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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 54 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2 | 3
Llarian Offline



Beiträge: 7.120

21.06.2015 12:00
Die junge Union und die Kinder Antworten

Eine kleine Marginalie zum aktuellen Borstenvieh, dass durchs Dorf getrieben wird.

TF Offline



Beiträge: 281

21.06.2015 12:53
#2 RE: Die junge Union und die Kinder Antworten

Richtig, Kinder kosten viel Geld. Außer denjenigen, die von Sozialleistungen leben. Kinderkriegen gerade in diesem Milieu zu fördern, ist ganz falsch.

adder Offline




Beiträge: 1.073

21.06.2015 13:03
#3 RE: Die junge Union und die Kinder Antworten

Meine Frau und ich geben gerade alles in allem rund 9.000 Euro aus, um endlich Eltern werden zu können. Ehrlich gesagt, ist diese Zusatzprämie uns völlig egal - einzig unser Kinderwunsch zählt.

Ich glaube auch nicht, dass selbst Hilfsempfänger sich durch Geldprämien zu mehr Kindern überreden lassen. Es ist wohl eher so, dass die Leistungsempfänger eher nicht über die Kosten und die Zeit für die Kinder nachgedacht haben und auch mit Verhütung eher nachlässig umgehen, während die vielzitierten Akademikerinnen sich zuerst schon einmal sehr gut um Verhütung kümmern und später dann "keine Zeit" für Kinder finden...

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

21.06.2015 13:13
#4 RE: Die junge Union und die Kinder Antworten

Zitat von adder im Beitrag #3
Meine Frau und ich geben gerade alles in allem rund 9.000 Euro aus, um endlich Eltern werden zu können. Ehrlich gesagt, ist diese Zusatzprämie uns völlig egal - einzig unser Kinderwunsch zählt.

Genau das ist der Punkt. Die Prämie ist für Sie (oder für mich oder für sonstjemanden, der nicht zum Prekariat gehört) vollkommen unnötig, man nimmts mit, aber es hat keinerlei Einfluss. Es ist am Ende nix weiter als eine Umverteilung "für Nüsse". Die Herdprämie wirkt ja am Ende genau so: Ich nehms natürlich mit, aber die Entscheidung wann das Kind in den Kindergarten geht, treffe ich aus gänzlich anderen Erwägungen heraus.

Zitat
Ich glaube auch nicht, dass selbst Hilfsempfänger sich durch Geldprämien zu mehr Kindern überreden lassen.


Die untersten schon. Wenn meine Chancen einen Job zu bekommen gleich null sind, wenn Kinder für mich ein Geschäft werden, weil die Staatsunterstützung größer ist, als was ich für das Kind ausgebe, wenn ich Kinder ohnehin als einzige Chance betrachte meinen Lebensstandard zu verbessern, dann sind 1000 Euro eine (kleine) zusätzliche Motivation. Ich las neulich von einer Harz4 Empfängerin, die mehrere Mobilfunkverträge mit Cashback abschloss, um ihrem Partner den Führerschein zu finanzieren. Die langfristigen Folgen waren dabei nebensächlich. Hier könnte eine ganz ähnliche Denke einziehen.

Ulrich Elkmann Online




Beiträge: 14.547

21.06.2015 13:25
#5 RE: Die junge Union und die Kinder Antworten

Zitat
...die Vorstellung erscheint nahezu grotesk bis absurd zu sein und kann eigentlich nur von jemandem stammen, der in seinem Leben noch kein kleines Kind in seinem Haushalt gehabt hat.



Das hängt wohl eher damit zusammen, daß in diesem Bereich von Politikern & Großen Denkern noch nie anderes als hane Büchen abgesondert worden sind. Das scheint fest eingebaut (& kulturkreisübergreifend, weshalb das in der Optik von Post-Colonialism & Sozial-Konstrukteuren schon eh' i-bäh ist) & ändert sich nur in der Richtung, in der falsch gepeilt wird, nicht im Grad der Triftigkeit - von Adenauers "Kinder kriegen die Leute sowieso" bis zu "Kinder statt Inder". Die Beobachtung, daß es (nur?) das Proletariat ist, das sich vermehrt, hatte schon einen Bart, als Nick Carraway im 5. Kap. des Großen Gatsby bemerkte "the rich get richer, and the poor get children": die Überlegungen der Eugenik durch Darwins Vetter Francis Galton ab 1870 machten sich daran fest; & Zolas Rougon-Marquart-Romanzyklus spielt das als Familiensaga durch (die Buddenbrooks sind im Vergleich damit die Digest-Fassung). Im aktuellen Fall sticht die Flachheit nur sofort ins Auge & nicht erst nach Jahren; vor allem auch, weil das Propagandaprogramm momentan ja ganz auf Gleichgeschlechtlichkeit eingenordet ist. Aber das fällt den Betreffenden nicht auf, weil sie die Welt nur aus der Optik eines Katasterbeamten wahrnehmen.



Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire

Ulrich Elkmann Online




Beiträge: 14.547

21.06.2015 13:30
#6 RE: Die junge Union und die Kinder Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #4
Hier könnte eine ganz ähnliche Denke einziehen.


Wieso fällt mir da jetzt "Abkindern" ein?



Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire

Paul Offline




Beiträge: 1.285

21.06.2015 14:54
#7 RE: Die junge Union und die Kinder Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #6
Zitat von Llarian im Beitrag #4
Hier könnte eine ganz ähnliche Denke einziehen.


Wieso fällt mir da jetzt "Abkindern" ein?


Ich nehme Wetten darauf an, dass es doch funktionieren würde. Voraussetzung wäre die Anpassung an die heutigen Wirtschaftsverhältnisse.
Als die DDR diese Prämie, äh - den zinslosen Kredit, von 5000,-DDR-Mark 1972 einführte, war das für junge Ehepaare eine Menge "Kohle". (Leider war ich schon verheiratet. Habe aber mit dem Gedanken an Scheidung und anschließender Neuverheiratung gespielt. Das war damals für mich der Nettoverdienst von 10(!) Monaten.)
An die heutigen Verhältnisse angepasst müssten es vielleicht 20 000,-€ zinsloser Kredit bei der Eheschließung sein. Das würde die Geburtenzahl hoch schnellen lassen. Da nehme ich jede Wette an.

