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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 33 Antworten
und wurde 3.427 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.425

11.06.2016 00:47
Herrlich! Antworten

Da braucht es keinen Kommentar:

http://zettelsraum.blogspot.de/2016/06/herrlich.html

Mit einem ganz herzlichen Dank an den Finder Reisender.

PS: Das war übrigens der Anlaß:
https://www.parlamentsdokumentation.bran...b_4200/4295.pdf



Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire

Dennis the Menace Offline




Beiträge: 459

11.06.2016 14:28
#2 RE: Herrlich! Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #1
Da braucht es keinen Kommentar:...


"Herrlich" mit Ausrufezeichen ist doch einer, immerhin.

Was infantile Staatsgläubigkeit anbetrifft, die aus dem verrückten Antrag hervorgeht, passt zwischen dessen Initianten und der AfD evtl. ein Durchschlagpapier, viel mehr aber nicht, wenngleich bezüglich unterschiedlicher Lieblingsthemen.

lich
Dennis

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

11.06.2016 15:43
#3 RE: Herrlich! Antworten

Zitat von Dennis the Menace im Beitrag #2
Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #1
Da braucht es keinen Kommentar:...


"Herrlich" mit Ausrufezeichen ist doch einer, immerhin.

Was infantile Staatsgläubigkeit anbetrifft, die aus dem verrückten Antrag hervorgeht, passt zwischen dessen Initianten und der AfD evtl. ein Durchschlagpapier, viel mehr aber nicht, wenngleich bezüglich unterschiedlicher Lieblingsthemen.

lich
Dennis




Das ist leider wahr, lieber Dennis. Allerdings muß man der AfD in diesem Fall wohl zumindest einen Humorpunkt zugestehen, und das ist gegenüber allfällig ausgeprägter linker Humorlosigkeit zumindest etwas .

Herzliche Grüße,
Andreas

"Man kann einen gesellschaftlichen Diskurs darüber haben, was Meinungsfreiheit darf. Oder man hat Meinungsfreiheit." (Christian Zulliger)

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

12.06.2016 00:12
#4 RE: Herrlich! Antworten

Zitat von Dennis the Menace im Beitrag #2
Was infantile Staatsgläubigkeit anbetrifft
Wissen Sie lieber Dennis:

Dass man Deutschland nicht ohne Staatsgläubigkeit bekommt, damit habe ich mittlerweile fast schon meinen inneren Frieden geschlossen.

Diese esoterischen Verstandesvergewaltigungen, gaiagläubiger, linker Öko Bourgeois, die geht mir allerdings immer noch regelmäßig richtig an die Nieren. Das mag durchaus mit meinen persönlichen Erfahrungen zu tun haben. Aus diesem Grund war es mir, politisch etwas unkorrekt formuliert - wie ich vermute -, ein innerer Reichsparteitag darüber endlich auch einmal herzhaft lachen zu können. - Ohne mir darüber Gedanken zu machen, wer den "Witz" erzählt hat.

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Dennis the Menace Offline




Beiträge: 459

13.06.2016 21:31
#5 RE: Herrlich! Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #4
Aus diesem Grund war es mir, politisch etwas unkorrekt formuliert - wie ich vermute -, ein innerer Reichsparteitag darüber endlich auch einmal herzhaft lachen zu können. - Ohne mir darüber Gedanken zu machen, wer den "Witz" erzählt hat.







Der Mann hat Humor, keine Frage.


Das hat man im Politikbetrieb nich gerade oft.

Wenn dann auch noch die noch seltener anzutreffende Fähigkeit dazu käme, sich selbst auf die Schippe zu nehmen, ersatzweise nehmen zu lassen, ist alles perfekt.




lich
Dennis

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

14.06.2016 13:14
#6 RE: Herrlich! Antworten

Lieber Dennis.

Ich habe über unsere Repliken hier die letzten Tage ein bissel nachgedacht.

Mich beschäftigt, warum in keiner Diskussion über die AFD der Hinweis fehlt, dass diese Partei zum einen keine liberale Partei ist und zum anderen, dass sie viele „Fehler“ der etablierten Parteien mit umgekehrtem Vorzeichen begeht und dass mich dies immer wieder zum Widerspruch oder zumindest zur Kommentierung herausfordert.

Um nicht mißverstanden zu werden: Die AfD ist keine liberale Partei und die AfD begeht viele „Fehler“ der etablierten Parteien. Das ist dermaßen evident, dass ich das niemals bestreiten wollte. Woher also mein Drang zum Widersprechen?

Meine vorläufige Antwort, die ich zur Diskussion stellen möchte, ist, dass mich die Feststellung des Selbstverständlichen bei der AfD irritiert, während man gleichzeitig das in meinen Augen Wesentlichen an ihr gerne übersieht: Sie ist Opposition. Und zwar im Wortsinn.

In einer Parlamentarischen Demokratie ist es in meinen Augen essenziell, dass Meinung und Gegenmeinung politisch existieren und genau dieser Zustand ging in weiten Teilen unserer politischen Debatten dieser Tage komplett verloren. Das meine ich jetzt nicht in einem übertragenen gesellschaftlichen Sinn, wie ich ihn in meinen letzten Beiträgen versuchte zu beschreiben, sondern ganz konkret auf die parlamentarische Arbeit bezogen, die wohl (in ihrer „oppositionslosen Ausprägung“) die Grundlage für unsere gesellschaftliche Entwicklung in die von mir beschriebene Richtung gelegt hat. Das wurde mir über diesen Auftritt des AfD Parlamentariers sehr anschaulich klar.

Wäre die AfD in dem Parlament nicht vertreten gewesen, wäre dieser Antrag wohl wie ein normaler Antrag diskutiert worden, weil sich keine der fünf anderen Parteien bei solch einem Antrag noch etwas denkt. Solche Anträge sind, obwohl himmelschreiender Schwachsinn, für unseren politischen Betrieb zur akzeptierten Normalität geworden. Nun gibt es mit der AfD zumindest wieder eine Oppositionspartei, die solchen Schwachsinn im Parlament als das bezeichnet was er ist: Schwachsinn. Und ich bin sicher, dass dies wichtig ist und ebenfalls sicher, dass dies nicht ohne Wirkung bleiben wird. Auch in den anderen Parteien werden dadurch mit der Zeit einige Parlamentarier merken, dass "der Kaiser nackt ist".

Natürlich gibt es viele, in meinen Augen ungeheuer wichtige, politische Positionen, zu denen auch die AfD keine (für mich) wählbare Opposition bietet. Geschenkt. Dass es überhaupt wieder eine in Teilen inhaltlich klar unterscheidbare Opposition in den Parlamenten gibt, ist das Entscheidende an der AfD. Genau deswegen bin ich persönlich im Moment froh dass es sie gibt, völlig unabhängig davon, dass ich persönlich auch in dieser Partei keine „politische Heimat“ habe.

Der Vorwurf die AfD habe keine Konzepte zur Lösung von Problemen greift in meinen Augen daher auch viel zu kurz. Es ist nicht ihre Aufgabe Konzepte für Problemlösungen anzubieten, die die Regierungsparteien in nun schon Jahrzehnten nicht fähig waren zu erstellen und umzusetzen. Es ist als Oppositionspartei erst einmal ihre Aufgabe mit dem Finger auf Schwachsinn zu zeigen und das hat sie hier getan.

