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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 75 Antworten
und wurde 5.449 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Dennis the Menace Offline




Beiträge: 459

07.05.2016 07:40
#51 RE: Marginalie: Der sterbende Riese Antworten

Zitat von Noricus im Beitrag #34

Ich frage mich, ob die Kunden sowie der Einzelhandel und die Gastronomie bei der kompletten Abschaffung des Bargeldes mitspielen würden. Dass Kartenzahler an der Supermarktkasse mit dem Transfervorgang viel länger beschäftigt sind als der Barzahler, ist ein durch unmittelbare Anschauung belegbares Faktum und macht weder den in der Schlange Wartenden noch dem Supermarktinhaber Freude.


Nu ja, die vorsintflutliche, aktuell übliche Methode ist natürlich kalter Kaffee, lieber Noricus.

Die NFC-Sache in der jetzigen, rudimentären Ausgesteltung desgleichen.

Die Rettung naht erst, wenn zukünftig den Neugeborenen noch in der Klinik routinemäßig ein personengebundener NFC-Chip subkutan in die Hand operiert wird (das ist keine große Sache), der sodann als die lebenslange Finanzzentrale für ausnahmslos alle Konsumfälle figuriert. Es gibt dann allüberall - von der Straßanbahn bis zum Luxusschuppen in der Theatinerstraße - Terminals zum Ranhalten und die Sache hat sich. Den von Person-zu-Person Modus kann man sich natürlich auch vorstellen. Das wäre dann eine praktische Lösung im Puff, zum Beispiel.

Also, da gibt's noch ein weites Feld für die Informatikfritzen - und das schafft ja auch wieder Arbeitsplätze.

Und durch die privaten Aufladungen ist das Bargeld dann eh wieder da, so wie es sich ja schon heute abzeichnet, dass durch die diversen Nicht-Banken, die im Finanzbusiness zunehmend mitmischen - computer- und netzbedingt - den vermeintlichen Masters of the Universe, also den Draghis, die Kontrolle eher entgleitet. Das Netz - das sagt ja schon der Name - wirkt letztlich dezentralisierend, aber das ist natürlich ein weites Feld.

lich
Dennis

Johanes Offline




Beiträge: 2.644

07.05.2016 12:45
#52 RE: Marginalie: Der sterbende Riese Antworten

Hallo Llarian

Zitat von Llarian im Beitrag #2
Noch machen wir Witze drüber, kann sein, dass uns das Lachen bald im Halse stecken bleiben wird.

Ehrlich gesagt habe ich diese Befürchtung manchmal auch, aber im Großen und Ganzen halte ich die Abschaffung des Bargeldes (bis auf Weiteres) für eine Verschwörungstheorie, die sich einige etwas zu fantasievolle "besorgte Bürger" ausgedacht haben.

Zitat
Terroristen und organisierte Kriminelle vermeiden es mit auffälligen Summen zu hantieren, da sind 500 Euro Scheine (oder gar noch grössere) absolut unpraktisch. Oder anders gesagt: Die Draghi Truppe bemüht sich nicht einmal sich eine Lüge einfallen zu lassen, die ein bischen glaubwürdiger ist.



Wie lächerlich diese ganze Behauptung ist, kann man doch ganz einfach im internationalen Vergleich sehen: In den USA gibt es ebenfalls (für den Privatanwender) keinen 500 Dollar-Schein. Der größte verfügbare Schein ist der 100 Dollar-Schein. Und, wird der aufmerksame Leser jetzt fragen, gehören organisierte Kriminalität, Schwarzarbeit und Drogenhandel in den USA deshalb bereits der Vergangenheit an?
Natürlich nicht!
Es sieht im Gegenteil grade so aus, als würde die neue Welt den "war on drugs" bereits länger verloren haben, was jenseits des großen Teichs sogar eher konservative Denker zugeben. In einigen Bundesstaaten ist es deshalb schon zu einer Legalisierungsbewegung gekommen, die erste Erfolge gefeiert hat.
Man hört selbst in Europa Geschichten davon, dass manche mexikanische Einwanderer zunächst "illegal" sind und deshalb keinen regulären Job annehmen können. Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass Schwarzarbeit immer noch existieren muss.

Was zuletzt den Terrorismus angeht, zitiere ich hier mal die "Blätter für deutsche und internationale Politik":
"Die Anschläge des 11. September 2001 wurden denn auch überwiegend unbar vorbereitet. Es wurden Mieten überwiesen, Flugstunden gebucht, eine Flugsimulationssoftware erworben sowie übliche Lebenshaltungskosten bestritten. Gewiss, die bei den Flugzeugentführungen benutzten Teppichmesser wurden wohl bar bezahlt. Es waren aber völlig legal zu erwerbende Massenartikel, die schon für Kleingeld zu haben sind.
Eine der seinerzeit betroffenen Banken in Deutschland, die Dresdner Bank, hat nach Abschluss ihrer internen Aufarbeitung des Falles eingestehen müssen, dass sie, sollten solche Taten abermals über ihre Konten finanziert werden, kein Mittel sehe, diese eindeutig zu erkennen. Und diese Einschätzung wird unter Fachleuten geteilt: Terrorfinanzierung ist nicht nur wegen der hier beschriebenen Eigenheit einer noch nicht begangenen Tat kaum aufzudecken, sie ist auch noch ziemlich billig." [1]

Es sagt schon der gesunde Menschenverstand, es würde wohl sehr viel mehr Sinn machen einzelne Täter anhand ihre Verhaltens zu finden als aufgrund ihrer Zahlungsgewohnheiten. Doch würde der Menschenverstand sich hier augenscheinlich ebenfalls ihren. Terroristen geht es darum, möglichst unauffällig zu sein.
Wo der gesunde Menschenverstand aber recht behält: Es ist völlig unangebracht, die ganze Bevölkerung unter Generalverdacht zu stellen, weil einige Islamisten Anschläge verüben.

Zitat
Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, als wolle Draghi die maroden Wirtschaften in Südeuropa mit einem neuen Wunder von Wörgl wieder ans Laufen bringen. Das dabei (noch) funktionierende Volkswirtschaften im Norden beschädigt werden, ficht ihn nicht an. Um allerdings das Neo-Freigeld der EZB umzusetzen, muss natürlich erst einmal das bisherige Bargeld vernichtet werden. Ist schon witzig: Die Welt im 21. Jahundert und Europa bereitet sich auf die Rückkehr des Tauschhandels vor.



