Die fehlende Solidarität, die Absenz eines Gruppengeistes...es könnte damit zuammenhängen, daß es in Hannover im Rahmen einer reinen Bombendrohung geblieben ist. Damit kann DE, der Westen Europas, der Westen überhaupt, umgehen, ohne den üblichen Modus zu verlassen. Und die Erfahrung aus Dutzenden von vorherigen Malen ist halt, daß auf eine Warnung nie eine Explosion, nicht einmal ein Bombenfund erfolgt ist. Dazu kommt die Überlegung, daß Terroristen, denen es ernst ist, ihre Aktionen ja nicht anzukündigen pflegen. Vielleicht würde es bei Eintreten der Katastrophe anders. Obschon: ich erinnere mich an das Bahnunglück in Eschede, im Sommer 1998, als ein ich meine 13-jähriges Mädchen in irgendeiner der Talkshows entgeistert berichtete, wie Leute, die ohne Blessuren davongekommen waren, einfach aus dem Zug davonspazierten, ohne den Versuch zu machen, zu helfen. (Da mag natürlich Schock eine Rolle gespielt haben; trotzdem....)
Zudem bezeichnend, daß das auch aus der Ferne, in den sozialen Medien, zumeist als Farce, nicht als ernsthaftes Zeichen für welchen-auch-immer Zustand gesehen worden ist. Das Ganze sei eine bewußte Fehlmeldung, um Frau Merkel die Schmach von zwei Stunden Ausgepfiffensein im Angesicht der Nation zu ersparen... Der eigentliche Kampfeinsatz gegen den Terror war ja aber die für 90 Minuten vor dem Match angekündigte Lichterkette. Hat das überhaupt stattgefunden, oder ist auch das unter "Ankündigungsmodus" zu verbuchen?
Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire
Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #2Zudem bezeichnend, daß das auch aus der Ferne, in den sozialen Medien, zumeist als Farce, nicht als ernsthaftes Zeichen für welchen-auch-immer Zustand gesehen worden ist. Das Ganze sei eine bewußte Fehlmeldung, um Frau Merkel die Schmach von zwei Stunden Ausgepfiffensein im Angesicht der Nation zu ersparen... Der eigentliche Kampfeinsatz gegen den Terror war ja aber die für 90 Minuten vor dem Match angekündigte Lichterkette. Hat das überhaupt stattgefunden, oder ist auch das unter "Ankündigungsmodus" zu verbuchen?
Die Lichterketten wurden gerade gebildet, als die Nachricht von der Absage verbreitet wurde. Auch ich habe es so wahrgenommen, dass die meisten vor allem über die Absage empört waren, keineswegs jedenfalls darüber, dass das Spiel überhaupt angesetzt und dann in der typischen Weise zu einem Zeichen für irgendwas aufgeblasen wurde. Inzwischen scheint sich aber zumindest in den Medien die angemessene Position durchgesetzt zu haben, dass die Absage angesichts der sehr konkreten Bedrohung zwingend war. Abzuwarten bleibt, ob da ein Zusammenhang besteht: http://www.focus.de/politik/deutschland/...id_5095893.html Die Polizei dementiert, der Focus bleibt bei seiner Darstellung. Auch das hier ist wohl noch nicht endgültig ausgeräumt: http://www.kreiszeitung.de/lokales/niede...it-5877273.html
------ "Kurz, womit konnte die Disharmonie einer so schwachen, unruhigen, sich selbst widersprechenden Regierung als mit Barbarei und dem Tode aller vernünftigen, nützlichen Literatur endigen? Hier war kein Griechenland, kein Rom mehr; Europa war ein dunkles Getümmel ziehender Barbaren." (J.G.v.H.)
es fällt mir in der Tat schwer die geschilderte Situation nachzuempfinden, in der der es eine abstrakte Gefahr gab, nicht einen Bombenhagel, der auf die Menschen (Im 2. WK dann wohl Frauen, Kinder, alte Leute) niederprasselte. Ihre Schilderung des zwischenmenschlichen Verhaltens wird eigentlich nur konkret, wo es um das Trösten Ängstlicher geht (wie macht man das bei Erwachsenen, die wissen, dass man selbst auch nicht mehr weiß als sie?).
Zitat Deshalb findet auch nur eine Debatte darüber statt, was Merkel tut oder was Kleber sagt. Egal ob die Bombe hochgeht oder nicht, wichtig ist doch nur, welchem Politiker und Journalisten man die Schuld zuschieben kann. Oder noch schlimmer, wem sie politisch nützt oder schadet. Das ist der heutige Konsens - von ganz links bis ganz rechts.
Ich interpretiere solche Debatten als den Versuch der Besorgteren, die sich unbekümmert gebenden Verantwortlichen zu einem Umdenken zu bringen, mit entsprechender Rhetorik, propagandistischen und sonstigen ihnen zur Verfügung stehenden friedlichen Mitteln. Mit einem Terroranschlag verschieben sich natürlich die Gewichte. Ich war kürzlich in einem Waffengeschäft und habe mich mit den Eignern unterhalten. Pfeffersprays sind tatsächlich zur Zeit extrem gefragt, am selben Morgen waren auch bereits 6 Pistolen mit Pfefferpatronen an ältere in Einfamilienhäusern lebende Frauen verkauft worden. Wie es scheint, sind die Menschen in dem ihnen zur Verfügung stehenden Rahmen durchaus abwehrbereit.
Zitat Ich habe mich vorgestern abend nicht von Frau Merkel und nicht vom ZDF im Stich gelassen gefühlt. Ein bisschen mehr Zusammenhalt in der Gruppe hätte mir deutlich mehr Zuversicht verschafft als irgendeine politische Äußerung oder Handlung. Aber dazu sind wir wohl nicht einmal bedingt bereit.
Ich fühle mich von Merkel politisch schon lange im Stich gelassen. Und eine Gruppe konnte mir noch nie meine individuelle Einschätzung nehmen.
es fällt mir in der Tat schwer die geschilderte Situation nachzuempfinden, in der der es eine abstrakte Gefahr gab, nicht einen Bombenhagel, der auf die Menschen (Im 2. WK dann wohl Frauen, Kinder, alte Leute) niederprasselte. Ihre Schilderung des zwischenmenschlichen Verhaltens wird eigentlich nur konkret, wo es um das Trösten Ängstlicher geht (wie macht man das bei Erwachsenen, die wissen, dass man selbst auch nicht mehr weiß als sie?).