___________________________
JE SUIS JUIF

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

21.06.2015 15:52
#8 RE: Die junge Union und die Kinder Antworten

Zitat von Paul im Beitrag #7
Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #6
Zitat von Llarian im Beitrag #4
Hier könnte eine ganz ähnliche Denke einziehen.


Wieso fällt mir da jetzt "Abkindern" ein?


Ich nehme Wetten darauf an, dass es doch funktionieren würde.

Sie wissen aber schon, lieber Paul, dass die DDR mit die niedrigste Reproduktionsrate der Welt aufwies ? Das hat so gut funktioniert, dass die DDR schneller ausgestorben ist als so ziemlich jede andere Bevölkerung der Welt.

Zitat
An die heutigen Verhältnisse angepasst müssten es vielleicht 20 000,-€ zinsloser Kredit bei der Eheschließung sein. Das würde die Geburtenzahl hoch schnellen lassen. Da nehme ich jede Wette an


In der Tat kann man davon ausgehen, dass die Geburtenrate des Sozialadels (dritte Generation Sozialhilfe) damit dramatisch ansteigen dürfte. Ob das allerdings wirklich eine gute Idee ist darf zurecht bezweifelt werden.

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

21.06.2015 17:01
#9 RE: Die junge Union und die Kinder Antworten

Zitat
Sie wissen aber schon, lieber Paul, dass die DDR mit die niedrigste Reproduktionsrate der Welt aufwies ? Das hat so gut funktioniert, dass die DDR schneller ausgestorben ist als so ziemlich jede andere Bevölkerung der Welt.



Nun, nicht schneller als Westdeutschland:

http://www.deistung.de/weltall/bilder/d-geburten.jpg

Erst nach der Wende brach es ein, davor gab es noch den "Honecker-Buckel". Vor der Wende verliefen die Geburtenraten (vom genannten Buckel abgesehen, der allerdings zu einer höheren Geburtenrate in der DDR im Vergleich zu Westdeutschland führte) relativ gleich.

Die DDR-Bevölkerung ist also nicht schneller "ausgestorben" als Westdeutschland - sie ist schneller abgewandert. Das ist dann eine Entscheidung als Erwachsener, die angesichts der Hürden und der Gefährlichkeit bei der Auswanderung aus der DDR in ihrer Bedeutung und Aussagekraft über die Unaktraktivität des DDR-Systems als Ganzes nicht zu unterschätzen ist.

Doch in Sachen Geburtenraten lässt sich sagen: Schlimmer als der Westen sah es hier (ausnahmsweise) nicht aus.

Eine interessante Analyse findet sich hier:

Zitat

So ist es der aktiven Familien- und repressiven Religionspolitik in Ostdeutschland also gelungen, ein bis zwei Kinder pro Frau auch vor oder außerhalb der Ehe zur gesellschaftlichen Regel zu machen, wogegen allerdings der (häufiger religiös begründete) Kinderreichtum (3+ Kinder) zur seltenen Ausnahme wurde.

Die stärker traditionelle Familienpolitik in Westdeutschland führte dagegen zu einer stärkeren Polarisierung zwischen weiterhin verheirateten und häufiger kinderreichen, religiös geprägten Familien einerseits; und einer wachsenden Zahl häufiger konfessionsloser Kinderloser andererseits.



Schlussfolgerung des Herrn Blume ist folgerichtig, dass die beste Familienpolitik eine Kombination aus pro-religiöser, die Religion stärkender Politik (eventuell aktiv, aber zumindest passiv und indirekt) und aktiver Familienpolitik ist:

Zitat
Auch die DDR-Familienpolitik bestätigt die religionsdemografischen Befunde - ein aktives Bildungs- und Betreuungsangebot in Verbindung mit finanziellen Leistungen trägt dazu bei, dass sich mehr Menschen überhaupt für Kinder entscheiden (können). Kinderreiche Familien (mit 3+ Kindern) bleiben ohne entsprechende, auch religiöse Überzeugungen jedoch die Ausnahme. Eine freiheitlich orientierte Familienpolitik könnte also demografisch erfolgreich sein, wenn sie Familien, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften einerseits und den Staat andererseits nicht länger als Gegner, sondern als möglichst freiwillig kooperierende Partner begreift. Dies haben aber trotz ihrer jeweiligen Erfahrungen weder Ost-, noch West- und bislang auch nicht Gesamtdeutschland geschafft...




Eigentlich eine enorme Abweichung von liberalen Prinzipien sowohl in linke Richtung (mehr Staat zur Umverteilung und zur Erbringung oder wenigstens Finanzierung von Dienstleistungen) und rechte Richtung (wieder aufweichen der Bereits erzielten Separierung von Staat/Politik und Religion). Moment, warum Antiliberal? Schreibt der nicht von "freiheitlich orientierte[r] Familienpolitik" und "freiwillig kooperierende[n] Partner[n]"? Ja, aber nur "möglichst freiwillig kooperierende Partner". Und einer der Partner ist der Staat, der natürlich seine mit Religion das Volk lenkende Gesellschaftspolitik und seine Krippen aus Steuermitteln finanziert...

Führt Liberalismus zu niedrigeren Geburtenraten?

Ich habe ja die Vermutung, dass es weder (unmittelbar) die Religion ist, noch staatliche, kurzfristige Sozialleistungen, welche die Kinderzahlen hochtreiben, sondern zwei viel "profanere" Dinge: Zukunftshoffnung und Armut.