Ich habe eher den Eindruck eines "Kulturkampfes".
Die Deutschen (und einige wenige andere Staaten) halten an ihrer Kultur möglichst harter Währungen fest. Besonders die Barzahlung ist den Deutschen heilig und der Versuch sie abzuschaffen erweckt Ängste.
Im internationalen Vergleich sind andere Länder wie die Skandinavier usw. viel mehr an Zahlung mit der Karte gewöhnt und die Deutschen wirken eher als Exoten.
Ebenso ist die Liste der Länder, die ihre Währungen abgewertet haben oder aktuell abwerten und dies als wirtschaftliche Strategie betrachtet, lang, sie reicht von Japan über China bis zu den USA.
Unterhält man sich dagegen mit Deutschen, bekommt man den Eindruck, dass die Ängste um die Inflation, wohl durch die Erfahrungen der 20er Jahre und der Nachkriegszeit entstanden, immer noch sehr lebendig sind. Ja, es gibt sogar Leute die den Begriff Inflation nur als sowas wie in den 20er Jahren kennen und denen man den Begriff "Inflationsausgleich" erst erklären muss.

Auf der anderen Seite haben wir die Kultur der "Südländer", z. B. Italien. Dort hat man es traditionell mit einer schwachen Währung zu tun und hat sich an diesen Umstand bereits gewöhnt.

Nun könnte man die Vermutung aufstellen, dass die deutschen Ängste vor der Inflation schon jenseits des Kontextes sind, in dem sie gerechtfertigt waren. Die heutige deutsche Industrie lebt eber vom Export als vom Konsum und für eine Exportwirtschaft kann es sinnvoll sein, eine schwache Währung zu haben.
Mit entsprechenden Maßnahmen, Gehaltsangleichungen und Investitionen statt bauen auf gute Zinssätze, könnten die Deutschen auch ihr übliches Sparverhalten weiter ausleben. Wobei auch hier gesagt werden muss: Der Kapitalismus lebt vom Konsum, nicht von Sparsamkeit.

Herzlichst,

Johanes.



[1] Link: https://www.blaetter.de/archiv/jahrgaeng.../daemon-bargeld
(Der Seite zu entnehmen,aus "Blätter" 3/2016, Seite 13-16 von Wieslaw Jurczenko.)

Johanes Offline




Beiträge: 2.644

07.05.2016 12:48
#53 RE: Marginalie: Der sterbende Riese Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #3
[...]


Sie haben für das Geldwäsche-Eldorado Deutschland eine Quelle?
Schon verstanden, wen ein ungutes Gefühl beschleicht, wenn der Staat und die Finanzdienstleister jede Transaktion lückelos überwachen können, der ist voll AfD und so. ;-)

Mal im Ernst, es gibt sehr wohl einige sehr trifftige Gründe, wieso einige Leute konkrete wirtschaftliche Interessen an der Abschaffung des Bargeldes haben könnten:
1. Der Transport, die sichere Aufbewahrung und das Zählen von Bargeld kosten Einzelhandel und Banken Geld. Grade den Banken, denen es wirtschaftlich nach der Krise nicht so gut geht, wäre es teils schon sehr recht, wenn sie diese Kosten vermeiden könnten.
2. Ich zitiere an dieser Stelle einmal unsere Kanzlerin: "Entwickeln Sie ein positives Verhältnis zu Daten und freuen Sie sich wenn wir mehr wissen".
Natürlich sind Daten zum Kaufverhalten sprichtwörtlich Geld wert. Zum einen wegen sowas wie gezielter, maßgeschneideter Werbung. Zum anderen werden für diese Daten früher oder später noch andere Anwendungszwecke entwickelt werden.
Informationen über die Neigung zu Spontankäufen (und in welcher Höhe diese getätigt werden) dürfte für jemanden, der die Bonität einer Person einschätzen muss, eine sehr relevante Information sein.
Auch die Krankenversicherungen werden ihren Kunden ein auf ihr Konsumverhalten ("Sie essen aber viel ungesundes, auch Fleisch, gar kein Bio" ) maßgeschneidertes Angebot machen wollen.

Zugegeben, das ganze wirkt heute etwas überspitzt. Doch es könnte nach einigen Gesetzesänderungen tatsächlich machbar werden, insbesondere da unsere Bundesregierung die Bedeutung von "Big Data" für den Wirtschaftsstandort erkannt zu haben glaubt.
Eines jedenfalls scheint mir klar. Wenn die Daten irgendwann einmal da sind, werden sie früher oder später auch genutzt werden.
Dasselbe Argument, dass von den (Wirtschafts-)Liberalen immer wieder gegen die Ausweitung der Staatstätigkeit verwendet wird, zieht hier auch.

Johanes Offline




Beiträge: 2.644

07.05.2016 12:53
#54 RE: Marginalie: Der sterbende Riese Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #18
Man sollte hier 2 Aspekte unterscheiden:

1. Der 500er als solcher ist tatsächlich nicht allzu wichtig.
Für niemanden ist es eine ernsthafte Bedrohung seiner Freiheit, wenn es den nicht mehr gibt.
Wie weiter oben richtig geschrieben: in den USA oder GB gibt es auch keine so hohen Notenwerte und sie werden dort auch nicht vermisst.
In so weit also tatsächlich egal.

2. Die Befürchtung ist allerdings, dass es sich hier um eine slippery slope handelt und der 500er nur der erste Schritt zur Abschaffung des Bargelds ist.
Und diese Befürchtung ist nicht so ganz von der Hand zu weisen. Nicht zuletzt wegen der seltsamen Begründung "Kriminalitätsbekämpfung".
Wenn es denn stimmt, dass der 500er bei Kriminellen besonders beliebt ist, dann werden die nach seiner Abschaffung ja wohl umsteigen auf den 200er. (Ist etwas kleiner als der 500er. Also nur ca. das doppelte Volumen pro Geldeinheit. Grob überschlagen hat in einem normalen Aktenkoffer rund 4 Mio. € in 200er-Scheinen Platz. Das notwendige Transport-Volumen wird also wohl auch mit 200ern für die wenigsten kriminellen Transaktionen der begrenzende Faktor sein.
Nach der gleichen Logik kann/wird man dann also demnächst den 200er abschaffen müssen. Und - wiederum mit der gleichen Logik - den 100er. Und weil die Kriminellen dann auf den 50er ausweichen werden (mit dem immer noch locker 1 Mio.€ in einem Aktenkoffer Platz hat!) ist der als nächstes fällig. usw.


