Was die Einschätzung des geplanten Seitensprungs an sich angeht, stimme ich Ihnen völlig zu. Ich bin vor einiger Zeit einmal über eine Anzeige dieser oder einer analogen Agentur gestolpert und war für den kurzen Moment lang, in dem ich meine Aufmerksamkeit darauf verschwendet habe, zutiefst angewidert.
Aber was mir am vorliegenden Casus besonders aufstößt ist das wichtigtuerische, rechthaberische, belehrende Gehabe der Täter in ihrem Beischreiben. Wer ein Verbrechen begeht, um sich zu bereichern - bitte sehr. Will er sich amüsieren - kein feiner Zug, aber immerhin. Aber der Verbrecher als Lehrer und Moralapostel, das geht dann doch einen Tick zu weit.
Ich bin nun wahrlich kein Experte in dieser Branche (Ehrenwort!).
Aber dennoch: so ganz will mir Llarians Fixierung auf den "Seitensprung"-Aspekt nicht einleuchten.
Wenn und falls ich das richtig verstehe, handelt es sich bei dieser Seite um ein Vehikel zum Anbahnen von Sex-Kontakten. Das muss aber doch gar kein Seitensprung sein. Vielleicht sind die betreffenden Personen ja auch einsame Singles?
Zitat When Canadian Prime Minister Stephen Harper visited Israel’s parliament, he was heckled by Muslim politicians. Netanyahu told the conservative Canadian leader that the presence of a vocal opposition was the difference between Israel and Syria.
The leader of the Muslim hecklers pointed at parliamentarian Talab Abu-Arar and howled, “There is no water or electricity in his village. Perhaps in Syria they have such things.”
As it turned out, Talab Abu-Arar not only had water, electricity, air conditioners, high speed internet and a satellite television dish, the Muslim Brotherhood politician also had two wives.
Abu Arar had gotten “almost ten children” out of his first wife, but the middle-aged Imam added a second twenty-year old wife. Unfortunately the devout Muslim leader was apparently unable to get permission from his first wife which made the arrangement illegal under the infidel law of the Zionist entity.
Not only does the Israeli apartheid state interfere with cultural practices like beating wives and honor killing them, but it humiliates a Muslim man by telling him to ask his wife to let him get another wife.
While Islamic law does not require that a Muslim man get permission from his wife to expand his harem, Israel does. Talab Abu-Arar, who waged a persistent campaign against Israel, apparently could not overcome this sudden alliance between his wife and the Zionist devil. Much as Abu-Arar denounced Israel’s opposition to polygamy as “anti-democratic” in the Knesset, there was no way around it.
He couldn’t fight both Israel and his wife.
And so Wife #2, recognized by Islamic law, but illegal under Israeli law, lives in a separate house. Officially the second wife, who added more children to the clan, is only a mistress. But unofficially, Abu Arar, the head of a mosque in his village, appeared to have begun scouting for Wife #3 or Mistress #2.
Depending on how you keep count in the Arara drama of “As the Oasis Turns”.
Talab Abu-Arar’s official email address for Israel’s Knesset, its parliament, appeared on the list of addresses leaked from “dating” website Ashley Madison for men who want to cheat on their wives.
In his case, it was literally “wives”.
__________________________________________ Wegen der aktuellen Krise werde ich fortan Krimsekt, russischen Kaviar, russische Puppen, russische Eier und Boeuf Stroganoff boykottieren
Zitat von Florian im Beitrag #3 Wenn und falls ich das richtig verstehe, handelt es sich bei dieser Seite um ein Vehikel zum Anbahnen von Sex-Kontakten. Das muss aber doch gar kein Seitensprung sein. Vielleicht sind die betreffenden Personen ja auch einsame Singles?
Der (deutsche) Werbespruch für Ashley Madison ist "Das Leben ist kurz. Gönn Dir eine Affäre.". Und der Aspekt der Diskretion ist auch nicht nur ein bischen betont. Datingseiten gibt es viele, aber diese hier ist schon recht vergleichsweise eindeutig was ihre Zielgruppe angeht. Aber okay, lieber Florian, es wird mit aller Sicherheit auch Leute geben, die es als ganz normale Plattform verwenden, ohne gebunden zu sein: Dann haben sie aber auch keine allzu schlimmen Folgen zu befürchten. Bei einer Datingseite angemeldet zu sein, ist, wenn man gerade niemanden betrügt, ja nun kein Verbrechen oder moralisch anrüchig. Vermutlich wird sich nicht einmal jemand die Mühe machen, nachzusehen, um wen es sich da handelt. Man muss schon ziemlich konstruieren, um ein wirkliches "Opfer" zu finden. Es mag dieses geben, und dann tut es mir sicher für diese Person auch leid. Was ich betonen wollte ist, dass es mir um den durchschnittlichen Besucher dieser Seite nicht all zu leid tut.
Zitat von Fluminist im Beitrag #2 Aber der Verbrecher als Lehrer und Moralapostel, das geht dann doch einen Tick zu weit.
Oh, es ging mir nicht darum den oder die Hacker zu entlasten. Es ist mit aller Wahrscheinlichkeit ein Verbrechen aus Geltungssucht heraus. Genausowenig wie ich den schweizer Banker entlasten würde, der dem deutschen Fiskus die CDs (aus Gier) verkauft hat oder den deutschen Fiskus, der selbige gekauft hat (aus dem selben Motiv heraus). Verbrecher sind Verbrecher. Es ging mir eher um die Opfer, und da gibt es tatsächlich welche, um die es mir weniger leid tut. Als Alice Schwarzers Steuergeschichte geoutet wurde, tat es mir auch nicht allzu leid.
Zitat Seinen Partner zu betrügen ist in den allermeisten Ländern der Welt nicht verboten, zumindest nicht im juristischen Sinne.
Oh, bei solchen juristischen Sachen muß man korinthenkackerisch sein. Seinen Partner zu betrügen kann durchaus noch eine unerlaubte Handlung im Sinne des BGB sein, wenn auch nicht verboten. Im §1353 Abs. 1 BGB verpflichtet man sich zur "ehelichen Lebensgemeinschaft". Was das heißt, kann man an Absatz 2 ablesen und wenn man bedenkt, daß dieser Teil aus dem Jahre 1901 mit seinen damaligen Moralvorstellungen stammt.
(Interessant ist übrigens auch, daß man bei der eingetragenen Lebenspartnerschaft den Terminus "eheliche Lebensgemeinschaft" nicht verwendet hat und offenbar auch kein Bestreben besteht, genau hier eine "Gleichstellung" herbeizuführen: Es wäre anatomisch unmöglich. So begnügt man sich mit Unterhalts- und Fürsorgepflichten und der Auflage gelegentlich die Freizeit miteinander zu verbringen.)
Aber zurück: Die zivilrechtliche Haftung wegen unerlaubter Handlung kann einem durchaus auf die Füße fallen, wenn im Schlafzimmer Schadensereignisse eintreten.
Zitat Aus gutem Grund ist Ehebruch nicht strafbar und mit dem Einstampfen des Schuldprinzips bei Scheidungen ist die Frage welche Folgen ein solcher Betrug haben sollte, endgültig ins Verhältnis zwischen einem Paar verschoben worden. Was aber nix daran ändert, dass es eine Schweinerei ist. Und ich finde es ziemlich abstoßend.
Erlauben Sie die Frage: Was ist denn Ihrer Meinung der gute Grund? Daß man mit einem Ergebnis nicht einverstanden war, konsequente Rechtsanwendung eben manchmal wehtut? Oder weil die "Institution Ehe" "überholt" sei? Wenn man davon ausgeht, daß das geltende Recht das Moral- und Gerechtigkeitsempfinden abbilden soll, dann ist es ein Unfug gewesen, Ehebruch zu entkriminalisieren, weil sich der weniger promiske Partner in der Situation immer --nomen est omen-- betrogen fühlt. Und ihm wird niemals Genugtuung zuteil werden, sondern er muß fühlen, daß sein Betrogenheitsgefühl allein sein Problem ist und sonst niemand etwas falsch gemacht hat. Denn jeder hat das Recht das zu tun, was nicht verboten ist. Damals (und seither) hat man Gesetze mit der Absicht geändert, das Moralempfinden zu ändern, das Volk zu erziehen, nicht sein vernünftiges Rechtsempfinden zu kodifizieren. Man hielt einfach viel von ähnlichen Regelungen in der Sowjetunion nach der Oktoberrevolution, als man noch viel konsequenter Ehe und Familie abschaffen wollte.
