Beim Referendum über den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union wäre ich mit Sicherheit ein Remainer gewesen. Bei der Stichwahl zum österreichischen Bundespräsidenten hätte ich wohl, wenn auch unter Bauchschmerzen, für van der Bellen gestimmt oder "weiß" gewählt.
Zitat Für alle Verschwörungstheoretiker, die davon überzeugt sind, dass "die da oben" ohnehin gemeinsame Sache machen, ist heute wohl ein schwarzer Tag. Denn der VfGH hat in seiner Entscheidung ganz offensichtlich und nach dem Brexit-Schock entgegen dem Argwohn nicht nur der üblichen Verdächtigen keinerlei Rücksicht auf die politische Opportunität genommen.
Nicht nur deswegen. So wie es aussieht, sind die Verstöße ziemlich ausgeglichen in Hofer- und vdB-Bezirken passiert.
Zitat Österreich mag nicht die akribischsten Wahlhelfer und das verschwiegenste Innenministerium haben. Aber zu ihrer funktionierenden Gewaltenteilung kann man die Alpenrepublik jedenfalls heute nur beglückwünschen.
In der Tat. Vor allem wenn man anschaut, dass in Piefkistan derlei gar nicht gewünscht wird:
Zitat Schlecht ist natürlich, dass die Verfassungsrichter diese offenkundige Absicht der radikalen Rechten, das Vertrauen in die Demokratie zu untergraben, überhaupt nicht adressierten. Die Verfassungsrichter einer demokratischen Republik hätten aber schon auch die Aufgabe, nicht nur formaljuristisch zu argumentieren, sondern die ostentativen Diskreditierungsabsichten der autoritären Rechten zumindest zu erwähnen.
Soll heißen: Wenn eine politisch unerwünschte Partei im Rechtsstaat vor Gericht Recht bekommt, hat das Gericht sich zumindest politisch davon zu distanzieren und darf keinen Zweifel an der eigenen Gesinnung lassen. Pfui.
Zitat Bundespräsident Heinz Fischer muss am 8. Juli aus dem Amt scheiden. Da es kein neu gewähltes Staatsoberhaupt gibt, gilt die Stelle des Bundespräsidenten als „dauernd erledigt“, wie es in der Verfassung heißt. In diesem Fall übernehmen die drei Nationalratspräsidenten Doris Bures, Karlheinz Kopf und Norbert Hofer die Funktion des Bundespräsidenten. Dass Hofer gleichzeitig Hofburgkandidat ist, spielt rechtlich keine Rolle.
@ Petz Die wirklich offensichtliche Verachtung von SPON für den Rechtsstaat empfinde ich inzwischen als Bedrohung.
___________________ Kommunismus mordet. Ich bin bereit, über die Existenz von Einhörnern zu diskutieren. Aber dann verlange ich außergewöhnlich stichhaltige Beweise.
Zitat von Noricus im Blog Aber zu ihrer funktionierenden Gewaltenteilung kann man die Alpenrepublik jedenfalls heute nur beglückwünschen.
In der Tat. Vor allem wenn man anschaut, dass in Piefkistan derlei gar nicht gewünscht wird:......
Mach sein, aber im Vergleich zu den gewöhnlich als leuchtendes Vorbild betrachteten USA erscheint Piefkistan in dieser Hinsicht noch einigermaßen akzeptabel.
Jenseits des Teiches werden Verfassungsrichter in aller Offenheit und weitgehend ohne den Versuch der Camouflage POLITISCH ausgeguckt. Die Einteilung der Damen und Herren in "liberal" und "conservative" ist vollkommen selbstverständlich und tägliche Praxis in Berichterstattungen aller Art, die das oberste Gericht betreffen.
Bezeichnend dieser Wiki-Artikel, wo "ideological leaning" ganz locker und ohne große Empörungsübungen als nackte Tatsche angenommen wird. Man kann in diesem Zusammenhang insbesondere an die Florida-Geschichte bei der Wahl Bush/Gore denken.
Andererseits könnte man sagen: Die Amis sind halt Pragmatiker und beschäftigen sich nicht lange mit romantischen, naiven Theorien aus der Studierstube wie "Unparteilichkeit", auch wenn die aus dicken Lehrbüchern einschlägiger pundits entnehmbar sind. Wie dem auch sein, ein weites Feld jedenfalls, diese Thematik.