Dabei kommt es natürlich nicht auf die objektiven Zukunftsaussichten an, sondern die subjektive Wahrnehmung. Die ist in Deutschland natürlich allgemein schlecht, da dreht weder Religion im allgemeinen etwas daran (Deutschland ist sehr religiös, nur halt Ökoreligiös und damit in einer apokalyptischen Art und Weise) noch eine Sozialleistung im hier und jetzt. Was es braucht ist Zukunftshoffnung. Manche haben die auch in objektiv schwierigen Zeiten (Israelis), manche nicht mal mit den besten Startvorausetzungen (Deutsche).

Und das Armut zu höheren Geburtenzahlen führt, dass zeigt sich auch in Ländern ohne (nennenswerte) Sozialleistungen für Bedürftige. Dazu muss man nicht unbedingt in die Slums der 3. Welt schauen, auch ein Blick in die USA ist da sehr erhellend.

Nun schließt sich Armut und Zukunftshoffnung ja nicht aus, aber beider Effekte wirken doch auch unabhängig voneinander, wenn auch nur eines der beiden gegeben ist, zu Gunsten höherer Geburtenraten. Dabei wirkt Armut aber weitaus besser beim Antrieb der Geburtenrate. Die Zukunftshoffnung muss dagegen um so stärker sein, ja höher das Wohlstandsniveau ist. Höherer Wohlstand ist ein Geburtenkiller - da häufig um so mehr von der Zukunft erwartet wird, was irgendwann nicht mehr realistisch ist. Die Israelis erhalten trotz westlichem Wohlstand hohe Geburtenrate (auch nach rausrechnen der Araber), denn sie haben ihre eigene Art von Optimismus.

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“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

21.06.2015 17:46
#10 RE: Die junge Union und die Kinder Antworten

Zitat
An die heutigen Verhältnisse angepasst müssten es vielleicht 20 000,-€ zinsloser Kredit bei der Eheschließung sein. Das würde die Geburtenzahl hoch schnellen lassen. Da nehme ich jede Wette an.



Ob sie "hochschnellen" würde, das weiß ich nicht. Aber 20T € als zinsloser Kredit, der bei der Geburt des 2. Kindes vollkommen erlassen wäre, das würde nicht nur die Unterschicht erfreuen, sondern auch die Mittelschicht entlasten. Im Gegensatz zu vergleichsweise lächerlichen 1000€, damit lockt man tatsächlich nur die Unterschicht.

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“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein

Camper ( gelöscht )
Beiträge:

21.06.2015 22:22
#11 RE: Die junge Union und die Kinder Antworten

Zitat von Techniknörgler im Beitrag #9

Zitat
Sie wissen aber schon, lieber Paul, dass die DDR mit die niedrigste Reproduktionsrate der Welt aufwies ? Das hat so gut funktioniert, dass die DDR schneller ausgestorben ist als so ziemlich jede andere Bevölkerung der Welt.



Nun, nicht schneller als Westdeutschland:

http://www.deistung.de/weltall/bilder/d-geburten.jpg



Noch ein paar Zahlen
http://michael-lechner.eu/pdf/journals/142_Eine_empirische_Analyse_des_Geburtenr%C3%BCckgangs_in_den_neuen_Bundesl%C3%A4ndern.pdf

xanopos ( gelöscht )
Beiträge:

22.06.2015 07:49
#12 RE: Die junge Union und die Kinder Antworten

1000e sind zu wenig als ernsthafter Anreiz für Kinder, und die Unvernünftigen bekommen sie so oder so.

Andererseits bringt mich der Vorschlag als unfreiwillig Kinderloser ein wenig auf die Palme. (Auch wenn sie jemand anders hingestellt hat. )

Frank2000 Offline




Beiträge: 3.430

22.06.2015 10:24
#13 RE: Die junge Union und die Kinder Antworten

Ich habe vor vielen Jahren in der Microsoft Enzyklopädie einen Artikel über wissenschaftliche Theorien zur menschlichen Reproduktionsrate gelesen. Obwohl ich das Thema damals nicht weiter vertieft habe, deckten sich die Angaben mit dem, was ich im VWL-Studium gelernt habe.

Im Grundsatz war die Theorie, dass die Anzahl der Kinder unbewusst angepasst wird an den sozialen Erfolg der Sippe. Nicht also eine hohe Kinderzahl war der Antrieb der Eltern, sondern das Streben möglichst viele ERFOLGREICHE Kinder in die Welt zu setzen. In dem Sinne sinkt die Anzahl der Kinder, wenn der Aufwand steigt, jedes einzelne Kind erfolgreich zu machen. In einer Welt mit extrem hohem Ausbildungskosten (in Deutschland pro Kind bis zu 300.000 Euro) führt das zu weniger Kindern als in einer Welt mit niedrigen Ausbildungskosten (Swasiland etwa 10 Euro pro Kind).

Das alles erklärt aber nicht, warum Menschen überhaupt keine Kinder mehr bekommen. Man muss das ganz klar unterscheiden: selbst die gesellschaftlich irrsinnige 1-Kind-Familie ist immer noch anthropologisch erklärbar; aber kinderlose Paare oder gar Singles nicht.

Daneben gibt es natürlich weiterhin des egoistische Motiv der Kinder kriegens: Kinder als Einkommensquelle bzw. Alterversorgung. Aber evolutionsbiologisch ist das eher ein neues und merkwürdiges Phänomen. Traditionell waren die Eltern schon tot, wenn die Kinder schließlich in der Lage gewesen wären, eine arbeitslose Zeit der Eltern (Rente) zu finanzieren. Die frühen Gesellschaften in Europa hatten Durchschnittslebensalter von etwa 45 Jahren (bezogen auf die Population, die das 5. Lebensjahr erreicht hatten)...
Ein sehr wichtiges Element dabei ist die Kindersterblichkeit. Im Mittelalter gab es Zeiten, in denen Säuglinge erst nach einem halben jahr einen Namen bekamen, weil vorher die Wahrscheinlichkeit des Todes größer war als die Wahrscheinlichkeit des Überlebens.

