Zitat von R.A. im Beitrag #211989 war keine Revolution im französischen Sinne, mit Straßenkämpfen und Hinrichtungen. Aber es war eine für Deutschland erstaunlich breit angelegte Protestbewegung.
Ja, und im Vergleich zu anderen Ländern in Mitteleuropa eine ziemlich späte. Es wird immer gerne behauptet, diese Protestbewegung habe das DDR-Regime zu Fall gebracht. Ich behaupte hingegen: Das war schon am Fallen. Sein Ende war durch zwei Faktoren besiegelt: Erstens durch die Weigerung der UdSSR, in das Geschehen ordnend einzugreifen. Und zweitens durch die hiermit ausgelöste Bereitschaft anderer Staaten mit gemeinsamer Grenze zur DDR, ihre eigenen Westgrenzen durchlässig zu machen. Die Mauer, die nötig geworden wäre, um die sich so ergebenden Fluchtbewegungen zu stoppen, hätte die Ressourcen der DDR überfordert...
Und folgerichtig fiel die Mauer dann nicht durch einen revolutionären Ansturm, sondern in Folge einer öffentlich verlesenen, unvollständigen Notiz, aufgrund derer sich gesetzestreue Bürger derart in Massen auf den Weg machten, dass sie im Grunde unfreiwillig faktische Macht ausüben konnten.
Zitat von R.A. im Beitrag #21Was aber wesentlich auch daran liegt, daß die herrschende Klasse es trotz aller Parolen vorher es bisher noch jedesmal geschafft hat, in letzter Sekunde die Kurve zu kratzen und Mißstände abzustellen, wenn sie zu krass werden.
Das ist wohl war, aber ob das rheinische "es hätt noch immer jott jejange" hier anwendbar ist, darf man bezweifeln. Deutschland ist politisch stark nach links gerutscht, an der Spitze die politisch-mediale Klasse, und das linke Ideal steht den erforderlichen Maßnahmen massiv im Wege. Wer sich als erster bewegt, kriegt den Shitstorm und die Empörung der Klebers und Slomkas dieser Welt mit voller Wucht ab.
-- Bevor ich mit den Wölfen heule, werd‘ ich lieber harzig, warzig grau, verwandele ich mich in eine Eule oder vielleicht in eine graue Sau. (Reinhard Mey)
Zitat von R.A. im Beitrag #21Aber die Änderung wird kommen, während noch vorne als Nebelschleier die große Völkerfreundschaft zelebriert wird.
Hoffen wirs. Aber wenn ich mir die anderen neuralgischen Felder anschaue - eben Eurorettung & Energiewende - scheint es mir durchaus möglich, daß wir es hier mit einer sklerotierten Telekratie zu tun haben, die vollkommen resistent gegen die Faktenlage & die Aussichten für die Zukunft nur noch das Weiter-so kennt. Die Parallelisierung mit 89 bezog sich auf den Modus operandi: das Sich-Verweigern der Leute gegenüber den Zumutungen der Politik - und welcher Tropfen wohl das Faß zum Überlaufen bringen dürfte. Auch hier wären die Forderungen ja absolut "systemkonform": die Anwendung geltenden Rechts & die Verantwortung gegenüber den Staatsbürgern, nicht Jedem-Anderen-Außer-Ihnen.
Zitat Und sobald der größte Teil des Zustroms abgewürgt ist, wird das Thema "Flüchtlinge" wieder in der medialen Versenkung verschwinden.
Kaum. Hier sind Dynamiken in Gang gesetzt worden, die über Jahrzehnte fortwirken. Man wird das Problem dann vielleicht nicht mehr im eigenen Vorgarten haben, aber ohne Festung Europa wird es nicht gehen. Und die, die hier sind, werden nicht weniger & über Nacht integriert. Das bleibt uns mindestens so erhalten wie den USA die Hispanics.