Im übrigen:
das ganze "Schwarzgeld"-Argument will mir ohnehin nicht so ganz einleuchten.
Um schwarzes Geld weiß zu waschen, dafür braucht man kein Bargeld. Geht mit Buchgeld ganz genauso.
Zum Beispiel so:
Man gründet ein Unternehmen und schreibt Rechnungen für (faktisch nicht erbrachte) Dienstleistungen. Sagen wir mal Beratungsleistungen. Wer will das schon so genau prüfen, ob die erbracht wurden. Die Rechnungen werden ganz regulär bezahlt und gehen ganz regulär in die Buchhaltung des Unternehmens ein. Und schon sind sie weiß.


Zur Gesamtthematik Geldwäsche noch ein recht lesenswerter und in diesen Punkt auch meinungsbildender Tipp:
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgesc...komplettansicht

In der Tat erscheint der Gedanke, dass man das "in Verkehr bringen" von Geld aus illegalen Quellen bestraft und verfolgt, sobald man genauer darüber nachdenkt nicht ganz so naheliegend wie am Anfang.
Stattdessen, so will es mir erscheinen, wäre es doch sehr viel sinnvoller, das Verbrechen selbst zu bekämpfen. An die Finanzströme kommt man nur im Zweifelsfall schneller und billiger heran als z. B. mit klassischen Ermittlern vor Ort Verdächtige zu überwachen. Die Situation erscheint also so ähnlich wie bei der Vorratsdatenspeicherung. Man will Geld sparen und man macht es sich einfach...

Ein endgültiges Urteil zu dieser Sache habe ich aber nicht, denn dazu fehlen mir objektive Zahlen und Fakten als Grundlage.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

07.05.2016 21:03
#55 RE: Marginalie: Der sterbende Riese Antworten

Lieber Johannes,
Sie fragen mich nach einer Quelle für den Vorwurf Deutschland ist ein Geldwäsche-Paradies? Ich habe einige Quellen bereits verlinkt, deshalb verstehe ich die Frage nicht so richtig.
Und mit Verlaub, warum googeln Sie nicht danach? Das hier sind die seriösen Ergebnisse von 3 Smartphoneseiten. Suchen Sie sich was aus:
http://m.rp-online.de/wirtschaft/geldwae...d-aid-1.5740696
http://www.handelsblatt.com/politik/deut...es/7316448.html
http://www.tz.de/wirtschaft/geldwaesche-...tz-3207941.html
http://www.zeit.de/2012/47/Zypern-Steuer...waesche/seite-2
http://rtlnext.rtl.de/cms/oecd-deutschla...he-1885610.html
http://waz.m.derwesten.de/dw/politik/deu...?service=mobile
https://www.bayernkurier.de/wirtschaft/1...er-geldwaescher

Viele Grüße, Erling Plaethe

Martin Offline



Beiträge: 4.129

07.05.2016 22:06
#56 RE: Marginalie: Der sterbende Riese Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #55
Lieber Johannes,
Sie fragen mich nach einer Quelle für den Vorwurf Deutschland ist ein Geldwäsche-Paradies? Ich habe einige Quellen bereits verlinkt, deshalb verstehe ich die Frage nicht so richtig.


Was heißt Paradies? In Italien sagte der frühere Industrieminister, illegale Geldgeschäfte seien ein 'kolossales Phänomen' Da kann man sich die Etiketten aussuchen. In all den Ländern, die eine Obergrenze bei Bargeldzahlungen eingeführt haben hat es wohl Geldwäsche gegeben. Ob Deutschland herausragt müssten konkrete Zahlen ergeben.

Die geschätzte! Geldwäsche in D soll im Bereich von 50 Mrd bis 100 Mrd pro Jahr liegen, im Vergleich dazu Bargeld im sonstigen Zahlungsverkehr in 2014 ca. 270 Mrd. In Spanien ist die geschätzte Schattenwirtschaft nach Einführung der Obergrenzen um 0,6% von 2012 auf 2013 auf geschätzt 196 Mrd Euro zurückgegangen http://www.handelsblatt.com/politik/inte...12954752-2.html

Eine Verbindung zu 500ern ist dabei nicht belegt.

Gruß, Martin

Noricus Offline



Beiträge: 2.362

08.05.2016 19:30
#57 RE: Marginalie: Der sterbende Riese Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #55
Und mit Verlaub, warum googeln Sie nicht danach?


Lieber Erling,

ich warte auf den Tag, an dem Studenten in die Fußnoten ihrer Arbeiten schreiben: "Bitte googeln!" oder Rechtsanwälte in ihren Schriftsätzen den "Beweis: Google-Recherche, deren Vornahme durch das Gericht hiermit beantragt wird" anbieten.

Beste Grüße

Noricus

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

08.05.2016 22:17
#58 RE: Marginalie: Der sterbende Riese Antworten

Zitat von Noricus im Beitrag #57
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #55
Und mit Verlaub, warum googeln Sie nicht danach?


Lieber Erling,

ich warte auf den Tag, an dem Studenten in die Fußnoten ihrer Arbeiten schreiben: "Bitte googeln!" oder Rechtsanwälte in ihren Schriftsätzen den "Beweis: Google-Recherche, deren Vornahme durch das Gericht hiermit beantragt wird" anbieten.

Beste Grüße

Noricus


Ok, das wäre angebracht würde ich hier eine nicht nachvollziehbare Behauptung aufstellen, etwas Überraschendes. Was völlig aus dem Rahmen fällt. Aber seien wir mal ehrlich. Wenn mir was auffällt was ich nicht glauben mag und der Text gibt mir ein Schlagwort - dann schau ich doch erst einmal selbst, ob der Autor vielleicht keine Quelle nennt, weil es so viele gibt, oder? Frei nach R.A.: es trivial ist!
Ich mein, soll ich echt jeden einzelnen Fakt den ich nenne, mit einer Quelle belegen? Hand auf's Herz, lieber Noricus, machst Du das?

Und noch was:
Was ist der Sinn von Foren wie diesem? Der Informationsaustausch, nicht die Lieferung. Wer sich nicht die Mühe machen will zu lesen, was Kommentatoren vor ihm bereits besprochen und beantwortet haben, dem soll ich auch noch eine Dienstleistung erbringen? Ich denke Austausch heißt, jeder steuert bei was er in Erfahrung bringt.
Tut mir leid dass Studenten angeblich heutzutage zuwenig vorgesetzt wird, aber ich will die Mahlzeiten auch nicht zubereiten.