In Summe würde ich sagen: die Diskussion kann nur sinnvoll geführt werden, wenn zwischen dem Phänomen "WENIG Kinder" und dem Phänomen "KEINE Kinder" unterschieden wird. Der zweiten Gruppe wird man auch mit noch so viel Anreizen nicht beikommen. Und gerade die Gruppe "KEINE Kinder" vergrößert sich in Mitteleuropa rasend schnell.

Ich persönlich glaube, wir erleben gerade gesellschaftliche Evolution am eigenen Leib. Das mitteleuropäische Gesellschaftsmodell stirbt aus und wir ersetzt durch andere, evolutionär erfolgreiche Gesellschaften. Gilt eine solche Aussage schon als Kulturpessimismus?

___________________
Kommunismus mordet.
Ich bin bereit, über die Existenz von Einhörnern zu diskutieren. Aber dann verlange ich außergewöhnlich stichhaltige Beweise.

xanopos ( gelöscht )
Beiträge:

22.06.2015 11:08
#14 RE: Die junge Union und die Kinder Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #13
selbst die gesellschaftlich irrsinnige 1-Kind-Familie ist immer noch anthropologisch erklärbar; aber kinderlose Paare oder gar Singles nicht.
Warum nicht? Es gab schon immer Männlein und Weiblein, die am Partnermarkt chancenlos waren. Warum waren wohl Klöster so erfolgreich? Ohne jetzt belastbare Zahlen zur Hand zu haben, früher haben auch nicht alle Kinder bekommen, womöglich weniger Leute als heute, aber die welche bekommen haben, dann gleich im Dutzend.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

22.06.2015 11:10
#15 RE: Die junge Union und die Kinder Antworten

Zitat von Techniknörgler im Beitrag #9
Dabei kommt es natürlich nicht auf die objektiven Zukunftsaussichten an, sondern die subjektive Wahrnehmung. Die ist in Deutschland natürlich allgemein schlecht, da dreht weder Religion im allgemeinen etwas daran (Deutschland ist sehr religiös, nur halt Ökoreligiös und damit in einer apokalyptischen Art und Weise) ...

Hmm, mein subjektiver Eindruck (offizielle Zahlen kann es dazu wohl nicht geben) ist eher, daß die "Ökoreligiösen" durchaus Kinder kriegen. Und trotz der apokalyptischen Grundeinstellung auch mehrere - man kann es sich als akademische Doppelverdiener im öffentlichen Dienst leisten.

Komplette Kinderlosigkeit hat m. E. oft Gründe, die wenig mit den Zukunftsaussichten zu tun haben. Man findet keinen Partner, man kann medizinisch keine Kinder bekommen - oder man mag einfach keine Kinder.

Die Geburtenrate wird ja vor allem von Familien gedrückt, die nur ein einziges Kind haben. Und das hat wohl durchaus auch finanzielle Gründe: Bei geringem Einkommen kann sich die Familie bei einem Kind durchaus noch einen gewissen Standard leisten. Insbesondere weil die Frau nach kurzer Pause wieder halbtags dazuverdienen kann. Das zweite Kind ist finanziell viel schwerer zu stemmen - "bringt" aber ansonsten eher wenig, man ist ja schon Familie und hat seinen Kinderwunsch grundsätzlich erfüllt.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

22.06.2015 11:26
#16 RE: Die junge Union und die Kinder Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #13
Nicht also eine hohe Kinderzahl war der Antrieb der Eltern, sondern das Streben möglichst viele ERFOLGREICHE Kinder in die Welt zu setzen. In dem Sinne sinkt die Anzahl der Kinder, wenn der Aufwand steigt, jedes einzelne Kind erfolgreich zu machen.

Das klingt erst einmal plausibel. Aber wahrscheinlich ist es für die meisten Eltern fast egal, wieviele Kinder sie haben - die Erfolgschance pro Kind ändert sich wenig. Denn die hängt in erster Linie von der Genetik, dem Status der Eltern und deren Einstellung zu Arbeit und Bildung ab. Aber kaum von der Zahl der Geschwister.

Zitat
In einer Welt mit extrem hohem Ausbildungskosten (in Deutschland pro Kind bis zu 300.000 Euro) führt das zu weniger Kindern als in einer Welt mit niedrigen Ausbildungskosten (Swasiland etwa 10 Euro pro Kind).


In Deutschland sind die Ausbildungskosten für die Eltern eigentlich nicht vorhanden. Also niedriger als in Swasiland. Und insbesondere auch deutlich niedriger als in den besser vergleichbaren USA - da kostet ein Kind die Eltern wirklich spürbar bei der Ausbildung. Trotzdem bekommen Amis deutlich mehr Kinder als Deutsche.

Zitat
Das alles erklärt aber nicht, warum Menschen überhaupt keine Kinder mehr bekommen.


Das halte ich nun für relativ einfach erklärbar. Die Gründe im Einzelfall können natürlich sehr unterschiedlich sein, aber sie sind in der Regel sehr klar.
Und an diesen Gründen kann der Staat auch nichts ändern.
Interessant ist m. E. immer nur die Frage, in welchen Gesellschaften eine Familie viele bzw. wenige Kinder hat.

Zitat
Traditionell waren die Eltern schon tot, wenn die Kinder schließlich in der Lage gewesen wären, eine arbeitslose Zeit der Eltern (Rente) zu finanzieren. Die frühen Gesellschaften in Europa hatten Durchschnittslebensalter von etwa 45 Jahren (bezogen auf die Population, die das 5. Lebensjahr erreicht hatten)...


Kinder waren früher schon ab 20 in der Lage, a) selber Kinder zu bekommen und b) ihre Eltern zu versorgen.
Das paßt also durchaus zu einem Durchschnittslebensalter von 45. Denn dieser Durchschnitt bedeutet ja, daß viele schon vorher starben (z. B. im Kindbett), daß aber viele auch älter wurden und Versorgung brauchten.