(Das mit dem Schuldprinzip bei Scheidungen lasse ich mal weg, weil man per Ehevertrag so ein Schuldprinzip durchaus wieder in die eigene Ehe einführen kann. Das ist auch erhellend zu sehen, wie dann der Verlobte auf diesen Vorschlag reagiert.)
Zitat von Emulgator im Beitrag #7Wenn man davon ausgeht, daß das geltende Recht das Moral- und Gerechtigkeitsempfinden abbilden soll, dann ist es ein Unfug gewesen, Ehebruch zu entkriminalisieren, weil sich der weniger promiske Partner in der Situation immer --nomen est omen-- betrogen fühlt.
Ich gehe schon davon aus, dass ich mit meinem Moral- und Gerechtigkeitsempfinden - dass es den Staat nichts angeht, mit wem ich ein Schlafgemach teile - nicht ganz allein bin. EDIT: consenting adults vorausgesetzt.
Zitat Und ihm wird niemals Genugtuung zuteil werden, sondern er muß fühlen, daß sein Betrogenheitsgefühl allein sein Problem ist und sonst niemand etwas falsch gemacht hat. Denn jeder hat das Recht das zu tun, was nicht verboten ist.
Aber genau das resultiert ja aus diesem Fehlschluss: Wenn ich davon ausgehe, dass das Gesetz den gesamten Bereich der Moral, des Anstandes und der guten Sitten bis ins eheliche Schlafgemach hinein abdeckt, dann muss ich auch den Umkehrschluss akzeptieren, dass alles, was davon nicht abgedeckt ist, nicht nur erlaubt, sondern sogar moralisch geboten ist.
Eine ganz und gar widerwärtige Vorstellung, die jegliche Art von persönlichem Gewissen ad absurdum führt, sondern nur noch eine verstaatlichte Moral kennt.
Zitat Damals (und seither) hat man Gesetze mit der Absicht geändert, das Moralempfinden zu ändern, das Volk zu erziehen, nicht sein vernünftiges Rechtsempfinden zu kodifizieren. Man hielt einfach viel von ähnlichen Regelungen in der Sowjetunion nach der Oktoberrevolution, als man noch viel konsequenter Ehe und Familie abschaffen wollte.
Das funktioniert aber nur dann, wenn man Ihre Ausgangsprämisse akzeptiert, dass Moral und Gesetze deckungsgleich sind. Nur dann haben totalitäre Systeme Erfolg.
Zitat von Meister Petz im Beitrag #8Ich gehe schon davon aus, dass ich mit meinem Moral- und Gerechtigkeitsempfinden - dass es den Staat nichts angeht, mit wem ich ein Schlafgemach teile - nicht ganz allein bin. EDIT: consenting adults vorausgesetzt.
Das könnte man auch bei Diebstahl sagen. Diebstahl könnte man als eine zivilrechtliche Sache zwischen Dieb und Bestohlenen behandeln. Was geht das den Staat an? Im alten Israel wurden Diebstähle an Sachen genau so behandelt. Der Dieb mußte dem Bestohlenen die Beute zurückgeben und Schaden ersetzen. Mehr nicht. Es war in derselben Bibel keine Extrabestrafung vorgesehen, wo auch das VII. Gebot steht. Eine Extrabestrafung gab es stattdessen für Ehebruch.
Und bei den "consenting adults": Der betrogene Ehepartner ist gerade nicht damit einverstanden, was sein Partner mit einem Nebenbuhler im Schlafgemach veranstaltet. Ist das eine verbreitete Anmaßung?
Zitat Aber genau das resultiert ja aus diesem Fehlschluss: Wenn ich davon ausgehe, dass das Gesetz den gesamten Bereich der Moral, des Anstandes und der guten Sitten bis ins eheliche Schlafgemach hinein abdeckt, dann muss ich auch den Umkehrschluss akzeptieren, dass alles, was davon nicht abgedeckt ist, nicht nur erlaubt, sondern sogar moralisch geboten ist.
Nein, das sagen Sie. Es ist schon klar, daß geringfügige Normverletzungen (z.B. der Rülpser am Tisch seines Gastgebers) keine Verfolgungen erheischen. Aber es ist nicht klar, daß Ehebruch wie ein Rülpser verniedlicht werden soll. Ehebruch und eine zerstörte Ehe haben doch deutlich schlimmere soziale und psychische Folgen für die Opfer als ein Rülpser. Vielleicht erklären Sie lieber andersherum: Nach welchen Prämissen soll entschieden werden, ob etwas kriminalisiert sein soll oder nicht? Ich beobachte einfach, daß moderne junge Leute unter 60 lustig jahrelang ihren Boyfriend/Girlfriend haben, den sie aber nicht heiraten und mit dem sie auch nicht verlobt sind. Dann schickt sich dieser Friend an, einen anderen Partner zu wählen, und der/die Sitzengelassene ist hernach komplett am Boden zerstört; jedenfalls nicht emotional ausgeglichen. Obwohl der/die Ex ja das gute Recht hatte, jemanden anderen sich zu suchen. Es war ja offenbar nie etwas anderes ernsthaft vereinbart. Folglich gibt es eigentlich keine Grundlage, wegen des Beziehungsendes betrübt oder zornig zu werden. Das ist schon sehr widersprüchlich oder zumindest nicht durchdacht. A forteriori ist das mit der Ehe. Da besteht sogar die Vereinbarung zur Treue. Und die ist nun nicht schutzwürdig? Man (also nicht ich) hat auch an den 68ern (und wohl auch bei Ayn Rand) gesehen, daß die Versuche einer promisken Liebe nicht wirklich den menschlichen Dispositionen Rechnung trugen und am Ende eben nicht so emotional-seelisch unproblematisch abliefen, wie man sich das mit seiner selbstgemachten Philosophie gedacht hat.
Zitat Das funktioniert aber nur dann, wenn man Ihre Ausgangsprämisse akzeptiert, dass Moral und Gesetze deckungsgleich sind. Nur dann haben totalitäre Systeme Erfolg.
Bitte lesen Sie genauer, was ich schreibe. Moral und Gesetze sind nicht deckungsgleich, aber der Gesetzgeber soll anstreben, das Moralempfinden abzubilden. Das wird natürlich nicht immer gelingen. Andererseits ist es sogar Merkmal totalitärer Systeme, eine Gesetzgebung jenseits des allgemeinen Gerechtigkeitsempfindens zu betreiben. Eine Gesetzgebung, die an das gebunden ist, was schon vorliegt, kann ja nicht mehr totalitär sein, weil sie die Moral ja nicht antastet, sondern als Quelle nimmt.
Zitat von Meister Petz im Beitrag #8Ich gehe schon davon aus, dass ich mit meinem Moral- und Gerechtigkeitsempfinden - dass es den Staat nichts angeht, mit wem ich ein Schlafgemach teile - nicht ganz allein bin. EDIT: consenting adults vorausgesetzt.
Das könnte man auch bei Diebstahl sagen. Diebstahl könnte man als eine zivilrechtliche Sache zwischen Dieb und Bestohlenen behandeln. Was geht das den Staat an? .
Die Idee gab es schon mal, hinsichtlich Ladendiebstahl bis zu einem bestimmten Wert, auch für Schwarzfahren. Das Argument dagegen ist das öffentliche Interesse. Wenn Ladendiebstahl oder Schwarzfahren nicht mehr strafbar sind, müssen sie eingepreist werden, und die "ehrlichen Kunden" erleiden einen messbaren materiellen Nachteil.
Nun ist die Frage, worin besteht das öffentliche Interesse, Ehebruch zu verfolgen? Die Auflagenhöhe der Klatschpresse mögen zwar zumindest bei Prominenten ein hohes öffentliches Interesse daran nahelegen, aber im Grunde genommen kann kein Interesse darin bestehen, einen betrügerischen Ehegatten vor den Kadi zu zerren.