Ja, das habe ich mir gedacht. Allein schon die Situation war komisch, weil es ja weder eine abstrakte noch eine konkrete Bedrohung war, sondern irgendwas dazwischen.
Zitat von Martin im Beitrag #4Und eine Gruppe konnte mir noch nie meine individuelle Einschätzung nehmen.
Es ging mir nicht um eine Einschätzung, sondern um das Gefühl, das ich bekommen habe, wie die Menschen in einem tatsächlichen Fall reagieren würden. Ich fand z. B. den geordneten, marseillaissesingenden Auszug der Franzosen aus dem Stadion sehr beeindruckend. Was passiert in Deutschland? Da muss erst mal die politische Korrektheit des verwendeten Liedguts sichergestellt werden.
Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #2Die fehlende Solidarität, die Absenz eines Gruppengeistes...es könnte damit zuammenhängen, daß es in Hannover im Rahmen einer reinen Bombendrohung geblieben ist. Damit kann DE, der Westen Europas, der Westen überhaupt, umgehen, ohne den üblichen Modus zu verlassen. Und die Erfahrung aus Dutzenden von vorherigen Malen ist halt, daß auf eine Warnung nie eine Explosion, nicht einmal ein Bombenfund erfolgt ist. Dazu kommt die Überlegung, daß Terroristen, denen es ernst ist, ihre Aktionen ja nicht anzukündigen pflegen.
Aber es war ja nicht der normale Modus (so reagierten eher die Holländer unter uns). Vor der Absage hat die Gruppe ja munter interagiert, gemeinsam gegessen und ein paar Bier getrunken. Diese "Vereinzelung", wie ich es mangels einer besseren Beschreibung nennen möchte, trat ja erst in dem Moment ein, wo die Drohung bekannt wurde.
Zitat Zudem bezeichnend, daß das auch aus der Ferne, in den sozialen Medien, zumeist als Farce, nicht als ernsthaftes Zeichen für welchen-auch-immer Zustand gesehen worden ist. Das Ganze sei eine bewußte Fehlmeldung, um Frau Merkel die Schmach von zwei Stunden Ausgepfiffensein im Angesicht der Nation zu ersparen...
Hm, wobei ich das eher in die von mir hochgeschätzte (NICHT!) Kategorie "deutscher Humor(-versuch)" einsortieren würde...
Zitat von Meister Petz im Beitrag #5 Was passiert in Deutschland? Da muss erst mal die politische Korrektheit des verwendeten Liedguts sichergestellt werden.
Gruß Petz
Ja, wir werden von Jahrzehnt zu Jahrzehnt verkrampfter, giftiger und feiger. Wir diskutieren Gemeinschaftsgefühl in Grund und Boden, das scheint nachhaltig zu prägen. Wir hatten gerade hier im lokalen Gemeinderat und daran angeknüpft in Leserbriefen eine von grünem Reinigungspersonal rechthaberisch bis hysterisch geführte Diskussion über politisch inkorrekte Straßennamen, die man ändern müsse. Konsequenterweise hätte die Diskussion auch mal die Namen der lokalen Moscheen aufgreifen sollen, das wagt aber wohl niemand.
Zitat von Meister Petz im Beitrag #6Diese "Vereinzelung", wie ich es mangels einer besseren Beschreibung nennen möchte, trat ja erst in dem Moment ein, wo die Drohung bekannt wurde.
Könnte es sein, daß es sich hier weniger um eine spezifische unsoziale Reaktion auf die Bedrohung handelt als vielmehr um einen Fall des allgemein zu beobachtenden Phänomens, daß die subjektive Realität vieler Einzelpersonen nur noch zum Teil aus ihrer Umgebung, weitgehend aber aus ihrem per Smartphone vernetzten Sozialleben und Informationsquell besteht? Auf der Straße, aber mittlerweile oft auch in Tafelrunden begegnet man Leuten, die ihren Mitmenschen nur einen winzigen Bruchteil ihrer Aufmerksamkeit schenken, ansonsten aber völlig in die Kommunikation mit ihrer Twitterfamilie oder einen virtuellen Informationsstrom versunken sind. Entsprechend ist die Reaktion, wenn etwas Unvorhergesehenes, vielleicht Verwirrendes passiert. Früher hätte man, fern von anderen Kommunikationsmöglichkeiten, die Leute der unmittelbaren Umgebung um Information gefragt und ggf. einen Handlungsplan ausgeheckt; heute ist für viele die instinktive Reaktion, erstmal einen Tweet oder eine Email an die Familie abzusetzen und dann per Internet herauszufinden, was vor sich geht und welche Handlungsalternativen bestehen.
Die Bewußtseinserweiterung durch die vernetzte, z.T. virtuelle Realität geht mit einem gewissen Verlust der unmittelbaren Wirklichkeit und des Notgemeinschaftsgefühls mit den zufällig nächststehenden Personen einher. Interessant wäre es zu sehen, was passiert, wenn in der Notlage auch das Mobilfunknetz ausfällt.
Eine interessante Beobachtung. Meine Vermutung wäre: Das Bedrohungsgefühl ist (noch?) nicht wirklich da, deswegen gibt es auch kein Gemeinsamkeitsgefühl etc. zur solidarischen Abwehr.
Hat wohl auch etwas damit zu tun, daß die Deutschen es nicht so mit Zwischentönen haben. Entweder ist Schwarz oder es ist Weiß. Und man hält möglichst lange an einem Zustand fest - um dann irgendwann komplett umzuschalten. Erst Grenzen möglichst komplett dicht, dann Grenzen völlig offen. Bloß keinen Zwischenstatus, das ist ja kompliziert und da gibt es keine eindeutigen moralischen Positionen.
Entsprechend wird man auch möglichst lange daran festhalten, daß alles friedlich und in Ordnung ist. Ein paar Sicherheitsmaßnahmen (aber dafür ist ja der Staat zuständig), aber ansonsten nichts ändern. Aber wenn dann auf Abwehrmodus umgeschaltet wird, dann wirst Du wahrscheinlich feststellen, daß alle Deine Kollegen zu 150% dabei sind. Dann gibt es auch keine Abwägungen mehr, dann wird alles auf Abwehr und Sicherheit (oder auch Angriff) orientiert.
Auch hier wieder der historische Hinweis: So waren wir schon immer.