Zitat von Frank2000 im Beitrag #4@ Petz Die wirklich offensichtliche Verachtung von SPON für den Rechtsstaat empfinde ich inzwischen als Bedrohung.
So weit würde ich nicht gehen.
Die Unverschämtheit des Spiegel liegt ja nicht darin, dass er selber den Rechtsstaat gering schätzt, sondern a) das Gleiche von der Justiz erwartet (und da werden wirklich unangenehme Assoziationen an die Justiz zweier deutscher Diktaturen wach), noch dazu b) in einem befreundeten Land (dessen Wesen offenbar aber dringender Genesung bedarf), und c): Wenn es sich nicht so verhält, bekommt es von der Demokratieprüfstelle an der Brandstwiete das prädikat "demokratisch" entzogen.
Zitat von Frank2000 im Beitrag #4@ Petz Die wirklich offensichtliche Verachtung von SPON für den Rechtsstaat empfinde ich inzwischen als Bedrohung.
Um den Rechtsstaat verachten zu können, müßte man seine Prinzipien zunächst einmal verstanden haben, und bereits da habe ich bei vielen "wohlgesinnten" Journalisten, insbesondere bei SpOn oftmals erhebliche Zweifel. Ein Beispiel für Hanlonˋs razor scheint mir. Ob das viel beruhigender ist, ist freilich eine andere Frage.
Herzliche Grüße, Andreas
"Man kann einen gesellschaftlichen Diskurs darüber haben, was Meinungsfreiheit darf. Oder man hat Meinungsfreiheit." (Christian Zulliger)
Mach sein, aber im Vergleich zu den gewöhnlich als leuchtendes Vorbild betrachteten USA erscheint Piefkistan in dieser Hinsicht noch einigermaßen akzeptabel.
Jenseits des Teiches werden Verfassungsrichter in aller Offenheit und weitgehend ohne den Versuch der Camouflage POLITISCH ausgeguckt. Die Einteilung der Damen und Herren in "liberal" und "conservative" ist vollkommen selbstverständlich und tägliche Praxis in Berichterstattungen aller Art, die das oberste Gericht betreffen.
Sehe ich genau andersrum.
Verfassungsrichter sind auch nur Menschen. Und selbstverständlich haben sie auch politische Einstellungen, die sie unter der Robe nicht einfach abstreifen. Und selbstverständlich fließen diese Einstellungen auch in ihre Urteile ein. Weil das einfach die menschliche Natur ist, ist dass in den USA nicht anders als in Deutschland.
In Deutschland wird jedoch die Fiktion der weisen überparteilichen Verfassungsrichter gepflegt (und mehr als eine Fiktion ist es nicht). Das Verfassungsgericht gilt daher als objektiv "gut" ist einer kritischen Berichterstattung weitgehend entzogen.
Anders in den USA. Dort ist der Blick auf die Verfassungsrichter wesentlich realistischer. Und der Supreme Court wird durch eine kritische Presse begleitet. Die Öffentlichkeit schaut dort sogar so genau hin, dass man das Abstimmungsverhalten von jedem einzelnen Verfassungsrichter getrennt unter die Lupe nimmt. Politisch interessierte Amerikaner werden i.d.R. zumindest einige der obersten Richter und deren Spruch-Tendenz persönlich kennen. (Und selbst ich als politisch interessierter Deutscher kenne mehr Richter des Supreme Court als Richter des Bundesverfassungsgerichts).
Wichtig ist diese kritische Öffentlichkeit v.a. beim Ernennungsverfahren. In den USA ist das ein sehr öffentlich geführtes Verfahren. Wenn der Präsident jemanden nominiert, der wenig Erfahrung als Richter hat aber einem extremen politischen Lager angehört, dann wird das thematisiert und das wirft dann ggf. aus Sicht von mittigen Wählern ein schlechtes Licht auf den Präsidenten.
Aber auch in der Gerichtspraxis hat eine kritische Begleitung natürlich einen Effekt. Einen Richter, der in der Presse ständig wegen seiner Spruchpraxis angegangen wird, wird das vielleicht nicht gänzlich unbeeindruckt lassen.
Im Vergleich dazu wird in Deutschland das Bundesverfassungsgericht faktisch mindestens genauso parteipolitisch besetzt wie in den USA der Supreme Court. (Es gab in der Geschichte der Bundesrepublik noch NIE auch nur einen einzigen Richter, der nicht von einer politischen Partei vorgeschlagen worden wäre). Nur geschieht das weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit in irgendwelchen Hinterzimmern. Und die Urteile des BVerfG werden öffentlich auch nie kritisch hinterfragt. Erst recht nicht die Spruchpraxis von einzelnen Richtern.