Zitat Ehebruch und eine zerstörte Ehe haben doch deutlich schlimmere soziale und psychische Folgen für die Opfer als ein Rülpser. Vielleicht erklären Sie lieber andersherum: Nach welchen Prämissen soll entschieden werden, ob etwas kriminalisiert sein soll oder nicht?
Eine Prämisse habe ich schon genannt: öffentliches Interesse. Eine weitere ist ein messbarer Schaden, denn im übrigen werden Ehen ja nicht nur durch Ehebruch zerstört, und im Fall dessen auch nicht zwangsläufig. Aus meiner Sicht wiegt das Recht der Menschen,ihre intimsten Beziehungen untereinander zu regeln, deutlich schwerer als eine von Ihnen postulierte Genugtuung des betrogenen Ehepartners, die daraus resultieren soll, dass der Betrügende einen Teil des im Scheidungsfall zu teilenden Vermögens an die Staatskasse abdrücken soll.
Zitat Ich beobachte einfach, daß moderne junge Leute unter 60 lustig jahrelang ihren Boyfriend/Girlfriend haben, den sie aber nicht heiraten und mit dem sie auch nicht verlobt sind. Dann schickt sich dieser Friend an, einen anderen Partner zu wählen, und der/die Sitzengelassene ist hernach komplett am Boden zerstört; jedenfalls nicht emotional ausgeglichen. Obwohl der/die Ex ja das gute Recht hatte, jemanden anderen sich zu suchen. Es war ja offenbar nie etwas anderes ernsthaft vereinbart. Folglich gibt es eigentlich keine Grundlage, wegen des Beziehungsendes betrübt oder zornig zu werden. Das ist schon sehr widersprüchlich oder zumindest nicht durchdacht.?
Und weiter? Life's no picknick, wie der Engländer sagt. Aber worin liegt hier die Aufgabe des Staates? Das Glück beziehungsunfähiger Menschen mit polizeilichen und jusitiziellen Mitteln zu garantieren?
Zitat A forteriori ist das mit der Ehe. Da besteht sogar die Vereinbarung zur Treue. Und die ist nun nicht schutzwürdig?
Abgesehen davon, dass ich ohnehin die Zivilehe für einen gründlich misslungenen Rechtstitel halte, habe ich noch ein viel schöneres Beispiel als Ihres mit dem Diebstahl: Warum ist Lügen nicht verboten? Jeder würde zugeben, dass es falsch ist zu lügen. In einem Rechtssystem Ihrer Prägung müsste man also dafür bestraft werden.
Zitat
Zitat Das funktioniert aber nur dann, wenn man Ihre Ausgangsprämisse akzeptiert, dass Moral und Gesetze deckungsgleich sind. Nur dann haben totalitäre Systeme Erfolg.
Bitte lesen Sie genauer, was ich schreibe.
Ich habe den Gedanken lediglich zu Ende gedacht,
Zitat Moral und Gesetze sind nicht deckungsgleich, aber der Gesetzgeber soll anstreben, das Moralempfinden abzubilden. Das wird natürlich nicht immer gelingen. Andererseits ist es sogar Merkmal totalitärer Systeme, eine Gesetzgebung jenseits des allgemeinen Gerechtigkeitsempfindens zu betreiben. Eine Gesetzgebung, die an das gebunden ist, was schon vorliegt, kann ja nicht mehr totalitär sein, weil sie die Moral ja nicht antastet, sondern als Quelle nimmt.
Die Gesetzgebung im Iran zum Beispiel sieht sich an den Koran als Quelle gebunden. Und genau dadurch, dass sie ihn in Gesetzesform gießt, wird sie totalitär. Weil derjenige, der gegen ein Gesetz verstößt, damit gegen Gott verstößt. Totalitärer geht nicht.
Zitat von Meister Petz im Beitrag #10Die Idee gab es schon mal, hinsichtlich Ladendiebstahl bis zu einem bestimmten Wert, auch für Schwarzfahren. Das Argument dagegen ist das öffentliche Interesse. Wenn Ladendiebstahl oder Schwarzfahren nicht mehr strafbar sind, müssen sie eingepreist werden, und die "ehrlichen Kunden" erleiden einen messbaren materiellen Nachteil.
"Öffentliches Interesse" ist nun ein sehr schwammiger Begriff. Sie meinen, daß die Tat Marktfolgen hat, die ehrliche (oder dumme?) Leuten Schaden zufügt? Warum sind die Dummen schützenswert? Sollen sie doch selber klauen! Warum ist der SB-Laden schützenswert? Es ist ja selber nur ein Kostenkalkül, Selbstbedienung und damit Ladendiebstahl zu ermöglichen. Man hat höheren Warenschwund durch Diebstahl, spart aber an Personal. Vor der ALDI-Zeit, als man an der Theke bedient wurde, gab es dieses Risiko nicht. Heute ist dieses Risiko selbst ALDI zu hoch, wenn es um Computer geht; die sind alle abgeschlossen in der Vitrine.
Nebenbei: Schwarzfahren ist gar nicht strafbar. Strafbar ist, eine Fahrkarte zu fälschen. Wer ohne Fahrkarte einsteigt, geht lediglich die Vereinbarung zu einem "erhöhten Beförderungsentgelt" ein. Hier kann man außerdem auch eine Parallele zu dem Thekenverkauf sehen: In Deutschland kann man direkt und frei in alle vorhandenen Straßen-, S- und U-Bahnen einsteigen. In Paris, London oder Moskau gibt es an den Haltestellen Sperren, die nur durch die Fahrkarte entriegeln. Welches System ist überlegen? Für Berlin hat jemand eine Äpp programmiert, an der man ablesen kann, ob in der nächsten S-Bahn Schaffner sind oder nicht. In Paris wäre das witzlos. Dort braucht man dank der Sperren keine Schaffner in der Métro.
Und nun argumentieren Sie über Marktfolgen. Die muß man aber hinnehmen in einer freien Marktwirtschaft. Wenn es für den Ladenbetreiber billiger ist, Schwund durch Diebstahl einzupreisen anstatt an der Theke zu bedienen, dann ist das schon die optimale Situation, über die man als Kunde sich eher zu freuen hat.
Beim Ehebruch ist die Sache anders. Die depressiv verstimmten Ehebruchsopfer oder die verstörten Scheidungskinder sind externe Effekte, die nicht über Marktmechanismen eingepreist oder denen vorgebeugt werden kann. Säuglinge können nicht entscheiden, Kinder von Eltern zu sein, die ehrlich miteinander umgehen. Damit ist auch Ihre Frage beantwortet:
Zitat von Meister Petz im Beitrag #10Nun ist die Frage, worin besteht das öffentliche Interesse, Ehebruch zu verfolgen?
Zitat von Meister Petz im Beitrag #10Aus meiner Sicht wiegt das Recht der Menschen,ihre intimsten Beziehungen untereinander zu regeln, deutlich schwerer als eine von Ihnen postulierte Genugtuung des betrogenen Ehepartners, die daraus resultieren soll, dass der Betrügende einen Teil des im Scheidungsfall zu teilenden Vermögens an die Staatskasse abdrücken soll.
Die Ehepartner haben ihre intimste Beziehung ja untereinander geregelt. Nur einer hält sich nicht dran. Das ist ja das moralische Problem. Und wenn Sie an der "postulierten Genugtuung" zweifeln, dann schauen Sie sich einfach ein paar Rachebildchen an. Da sind Menschen, die normalerweise gesetzestreue Bürger sind und durch den Betrug und die gleichzeitige Hilflosigkeit so in Rage versetzt werden, daß sie sich wegen Veruntreuung oder Sachbeschädigung schuldig machen. Nun, aber intuitiv werden diese Menschen durch diese Taten ihren Gefühlen und der Rechtslage genau so gerecht wie der Ehebrecher. Und geschädigt ist ja nur der Partner, gell? Dann sollte man diese Rache auch nicht bestrafen, meinen Sie?