Viele Grüße, Erling Plaethe

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

09.05.2016 11:07
#59 RE: Marginalie: Der sterbende Riese Antworten

Zitat von Meister Petz im Beitrag #35
Das gilt aber nur für einen Anteil von 3% des Geamtbanknotenwerts. Also steigen die Gesamtlagerkosten erheblich weniger.
Ich weiß nicht, ob ich das Argument richtig verstehe, aber es geht nicht um die Gesamtlagerungskosten für das europäische Bargeld.

Es geht darum, dass für instutionelle Anleger die Einlagerung von Bargeld verteuert wird und damit der "break even" (Tresorlagerung/negative Zinsen) dieser Anleger bei einem höheren negativen Zins liegt. Das Einziehen der 500er gibt also der EZB einen höheren Spielraum für das Nutzen negativer Zinsen: Also mehr Spielraum für die Nutzung eines (nach dem Wesen) politischen Mandats, welches sie faktisch nicht besitzt.

Herr Sinn hat das ganze im von Noricus verlinkten Artikel erläutert:

Zitat von Herr Sinn in Der Zeit
In der Marktwirtschaft kann der Zins normalerweise nur um die Tresorkosten unter null liegen, weil die Kreditgeber sonst lieber Bargeld halten, anstatt ihr Geld zu verleihen. Da die Abschaffung der großen Scheine die Tresorkosten verzweieinhalbfacht, ist jetzt für Zinsen im Bereich von –0,5 Prozent bis zu –0,75 Prozent Luft.


Auch in der WiWo wurde darüber berichtet. Ich persönlich halte diese Effekt für greifbarer, als die Bekämpfung der Geldwäsche.

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Florian Offline



Beiträge: 3.180

09.05.2016 12:42
#60 RE: Marginalie: Der sterbende Riese Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #59

Zitat von Herr Sinn in Der Zeit
In der Marktwirtschaft kann der Zins normalerweise nur um die Tresorkosten unter null liegen, weil die Kreditgeber sonst lieber Bargeld halten, anstatt ihr Geld zu verleihen. Da die Abschaffung der großen Scheine die Tresorkosten verzweieinhalbfacht, ist jetzt für Zinsen im Bereich von –0,5 Prozent bis zu –0,75 Prozent Luft.



Tendenziell geht das Argument zwar in die richtige Richtung.
Aber dass sich die Kosten um den Faktor 2,5 erhöhen würden, stimmt sicher nicht.

Was steigt ist das notwendige Tresorvolumen. Man braucht also proportional mehr Stahl und Beton und Fläche. Das ist allerdings nur ein (relativ kleiner) Teil der Lagerungskosten.*
Unverändert bleiben hingegen große Kostenpositionen wie Sicherungskosten (Wachpersonal, Alarmanlagen, Versicherungen gegen Brand, Wasserschaden, Raub, etc. , Verriegelungssysteme) und die Administrationskosten (z.B. Vieraugenprinzip bei allen physischen Kontakten mit Bargeld, Liquiditätsmanagement, ec.).


* Zumal man ohnehin keine riesigen Räume braucht.
Rechenexempel:
Ein 200er-Schein misst 15cmx8cm und Höhe von 150 Stück ist 1 cm.
D.h. in einem Volumen von 1m³ haben rund 1,25 Mio. Scheine Platz, bzw. rund 250 Mio.€.

Sagen wir mal, wir haben einen Tresor: Länge 10 Meter, links und rechts jeweils eine Regalreihe (Palettentiefe 120 cm), Gangbreite 300 cm für bequemes Palettenrangieren). Schwerlastregale links und rechts, jeweils 3 Ebenen a 50 cm.
Der gesamte Tresor hat also eine Grundfläche von 55 qm. Was nicht riesig ist (der Tresorraum meiner kleinen Kreissparkasse ist glaube ich größer)
In so ein Ding passen rund 4 Mrd.€ in 200ern.

Zum Vergleich: Die Münchner Rück (als ein sehr liquider Konzern mit hohem Anlagebedarf) hatte Ende 2015 konzernweit rund 4 Mrd.€ Bank- und Kassenbestand. Das hätte also in einem kleinen Sparkassen-Tresorraum locker Platz.

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

09.05.2016 13:30
#61 RE: Marginalie: Der sterbende Riese Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #60
Tendenziell geht das Argument zwar in die richtige Richtung.
Aber dass sich die Kosten um den Faktor 2,5 erhöhen würden, stimmt sicher nicht.
Lieber Florian, der Faktor 2.5 ist natürlich eine unzulässige Vereinfachung der Kostenberechnung.

Auch eine Rolle wird spielen, wie viel geeigneter Tresorraum bereits besteht und genutzt werden kann (vergleichsweise billig) oder wie viel Tresorraum möglicherweise erst neu geschaffen werden müsste (eher teuer) und welche Erwartung man darüber hat, wie lange man ihn überhaupt braucht. Das dürften faktisch, nach meiner Erwartung, recht komplexe Fragestellungen werden, die dazu führen, dass Institutionelle viel eher bereit sind, die negativen Zinsen der EZB zu akzeptieren.

Erst einmal wird den Institutionellen einfach (etwas) erschwert, den negativen Zins der EZB zu umgehen. Man stopft man probehalber ein "Schlupfloch" ein bisschen zu. Mit welchem "Erfolg" für die Zinspolitik der EZB, wird dann der "freie Markt für den Tresoranlagebau" ermitteln. Hier hat ja die Bundesregierung nochmals die Möglichkeit über erhöhte Wärmedämm- oder Energievorschriften, die Kosten in die richtige Richtung zu treiben.

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

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Frank2000 Online




Beiträge: 3.432

09.05.2016 13:54
#62 RE: Marginalie: Der sterbende Riese Antworten

Zitat von Johanes im Beitrag #52

Wobei auch hier gesagt werden muss: Der Kapitalismus lebt vom Konsum, nicht von Sparsamkeit.



Und wenn es noch so oft wiederholt wird: stimmt nicht.
Der Kapitalismus lebt, wie auch der Name schon sagt, vom Gleichgewicht zwischen Investition und Konsum.

Konsum allein ist auch mittels Planwirtschaft realisierbar. Dummerweise wird in der Planwirtschaft dann massenhaft das Falsche konsumiert: die Konsumenten nehmen halt, was da ist. Und nicht, was sie eigentlich haben wollen. Erst wenn Investition hinzutritt und es möglich ist, dass sich im freien Spiel von Angebot und Nachfrage ein Gleichgewicht von Investition und Konsum bildet, hat man Marktwirtschaft.