Nehmen wir nur mal ein zufällig herausgegriffenes Beispiel: https://de.wikipedia.org/wiki/Susanne_Baer Susanne Baer wurde von den Grünen nominiert. Vor ihrer Ernennung war sie Leiterin des GenderKompetenzZentrums an der Humboldt Universität Berlin und ist bis heute Redaktionsmitglied von "Streit – feministische Rechtszeitschrift". Sie war vor ihrer Wahl noch nie als Richterin tätig. Davon auszugehen, dass Frau Baer "objektiv richtige Urteile" fällt, ohne dass darin auch ihre politische Weltanschauung einfließt, wäre doch recht blauäugig. In den USA würde es bei einer solche Nominierung aus einer (vorsichtig formuliert) sehr pointierten politischen Richtung und mit Null (!) vorangehender Erfahrung als Richterin sicher eine intensive politische Debatte geben. In Deutschland gibt es diese Debatte nicht.
Zitat von Frank2000 im Beitrag #4@ Petz Die wirklich offensichtliche Verachtung von SPON für den Rechtsstaat empfinde ich inzwischen als Bedrohung.
Jetzt muss man aber fairerweise dabei sagen, dass es sich bei dem betreffenden Artikel um einen Gastbeitrag handelt UND das den Aussagen dieses Artikels in der Mehrheit der Kommentare eine ziemlich klare Abfuhr erteilt wird. Nicht das ich die Konfettikanone der Demokratie unbedingt verteidigen wollte, aber das offene Infragestellen des Rechtsstaates ist auch dort nicht tägliches Geschäft.
Zitat von Florian im Beitrag #8 In Deutschland wird jedoch die Fiktion der weisen überparteilichen Verfassungsrichter gepflegt (und mehr als eine Fiktion ist es nicht). Das Verfassungsgericht gilt daher als objektiv "gut" ist einer kritischen Berichterstattung weitgehend entzogen.
Gut, aber hier im Thread wird doch gerade eine kritische Berichterstattung (das entsprechende österreichische Gericht betreffend) als Ungeheuerlichkeit und Angriff auf den Rechtsstaat abgehandelt. Was gilt denn jetzt? Darf man oder darf man nicht?
Zitat von Florian im Beitrag #8 Die Öffentlichkeit schaut dort sogar so genau hin, dass man das Abstimmungsverhalten von jedem einzelnen Verfassungsrichter getrennt unter die Lupe nimmt.
Auch okay. Die Veröffentlichung von unterlegenen Einzelvoten gibt's in D seit geraumer Zeit allerdings auch. Wie es mit dem Interesse einer breiteren Öffentlichkeit, also jenseits von Spezialisten und Politikjunkies, jeweils in D/USA im Vergleich wohl bestellt ist…..hmmm…ich fürchte, abseits von spektakulären Angelegenheiten ist das Interesse hier wie dort nicht unbedingt riesengroß. Aber wie dem auch sei, vermutlich ist der Blick in D generell vom obrigkeitsstaatlicherer Art, das zeigt sich ja auch in diversen anderen Zusammenhängen.
Zitat von Florian im Beitrag #8 Anders in den USA. Dort ist der Blick auf die Verfassungsrichter wesentlich realistischer. Und der Supreme Court wird durch eine kritische Presse begleitet.
Gut so, aber unsere darf ja nicht, oder doch? Ansonsten: Einverstanden . Mein Begriff war "pragmatisch", also praktisch dito.
Zitat von Florian im Beitrag #8 Wichtig ist diese kritische Öffentlichkeit v.a. beim Ernennungsverfahren. In den USA ist das ein sehr öffentlich geführtes Verfahren.
Richtig, aber erst NACHDEM der Kandidat/Die Kandidatin vom Präsidenten aus dem Hut gezaubert wurde.
Zitat von Florian im Beitrag #8 Wenn der Präsident jemanden nominiert, der wenig Erfahrung als Richter hat aber einem extremen politischen Lager angehört, dann wird das thematisiert und das wirft dann ggf. aus Sicht von mittigen Wählern ein schlechtes Licht auf den Präsidenten.