Zitat Ich beobachte einfach, daß moderne junge Leute unter 60 lustig jahrelang ihren Boyfriend/Girlfriend haben, den sie aber nicht heiraten und mit dem sie auch nicht verlobt sind. Dann schickt sich dieser Friend an, einen anderen Partner zu wählen, und der/die Sitzengelassene ist hernach komplett am Boden zerstört; jedenfalls nicht emotional ausgeglichen. Obwohl der/die Ex ja das gute Recht hatte, jemanden anderen sich zu suchen. Es war ja offenbar nie etwas anderes ernsthaft vereinbart. Folglich gibt es eigentlich keine Grundlage, wegen des Beziehungsendes betrübt oder zornig zu werden. Das ist schon sehr widersprüchlich oder zumindest nicht durchdacht.?
Und weiter? Life's no picknick, wie der Engländer sagt. Aber worin liegt hier die Aufgabe des Staates? Das Glück beziehungsunfähiger Menschen mit polizeilichen und jusitiziellen Mitteln zu garantieren?
Nein, hier liegt nicht unbedingt eine Aufgabe des Staates vor. Es ist einfach die Frage, wie man seiner menschlichen Disposition, seinen Grundbedürfnissen gerecht wird und sie in Einklang bringt; etwa nach Nahrung, sozialer Bindung und Freiheit. In der Folge kann das zu Aufgaben des Staates führen, indem er entweder bestimmte Sachen machen muß oder zu unterlassen hat. Es ist lediglich ein Denkanstoß. Man kommt im zwischenmenschlichen Bereich nicht immer weit damit, nach Belieben Partialbetrachtungen zu führen ("es betrifft ja nur die beiden, die gerade unter derselben Decke stecken") und alle externen Effekte zu billigen (bis auf die bösen Marktfolgen).
Zitat A forteriori ist das mit der Ehe. Da besteht sogar die Vereinbarung zur Treue. Und die ist nun nicht schutzwürdig?
Abgesehen davon, dass ich ohnehin die Zivilehe für einen gründlich misslungenen Rechtstitel halte, habe ich noch ein viel schöneres Beispiel als Ihres mit dem Diebstahl: Warum ist Lügen nicht verboten? Jeder würde zugeben, dass es falsch ist zu lügen. In einem Rechtssystem Ihrer Prägung müsste man also dafür bestraft werden.
Beantworten Sie die Frage nicht, weil Sie einsehen, daß Ehebruch als Bruch einer vertraglichen Zusage nicht sanktionslos sein darf? Das mit der Lüge: Ich habe ja mit dem Beispiel des Rülpsers schon geschrieben, daß es auf die Schwere ankommt. Und ja, die Lüge ist bei uns natürlich durchaus strafbar, nämlich wenn sie einen "rechtswidrigen Vermögensvorteil" zulasten eines Dritten ermöglicht. Das ist der Betrug. Beim Ehebruch spricht man analog von Betrug: Der Ehebrecher erhält einen "sexuellen Erlebnisvorteil" zulasten des Anspruchs des betrogenen Ehepartners, eine Ehe so respekt- und liebevoll zu gestalten, daß das sexuelle Erleben dort erfüllend ist.
Zitat von Meister Petz im Beitrag #10Die Gesetzgebung im Iran zum Beispiel sieht sich an den Koran als Quelle gebunden. Und genau dadurch, dass sie ihn in Gesetzesform gießt, wird sie totalitär. Weil derjenige, der gegen ein Gesetz verstößt, damit gegen Gott verstößt. Totalitärer geht nicht.
Können Sie bitte genauer darlegen, wie die Gesetzgebung im Iran aussieht und was sie totalitär macht? Verbietet sie etwa Christen, ein christliches Familienrecht zu haben? Und folgt daraus, daß die Sowjetunion atheistisch war, daß deren Gesetzgebung zur Abschaffung der Familie unter Lenin weniger totalitär war?
Zitat von Emulgator im Beitrag #7Im §1353 Abs. 1 BGB verpflichtet man sich zur "ehelichen Lebensgemeinschaft".
Was aber ein völlig undefinierter Begriff ist. Mir ist nicht so ganz klar, was dieser BGB-Paragraph soll und ob er überhaupt irgendwo eine praktische Relevanz hat.
Zitat Was das heißt, kann man an Absatz 2 ablesen ...
Kann man m. E. leider nicht. Weil im Absatz 2 nur steht, unter welchen (ebenfalls sehr schwammigen Bedingungen) man nicht mehr zur Gemeinschaft verpflichtet ist. Dadurch wird aber die Definition dieser Gemeinschaft nicht klarer.
Zitat Interessant ist übrigens auch, daß man bei der eingetragenen Lebenspartnerschaft den Terminus "eheliche Lebensgemeinschaft" nicht verwendet hat und offenbar auch kein Bestreben besteht, genau hier eine "Gleichstellung" herbeizuführen: Es wäre anatomisch unmöglich.
Ich würde mal sage, daß man auf den Begriff "eheliche Lebensgemeinschaft" verzichtet hat, weil er inhaltlich eben nichts bringt, man aber den Begriff "Ehe" vermeiden mußte. Was immer die "eheliche Gemeinschaft" sein soll - mit der Zeugung von Kindern hat sie wohl erst einmal nichts zu tun. Und daher gäbe es auch keine "anatomische Unmöglichkeit".
Zitat von Meister Petz im Beitrag #10Nun ist die Frage, worin besteht das öffentliche Interesse, Ehebruch zu verfolgen?
Ich würde mal sagen, daß es ganz allgemein ein öffentliches Interesse daran gibt, daß sich Leute anständig verhalten. Was natürlich nur in Grenzen justiziabel sein kann, siehe Dein Beispiel mit dem Lügen.
Aber ich sehe schon ein gewisses Problem darin, daß der Staat Ehebruch nun überhaupt nicht mehr als Problem ansieht. Schließlich steht da ein Vertrag dahinter, in dem sich zwei Leute gegenseitig diverse Sachen zugesichert haben. Wenn jetzt einer der Beiden die versprochenen Leistungen nicht bringt, sollte er zumindestens zivilrechtlich etwas machen können.
Zitat Aus meiner Sicht wiegt das Recht der Menschen,ihre intimsten Beziehungen untereinander zu regeln, deutlich schwerer als eine von Ihnen postulierte Genugtuung des betrogenen Ehepartners ...
Das Recht, diese Beziehungen untereinander zu regeln ist dann wenig wert, wenn man bei Rechtsverletzung hilflos ist.
Zitat Abgesehen davon, dass ich ohnehin die Zivilehe für einen gründlich misslungenen Rechtstitel halte ...
Da würde ich zustimmen. Bleibt die Frage: Wie sähe die bessere Variante aus? Alternativ könnte man auch fordern, daß der Staat das überhaupt nicht regelt. Das wäre mir auch grundsätzlich sympathisch - aber dann würden natürlich eine ganze Reihe von Schutzvorschriften entfallen. Ich bin mir nicht sicher, welche Tragweite das dann hätte.
Zitat von Emulgator im Beitrag #7. Oh, bei solchen juristischen Sachen muß man korinthenkackerisch sein. Seinen Partner zu betrügen kann durchaus noch eine unerlaubte Handlung im Sinne des BGB sein, wenn auch nicht verboten. Im §1353 Abs. 1 BGB verpflichtet man sich zur "ehelichen Lebensgemeinschaft". Was das heißt, kann man an Absatz 2 ablesen und wenn man bedenkt, daß dieser Teil aus dem Jahre 1901 mit seinen damaligen Moralvorstellungen stammt.
Nach meiner Kenntnis wird ist es gesetzlich gerade nicht bestimmt, was en detail in die Kiste "eheliche Lebensgemeinschaft" alles so reingehört und was nicht. Der Begriff ist wohl eher exegetisch zu entwickeln, wobei es auch kein Sakrileg ist, sondern geradezu gefordert wird, den großen Satan Zeitgeist durchaus mit einzubeziehen. Das darf man, auch juristisch und wäre im Übrigen ein weites Feld für Hobbyphilosophen.