Wer eine Idee dieses erstickenden Konsens des deutschen Parlamentarismus bekommen möchte, kann zum Beispiel diesen Artikel in der Onlineausgabe der Zeit lesen. Diesem Artikel trieft aus allen Poren, dass das eigene Empfinden das Normative Element für Demokratie und parlamentarisches Arbeiten ist: „Der andere muß mir zuhören und nicht ich ihm, wenn ich Recht habe. Le consensus se moi.“ Diesbezüglich waren sich bisher und sind sich leider immer noch fünf Parteien dieser Republik recht einig. Das sollte in meinen Augen ein Ende haben. Dann ist diese Republik noch lange nicht perfekt aber etwas "besser" als heute.

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

14.06.2016 14:47
#7 RE: Herrlich! Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #6
Die AfD ist keine liberale Partei und die AfD begeht viele „Fehler“ der etablierten Parteien.

Richtig. Aber warum auch nicht? Genau das trifft doch auf viele zu, z. B. auf die fünf im Bundestag vertretenen Parteien.
Ich sehe bei solch trivialen Feststellungen eigentlich keinen Widerspruchsbedarf.

Zitat
während man gleichzeitig das in meinen Augen Wesentlichen an ihr gerne übersieht: Sie ist Opposition.


Sicher ist sie das. Aber das sind Andere auch. Die Kritik an der AfD, die berechtigte und die unberechtigte, ist wohl nicht mit dem Oppositionsstatus zu erklären.

Zitat
In einer Parlamentarischen Demokratie ist es in meinen Augen essenziell, dass Meinung und Gegenmeinung politisch existieren


Das sehe ich überhaupt nicht. Es gibt sehr viele Meinungen im Bundestag, zu denen gibt es schon lange keine Gegenmeinungen mehr (im Parlament). Und das ist völlig in Ordnung so. Die Sklaverei-Befürworter, die radikalen Islamisten, die Monarchisten, die Trotzkisten, die Baghwan-Jünger - alle nicht im Parlament. Völlig ok.

Auch meine Meinung ist im Parlament nur rudimentär vertreten. Das finde ich persönlich natürlich nicht so schön. Aber das gut der parlamentarischen Demokratie keinen Abbruch.

Zitat
Wäre die AfD in dem Parlament nicht vertreten gewesen, wäre dieser Antrag wohl wie ein normaler Antrag diskutiert worden


Wahrscheinlich. Selbstverständlich bringt jede Partei mehr auch mehr Diskussion und zu anderen Punkten. Alleine schon durch die Anträge der AfD selber gibt es ja mehr Diskussionen über Themen, die sonst nicht Thema geworden wären.
Wie das auch z. B. für Anträge der Linken oder Grünen gilt. Die haben die Diskussionen im Parlament auch verändert.

Der Gag ist halt: Während dieser eine Beitrag mal ganz lustig war (aber am Beschluß nichts geändert hat), sind die meisten anderen Beiträge und Anträge von Linken/AfD/Grünen nicht unbedingt eine Bereicherung des Parlaments.
Es ist ihr gutes Recht die zu bringen, aber die parlamentarische Demokratie käme auch bestens ohne sie aus.

Zitat
Nun gibt es mit der AfD zumindest wieder eine Oppositionspartei, die solchen Schwachsinn im Parlament als das bezeichnet was er ist: Schwachsinn.


Es gibt keinen Mangel im Parlament an Beiträgen, in denen die Ansicht der Konkurrenz als Schwachsinn bezeichnet wird. Oft auch zu Recht. Jeder hat halt anderen Schwachsinn im Visier.

Zitat
Und ich bin sicher, dass dies wichtig ist und ebenfalls sicher, dass dies nicht ohne Wirkung bleiben wird.


Der Anti-Gender-Beitrag war witzig und ich teile die Kritik. Aber besonders wichtig war er nicht, und er wird auch keine Wirkung haben. Direkte sowieso nicht, und indirekte auch nicht. Weil die Fraktionskollegen dafür sorgen werden, daß die AfD mit ihrem eigenen Schwachsinn im Vordergrund bleibt, und nicht mit dieser Kritik am Gender-Schwachsinn.

Zitat
Dass es überhaupt wieder eine in Teilen inhaltlich klar unterscheidbare Opposition in den Parlamenten gibt, ist das Entscheidende an der AfD.


Also ich persönlich finde an den AfD-Ergebnissen gut, daß sie bei der GroKo abgehen und indirekt beitragen können, daß Merkel gestürzt wird. Aber dazu würde eigentlich das reine Wahlergebnis reichen.
Die Präsenz im Parlament ist überwiegend peinlich und die von ihren Spitzen betriebenen Diskussionen sind meist ziemlich an den eigentlichen Problemen vorbei.
Und da geht es nicht nur darum, daß sie keine Lösungen zu bieten hat. Es geht schon darum, daß ernsthafte Kritik am Regierungskurs durch die schrillen Übertreibungen der AfD oft erschwert wird. Die ernsthaften Kritiker werden erstens kaum gehört, weil die AfD im Zweifelsfall viel lauter kreischt und damit als Gegenpart stärker wahrgenommen wird. Und die Regierungsanhänger können sehr leicht die ernsthafte Kritik abtun, indem sie sie mit irgendwelchen AfD-Sprüchen in einen Topf werfen.


Mal ein historischer Vergleich: Die 68er mit ihrer Kommune 1 nehmen bis heute für sich in Anspruch, die verklemmte Sexualmoral der 50er Jahre mutig beseitigt zu haben.
Wahrscheinlich war es aber umgekehrt: Der Reformprozeß war schon längst unterwegs in Richtung eines offeneren Umgangs mit Sex. Und es waren genau die medienwirksamen Übertreibungen à la K1, die diesen Prozeß in der Öffentlichkeit diskreditiert und damit behindert haben.

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

14.06.2016 21:08
#8 RE: Herrlich! Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #7
Es gibt sehr viele Meinungen im Bundestag, zu denen gibt es schon lange keine Gegenmeinungen mehr (im Parlament). Und das ist völlig in Ordnung so. Die Sklaverei-Befürworter, die radikalen Islamisten, die Monarchisten, die Trotzkisten, die Baghwan-Jünger - alle nicht im Parlament. Völlig ok.
Wir gehen völlig konform darin, dass Positionen, welche im Widerspruch zu unserer Verfassung stehen, in unserem Parlament nichts zu suchen haben. Ich allerdings spreche von Verfassungskonformen politischen Positionen. Hier sollte es zu jeder Positionierung zu gesellschaftspolitisch wichtigen Themen im Parlament auch mindestens eine Gegenposition geben. Das halte ich für essentiell für einen funktionierenden Parlamentarismus, sonst triftet er in Richtung einer Tyrannis der Alternativlosigkeit. Genau das ist es, was ich für die Regentschaft Merkel wahrnehme.

Die Aussage, dass es zu jeder Positionierung zu gesellschaftspolitisch wichtigen Themen im Parlament auch mindestens eine Gegenposition geben sollte, heißt natürlich auch nicht gleichsam, dass jeder "Nischenunsinn" im Parlament vertreten sein muß. Hier gab es möglicher Weise ein Mißverständnis.