Mal als Beispiel die "Réunions"-Politik Frankreichs unter Ludwigs XIV. Der hat sich über Jahre hinweg Stück für Stück deutsche Territorien unter fadenscheinigsten Vorwänden unter den Nagel gerissen. Und der Reichstag hat sich lange Zeit geweigert, das überhaupt als Problem zur Kenntnis zu nehmen. Da wurde erstaunliches Verständnis für selbst abstruse französische Rechtskonstruktionen aufgebracht, nur um nicht erkennen zu müssen, daß ein Konflikt vorlag (erinnert sehr an die Islamisten-Versteher ...). Die übrigen europäischen Staaten haben mit großen Erstaunen zugeschaut - die hätten längst den Krieg erklärt.
Aber als dann wirklich der Krieg begann, drehte sich die Stimmung in kürzester Zeit. Insbesondere die süddeutschen Reichsstände (also vor allem Städte und Kleinterritorien!) mobilisierten und finanzierten enorme militärische Ressourcen, und trugen damit wesentlich zu Ludwigs Niederlagen bei. Und als die Deutschen dann in den Verteidigungsmodus umgeschaltet hatten, blieben sie auch konsequent. Als im Frieden von Rijswijk ein Kompromiß ausgehandelt wurde, bei dem Frankreich auf die meisten Eroberungen verzichten und auch andere Zugeständnisse machen mußte, war das dem deutschen Reichstag nicht genug. Seine Forderung war komplette Rückgabe aller ehemals deutschen Gebiete. Also auch derjenigen, bei deren Wegnahme man seinerzeit noch gemütlich zugeschaut und die französischen Rechtspositionen akzeptiert hatte. Alle übrigen europäischen Staaten handelten pragmatisch und unterzeichneten den Kompromiß. Das Reich führte den Krieg alleine weiter, der Reichtstag war erst vier Wochen später zum Frieden bereit, nachdem der Kaiser (der die Lage realistisch einschätzte) massiven Druck ausgeübt und den Franzosen einige gesichtswahrende Kleinigkeiten abgehandelt hatte.
So wird es hier wohl auch laufen. Die Deutschen werden nur zögerlich beim Krieg gegen den Terror dabei sein. Und auch nur den Verbündeten zulieben, nicht weil sie das selber für wirklich notwendig und sinnvoll halten. Aber sollten sie sich selber zur Bekämpfung der Terroristen entschließen (falls es z. B. zu einem 9/11-Anschlag in Deutschland käme), dann würden sie keine Kosten und Mühen für einen maximalen Einsatz scheuen und wären die letzten, die den Einsatz beenden.
Zitat von Fluminist im Beitrag #8Früher hätte man, fern von anderen Kommunikationsmöglichkeiten, die Leute der unmittelbaren Umgebung um Information gefragt ...
Was nun genau in diesem konkreten Fall nichts hätte bringen können. Keiner im Raum hätte mehr Informationen gehabt. Da ist es durchaus rational über Internet herausbekommen zu wollen, was eigentlich Sache ist.
Wir waren an diesem Abend zu Hause. Und nachdem das Fernsehen als Informationsquelle mal wieder fast komplett unbrauchbar war, hat sich auch jedes Familienmitglied an seinen Rechner zurückgezogen um zu sehen, ob sich nicht irgendwo etwas finden läßt.
Zitat Könnte es sein, daß es sich hier weniger um eine spezifische unsoziale Reaktion auf die Bedrohung handelt als vielmehr um einen Fall des allgemein zu beobachtenden Phänomens, daß die subjektive Realität vieler Einzelpersonen nur noch zum Teil aus ihrer Umgebung, weitgehend aber aus ihrem per Smartphone vernetzten Sozialleben und Informationsquell besteht? Auf der Straße, aber mittlerweile oft auch in Tafelrunden begegnet man Leuten, die ihren Mitmenschen nur einen winzigen Bruchteil ihrer Aufmerksamkeit schenken, ansonsten aber völlig in die Kommunikation mit ihrer Twitterfamilie oder einen virtuellen Informationsstrom versunken sind. Entsprechend ist die Reaktion, wenn etwas Unvorhergesehenes, vielleicht Verwirrendes passiert. Früher hätte man, fern von anderen Kommunikationsmöglichkeiten, die Leute der unmittelbaren Umgebung um Information gefragt und ggf. einen Handlungsplan ausgeheckt; heute ist für viele die instinktive Reaktion, erstmal einen Tweet oder eine Email an die Familie abzusetzen und dann per Internet herauszufinden, was vor sich geht und welche Handlungsalternativen bestehen.
Die Bewußtseinserweiterung durch die vernetzte, z.T. virtuelle Realität geht mit einem gewissen Verlust der unmittelbaren Wirklichkeit und des Notgemeinschaftsgefühls mit den zufällig nächststehenden Personen einher. Interessant wäre es zu sehen, was passiert, wenn in der Notlage auch das Mobilfunknetz ausfällt.
Völlige Zustimmung! Ich habe sogar einen kleinen Exkurs mit einer ähnlichen Beobachtung hinsichtlich der Smartphones verfasst, dann aber wieder rausgestrichen, weil mir der Artikel ohnehin schon unzusammenhängend genug vorgekommen ist . Schön, dass Sie den Faden aufnehmen .
Offensichtlich scheine ich weniger diesem Phänomen zu unterliegen - denn obwohl der "virtuelle Informationsstrom" ZR schon eine wichtige Bedeutung in meinem Leben hat, habe ich nicht daran gedacht, einen "Liveticker" einzustellen. Eigentlich hatte ich mir vorher nur vorgenommen, ein wenig Geplauder aus der Schwalbenperspektive zu produzieren...
Zitat von R.A. im Beitrag #9Eine interessante Beobachtung. Meine Vermutung wäre: Das Bedrohungsgefühl ist (noch?) nicht wirklich da, deswegen gibt es auch kein Gemeinsamkeitsgefühl etc. zur solidarischen Abwehr.
Hat wohl auch etwas damit zu tun, daß die Deutschen es nicht so mit Zwischentönen haben. Entweder ist Schwarz oder es ist Weiß. Und man hält möglichst lange an einem Zustand fest - um dann irgendwann komplett umzuschalten. Erst Grenzen möglichst komplett dicht, dann Grenzen völlig offen. Bloß keinen Zwischenstatus, das ist ja kompliziert und da gibt es keine eindeutigen moralischen Positionen.