Zitat von Emulgator im Beitrag #7 Aber zurück: Die zivilrechtliche Haftung wegen unerlaubter Handlung kann einem durchaus auf die Füße fallen, wenn im Schlafzimmer Schadensereignisse eintreten.
Vielfältige Schadenereignisse im Schlafzimmer mag es ja geben - aber gem. § 1353 BGB und das dann irgendwie justiziabel für den Kadi (zivilrechtlich, wohlgemerkt) ??? Man kann wohl sagen: Das Ding ist deklaratorisch ohne nennenswerte Rechtsfolgen. So ne Art juristische Arabeske.
Mist. Ich sehe gerade, dass R.A. mir mit diesem Argument sinngemäß soeben zuvor gekommen ist.
Zitat von Emulgator im Beitrag #7 (Das mit dem Schuldprinzip bei Scheidungen lasse ich mal weg, weil man per Ehevertrag so ein Schuldprinzip durchaus wieder in die eigene Ehe einführen kann. Das ist auch erhellend zu sehen, wie dann der Verlobte auf diesen Vorschlag reagiert.)
Na also. Damit sind doch etwaige Probleme gelöst, die bei denjenigen entstehen könnten, die mit der "liberalen" Gesetzeslage nicht zufrieden sind. Leider ist die Rechtslage dergestalt, dass das so einfach nicht geht. Die Regelungsgegenstände des Ehevertrages* sind einigermaßen streng limitiert. Insbesondere kann das Zerrüttungsprinzip beim Scheidungsrecht nicht per Vertrag ausgehebelt werden. Man könnte - bei entsprechender Rechtslage - vertraglich, ich sach mal, Daumenschrauben vereinbaren, die das Gesetz nicht mehr kennt, um altertümlichen Treuevorstellungen gerecht zu werden, die selbstverständlich legitim sind, quasi das "Schuldprinzip" auf Vertragsebene. Da zeigt sich mal wieder, wie gut liberale Lösungen sind bzw. wären. An der Stelle sieht man übrigens einen der Unterschiede zwischen Moral und Recht. Recht ist "geltend", weil einheitlich, Moral - genauer gesagt materielle Moral - indessen vielfältig. Mit Optionen auf der Vertragsebene lässt sich dieser Konflikt wiederum lösen - in Maßen. Natürlich drängt sich hier die Frage auf: Warum den ganze Ehekrempel nicht ausschließlich in die Vertragsebene und wech vom Gesetz? Man könnte sagen: Der Kinder wegen; nur ist die Ehe für das Kinderkriegen bekanntlich nicht vorgeschrieben. Die Entstaatlichung der Ehe wäre sozusagen die zweite Liberalisierungsebene nach der "Zivilehe", die bei näherem Hingucken so zivil gar nicht ist, indem staatliche Idealismen anstelle der früheren religiösen einfliessen. Als Kadi bei Vertragsverletzungen will ich übrigens auch weiter den Staat sehen, alles andere wäre Faustrecht, aber das nur nebenbei.
Und was besagten Verlobten angeht, nu ja, falls bei solchen nicht gerade unwichtigen Fragen wie Treue Zweifel und/oder Dissens bestehen empfiehlt sich die Ehe vermutlich eher weniger. Das wäre dann "erhellend". Aber so helle ist man im Vorfeld der Ehe im allgemeinen nicht. Es menschelt halt
Zitat von Emulgator im Beitrag #7Im §1353 Abs. 1 BGB verpflichtet man sich zur "ehelichen Lebensgemeinschaft".
Was aber ein völlig undefinierter Begriff ist. Mir ist nicht so ganz klar, was dieser BGB-Paragraph soll und ob er überhaupt irgendwo eine praktische Relevanz hat.
Unter Kaier Wilhelm hatte man es noch nicht nötig, symbolisches Blabla nur zwecks Außenwirkung bei den nächsten Wahlen in Gesetze zu schreiben. Die eheliche Lebensgemeinschaft hat durchaus eine Bedeutung. Wenn --wie hier-- eine Legaldefinition fehlt, kann man sich dazu in Kommentaren schlau machen oder die Rechtsprechung betrachten. Hier ein Beispiel. Das sind auch alles praktisch durchaus relevante Sachen: Kindererziehung, Fürsorge, gegenseitige Achtung. Man sieht ganz deutlich, daß die eheliche Lebensgemeinschaft von Gleichgeschlechtlichen nicht erfüllt werden kann. Man kann die eheliche Lebensgemeinschaft auch einklagen, allerdings nicht im wege der Zwangsvollstreckung durchsetzen (es müßte dann nämlich ein Gerichtsvollzieher passendes Geschlechts all dies erfüllen und dem verurteilten Partner die Kosten aufbrummen. Aber das wäre meistens ja nicht zumutbar für den Gerichtsvollzieher und z.T. ist die eheliche Lebensgemeinschaft sowieso eine ganz besonders unvertretbare Schuld. Das wird formal auch dadurch abgebildet, daß die Eheschließung neben dem Testieren das einzige Rechtsgeschäft ist, bei dem man sich nicht durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen kann, sondern das man höchstpersönlich vornehmen muß.)
EDIT: Man sieht hier freilich auch, daß Gerichte nur begrenzte Mittel sind, sozialen Frieden wiederherzustellen. Man sieht das auch bei Nachbarschaftsstreitigkeiten: Der Apfelbaum ragt vielleicht nicht mehr über die Grenze, die Mißgunst aber doch. Da sollte man sich einfach eingestehen, daß der Staat eben keine funktionierende Klammer für ein Sozialgefüge ist. Wenn man sich das eingesteht, kann man auch lockerer sehen, wie die Gerichtsbarkeit bei der Ehe ausgestaltet wird. Leider verspricht man sich aber im Gegenteil immer mehr von der nicht funktionierenden Klammer, und zwar auf Initiative der Weltanschauung, die damals das Eherecht verändert haben...
Zitat von R.A. im Beitrag #13Da würde ich zustimmen. Bleibt die Frage: Wie sähe die bessere Variante aus? Alternativ könnte man auch fordern, daß der Staat das überhaupt nicht regelt. Das wäre mir auch grundsätzlich sympathisch - aber dann würden natürlich eine ganze Reihe von Schutzvorschriften entfallen. Ich bin mir nicht sicher, welche Tragweite das dann hätte.
Mit Zivilehe wird gemeint, daß die Ehe durch den Staat geschlossen werden muß, um Bindung zu entfalten. Zivilrechtliche Folgen wird eine Ehe immer haben, sonst ist es keine Ehe mehr. Das Zivilrecht kann sich auch nicht "agnostisch" gegenüber der Ehe verhalten. Man könnte z.B. nicht mehr in faktische Gütergemeinschaften pfänden.
Auf die Zivilehe kann man ohne Probleme verzichten. Die öffentlich-rechtlichen Folgen können dieselben bleiben. Es ist nicht notwendig, daß der Staat die Eheschließung selber durch seinen Beamten durchführt, um die Schutzrechte zu gewähren. Beispielsweise haben auch Verlobte ein Zeugnisverweigerungsrecht laut StPO. Ein Verlöbnis ist aber zwangsläufig formfrei, geschieht also ohne Staat. In Israel (oder dem Iran) obliegt die Eheschließung auch den Religionsgemeinschaften, und das funktioniert.
Daraus folgt allerdings auch, daß die Frage nach der Zivilehe überhaupt nichts zur zivilrechtlichen und strafrechtlichen Konsequenzen des Ehebruchs bringt.
Zitat von Dennis the Menace im Beitrag #14Nach meiner Kenntnis wird ist es gesetzlich gerade nicht bestimmt, was en detail in die Kiste "eheliche Lebensgemeinschaft" alles so reingehört und was nicht. Der Begriff ist wohl eher exegetisch zu entwickeln, wobei es auch kein Sakrileg ist, sondern geradezu gefordert wird, den großen Satan Zeitgeist durchaus mit einzubeziehen. Das darf man, auch juristisch und wäre im Übrigen ein weites Feld für Hobbyphilosophen.
