht Schatzkanzler Ed Balls mit seinem Staatssekretär Sajid Javid kaum ein Wort.
In Schottland gewinnt die Rebellion an Stärke, weil die SNP den Unmut über den englischen Kuhhandel anheizt, der die Schotten von der Macht fernhält. Eine Welle der Unterstützung für die Abspaltung entsteht und die Forderungen nach einer erneuten Abstimmung werden mehr.
Die Große Koalition bricht verbittert auseinander, im Jahr 2017 finden Neuwahlen statt.
Zitat von Fluminist im Beitrag #3Mit ein bißchen Pech werden wir in zwei Wochen ein Unterhaus haben, das nicht nur ein hung parliament ist, sondern hung, drawn and quartered.
Eine schöne Anspielung, lieber Fluminist. Und in der Tat werden wir wohl eine Vierteilung erleben (mit einem sehr kleinen vierten Teil, den Lib Dems), bei deren Betrachtung sich wahrscheinlich die Eingeweide der Beteiligten nach außen kehren
Zitat von Meister Petz im Beitrag #5Und in der Tat werden wir wohl eine Vierteilung erleben (mit einem sehr kleinen vierten Teil, den Lib Dems), bei deren Betrachtung sich wahrscheinlich die Eingeweide der Beteiligten nach außen kehren
Für diejenigen, die sich schon jetzt die Laune verderben wollen, hat die BBC ein Koalitions-Spiel eingerichtet.
Aber Warnung: das Spiel macht depressiv. Nach zwei Runden, bei denen das einzig mögliche (einigermaßen plausible) Ergebnis eine Labour-LibDem-SNP-Koalition war (mit Conservatives als stärkster Fraktion) mußte ich aufhören.
Zitat von Meister Petz im Beitrag #7Aus diesem Buch habe ich mehr über die Funktionsweise des Unterhauses gelernt als aus dicken Sachbüchern.
Aus der englischen oder der amerikanischen Ausgabe?
Zitat von WikipediaWhen published in the United States, the novel was rewritten to eliminate the character of Andrew Fraser. The Fraser character eventually departs the Labour Party to join the breakaway Social Democratic Party. According to Archer, the change was made because the publisher did not believe the American audience would understand a multi-party political system. As a result, several plot elements revolving around Andrew Fraser were transferred to other characters, notably Simon Kerslake, who suffered through a change of heart in a prospective marriage partner and the later loss of a child in the US edition, while these events happened to Andrew Fraser in the UK edition.
The ending of the novel differed in the US version as well, with both the winner of the ultimate election and the manner in which the contest was decided changing from one version to the next.
(Fivethirtyeight ist ohnehin zu empfehlen: eine streng zahlenorientierte Politik-Betrachtung mit Schwerpunkt USA. Die letzten beiden US-Präsidentenwahlen hat die Seite zum Beispiel fast punktgenau vorhergesagt: besser als jedes einzelne Umfrageinstitut. Außerdem gibt es - ineressante Mischung - auch jede Menge statistische Sportauswertungen. Auch hier überwiegend US-Sport. Aber z.B. zur WM hatten sie auch sehr detaillierte Prognosemodelle für jedes einzelne Spiel. Als Weltmeister hatten sie übrigens Brasilien vorhergesagt... Tja, was soll man von Amerikanern beim Thema Soccer schon erwarten )
Spannend. Wenn man davon ausgeht, dass Sinn Fein seine 5 Sitze nicht annimmt, liegt die Mehrheit bei 323 Sitzen. Da reicht es für keine der beiden Koalitionen.
(Fivethirtyeight ist ohnehin zu empfehlen: eine streng zahlenorientierte Politik-Betrachtung mit Schwerpunkt USA. Die letzten beiden US-Präsidentenwahlen hat die Seite zum Beispiel fast punktgenau vorhergesagt: besser als jedes einzelne Umfrageinstitut. Außerdem gibt es - ineressante Mischung - auch jede Menge statistische Sportauswertungen. Auch hier überwiegend US-Sport. Aber z.B. zur WM hatten sie auch sehr detaillierte Prognosemodelle für jedes einzelne Spiel. Als Weltmeister hatten sie übrigens Brasilien vorhergesagt... Tja, was soll man von Amerikanern beim Thema Soccer schon erwarten )
Das Problem ist hier, dass es eben für die meisten Wahlkreise gar keine Zahlen gibt. Wahlkreisumfragen kommen zudem, wenn es sie überhaupt gibt, meist nur von Ashcroft und wenn sich die nationalen Wählerpräferenzen in den nächsten zwei Wochen doch noch wesentlich ändern sollten, sind diese Umfragen ohnehin ohne Nutzen. Bei gegebener Umfragelage ist das Modell recht optimistisch für die Tories.