Insbesondere Gewerkschaften, HartzIV-Empfänger und sonstige Transferbezieher wiederholen ständig auf´s Neue, dass der Konsum allein (oder fast allein) die Lösung sei. Also einfach Schubkarrenweise Geld unter die Leute verteilen -> Konsum explodiert und alles ist gut, so die Argumentation. Klappt nur leider nicht.

___________________
Kommunismus mordet.
Ich bin bereit, über die Existenz von Einhörnern zu diskutieren. Aber dann verlange ich außergewöhnlich stichhaltige Beweise.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

09.05.2016 17:30
#63 RE: Marginalie: Der sterbende Riese Antworten

Zitat von Johanes im Beitrag #52
Im internationalen Vergleich sind andere Länder wie die Skandinavier usw. viel mehr an Zahlung mit der Karte gewöhnt und die Deutschen wirken eher als Exoten.[...]
Unterhält man sich dagegen mit Deutschen, bekommt man den Eindruck, dass die Ängste um die Inflation, wohl durch die Erfahrungen der 20er Jahre und der Nachkriegszeit entstanden, immer noch sehr lebendig sind.
Beim Zwang zum unbaren Zahlen hat man auch Datenschutzprobleme, die im Deutschland der Zwischenkriegszeit aufgetreten sind. Man hatte in den 20ern diverse Register die Bürger angelegt, aus denen man ab 1933 genau sehen konnte, wen man nicht mehr dabeihaben wollte. In Skandinavien sieht man diese Probleme so nicht, weil man nicht gesehen hat, welche Risiken mangelnder Datenschutz hat. Für Deutsche sind Datenschutz und das Recht, bar bezahlen zu können, ein "Diktaturabstand". Ähnliche Diktaturabstände gibt es ja auch in den USA: So darf der POTUS nicht die Armee im Inneren einsetzen. Eigentlich könnte man es ihm erlauben, da er ja kein Diktator ist und daher mit der Armee nicht demokratische Bewegungen in den USA bekämpfen würde. Aber damit der Abstand zum Gebrauch der Diktaturen, die Armee auch im Inneren einzusetzen, groß bleibt, ist es schon in der Demokratie verboten. Da ist man in den skandinavischen Monarchien eben zu naiv.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

09.05.2016 19:23
#64 RE: Marginalie: Der sterbende Riese Antworten

Schwierig. Die Diskussion läßt mich etwas ratlos zurück, weil eigentlich alle zur Wahl stehenden Erklärungen für die hinter der Abschaffung stehenden Motive nicht überzeugen.

Die offizielle von wegen Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismus schon gar nicht.

Aber auch die Vermutung, man wolle die Tresorlagerung verteuern paßt wohl nicht - wie schon dargelegt wurde ist das reine Volumen nicht der wesentliche Kostenfaktor.

Bleibt die Theorie, es ging hier mit Salami-Taktik um die Abschaffung des Bargelds. Und diese Theorie halte ich auch für realitätsfern.
Denn die erfolgreiche Abschaffung der 500,- oder auch der 200,- Note gäbe der EZB überhaupt keinen Vorteil für die eigentliche Maßnahme, nämlich eine potentielle Abschaffung der kleinen Scheine bis zum 50er, mit denen der wesentlichen Teil des privaten Zahlungsverkehrs abgewickelt wird. Die Bürger protestieren nicht gegen die 500,-er Abschaffung, weil der keine Rolle im normalen Leben spielt. Beim 50er wäre das komplett anders.
Man kann jetzt nach Belieben spekulieren, ob die EZB sich gegen einen breit angelegten Proteststurm der Bevölkerung durchsetzen könnte. Klar ist aber, daß weder das Ausmaß des Proteststurms noch die Macht der EZB dagegen sich irgendwie ändern, wenn es vorher eine "erfolgreiche" Abschaffung der großen Scheine gegeben hat.

Im übrigen;
WENN man der Zentralbank so stark mißtraut, daß man sein Geld lieber vom Konto abhebt und in Bargeldform vor Negativzinsen oder anderen Schweinereien schützen will - DANN wäre es auch ziemlich dämlich, größere Beträge in Noten genau dieser Zentralbank anzulegen. Dann doch lieber andere Devisen oder Blattgold zu Hause horten.

Nach dem schönen alten Motto: "Versuche nie mit einer Verschwörungstheorie zu erklären, was man auch mit normaler Dummheit erklären kann" scheinen mir Erlings Hinweise auf die schon lange laufenden Anti-Geldwäsche-Kampagnen in Europa am überzeugendsten:
Es scheint zwar ziemlich realitätsfern zu sein, was diverse Politiker da mal ausgebrütet haben. Aber es läßt sich halt schön verkaufen nach dem Motto: "Wir tun was". Und daß irgendetwas getan wird ist ja oft viel wichtiger als die Frage, ob das Ziel erreicht wird.

Dann ist es wahrscheinlich wirklich einfacher Zufall, unabhängig vom Zinsniveau, daß diese Kampagne jetzt ein sinnloses Verbot erzeugt.

Noricus Offline



Beiträge: 2.362

09.05.2016 20:29
#65 RE: Marginalie: Der sterbende Riese Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #58
Zitat von Noricus im Beitrag #57
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #55
Und mit Verlaub, warum googeln Sie nicht danach?


Lieber Erling,

ich warte auf den Tag, an dem Studenten in die Fußnoten ihrer Arbeiten schreiben: "Bitte googeln!" oder Rechtsanwälte in ihren Schriftsätzen den "Beweis: Google-Recherche, deren Vornahme durch das Gericht hiermit beantragt wird" anbieten.

Beste Grüße

Noricus


Ich mein, soll ich echt jeden einzelnen Fakt den ich nenne, mit einer Quelle belegen? Hand auf's Herz, lieber Noricus, machst Du das?


Zu beiden Fragen: Nein. Aber wenn ein Mitdiskutant nach einer Quelle fragt, finde ich es im Sinne der kommunikativen Kooperation vorzugswürdig, eine solche zu nennen.

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #58
Wer sich nicht die Mühe machen will zu lesen, was Kommentatoren vor ihm bereits besprochen und beantwortet haben, dem soll ich auch noch eine Dienstleistung erbringen?


Manchmal fehlt die Zeit, manchmal überliest man etwas. Wer eine Behauptung aufstellt, wird dafür auch Belege zur Hand haben. Die Einheit von Behauptungs- und Beweislast folgt dem Ökonomieprinzip.




Ich wollte diese Meta-Diskussion nicht ausufern lassen, fand aber, dass sie im Sinne einer Erörterung der hiesigen Debattenkultur von forumsöffentlichem Interesse ist. Von meiner Seite ist zu diesem Meta-Thema alles gesagt. Aber ich will hier nicht das letzte Wort haben. Eine Replik von Dir ist willkommen; nur werde ich darauf nicht mehr duplizieren.

