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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 57 Antworten
und wurde 6.055 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

04.08.2015 00:24
Meckerecke: Die PRD Antworten

Es macht momentan keinen Spaß, dem politischen Treiben zuzuschauen:
http://zettelsraum.blogspot.de/2015/08/m...ke-die-prd.html

Free speech is so last century. (Brendan O'Neill)

Frank2000 Offline




Beiträge: 3.430

04.08.2015 11:03
#2 RE: Meckerecke: Die PRD Antworten

Ich habe den entsprechenden Welt-Artikel zu Sahwil rausgesucht (http://www.welt.de/vermischtes/article14...n-die-Welt.html).
Größer könnte der Kontrast nicht sein zur Berichterstattung über Deutsche, die sich radikal äußern.
- Sahwil wird eine "Heldin" genannt und "freundlich, mutig und selbstsicher". Sie habe lediglich zu "komplexen Themen" eine "einfache und ganz klare" Meinung. Weiterhin will dieses Mädchen zwar möglichst umfassende Unterstützung und Rechte in Deutschland, gleichzeitig aber sagt sie ganz deutlich, dass sie dieses Land nur als Notlösung betrachtet, sich "Palestina" verbunden fühlt, Israel von der Landkarte auslöschen möchte und eine überzeugte konservative Muslimin ist (einschließlich Moschee, Kopftuch und dem restlichen Kram).
- Wie entsprechende Artikel über Pegidas, Reps, AfDler oder gar NPDler ausfallen, brauche hier wohl nicht zu erklären. Ja, selbst Mitglieder des sozialdemokratischen Establishments werden maximal gebrandmarkt, wenn sie das "falsche" sagen ("Sarrazinieren").

Es ist diese Doppelzüngigkeit, weswegen ich kaum noch Massenmedien konsumiere (abseits davon, dass ich die Überschriften überfliege).

Trotzdem -so verlockend die These des selbstreferentiellen politisch-medialen Komplexes (SPMK) auch ist: etwas stört mich daran. Nämlich meine Wahrnehmung, dass Deutschland eine funktionierende Demokratie und Marktwirtschaft ist. Ein SPMK sollte in einer marktwirtschaftlichen Demokratie nicht existieren können.

___________________
Kommunismus mordet.
Ich bin bereit, über die Existenz von Einhörnern zu diskutieren. Aber dann verlange ich außergewöhnlich stichhaltige Beweise.

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

04.08.2015 11:14
#3 RE: Meckerecke: Die PRD Antworten

Zitat
Trotzdem -so verlockend die These des selbstreferentiellen politisch-medialen Komplexes (SPMK) auch ist: etwas stört mich daran. Nämlich meine Wahrnehmung, dass Deutschland eine funktionierende Demokratie und Marktwirtschaft ist. Ein SPMK sollte in einer marktwirtschaftlichen Demokratie nicht existieren können.


Ich glaube schon, dass er existiert. Die Demokratie und Marktwirtschaft verhindert nur, dass er übermäßigen Schaden anrichtet. Das ist ein bisschen so wie das Klischee von einem althergebrachten Handwerksbetrieb, wo der alte Patriarch als Frühstücksdirektor glaubt, alle Fäden in der Hand zu halten, während die Vorarbeiter und Schichtleiter dafür sorgen, dass der Laden läuft .

Gruß Petz

Free speech is so last century. (Brendan O'Neill)

Nola Offline



Beiträge: 1.719

04.08.2015 11:17
#4 RE: Meckerecke: Die PRD Antworten

Zitat von Meister Petz im Beitrag #1
Es macht momentan keinen Spaß, dem politischen Treiben zuzuschauen:
http://zettelsraum.blogspot.de/2015/08/m...ke-die-prd.html


"politisches Treiben" = sich treiben lassen, statt zukunftsorientiert agieren nur noch reagieren, das ist meine Wahrnehmung.


Zitat
Zitat Meister Petz
Allen dreien ist gemeinsam, dass sie die öffentliche Reaktion als wichtiger einschätzen als politisch-rechtsstaatliche Entscheidungen und Verfahren. Da soll die Kanzlerin per absolutistischem Dekret ein Bleiberecht verordnen, der Finanzminister sich die Liebe der Griechen mit gesamteuropäischen Steuergeldern erkaufen und der Generalbundesanwalt und der Verfassungsschutzpräsident, deren Positionen aus Sicht der Gewaltenteilung sowieso schon höchst problematisch sind, ausgehebelt werden. Einzig und allein mit dem Ziel, eine Symbolik zu schaffen, die eine hysterische Pseudoöffentlichkeit im Netz ruhigstellt.



Diese "Pseudoöffentlichkeit" ist nicht zuletzt immer gern durch Politik genutzt worden um diese als vermeintlichen mehrheitlichen "Volkes Willen" zu benutzen.
Politik und ihre Vertreter haben nur allzu gern diese Möglichkeit von Selbstdarstellung und Inszenierungen genutzt und haben im Umgang damit, einen vermeintlichen Shitstorm umzudrehen auch überhaupt kein Problem. Der politisch älteste Trick sich mit Kindern und Jugendlichen zu zeigen, hat Frau Merkel diesmal kein Glück gebracht. So what?
Briefing ist manchmal halt auch nur begrenzt.

Nimmt man das aktuellste Beispiel in dem eine durch mediale Netzwerke (insbesondere auch die der Jugendlichen) geschaffene Willkommenskultur für "Flüchtlinge" propagiert wird - hier sehr gut nachvollziehbar im Thread:

Flüchtlingszahlen. Am Beispiel NRW

... dann fragt man sich, wie gerade auch im Netz Überschriften wie "Bürger bejahen weitere Flüchtlingsaufnahme" zustande kommen. Sämtliche Umfragen bezeugen das Gegenteil. Im weiten Umfeld nachgefragt kenne ich niemanden jeglicher - auch kommunalpolitischer - Couleur, der auch nur ansatzweise diese gewollte Mischung und überproportionale - man muß schon sagen beängstigende - "Zuwanderung" befürwortet.