Zitat von R.A. im Beitrag #7
sind die meisten anderen Beiträge und Anträge von Linken/AfD/Grünen nicht unbedingt eine Bereicherung des Parlaments.
Die AfD rettet nicht der Republik, dass habe ich ja selbst geschrieben. Der Unterschied zu Linken und Grünen ist, dass sich hier Positionen teilweise endlich nicht nur in Gradualität und Radikalität unterscheiden, sondern in der Richtung. Es brauchte zum Beispiel eine AfD um eine politische Positionierung gegen die Energiewende zu finden. Ihr Motivation für diese Positionierung mag grundfalsch sein. Es ist aber ein Armutszeugnis für den deutschen Parlamentarismus, dass er über viele Jahre nicht dazu fähig war eine marktwirtschaftliche Gegenposition zu diesem Wahnsinn zu etablieren.


Zitat von R.A. im Beitrag #7
Jeder hat halt anderen Schwachsinn im Visier.
Das ist eine völlig richtige Anmerkung. Das bisherige Problem unsere Parlamente war allerdings, dass der Schwachsinn nur in der Gradualität ausdifferenziert wurde, nicht in der Richtung.


Zitat von R.A. im Beitrag #7
... er wird auch keine Wirkung haben. Direkte sowieso nicht, und indirekte auch nicht. Weil die Fraktionskollegen dafür sorgen werden, daß die AfD mit ihrem eigenen Schwachsinn im Vordergrund bleibt
Damit kannst du durchaus Recht haben. Ich bin in dieser Frage gespalten. Vielleicht bringe ich mehr meiner Hoffnung Ausdruck, als zu analysieren, wenn ich das Gegenteil glaube.


Zitat von R.A. im Beitrag #7
daß Merkel gestürzt wird.
Ich persönlich glaube, dass dieser Sturz nichts ändern würde. Die von mir kritisierten "Konsenspositionen" existieren auch ohne Merkel weiter. Sie ist hier mehr konsequent agierendes Symptom als Ursprung. Es braucht einen Bewußtseinswandel, bzw. mehr politisches und gesellschaftliches Selbstbewußtsein von Menschen, die diesen Konsens nicht teilen. Meine Hoffnung ist, dass die AfD Risse in die Mauer des Konsensen bringt und dieser anfängt zu bröckeln. Diese Hoffnung mag falsch sein. Ich sehe derzeit nur keine andere und wir haben ja darüber auch schon öfter gesprochen. Ich würde sehr gerne mit dieser Hoffnung FDP wählen. Die Partei die jetzt in Rheinland Pfalz gegen die Bevölkerung (die Grünen wurden fast aus dem Parlament gewählt und nur durch die Großstädte gerettet) in Regierungsbeteiligung weiter Windräder baut.


Zitat von R.A. im Beitrag #7
Die Präsenz im Parlament ist überwiegend peinlich und die von ihren Spitzen betriebenen Diskussionen sind meist ziemlich an den eigentlichen Problemen vorbei.
Da war ich noch etwas jünger und nicht so sehr politisch interessiert, aber war das bei den Grünen zum Beispiel nicht auch so? Sogar als junger Hüpfer fand ich Fischer in Turnschuhen damals mehr peinlich als cool.


Zitat von R.A. im Beitrag #7
Die ernsthaften Kritiker werden erstens kaum gehört, weil die AfD im Zweifelsfall viel lauter kreischt und damit als Gegenpart stärker wahrgenommen wird. Und die Regierungsanhänger können sehr leicht die ernsthafte Kritik abtun, indem sie sie mit irgendwelchen AfD-Sprüchen in einen Topf werfen.

Mal ein historischer Vergleich: Die 68er mit ihrer Kommune 1 nehmen bis heute für sich in Anspruch, die verklemmte Sexualmoral der 50er Jahre mutig beseitigt zu haben.
Wahrscheinlich war es aber umgekehrt: Der Reformprozeß war schon längst unterwegs in Richtung eines offeneren Umgangs mit Sex. Und es waren genau die medienwirksamen Übertreibungen à la K1, die diesen Prozeß in der Öffentlichkeit diskreditiert und damit behindert haben.
Ein berechtigter Einwand und ein instruktives Beispiel. Da magst du durchaus Recht haben.

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

hubersn Offline



Beiträge: 1.342

15.06.2016 00:20
#9 RE: Herrlich! Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #7
Die Präsenz im Parlament ist überwiegend peinlich und die von ihren Spitzen betriebenen Diskussionen sind meist ziemlich an den eigentlichen Problemen vorbei.



Und darin unterscheidet sich die AfD nicht von den anderen Parteien im Parlament. Wenn man sich überlegt, dass im Bundestag eigentlich unsere besten Parlamentarier sitzen sollten - da kann man bei jeder Debatte nur betrübt den Kopf schütteln.

Gruß
hubersn

--
Mein Politik-Blog: http://politikblog.huber-net.de/
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Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.425

15.06.2016 01:15
#10 RE: Herrlich! Antworten

Zitat von hubersn im Beitrag #9
Wenn man sich überlegt, dass im Bundestag eigentlich unsere besten Parlamentarier sitzen sollten - da kann man bei jeder Debatte nur betrübt den Kopf schütteln.



Mittlerweile nur mehr halb im Scherz: Es gibt einen ganz frühen Science-Fiction-Roman von Poul Anderson, Brain Wave, von 1954, keiner seiner besten - aber die Grundidee ist die: die Erde hat sich bislang auf ihrer Bahn ums Milchstraßenzentrum im Bereich eines "Dämpfungsfelds" befunden, wo subatomare Partikel, Felder, irgendwasauchimmer, die meiste Energie ausgetauschter Elektronen absorbieren. Jetzt verlässt sie diese Zone - und nicht nur leuchten alle Lampen heller; auch alle Neuronen schalten effektiver, schneller, prompter; Erfahrungen führen schneller zu Erkenntnissen. Nicht nur lassen die Katzen & Hunde Anzeichen von praktischer Intelligenz erkennen, sondern vor allem die Menschen...

Und dann schaue ich mich um, auf das Niveau nicht nur unserer Politik, auf sämtliche Medien, auf die Infantilisierung sämtlicher Diskurse, die Ersetzung aller Argumente durch Gehampel & Gebölke oder das Nachplappern infantiler Motti, die Regredierung von Zukunftsentscheidungen von oberster Priorität auf ein "Wir faffen daff!", auf das Factum brutum, daß die einzigen tatsächlichen Hoffnungsgestalten in politicis Pausenclowns wie Trump oder Boris Johnson sind (kann man leicht nachprüfen: man stelle sich, mal ernsthaft, eine Gestalt wie Trump als Kandidaten zu Zeiten Reagans vor), und die unglaubliche Lethargie, mit der der Umbau der ganzen westlichen Arena zum einig Teletubbyland hingenommen wird - & frage mich ernsthaft, ob wir da nicht im RL in so ein galaktisches Dämpfungsfeld reingerauscht sind.



Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire

Dennis the Menace Offline




Beiträge: 459

15.06.2016 12:31
#11 RE: Herrlich! Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #6
Mich beschäftigt, warum in keiner Diskussion über die AFD der Hinweis fehlt, dass diese Partei zum einen keine liberale Partei ist


Okay, zugegeben: Das ist etwas ermüdend, denn das muss sie ja auch nicht sein bzw. es ist völlig legitim, das nicht zu sein. Die SPD, beispielsweise, will das ja auch nicht sein, jedenfalls nicht im Wesentlichen. Das kann man also mal abhaken.

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #6
Meine vorläufige Antwort, die ich zur Diskussion stellen möchte, ist, dass mich die Feststellung des Selbstverständlichen bei der AfD irritiert, während man gleichzeitig das in meinen Augen Wesentlichen an ihr gerne übersieht: Sie ist Opposition. Und zwar im Wortsinn.