Entsprechend wird man auch möglichst lange daran festhalten, daß alles friedlich und in Ordnung ist. Ein paar Sicherheitsmaßnahmen (aber dafür ist ja der Staat zuständig), aber ansonsten nichts ändern. Aber wenn dann auf Abwehrmodus umgeschaltet wird, dann wirst Du wahrscheinlich feststellen, daß alle Deine Kollegen zu 150% dabei sind. Dann gibt es auch keine Abwägungen mehr, dann wird alles auf Abwehr und Sicherheit (oder auch Angriff) orientiert.
Aber wer ist "wir"? Die Politik, die Medien, die Einzelnen? Und wie sieht dieses "dabei sein" aus?
Ich kann mir gerade nicht vorstellen, wie eine saturierte Besitzstandswahrergesellschaft reagieren würde. Noch aggressiver auf Facebook posten? Nach dem starken Mann schreien? Auswandern (und sehen, wie geschlossene Grenzen sich anfühlen)? Es ist doch mittlerweile schon so, dass bei jeder Gelegenheit der abstrakte Untergang Deutschlands beplärrt wird - allerdings funktioniert der Schluss noch vom wenig wahrnehmbaren Konkreten aufs ins Groteske übertriebene Abstrakte.
Zitat von R.A. im Beitrag #9So wird es hier wohl auch laufen. Die Deutschen werden nur zögerlich beim Krieg gegen den Terror dabei sein. Und auch nur den Verbündeten zulieben, nicht weil sie das selber für wirklich notwendig und sinnvoll halten. Aber sollten sie sich selber zur Bekämpfung der Terroristen entschließen (falls es z. B. zu einem 9/11-Anschlag in Deutschland käme), dann würden sie keine Kosten und Mühen für einen maximalen Einsatz scheuen und wären die letzten, die den Einsatz beenden.
Das sehe ich noch nicht - Du unterschätzt massiv die Tatsache, dass es niemals in der deutschen Geschichte eine ganze Generation gegeben hat, die mehrheitlich Waffen lediglich als Freizeitvergnügen barbarischer Amis kennengelernt hat. Zum anderen sehe ich auch den Punkt, den Martin angesprochen hat - das fehlende Gemeinschaftsgefühl.
Zitat von Meister Petz im Beitrag #12 Zum anderen sehe ich auch den Punkt, den Martin angesprochen hat - das fehlende Gemeinschaftsgefühl.
Fehlendes Gemeinschaftsgefühl? In Deutschland??
R.A. hat schon recht: Wenn Deutschland sich in eine Richtung bewegt, dann zu 100%. Und gegenüber abweichenden Meinungen ist man überraschend intolerant. (Bzw. umgekehrt: es besteht ein großes Bedürfnis, sich der Mehrheitsmeinung anzuschließen).* Das Konsens-Bedürfnis ist extrem ausgeprägt.
Insbesondere wenn etwas als Bedrohung für die Gemeinschaft angesehen wird, wird in einen sehr kollektiven Abwehrmodus übergegangen. Und wer da nicht mitmacht, gilt sehr schnell als asozial und wird vom gesamten Kollektiv bekämpft.
Ich sehe zwar im Moment auch noch nicht, dass die deutsche Gesellschaft in einen "Anti-Terror-Modus" schalten könnte. Aber FALLS das passiert, dann wird das tausendprozentig erledigt.
* Zitat Gerhard Polt: "Bei uns ist niemand gezwungen, eine Minderheit zu sein. Ein jeder hat das Recht, sich der Mehrheit anzuschließen. Und wir brauchen auch kein Opposition, weil wir sind schon Demokraten".
Zitat Fehlendes Gemeinschaftsgefühl? In Deutschland??
R.A. hat schon recht: Wenn Deutschland sich in eine Richtung bewegt, dann zu 100%. Und gegenüber abweichenden Meinungen ist man überraschend intolerant. (Bzw. umgekehrt: es besteht ein großes Bedürfnis, sich der Mehrheitsmeinung anzuschließen).* Das Konsens-Bedürfnis ist extrem ausgeprägt.
Ich glaube, Martin und ich meinen was anderes, und zwar die Solidarität auf interpersoneller, zwischenmenschlicher Ebene in konkreten Situationen. Das Gemeinschaftsgefühl, was R.A. und Sie meinen, ist eher der Konsens bezüglich abstrakter, vor allem politischer Ideen. Da stimme ich zu. Ich glaube aber, dass das Bedürfnis auch eine umgekehrte Facette hat: zu wünschen, dass die eigene Meinung die Mehrheitsmeinung ist (inabhängig davon, ob es tatsächlich stimmt - das ist die ewige "Mainstream" vs. "Man wird ja noch mal sagen dürfen" - Leier).
Zitat Ich sehe zwar im Moment auch noch nicht, dass die deutsche Gesellschaft in einen "Anti-Terror-Modus" schalten könnte. Aber FALLS das passiert, dann wird das tausendprozentig erledigt.
Zitat von Meister Petz im Beitrag #12Aber wer ist "wir"? Die Politik, die Medien, die Einzelnen?
Die große Mehrheit, incl. Politik und Medien. Gerade letztere sind sehr schnell im Umschwenken ...
Zitat Und wie sieht dieses "dabei sein" aus?
Gute Frage. Weil Deutschland ja kaum noch über direkte Machtmittel verfügt. Aber was an Militär da ist, würde man natürlich einsetzen. Ist ein bißchen wie in der Flüchtlingskrise. Da ist die Stimmung schon ziemlich in Richtung "reicht jetzt" umgekippt (und dieselbe Mehrheit war noch vor wenigen Wochen glücklich dafür, allen armen Flüchtlingen zu helfen). Und ich bin mir sicher, eigentlich würde Merkel auch gerne umschwenken. Aber es fehlen ihr die Mittel, deswegen eiert sie so hilflos rum.
Zitat Ich kann mir gerade nicht vorstellen, wie eine saturierte Besitzstandswahrergesellschaft reagieren würde.
Massiv mehr Geld für Rüstung ausgeben und alle möglichen Denktabus streichen, die bis dato noch heilig waren.
Nur mal als Beispiel: Der polnische Außenminister hat eine sehr intelligente Idee gebracht. Man solle doch aus den syrischen Flüchtlingen (genügend junge Männer sind ja darunter) eine Armee aufstellen, um in Syrien die Fluchtursachen zu bekämpfen. Mit entsprechendem Training und Ausrüstung wäre genau damit der Bodenkampf zu gewinnen (wahrscheinlich sogar relativ leicht), den die NATO nur aus der Luft nicht gewinnen kann.