Kein Ort - auch nicht der kleinste Pusemuckel Bauernort ist mehr davor sicher. Dort werden Bürgerwehren gegründet, die sofort zur "Autobahn" werden, denn genau da nutzt Politik vor Ort sofort die sozialen Netzwerke. Netzwerke die sonst über freiwillige Feuerwehr, Sportveranstaltungen und Altentreffs berichten, die Schule und Jugend im Visier haben, erzählen plötzlich von einer Bereicherung die in Turnhallen, geräumten Altenheimen, Sozialbauten für Armutsbürger stattfindet. Man puscht die Bürger zum Gutmenschen hoch, der in freiwilliger Hilfe mit Spenden und Sammlungen von Kleidern und Wohnungsausstattungen vorbildlich instrumentalisiert wird. Und weil das so gut geht, oder besser weil die Bürger Empathie für arme Mitmenschen aufbringen wird diese Schraube unerbittlich angezogen.

Einige Zeit später aber berichten die gleichen Netzwerke von Transportbussen, die auf der Landstrasse die Frauen mit ihren Kindern zum Betteln absetzen, erzählen von Häusermarkierungen und deren Bedeutung einer Einbruchsgefährdung, erzählen all das was in Medien nur - wenn es nicht mehr zu vertuschen ist - geschönt auftaucht. Sie erzählen von Raub und Körperverletzungen, Vergewaltigungen und Mord. Das ist kein science-fiction-Film sondern real. Plötzlich wird die Stille von Politik ganz laut. Das Netzwerk gehört wieder denen, die es geschaffen haben. Denen, die damit leben müssen, was sie erleben.

Netzwerke, die den Kommunikativen Austausch anbieten sind m.E. auch oft gekapert worden von Politikern und wenn nicht, auch gern schon "sang-und klanglos" verschwunden aus dem Netz.

So lange, wie Politik so am Bürger vorbei regiert, so dermaßen den Bürger mißachtend oder besser Volkes Wille mißachtet und unwiderrufbare Tatsachen schafft, die jeden Bürger - JEDEN - betreffen, ist jedes Netzwerk mehr als willkommen. Adäquate Unterschiede kann man ja für sich selbst machen.

♥lich Nola

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Status quo, nicht wahr, ist der lateinische Ausdruck für den Schlamassel, in dem wir stecken.
Zettel im August 2008

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

04.08.2015 11:30
#5 RE: Meckerecke: Die PRD Antworten

Zitat von Nola im Beitrag #4
"politisches Treiben" = sich treiben lassen

Das, liebe Nola, ist genial!

Zitat von Nola im Beitrag #4
... dann fragt man sich, wie gerade auch im Netz Überschriften wie "Bürger bejahen weitere Flüchtlingsaufnahme" zustande kommen.

So eine Schlagzeile ergibt eigentlich keinen Sinn, wenn sie nicht Propaganda ist. Wenn die Bürger überwiegend zustimmen, dann ist das doch keine Neuigkeit. Es wäre so spannend wie eine Meldung "Bürger glauben an das Gesetz der Schwerkraft".
Mir kommt das vor wie eine "Neues Deutschland"-Schlagzeile; es wird nicht der Ist-, sondern der Sollzustand berichtet.

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

04.08.2015 11:35
#6 RE: Meckerecke: Die PRD Antworten

Zitat von Nola im Beitrag #4
Kein Ort - auch nicht der kleinste Pusemuckel Bauernort ist mehr davor sicher. Dort werden Bürgerwehren gegründet, die sofort zur "Autobahn" werden, denn genau da nutzt Politik vor Ort sofort die sozialen Netzwerke. Netzwerke die sonst über freiwillige Feuerwehr, Sportveranstaltungen und Altentreffs berichten, die Schule und Jugend im Visier haben, erzählen plötzlich von einer Bereicherung die in Turnhallen, geräumten Altenheimen, Sozialbauten für Armutsbürger stattfindet. Man puscht die Bürger zum Gutmenschen hoch, der in freiwilliger Hilfe mit Spenden und Sammlungen von Kleidern und Wohnungsausstattungen vorbildlich instrumentalisiert wird. Und weil das so gut geht, oder besser weil die Bürger Empathie für arme Mitmenschen aufbringen wird diese Schraube unerbittlich angezogen.

Dann mal ein Bericht aus meiner Heimatstadt, wo es die Diskussion auch gibt. Ein Teil der Leute mault, dass den Flüchtlingen alles in den Arsch geschoben wird. Andere sammeln halt Kinderbekleidung und Kuscheltiere*. So läufts im Pluralismus.
Zitat von Nola im Beitrag #4
So lange, wie Politik so am Bürger vorbei regiert, so dermaßen den Bürger mißachtend oder besser Volkes Wille mißachtet und unwiderrufbare Tatsachen schafft, die jeden Bürger - JEDEN - betreffen, ist jedes Netzwerk mehr als willkommen.

Was ist denn Volkes Wille, liebe Nola? Allein die Vorstellung, dass es so einen gäbe, stößt mir schon sauer auf (hier gewinnt der Liberale im Vermittlungsausschuss). Ich kann über meinen Willen einigermaßen Auskunft geben (Herrn Freud mal außen vor), vielleicht noch über den meiner Familie und von ein paar guten Freunden. Mit dem Rousseauschen volonté générale ist viel Schindluder getrieben worden, keine autoritäre Politik kommt ohne ihn aus. Also muss zwangsläufig jedes Netzwerk, das ihn für sich beansprucht, eine Pseudoöffentlichkeit sein. Ob die willkommen sind oder nicht, darüber kann man geteilter Meinung sein. Mich stört nur, dass sie eine Aufmerksamkeit erhalten, die ihnen nicht zusteht.