Zitat
die Diskussion kann nur sinnvoll geführt werden, wenn zwischen dem Phänomen "WENIG Kinder" und dem Phänomen "KEINE Kinder" unterschieden wird. Der zweiten Gruppe wird man auch mit noch so viel Anreizen nicht beikommen.


Hier noch volle Zustimmung.

Zitat
Und gerade die Gruppe "KEINE Kinder" vergrößert sich in Mitteleuropa rasend schnell.


Aber hier nicht - da hätte ich gerne Belege. Meine Schätzung ist, daß sich hier gar nicht so viel geändert hat.

Zitat
Ich persönlich glaube, wir erleben gerade gesellschaftliche Evolution am eigenen Leib. Das mitteleuropäische Gesellschaftsmodell stirbt aus und wir ersetzt durch andere, evolutionär erfolgreiche Gesellschaften.


Das sehe ich nun gar nicht. Im Gegenteil setzt sich unser Gesellschaftsmodell (Kleinfamilie mit einer kontrollierten Anzahl von Kindern) weltweit durch. Auch die USA haben ja grundsätzlich dasselbe Modell - aber eben genau mit den 0,8 Kindern (o.ä.) pro Frau mehr, damit die Bevölkerung stabil bleibt.

Die Hälfte der Paare, die in Deutschland überhaupt Kinder haben, haben nur ein Kind. Wenn man die dazu kriegen würde, sich noch ein zweites anzuschaffen, wären unseren demographischen Probleme gelöst.

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

22.06.2015 11:31
#17 RE: Die junge Union und die Kinder Antworten

Für klar denkende Menschen ist Geld (in keinem Betrag) ein Grund, ein Kind in die Welt zu setzen. Für verworrene höchstwahrscheinlich schon. Damit liegt die Stoßrichtung dieses Vorschlags auf dem Tisch: Was glaubt man denn, was man gesellschaftspolitisch erreicht, wenn man aus Kindern via Geldgeschenke eine „Refinanzierungsquelle für den eigenen Lebensentwurf“ macht?

Im Wohlstand werden weniger Kinder in die Welt gesetzt. Die Empirie ist da sehr eindeutig. Man mag das bedauerlich finden, aber man macht aus frommen Wünschen keine Realität in dem man nur fest und unerschütterlich zu seinem Glauben steht.

Wenn man wirklich etwas für Familien tun möchte und zwar für diejenigen Familien, die man als Fundament unserer Gesellschaft bezeichnen könnte, ist das ganz einfach: Laßt die Menschen selbst entscheiden, was sie mit ihrem Geld machen möchten und nehmt es ihnen nicht weg, um es ihnen danach zweckgebunden wieder zuzustecken. -- Doch diese Einsicht wird für unsere mit Hirn im Übermaß gesegneten Gesellschaftsarchitekten für immer im Dunkel bleiben. Warum sollte sie auch ihr eigenes Schaffern in Frage stellen!?

Wenn sie aber wenigstens beim Geldverbrennen „effektneutral“ vorgingen“. Dies würde allerdings so viel Hirn voraussetzen zu erkennen, wann sie mit einem Vorschlag unserer Gesellschaft schaden und wann nicht. Da ich aber weiß, dass dies ein frommer Wunsch und nicht mehr ist, füge ich mich in die Realität und erlaube mir, ein bisschen dem Kulturpessimismus zu frönen.

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

22.06.2015 11:52
#18 RE: Die junge Union und die Kinder Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #16
unseren demographischen Probleme

Irgendjemand fing einmal an von einem Problem zu sprechen und mittlerweile ist die "Einsicht" ein Problem zu haben, Allgemeingut.

Wo bitteschön soll dieses Problem sein? Dass die Deutschen in 500 Jahren aussterben, wenn die Geburtenrate bleibt wie sie ist? Das ist lächerlich. Bei Klimawandel und anderen Problemen wird (gerade hier im Forum) richtiger Wesie immer wieder darauf hingewiesen, dass es unsinnig ist über so lange Zeiträume hinweg zu planen, weil wir die Bedingungen der Zukunft nicht einmal erahnen können. Genau das gilt auch im Bezug auf die Demographie. Aber ich bin wohl der einzige, der das so sieht.

Probleme haben wir in der Tat: Ein Rentensystem, dass aktuell/in naher Zukunft nicht trägt. Ein Ausbildungs-/Fachkräfte Problem, welches gerade Ungemach bereitet. Ein Problem in der Steurung der Zuwanderung, welches viele Menschen beschäftigt. Und wohl noch einige mehr. Die haben aber alle nichts mit der demographischen Entwicklung zu tun, sondern damit, dass man nicht bereit ist seine Konzepte dem "ist" anzupassen anstatt sie im Wunschdenken zu belassen.

Da passt das "demographische Problem" wunderbar ins Konzept: Jeder halbwegs klar denkende Mensch weiß, dass er daran ohnehin nichts wird ändern können. Die Politik hat aber mit dem "demographische Problem" einen beständigen Sündenbock, mit der sie das Scheitern ihrer politischen Irrungen (über alle Lager hinweg) elegant, ganz ohne eigenes Versagen auskommend, erklären kann. Und sie hat es geschafft, dass mittlerweile jeder auch glaubt, dass dieser Sündebock real existiert. Genauso real wie das Waldsterben, der Klimatod, die große Armut in Deutschland und die erfolgreiche Energiewende existiert.

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

22.06.2015 12:14
#19 RE: Die junge Union und die Kinder Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #17
Für klar denkende Menschen ist Geld (in keinem Betrag) ein Grund, ein Kind in die Welt zu setzen.

Jein.
Richtig ist: Kaum jemand wird für Geld bereit sein, ein ansonsten ungewünschtes Kind zu bekommen.