Diese Idee ist bei den wenigen deutschen Medien, die das überhaupt gebracht haben, mit Verachtung gestraft worden. Als weiterer Beweis dafür genommen, daß die neue polnische Regierung aus reaktionären Irren besteht.
Dieselbe Idee könnte jederzeit wieder als geniale Lösungsvariante gebracht werden. Nach dem Stimmungswechsel.
Zitat Du unterschätzt massiv die Tatsache, dass es niemals in der deutschen Geschichte eine ganze Generation gegeben hat, die mehrheitlich Waffen lediglich als Freizeitvergnügen barbarischer Amis kennengelernt hat.
Das halte ich für ziemlich nebensächlich. Frühere Generationen hatten zwar keine Kuschelpädagogik im Kindergarten, aber außerhalb des Armeediensts auch nie eine Waffe in der Hand. Das war und ist eine Sache für relative wenige Jäger und Sportschützen auf dem Land. Städter waren auch früher völlig unbeleckt, wenn es um moderne Feuerwaffen geht. Außerdem hat moderner Krieg sehr viel mit Logistik und Bedienung von Elektronik zu tun. Das können die jungen Leute ganz gut ...
Viel wesentlicher ist die mentale Einstellung. Und da ist Deutschland abseits der Kirchentage KEIN friedliches Land. Wir lernen nicht, nett und geduldig zu sein und Konflikte harmonisch zu lösen. Wir lernen maximal, daß die unmittelbare Gewaltanwendung der Polizei vorbehalten ist (und Demonstranten und Fußball-Hooligans lernen nicht einmal das). Ansonsten aber sind Durchsetzungsfähigkeit und Robustheit hoch angesehene Werte. Wenn man die bessere Rechts- oder Macht-Position hat, dann muß man auch keine Rücksicht nehmen. Da kann man leicht umschalten auf: "wenn man die bessere Bewaffnung hat".
Zitat Zum anderen sehe ich auch den Punkt, den Martin angesprochen hat - das fehlende Gemeinschaftsgefühl.
Das hatten die Deutschen in friedlichen Zeiten noch nie. Aber es läßt sich nicht schwer mobilisieren. Ein leichter Vorgeschmack wäre die allgemeine Reaktion auf die Versuche des pösen Auslands, "unser Fußball-Sommermärchen" oder "unsere Autoindustrie" mit ungerechten Vorwürfen zu demontieren. "Ungerecht" ist überhaupt das Stichwort. Mit gefühlter Ungerechtigkeit kann man die Deutschen viel schneller auf 180 bekommen als mit einer realen Bedrohung. Wenn die IS-Terroristen Deutsche ermorden, dann können sie (bis zu einem gewissen Maß) noch damit durchkommen. Aber sobald rauskommt, daß sie bei der Spesenabrechnung für die Fahrt zum Tatort betrogen haben ...
Zitat von Florian im Beitrag #13Bzw. umgekehrt: es besteht ein großes Bedürfnis, sich der Mehrheitsmeinung anzuschließen
Das ist m. E. der zentrale Punkt! Eine abweichende Meinung zu haben ist in anderen Ländern entweder normal oder manchmal sogar ein Grund für Stolz. In Deutschland fühlen sich die Leute damit unwohl.
Deswegen geht auch ein Teil der (auch von mir gerne geäußerten) Medienkritik eigentlich fehl. Die Medien berichten deswegen oft so uniform, weil die Leser das auch so wollen. Und weil natürlich auch die Journalisten Deutsche sind, die nicht gerne eine andere Meinung haben wollen als die übrige Redaktion.
Zitat Ich sehe zwar im Moment auch noch nicht, dass die deutsche Gesellschaft in einen "Anti-Terror-Modus" schalten könnte. Aber FALLS das passiert, dann wird das tausendprozentig erledigt.
Wir hatten den Fall schon - in der RAF-Krise. Da wurde auch in ziemlich kurzer Zeit in den "Anti-Terror-Modus" umgeschaltet. Es gab zwar in der linken Szene eine abweichende (aber untereinander sehr konforme) Meinung eher in Richtung pro RAF, aber das war insgesamt eine sehr kleine Minderheit. Bei der breiten Mehrheit ging es fast nur noch um die Frage, ob die Terroristen mit normaler Erschießung nicht zu gut wegkommen würden.
Gute Frage. Weil Deutschland ja kaum noch über direkte Machtmittel verfügt. Aber was an Militär da ist, würde man natürlich einsetzen.
So natürlich ist das gar nicht. Die Spirale von Gewalt und Gegengewalt ist glaube ich noch sehr tief in den Köpfen verankert. Ich kann mir genausogut ein Houellebecq-ähnliches Szenario vorstellen. Immerhin ist ja das (kaum diskutierte, weil nicht in die "islamophob"-Lesart passende) Hauptmotiv, den islamischen Präsidenten zu wählen, die Verhinderung einer FN-Präsidentschaft.
Zitat Ich kann mir gerade nicht vorstellen, wie eine saturierte Besitzstandswahrergesellschaft reagieren würde.
Massiv mehr Geld für Rüstung ausgeben und alle möglichen Denktabus streichen, die bis dato noch heilig waren.
Nur mal als Beispiel: Der polnische Außenminister hat eine sehr intelligente Idee gebracht. Man solle doch aus den syrischen Flüchtlingen (genügend junge Männer sind ja darunter) eine Armee aufstellen, um in Syrien die Fluchtursachen zu bekämpfen. Mit entsprechendem Training und Ausrüstung wäre genau damit der Bodenkampf zu gewinnen (wahrscheinlich sogar relativ leicht), den die NATO nur aus der Luft nicht gewinnen kann. Diese Idee ist bei den wenigen deutschen Medien, die das überhaupt gebracht haben, mit Verachtung gestraft worden. Als weiterer Beweis dafür genommen, daß die neue polnische Regierung aus reaktionären Irren besteht. Dieselbe Idee könnte jederzeit wieder als geniale Lösungsvariante gebracht werden. Nach dem Stimmungswechsel.
Massiv mehr Geld für Rüstung sehe ich nicht. Eher für Integrationskurse. Aber damit umschleichst Du den heißen Brei: Wiedereinsetzung der Wehrpflicht?
Zitat Du unterschätzt massiv die Tatsache, dass es niemals in der deutschen Geschichte eine ganze Generation gegeben hat, die mehrheitlich Waffen lediglich als Freizeitvergnügen barbarischer Amis kennengelernt hat.