Gruß Petz

*Es tut zwar nichts zur Sache, aber ich hab auch letzte Woche auf dem Flohmarkt für ein paar Euro eine Tüte voll Sachen gekauft und abgegeben. Die vorbildliche Instrumentalisierung hat also funktioniert. Und nu?

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Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

04.08.2015 11:40
#7 RE: Meckerecke: Die PRD Antworten

Zitat
Ein SPMK sollte in einer marktwirtschaftlichen Demokratie nicht existieren können.


Nachtrag: Im Grunde genommen kann sie nur in einer Demokratie existieren, denn in einem autoritären Staat folgen die Medien der Politik mit dem Ziel der Propaganda. Die ist aber nie selbstreferentiell, sonder immer totalitär, also allumfassend.

Gruß PEtz

Free speech is so last century. (Brendan O'Neill)

Frank2000 Offline




Beiträge: 3.430

04.08.2015 12:00
#8 RE: Meckerecke: Die PRD Antworten

Zitat von Nola im Beitrag #4

So lange, wie Politik so am Bürger vorbei regiert, so dermaßen den Bürger mißachtend oder besser Volkes Wille mißachtet und unwiderrufbare Tatsachen schafft, ...



Trotzdem -so verlockend die These des selbstreferentiellen politisch-medialen Komplexes (SPMK) auch ist: etwas stört mich daran. Nämlich meine Wahrnehmung, dass Deutschland eine funktionierende Demokratie und Marktwirtschaft ist. Ein SPMK sollte in einer marktwirtschaftlichen Demokratie nicht existieren können. Ihre These, Nola, setzt voraus, dass beides (Markwtirtschaft und Demokratie) in Deutschland an entscheidenden Stellen nicht mehr funktioniert.

Und das schreibe ich auch noch mal Meister Petz ins Stammbuch: einfach behaupten genügt nicht. Ich habe oft genug betont, wie sehr mich die derzeitige Situation beunruhigt (sonst hätte ich wohl kaum die AfD mitgegründet). Aber es fehlt mir immer noch ein Argument, wie der SPMK mit Marktwirtschaft und Demokratie zusammenpasst.

- In einer Marktwirtschaft sollten sich (zumindest auch) Medien durchsetzen, die vom Konsumenten gewünscht sind. Ein "Neues Deutschland" und ein "schwarzer Kanal" funktionieren nur über Subvention. Das kann man gerade mal über die GEZ sagen - aber SPON, FAZ, Zeit usw müssen sich marktwirtschaftlich beweisen.
- In einer Demokratie sollten sich (zumindest auch) Parteien durchsetzen, die dem Wählerwillen entsprechen. Aber CDU, SPD, Grüne und Linke haben inzwischen einen Deckungsgrad bei wichtigen Themen erreicht, der schon fast an eine Einheitspartei erinnert. Klimawandel+Energiepolitik, EU-Politik, Einwanderung+Flüchtlinge, Genderpolitik+Familienpolitik, Umverteilung+Steuerrecht... und die genannten Parteien decken locker 80% der Wähler ab. Bleiben nur die Nicht-Wähler als vermeintlich "ignoriertes Volk"... und selbst wenn die Nicht-Wähler ALLE entschiedene Gegner des regierenden Parteienkartells wären (was ich entschieden nicht glaube), so wären die Nicht-Wähler doch nur... ääh, wieviel? 10% aller Wahlberechtigten. Wo ist da das "von der Politik betrogene Volk"?

Da schließt sich auch der Bogen zu Peegida. Pegida hat ja ebenfalls einen politisch-medialen Komplex behauptet; der Unterschied ist nur:
- Pegida behauptet, der PMK sei Ergebnis einer finsteren Verschwörung zum Zwecke der Unterdrückung
- Während Sie, werter Meister Petz, es für ein durch die Umstände entstandenes, zielloses Konstrukt halten (weswegen aus dem PMK ein SPMK wird)

Gruß
Frank

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Ich bin bereit, über die Existenz von Einhörnern zu diskutieren. Aber dann verlange ich außergewöhnlich stichhaltige Beweise.

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

04.08.2015 12:35
#9 RE: Meckerecke: Die PRD Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #8
In einer Demokratie sollten sich (zumindest auch) Parteien durchsetzen, die dem Wählerwillen entsprechen. Aber CDU, SPD, Grüne und Linke haben inzwischen einen Deckungsgrad bei wichtigen Themen erreicht, der schon fast an eine Einheitspartei erinnert. Klimawandel+Energiepolitik, EU-Politik, Einwanderung+Flüchtlinge, Genderpolitik+Familienpolitik, Umverteilung+Steuerrecht... und die genannten Parteien decken locker 80% der Wähler ab. Bleiben nur die Nicht-Wähler als vermeintlich "ignoriertes Volk"... und selbst wenn die Nicht-Wähler ALLE entschiedene Gegner des regierenden Parteienkartells wären (was ich entschieden nicht glaube), so wären die Nicht-Wähler doch nur... ääh, wieviel? 10% aller Wahlberechtigten. Wo ist da das "von der Politik betrogene Volk"?

Zu einem gewissen Teil (dessen Größe zu schätzen ich nicht wage) werden das Leute sein, die eine der genannten Parteien gewählt haben und sich dann betrogen fühlen, wenn diese dann nicht tut, was sie sich erhofft hatten. Beispielsweise werden viele CDU-Wähler diese wegen der Assoziation CDU = konservativ gewählt haben, ohne die Eigenart des Merkelschen Konservatismus zu berücksichtigen. Vielleicht haben sie auch bewußt Merkel gewählt, weil sie so eine tolle Frau ist und im Gegensatz zu Konkurrenten so viel Ruhe und Kompetenz ausstrahlt. Wenn dann das politische Dahintreiben und die Rettung durch Vertragsbruch losgeht, dann wundern sie sich und fühlen sich betrogen.