Aber umgekehrt gibt es natürlich viele Fälle, wo auf ein gewünschtes Kind verzichtet werden muß, weil Geld fehlt.
Das muß jetzt nicht heißen, daß jetzt der Staat mit Finanzspritzen einspringen muß. Aber es gibt m. E. sehr wohl einen gewissen Zusammenhang zwischen Kindern und Geld.

Zitat
Im Wohlstand werden weniger Kinder in die Welt gesetzt. Die Empirie ist da sehr eindeutig.


Mit dieser Empirie wäre ich vorsichtig.
Wenn in einer modernen Gesellschaft weniger Kinder geboren werden als vor 100 Jahren, dann liegt das wohl nicht am Wohlstand, sondern an anderen Faktoren, die sich zeitgleich geändert haben.

Denn innerhalb einer Gesellschaft nimmt m. W. tendenziell die Kinderzahl mit steigenden Einkommen zu. Mit einer deutlichen Ausnahme: "Ganz unten" bei den Sozialtransferbeziehern kann man auch mit wenig Einkommen viele Kinder haben, weil diese dann keinen oder sogar einen positiven Einfluß auf den Lebensstandard haben.

Zum "demographischen Problem":

Zitat
Wo bitteschön soll dieses Problem sein? Dass die Deutschen in 500 Jahren aussterben, wenn die Geburtenrate bleibt wie sie ist? Das ist lächerlich.


Richtig. Ich habe diese Formulierung überhaupt nur benutzt, weil das der Ursprung dieser Diskussion war.
Ansonsten ist die langfristige Perspektive recht unwichtig. Deutschland kann mit 10 Millionen Einwohnern genauso gut "funktionieren" wie mit 110 Millionen.
Schwierig wird es natürlich immer, wenn sich die Bevölkerungszahl in relativ kurzer Zeit relativ stark ändert. Insofern ist die aktuelle "Reproduktionsrate" schon etwas unpraktisch.

Aber ein "Problem" sehe ich eigentlich nur, wenn Leute mehr oder weniger Kinder haben müssen, als sie sich das eigentlich wünschen.
Das Erstere gibt es inzwischen kaum noch, Letzteres durchaus noch.
Die Lösung dürfte aber nicht sein, staatliche Finanzspritzen zu verteilen. Sondern wie von Ihnen schon skizziert: Weniger Staat und mehr Verfügungsmöglichkeit des Einzelnen über sein Geld.

Ulrich Elkmann Online




Beiträge: 14.547

22.06.2015 12:37
#20 RE: Die junge Union und die Kinder Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #18
Wo bitteschön soll dieses Problem sein?


Es sind ja eben nicht nur die Deutschen davon betroffen: das Problem betrifft alle Gesellschaften, die den "Sprung in die Moderne" halbwegs geschafft haben - am augenfälligsten in Ostasien. Soweit sich das aus heutiger Perspektive beurteilen lässt (und da reicht die Gegenwart 40 Jahre zurück; das ist schon 1 Schritt weiter als der unmittelbare Gegenwartsquerschnitt), ist die Folge von Wohlstand & Bildung, daß solche Gesellschaften unausweichlich unter die Reproduktionsrate von 2,1 Kindern pro Frau fallen. Für die nächsten zwei bis drei Generationen liegt das unmittelbare Problem im Rentenüberhang. Dann greift aber das Schrumpfen der Basis. Von den reinen Zahlen her kann man überlegen, daß es nicht unwahrscheinlich ist, daß im Zug von Automatisierung & Effizienzsteigerung die gleiche Leistung, die heute von 40 Mio. erbracht wird, im 100 Jahren von 10 oder auch nur 4 erbracht werden kann. Obwohl das womöglich ein sehr defizitärer Blick auf die Wirtschaft ist, der entscheidende Punkte ausblendet, wie Konsumption oder Innovation.

Wie es aussieht, sind aber die einzigen Gesellschaften, die eine über dem kritischen Wert liegende Fruchtbarkeit aufweisen, solche, in denen die Frauen entrechtet, die Männer ungebildet und der Lebensstandard undiskutabel ist. Und selbst da greift der demographische Wandel in einer Weise, wie er bisher noch nie vorgekommen ist (insofern sind die bisherigen Erfahrungen tatsächlich keine gute Richtschnur). Im Iran ist die Kinderzahl pro Frau von 7 im Jahr 1979 auf 1,6 im Jahr 2012 gefallen; in Ägypten ist sie dagegen in den letzten 6 Jahren von 3 auf 3,5 angestiegen.



Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire

F.Alfonzo Offline



Beiträge: 2.286

22.06.2015 13:02
#21 RE: Die junge Union und die Kinder Antworten

Ich glaube ehrlichgesagt nicht, dass man in der Union ernsthaft davon ausgeht, die Geburtenrate mit diesem Vorschlag signifikant erhöhen zu können. Für mich fällt das eher in die Kategorie "Seht her, wir beschäftigen uns mit dem Problem". Im politischen Betrieb sind solche Vorschläge notwendig, um die eigene Existenz zu rechtfertigen.

Abgesehen davon bliebe solch ein Gesetz - wie Sie richtig angemerkt haben - auch weitgehend folgenlos; was schon nicht das schlechteste ist, wenn man sich überlegt welche Vorschläge sonst noch so im Raum stehen, um das Kinder kriegen attraktiver zu machen (Jede Giftmülldeponie braucht ihre eigene Kinderkrippe ).

Florian Offline



Beiträge: 3.179

22.06.2015 13:23
#22 RE: Die junge Union und die Kinder Antworten

Zitat von xanopos im Beitrag #14
Zitat von Frank2000 im Beitrag #13
selbst die gesellschaftlich irrsinnige 1-Kind-Familie ist immer noch anthropologisch erklärbar; aber kinderlose Paare oder gar Singles nicht.
Warum nicht? Es gab schon immer Männlein und Weiblein, die am Partnermarkt chancenlos waren. Warum waren wohl Klöster so erfolgreich? Ohne jetzt belastbare Zahlen zur Hand zu haben, früher haben auch nicht alle Kinder bekommen, womöglich weniger Leute als heute, aber die welche bekommen haben, dann gleich im Dutzend.