Das halte ich für ziemlich nebensächlich. Frühere Generationen hatten zwar keine Kuschelpädagogik im Kindergarten, aber außerhalb des Armeediensts auch nie eine Waffe in der Hand. Das war und ist eine Sache für relative wenige Jäger und Sportschützen auf dem Land. Städter waren auch früher völlig unbeleckt, wenn es um moderne Feuerwaffen geht. Außerdem hat moderner Krieg sehr viel mit Logistik und Bedienung von Elektronik zu tun. Das können die jungen Leute ganz gut ...
Dass die Generation 2. WK genügend Erfahrung mit Waffen hat, versteht sich von selber. Aber auch davor - 1. WK: 13,25 Mio Reichswehrsoldaten. Selbst 70/71 stand eine Million Deutsche unter Waffen. Es geht aber weniger um die Anzahl, sondern vor allem um die Tabuisierung der Waffen. Und die gab es in dieser Form bis weit in die 60er Jahre nicht.
Zitat von R.A. im Beitrag #15Viel wesentlicher ist die mentale Einstellung. Und da ist Deutschland abseits der Kirchentage KEIN friedliches Land. Wir lernen nicht, nett und geduldig zu sein und Konflikte harmonisch zu lösen. Wir lernen maximal, daß die unmittelbare Gewaltanwendung der Polizei vorbehalten ist (und Demonstranten und Fußball-Hooligans lernen nicht einmal das). Ansonsten aber sind Durchsetzungsfähigkeit und Robustheit hoch angesehene Werte. Wenn man die bessere Rechts- oder Macht-Position hat, dann muß man auch keine Rücksicht nehmen. Da kann man leicht umschalten auf: "wenn man die bessere Bewaffnung hat".
Zugegeben, Deutschland ist das Land der Schreibtischtäter, und die Bürokratie ist meist effektiver als jede Doppelläufige. Aber wie reagieren die in solchen Fällen?
Zitat Zum anderen sehe ich auch den Punkt, den Martin angesprochen hat - das fehlende Gemeinschaftsgefühl.
Das hatten die Deutschen in friedlichen Zeiten noch nie. Aber es läßt sich nicht schwer mobilisieren. Ein leichter Vorgeschmack wäre die allgemeine Reaktion auf die Versuche des pösen Auslands, "unser Fußball-Sommermärchen" oder "unsere Autoindustrie" mit ungerechten Vorwürfen zu demontieren.
Und unsere Energiewende und unser Gesundheitswesen. Natürlich stimmt es, dass das deutsche Nationalgefühl ausschließlich negativ definiert ist (dazu hab ich schon mal was geschrieben, witzigerweise im Sommermärchenthread: Schwalbenperspektive (2): Sommermärchen® ). Aber wie reagiert der Deutsche, wenn sein Nachbar (der nie seine Hecke schneidet und überhaupt, wie kann sich der schon wieder ein neues Auto leisten?) Opfer eines Anschlags wird?
Zitat von R.A. im Beitrag #15"Ungerecht" ist überhaupt das Stichwort. Mit gefühlter Ungerechtigkeit kann man die Deutschen viel schneller auf 180 bekommen als mit einer realen Bedrohung. Wenn die IS-Terroristen Deutsche ermorden, dann können sie (bis zu einem gewissen Maß) noch damit durchkommen. Aber sobald rauskommt, daß sie bei der Spesenabrechnung für die Fahrt zum Tatort betrogen haben ...
Ja, und deshalb prognostiziere ich erstmal folgende Reaktion: "Es ist doch ungerecht, dass wir für die Kriege der Scheiß-Amis bezahlen müssen. Wenn wir aus der NATO austreten und uns eng an Russland anbinden, passiert uns nix. Immerhin ist der Putin ja der einzige, der was tut.".
Zum verlinkten klassischen Spiegel-Artikel "Bedingt abwehrbereit": man fragt sich, was wohl heute passieren würde, wenn in einem Artikel Aussagen wie "Den Polen fehlt es [...] an Kampfgeist." stehen würden...
Zitat von R.A. im Beitrag #16Das ist m. E. der zentrale Punkt! Eine abweichende Meinung zu haben ist in anderen Ländern entweder normal oder manchmal sogar ein Grund für Stolz. In Deutschland fühlen sich die Leute damit unwohl.
Deswegen geht auch ein Teil der (auch von mir gerne geäußerten) Medienkritik eigentlich fehl. Die Medien berichten deswegen oft so uniform, weil die Leser das auch so wollen. Und weil natürlich auch die Journalisten Deutsche sind, die nicht gerne eine andere Meinung haben wollen als die übrige Redaktion.
"Eigenwerbung" ist ja immer so eine Sache , aber genau diesem Gedanken versuchte ich ja über meine Ausführung zum Kollektiv beizukommen.
Ich stimme mit Ihnen überein lieber R.A., dass Deutschland da durchaus schnell "kippen" könnte, wenn gewisse "Trigger" angesprochen werden
Zitat von R.A. im Beitrag #16Aber sobald rauskommt, daß sie bei der Spesenabrechnung für die Fahrt zum Tatort betrogen haben ...
Oder noch schlimmer.
Das Umweltbundesamt veröffentlich eine Studie zu den Auswirkungen des Terrorismus auf das Weltklima, die einen Meeresspiegelanstig von 238.67m in den nächsten 378 Jahren vorhersagt.
"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu
Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #19Das Umweltbundesamt veröffentlich eine Studie zu den Auswirkungen des Terrorismus auf das Weltklima, die einen Meeresspiegelanstig von 238.67m in den nächsten 378 Jahren vorhersagt.
Aber so was von:
Zitat von Mark SteynParis, meanwhile, is pressing ahead with its Big Climate jet-set jamboree in order to defy the terrorists and show that, no matter what they do, they'll never stop us from obsessing about rising sea levels in the Maldives in the 22nd century. Because if we do stop obsessing about sea levels in the 22nd century, then the terrorists will have won!
Zitat von Meister Petz im Beitrag #17Die Spirale von Gewalt und Gegengewalt ist glaube ich noch sehr tief in den Köpfen verankert.
Aber nur wenn es darum geht, andere Nationen zu belehren. Daß sich die Israelis oder Amis abschlachten lassen sollen, um die Spirale zu vermeiden, das ist bei vielen im Lande noch Konsens. Aber auf die Deutschen selber bezogen ist das keine Option. Wir sind nämlich die Guten, uns anzugreifen wäre ungerecht, und Ungerechtigkeit geht überhaupt nicht.