Nun, die Gerichte sind bekanntlich an die Gesetze gebunden. Das hat auch seinen Sinn im gewaltengeteilten Rechtsstaat. Die Gesetze in der DDR z.B. waren im Wortlaut ja durchaus gut und gerecht, nur gab es eben stets sozialistische Gründe, warum bestimmte Rechte doch nicht so spürbar wurden. Und wußten Sie, daß den deutschen Soldaten im 2. WK Morde an der Zivilbevölkerung gesetzlich verboten waren? Wenn da nun also "eheliche Lebensgemeinschaft" steht, ist für das Gericht maßgeblich, was damit gemeint war. Damals. Wenn durch Zeitablauf plötzlich eine andere Auffassung vorliegt (etwa daß Zivilisten durchaus erschossen werden dürfen oder daß die Ehe nur noch romantisches Geflitter ist), dann muß das im Gesetz so stehen. Diese Mühe muß sich der Gesetzgeber machen. Das hat auch den Sinn, daß dieser Prozeß geregelt und demokratisch und kontrollierbar abläuft, und nicht im Überschwang irgendwelcher nationaler oder sozialistischer Notwendigkeiten. Und diese Mühe macht sich der Gesetzgeber auch, wie man an der aufgehobenen Sittenwidrigkeit des Hurenlohns sehen kann. Diese Mühe wäre unnötig gewesen, wenn die Gerichte bloß durch Änderung des Zeitgeistes ermächtigt gewesen wären, aus demselben Fall und denselben Gesetzeswortlaut andere Urteile zu fällen.
Zitat von Dennis the Menace im Beitrag #14Natürlich drängt sich hier die Frage auf: Warum den ganze Ehekrempel nicht ausschließlich in die Vertragsebene und wech vom Gesetz? Man könnte sagen: Der Kinder wegen; nur ist die Ehe für das Kinderkriegen bekanntlich nicht vorgeschrieben. Die Entstaatlichung der Ehe wäre sozusagen die zweite Liberalisierungsebene nach der "Zivilehe", die bei näherem Hingucken so zivil gar nicht ist, indem staatliche Idealismen anstelle der früheren religiösen einfliessen. Als Kadi bei Vertragsverletzungen will ich übrigens auch weiter den Staat sehen, alles andere wäre Faustrecht, aber das nur nebenbei.
Der Kinder wegen wäre eine Eheschließung durch einen Notar und nicht durch einen Standesbeamten tatsächlich ein besseres Signal an die Partner. Und als Kadi bei Vertragsverletzungen können Katholiken durchaus kirchliche Gerichte bemühen, die eine juristisch einwandfreie Infrastruktur dafür schon lange haben. Sie wären zwar erstmal verwundert und etwas unwillig, weil das seit dem Kulturkampf nicht mehr üblich ist, aber in manchen Ländern gibt es das durchaus und zur Not gibt es noch gar nicht mal so alte Konzilsbeschlüsse, die jeden verfluchen, der bezweifelt, daß allein der Kirche die Jurisdiktion in Ehesachen zukommt.
Zitat von Dennis the Menace im Beitrag #14Und was besagten Verlobten angeht, nu ja, falls bei solchen nicht gerade unwichtigen Fragen wie Treue Zweifel und/oder Dissens bestehen empfiehlt sich die Ehe vermutlich eher weniger. Das wäre dann "erhellend". Aber so helle ist man im Vorfeld der Ehe im allgemeinen nicht. Es menschelt halt
Ja, obwohl es vernünftig wäre und das Gerechtigkeitsempfinden gut abbilden würde, ist es meistens nicht möglich einen juristisch ungebildeten Verlobten solche Vorschläge zu machen, weil er es nicht als Zeichen eines bewußt gelebten Gerechtigkeitsgefühls, sondern als Zeichen von Mißtrauen an der keimenden Liebe interpretieren würde. Es ist insbesondere für einen Extremvoluntaristen wie mich sehr schmerzlich, daß ausgerechnet bei so einer hochheiligen Sache ein Gesetz von Oben mit vorgesehenen Mindeststandards an Formpflicht und Sanktionen notwendig ist. Ein Notar oder Priester kann solche Fragen viel einfacher dem Paar zur Entscheidung vorlegen.
Zitat von Emulgator im Beitrag #15Unter Kaier Wilhelm hatte man es noch nicht nötig, symbolisches Blabla nur zwecks Außenwirkung bei den nächsten Wahlen in Gesetze zu schreiben.
Offenbar doch. Denn ohne genauere Definition ist das mit der "ehelichen Lebensgemeinschaft" eben nur symbolisches Blabla.
Zitat Wenn --wie hier-- eine Legaldefinition fehlt, kann man sich dazu in Kommentaren schlau machen oder die Rechtsprechung betrachten.
Kommentare sind m. E. kein Ersatz für eine saubere Gesetzgebung. Wenn ein Parlament ein Gesetz beschließt, hat das eine gewisse Legitimation. Die persönlichen Vorlieben und Ansichten eines Kommentators haben diese nicht. Und ich bin auch sehr skeptisch, wenn Lücken in der Gesetzgebung dann von der Phantasie irgendwelcher Richter gefüllt werden.
Zitat Das sind auch alles praktisch durchaus relevante Sachen: Kindererziehung, Fürsorge, gegenseitige Achtung. Man sieht ganz deutlich, daß die eheliche Lebensgemeinschaft von Gleichgeschlechtlichen nicht erfüllt werden kann.
Das sehe ich überhaupt nicht. Alle die dort aufgeführten Beispiele können selbstverständlich von Gleichgeschlechtlichen erfüllt werden. Die können zusammen wohnen, sich umeinander kümmern, die Schlüsselgewalt teilen und so weiter. Sie können auch gemeinsam Kinder erziehen (eigene oder adoptierte). Nur keine neuen Kinder zeugen - aber ist ja auch bei Ehepaaren nicht immer der Fall.
Zitat von Meister Petz im Beitrag #10Die Idee gab es schon mal, hinsichtlich Ladendiebstahl bis zu einem bestimmten Wert, auch für Schwarzfahren. Das Argument dagegen ist das öffentliche Interesse. Wenn Ladendiebstahl oder Schwarzfahren nicht mehr strafbar sind, müssen sie eingepreist werden, und die "ehrlichen Kunden" erleiden einen messbaren materiellen Nachteil.
"Öffentliches Interesse" ist nun ein sehr schwammiger Begriff.
Öffentliches Interesse ist definiert als ein Interesse, das über den privaten Bereich der Betroffenen hinausgeht.
Zitat von Emulgator im Beitrag #11Nebenbei: Schwarzfahren ist gar nicht strafbar. Strafbar ist, eine Fahrkarte zu fälschen. Wer ohne Fahrkarte einsteigt, geht lediglich die Vereinbarung zu einem "erhöhten Beförderungsentgelt" ein. .
Zitat von Emulgator im Beitrag #11Hier kann man außerdem auch eine Parallele zu dem Thekenverkauf sehen: In Deutschland kann man direkt und frei in alle vorhandenen Straßen-, S- und U-Bahnen einsteigen. In Paris, London oder Moskau gibt es an den Haltestellen Sperren, die nur durch die Fahrkarte entriegeln. Welches System ist überlegen? Für Berlin hat jemand eine Äpp programmiert, an der man ablesen kann, ob in der nächsten S-Bahn Schaffner sind oder nicht. In Paris wäre das witzlos. Dort braucht man dank der Sperren keine Schaffner in der Métro.
Das funktioniert aber nur, wenn eine Karte genau für eine Fahrt in eine Richtung gilt, unabhängig von der Anzahl der Stationen. Bei den in Deutschland üblichen Zonentarifen dient die Kontrolle auch für die richtige Fahrkarte. Das wäre aber in Deutschland nie durchzusetzen, dass einer das gleiche zahlen muss, obwohl er weiter fährt.
Und wenn ein System "überlegen" ist, dann nicht das, das mit dem Strafrecht winkt...