Wenn es den Tories nicht gelingt, Labour deutlich abzuhängen, ist Cameron wahrscheinlich weg vom Fenster. Momentan liegen Tories und Labour etwa gleichauf. Die SNP wird um die 50 Sitze oder sogar mehr kriegen. Andere Parteien, die garantiert nicht mit den Tories kooperieren werden (SDLP, SF, PC, Grüne) kriegen etwa ein Dutzend. Wenn Labour 265 Sitze kriegt, ist Camerons Chance auf eine Mehrheit schon gleich Null. Seine einzige Chance wäre dann eine schnelle Neuwahl, wenn Labour auch keine Mehrheit zusammenbekommt. Ein paar Jahre Old Labour und die Depression der 70er Jahre kommt zurück. Keine gute Aussicht.
Zitat von TF im Beitrag #13 Ein paar Jahre Old Labour und die Depression der 70er Jahre kommt zurück. Keine gute Aussicht.
Aus meiner (deutschen) liberal-konservativen Sicht weiß ich aber bei dieser Wahl gar nicht, was ich mir wünschen soll.
Der Super-Gau wäre nämlich, wenn Cameron die Wahl gewinnt, dann das versprochene EU-Referendum abhält und GB dann aus der EU ausscheidet.
Super-Gau auch deshalb, weil GB seit Jahrzehnten eine starke Stimme der Vernunft in der EU ist: Vergleichsweise liberal (selbst zu Labour-Zeiten unter Blair), wirtschaftsfreundlich und gegen Brüsseler Bürokratie. Oft ein Gegengewicht zum dominanten staatsfixierten Südeuropa. Wäre wirklich sehr, sehr schade, wenn uns die Briten in der EU alleine lassen würden.
Zitat von TF im Beitrag #13 Ein paar Jahre Old Labour und die Depression der 70er Jahre kommt zurück. Keine gute Aussicht.
Aus meiner (deutschen) liberal-konservativen Sicht weiß ich aber bei dieser Wahl gar nicht, was ich mir wünschen soll.
Der Super-Gau wäre nämlich, wenn Cameron die Wahl gewinnt, dann das versprochene EU-Referendum abhält und GB dann aus der EU ausscheidet.
Super-Gau auch deshalb, weil GB seit Jahrzehnten eine starke Stimme der Vernunft in der EU ist: Vergleichsweise liberal (selbst zu Labour-Zeiten unter Blair), wirtschaftsfreundlich und gegen Brüsseler Bürokratie. Oft ein Gegengewicht zum dominanten staatsfixierten Südeuropa. Wäre wirklich sehr, sehr schade, wenn uns die Briten in der EU alleine lassen würden.
Zitat von TF im Beitrag #15So ähnlich denke ich auch.
Dass GB aus der EU austritt, ist sicher nicht wünschenswert. Millibrand hat übrigens ausdrücklich gesagt, kein Referendum abhalten zu wollen.
Aus meiner Sicht ist das angekündigte EU-Referendum der einzige Wermutstropfen, der die Hoffnung auf einen Sieg der Konservativen ein bißchen vergällt. Soweit ich weiß, will und wollte Cameron dieses Referendum auch nicht, sondern verspricht es immer nur, um seine euroskeptischen Parteigenossen vom Abwandern zu UKIP abzuhalten. Wenn es denn kommt, dann wird bestimmt massiv pro-EU geworben werden. Ein EU-Austritt wäre nicht so sehr für die anderen EU-Länder unschön (die würden ihn wohl recht kalt hinnehmen) als vielmehr für das Vereinigte Königreich fatal, denn die sehr pro-EU gestimmten Schotten würden dann mit größter Wahrscheinlichkeit ihren Austritt aus dem UK durchsetzen. Auch für die britische Wirtschaft wäre der Austritt sehr übel, da kann Farage lange das Gegenteil behaupten. Schlimmer noch, allein die Unsicherheit, die ein EU-Referendum im Vorfeld erzeugt, wird sehr negative Auswirkungen auf die Wirtschaft haben, selbst wenn das Referendum am Ende zugunsten der EU ausfällt. (Die Position von Labour ist, wenn ich mich recht erinnere, daß sie ohne vorhergehendes Referendum keine weitere Souveränität an die EU abgeben wollen.)