Zitat Ich kann mir genausogut ein Houellebecq-ähnliches Szenario vorstellen.
So blöde die kitschige Naivität den Islamisten gegenüber erscheint - Grundlage ist immer die Vorstellung, daß die uns ja eigentlich nichts Böses wollen und wir daher nichts zu befürchten haben. Ein Houllebecq-Szenario setzt aber voraus, daß man sich fürchtet. Ich kann mir kein größeres europäisches Land vorstellen, daß bewußt vor dem Terrorismus einknickt, wenn man selber bedroht ist. Das ist mit unserer Mentalität kaum vereinbar.
Zitat Aber damit umschleichst Du den heißen Brei: Wiedereinsetzung der Wehrpflicht?
Das ist kein heißer Brei, sondern kalter Kaffee. Für auswärtige Politik und Bekämpfung des Terrorismus hilft keine Masse, sondern nur Qualität. Deutschland muß eine einsatzfähige und qualifizierte Berufsarmee haben, da stören Wehrpflichtige nur. Wobei ich mir mittelfristig durchaus eine reine Territorial-Miliz auf freiwilliger Basis vorstellen kann, aber das wäre eine ganz andere Baustelle, auch von der Motivation her.
Zitat Dass die Generation 2. WK genügend Erfahrung mit Waffen hat, versteht sich von selber.
Hatte sie nicht. Jedenfalls nicht vor Aufrüstung und Kriegsbeginn.
Zitat Es geht aber weniger um die Anzahl, sondern vor allem um die Tabuisierung der Waffen.
Das ist oberflächlicher Kindergartenkram. Die kleinen Jungs dürfen jetzt halt nicht mehr mit der Platzpatronenpistole Cowboy spielen. Dafür zocken sie halt Counter Strike, machen Liferollenspiele und ziehen sich Action-Filme rein. Der wehrhafte Held ist immer noch Identifikationsfigur Nummer Eins für männliche Jugendliche. Überhaupt hat die Kuschelpädagogik ihren Höhepunkt schon längst überschritten. Wenn Jugendliche im Laser Dome aufeinander schießen, gilt das inzwischen wieder als völlig normal und problemlos. So etwas sorgte vor 10-20 Jahren noch für hysterische Aufregung.
Zitat Zugegeben, Deutschland ist das Land der Schreibtischtäter, und die Bürokratie ist meist effektiver als jede Doppelläufige.
Das Zusammenspiel machts. Die deutschen Militärerfolge über die letzten Jahrhunderte beruhten nur zu einem Teil auf Tapferkeit etc., zum größeren Teil aber auf besserer Organisation.
Zitat Und unsere Energiewende und unser Gesundheitswesen.
Ja selbstverständlich. Wir waren alle von Fukushima bedroht, und haben deswegen alle nötigen Maßnahmen ohne Zögern eingeleitet, um die Gefahr zu bannen. Als AKW-Befürworter gehörte man im Frühjahr 2011 zu einer exotischen und verfemten Minderheit. In der Regel war es schlauer, sich in der Öffentlichkeit nicht zu dieser Position zu bekennen. Genauso würde es den Islam-Verstehern geben, wenn Deutschland in den Anti-Terror-Modus umgeschaltet hat.
Zitat Ja, und deshalb prognostiziere ich erstmal folgende Reaktion: "Es ist doch ungerecht, dass wir für die Kriege der Scheiß-Amis bezahlen müssen. Wenn wir aus der NATO austreten und uns eng an Russland anbinden, passiert uns nix. Immerhin ist der Putin ja der einzige, der was tut.".
Diese Reaktion sieht man ja schon, eben weil die Einsätze in Afghanistan etc. nicht als Abwehr einer Bedrohung Deutschlands, sondern nur als Unterstützung Anderer empfunden wurden. Sobald die Stimmung so wäre, daß die Bedrohung sich gegen uns richtet - dann sind die Putinisten-Argumente tot. Aber dann würde natürlich die Deutschen als ganz selbstverständlich erwarten, daß die Amis uns mit aller Kraft unterstützen.
Zitat Ich kann mir genausogut ein Houellebecq-ähnliches Szenario vorstellen.
So blöde die kitschige Naivität den Islamisten gegenüber erscheint - Grundlage ist immer die Vorstellung, daß die uns ja eigentlich nichts Böses wollen und wir daher nichts zu befürchten haben. Ein Houllebecq-Szenario setzt aber voraus, daß man sich fürchtet. Ich kann mir kein größeres europäisches Land vorstellen, daß bewußt vor dem Terrorismus einknickt, wenn man selber bedroht ist. Das ist mit unserer Mentalität kaum vereinbar.
Es setzt nur voraus, dass man die Rechten mehr fürchtet.
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Zitat Aber damit umschleichst Du den heißen Brei: Wiedereinsetzung der Wehrpflicht?
Das ist kein heißer Brei, sondern kalter Kaffee. Für auswärtige Politik und Bekämpfung des Terrorismus hilft keine Masse, sondern nur Qualität. Deutschland muß eine einsatzfähige und qualifizierte Berufsarmee haben, da stören Wehrpflichtige nur. Wobei ich mir mittelfristig durchaus eine reine Territorial-Miliz auf freiwilliger Basis vorstellen kann, aber das wäre eine ganz andere Baustelle, auch von der Motivation her.
Das kann ich mir auch vorstellen, aber nicht eine Ausweitung von Auslandseinsätzen. Die Wagenburg spiegelt die Mentalität der Deutschen post Hitlerum besser wieder.
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Zitat Dass die Generation 2. WK genügend Erfahrung mit Waffen hat, versteht sich von selber.
Hatte sie nicht. Jedenfalls nicht vor Aufrüstung und Kriegsbeginn.
Mit ca. 10 Mio Heimkehrern aus dem 1. WK?
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Zitat Es geht aber weniger um die Anzahl, sondern vor allem um die Tabuisierung der Waffen.
Das ist oberflächlicher Kindergartenkram. Die kleinen Jungs dürfen jetzt halt nicht mehr mit der Platzpatronenpistole Cowboy spielen. Dafür zocken sie halt Counter Strike, machen Liferollenspiele und ziehen sich Action-Filme rein. Der wehrhafte Held ist immer noch Identifikationsfigur Nummer Eins für männliche Jugendliche. Überhaupt hat die Kuschelpädagogik ihren Höhepunkt schon längst überschritten. Wenn Jugendliche im Laser Dome aufeinander schießen, gilt das inzwischen wieder als völlig normal und problemlos. So etwas sorgte vor 10-20 Jahren noch für hysterische Aufregung.