Zitat von Emulgator im Beitrag #11Beim Ehebruch ist die Sache anders. Die depressiv verstimmten Ehebruchsopfer oder die verstörten Scheidungskinder sind externe Effekte, die nicht über Marktmechanismen eingepreist oder denen vorgebeugt werden kann. Säuglinge können nicht entscheiden, Kinder von Eltern zu sein, die ehrlich miteinander umgehen. Damit ist auch Ihre Frage beantwortet:
Zitat von Meister Petz im Beitrag #10Nun ist die Frage, worin besteht das öffentliche Interesse, Ehebruch zu verfolgen?
Die Scheidungskinder sind genau so viel oder wenig verstört, wenn a) der verlassende Elternteil mit dem Eingehen einer sexuellen Beziehung wartet, bis die Scheidung rechtskräftig ist und b) wenn er nicht bestraft wird. Im Gegenteil, letzteres signalisiert ihm nur "Dein Vater/Deine Mutter ist ein Verbrecher", meines Sie, das ist Balsam auf die kindliche Psyche?
Zitat von Meister Petz im Beitrag #10Aus meiner Sicht wiegt das Recht der Menschen,ihre intimsten Beziehungen untereinander zu regeln, deutlich schwerer als eine von Ihnen postulierte Genugtuung des betrogenen Ehepartners, die daraus resultieren soll, dass der Betrügende einen Teil des im Scheidungsfall zu teilenden Vermögens an die Staatskasse abdrücken soll.
Die Ehepartner haben ihre intimste Beziehung ja untereinander geregelt. Nur einer hält sich nicht dran. Das ist ja das moralische Problem. Und wenn Sie an der "postulierten Genugtuung" zweifeln, dann schauen Sie sich einfach ein paar Rachebildchen an. Da sind Menschen, die normalerweise gesetzestreue Bürger sind und durch den Betrug und die gleichzeitige Hilflosigkeit so in Rage versetzt werden, daß sie sich wegen Veruntreuung oder Sachbeschädigung schuldig machen. Nun, aber intuitiv werden diese Menschen durch diese Taten ihren Gefühlen und der Rechtslage genau so gerecht wie der Ehebrecher. Und geschädigt ist ja nur der Partner, gell? Dann sollte man diese Rache auch nicht bestrafen, meinen Sie?
Und diese Rage würde nicht auftreten, wenn der Ehebruch strafbar wäre?
Im übrigen ist Intuition kein guter Ratgeber für das Strafrecht, lieber Emulgator. Reine Sachbeschädigung wird meistens (zurecht) eingestellt, insofern befinden wir uns in den allermeisten Fällen sowieso im Bereich des Zivilrechts.
Zitat von Emulgator im Beitrag #11Beantworten Sie die Frage nicht, weil Sie einsehen, daß Ehebruch als Bruch einer vertraglichen Zusage nicht sanktionslos sein darf?
Die meisten Brüche vertraglicher Zusagen sind nicht strafrechtlich relevant, sondern allenfalls zivilrechtlich.
Zitat von Emulgator im Beitrag #11Das mit der Lüge: Ich habe ja mit dem Beispiel des Rülpsers schon geschrieben, daß es auf die Schwere ankommt. Und ja, die Lüge ist bei uns natürlich durchaus strafbar, nämlich wenn sie einen "rechtswidrigen Vermögensvorteil" zulasten eines Dritten ermöglicht. Das ist der Betrug. Beim Ehebruch spricht man analog von Betrug: Der Ehebrecher erhält einen "sexuellen Erlebnisvorteil" zulasten des Anspruchs des betrogenen Ehepartners, eine Ehe so respekt- und liebevoll zu gestalten, daß das sexuelle Erleben dort erfüllend ist.
Vielleicht bekommt er ja nur einen sexuellen Erlebnisausgleich .
Der Punkt ist doch der: Die Liebesheirat ist eine relativ neue Erfindung in der Menschheitsgeschichte - man könnte sagen ein Wohlstandsphänomen. Die Gesetze gegen den Ehebruch zielen auf die Ehe als Versorgungsgemeinschaft ab. Da ist keine Rede von "depressiven Zuständen", sondern es geht einfach darum, dass eine Trennung den wirtschaftlichen Ruin der Frau bedeutet hätte. Nun ist in Zeiten zunehmender Gleichberechtigung und sozialer Sicherung der wirtschaftliche Ruin kein Thema mehr. Die Ehe zielt auf (Zitat): "den Anspruch (!!), eine Ehe so respekt- und liebevoll zu gestalten, daß das sexuelle Erleben dort erfüllend ist." Und ich wiederhole noch einmal: Es kann doch nicht Aufgabe des Staates sein, sich darum zu kümmern.
Zitat von Meister Petz im Beitrag #10Die Gesetzgebung im Iran zum Beispiel sieht sich an den Koran als Quelle gebunden. Und genau dadurch, dass sie ihn in Gesetzesform gießt, wird sie totalitär. Weil derjenige, der gegen ein Gesetz verstößt, damit gegen Gott verstößt. Totalitärer geht nicht.
Können Sie bitte genauer darlegen, wie die Gesetzgebung im Iran aussieht und was sie totalitär macht? Verbietet sie etwa Christen, ein christliches Familienrecht zu haben? Und folgt daraus, daß die Sowjetunion atheistisch war, daß deren Gesetzgebung zur Abschaffung der Familie unter Lenin weniger totalitär war?
Das Totalitäre an der Gesetzgebung im Iran ist, dass sie jede Abweichung von der Moralquelle drakonisch bestraft (bis zum Tod). Jedes Gesetz muss im Einklang mit der Moralquelle stehen.
Das christliche Familienrecht (für 0,8% der Bevölkerung) ist kein Beleg für die demokratische Verfasstheit des Irans. Möchte nämlich ein muslimischer Iraner Christ werden, ist er ebenfalls von hoher Strafe bedroht.
Die Sowjetunion ist nicht weniger totalitär. Aber es macht sie auch nicht totalitärer, sich nicht auf eine traditionelle Moralquelle berufen zu können.
Zitat von Emulgator im Beitrag #16Daraus folgt allerdings auch, daß die Frage nach der Zivilehe überhaupt nichts zur zivilrechtlichen und strafrechtlichen Konsequenzen des Ehebruchs bringt.
Tut es doch: Wenn die Zivilehe nicht existiert, kann keiner die unsinnige Erwartung hegen, dass der, der ein Paar getraut hat, auch dessen Glück garantiert.
Zitat von Meister Petz im Beitrag #10Nun ist die Frage, worin besteht das öffentliche Interesse, Ehebruch zu verfolgen?
Ich würde mal sagen, daß es ganz allgemein ein öffentliches Interesse daran gibt, daß sich Leute anständig verhalten. Was natürlich nur in Grenzen justiziabel sein kann, siehe Dein Beispiel mit dem Lügen.
Ich gehe sogar noch weiter: Wenn der Staat den Anstand regelt, gibt es irgendwann keinen Anstand mehr, sondern nur noch gesetzeskonformes Verhalten. Anstand beruht immer auf Freiwilligkeit.
Zitat von R.A. im Beitrag #13Aber ich sehe schon ein gewisses Problem darin, daß der Staat Ehebruch nun überhaupt nicht mehr als Problem ansieht. Schließlich steht da ein Vertrag dahinter, in dem sich zwei Leute gegenseitig diverse Sachen zugesichert haben. Wenn jetzt einer der Beiden die versprochenen Leistungen nicht bringt, sollte er zumindestens zivilrechtlich etwas machen können.
Wie schon in der Antwort auf den Emulgator: Du wendest ein Konzept der Versorgungsgemeinschaft auf die Liebesheirat an. Gefühle kann man weder erzwingen noch einklagen.
Zitat Aus meiner Sicht wiegt das Recht der Menschen,ihre intimsten Beziehungen untereinander zu regeln, deutlich schwerer als eine von Ihnen postulierte Genugtuung des betrogenen Ehepartners ...
Das Recht, diese Beziehungen untereinander zu regeln ist dann wenig wert, wenn man bei Rechtsverletzung hilflos ist.
Aber worin besteht die Hilfe bei einer Strafbarkeit? In der Abschreckung sicher nicht. Genugtuung für den Betrogenen? Bisschen mager. Also bestünde sie nur in der moralischen Ächtung qua Gesetzgeber für die Leute, die Gesetze für Moral und gesetzeskonformes Handeln für Anstand halten.