Außerdem, nicht jeder, der eine Partei wählt, stimmt 100%ig ihrem Programm zu, sondern hofft vielleicht nur in einem bestimmten Programmpunkt wunschgemäß vertreten zu werden. Wenn sich dann nachher herausstellt, daß dieser Programmpunkt nachrangig gegenüber anderen oder sogar ganz der vermeintlichen Notwendigkeit des Augenblicks geopfert wird, gibt es auch wieder eine Enttäuschung.

Deshalb ist die Rechnung, daß die aufgezählten Parteien 80% der Wähler "abdecken" (auch so ein Wort mit mannigfachen Assoziationen...), zwar in Bezug auf die Stimmenauszählung nicht verkehrt, von der politischen Substanz her aber etwas kurz geschlossen.

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

04.08.2015 13:24
#10 RE: Meckerecke: Die PRD Antworten

In meinen Augen hat Meister Petz eine der pointiertesten Feststellungen getroffen, welche ich seit langem gelesen habe. Eine die das ganze Schlamassel beschreibt, in dem wir stecken:

Zitat von Meister Petz
Allen dreien ist gemeinsam, dass sie die öffentliche Reaktion als wichtiger einschätzen als politisch-rechtsstaatliche Entscheidungen und Verfahren.

Hier liegt der Hase meines Erachtens im Pfeffer.

Es ist müsig darüber zu diskutieren, ob Parteien gegen das Volk regieren oder ob Politiker selbstrefentiell sind.

Ersteren Umstand halte ich für insofern gewagt als Aussage, als dass unsere Poltiker durchaus noch mit über 50% Wahlbeteiligung gewählt werden. Das finde ich persönlich zwar gräuslich, aber damit muß ich in einer Demokratie eben leben, weil persönliches Befinden kein objektives Maß ist.

Letzterer Umstand sollte kein Drama sein, weil Selbstüberschätzung (und damit Selbstreferenzierung) bei allen Gruppierungen von Menschen äußerst weit verbreitet ist.

Dass das (augenscheinlich immer wesentlicher werdende) Maß, welches an eine Bundeskanzlerin, an einen Minister angelegt wird, nicht Rechtsstaalichkeit sondern Willkür bzw. persönliches Empfinden ist, ist in meinen Augen aber eine sehr bedenkliche Entwicklung. Die Ersetzung von Rechtsstaatlichkeit durch Willkür und persönliche Befindlichkeit ist ein Schritt Richtung Totalitarismus.

Das ist das Problem und nicht etwa, dass im Moment in wesentlichen gesellschaftspolitischen Fragen eine Regierungsarbeit gemacht wird, von der ich persönlich überhaupt nichts halte. - Höflich formuliert, wie es mir meine Erziehung vorschreibt.

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Nola Offline



Beiträge: 1.719

04.08.2015 13:25
#11 RE: Meckerecke: Die PRD Antworten

Zitat
Was ist denn Volkes Wille, liebe Nola? Allein die Vorstellung, dass es so einen gäbe, stößt mir schon sauer auf (hier gewinnt der Liberale im Vermittlungsausschuss). Ich kann über meinen Willen einigermaßen Auskunft geben (Herrn Freud mal außen vor), vielleicht noch über den meiner Familie und von ein paar guten Freunden. Mit dem Rousseauschen volonté générale ist viel Schindluder getrieben worden, keine autoritäre Politik kommt ohne ihn aus. Also muss zwangsläufig jedes Netzwerk, das ihn für sich beansprucht, eine Pseudoöffentlichkeit sein. Ob die willkommen sind oder nicht, darüber kann man geteilter Meinung sein. Mich stört nur, dass sie eine Aufmerksamkeit erhalten, die ihnen nicht zusteht.



Gut gebe ich zu, Volkes Wille hört sich schon hochtrabend an, kam zustande weil ich nicht vom Deutschen oder autochthonen Bürger sprechen wollte. Aber, lieber Meister Petz, gegen eine Pseudoöffentlichkeit widerspreche ich ja gar nicht, nur das eine (Be)deutung auch durch die Politik geschaffen wurde, was diese im Umkehrschluss dann selber trifft.


Zitat

*Es tut zwar nichts zur Sache, aber ich hab auch letzte Woche auf dem Flohmarkt für ein paar Euro eine Tüte voll Sachen gekauft und abgegeben. Die vorbildliche Instrumentalisierung hat also funktioniert. Und nu?



Sie rennen damit bei mir offene Türen ein.

Ich finde man muß manche Dinge auch auseinanderhalten. Politische vernünftige Weitsicht und zuendegedacht oder eben diese situationsbedingten Schnellschüsse, wonach keiner eine zukünftig funktionierende Gesellschaft auch nur ansatzweise garantieren kann. Mit allen Höhen und Tiefen hat die unsrige Gesellschaft mit Blick auf eine gute Weiterentwicklung funktioniert. Das wird sie zukünftig nicht. Das ist auch keine Frage von Arm oder Reich, sondern eine Frage der gemeinsamen Kultur, das wird ein Volk zusammenhalten oder auseinanderbrechen lassen und ist empirisch oft nachgewiesen worden.