Weil die Unterscheidung zwischen virtuell und real sich verschoben hat. Die Kuschelpädagogik der 80er sah in Spielzeugwaffen und den beginnenden Egoshootern die Nachahmung der Realität. Der postmodern geschulte Intellektuelle von heute sieht im Krieg eine Nachahmung von Computerspielen (das sieht man vor allem in der Drohnendiskussion). Außerdem - wenn der Counterstrikeheld auf der Straße angegriffen wird, ruft er trotzdem eher nach einem Rechtsanwalt, als ein Messer zu ziehen und sich zu verteidigen.
Was die Kuschelpädagogik selber angeht - wenn sie vor 20 Jahren ihren Zenit hatte, heißt das doch nur, dass die, die von ihr geprägt wurden, jetzt in Entscheidungspositionen in Politik und Medien sind.
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Zitat Ja, und deshalb prognostiziere ich erstmal folgende Reaktion: "Es ist doch ungerecht, dass wir für die Kriege der Scheiß-Amis bezahlen müssen. Wenn wir aus der NATO austreten und uns eng an Russland anbinden, passiert uns nix. Immerhin ist der Putin ja der einzige, der was tut.".
Diese Reaktion sieht man ja schon, eben weil die Einsätze in Afghanistan etc. nicht als Abwehr einer Bedrohung Deutschlands, sondern nur als Unterstützung Anderer empfunden wurden. Sobald die Stimmung so wäre, daß die Bedrohung sich gegen uns richtet - dann sind die Putinisten-Argumente tot.
Ja, so wie die - eindeutig gegen uns gerichtete - Bedrohung durch die SS-20 dazu geführt hat, dass sich 400.000 Nato-Fans im Bonner Hofgarten versammelt und für eine beschleunigte Stationierung der Pershing 2 demonstriert haben .
Zitat von Meister Petz im Beitrag #22Der postmodern geschulte Intellektuelle von heute sieht im Krieg eine Nachahmung von Computerspielen (das sieht man vor allem in der Drohnendiskussion).
Ein Beispiel, wie in der Postmodern-Ägide die "rasende Beschleunigung" zugleich eine völlige Stillstellung des Debatte erzeugt. Zumindest die FAZ hat diese Diskussion haargenau so im Februar/März 1991 beim Einsatz der Cruise Missiles in Kuwait & der täglichen Präsentation der Zieloptik-Bilder in Schwarzkopfs täglicher PK geführt: "Und hinter 1000 Schirmen keine Welt". Die haben schon vor Schirrmacher & Dath im Baudrillard-Modus gesegelt.
Zitat 400.000 Nato-Fans im Bonner Hofgarten
Wobei als Sinnbild dieses Flashmobs die Mutti mit dem Kinderwagen geblieben ist, aus dem das Schild in die Kamera gehoben wurde: "Friede ist, wenn einem Kind beim Wort Krieg nichts mehr einfällt." Und so geschah es.
Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire
Zitat Es war nämlich keineswegs so, wie ich mir das immer vorgestellt habe und auch beispielsweise aus Erzählungen von Älteren, beispielsweise von Erlebnissen aus dem Luftschutzbunker, kenne - dass so ein Ereignis eine Gruppe zusammenschweißt. Im Gegenteil waren die meisten Leute damit beschäftigt, auf ihren Smartphones die Nachrichten zu lesen, auf Twitter und Facebook zu posten und permanent über Whatsapp zu chatten.
Ich glaube, es ist ein wesentlicher Unterschied, ob die Notlage konkret ist oder nur abstrakt. Hier war sie abstrakt nur über die Absage betont ohne Details, um uns nicht zu verunsichern. Eine richtige Notlage war sinnlich nicht zu erkennen. Ich glaube, da ist es sogar gut und normal, kein "Notprogramm" abzuspulen.
Es ist sogar wesentlicher Unterschied zwischen normalen Menschen und Terrorsympathisanten, daß letztere bei abstrakten Notlagen überreagieren und bei konkreten, sinnlich erkennbaren barmherzig und empathielos reagieren. Sie empören sich über das berichtete Leid in einem fernen Land, aber erzeugen Leid mit eigenen Händen in ihrer nächsten Umgebung. Für sie ist das kein Widerspruch, und es werden wenig Gedanken daran verschwendet, daß das berichtete Leid möglicherweise gar nicht so glaubwürdig ist wie das direkt gesehene, das man als Gewaltverbrecher selber sieht. Zur Illustration hatte Jesus auf die Frage, wer denn mein Nächster sei, die Geschichte vom Barmherzigen Samariter erzählt. Barmherzig ist er, weil er sich von dem direkten Anblick des Beraubten ergriffen fühlt. Barmherzig sind nicht der Schriftgelehrte und der Rabbi, die abstrakt viel besser wissen müßten, was richtig ist, als der ungläubige Samaritaner, aber doch an ihrem notleidenden Nächsten vorbeigehen.
Zitat Liest man ihn heute durch (was ich nur empfehlen kann), so fällt vor allem eines auf: Der aus heutiger Sicht geradezu auf militaristische Weise entschlossene Tonfall des ehemaligen Frontsoldaten und Pressesprechers des "Amtes Blank",
Da ist mir ein Fernsehinterview von vor 51 Jahren untergekommen, in dem genau dieser Sprachgebrauch von einem historisch gebildeten beteiligten Politiker thematisiert wird. Hier sind die entscheidenden Worte. Ich kann dieses Interview nur empfehlen, und sei es nur aus Freude an dem für heutige Ohren ungewohnt gewählten Sprachgebrauch. Interessant ist, daß sich seither in dieser Hinsicht offensichtlich nichts verbessert hat. Martialische Metaphern (gegen was wir alles kämpfen), die von der Nazipropaganda häufig verwendet wurden (nicht aber in diesem Intervies), sind im gesamten politischen Spektrum heute akzeptierter als friedliche Worte wie Heimat, Vaterland oder Patriotismus.
Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #23"Und hinter 1000 Schirmen keine Welt"
Hier kann ich nur wieder auf den Zeus unter meinen Hausgöttern verweisen, den den Autor dieses Pamphletes auf 130 Seiten so liebevoll verewigt hat, dass die FAZ sich geweigert hat, die Erzählung (10:9 für Stroh) zu rezensieren.
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