Dennoch: das größere Übel wäre (bzw. wird sein), wenn wieder Labour die Regierung übernimmt, in der entblairifizierten, gewerkschaftsnäheren Form. Also die Truppe, die vor 5 Jahren das Land mit leeren Kassen übergab und das auch noch witzig fand, nur mit noch ein paar mehr marxistischen Rosinen im Kopf. Und schlimmer noch, Labour wird diesmal voraussichtlich eine Koalition dazu brauchen, und zwar (zumindest) mit der vor schottischem Partikularismus und sozialistischen Ideen platzenden SNP. Und dann noch, to add insult to injury, ausgerechnet Ed Milliband als Premierminister, dessen Nichtvorzeigbarkeit selbst die von John Major in den Schatten stellt. Das ist der GAU, und die Wahrscheinlichkeit seines Eintritts ist leider nicht gering.
Zitat von LSEBritain is estimated to have substantial amounts of shale gas trapped in underground rocks and the national government has been supportive of developing these reserves. However, progress has been slow because of local opposition to hydraulic fracturing - or fracking - due to environmental concerns.
Local government officials in Lancashire county said on Thursday that they would defer the decisions until June 30, from a previous April 30 deadline, a move that pushes them beyond Britain's May 7 election.
Zitat von Fluminist im Beitrag #16Aus meiner Sicht ist das angekündigte EU-Referendum der einzige Wermutstropfen, der die Hoffnung auf einen Sieg der Konservativen ein bißchen vergällt.
So viel Angst habe ich vor so einem Referendum nicht. Das würde m. E. ähnlich ausgehen wie in Schottland: Erst großes Getöse, aber dann kriegen doch genügend viele Wähler kalte Füße. Und das Schöne an solchen Referenden ist: Nachdem abgestimmt wurde, ist das Theme erst einmal tot. Dann bräuchte man im konkreten Fall nicht mehr andauernd populistische Zugeständnisse aus Angst vor UKIP machen.
Ansonsten wäre ein Sieg der Konservativen aber auch nur begrenzt "hilfreich". Die haben in den letzten Jahren richtig mies gewirtschaftet und wollen dies auch weiterhin tun.
Ich finde es erschreckend, wie sehr die aktuellen Probleme des Landes im Wahlkampf ausgeblendet werden.
Zitat von Fluminist im Beitrag #16Aus meiner Sicht ist das angekündigte EU-Referendum der einzige Wermutstropfen, der die Hoffnung auf einen Sieg der Konservativen ein bißchen vergällt.
So viel Angst habe ich vor so einem Referendum nicht. Das würde m. E. ähnlich ausgehen wie in Schottland: Erst großes Getöse, aber dann kriegen doch genügend viele Wähler kalte Füße. Und das Schöne an solchen Referenden ist: Nachdem abgestimmt wurde, ist das Theme erst einmal tot. Dann bräuchte man im konkreten Fall nicht mehr andauernd populistische Zugeständnisse aus Angst vor UKIP machen.
Na ja, erstens schafft ja schon die Unsicherheit vor dem Referendum einige Probleme; außerdem würde die Kampagne Zeit und Energie der Politiker, die besser für die Bearbeitung der wirklichen Probleme aufgewendet würde, auf ein völlig überflüssiges Thema ableiten. Und zweitens, daß das Thema nach dem Referendum tot ist, hätte ich in Sachen schottischen Unabhängigkeit auch gehofft; aber diese Idee ist nun alles andere als vom Tisch. Die SNP hat in Schottland Zustimmung wie nie zuvor, und wie die Unabhängigkeit als Zukunftsprogramm und/oder Erpressungsmittel wirken wird, werden wir ja sehen, wenn eine Labour-SNP-Koalition gebildet wird.
Zitat von R.A. im Beitrag #18Ich finde es erschreckend, wie sehr die aktuellen Probleme des Landes im Wahlkampf ausgeblendet werden.
Da haben Sie recht. Aber sind die wirklichen Probleme nicht immer etwas, das als wenig wahlkampftauglich vor Wahlen weitgehend ausgeblendet wird?
A free society is a society where it is safe to be unpopular. - Adlai Stevenson
Zitat von R.A. im Beitrag #18 Ich finde es erschreckend, wie sehr die aktuellen Probleme des Landes im Wahlkampf ausgeblendet werden.
Wie gut, dass das in D so gaaaanz anders ist.
In den Wahlkämpfen hierzulande wird regelmäßig deutlich gemacht, was wirklich ganz, ganz wichtig ist. Zum Beispiel das hier oder für die Intellektuellen gibt's auch schon mal was ("Diskurse" nennen die das, glaub ich) noch Anspruchsvolleres, wie so was, zum Beispiel.