Das ist ja auch okay, lieber n_s_n. Was mich betrifft, vertrete ich liberale Positionen und nicht den Standpunkt, Hauptsache Opposition, egal welche. Das parlamentarische System bringt im Übrigen Oppositionsparteien sozusagen automatisch mit sich. Gut, die waren aus welchen Gründen auch immer für manche, die nunmehr von der AfD bedient werden, nicht zufriedenstellend. Das ist insoweit auch gar kein Aufreger, IMHO. Eigentlich beweist doch die Präsenz der AfD, dass das "System" funktioniert, sonst gäbe es die ja gar nicht.

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #6
Wäre die AfD in dem Parlament nicht vertreten gewesen, wäre dieser Antrag wohl wie ein normaler Antrag diskutiert worden, weil sich keine der fünf anderen Parteien bei solch einem Antrag noch etwas denkt.


Gut, einen solch erquickenden Humor haben halt nicht alle, die allermeisten AfDler wohl auch nicht. Normalerweise geht's halt normal zu, also eher dröge.

Aber fünf andere? Dass die initiierenden Parteien nicht gegen den Antrag sind, kann man sich vorstellen. Ansonsten gibt's da noch die CDU als Opposition (FDP ist draußen -was angesichts der FDP-Brandenburg zum damaligen Zeitpunkt der Wahl auch kein großes Unglück ist ), also zwei nach meiner Kenntnis und nicht fünf "andere", denn die übrigen anderen sind ja die einen. Aber egal, ich vermute mal, dass die CDU das auch abgelehnt hat. Hab das zwar nicht recherchiert (das Thema ist mir zu dämlich), aber wie soll denn eine wie auch immer geartete Opposition Mehrheitsbeschlüsse verhindern? Mehr als ablehnen geht nicht.


Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #6
Solche Anträge sind, obwohl himmelschreiender Schwachsinn, für unseren politischen Betrieb zur akzeptierten Normalität geworden.


Mach sein. Zugegeben: Ich verfolge nicht jeden Kleinkram in 16 Parlamenten + Bundestag. Und ich vermute mal stark: Der durchschnittliche AfD-Wähler auch nicht. Und überhaupt: Was ist denn das Typische des hier behandelten Antrags? Doch wohl das Fehlen jedes liberalen Geistes. Schwulsein pp. geht nach Ansicht der Initianten anscheinend nicht ohne betreuende Staatshilfe. Das Letztere glaubt die AfD in aller Regel auch. Nur nitt grad bei diesem Thema.
Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #6

Dass es überhaupt wieder eine in Teilen inhaltlich klar unterscheidbare Opposition in den Parlamenten gibt, ist das Entscheidende an der AfD. Genau deswegen bin ich persönlich im Moment froh dass es sie gibt, völlig unabhängig davon, dass ich persönlich auch in dieser Partei keine „politische Heimat“ habe.


IMHO kommt es eigentlich weniger darauf an, dass es irgendeine Opposition gibt, egal welche. Die APO (das sagt ja schon der Name) war auch eine, heute 68er genannt und in AfD-Kreisen nicht unbedingt beliebt, obwohl damals richtig fetzig, quasi gegen alles, oppositioneller ging's kaum. Gut, in Zeiten, in denen alles verharzt erscheint (wie weiland in den 60ern und möglicherweise auch heute) mag alleine diese Tatsache als attraktiv rüberkommen. Zur Tagesordnung übergehen muss man allerdings auch wieder irgendwann.

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #6
Der Vorwurf die AfD habe keine Konzepte zur Lösung von Problemen greift in meinen Augen daher auch viel zu kurz. Es ist nicht ihre Aufgabe Konzepte für Problemlösungen anzubieten, die die Regierungsparteien in nun schon Jahrzehnten nicht fähig waren zu erstellen und umzusetzen.


Das sehe ich nicht ganz so, lieber n_s_n. Das IST die Aufgabe der jeweiligen Opposition im parlamentarischen Betrieb. Rabatz oder konkrete Vorschläge zu konkreten Themen? Ich lege schon Wert auf das Letztere. Man könnte jetzt einwenden, dass Frau Merkel seit Jahr und Tag auch davon lebt, keine durchdachten Konzepte erkennen zu lassen, aber das is ja nitt grad vorbildlich. Und in Jahrzehnten rechnet sich der Merkelismus ja nu noch nich, gerade erst eins. In die Mehrzahl (dafür müsste sie noch zwei Wahlen gewinnen ) geht's vielleicht eher doch nicht, schaun mer mal.

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #6
Es ist als Oppositionspartei erst einmal ihre Aufgabe mit dem Finger auf Schwachsinn zu zeigen und das hat sie hier getan.


Richtig und gut so. und was die Schwachsinnanalyse in dieser Sache betrifft stimmen wir ja überein, aber andererseits kann man sich politisch nicht auf objektiven Schwachsinn an sich berufen. Man kann da unterschiedlicher Meinung sein. Authentisch liberale Positionen werden i.d.R von ca. 80 % der Bevölkerung als schwachsinnig empfunden, zum Beispiel auch in dem weiter unten von Ihnen dankenswerterweise verlinkten Artikel. Ein dümmerliches Gewäsch, in dem u.a. von "neoliberaler Demokratie" schwadroniert wird, die es tatsächlich weit und breit nicht gibt. Damit muss man leben. Die meisten Leut' finden halt Konsenssauce unwiderstehlich appetitlich. "Wir sind das Volk" manifestiert das diesbezügliche Hungergefühl.

lich
Denis

Martin Offline



Beiträge: 4.129

15.06.2016 13:22
#12 RE: Herrlich! Antworten

Zitat von Dennis the Menace im Beitrag #11

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #6
Der Vorwurf die AfD habe keine Konzepte zur Lösung von Problemen greift in meinen Augen daher auch viel zu kurz. Es ist nicht ihre Aufgabe Konzepte für Problemlösungen anzubieten, die die Regierungsparteien in nun schon Jahrzehnten nicht fähig waren zu erstellen und umzusetzen.


Das sehe ich nicht ganz so, lieber n_s_n. Das IST die Aufgabe der jeweiligen Opposition im parlamentarischen Betrieb. Rabatz oder konkrete Vorschläge zu konkreten Themen? Ich lege schon Wert auf das Letztere.


Das sehe ich nicht so. Die Regierungen haben für konkrete Vorschläge Budgets und den Beamtenapparat zu Verfügung. Eine Oppositionspartei kann solche Vorschläge in der Regel gerade noch prüfen, haben aber kaum die Ressourcen für mehr.

Gruß, Martin

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

15.06.2016 14:20
#13 RE: Herrlich! Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #8
Wir gehen völlig konform darin, dass Positionen, welche im Widerspruch zu unserer Verfassung stehen, in unserem Parlament nichts zu suchen haben.

Da sind wir uns zwar einig, aber auf das "verfassungsfeindlich" wollte ich gar nicht hinaus. Monarchisten oder Baghwanis sind auch nicht per se verfassungsfeindlich.
Es ging mir eher um exotische Positionen oder allgemein um klar erkennbare Beispiele für Positionen, die im Parlament fehlen.

Zitat
Hier sollte es zu jeder Positionierung zu gesellschaftspolitisch wichtigen Themen im Parlament auch mindestens eine Gegenposition geben.