Zitat Abgesehen davon, dass ich ohnehin die Zivilehe für einen gründlich misslungenen Rechtstitel halte ...
Da würde ich zustimmen. Bleibt die Frage: Wie sähe die bessere Variante aus? Alternativ könnte man auch fordern, daß der Staat das überhaupt nicht regelt. Das wäre mir auch grundsätzlich sympathisch - aber dann würden natürlich eine ganze Reihe von Schutzvorschriften entfallen. Ich bin mir nicht sicher, welche Tragweite das dann hätte.
Ja, überhaupt nicht regeln. Man sieht ja in der endlosen Homoehendiskussion wie fürchterlich aufgeblasen die Zivilehe daherkommt und welche Staatsgläubigkeit sich damit verbindet. Da meint man, man hat mit den Schwulen mal eine liberale, freiheitlich gesinnte gesellschaftliche Gruppe, und am Ende ist dieser Gruppe nix wichtiger als der weihwasserlose Segen des Einwohnermeldeamts.
Ich finde, es käme geradezu einer liberalen Revolution gleich, wenn man die engste Form der zwischenmenschlichen Beziehungen den Klauen des Staates entreißt.
Zitat von Meister Petz im Beitrag #19Das funktioniert aber nur, wenn eine Karte genau für eine Fahrt in eine Richtung gilt, unabhängig von der Anzahl der Stationen. Bei den in Deutschland üblichen Zonentarifen dient die Kontrolle auch für die richtige Fahrkarte. Das wäre aber in Deutschland nie durchzusetzen, dass einer das gleiche zahlen muss, obwohl er weiter fährt.
Ja, der deutsche Gerechtigkeitsfimmel macht viele Sachen hierzulande schon wahnsinnig kompliziert - und führt z.B. auch zum kompliziertesten Steuerrecht der Welt, weil man halt jeden Sonderfall möglichst gerecht handhaben will. Und eben auch zu den kompliziertesten Fahrpreis-Systemen der Welt. (das Londoner oder Pariser Ticket-System kapiert jeder in wenigen Sekunden. Das z.B. Münchner System erfordert hingegen ein sehr intensives Studium. Wie viele Streifen braucht man z.B. auf der Streifenkarte, um durch 2 Zonen zu fahren? Zwei? Falsch geraten, es sind aus irgendwelchen Gründen vier).
Aber natürlich gäbe es hier einen einfachen Lösungsweg: Es gibt eine Schranke am Anfang und am Ende der Fahrt. Bei der Schranke am Ende wird geprüft, ob das Ticket überhaupt so weit gültig war. Ich habe noch nie verstanden, warum ein solches System (das in vielen Ländern Standard ist), in Deutschland nicht eingesetzt wird. Gerade in einem Hochlohnland wie Deutschland müsste sich eine solche Automatisierung doch voll lohnen, oder?
Zitat von Florian im Beitrag #22Es gibt eine Schranke am Anfang und am Ende der Fahrt. Bei der Schranke am Ende wird geprüft, ob das Ticket überhaupt so weit gültig war. Ich habe noch nie verstanden, warum ein solches System (das in vielen Ländern Standard ist), in Deutschland nicht eingesetzt wird. Gerade in einem Hochlohnland wie Deutschland müsste sich eine solche Automatisierung doch voll lohnen, oder?
Aber die erfordert Personaleinsatz. Rund um die Uhr an jedem Bahnhof. Denn was wollen Sie denn mit einem "Üpeltäter" machen? Erst mal nachzahlen lassen, ok. Dann hat er kein Geld mehr dabei oder der Automat nimmt aufgrund eines Defekts nix an. Dann ist er eingesperrt - und sofort haben Sie ein Problem mit der Verhältnismäßigkeit.
Die beste Lösung haben in der Tat die Holländer, wo man beim Ein- und Aussteigen Telefon oder EC-Karte hinhalten muss, und der genaue Reisepreis boniert wird. In Deutschland, wo mal am liebsten noch mit Leinensäcken voll güldener Reichstaler zahlen würde, ebenfalls keine Chance.
Zitat von Meister Petz im Beitrag #21Ich gehe sogar noch weiter: Wenn der Staat den Anstand regelt, gibt es irgendwann keinen Anstand mehr, sondern nur noch gesetzeskonformes Verhalten. Anstand beruht immer auf Freiwilligkeit.
Gut auf den Punkt gebracht - hat mich überzeugt.
Zitat Du wendest ein Konzept der Versorgungsgemeinschaft auf die Liebesheirat an. Gefühle kann man weder erzwingen noch einklagen.
Gefühle kann man nicht einklagen, aber Verhaltensweisen sehr wohl. Und die Ehe beinhaltet eben deutlich mehr als nur die Liebensbeziehung, die Versorgungsgemeinschaft ist da gesetzlich ganz heftig mit drin (siehe allein das Rentenrecht). Momentan haben wir eine Situation, wo nach Wegfall der Verschuldensfrage bei Scheidungen einseitig nur die materiellen Teile des Eheabkommens rechtlich durchsetzbar sind, alle übrigen Ansprüche (eben auch auf ein gewisses Verhalten) nicht mehr. Das kann zu ganz krassen Ungerechtigkeiten führen.
Zitat Aber worin besteht die Hilfe bei einer Strafbarkeit?
Um die geht es mir nicht, eigentlich denke ich eher über Zivilrecht nach. Weil es eben um einen Vertrag zwischen zwei Leuten geht, der einseitig gebrochen wird.
Alternativ könnte man auch fordern, daß der Staat das überhaupt nicht regelt. Das wäre mir auch grundsätzlich sympathisch - aber dann würden natürlich eine ganze Reihe von Schutzvorschriften entfallen. Ich bin mir nicht sicher, welche Tragweite das dann hätte.[/quote]
Zitat Ja, überhaupt nicht regeln.
OK, wäre auf jeden Fall eine klare Sache. Aber mir fehlt noch die Antwort auf: "aber dann würden natürlich eine ganze Reihe von Schutzvorschriften entfallen. Ich bin mir nicht sicher, welche Tragweite das dann hätte."
Ich stehe der Abschaffung der staatlichen Ehe durchaus positiv gegenüber. Aber es wäre eine recht einschneidende Maßnahme, und da würde ich vorher gerne verstehen, welche Folgen und Nebenwirkungen man sich einhandelt. Die spezielle (meist bevorzugte) Stellung des Ehegatten in vielen Gesetzen würde dann ja entfallen. Manches kann man zivilrechtlich ersetzen, manche andere Bevorzugung ist ohnehin nicht mehr zeitgemäß. Aber ich bin momentan unsicher, ob nicht auch Sachen wegfallen würden, die wichtig sind. Immerhin ist die Ehe eine ganz grundlegende Institution in allen Gesellschaften historisch und weltweit. Es gibt keine Erfahrungen mit einer Gesellschaft, in der die Ehe nicht existiert bzw. nicht juristisch abgesichert ist.
Emulgator schrieb am 23.08.15 um 19:50 Uhr: "Wenn man davon ausgeht, daß das geltende Recht das Moral- und Gerechtigkeitsempfinden abbilden soll[...]"
Ist das eine sonderlich "liberale" Überlegung?
Die Forderung, dass sich der Staat aus bestimmten Lebensbereichen, wozu zweifellos Ehe und Sexualität gehören, heraushalten soll, ist durchaus nachvollziehbar. Zumindest solange nicht das Ziel verfolgt wird, den Schwächeren zu seinem Rechte zu verhelfen. Überdies ist es unsinnig, Normen in Gesetzen aufzunehmen, deren Geltung nicht durch Strafen durchgesetzt wird. Ein Gesetzt sollte nicht dazu dienen, dass der Staat beschreibt wie ers gern hätte oder dazu Empfehlungen zu geben.
"Man hielt einfach viel von ähnlichen Regelungen in der Sowjetunion nach der Oktoberrevolution, als man noch viel konsequenter Ehe und Familie abschaffen wollte."
Das mag der - zugegeben unsympathische - Hintergrund für diese Regelungen sein.
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