♥lich Nola

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Zettel im August 2008

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

04.08.2015 13:26
#12 RE: Meckerecke: Die PRD Antworten

Zitat
Und das schreibe ich auch noch mal Meister Petz ins Stammbuch: einfach behaupten genügt nicht. Ich habe oft genug betont, wie sehr mich die derzeitige Situation beunruhigt (sonst hätte ich wohl kaum die AfD mitgegründet). Aber es fehlt mir immer noch ein Argument, wie der SPMK mit Marktwirtschaft und Demokratie zusammenpasst.

- In einer Marktwirtschaft sollten sich (zumindest auch) Medien durchsetzen, die vom Konsumenten gewünscht sind. Ein "Neues Deutschland" und ein "schwarzer Kanal" funktionieren nur über Subvention. Das kann man gerade mal über die GEZ sagen - aber SPON, FAZ, Zeit usw müssen sich marktwirtschaftlich beweisen.


Vielleicht passt der Begriff des Komplexes nicht so gut, weil er an den militärisch-industriellen Komplex denken lässt. Was ich meine, ist gegenseitige Beeinflussung im Sinne einer Verflechtung der Aufmerksamkeitsökonomie im Bereich der sozialen Medien. Sozusagen eine Parallelöffentlichkeit neben der klassischen politischen Kommunikation. Die bestand und besteht aus Pressemitteilungen- und Anfragen sowie der Bundespressekonferenz. Eine klassische Top-down-Kommunikation (Journalist fragt, Politiker antwortet) für einen geschlossenen Kreis an Journalisten, die die Inhalte aufbereitet an ihr Publikum weitergegeben haben. Das gibt es natürlich immer noch, und es bestückt den Informationsteil der klassischen Medien. Deshalb werden sie konsumiert. Weil die Leute ja wissen wollen, was passiert ist. Zusätzlich aber kommunizieren Journalisten, Politiker und "Netzaktivisten" aller Couleur in Echtzeit miteinander über Facebook und Twitter - und das ist das neue und selbstreferentielle Element. Denn hier stehen die Inhalte im Hintergrund - die Inhalte sind in den Nachrichten. Hier geht es um persönliche Haltungen (mehr sind in 140 Zeichen auch schlecht machbar), die bekanntgegeben und auch eingefordert werden. Das mag ja noch ganz nett sein (der Politiker und der Journalist zum Anfassen und ggf. -pöbeln), aber problematisch wird es dann, wenn es Widerhall in den Informationsmedien findet. Die deutschen Medien tun sich ohnehin schwer mit der Trennung zwischen Nachricht und Kommentar, und die vermehrte Berufung auf soziale Medien als Quellen tut dem Ganzen sicher keinen Gefallen.

Ich hoffe, ich habe einigermaßen verständlich rübergebracht, worauf ich hinauswill.

Zitat
Wo ist da das "von der Politik betrogene Volk"?

´
Überall und nirgends . Dadurch, dass sich jeder, der in einer Facebook-Gruppe Pro/Contra/mirdochwurscht Flüchtlinge/Stromleitungen/TTIP/schlechtesWetter/Nazis/etc. ist, glaubt, den Volkswillen gepachtet zu haben. Das ist an sich auch nix neues, die Veranstalter einer physischen Demo behaupten auch immer 10mal so viel Teilnehmer als die Behörden, und natürlich wurde auch schon immer damit Propaganda gemacht, dazu ist es zu verlockend.

Zitat
Da schließt sich auch der Bogen zu Peegida. Pegida hat ja ebenfalls einen politisch-medialen Komplex behauptet; der Unterschied ist nur:
- Pegida behauptet, der PMK sei Ergebnis einer finsteren Verschwörung zum Zwecke der Unterdrückung
- Während Sie, werter Meister Petz, es für ein durch die Umstände entstandenes, zielloses Konstrukt halten (weswegen aus dem PMK ein SPMK wird)


Vor allem für überbewertet, unrepräsentativ und damit unbrauchbar.

Gruß Petz

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Frank2000 Offline




Beiträge: 3.430

04.08.2015 13:29
#13 RE: Meckerecke: Die PRD Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #9

...und sich dann betrogen fühlen, wenn diese dann nicht tut, was sie sich erhofft hatten.
...
Außerdem, nicht jeder, der eine Partei wählt, stimmt 100%ig ihrem Programm zu, sondern hofft vielleicht nur in einem bestimmten Programmpunkt wunschgemäß vertreten zu werden. Wenn sich dann nachher herausstellt, daß dieser Programmpunkt nachrangig gegenüber anderen oder sogar ganz der vermeintlichen Notwendigkeit des Augenblicks geopfert wird, gibt es auch wieder eine Enttäuschung.
Deshalb ist die Rechnung, daß die aufgezählten Parteien 80% der Wähler "abdecken" (auch so ein Wort mit mannigfachen Assoziationen...), zwar in Bezug auf die Stimmenauszählung nicht verkehrt, von der politischen Substanz her aber etwas kurz geschlossen.


Argument 1 ist ein Glaubenskonstrukt. Damit das Argument stimmt, muss man glauben, dass die Wähler eigentlich was anderes wollen. Man muss glauben, dass die Politiker ihre Wähler bewusst betrügen. Und man man muss glauben, dass die Wähler extreme dumm und kurzsichtig sind, so dass eine lange Kette von Enttäuschungen trotzdem nicht zu einer Änderung des Wahlverhaltens führen. Das ist ganz schön viel Glauben - klingt eher nach Kirche oder Sekte. Im Endergebnis kommt man dann zu Menschen wie Petry, Gazland, von Storch und die ganze versammelte "Neue Rechte" die genau das glaubt und hofft, man könne das deutsche Volk "erwecken".

Argument 2 ist intrinsischer Bestandteil der Demokratie: Politische Willensbildung durch Kompromisse und Priorisierung. Dieser Mechanismus mag ja Kollateralschäden erzeugen - aber kenne Sie eine bessere Regierungsform? Und berücksichtigen Sie dabei bitte auch, dass selbst ein "Wohlwollender Diktator" die real existierenden Konflikte auf Grund konkurrierender Forderungen nicht einfach wegzaubern kann.