Noricus Offline



Beiträge: 2.362

09.05.2016 21:01
#66 RE: Marginalie: Der sterbende Riese Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #63
Zitat von Johanes im Beitrag #52
Im internationalen Vergleich sind andere Länder wie die Skandinavier usw. viel mehr an Zahlung mit der Karte gewöhnt und die Deutschen wirken eher als Exoten.[...]
Unterhält man sich dagegen mit Deutschen, bekommt man den Eindruck, dass die Ängste um die Inflation, wohl durch die Erfahrungen der 20er Jahre und der Nachkriegszeit entstanden, immer noch sehr lebendig sind.
Beim Zwang zum unbaren Zahlen hat man auch Datenschutzprobleme, die im Deutschland der Zwischenkriegszeit aufgetreten sind. Man hatte in den 20ern diverse Register die Bürger angelegt, aus denen man ab 1933 genau sehen konnte, wen man nicht mehr dabeihaben wollte. In Skandinavien sieht man diese Probleme so nicht, weil man nicht gesehen hat, welche Risiken mangelnder Datenschutz hat. Für Deutsche sind Datenschutz und das Recht, bar bezahlen zu können, ein "Diktaturabstand".


Das ist eine interessante These. In Schweden sind ja offenbar auch die Steuererklärungen der Mitbürger für jedermann einsehbar. Als kriminalitätsängstlicher, mit "Aktenzeichen XY ungelöst" sozialisierter Deutscher befürchtet man bei einer öffentlichen Zugänglichkeit des Fiskal-Striptease, dass Gauner diese Daten als Katalog für ihre Einbruchs- oder Entführungstouren nutzen könnten. Und öffnet eine Publikation der Steuerdaten dem Denunziantentum nicht Tür und Tor? ("Was? Mein Nachbar verdient nur 24.000 pro Jahr und hat einen Porsche in der Garage? Da ruf ich doch gleich mal beim Finanzamt an.") Aber gut: Wahrscheinlich werden die Staatssäckelspießer das Steuergeheimnis in absehbarer Zeit ohnehin schleifen.

Bisweilen sind auch Deutsche naiv, was den Diktaturabstand betrifft. Hierzulande stellt kaum jemand das Meldewesen oder die Ausweis(besitz)pflicht in Frage. Beides hat durchaus seine Vorteile. Für Angelsachsen stellt beides jedoch bekanntlich den Ausweis (pun intended) eines Überwachungsstaates dar und ist irgendwie 1984.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

09.05.2016 21:18
#67 RE: Marginalie: Der sterbende Riese Antworten

Zitat von Noricus im Beitrag #65
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #58
Zitat von Noricus im Beitrag #57
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #55
Und mit Verlaub, warum googeln Sie nicht danach?


Lieber Erling,

ich warte auf den Tag, an dem Studenten in die Fußnoten ihrer Arbeiten schreiben: "Bitte googeln!" oder Rechtsanwälte in ihren Schriftsätzen den "Beweis: Google-Recherche, deren Vornahme durch das Gericht hiermit beantragt wird" anbieten.

Beste Grüße

Noricus


Ich mein, soll ich echt jeden einzelnen Fakt den ich nenne, mit einer Quelle belegen? Hand auf's Herz, lieber Noricus, machst Du das?


Zu beiden Fragen: Nein. Aber wenn ein Mitdiskutant nach einer Quelle fragt, finde ich es im Sinne der kommunikativen Kooperation vorzugswürdig, eine solche zu nennen.

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #58
Wer sich nicht die Mühe machen will zu lesen, was Kommentatoren vor ihm bereits besprochen und beantwortet haben, dem soll ich auch noch eine Dienstleistung erbringen?


Manchmal fehlt die Zeit, manchmal überliest man etwas. Wer eine Behauptung aufstellt, wird dafür auch Belege zur Hand haben. Die Einheit von Behauptungs- und Beweislast folgt dem Ökonomieprinzip.




Ich wollte diese Meta-Diskussion nicht ausufern lassen, fand aber, dass sie im Sinne einer Erörterung der hiesigen Debattenkultur von forumsöffentlichem Interesse ist. Von meiner Seite ist zu diesem Meta-Thema alles gesagt. Aber ich will hier nicht das letzte Wort haben. Eine Replik von Dir ist willkommen; nur werde ich darauf nicht mehr duplizieren.

Der Satz in fett ist der welcher vor dem steht, den Du von mir zitiert hast:

Zitat
Ich habe einige Quellen bereits verlinkt, deshalb verstehe ich die Frage nicht so richtig. Und mit Verlaub, warum googeln Sie nicht danach?


Du nimmst nun den zweiten Satz als Zitat, wir tauschen uns aus und nun belehrst Du mich Belege zu verwenden, wo ich doch einen Satz vorher klipp und klar geschrieben habe, dass ich bereits einen Beleg gebracht hatte. Nur weil Du diesen Satz nicht zitiert hast ist er deswegen nicht verschwunden!
Solche Art von "Debattenkultur" ist nicht mein Ding. Ich verabschiede mich wieder, auch weil das nicht das erste Mal vorkam (nicht bei Dir, aber ebenfalls bei einem Hüter dieser Art von Technik beim Zitieren und anschließendem Mißinterpretieren).

Viele Grüße, Erling Plaethe

Martin Offline



Beiträge: 4.129

09.05.2016 22:07
#68 RE: Marginalie: Der sterbende Riese Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #64

Bleibt die Theorie, es ging hier mit Salami-Taktik um die Abschaffung des Bargelds. Und diese Theorie halte ich auch für realitätsfern.
Denn die erfolgreiche Abschaffung der 500,- oder auch der 200,- Note gäbe der EZB überhaupt keinen Vorteil für die eigentliche Maßnahme, nämlich eine potentielle Abschaffung der kleinen Scheine bis zum 50er, mit denen der wesentlichen Teil des privaten Zahlungsverkehrs abgewickelt wird. Die Bürger protestieren nicht gegen die 500,-er Abschaffung, weil der keine Rolle im normalen Leben spielt. Beim 50er wäre das komplett anders.
Man kann jetzt nach Belieben spekulieren, ob die EZB sich gegen einen breit angelegten Proteststurm der Bevölkerung durchsetzen könnte. Klar ist aber, daß weder das Ausmaß des Proteststurms noch die Macht der EZB dagegen sich irgendwie ändern, wenn es vorher eine "erfolgreiche" Abschaffung der großen Scheine gegeben hat.