Richtig!

Vereinfacht gesagt war eine Heirat ja daran gekoppelt, dass man Besitz hatte. Also i.d.R. einen Bauernhof.
(Denn nur so konnte man Kinder überhaupt ernähren).

Nachdem die Anzahl der Höfe aber begrenzt war, war dadurch ebenso die Anzahl der möglichen verheirateten Paare in einer Generation begrenzt.
Falls es in einer Generation mehr Kinder gab als zu vergebende Höfe, blieb der Rest eben unverheiratet.
(Und wurde z.B. unverheirateter Knecht oder Magd).

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

22.06.2015 13:39
#23 RE: Die junge Union und die Kinder Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #19
Aber es gibt m. E. sehr wohl einen gewissen Zusammenhang zwischen Kindern und Geld.
Ohne damit jetzt spitzfindig klingen zu wollen: Geld steht in einem Zusammenhang mit so ziemlich allem. Die Frage ist, welcher Natur und wie stark dieser Zusammenhang ist.

Ich persönlich kenne keine Fälle, wo der finanzielle Aspekt ein relevantes Entscheidungskriterium gewesen wäre. Dazu kommt, dass es in Deutschland ohnehin maximal eine Frage der Priorisierung innerhalb der Lebensentwürfe ist und keine Frage der finaziellen Machbarkeit, wenn man Kinder in die Welt setzen möchte. Oder hätten wir darüber tatsächlich Dissenz? Wenn man ein Kind tatsächlich möchte, ist man meines Ermessens in unserem Land wirtschaftlich immer in der Lage diese Entschedung positiv zu treffen, wenn man zu dem dazu notwendigen Verzicht bereit ist. Dazu wird genügend umverteilt in unserem Land.

Der Punkt ist: Auf dem (finanziellen) Niveau, über das hier diskutiert wird, spielt das Geld keine Rolle, wenn ein Kind gewollt ist (Und nur dort sollte man sich Geburten wünschen). 1000 EUR oder auch 10000 EUR verdampfen einfach. Die gehen im Normalfall schon für die Ersteinrichtung des Kinderzimmers drauf. Oder, wie bei mir, für die Finazierung des medizinischen Teils des Kinderwusches selbst.

Geld spielt höchstens dort eine Rolle, wo 1000 EUR für die Finanzierung eigener Wünsche gesehen wird und das Kind nur als "Nachteil" dieser Geldspritze.

Im besten Falle verteilt ein solcher Unsinn daher also sinnlos Geld um. Im schlechtesten Falle setzt diese Umverteilung sogar das falsche Incentive.

Laßt den Leuten ihr Geld und sie selbst entscheiden, was sie damit machen wollen. Gut ist.


Zitat von R.A. im Beitrag #19
Mit dieser Empirie wäre ich vorsichtig.
Wenn in einer modernen Gesellschaft weniger Kinder geboren werden als vor 100 Jahren, dann liegt das wohl nicht am Wohlstand, sondern an anderen Faktoren, die sich zeitgleich geändert haben.
Ich rede nicht von vor 100 Jahre, sondern von dem Zusammenhang, dass steigender Wohlstand mit einer fallende Geburtenrate einhergeht. Ich habe Untersuchungen dazu in einigen Büchern gelesen. Kann aber nicht erinnern wo schon überall. Auch wenn ich auf die schnelle daher keine Quellen angeben kann, erscheint mir dieser Zusammenhang recht eindeutig belegt.

Ob wir dabei über 1.5, 1.9 oder 2.1 reden ist dabei völlig gleich. Diese ganzen Raten würde die genannten Problem nämlich auch nicht ändern. Genauso wenig wie ein leichtes Anheben der aktuellen Rate die aktuelle Probleme lösen würde.

Man sollte "vernüftigen Menschen" die Freiheit der Entscheidung lassen und nicht "unvernüftigen Menschen" einen willkürlichen Grund geben, sich "irgendwie" zu verhalten. Oder mit anderen Worten: Man sollte Menschen sich nach ihren Bedürfnissen verhalten lassen und ihnen nicht vorschreiben wollen, was gut für sie ist. Das geht grundsätzlich immer in die Hose.

Nichts tun löst Probbleme weit häufiger, als der koordinierte Wahnsinn den man allenthalben antrifft. Eine ganz allgemeine Erfahrung meinerseits.

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

22.06.2015 14:10
#24 RE: Die junge Union und die Kinder Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #13
Ich habe vor vielen Jahren in der Microsoft Enzyklopädie einen Artikel über wissenschaftliche Theorien zur menschlichen Reproduktionsrate gelesen. Obwohl ich das Thema damals nicht weiter vertieft habe, deckten sich die Angaben mit dem, was ich im VWL-Studium gelernt habe.

Im Grundsatz war die Theorie, dass die Anzahl der Kinder unbewusst angepasst wird an den sozialen Erfolg der Sippe. Nicht also eine hohe Kinderzahl war der Antrieb der Eltern, sondern das Streben möglichst viele ERFOLGREICHE Kinder in die Welt zu setzen. In dem Sinne sinkt die Anzahl der Kinder, wenn der Aufwand steigt, jedes einzelne Kind erfolgreich zu machen. In einer Welt mit extrem hohem Ausbildungskosten (in Deutschland pro Kind bis zu 300.000 Euro) führt das zu weniger Kindern als in einer Welt mit niedrigen Ausbildungskosten (Swasiland etwa 10 Euro pro Kind).

Das alles erklärt aber nicht, warum Menschen überhaupt keine Kinder mehr bekommen. Man muss das ganz klar unterscheiden: selbst die gesellschaftlich irrsinnige 1-Kind-Familie ist immer noch anthropologisch erklärbar; aber kinderlose Paare oder gar Singles nicht.