Ich bin auch sehr pessimistisch. Das einzige, was mich nicht ganz verzweifeln läßt, ist zu sehen, daß auch andere ähnlich oder gleich denken wie ich. Also muß ich doch noch nicht an meinem Verstand zweifeln - was ich beim Blick in die Zeitungen schon öfter getan habe.
Zitat von Emulgator im Beitrag #20Was die Schaffung von Anlaufstellen für Migrationswillige in ihren Herkunftsländern betrifft, ist Schröders Idee ja nicht neu.
Das, lieber Emulgator, hat Schröder - in der WELT jedenfalls - eigentlich nicht angesprochen. Er paraphrasiert, sozusagen, das Thema Einwanderung so:
Zitat von Altbundeskanzler Schröder in der WeltRund die Hälfte der Betriebe kann Ausbildungsstellen nicht besetzen, insbesondere viele kleine und mittlere Unternehmen. Nach neusten Schätzungen des Zentralverbands des Deutschen Handwerks fehlen 27.000 Lehrlinge. Warum rekrutieren wir diesen Bedarf nicht auch in den Ländern des westlichen Balkan?
und schlägt dann von Deutschland initiierte Ausbildungsstätten daselbst vor. Ich hab das dann - 'n bissl polemisch - gleich (beispielhaft) nach Jordanien (in das dortige Flüchtlingselend) erweitert, denn warum soll das Modell nicht gleich für die ganze Welt gut sein?
"Bedarf rekrutieren" klingt jedenfalls nett. Ob die Länder bei Nichtgefallen die Ware wieder zurücknehmen müssen, wird auch noch zu klären sein.
Schröder ist halt der typische Davos Man (in sozialdemokratischer Version). Territoriale, nationale, kulturelle, religiöse Verbundenheiten, gar Unvereinbarkeiten? Alter Plunder - weg damit. Auch liberalerseits geht die Denke natürlich häufig in diese nassforsche Richtung : Man sollte indessen vorsichtig sein, die Welt ist kein Schachbrett. Und die knackige These Schröders, die "Einwanderung in die Sozialsysteme" entgegen der Normalsprech auf die Einnahmeseite zu fokussieren, ist technisch ja nicht falsch - wenn man mal den ganzen kulturellen Kleinkram ganz im Sinne des Davos Man beiseite schiebt.
Zitat von R.A. im Beitrag #24Und von den Problem-Flüchtlingen wird man in einigen Jahren fast nichts lesen ...
Genau da war eins meiner portativen Vaterländer vor 50 Jahren. Genau das hatten sich nämlich Präsident Lyndon B. Johnson & Co. gedacht, als sie die Great Society auf Kiel gelegt haben. (Bei der Fixierung auf die Bürgerrechtsbewegung geht das ja immer unter; auch drüben.)
Zitat von R.A. im Beitrag #21Die momentane Situation ist eigentlich ein Déja vu. Das hatten wir alles in ähnlicher Form schon mal 1992. Da wurden die Probleme mit den rasant ansteigenden Flüchtlingszahlen auch erst einmal lange Zeit tabuisiert und nicht reagiert. Aber dann kam der Punkt, wo sehr plötzlich und sehr radikal (und in manchen Punkten wenig durchdacht) umgesteuert wurde und die Parteien das Asylrecht ganz wesentlich verändert haben. In einer Form, die vorher lange als GG-widrig erklärt wurde.
Genauso wird es diesmal auch laufen. Im Gegensatz zu zentralistischen Staaten wie Frankreich sind unsere Bundespolitiker stärker an ihre Parteifreunde angebunden, die in Länder und Kommunen Verantwortung tragen (und die dort massiv mit den Problemen konfrontiert werden). Ich gehe davon aus, daß hinter den Kulissen schon heftig daran gearbeitet wird, einen neuen Asylkompromiss zu finden. Wobei das taktische Problem darin besteht, daß die GroKo keine eigene Mehrheit im Bundesrat hat und daher mindestens die Tolerierung des Projekts durch die Grünen braucht. Aber die Änderung wird kommen, während noch vorne als Nebelschleier die große Völkerfreundschaft zelebriert wird.