Salamitaktik kann eben auch heißen, dass der Proteststurm irgendwann ausbleiben wird. Schweden exerziert das ja anscheinend schon durch und ist zumindest weitgehend bargeldfrei (vielleicht bezahlen jetzt Einige in Euro). Kommt man bei den 50ern ist der Druck bargeldlos zu bezahlen bereits deutlich gestiegen.

Zitat
Im übrigen;
WENN man der Zentralbank so stark mißtraut, daß man sein Geld lieber vom Konto abhebt und in Bargeldform vor Negativzinsen oder anderen Schweinereien schützen will - DANN wäre es auch ziemlich dämlich, größere Beträge in Noten genau dieser Zentralbank anzulegen. Dann doch lieber andere Devisen oder Blattgold zu Hause horten.



Das Misstrauen bezieht sich doch nicht darauf, dass das Geld nichts mehr wert sein könnte. Negativzinsen sind das eine, das Vertrauen, dass die eigene Bank (nicht Zentralbank) plötzlich pleite ist etwas anderes. Im übrigen sind die Bewertungen der großen deutschen Banken neben den italienischen unter den westlichen Banken am kritischsten.

Gruß, Martin

Florian Offline



Beiträge: 3.180

09.05.2016 22:27
#69 RE: Marginalie: Der sterbende Riese Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #68

Im übrigen sind die Bewertungen der großen deutschen Banken neben den italienischen unter den westlichen Banken am kritischsten.



Das war mir nicht bewusst. Haben Sie da eine Quelle?

[Beim schnellen googeln habe ich diese Seite gefunden: http://www.relbanks.com/best-banks/world - die weltweit besten Banken, gemessen am Credit-Ranking. Unter den Top 4 befinden sich 3 deutsche Institute. Allerdings fehlen die großen deutschen Privatbanken tatsächlich in dieser Liste. Womöglich haben Sie also recht. Wie gesagt würde mich eine Quelle interessieren].

Martin Offline



Beiträge: 4.129

10.05.2016 08:54
#70 RE: Marginalie: Der sterbende Riese Antworten

Florian,

meine Aussage geht auf eine Tabelle aus dem Zeitraum Januar/Februar zurück, basierend entweder auf Basis der TCE (tangible common equity) ratios oder der CDS (credit default swaps). Genau diese Tabelle konnte ich heute morgen nicht finden.

Ersatzweise eine generische Aussage: http://www.cnbc.com/2016/02/08/european-...ash-crunch.html

Allen Meldungen voran ist die Deutsche Bank, die jetzt einen hohen Verlust berichtet hat, gleichzeitig einen unvorstellbar hohen Derivateberg mit sich trägt http://www.zerohedge.com/news/2016-02-03...t-deutsche-bank
Dort auch die Entwicklung der CDS Anfang des Jahres. Der Derivateberg impliziert ein Risiko für das Weltfinanzsystem. Es gab zwar Versuche, das Clearing im Fall eines Falles (Lehman) zu verbessern, anscheinend ist man da aber seit 2008 nicht viel weiter gekommen.

Die Börsenkursentwicklung ist nicht unbedingt ein guter Indikator, aber immerhin: http://www.zerohedge.com/news/2016-02-12...eady-worse-2008 . Kommentiert dabei die Situation:

Zitat
"European banks are under pressure because they have to continually raise capital ratios" in order to offset troubled loans, Julien Jarmoszko, senior investment manager at S&P Capital IQ, told CNBC.com. "We're seeing more restructuring being initiated."
The cash crunch is in part due to slower management of post-crisis and regulatory issues that European banks faced several years ago. It just happens to be coming home to roost at a crucial time, both in terms of banks' share prices and at a time when liquidity issues are threatening investors globally.




Italienische Banken fehlen dort, Renzi ist aber gegenwärtig dabei eine Lösung für die hohen NPL (non performing loans) italienischer Banken zu finden, d.i. die Etablierung einer ‚bad bank‘:http://www.reuters.com/article/us-italy-...k-idUSKCN0UZ1V0

Sollte ich noch eine bessere Übersicht finden, reiche ich sie nach.

Gruß, Martin

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

10.05.2016 09:18
#71 RE: Marginalie: Der sterbende Riese Antworten

Hier eine Übersicht der 5 Jährigen CDS Spreads einiger großer Banken. Die Deutsche Bank mit +186 BP liegt, auch im Vergleich zu ihrem Rating, recht schlecht.

http://www.derivate.bnpparibas.com/DEU/S...t_Default_Swaps.

Dass (gewöhliche Zins-) Derivate eine große Gefahr darstellen, glaube ich eher nicht. Hier würde ich erwarten, dass zum einen die Positionen Markt Risikotechnisch ausgesteuert sind, Limitallokation für einzelne Geschäftspartner sehr restriktiv gehandhabt werden und vor allem das meiste mit Colleteral Stellung abgesichert sein dürfte (bzw. bei einem Clearer liegt).

Ich würde erwarten, dass vor allem klassische Kreditpositionen, die oft nicht zum Marktwert bilanziert werden müssen und meist auch recht illiquide sind, das Riskio hauptsächlich ausmachen. Für dieses Risiko gibt es, nach meiner persönlichen Wahrnehmung, oft nur begrenzte Wahrnehmung, was traditionelle Gründe haben dürfte.

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Martin Offline



Beiträge: 4.129

10.05.2016 10:04
#72 RE: Marginalie: Der sterbende Riese Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #71
Hier eine Übersicht der 5 Jährigen CDS Spreads einiger großer Banken. Die Deutsche Bank mit +186 BP liegt, auch im Vergleich zu ihrem Rating, recht schlecht.

http://www.derivate.bnpparibas.com/DEU/S...t_Default_Swaps.

Dass (gewöhliche Zins-) Derivate eine große Gefahr darstellen, glaube ich eher nicht. Hier würde ich erwarten, dass zum einen die Positionen Markt Risikotechnisch ausgesteuert sind, Limitallokation für einzelne Geschäftspartner sehr restriktiv gehandhabt werden und vor allem das meiste mit Colleteral Stellung abgesichert sein dürfte (bzw. bei einem Clearer liegt).

Ich würde erwarten, dass vor allem klassische Kreditpositionen, die oft nicht zum Marktwert bilanziert werden müssen und meist auch recht illiquide sind, das Riskio hauptsächlich ausmachen. Für dieses Risiko gibt es, nach meiner persönlichen Wahrnehmung, oft nur begrenzte Wahrnehmung, was traditionelle Gründe haben dürfte.