Das könnte jetzt der Startschuss zu einer Debatte sein: Wie doof sind eigentlich die Wähler? Oder auch: Ist Demokratie wirklich so qualitätssichernd, wie allgemein behauptet? Für Liberale ein eher unangenehmes Thema, denn es stellt sich u.a. die Frage, was machen wir eigentlich mit der offensichtlichen Mehrheit, die dieser Denkungsart nicht zuneigt? Hmmm.......
Zitat von R.A. im Beitrag #18Und das Schöne an solchen Referenden ist: Nachdem abgestimmt wurde, ist das Theme erst einmal tot. Dann bräuchte man im konkreten Fall nicht mehr andauernd populistische Zugeständnisse aus Angst vor UKIP machen.
"Populismus" ist das Stichwort. Die Lichtgestalt demos hat eine hässlichen, nicht vorzeigbaren Bruder, um nicht zu sagen Zwillingsbruder, namens populus, obschon nix anneres als 'ne schlichte, ganz und gar unschuldige Übersetzung.
Ein weites Feld all das, aber gehört ja eigentlich nicht zum Thread, 'tschuldigung.
Zitat von Fluminist im Beitrag #19 würde die Kampagne Zeit und Energie der Politiker, die besser für die Bearbeitung der wirklichen Probleme aufgewendet würde, auf ein völlig überflüssiges Thema ableiten.
Im Prinzip ja. Da aber das überflüssige Thema schon seit Jahren Zeit und Energie bindet, wäre es vielleicht doch besser, das mal zum Abschluß zu bringen.
Zitat Und zweitens, daß das Thema nach dem Referendum tot ist, hätte ich in Sachen schottischen Unabhängigkeit auch gehofft; aber diese Idee ist nun alles andere als vom Tisch.
Natürlich hat sich die SNP nach dem Verlust des Referendums nicht selbstkritisch aufgelöst. Aber de facto ist die Unabhängigkeit vom Tisch, einen ernsthaften Versuch wird man für mindestens ein Jahrzehnt nicht starten können.
Zitat Aber sind die wirklichen Probleme nicht immer etwas, das als wenig wahlkampftauglich vor Wahlen weitgehend ausgeblendet wird?
Sicher. Aber wenn ich die Beschreibung so lese (und den Autor halte ich für sehr zuverlässig), dann ist das Ausmaß der aktuellen Realitätsverweigerung in GB derzeit schon ziemlich krass.
Zitat von Fluminist im Beitrag #19 außerdem würde die Kampagne Zeit und Energie der Politiker, die besser für die Bearbeitung der wirklichen Probleme aufgewendet würde, auf ein völlig überflüssiges Thema ableiten.
Moment mal. Aus britischer Sicht ist die Frage "EU ja oder nein" doch ein immanent wichtiges Thema. Und auch wenn ich (im Grundsatz wenn auch nicht im Detail) durchaus ein EU-Symphatisant bin und - wäre ich Brite - auch pro EU abstimmen würde:
Die EU ist aus britischer Sicht eben nicht alternativlos. Und es gibt durchaus rationale Gründe, die gegen eine Mitgliedschaft sprechen.
Zitat von Meister Petz im Beitrag #7Aus diesem Buch habe ich mehr über die Funktionsweise des Unterhauses gelernt als aus dicken Sachbüchern. Und es ist höchst unterhaltsam!
Für das 19. Jahrhundert gibt es da Anthony Trollopes "Palliser Novels", in Sachen "große Politik" insbesondere "The Prime Minister" von 1876.
Dazwischen gibt es aber nicht sooo viel; wenn man mal von Skandalzubereitungen & Krimis im parlamentären Milieu absieht. Obschon: für die USA gibts auch nicht so viel mehr: ad hoc fällt mir außer Gore Vidal & Primary Colors nicht viel Bemerkenswertes ein. Und für deutsche Nachkriegsverhältnisse höchstens das "Treibhaus". Und da ist auch noch alles falsch.
Zitat von Florian im Beitrag #22Die EU ist aus britischer Sicht eben nicht alternativlos. Und es gibt durchaus rationale Gründe, die gegen eine Mitgliedschaft sprechen.