Und sobald der größte Teil des Zustroms abgewürgt ist, wird das Thema "Flüchtlinge" wieder in der medialen Versenkung verschwinden.
Ich weiß nicht, wie sie darauf kommen, die damalige Situation mit der von heute zu vergleichen. Das Deutschland von 1992 hatte noch Außengrenzen, die auch kontrolliert wurden. Die Entscheidung über das Thema Asyl war eine rein innerdeutsche Entscheidung, es gab nicht wie heute Staaten wie Italien oder Polen, die bei diesem Thema ohne jede Rücksicht gegen deutsche Interessen agieren. Es gab generell weitaus mehr staatliche Souveränität als heute. Ein de Maiziére hat doch vor einigen Wochen selbst zugegeben, dass das deutsche Asylrecht derart durch deutsche und vor allem internationale Gerichtsentscheidungen durchlöchert worden ist, dass von Souveränität keine Rede mehr sein kann. Die Zusammensetzung der (Wahl-) Bevölkerung hat sich seitdem radikal verändert, nicht zuletzt durch die Reform des Staatsbürgerschaftsrechts. Warum posiert der stark übergewichtige Vertreter einer 25 %-Partei (die zufällig unter den hiesigen Türken regelmäßig eine absolute Mehrheit einfährt) denn dauernd als Retter aller Flüchtlinge, und in welche Richtung schielt er dabei? Jeder ernsthafte Asylkompromiss heute würde die Zahl der als Flüchtlinge nach Deutschland kommenden Muslime deutlich reduzieren (müssen). Schon in der ersten Sekunde, in der ein derartiger Kompromiss verkündet würde, käme der Aufschrei von wegen "Islamophobie". Welcher relevante Bundespolitiker hätte heute überhaupt die Eier, ein derartiges mediales Dauerfeuer über Wochen zu ertragen? Zum guten Ende - die Grünen haben damals (zum Glück) keine Rolle bei der Entwicklung des Asylkompromisses gespielt. Wenn man sich die "Kompromisse" rund um die Erklärung einige Balkan-Staaten als sichere Herkunftsländer ansieht, dann konnte von Kompromiss kaum die Rede sein. Diverse grüne Extremforderungen sind seitdem in Gesetzestexte gegossen worden.
Ich würde Ihren Optimismus gerne teilen, aber ich sehe dazu in der aktuellen Situation keinen Anlass.
Zitat von notquite im Beitrag #30der stark übergewichtige Vertreter
Was zur Argumentation wie beiträgt?
-- Bevor ich mit den Wölfen heule, werd‘ ich lieber harzig, warzig grau, verwandele ich mich in eine Eule oder vielleicht in eine graue Sau. (Reinhard Mey)
Zitat von notquite im Beitrag #30der stark übergewichtige Vertreter
Was zur Argumentation wie beiträgt?
In keinster Weise natürlich. Wobei es natürlich schon eine Groteske ist, wenn ein Mensch mit derartiger Physis von Anderen Mäßigung, die Hintanstellung eigener Interessen und die Bereitschaft zu weiteren Opern fordert (und sich selbst, vergleichbar Herrn Strauss Mitte der 60er, in den 5 Minuten, in denen er sein Dasein ohne die Pfründe aus politischen Ämtern fristen musste, mit fürstlich dotierten Verträgen aus dem Hause VW versorgen ließ). Da wäre der Typus Lucke, von mir aus auch von der Leyen (aus andern Gründen ähnlich widerwärtig wie Gabriel, aber geschenkt ...) doch deutlich glaubwürdiger. Der Gedanke kam mir übrigens heute, als ich beim Öffnen meines Freemail-Accounts vom ebenfalls der Bulimie nicht verdächtigen "Z-Promi" ("Selbstironie") Kalkofe angeraunt wurde, es sei doch weniger schlimm, ein Gutmensch zu sein als ein A.......