Kann gut sein, aber wir haben halt keinen Präsidenten in dieser Machart, deswegen kann diese Causa schlecht einem Vergleich unterzogen werden. Da Bundestag und Bundesrat vorschlagen und selbst abstimmen (mit 2/3-Mehrheit im Ausschuß) läuft's hier darauf hinaus: Stimmst du für meinen Müller, wähle ich deinen Mayer, im Reißverschlussverfahren. Da ist parteipolitisch orientiertes Gekungel natürlich kein bug, sondern ein feature. Aber ob es sonderlich goutiert würde, wenn Gauck oder Merkel ein persönliches Vorschlagsrecht hätten, das alternativlos wäre, also so wie drüben, ….nu ja. Dem Verfahren hier könnte man zugute halten, dass immerhin eine gewisse, sozusagen kybernetische Ausgewogenheit entsteht. Drüben hängt das an der Abfolge von Präsidentschaften, die möglichst "gemischt" sein sollten und der Zufälligkeit, wann Benennungen jeweils "fällig"werden.
Zitat von Florian im Beitrag #8 Aber auch in der Gerichtspraxis hat eine kritische Begleitung natürlich einen Effekt. Einen Richter, der in der Presse ständig wegen seiner Spruchpraxis angegangen wird, wird das vielleicht nicht gänzlich unbeeindruckt lassen.
Die Tatsache, dass die auf Lebenszeit berufen sind und Pensionierung nur auf eigenem Wunsch erfolgt spricht eigentlich eher dagegen. Denen kann keiner was…..außer erschießen. Gut, Impeachment geht auch - falls die selber jemanden erschießen.
Zitat von Florian im Beitrag #8 Im Vergleich dazu wird in Deutschland das Bundesverfassungsgericht faktisch mindestens genauso parteipolitisch besetzt wie in den USA der Supreme Court. (Es gab in der Geschichte der Bundesrepublik noch NIE auch nur einen einzigen Richter, der nicht von einer politischen Partei vorgeschlagen worden wäre). Nur geschieht das weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit in irgendwelchen Hinterzimmern.
Okay, aber BEVOR ein Kandidat durch den Präsidenten nominiert wird ist drüben allerdigs ebenfalls erstmal das Hinterzimmer angesagt, respektive: Es wird überhaupt nicht bekannt, welche Verfahrensweisen und Überlegungen den Präsidenten dazu veranlassen,einen bestimmten Kandidaten zu nominieren - egal ob im Vorderzimmer oder Hinterzimmer ausgeguckt: Das Verfahren bis zu diesem Zeitpunkt intransparent - das darf es ja auch sein, denn der Präsident hat nun mal das alleinige Vorschlagsrecht und sonst niemand. Niemand ist zum "Reinreden" berechtigt. Es ist ferner vollkommen klar, dass Kandidaten, die dem jeweils anderen politischen Lager zuzurechnen sind, von vornherein durch den Rost fallen. Das "Grillen" im Senat kommt erst ab diesem Zeitpunkt und da der Hebel des Senates effektiv kürzer ist, kommt es i.d.R. zu keiner Machtprobe.
Zitat von Florian im Beitrag #8 Susanne Baer wurde von den Grünen nominiert. Vor ihrer Ernennung war sie Leiterin des GenderKompetenzZentrums an der Humboldt Universität Berlin und ist bis heute Redaktionsmitglied von "Streit – feministische Rechtszeitschrift". Sie war vor ihrer Wahl noch nie als Richterin tätig. Davon auszugehen, dass Frau Baer "objektiv richtige Urteile" fällt, ohne dass darin auch ihre politische Weltanschauung einfließt, wäre doch recht blauäugig. In den USA würde es bei einer solche Nominierung aus einer (vorsichtig formuliert) sehr pointierten politischen Richtung und mit Null (!) vorangehender Erfahrung als Richterin sicher eine intensive politische Debatte geben. In Deutschland gibt es diese Debatte nicht.
Nur um klar zu stellen, dass Grünens hier rein zufällig als Beispiel gezogen wurden und nicht, weil die halt immer irgendwie anstößig sind , könnte man bei der Gelegenheit auch gleich zum Beispiel über den von der CSU nominierten und und später gewählten Herrn Peter Huber debattieren, der auch keine Richtererfahrung hat; Null (!). Dieses "Schicksal" teilt er übrigens mit nicht wenigen daselbst. Und wieso der als expliziter Kritiker des Maastricht-Vertrages und langjähriges CDU-Mitglied womöglich weniger "pointiert" sein soll, könnte dann auch noch geklärt werden.