Im Grunde zeigt die Diskussion um den SPMK (selbstreferentiellen politisch-medialen Komplex) bzw. den VPMK (verschwörerischen politisch-medialen Komplex) nur eins: wir haben in Deutschland ein Glaubwürdigkeitsproblem, weil uns direkte demokratische Elemente fehlen. Ein Volksentscheid auf Bundesebene (und wären auch noch so hohe Hürden daran geknüpft) würde diese ganze Diskusion auf einen Schlag beenden.

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Frank2000 Offline




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04.08.2015 13:34
#14 RE: Meckerecke: Die PRD Antworten

Zitat von Meister Petz im Beitrag #12

Vielleicht passt der Begriff des Komplexes nicht so gut, weil er an den militärisch-industriellen Komplex denken lässt.


Genau deswegen habe ich die Begriffe SPMK und VPMK benutzt.

Im übrigen drehen wir uns im Kreis. Noch niemand hier konnte erklären, wie all diese schlimmen Entwicklungen mit der freien Willensentscheidung a) an der Kasse und b) an der Wahlurne zusammenpassen.

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Meister Petz Offline




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04.08.2015 13:41
#15 RE: Meckerecke: Die PRD Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #14
Zitat von Meister Petz im Beitrag #12

Vielleicht passt der Begriff des Komplexes nicht so gut, weil er an den militärisch-industriellen Komplex denken lässt.


Genau deswegen habe ich die Begriffe SPMK und VPMK benutzt.

Im übrigen drehen wir uns im Kreis. Noch niemand hier konnte erklären, wie all diese schlimmen Entwicklungen mit der freien Willensentscheidung a) an der Kasse und b) an der Wahlurne zusammenpassen.

Die freie Willensentscheidung ist ja nicht ausgehebelt. Aber wenn ich z.B. die freie Entscheidung treffen will, Herrn Brüderle zu wählen, und das nicht kann, weil seine Partei ihn aufgrund eines lächerlichen Shitstorms fallen lässt, dann ist das schon eine Entwicklung. Vielleicht keine schlimme, aber zumindest eine, die mir unsympathisch ist.

Gruß Petz

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Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.547

04.08.2015 14:08
#16 RE: Meckerecke: Die PRD Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #14
Noch niemand hier konnte erklären, wie all diese schlimmen Entwicklungen mit der freien Willensentscheidung a) an der Kasse und b) an der Wahlurne zusammenpassen.


Das sind Teilsysteme, die sich (pace Luhmann) nicht tangieren. Allerhöchstens in dem indirekten Brüderle-Sinn. Die Zwitscherbeckleckerung ist ja Schall & Rauch, Nachfolger, wenn auch potenzierter, der Sonntagsumfrage. Was wichtig ist, sind die Dynamiken, die hier in Gang gesetzt werden. Und da ist die Frage, ob das durch solche Neumodischen Torheiten angeschoben, überhaupt beeinflusst oder nur schlicht abgebildet wird. Zum Bleistift die Frage, ob die vollständige Linksvergrünung der C*DU ein Merkelsches Vermächtnis darstellt oder ob das auch völlig unabhängig erfolgt wäre, weil sich das Soziotop, das bedient wird & aus dem sie sich rekrutiert, entsprechend gewandelt hat. Ob Angie also Zünglein an der Waage ist oder der Zeitgeist zu Pferde bei der Großen Transformation aller gesellschaftlichen Teilbereiche in ein Muttiarchat.



Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire

Nola Offline



Beiträge: 1.719

04.08.2015 14:16
#17 RE: Meckerecke: Die PRD Antworten

Zitat
Ihre These, Nola, setzt voraus, dass beides (Markwtirtschaft und Demokratie) in Deutschland an entscheidenden Stellen nicht mehr funktioniert.



Stimmt!

(Markwtirtschaft und Demokratie) Unterliegen nicht beide dem EU-Konstrukt vor nationaler Rechtsprechung?

♥lich Nola

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Zettel im August 2008

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.547

04.08.2015 14:34
#18 RE: Meckerecke: Die PRD Antworten

Zitat von Nola im Beitrag #17
(Markwtirtschaft und Demokratie) Unterliegen nicht beide dem EU-Konstrukt vor nationaler Rechtsprechung?


De jure wird das im öffentlichen Diskurs dauernd über diese Bande gespielt; de facto ist das nur mit der Brechstange zu haben. Keine EUropäische oder anderweitig nationale Instanz kann FPÖ oder Syriza reingrätschen; griechische Referenden bleiben deren Sache. Der Österreichboykott oder die Kontinentalsperre gegen Schwyzer Minarettophobie sind die dickste Bertha im exekutiven Arsenal. Id Ökonomie wird das über Regeln wie das Bananenverbot oder Protektionismus gehandelt; die Knete zum Auffüllen der Großen Topfs muss aber in den nationalen Märkten über Angebot & Nachfrage geschöpft werden, sonst ist man ein Fall für den Rettungsschirm.



Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

04.08.2015 14:52
#19 RE: Meckerecke: Die PRD Antworten

Zitat
Im Grunde zeigt die Diskussion um den SPMK (selbstreferentiellen politisch-medialen Komplex) bzw. den VPMK (verschwörerischen politisch-medialen Komplex) nur eins: wir haben in Deutschland ein Glaubwürdigkeitsproblem, weil uns direkte demokratische Elemente fehlen. Ein Volksentscheid auf Bundesebene (und wären auch noch so hohe Hürden daran geknüpft) würde diese ganze Diskusion auf einen Schlag beenden.