Zitat von notquite im Beitrag #30der stark übergewichtige Vertreter
Was zur Argumentation wie beiträgt?
Das ist hier wohl nicht als epitheton ornans gemeint, sondern dient im Hinblick darauf, daß die anderen Vertreter der 25%-Partei allenfalls normal übergewichtig sind, der Identifikation des Betreffenden. Nehme ich an.
Zitat von Meister Petz im Beitrag #35Aber beim "stark übergewichtigen" Raucher (!) Erhard ist keiner draufgekommen, das "Maßhalten" gegen ihn und seine Figur zu wenden.
Cäsar: Laßt dicke Männer um mich sein, / Mit glatten Köpfen, und die nachts gut schlafen. / Der Cassius dort hat einen hohlen Blick; / Er denkt zuviel: die Leute sind gefährlich. (Julius Caesar, 2. Akt, 3. Scene) Diese Gefährdung dürfte bei Herrn G. ausgeschlossen sein.
Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire
Zitat von notquite im Beitrag #32Wobei es natürlich schon eine Groteske ist, wenn ein Mensch mit derartiger Physis von Anderen Mäßigung, die Hintanstellung eigener Interessen und die Bereitschaft zu weiteren Opern fordert
Nur, weil die eigenen Interessen vielleicht anderen Zielen dienen als die der Mehrheit? Die "Mäßigung" ist ja nicht im Menschen an sich angelegt, sondern nur individuell interpretierbar. Dicke müssen nicht immer besonders viel fressen oder saufen (auch wenn es - individuell gesehen - jeweils "zu viel" ist), insofern kann man aus Schlankheit nicht viel in Richtung Authenzität ableiten.
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-- Bevor ich mit den Wölfen heule, werd‘ ich lieber harzig, warzig grau, verwandele ich mich in eine Eule oder vielleicht in eine graue Sau. (Reinhard Mey)
Zitat von Fluminist im Beitrag #34 Die Prediger/Politiker, die so aussehen, als ob sie ihre asketischen Forderungen am eigenen Leibe umsetzen, sind die gefährlichsten.
Das ist der wahre Hintergrund des Cäsar zugeschriebenen Zitats.
-- Bevor ich mit den Wölfen heule, werd‘ ich lieber harzig, warzig grau, verwandele ich mich in eine Eule oder vielleicht in eine graue Sau. (Reinhard Mey)
"Maßhalten" bedeutet in Bayern ja auch etwas anderes.
Nein, so eine Verwechslung passiert nur Norddeutschen mit Sprachfehler, die die Mass falsch mit langem a aussprechen.
"Das Maß" (auch in Bayern mit langem "a" und deshalb auch nach neuer Rechtschreibung mit "ß") ist nämlich etwas anderes als "Die Mass" (mit kurzem "a").
Nein, so eine Verwechslung passiert nur Norddeutschen mit Sprachfehler, die die Mass falsch mit langem a aussprechen.
"Das Maß" (auch in Bayern mit langem "a" und deshalb auch nach neuer Rechtschreibung mit "ß") ist nämlich etwas anderes als "Die Mass" (mit kurzem "a").
Nach der alten Rechtschreibung wäre auch ein Unterschied zwischen Maß halten und maßhalten gewesen. In der neuen Rechtschreibung hat leider die Betonung deutscher Worte nichts mehr mit dem Schriftbild zu tun. Lese ich "zurzeit" denke ich, ich müsse "zUrrzeit" lesen und nicht "zur Zeit". Inzwischen gibt es auch schon das Geständnis von einem damals verantwortlichen Politiker, daß der Staat sich mit der Rechtschreibreform damals vergriffen hat.
Zitat von Emulgator im Beitrag #43Inzwischen gibt es auch schon das Geständnis von einem damals verantwortlichen Politiker, daß der Staat sich mit der Rechtschreibreform damals vergriffen hat.