Zitat von Florian im Beitrag #8 Ist das wirklich besser?
Hmmm….schwierige Frage. Man muss wohl die unterschiedlichen Traditionen berücksichtigen; und egal wie man's macht: Ein politisches Geschmäckle ist eh unvermeidbar, scheint mir. Vielleicht läuft's darauf hinaus: Mit einer passablen Annäherung an die idelistischen Ideen der Gewaltenteilung kann man schon zufrieden sein. Eine strikte Trennung mit meterdicken Betonmauern geht halt nicht.
Zitat von Dennis the Menace im Beitrag #10 Nur um klar zu stellen, dass Grünens hier rein zufällig als Beispiel gezogen wurden und nicht, weil die halt immer irgendwie anstößig sind , könnte man bei der Gelegenheit auch gleich zum Beispiel über den von der CSU nominierten und und später gewählten Herrn Peter Huber debattieren, ....
Ich vermute, die Informationen über Baer gehen auf Danisch zurück, der zu ihrem Fall nicht nur intensiv recherchiert, sondern auch stützende Aussagen vor Gericht erwirkt hat. Beispiel: http://www.danisch.de/blog/2016/06/22/ei...rin-auf-reisen/
Zitat Die hat bei der Richterwahl systematisch getäuscht, und der Wahlauschuss kannte sie nicht, hat sie nie gesehen, nie mit ihr gesprochen, Hammer obendrauf: Die haben nicht mal geprüft, ob sie überhaupt die notwendigen Staatsexamen hat, hat man einfach so „vergessen”. Man hat von ihr nur den Lebenslauf und die Dienstakte, sonst nichts, und sie einfach so durchgewinkt. Frauenquote. Weil man sie für eine normale Professorin hielt.
Es würde sich sicher lohnen, die Prozeduren zur Ernennung von Verfassungsrichtern inkl. vergangener Fälle genauer unter die Lupe zu nehmen, Baer muss kein Einzelfall sein.
Zitat von Florian im Beitrag #8Verfassungsrichter sind auch nur Menschen. Und selbstverständlich haben sie auch politische Einstellungen, die sie unter der Robe nicht einfach abstreifen. Und selbstverständlich fließen diese Einstellungen auch in ihre Urteile ein. Weil das einfach die menschliche Natur ist, ist dass in den USA nicht anders als in Deutschland.
In Deutschland wird jedoch die Fiktion der weisen überparteilichen Verfassungsrichter gepflegt (und mehr als eine Fiktion ist es nicht). Das Verfassungsgericht gilt daher als objektiv "gut" ist einer kritischen Berichterstattung weitgehend entzogen.
Anders in den USA. Dort ist der Blick auf die Verfassungsrichter wesentlich realistischer. Und der Supreme Court wird durch eine kritische Presse begleitet.
In den USA ist der Supreme Court eben normaler "gouvernmental branch", also ein Zweig der dreigeteilten Regierungsmacht. In Deutschland gibt es keine Gewaltenteilung in dem Sinne, da alle Macht in Stellvertretung vom Bundestag (und ggf. den Landtagen) ausgeht. Es gibt auch keine machvolle Opposition, da im Parlament konstruktionsbedingt immer der Regierungschef die Mehrheit hat. Dadurch fällt dem BVerfG automatisch eine besonders starke Rolle zu, weil es die einzige Instanz ist, die die Schnapsideen des Kabinetts bremsen kann, als eine Art Behelfsopposition. Ich glaube, die Illusion der Überparteilichkeit des BVerfG wird vor allem deswegen gepflegt, weil man ansonsten angesichts dieses eklatanten Demokratiedefizits um einen Austritt aus der Bundesrepublik nachsuchen müßte.
Auf europäischer Ebene ist das übrigens demokratischer gelöst: Die Kommission als Exekutive hat nicht eine automatische Mehrheit im EP. Auch hat die Kommission keinerlei Möglichkeiten, sich Gesetze auszudenken, weil sie in den Gesetzesinitiativen an die inhaltlichen Vorgaben von EP oder Regierungen gebunden ist. Und der EuGH ist keine Behelfsopposition.
Zitat von Meister Petz im Beitrag #2So wie es aussieht, sind die Verstöße ziemlich ausgeglichen in Hofer- und vdB-Bezirken passiert.
Und es gibt offenbar auch keine Anhaltspunkte, daß die Verstöße einseitig einem Kandidaten geholfen hätten (à la Bremerhaven).