Das sehe ich nicht so. Die Parteien/Kandidaten vertreten die Positionen, die sie für richtig und wichtig halten. Die Wähler schicken dann die ins Parlament, mit denen sie halbwegs übereinstimmen. Kein Teilnehmer an diesem Prozeß hat irgendeine Verantwortung dafür, bei seiner Positionierung darauf zu achten, daß das volle Spektrum an Meinungen vertreten ist.
Weder muß ein Politiker seine Meinung ändern wenn er merkt, daß alle Kollegen ihn zustimmen. Noch muß ein Wähler ein ihm mißliebige Partei wählen, nur damit auch deren Position im Parlament ist.

Und was ist "gesellschaftspolitisch wichtig"? Das entscheidet sich schlicht daran, ob sich genügend Leute dafür engagieren. Wobei man fehlende Massentauglichkeit durchaus mit Fanatismus ausgleichen kann. Die Positionen der frühen Grünen waren weitab von jeder Mehrheitsfähigkeit, aber durch beharrliches Engagement konnten sie 5% und mehr überzeugen.

Zitat
Die Aussage, dass es zu jeder Positionierung zu gesellschaftspolitisch wichtigen Themen im Parlament auch mindestens eine Gegenposition geben sollte, heißt natürlich auch nicht gleichsam, dass jeder "Nischenunsinn" im Parlament vertreten sein muß.


Es geht mir gar nicht nur um Nischen. Auch sehr populäre und verbreitete Forderungen müssen sich nicht im Parlament wiederfinden. Sehr viele an Stammtischen aller Couleur übliche Forderungen würden auf hohe Zustimmungsraten in der Bevölkerung kommen, manche wären sogar mehrheitsfähig.
Und trotzdem vertritt sie im Parlament keiner, weil die dort Agierenden entgegen landläufiger Vorurteile doch über manche Sachen besser Bescheid wissen und daher zum Schluß kommen, daß diese Forderungen realitätsferner Unsinn sind.

Manchmal kommen diese Forderungen doch ins Parlament. Wenn neue Kandidaten (oder Parteien) so unwissend oder so bewußt verlogen sind, daß sie diese im Wahlkampf vertreten und dann ins Parlament kommen.
Das führt regelmäßig zu "Politikverdrossenheit", weil die Forderungen dann doch nicht umgesetzt werden oder sich aber nach Umsetzung eben als realitätsferner Unsinn erweisen.

Zitat
Es ist aber ein Armutszeugnis für den deutschen Parlamentarismus, dass er über viele Jahre nicht dazu fähig war eine marktwirtschaftliche Gegenposition zu diesem Wahnsinn zu etablieren.


Ganz anderes Thema!
Oben ging es um Positionen, die gesellschaftlich relevant sind, aber nicht im Parlament vertreten werden.
Hier geht es um die Forderung, im Parlament solle eine Position vertreten werden, die in der Gesellschaft keine Rolle spielt.
Bzw. keine Rolle spielte - die Gegenbewegung zur "Energiewende" ist erst vor relativ kurzer Zeit von einer bedeutungslosen Sekte zu einer größeren Strömung geworden. Die AfD ist hier nur Trittbrettfahrer, sie hat diese Bewegung weder ausgelöst noch trägt sie wesentlich zu ihr bei.

Zitat
Zitat von R.A. im Beitrag #7
daß Merkel gestürzt wird.
Ich persönlich glaube, dass dieser Sturz nichts ändern würde.


Der würde nicht alles ändern, aber sehr viel.
Es haben sich m. E. eine Reihe von neuen Positionen in der Gesellschaft aufgebaut (z. B. die EEG-Kritik), die auch zunehmend in den Parteien Beachtung finden. Die aber blockiert sind, weil Merkel mit ihrer "wir ändern nichts"-Haltung noch zu dominant ist.
Wir haben derzeit eine politische Verkrustung, typisch für die Spätzeit einer Ära. Mit Merkels Abgang kämen die Dinge wieder in Fluß.

Zitat
Da war ich noch etwas jünger und nicht so sehr politisch interessiert, aber war das bei den Grünen zum Beispiel nicht auch so? Sogar als junger Hüpfer fand ich Fischer in Turnschuhen damals mehr peinlich als cool.


Die Beträge der Grünen im Parlament waren und sind größtenteils verzichtbar oder kontraproduktiv. Da gibt es in der Tat wenig Unterschied zur AfD.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

15.06.2016 14:23
#14 RE: Herrlich! Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #12
Die Regierungen haben für konkrete Vorschläge Budgets und den Beamtenapparat zu Verfügung. Eine Oppositionspartei kann solche Vorschläge in der Regel gerade noch prüfen, haben aber kaum die Ressourcen für mehr.

Da muß ich aus praktischer Erfahrung widersprechen.
Eine parlamentarische Opposition hat sehr wohl die nötigen Ressourcen, um neue politische Ideen zu entwickeln. Und das ist auch ihre Hauptaufgabe. Sie hat auch viel mehr Zeit dazu als die Regierungsparteien, weil sie sich nicht so sehr ums Tagesgeschäft kümmern muß.

Den Beamtenapparat braucht man erst später für die Umsetzung und die Erarbeitung aller Details. Die grundsätzliche Machbarkeit läßt sich aber ohne diesen Apparat beurteilen.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

15.06.2016 14:48
#15 RE: Herrlich! Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #14
Zitat von Martin im Beitrag #12
Die Regierungen haben für konkrete Vorschläge Budgets und den Beamtenapparat zu Verfügung. Eine Oppositionspartei kann solche Vorschläge in der Regel gerade noch prüfen, haben aber kaum die Ressourcen für mehr.

Da muß ich aus praktischer Erfahrung widersprechen.
Eine parlamentarische Opposition hat sehr wohl die nötigen Ressourcen, um neue politische Ideen zu entwickeln. Und das ist auch ihre Hauptaufgabe. Sie hat auch viel mehr Zeit dazu als die Regierungsparteien, weil sie sich nicht so sehr ums Tagesgeschäft kümmern muß.

Den Beamtenapparat braucht man erst später für die Umsetzung und die Erarbeitung aller Details. Die grundsätzliche Machbarkeit läßt sich aber ohne diesen Apparat beurteilen.



Ich sehe doch einen Unterschied zwischen 'politische Idee entwickeln' und 'konkrete Vorschläge' machen. Dazu kommt auch ein Unterschied zwischen einer eingespielten parlamentarischen Opposition und einer im Aufbau befindlichen. Ich kann mich durchaus auch damit zufrieden geben, wenn eine parlamentarische Opposition erst mal schlimmste Entwicklungen öffentlich macht, wenn sie sie schon nicht verhindern kann. Der Vorteil des Parlaments ist, dass man die Opposition nicht so leicht mundtot machen kann, gleichzeitig diese erst mal das Recht zum Zugang zu ansonsten nicht freiwillig herausgerückten Informationen hat.

Gruß, Martin

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

15.06.2016 16:36
#16 RE: Herrlich! Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #15
Ich sehe doch einen Unterschied zwischen 'politische Idee entwickeln' und 'konkrete Vorschläge' machen.

In der Praxis ist der Unterschied meist irrelevant.
Die Idee ist die Vorstufe und gehört in irgendwelche Diskussionen außerhalb des Parlaments. Im Parlament muß die Idee als konkreter Vorschlag präsentiert werden.