Die lassen sich seit 15 Jahren auffinden, in besinnlichen Interviews über all ihre Jugendstreiche... Die alte Ottografie hatte ja ihre Fallstricke - Rad fahren / eislaufen - aber die waren überschaubar & überforderten alle gleichermaßen, inklusive jener Schulfüxe, die scheints der Kohabitation von Lehrer Lämpel & Frau Mahlzahn entsprungen sind. Zudem rechtfertigten sie den ausgestorbenen Berufsstand der Lektoren. Historiker werden die Rechte Schreibreform als ersten Testlauf für die Neue Reformitis erkennen, die a) völlig überflüssig ist, b) gegen jeden Expertenrat durchgeführt wird, c) eine ~1000% Verschlimmerung des Bisherigen darstellt, d) chaotisch & kopflos geplant wie implementiert wird, e) trotz flächendeckender Einsicht in diese kleinen Schönheitsfehler uneinkassierbar ist. Alles, was nachkam, einschließlich € & Energiewende, folgt diesem Muster.
Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire
Zitat Das Deutschland von 1992 hatte noch Außengrenzen, die auch kontrolliert wurden.
Das war völlig irrelevant. Die Flüchtlinge sind damals ja trotzdem in Riesenscharen gekommen - und abgestellt wurde das dann nicht an den Grenzen, sondern durch andere Behandlung der Anträge im Landesinneren.
Zitat Die Entscheidung über das Thema Asyl war eine rein innerdeutsche Entscheidung ...
Das ist es auch heute noch. Die übrigen EU-Staaten handhaben das ja auch anders.
Zitat ... es gab nicht wie heute Staaten wie Italien oder Polen, die bei diesem Thema ohne jede Rücksicht gegen deutsche Interessen agieren.
Was haben denn Polen oder Italien damit zu tun, daß wir so viele Flüchtlinge aufnehmen wollen? Die haben doch unsere Gesetze nicht gemacht.
Zitat Es gab generell weitaus mehr staatliche Souveränität als heute. Ein de Maiziére hat doch vor einigen Wochen selbst zugegeben, dass das deutsche Asylrecht derart durch deutsche und vor allem internationale Gerichtsentscheidungen durchlöchert worden ist, dass von Souveränität keine Rede mehr sein kann.
Ich weiß nicht, was de Maizière da in welchem Kontext gesagt hat. Aber in diesem Kontext können alle wesentlichen Punkte souverän von uns selber entschieden werden. Genau wie das auch die anderen EU-Staaten dürfen und machen - und deswegen nehmen die meisten viel weniger Flüchtlinge pro Kopf auf als wir.
Zitat Die Zusammensetzung der (Wahl-) Bevölkerung hat sich seitdem radikal verändert ...
Das ist nebensächlich. Die Wahlergebnisse sind nicht wesentlich anders als damals. Die damaligen Asylkompromißparteien haben auch heute noch die klare Mehrheit - sie müssen sie nur nutzen wollen.
Ein taktisches Problem gibt es nur, wie von mir schon dargestellt, im Bundesrat. Denn die Grünen waren und sind natürlich für unbeschränkte Einwanderung. Aber die aktuelle Bundesratszusammensetzung hat nichts mit veränderter Wahlbevölkerung zu tun, sondern damit, daß die Grünen wg. Fukushima in den Ländern mehr Einfluß haben als normal und sich umgekehrt das bürgerliche Lager durch die FDP-Krise und das AfD-Intermezzo geschwächt hat. Das wird sich ohnehin in einigen Jahren normalisieren. Nur die Asyllösung braucht man natürlich schon vorher.
Zitat Welcher relevante Bundespolitiker hätte heute überhaupt die Eier, ein derartiges mediales Dauerfeuer über Wochen zu ertragen?
In dem Moment, in dem die Bundespolitik umschwenkt, werden die Medien das auch tun. Gutmenschentum zu propagieren ist eine Sache, aber sich grundlegend von den eigenen Kunden zu isolieren die andere.