Soweit ich das verstehe liegt die Gefahr u.a. im Clearing System. Aus http://www.forbes.com/sites/stevedenning...s/#219560f85474 :

Zitat
However as we learned in 2008, it is possible to lose a large portion of the “notional amount” of a derivatives trade if the bet goes terribly wrong, particularly if the bet is linked to other bets, resulting in losses by other organizations occurring at the same time. The ripple effects can be massive and unpredictable.

Banks don’t tell investors how much of the “notional amount” that they could lose in a worst-case scenario, nor are they required to. Even a savvy investor who reads the footnotes can only guess at what a bank’s potential risk exposure from the complicated interactions of derivatives might be. And when experts can’t assess risk, and large bets go wrong simultaneously, the whole financial system can freeze and lead to a global financial meltdown.



Mit dem Ausfall von Lehman gingen Verbindungen zu den sich gegenseitig absichernden / kompensierenden Wetten verloren, wodurch der Nennwert der Derivate effektiv wurde. Man hat versucht, dies durch bankenunabhängige Clearing Stellen in den Griff zu bekommen, bei den sehr vielen OTC gehandelten funktioniert das aber anscheinend noch nicht.

Gruß, Martin

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

10.05.2016 12:21
#73 RE: Marginalie: Der sterbende Riese Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #72
wodurch der Nennwert der Derivate effektiv wurde.
Zumindest bei Zinsderivaten ist es üblich sie besichert zu handeln, dass heißt, dass in Höhe des Barwertes der Derivate Cash oder hochliquide Wertpapiere als Sicherheiten gestellt werden müssen. Im Zweifel muß man dann einen neuen Partner für das Schließen der Risikoposition finden, der Nennwert des Derivates ist aber im Wesentlichen abgesichert. Wenn eine Bank ausfällt behält die andere eben den Cash.

Das größte Risikopotential besteht in meinen Augen in Kreditrisken, über die Banken klassisch Geld verdienen und die auch nicht so ganz einfach abgesichert werden können. Negativ Basis Trades funktionieren so gut wie nie. Ausserdem wird in meinen Augen derzeit über die EZB Ankaufsprogramme und den Druck den die EZB über negative Zinsen auf Investoren ausübt, dieses Risiko bei Banken künstlich aufgebläht, indem es die aus Kreditrisikosicht notwendigen Spreadunterschiede bei Investments nivelliert und damit zu einer Risikoinsensitivität der Investoren führt.

Das ist ähnlich wie vor der Lehman Krise, wenn es auch sicher noch nicht dieses Ausmaß hat. Damals war die Nivellierung der Creditspreads rein durch die hohe Liquidität im Markt bedingt, die auf Dauer dazu führte, dass das Kreditrisiko aus der Wahrnehmung verschwand, weil es sich im Preis nicht nieder schlug.

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Martin Offline



Beiträge: 4.129

10.05.2016 12:48
#74 RE: Marginalie: Der sterbende Riese Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #73
Wenn eine Bank ausfällt behält die andere eben den Cash.


Im Lehman Fall behielt eine Seite ihre Zahlungsverpflichtung aus ihrer Wette, die Absicherung durch Lehman war weg. Wetten sind vielfach weitergegeben und abgesichert, wenn die Information über die dahinter liegenden 'links' weg ist, löst dies an den offenen Stellen Zahlungsverpflichtungen aus. Daher das 'ripple through'.

Gruß, Martin

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

10.05.2016 13:00
#75 RE: Marginalie: Der sterbende Riese Antworten

Zitat von Noricus im Beitrag #66
Das ist eine interessante These. In Schweden sind ja offenbar auch die Steuererklärungen der Mitbürger für jedermann einsehbar. Als kriminalitätsängstlicher, mit "Aktenzeichen XY ungelöst" sozialisierter Deutscher befürchtet man bei einer öffentlichen Zugänglichkeit des Fiskal-Striptease, dass Gauner diese Daten als Katalog für ihre Einbruchs- oder Entführungstouren nutzen könnten. Und öffnet eine Publikation der Steuerdaten dem Denunziantentum nicht Tür und Tor? ("Was? Mein Nachbar verdient nur 24.000 pro Jahr und hat einen Porsche in der Garage? Da ruf ich doch gleich mal beim Finanzamt an.")
Schweden ist ja die Verwirklichung sozialdemokratischer Träume. Alle duzen sich (außer den König) und die grassierende "Steuerehrlichkeit" ist nichts anderes als ein Zeichen gesellschaftlicher Harmonie, die bloß durch die passenden Gesetze zum Blühen gebracht werden mußte. Mit Denunziantentum hat das so viel zu tun wie Eigentum mit Selbstentfaltung.

Zitat von Noricus im Beitrag #66
Bisweilen sind auch Deutsche naiv, was den Diktaturabstand betrifft. Hierzulande stellt kaum jemand das Meldewesen oder die Ausweis(besitz)pflicht in Frage. Beides hat durchaus seine Vorteile. Für Angelsachsen stellt beides jedoch bekanntlich den Ausweis (pun intended) eines Überwachungsstaates dar und ist irgendwie 1984.
Das stimmt. Um wieder in der Geschichtskiste zu wühlen: In dem sozialdemokratischen Musterland Schweden hat man noch bis in die 60er Euthanasie betrieben. In den personalausweislosen Ländern glaubte man zwar auch lange an die Lehren der Eugenik (jeder Statistiker kennt Karl Pearson, aber wenn man heute mal seine Originalartikel ansehen will, wundert man sich über die Namen der Journals), beschränkte sich in der politischen Umsetzung aber darauf, aus diesen Gründen lediglich bestimmte Flüchtlinge nicht aufzunehmen, woraufhin die Nazis ihren Teil eugenischer Drecksarbeit an diesen Menschen in Europa taten.

Das heutige Asylrecht als Recht des politisch Verfolgten ist insofern auch z.T. so ein Abstandsgesetz, allerdings nicht als Abstand gegen eine Diktatur (auch sozialdemokraten waren ja Eugeniker) sondern gegen eine Lehre. Mit der munteren Vermischung von Flüchtlingsasyl (wo nur die Verfolgung eine Rolle spielen darf, nicht Merkmale wie Religion, Bildung, Ethnie usw.) und Zuwanderung (wo der Staat sehr wohl dergestalt auswählen darf) in der politischen Auseinandersetzung über die Flüchtlingskrise, merkt man allerdings, daß man die Motivation so eines Abstandes auch verstehen muß, um ihn einzuhalten.

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