Zitat
Dazu kommt auch ein Unterschied zwischen einer eingespielten parlamentarischen Opposition und einer im Aufbau befindlichen.


Der Unterschied ist: Die im Aufbau befindliche hat es leichter, weil sie nicht auf frühere Positionen Rücksicht nehmen muß.
Für die Entwicklung von Vorschlägen ist es nebensächlich, wie lange man schon im Parlament sitzt.

Zitat
Ich kann mich durchaus auch damit zufrieden geben, wenn eine parlamentarische Opposition erst mal schlimmste Entwicklungen öffentlich macht, ...


Das alleine wäre ziemlich sinnlos, nämlich einfaches Rumjammern ohne Alternative. Im Parlament ist das Beklagen von Entwicklungen sinnlos, wenn man nicht eine bessere Lösung anbieten kann.

Zitat
Der Vorteil des Parlaments ist, dass man die Opposition nicht so leicht mundtot machen kann


Und der Nachteil des Parlaments ist, daß die Opposition dann auch etwas sagen muß. Was dazu führen kann, daß inhaltliche Lücken auch sichtbar werden.

Zitat
das Recht zum Zugang zu ansonsten nicht freiwillig herausgerückten Informationen hat.


Das wird überschätzt. Alle für die Entwicklung von poltischen Vorschlägen relevanten Informationen sind in der Regel ohnehin öffentlich.

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




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15.06.2016 17:17
#17 RE: Herrlich! Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #13
was ist "gesellschaftspolitisch wichtig"?
Über diese Frage kann man sicherlich lange und kontrovers diskutieren, um sie erschöpfend zu beantworten. „Hinreichende Bedingungen“ könnte man da vielleicht schon eher nennen. Ein hinreichendes Kriterium für die Zuschreibung gesellschaftlicher Relevanz in meinem Sinne, könnten die monetären Folgekosten der politischen Umsetzung sein. Von mir aus in Anteilen im Bruttoinlandsprodukt oder sowas.

Die Energiewende (das mit Abstand größte innenpolitische Problem dieser Republik in meinen Augen) ist hier das Paradebeispiel. Unvorstellbare Kosten in Verbindung mit nicht diskutierten gesellschaftlichen Risiken.


Zitat von R.A. im Beitrag #13
Kein Teilnehmer an diesem Prozeß hat irgendeine Verantwortung dafür, bei seiner Positionierung darauf zu achten, daß das volle Spektrum an Meinungen vertreten ist.
Absolut. Aber darum, wer Verantwortung trägt, ging es mir nicht. Ich schrieb „hier sollte es geben“. Meine Feststellung ist, dass bei wichtigen Fragen, wie zum Beispiel der Energiewende, einen Gegenposition im Parlament vorhanden sein sollte. Gibt es diese nicht, besteht grundsätzlich ein Problem, ohne die Verantwortung dafür jemandem zuschieben zu wollen. Es ist sicherlich richtig, dass eine „fehlende Gegenposition“ im Parlament noch kein Beinbruch ist. Zu viele, das hatten wir an vielen Stellen im Forum bereits, sind (zumindest in meinen Augen) Symptom einer Krankheit, die ich mittlerweile „Alternativlosigkeits Tyrannis“ nenne.


Zitat von R.A. im Beitrag #13
Und was ist "gesellschaftspolitisch wichtig"? Das entscheidet sich schlicht daran, ob sich genügend Leute dafür engagieren. …
Dem stimme ich nicht zu, lieber R.A. Die Energiewende war, noch vor der Grenzöffnung durch Merkel, in meinen Augen eine der folgenschwersten, innenpolitischen Entscheidungen unserer Republik. Die Veränderungen, die die Energiewende in unserem Land bedingen wird, und die immensen Kosten, die sich niemals einer Kosten Nutzen Analyse unterziehen mußten, sind völlig unabhängig, von der Anzahl der Befürworter oder Gegner.

Nun ist deine Argumentation natürlich richtig: Wenn sich keine Gegenposition im Parlament findet, findet sich eben keine. Man kann die nicht verordnen oder sicherstellen. Absolut. Ich gehe auch nur einen weiteren Schritt: Ich stelle fest, dass ein Parlament, das solch weitreichenden Entscheidungen wie die Energiewende nicht mit unterschiedlichen, diametralen Positionen abbildet, problematisch ist. Das ist zunächst einmal lediglich mein persönliches Werturteil.


In diesem Sinne:
Zitat von R.A. im Beitrag #13
Hier geht es um die Forderung, im Parlament solle eine Position vertreten werden, die in der Gesellschaft keine Rolle spielt.
Sie spielt keine Rolle in der Gesellschaft aber eine ganz entscheidende Rolle für die Gesellschaft. Um die "für-Variante" geht es mir.


Zitat von R.A. im Beitrag #13
die Gegenbewegung zur "Energiewende" ist erst vor relativ kurzer Zeit von einer bedeutungslosen Sekte zu einer größeren Strömung geworden.
Dem stimme ich so nicht zu. Die Gegenbewegung ware durchaus vorhanden, aber man versuchte sie (erfolgreich) mit moralischen Argumenten zu diskreditieren. Vor noch nicht allzu langer Zeit wurden Wissenschaftler und Journaliste noch per „Amtsstempel“ aus dem Kreis derer die mitreden dürfen ausgeschlossen. Maxeiner prozessiert noch heute dagegen und hat in erster Instanz verloren.

Unser Parlament ist, wie es ist und ich möchte hier keine Vorschlag unterbreiten, wie man es besser macht. Wenn eine Regierung aber beschließt 1000 Milliarden EUR auszugeben und im Parlament über 10 Jahre hinweg keine Debatte darüber entbrennt, ob diese Entscheidung per se richtig oder falsch ist, bedarf es keinen großen Mutes festzustellen, dass dies kein „gesunder Zustand“ ist.

Und auch wenn es nur eine Sekte war, die gegen die Energiewende opponierte, ist es auch ein ungesunder Zustand zu nennen, wenn eine liberale Partei der Planwirtschaft Wort redet anstatt einer Marktwirtschaft und diese Position im Parlament auch vertritt. Das tut die von mir gemeinte Partei im Kern bis heute noch. Die Energiewende (die Planung der Versorgung der Bevölkerung mit einem Gut) steht nicht in Frage, nur das wie.

Mein Punkt mit der AfD war nun (Die Energiewende ist da nur ein Beispiel, es gibt ja andere ähnliche Themen): Wenn man wollte, könnte man sich heute mit der AfD politisch gegen die Energiewende positionieren, die ich ganz persönlich für den größten und gefährlichsten derzeit verzapften innenpolitischen Unsinn halte. Das ist per se besser, als diese Position gar nicht beziehen zu können, auch wenn an diesem Paket eine ganze Menge andere Sachen dranhängen, die ich nicht besonders gut finde. Ich glaube übrigens, nebenbei bemerkt, dass für nicht wenige Menschen die Stimme contra Energiewende durchaus ein Grund ist, die AfD zu wählen. Mir wäre natürlich auch lieber, es gäbe eine liberale Partei in unserem Land, die marktwirtschaftliche Prinzipien auch bei der Energieversorgung als angebracht empfände, aber die gibt es nicht.