Zitat von Emulgator im Beitrag #43Inzwischen gibt es auch schon das Geständnis von einem damals verantwortlichen Politiker, daß der Staat sich mit der Rechtschreibreform damals vergriffen hat.
Zitat Die lassen sich seit 15 Jahren auffinden, in besinnlichen Interviews über all ihre Jugendstreiche... Die alte Ottografie hatte ja ihre Fallstricke - Rad fahren / eislaufen - aber die waren überschaubar & überforderten alle gleichermaßen, inklusive jener Schulfüxe, die scheints der Kohabitation von Lehrer Lämpel & Frau Mahlzahn entsprungen sind. Zudem rechtfertigten sie den ausgestorbenen Berufsstand der Lektoren.
Kleiner Widerspruch: Ich bin nicht ausgestorben, sondern sitze halbwegs lebendig (wegen der Hitze) vor der Tastatur. Der Widerstand gegen die Schlechtschreibreform war durchaus nicht gering, aber ... Da haben Sie recht:
Zitat Zitat:Historiker werden die Rechte Schreibreform als ersten Testlauf für die Neue Reformitis erkennen, die a) völlig überflüssig ist, b) gegen jeden Expertenrat durchgeführt wird, c) eine ~1000% Verschlimmerung des Bisherigen darstellt, d) chaotisch & kopflos geplant wie implementiert wird, e) trotz flächendeckender Einsicht in diese kleinen Schönheitsfehler uneinkassierbar ist. Alles, was nachkam, einschließlich € & Energiewende, folgt diesem Muster.
Zettel hat übrigens undeformiert geschrieben, was mich - zusätzlich zu den Inhalten - positiv angesprochen hat.
Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #44Die alte Ottografie hatte ja ihre Fallstricke - Rad fahren / eislaufen - aber die waren überschaubar & überforderten alle gleichermaßen,
Das stimmt nicht. Es ist doch ganz einfach: Fahren kann transitiv benutzt werden: Ich fahre ein Auto. Rad ist deswegen syntaktisch Objekt. Aber man sagt nicht, ich laufe das Eis. Laufen ist intransitiv. Die dummen Schüler lernen mit viel Aufwand Grammatik, vergessen hinterher alles, und müssen hinterher Wort für Wort die Orthographie neu lernen, anstatt alles aus den Regeln abzuleiten.
Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #44Historiker werden die Rechte Schreibreform als ersten Testlauf für die Neue Reformitis erkennen, die a) völlig überflüssig ist, b) gegen jeden Expertenrat durchgeführt wird, c) eine ~1000% Verschlimmerung des Bisherigen darstellt, d) chaotisch & kopflos geplant wie implementiert wird, e) trotz flächendeckender Einsicht in diese kleinen Schönheitsfehler uneinkassierbar ist. Alles, was nachkam, einschließlich € & Energiewende, folgt diesem Muster.
Mit der obigen Beobachtung würde ich noch hinzufügen: f) Die Reformeritis zeigt eine hartnäckige Unfähigkeit, Regeln zu erkennen und mit ihnen adäquat umzugehen. Die alte Orthographie hatte nämlich konsequente Regeln und daher gerade keine Schwachstellen. Man mußte nichts extra lernen. Außer Thron und Kaiser, aber das hatte damals seinen wilhelminischen Grund. Die abweichende Orthographie von Fremdwörtern muß man sowieso lernen, will man nicht wie die Isländer alle Fremdworte aus dem Wortschatz verbannen und dafür den Aufwand beim Erlernen von Fremdsprachen erhöhen. Die verheerende Unfähigkeit mit Regeln umzugehen, sehen wir bei der Eurorettung und jetzt bei der Asylfrage. Es sind alles nur ad hoc-Maßnahmen, weil Einzelfälle nicht gefallen. Die entstandene unberechenbare Regellosigkeit wird gar nicht als Problem erkannt, bis es zu spät ist. Jetzt kritisiert nämlich Österreich völlig korrekt, daß Deutschland nicht pauschal hätte sagen dürfen, für Syrer grundsätzlich keine Prüfungen der Verfolgung mehr durchzuführen. Art. 10 des Dubliner Übereinkommens verpflichtete Deutschland zur Prüfung.