Zumindest würde dann ersichtlich sein, wo die tatsächlichen Mehrheiten liegen. Hier in Bayern haben wir ja lange Erfahrung mit Bürgerentscheiden auf kommunaler und Landesebene. Und die Ergebnisse sagen nicht nur über die Präferenzen innerhalb der interessierten Teilmenge der Bevölkerung aus, sondern auch, wie groß die überhaupt ist.

Ich halte Volksabstimmungen schon für sinnvoll, aber nicht für ein Allheilmittel - vor allem nicht bei Themen mit einer klar abgegrenzten Betroffenheit.

Gruß Petz

Free speech is so last century. (Brendan O'Neill)

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

04.08.2015 15:25
#20 RE: Meckerecke: Die PRD Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #16
Zitat von Frank2000 im Beitrag #14
Noch niemand hier konnte erklären, wie all diese schlimmen Entwicklungen mit der freien Willensentscheidung a) an der Kasse und b) an der Wahlurne zusammenpassen.


Das sind Teilsysteme, die sich (pace Luhmann) nicht tangieren. Allerhöchstens in dem indirekten Brüderle-Sinn. Die Zwitscherbeckleckerung ist ja Schall & Rauch, Nachfolger, wenn auch potenzierter, der Sonntagsumfrage. Was wichtig ist, sind die Dynamiken, die hier in Gang gesetzt werden. Und da ist die Frage, ob das durch solche Neumodischen Torheiten angeschoben, überhaupt beeinflusst oder nur schlicht abgebildet wird. Zum Bleistift die Frage, ob die vollständige Linksvergrünung der C*DU ein Merkelsches Vermächtnis darstellt oder ob das auch völlig unabhängig erfolgt wäre, weil sich das Soziotop, das bedient wird & aus dem sie sich rekrutiert, entsprechend gewandelt hat. Ob Angie also Zünglein an der Waage ist oder der Zeitgeist zu Pferde bei der Großen Transformation aller gesellschaftlichen Teilbereiche in ein Muttiarchat.

Ich denke, positive Rückkopplung trifft es am besten (mehr habe ich auch nicht behauptet - Frank versteht mich hier viel umfassender). Es gibt - gesamtgesellschaftlich - einen Trend zur Emotionalisierung politischer Entscheidungen. Das bringt die Postmoderne mit sich, die nicht mehr an die Vernunft in der Welt glaubt (wenn Napoleon oder auch nur Frau Merkel heute durch Jena galoppieren würde, würde man allenfalls das Ross als ausgebeutetes Mitgeschöpf betrachten). Dazu das alte Erbe der Angst um das deutsche Ansehen im Ausland, das auch auf die Minderheiten im Inneren ausgeweitet wird.

Dazu passen Twitter und Facebook einfach wie Gesäß auf Putzwasserbehälter, denn sie charakterisiert sich unmittelbar, emotional und zustimmungsheischend. Es ist das dem Zeitgeist angemessene Medium. Um so mehr, als, wie auch im Artikel erwähnt, dieses Politikverständnis mitsamt seinen medialen Ausdrucksformen unabhängig von den Inhalten auch vom selbsternannten Widerstand geteilt wird, wenn man ein paar Vorzeichen ändert.

Gruß Petz

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Meister Petz Offline




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04.08.2015 15:58
#21 RE: Meckerecke: Die PRD Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #18
Zitat von Nola im Beitrag #17
(Markwtirtschaft und Demokratie) Unterliegen nicht beide dem EU-Konstrukt vor nationaler Rechtsprechung?


De jure wird das im öffentlichen Diskurs dauernd über diese Bande gespielt; de facto ist das nur mit der Brechstange zu haben. Keine EUropäische oder anderweitig nationale Instanz kann FPÖ oder Syriza reingrätschen

Noch besser passt Ungarn - da sind im Grunde genommen viele Pegida- und Rest-AfD-Forderungen umgesetzt:
- Verfassungsbezug auf "Vaterland, Christentum, Familie, Treue, Glaube, Liebe und Nationalstolz"
- Verfassungsrechtliche Festschreibung der Ehe zwischen Mann und Frau
- Geplanter Grenzzaun zu Serbien und strammer Anti-Flüchtlings-Kurs
- Kein Euro-Beitritt
- Kontrolle der "Lügenpresse"
- Annäherung an Putin

Und was passiert ihnen? Nix...

Gruß Petz

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Meister Petz Offline




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04.08.2015 16:48
#22 RE: Meckerecke: Die PRD Antworten

Zitat von Nola im Beitrag #11
Ich finde man muß manche Dinge auch auseinanderhalten. Politische vernünftige Weitsicht und zuendegedacht oder eben diese situationsbedingten Schnellschüsse, wonach keiner eine zukünftig funktionierende Gesellschaft auch nur ansatzweise garantieren kann. Mit allen Höhen und Tiefen hat die unsrige Gesellschaft mit Blick auf eine gute Weiterentwicklung funktioniert. Das wird sie zukünftig nicht. Das ist auch keine Frage von Arm oder Reich, sondern eine Frage der gemeinsamen Kultur, das wird ein Volk zusammenhalten oder auseinanderbrechen lassen und ist empirisch oft nachgewiesen worden.

Ohne jetzt wieder in eine Leitkulturdebatte zu verfallen, nur ein Punkt: Im Nachhinein kann man immer leicht sagen, dass die Gesellschaft ein Potenzial zur Entwicklung hatte, wenn sie auch gut dasteht. Aber wenn man bedenkt, wie viele politische Entscheidungen "gegen Volkes Willen" dazu nötig waren (ich nehme als Beispiel nur den NATO-Doppelbeschluss und die Hartz-Reformen), relativiert sich das ganze wieder.