Ich begreife in diesem Sinne das Auftreten der AfD, wie es jemand auch schon hier anmerkte, als ein Funktionieren des Systems. Die AfD hat diese, nach dem objektiven Kriterium der Folgekosten, wichtig politische Frage (Energiewende) endlich in Parlamente gebracht. Natürlich hoffe ich, dass eine gewisse Partei entdeckt, dass diese Position aus marktwirtschaftlicher Sicht eigentlich auch ihre intrinsisch eigene sein sollte und sie endlich auch einnimmt aber davon scheint sie derzeit Lichtjahre entfernt, wenn ich ihre Positionierungen dazu lese. Ich zähl auf dich!


Zitat von R.A. im Beitrag #13
Es haben sich m. E. eine Reihe von neuen Positionen in der Gesellschaft aufgebaut (z. B. die EEG-Kritik), die auch zunehmend in den Parteien Beachtung finden. Die aber blockiert sind, weil Merkel mit ihrer "wir ändern nichts"-Haltung noch zu dominant ist.
Da hast du Recht. Aber es braucht nicht nur Merkel die weg ist, sondern auch den Druck von außen auf die jeweilige Position. Ich möchte dich damit wirklich nicht ärgern aber du siehst das ja an der FDP, die es selbst in der aktuellen Situation nicht schafft, sich gegen die Energiewende zu positionieren. Alles was ich von der FDP dazu lese ist, sie anderes zu organisieren – also Planwirtschaft ja…. Nur eben liberal. Das ist in meinen Augen ein Unding.

Und da bin ich da, wo meine Gedanken anfingen, warum es bei der AfD Kritik immer in mir zuckt und dem Versuch das zu begründen: Die AfD ist für mich in erster Linie nicht eine „nicht liberale Partei“ mit „fragwürdigen Tendenzen“. Das sind derzeit (für mich) in gewissem Maße alle anderen Parteien auch. Die AfD ist für mich in erster Linie eine Partei, die zu vielen Fragen eine Option bietet, sie in den Parlamenten anders vertreten zu sehen. Der Haufen kann so chaotisch sein wie er will und sein Personal bis zum Anschlag dilettantisch. Die anderen Parteien werden auf kurz oder lang zur Kenntnis nehmen müssen, dass diese Positionen gewählt werden – selbst ohne Konzept dazu. Wenn sie clever sind, nehmen sie das auf und bieten Konzepte dazu. Das wäre, nach dem Entstehen der AfD, der zweite Nachweis dafür, dass unser Parlamentarismus noch funktioniert. Genau dafür ist die AfD gut. Das liest man viel zu selten, bis gar nicht.

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Martin Offline



Beiträge: 4.129

15.06.2016 18:06
#18 RE: Herrlich! Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #16

In der Praxis ist der Unterschied meist irrelevant.
Die Idee ist die Vorstufe und gehört in irgendwelche Diskussionen außerhalb des Parlaments. Im Parlament muß die Idee als konkreter Vorschlag präsentiert werden.


Das liest sich, als wäre der Unterschied zwischen Produktidee und Lastenheft irrelevant. In der Realität liegt dazwischen aber viel Arbeit. Was natürlich nicht für jede Pillepalle-Sache gilt. Die großen Projekte, wie Gesundheitsreform, Hartz IV kann eine kleine Oppositionspartei schwer mit einem in vergleichbarem Detail durchgearbeiteten Vorschlag kontern, zumal da auch eine Menge Verhandlungen mit Organisationen hineinspielen.

Zitat
Der Unterschied ist: Die im Aufbau befindliche hat es leichter, weil sie nicht auf frühere Positionen Rücksicht nehmen muß.
Für die Entwicklung von Vorschlägen ist es nebensächlich, wie lange man schon im Parlament sitzt.



Nein, aber man hat eingespielte Teams und Strukturen, Leute, die das nicht im Nebenjob machen. Das ist viel wert.

Zitat
Das alleine wäre ziemlich sinnlos, nämlich einfaches Rumjammern ohne Alternative. Im Parlament ist das Beklagen von Entwicklungen sinnlos, wenn man nicht eine bessere Lösung anbieten kann.



Nicht für mich, das ist erst mal Information, die meine nächste Wahl beeinflusst. Die bessere Lösung gibt es eh nicht, sondern nur die, für die sich die Mehrheit entscheidet.

Zitat
Und der Nachteil des Parlaments ist, daß die Opposition dann auch etwas sagen muß. Was dazu führen kann, daß inhaltliche Lücken auch sichtbar werden.

Ich meinte, ein Vorteil für mich, als Informierter. Dazu gehören auch Lücken.

Zitat
Das wird überschätzt. Alle für die Entwicklung von poltischen Vorschlägen relevanten Informationen sind in der Regel ohnehin öffentlich.

Ich erinnere mich an einen Beitrag von Willsch auf Tichys Einblick: http://www.rolandtichy.de/gastbeitrag/gr...lichen-rettung/ aus dem man auch herauslesen kann, wie wichtig der rechtzeitige Zugriff auf Dokumente sein kann. Ich hätte auf die dort erwähnten Dokumente sicher keinen Zugriff gehabt.

Gruß, Martin

TF Offline



Beiträge: 281

15.06.2016 19:35
#19 RE: Herrlich! Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #16
Zitat von Martin im Beitrag #15

Zitat:Ich kann mich durchaus auch damit zufrieden geben, wenn eine parlamentarische Opposition erst mal schlimmste Entwicklungen öffentlich macht, ...

Das alleine wäre ziemlich sinnlos, nämlich einfaches Rumjammern ohne Alternative. Im Parlament ist das Beklagen von Entwicklungen sinnlos, wenn man nicht eine bessere Lösung anbieten kann.



Das ist im Kern eine staatsgläubige Argumentation. Sehr oft ist das schiere Unterlassen die beste Alternative. Die einzig vernünftige "Energiewende" ist beispielsweise gar keine (politisch-ideologisch gesteuerte) Energiewende. Das beste "Gender Mainstreaming" ist gar keins, der beste "Klimaschutz" ist gar keiner, die beste Griechenland-"Rettung" ist gar keine. Rente mit 63, Mindestlohn, Energiewende und die von Merkel letzten September in Gang gesetzte verschärfte Zuwanderungswelle waren Fehler, die durch bloßes Unterlassen vermieden worden wären.

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

15.06.2016 21:11
#20 RE: Herrlich! Antworten

Zitat von TF im Beitrag #19
Die einzig vernünftige "Energiewende" ist beispielsweise gar keine (politisch-ideologisch gesteuerte) Energiewende. Das beste "Gender Mainstreaming" ist gar keins, der beste "Klimaschutz" ist gar keiner, die beste Griechenland-"Rettung" ist gar keine. Rente mit 63, Mindestlohn, Energiewende und die von Merkel letzten September in Gang gesetzte verschärfte Zuwanderungswelle waren Fehler, die durch bloßes Unterlassen vermieden worden wären.
Vielen Dank für das Herausstellen dieses offensichtlichen Sachverhaltes, den ich mir gar nicht mehr richtig bewußt mache.

Das mag ein ernstes Problem marktliberaler Politik sein: Sie bietet, vernünftig betrieben, aktionistischen Selbstdarstellern, von denen es in der Politik wimmelt, kein geeignetes Betätigungsfeld.

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

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Frank2000 Offline




Beiträge: 3.424

15.06.2016 22:29
#21 RE: Herrlich! Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #13

Die AfD ist hier nur Trittbrettfahrer, sie hat diese Bewegung weder ausgelöst noch trägt sie wesentlich zu ihr bei.