Zitat von alteseuropa im Beitrag #46Zettel hat übrigens undeformiert geschrieben, was mich - zusätzlich zu den Inhalten - positiv angesprochen hat.
Das geht mir ähnlich. Am Rechner pflege ich auch nur das Wörterbuch für die alte Rechtschreibung. Und ich habe auch nicht einen Salzstreuer für die Kommasetzung, sondern benutze die Syntax der Sätze, die ich selber komponiere.
Zitat von Emulgator im Beitrag #43Inzwischen gibt es auch schon das Geständnis von einem damals verantwortlichen Politiker, daß der Staat sich mit der Rechtschreibreform damals vergriffen hat.
Die lassen sich seit 15 Jahren auffinden, in besinnlichen Interviews über all ihre Jugendstreiche...
Das eigentlich Schlimme bei der Rechtschreibreform sind m.E. gar nicht die Details (was wird groß geschrieben, was klein, was zusammen, was getrennt, etc.).
Sondern dass sich überhaupt der Staat angemaßt hat, die Sprache zu regulieren.
Damit hat er ganz eindeutig seine Kompetenzen überschritten. Sprache wurde bis dahin nicht vom Staat diktiert, sondern entstand aus der Mitte der Gesellschaft. Und auch der Duden war nicht Vorkämpfer für Änderungen - sondern er hat die langsame Evolution der Sprache lediglich dokumentiert.
Mit diesem staatlichen Eingriff wurde ein ganz gefährlicher Präzedenzfall geschaffen, der uns noch schlimm auf die Füße fallen wird.
Zum Beispiel bei der "Gender-Politik": Wären es nur ein paar verwirrte Studenten, die nun statt "Professor" lieber "Profx" schreiben (und sprechen) möchten, dann könnte uns das ja ganz kalt lassen: lassen wir ihnen halt ihren Spass. Wir und unsere Kinder könnten das getrost ignorieren.
Aber wir haben dem Staat nun einmal zugestanden, dass er die Sprache regulieren darf. Das Neusprech-Wörterbuch wurde zur staatlichen Aufgabe erklärt. Und diesen mächtigen Hebel werden unsere Gesellschafts-Klempner nun in ihrem Sinne nutzen. Sie dürfen uns nun also vorschreiben, dass "Professor" nicht mehr erlaubt ist.
Zitat von Emulgator im Beitrag #47 Es ist doch ganz einfach: Fahren kann transitiv benutzt werden: Ich fahre ein Auto. Rad ist deswegen syntaktisch Objekt. Aber man sagt nicht, ich laufe das Eis. Laufen ist intransitiv. Die dummen Schüler lernen mit viel Aufwand Grammatik, vergessen hinterher alles, und müssen hinterher Wort für Wort die Orthographie neu lernen, anstatt alles aus den Regeln abzuleiten.