Das ist zwar richtig, aber dennoch sehe ich keinen dringenden Grund, die Frage nach der EU-Mitgliedschaft jetzt auf die Tagesordnung zu setzen. Daß dieses Thema im Laufe der letzten paar Jahre überhaupt in den Vordergrund gerückt ist, ist hauptsächlich der UKIP-Propaganda geschuldet sowie der etwas panischen Reaktion der konservativen Führung darauf, da unter den Konservativen auch etliche EU-Gegner sind (soweit sie nicht schon zu UKIP gewechselt sind). Laut UKIP-Propaganda wäre der Austritt zwar die Lösung aller Probleme - keine unkontrollierte Zuwanderung aus EU-Ländern mehr, jede Menge eingespartes Geld etc. -, aber das ist doch eine Milchmädchenrechnung. Tatsächlich steht das UK als EU-Mitglied und Euro-Nichtmitglied derzeit relativ gut da und kann in Ruhe abwarten, wie sich die Geschichte entwickelt. Die latente Drohung, auf weitere Eingriffe in die Souveränität seitens der EU mit einem Referendum und/oder Austritt reagieren zu können, ist diplomatisch viel wertvoller als ein schnell durchgeführtes Austritt-Referendum, bei dem im Falle eines zustimmenden Ergebnisses in Sachen EU das Kind mit dem Bade ausgeschüttet würde, im Falle eines Scheiterns aber praktisch keine Barriere gegen weitere zentralisierende Eingriffe seitens der EU mehr bestünde. Da die Entwicklung der EU ungewiß ist und gerade einem kritischen Punkt zuzustreben scheint, wäre es doch besser, sich die Optionen offenzuhalten, als sich hastig in der einen oder anderen Richtung festzulegen.
A free society is a society where it is safe to be unpopular. - Adlai Stevenson
Die ist ausgesprochen spannnend (nicht zuletzt deshalb, weil es in UK ja keine geschriebene Verfassung gibt und sehr viel über Gewohnheitsrecht läuft - das aber dann an seine Grenzen stößt, wenn man ungewohntes Neuland betritt).
Der Premierminister wird vom Monarchen ernannt. Es gibt KEINE Bestätigung durch Parlamentsbeschluss (also anders als in Deutschland, wo der BuPrä den Kanzler lediglich vorschlägt). Das Parlament kann einen PM auch nicht durch konstruktives Misstrauensvotums austauschen.
Rein formal ist der Monarch somit völlig frei, wen er bestimmt. In der Realität gilt aber natürlich das Gewohnheitsrecht. Wobei das wie gesagt womöglich diesmal an seine Grenzen stößt. Die (womöglich in diesem Punkt nicht 100% zuverlässige) deutsche Wikipedia schreibt z.B. hierzu (http://de.wikipedia.org/wiki/Politisches...eichs#Regierung ) recht widersprüchlich:
Zitat Aufgrund des Gewohnheitsrechts ernennt der Monarch den Vorsitzenden der größten Partei im House of Commons zum Premierminister.
und ein paar Abschnitte weiter:
Zitat Der Monarch ernennt einen Premierminister und folgt dabei dem strikten Gewohnheitsrecht, dass dieser ein Mitglied des House of Commons ist und in der Lage ist, eine mehrheitsfähige Regierung zu bilden.
Was ja eindeutig unterschiedliche Kriterien sind. (Die gleichen Widersprüche gibt es übrigens auch in der englischsprachigen Wikipedia. ) Konkret ist ein Szenaro denkbar, nach dem die Tories die größte Partei sind, aber dennoch Labour eher in der Lage ist, eine mehrheitsfähige Regierung zu bilden.
An diesem Punkt müsste also die Queen die eingefahrenen Spuren verlassen und selbst echte politische Entscheidungen treffen. Wobei sie sicher darauf achten wird, zumindest keinen PM zu ernennen, der eine klare Parlamentsmehrheit gegen sich hat. Aber im Falle eines komplett zersplitterten Parlaments, in dem ÜBERHAUPT KEINE Mehrheits-Koalition gebildet wird, hat sie natürlich dann doch einigen Spielraum.
Sicherlich ist das kein Wunschszenario für die Queen. Die Akzeptanz der Monarchie hängt in einem modernen, demokratischen Land wie Großbritannien eben entscheidend davon ab, dass sie sich NICHT in die Politik einmischt. Nun könnte sie aber - zum ersten Mal in ihrer rekordlangen Amtszeit - zu einer echten politischen Richtungsentscheidung genötigt sein, mit der sie zwangsläufig einen Premierminister ernennen würde, den die Mehrheit ihrer Untertanen nicht gewollt hat.
Und wie gesagt: Wen sie einmal ernannt hat, der ist dann durch das Parlament (zumindest formal) nicht mehr durch konstruktives Misstrauensvotum zu ersetzen. Es ist auch nur der PM - nicht das Parlament selbst - der beim Monarchen eine vorzeitige Parlamentsauflösung beantragen kann. Vermutlich würde ein PM wohl Konsequenzen ziehen, wenn er keine Gesetze durchs Parlament bringen kann - aber gezwungen werden kann er zu nichts.
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