Daneben gibt es natürlich weiterhin des egoistische Motiv der Kinder kriegens: Kinder als Einkommensquelle bzw. Alterversorgung. Aber evolutionsbiologisch ist das eher ein neues und merkwürdiges Phänomen. Traditionell waren die Eltern schon tot, wenn die Kinder schließlich in der Lage gewesen wären, eine arbeitslose Zeit der Eltern (Rente) zu finanzieren. Die frühen Gesellschaften in Europa hatten Durchschnittslebensalter von etwa 45 Jahren (bezogen auf die Population, die das 5. Lebensjahr erreicht hatten)...
Ein sehr wichtiges Element dabei ist die Kindersterblichkeit. Im Mittelalter gab es Zeiten, in denen Säuglinge erst nach einem halben jahr einen Namen bekamen, weil vorher die Wahrscheinlichkeit des Todes größer war als die Wahrscheinlichkeit des Überlebens.

In Summe würde ich sagen: die Diskussion kann nur sinnvoll geführt werden, wenn zwischen dem Phänomen "WENIG Kinder" und dem Phänomen "KEINE Kinder" unterschieden wird. Der zweiten Gruppe wird man auch mit noch so viel Anreizen nicht beikommen. Und gerade die Gruppe "KEINE Kinder" vergrößert sich in Mitteleuropa rasend schnell.

Ich persönlich glaube, wir erleben gerade gesellschaftliche Evolution am eigenen Leib. Das mitteleuropäische Gesellschaftsmodell stirbt aus und wir ersetzt durch andere, evolutionär erfolgreiche Gesellschaften. Gilt eine solche Aussage schon als Kulturpessimismus?


Nein, Kulturpessimismus ist das nicht. (Sie scheinen den Begriff auf sich zu beziehen, aber eine problematische Entwicklung zu erkennen zu meinen, ist kein Kulturpessimismus. Es hängt davon ab, was man als Problematisch ansieht: Wer Abweichungen von eine - offenbar statisch betrachteten - Tradition dogmatisch als Untergang sieht, der ist für mich ein Kulturpessimist).

Ich halte den letzten Teil ihrer Analyse aber für falsch. Das Phänomen "WENIG Kinder" ist viel schwerer zu bekämpfen (wenn man denn das überhaupt will) als das Phänomen "KEINE Kinder". Ich beziehe mich dabei auf die schon oben erwähnte Analyse:

Die aktive Kinderpolitik der DDR führe zu mehr Menschen mit wenig Kindern, aber kaum Menschen mit viel Kindern.

In Westdeutschland gab es dagegen die Spaltung in "KEINE Kinder" (sekular) und "VIELE Kinder" (religiös).

Die Schlussfolgerung des oben von mir zitieren Blum: Aktive Kinderpolitik des Staates hilft das Kinderkriegen zur Normalität werden zu lassen. Führt also zu mehr Familien und Alleinerziehenden mit Kindern. Aber nicht - wie Religiösität - zu traditionellen Familien mit vielen Kindern.

Der Herr Blum, von dem diese Annahme stammt, sieht weniger Kinder pro Familie offenbar als schlecht an. Sein Vorschlag wäre also die Verbindung von beidem: Aktive Kinderpolitik (mit Grippen) zusammen mit Förderung der Religion.

Ich Frage: Ist das wirklich so sinnvoll? Sind "VIELE Kinder" pro Mutter wirklich so erstrebenswert? Ist das wirklich langfristig sinnvoll, wenn dann auch noch die meisten von denen Überleben?

Und selbst wenn, ist der Weg einer staatlichen Förderung der Religiösität überhaupt machbar, sinnvoll und sinnvoll machbar?

Ich bin wahrlich kein grüner Apokalyptiker. Aber 7 Milliarden Menschen sind schon eine Menge. Und das wird auch weiter ansteigen. Das sehe sogar ich als langfristig problematisch an - und der einzige Grund, aus dem ich das ganze nicht als apokalyptische Problem sehe ist die Berechtigte Hoffnung, dass es sich hier lediglich um einen Peak handeln wird, der auf Grund höheren Wohlstandes von selber wieder runter geht. Da höherer Wohlstand nämlich zu weniger Kindern pro Kopf führt. Glücklicherweise und das ich darauf baue zeigt hoffentlich hier jedem, dass ich kein grüner Untergangsprophet bin.

Meine Behauptung:

Wohlstand ist die Lösung für das Problem der Überbevölkerung!
Das Wohlstand zu weniger Kindern führt ist kein Bug, es ist ein Feature!

______________________________________________________________________________

“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

22.06.2015 14:50
#25 RE: Die junge Union und die Kinder Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #16
Das sehe ich nun gar nicht. Im Gegenteil setzt sich unser Gesellschaftsmodell (Kleinfamilie mit einer kontrollierten Anzahl von Kindern) weltweit durch. Auch die USA haben ja grundsätzlich dasselbe Modell - aber eben genau mit den 0,8 Kindern (o.ä.) pro Frau mehr, damit die Bevölkerung stabil bleibt.
Da sind schon gewisse Unterschiede im Detail. Wenn man nämlich die Abtreibungsstatistiken der USA und Deutschlands vergleicht, dann hat man --im Land der liberaleren Abtreibungsgesetze-- 19 Abtreibungen je 100 Geburten, in Deutschland hingegen 14 Abtreibungen je 100 Geburten (trotz rigiderer Gesetze). In den USA machen den Löwenanteil der Abtreibungen aber die Minderheiten aus, die wir in Deutschland nicht haben: Afroamerikaner und Latinos. Bei uns sind die Minderheiten eher nicht abtreibungsaffin (Türken? Rußlandmennoniten?).
Daraus folgt, daß in der einheimischen wohlsituierten deutschen Bevölkerung Sexualpartnerschaften eher ohne richtigen Kinderwunsch sind als in der entsprechenden amerikanischen Bevölkerung. Daraus spricht schon eine unterschiedliche Auffassung über den Sinn und Zweck von Partnerschaft.

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