Gruß Petz

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Ulrich Elkmann Offline




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04.08.2015 17:59
#23 RE: Meckerecke: Die PRD Antworten

Zitat von Nola im Beitrag #4
"politisches Treiben" = sich treiben lassen, statt zukunftsorientiert agieren nur noch reagieren, das ist meine Wahrnehmung.


Franz Josef Strauß, 7.10.1986:

Zitat
"Wenn diese Bundesrepublik Deutschland einen fundamentalen Richtungswandel in Richtung rot-grün vollziehen würde, dann wäre unsere Arbeit der letzten vierzig Jahre umsonst gewesen.

"Dann wäre das Schicksal der Lebenden ungewiss. Und die kommenden Generationen: ihr Leben würde auf dem Spiele stehen. Das ist es, was wir unseren Wählern sagen müssen. Und das geht weit über die kleinlichen Mäkeleien hinaus; in der Steuerpolitik, in der Finanzpolitik, in der Umweltschutzpolitik, und in welchen politischen Bereichen auch immer.

Wir stehen doch vor der Entscheidung: Bleiben wir auf dem Boden trockener, spröder, notfalls langweiliger bürgerlicher Vernunft und ihrer Tugenden? Oder steigen wir in das bunt geschmückte Narrenschiff Utopia ein, in dem dann ein Grüner und zwei Rote die Rolle der Faschingskommandanten übernehmen würden?"



https://www.youtube.com/watch?v=MhMk8NzwI5g



Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire

Nola Offline



Beiträge: 1.719

04.08.2015 18:26
#24 RE: Meckerecke: Die PRD Antworten

Zitat von Meister Petz im Beitrag #22
Zitat von Nola im Beitrag #11
Ich finde man muß manche Dinge auch auseinanderhalten. Politische vernünftige Weitsicht und zuendegedacht oder eben diese situationsbedingten Schnellschüsse, wonach keiner eine zukünftig funktionierende Gesellschaft auch nur ansatzweise garantieren kann. Mit allen Höhen und Tiefen hat die unsrige Gesellschaft mit Blick auf eine gute Weiterentwicklung funktioniert. Das wird sie zukünftig nicht. Das ist auch keine Frage von Arm oder Reich, sondern eine Frage der gemeinsamen Kultur, das wird ein Volk zusammenhalten oder auseinanderbrechen lassen und ist empirisch oft nachgewiesen worden.

Ohne jetzt wieder in eine Leitkulturdebatte zu verfallen, nur ein Punkt: Im Nachhinein kann man immer leicht sagen, dass die Gesellschaft ein Potenzial zur Entwicklung hatte, wenn sie auch gut dasteht. Aber wenn man bedenkt, wie viele politische Entscheidungen "gegen Volkes Willen" dazu nötig waren (ich nehme als Beispiel nur den NATO-Doppelbeschluss und die Hartz-Reformen), relativiert sich das ganze wieder.

Gruß Petz


... "relativiert sich das ganze wieder"

Jein. Nur Formal. Tatsächlich ist fast alles über eine Durststrecke von ein paar Jahren wieder hinzubiegen und ein paar Nachteile lassen sich wieder korrigieren. Auch finanzielle Einbußen aus welchen Gründen auch immer und wenn auch unter Murren, es läßt sich immer noch aushalten.

Was sich nicht aushalten, aussitzen, negieren und ausblenden läßt, dass ist unsere persönliche Unfreiheit auf unseren Straßen. Es ist die Angst um körperliche Unversehrtheit und das stetig wachsend. Wir wissen alle, wenns dumm läuft, kommt ein Mitglied unserer Familien heute abend nicht nach Hause. Seit vielen Jahren schreiben und lesen wir darüber, ohne das auch nur irgendein politisches Konzept zur Lösung verholfen hätte.

♥lich Nola

---------------------------

Status quo, nicht wahr, ist der lateinische Ausdruck für den Schlamassel, in dem wir stecken.
Zettel im August 2008

Florian Offline



Beiträge: 3.179

04.08.2015 18:28
#25 RE: Meckerecke: Die PRD Antworten

Zitat von Meister Petz im Beitrag #22
Im Nachhinein kann man immer leicht sagen, dass die Gesellschaft ein Potenzial zur Entwicklung hatte, wenn sie auch gut dasteht. Aber wenn man bedenkt, wie viele politische Entscheidungen "gegen Volkes Willen" dazu nötig waren (ich nehme als Beispiel nur den NATO-Doppelbeschluss und die Hartz-Reformen), relativiert sich das ganze wieder.

Gruß Petz


Waren denn diese Entscheidungen wirklich "gegen Volkes Willen"?

Richtig: Gegen beide Beschlüsse gab es deutlichen, lautstarken Widerstand.
Aber nur weil dieser Widerstand laut und vernehmbar war, muss es sich hier nicht um eine Mehrheit des Volkes gehandelt haben.

Zum Beispiel führte der Nato-Doppelbeschluss zur größten Demonstration der deutschen Geschichte.
Aber bei der Bundestagswahl 1983 (bei der dies DAS zentrale Thema war) hatten jene Parteien, die den Nato-Doppelbeschluss verteidigten, eine klare Mehrheit.
Dass hier "gegen das Volk" entschieden wurde, kann man also nicht sagen.
Höchstens "gegen einen sehr lautstarken Teil des Volkes".

Ähnlich auch bei den Hartz-Gesetzen:
Richtig, es gab dagegen lautstarken Protest. Eine klare Mehrheit gegen diese Gesetze gab es aber m.E. nicht.
Immerhin ist bei der anschließenden Bundestagswahl 2005 die Bundesregierung nach rechts gerutscht. Und 2009 dann noch weiter nach rechts.
Bei einer Mehrheit in der Bevölkerung gegen diese Gesetze hätte das genau anders sein müssen.

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