Das war's, was mir im Hinterkopf mungelte:
Zitat von Dieter E. Zimmer, Die ZEIT, Nr. 45/1989Denn unsere Einstellung zur Orthographie ist zwiespältig. Wir mögen sie nicht. In der Schule hat man uns bis zum Überdruß und dennoch mit nur zweifelhaftem Erfolg damit gezwiebelt. Der „Rechtschreib-Duden“ ist für viele von uns ein eher unangenehmes Buch, das nach unerforschlichen Ratschlüssen, die wir auch gar nicht durchschauen wollen, Schreibungen verordnet, welche häufig wie bare Willkür anmuten. Daß man infolgedessen zusammenschreiben muß, statt dessen jedoch getrennt; in bezug auf klein, mit Bezug auf aber groß; er steht kopf, aber er steht Schlange; irgendwas, aber irgend etwas; Reflexion mit x (trotz reflektieren), Annexion ebenfalls (trotz annektieren), aber dann, trotz selektieren, Selektion mit kt – das alles mag irgendwelche spitzfindigen Gründe haben, wir wollen sie aber nicht auch noch kennen müssen; Vorschriften dieser Art wirkten doch weiter so, als seien sie von sadistischen Schulmeistern ausgedacht. Bei allen sechzehn Umfragen, die zwischen 1955 und 1982 in dieser Sache veranstaltet wurden, fanden sich denn auch Mehrheiten, die eine Vereinfachung der geltenden Rechtschreibung wünschten. ... Finden Sie die Fehler? Die folgenden Sätze enthalten 75 Rechtschreibfehler (mehrere Fehler in einem Wort zählen als einer). Ob jemand sie ohne Blick in den Duden alle findet? 1. Irgendjemand fletzte sich auf dem Divan neben dem Büffett, ein Anderer räckelte sich rhytmisch auf der Matraze, ein Dritter plantschte im Becken. 2. Man stand schlange und Kopf, lief Ski und Eis, sprach Englisch, und wer Diät gelebt und Haus gehalten hatte, hielt jetzt Hof. 3. Auf gut Deutsch heißt das, die lybische Firma hat pleitegemacht, aber die selbstständigen Mitarbeiter konnten ihre Schäfchen ins Trockene bringen. 4. Alles Mögliche deutet daraufhin, daß sich etwas ähnliches widerholen wird, obwohl alles Erdenkliche getan wurde, etwas derartiges zu verhindern und alles zu anulieren. 5. In einem nahegelegenen Haus fand sich das nächst gelegene Telefohn, im Portemonaie der nummerierte Bong. 6. Im Zenith ihres Rums wagten sie die Prophezeihung, man werde trotz minutiöser Prüfung weiter im Dunkeln tappen und aufs beste hoffen, und in soweit werde alles beim Alten bleiben. 7. Auch wer aufs ganze geht und überschwänglich sein bestes tut, tut manchmal Unrecht, hält es aber gern für rechtens. 8. Er war stattdessen bemüht, den zugrunde liegenden Konflikt — also den Konflikt, der ihrem Dissenz zugrundeliegt und allen Angst macht — zu entscherfen, und infolge dessen kam er mit allen ins Reine. 9. Wie kein Zweiter hat sich der Diskutand dafür starkgemacht, auch die weniger brillianten Reflektionen der Coryphähen ernstzunehmen. 10. Daß es nottut, alles wieder instandzusetzen, darf ein Einzelner nicht infrage stellen.Worttrennungen: Exa-men; Ex-otik; Hek-tar; ig-noriert; Lan-dau-er; Li-no-le-um; Psy-chi-a-ter; Psych-olo-ge; pä-da-go-gisch; pä-do-phil; Pä-de-rast; Sow-jet; Sy-no-nym.
Diesen Text haben wir einige Male diktiert. Das Experiment ging aus wie erwartet. Niemand konnte ihn fehlerfrei schreiben. Jene Versuchskaninchen, die nicht von Berufs wegen mit Texten umgehen, machten im Durchschnitt 44 Fehler; Deutschlehrer 39; und Korrektoren auch noch 16. (Als der Autor, der diese Sätze zusammengebaut hatte und mit ihren Tücken also vertraut ist, sich den Text nach einigen Wochen diktieren ließ, machte er selber auch wieder 11.) Je professioneller. die Schreiber, um so weniger Fehler machten sie bei den Wortschreibungen — Wörter prägen sich ein, und dann beherrscht man ihr Schriftbild. Im Bereich der Getrennt- und Zusammenschreibung und der Groß- und Kleinschreibung aber, diesen beiden Hauptproblemzonen der deutschen Orthographie, müssen auch Profis vor der Willkür kapitulieren.
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