Dsa könnte höchstens auf die Nach-Essen-AfD zutreffen. Also auf die Nach-Lucke-AfD. Lucke und sein tausenden Mitstreiter die die AfD gegründet haben, war absolut integre Persönlichkeiten, die unter maximalem persönlichen Einsatz gegen massive Widerstände die Themen Moloch EU, EU-Subventionitis, Klimarettungscircus und ein Dutzend weitere Themen überhaupt erst auf die Tagesordnung gebracht haben. Übrigens war auch das Einwanderungsgesetz unter Lucke schon ein Thema (die Original-AfD wollte es haben).

Wenn es überhaupt eine Partei gibt, die maximal überflüssig ist, dann ist das die FDP. Keine andere Partei hat ihre Werte so verraten, die Wähler so oft betrogen und persönliche Interessen in Form von Ämtern über das politische Ziel gestellt. Mag sein, dass viele FDP-Politiker im Prinzip über die intellektuellen Fähigkeiten verfügt hätten, um für Deutschland einen positiven Beitrag zu leisten. Aber was nützt das Potential, wenn in der tatsächlichen Politik der klare Menschenverstand und alle liberalen Ideen so skrupellos mit Füßen getreten werden.

___________________
Kommunismus mordet.
Ich bin bereit, über die Existenz von Einhörnern zu diskutieren. Aber dann verlange ich außergewöhnlich stichhaltige Beweise.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

16.06.2016 10:21
#22 RE: Herrlich! Antworten

Zitat von TF im Beitrag #19
Zitat von R.A. im Beitrag #16
Im Parlament ist das Beklagen von Entwicklungen sinnlos, wenn man nicht eine bessere Lösung anbieten kann.

Das ist im Kern eine staatsgläubige Argumentation. Sehr oft ist das schiere Unterlassen die beste Alternative.

Selbstverständlich ist Unterlassen oft die bessere Alternative. Und dann muß man das auch im Parlament sagen - dazu braucht man erst recht keine bürokratische Unterstützung.
"Staatsgläubig" wäre man nur, wenn man immer nur Alternativen vorschlägt, die zusätzliches staatliches Handeln vorsehen.

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.425

16.06.2016 14:50
#23 RE: Herrlich! Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #22

Selbstverständlich ist Unterlassen oft die bessere Alternative. Und dann muß man das auch im Parlament sagen - dazu braucht man erst recht keine bürokratische Unterstützung.
"Staatsgläubig" wäre man nur, wenn man immer nur Alternativen vorschlägt, die zusätzliches staatliches Handeln vorsehen.


Stimmt, aber das ist so, wie die Verhältnisse gestrickt sind, nicht vorgesehen. Einmal gesetzte Rahmenbedingungen bei Erfolg in Ruhe lassen & auf Selbstorganisation externer Faktoren wie Märkte zu setzen hat ja sofort das Etikett "Reformstau" draufkleben (verstärkt: "Besitzstand/Privilegienwahrung", aktuell: "wollen in die Sklavenhalterzeit der 50er zurück, als sich die [x][y][z] noch verstecken mussten"). Politik ist nach zeitgemäßer Auffassung allzuständig, entweder als Protektor, als Jobmaschine, als Gleichheitsgarant für alle Zukurzgekommenen. Ist seit 50 Jahren allseitiger Konsens. Seit der Grünwende um die Jonas'sche "Verantwortungsethik" komplettiert zur geschlossenen, argumentativ nicht mehr aufbrechbaren Monade. Die unhinterfragbare Prämisse ist nun mal, daß der Staat das gelingende Leben zu liefern hat, 24/7/365; alles andere bricht den contrat social; dafür darf er als Preis seinen Schützlingen jede Einflussnahme & 80% Einkommen ohne jede messbare Gegenleistung abknappsen (das ist der Grund, warum die jede Bananenkrümmung mitmachen & für Strom auch noch das 10fache zahlen werden); das Staatsverständnis ist 1:1 Hobbes; nur durch 3 Generationen Wohlstandsverfettung Richtung Ponyhof ("Wärmestrom" genannt) umgestriegelt. Es hat schon seinen Grund, warum in dieser Zeit Liberalismus nur in der Schwundform "Wir-sind-die-Steuersenkungspartei" existiert hat, was die öffentliche Debatte angeht.



Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire

Werwohlf Offline




Beiträge: 997

16.06.2016 22:55
#24 RE: Herrlich! Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #20
Das mag ein ernstes Problem marktliberaler Politik sein: Sie bietet, vernünftig betrieben, aktionistischen Selbstdarstellern, von denen es in der Politik wimmelt, kein geeignetes Betätigungsfeld.

Schlimmer. Wer überhaupt kann sich schon mit der Aussicht, gewählt zu werden, hinstellen, wenn er sagt: "Ich werde mich nach Kräften bemühen, dass in den nächsten vier Jahren kein einziges neues Gesetz beschlossen wird!"? Und doch wäre das gegenüber dem Gewohnten die bessere Politik.

--
Bevor ich mit den Wölfen heule, werd‘ ich lieber harzig, warzig grau,
verwandele ich mich in eine Eule oder vielleicht in eine graue Sau.
(Reinhard Mey)

Werwohlf Offline




Beiträge: 997

16.06.2016 23:11
#25 RE: Herrlich! Antworten

Zitat von Dennis the Menace im Beitrag #11
IMHO kommt es eigentlich weniger darauf an, dass es irgendeine Opposition gibt, egal welche. Die APO (das sagt ja schon der Name) war auch eine, heute 68er genannt und in AfD-Kreisen nicht unbedingt beliebt, obwohl damals richtig fetzig, quasi gegen alles, oppositioneller ging's kaum. Gut, in Zeiten, in denen alles verharzt erscheint (wie weiland in den 60ern und möglicherweise auch heute) mag alleine diese Tatsache als attraktiv rüberkommen. Zur Tagesordnung übergehen muss man allerdings auch wieder irgendwann.
Aber das ist doch das Problem. "Außerparlamentarische Opposition" ist, wenn der Name nicht nur Anmaßung sein soll, im Grunde ein Systemfehler. Im Parlament sollen die Ideen aufeinander treffen und ihre Protagonisten miteinander streiten. Dazu ist diese Institution u.a. da, und dafür hat sie auch in langer Tradition einen angemessenen Rahmen erhalten.

Im wiedervereinigten Deutschland gilt das nicht mehr. Zum einen hat sich in den Institutionen (Politik, Lehre, Medien) eine ungefähr gleich sozialisierte und gleich denkende Elite etabliert, die zwar nicht zentral geführt wird, aber sich dennoch z.T. mafiöser Strukturen bedient, und die dafür sorgt, dass dem Bürger so gut wie überall eine Quasi-Einheitsmeinung gegenüber tritt. Und zum anderen haben Parlamentsdebatten ihre Rolle längst an die Talkshows abgegeben, wo nicht mehr gewählte Abgeordnete, sondern nach dem Gutdünken von Angehörigen der o.g. Elite ausgewählte Damen und Herren so etwas wie Politik veranstalten sollen.

All das bedeutet zwar nicht zwingend und unmittelbar den Untergang der deutschen Nachkriegsdemokratie. Es tut ihr aber alles andere als gut. Deswegen ist das parlamentarische Aufflackern der AfD selbstverständlich genau so zu begrüßen wie die Etablierung einer Partei klar links von der SPD (es hätten nur nicht unbedingt die Mauermörder sein müssen...).

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