Trotzdem vermute ich, daß die Neuwahl anders ausgehen wird. Auch wenn die FPÖ-Leute bei allen Fehlern mitgemacht haben - die ganze Wahlwiederholung paßt zu gut ins FPÖ-Weltbild "gegen die da oben".
Zitat von xanopos im Beitrag #3Wie wenn es der Hofer gewusst hätte...
Zitat Bundespräsident Heinz Fischer muss am 8. Juli aus dem Amt scheiden. Da es kein neu gewähltes Staatsoberhaupt gibt, gilt die Stelle des Bundespräsidenten als „dauernd erledigt“, wie es in der Verfassung heißt. In diesem Fall übernehmen die drei Nationalratspräsidenten Doris Bures, Karlheinz Kopf und Norbert Hofer die Funktion des Bundespräsidenten. Dass Hofer gleichzeitig Hofburgkandidat ist, spielt rechtlich keine Rolle.
Zitat von Florian im Beitrag #8 In Deutschland wird jedoch die Fiktion der weisen überparteilichen Verfassungsrichter gepflegt (und mehr als eine Fiktion ist es nicht). Das Verfassungsgericht gilt daher als objektiv "gut" ist einer kritischen Berichterstattung weitgehend entzogen.
Gut, aber hier im Thread wird doch gerade eine kritische Berichterstattung (das entsprechende österreichische Gericht betreffend) als Ungeheuerlichkeit und Angriff auf den Rechtsstaat abgehandelt. Was gilt denn jetzt? Darf man oder darf man nicht?
Lieber Dennis, natürlich darf man. Ein Verfassungsgericht zu kritisieren ist in einer pluralistischen Gesellschaft ein ganz wichtiger Aspekt der Meinungsfreiheit (von welchem der Autor dieser Zeilen z.B. hier Gebrauch gemacht hat). Im konkreten Fall geht es allerdings darum, dass Herr Misik die Entscheidung des VfGH in der Sache ja richtig findet. Nur hätten die Verfassungshüter seines Erachtens obiter dicto noch ein Wort darüber verlieren sollen, dass sie das Vorgehen der Rechtspopulisten schon ziemlich ungustiös finden. Das ist aber nicht Aufgabe eines Verfassungsgerichtes. Vielmehr muss Iustitia so blind sein, dass sie einer berechtigten Beschwerde auch eines nicht so angenehmen Zeitgenossen Folge gibt.
Zitat von Florian im Beitrag #8Verfassungsrichter sind auch nur Menschen. Und selbstverständlich haben sie auch politische Einstellungen, die sie unter der Robe nicht einfach abstreifen. Und selbstverständlich fließen diese Einstellungen auch in ihre Urteile ein.
Richtig. Über das BVerfG wird ja seit Jahrzehnten publiziert, dass mal der eine Senat "konservativer" und der andere "linker" oder "liberaler" sei. Es gibt auch das Diktum, dass ein Verfassungsgericht intendierterweise ein politisches Gericht sei. Problematisch wird es dann, wenn ein Richter seine politische Überzeugung über die Rechtsdogmatik stellt.
Interessant ist, was Theo Öhlinger - österreichischen Juristen als Autor eines der am meisten verwendeten Verfassungsrechtslehrbücher bekannt - im Verfassungsblog zur Entscheidung des VfGH schreibt. Seiner Ansicht nach war die Aufhebung des Wahlergebnisses wegen der relativ wahllosen (pun in meiner Paraphrase intended) Durchstecherei vor Wahlschluss geboten. Dies hätte dem VfGH erlaubt, seine Rechtsprechung bei bloß theoretischer Möglichkeit einer Resultatsbeeinflussung und auch wenn Manipulationen gar nicht behauptet werden, zu korrigieren, weil die Wahlwiederholung ja schon wegen der Durchstecherei anzuordnen gewesen wäre.
Zitat Laut Informationen der "Presse" verdichten sich die Anzeichen, dass der Urnengang tatsächlich verschoben wird. Die Zahl der schadhaften Kuverts nimmt zu.
Was für Kleinigkeiten dann doch recht große Wirkungen haben können. Und ich meine nicht nur das Verschieben des Termins. Wer weiß, was in der Aufschubsfrist als nächste Krise auf Österreich / Europa zukommt, und wer weiß, welche Auswirkungen es dann hätte, ob dieser noch oder jener dann schon präsidiert. Und alles wegen ein bisschen Klebstoff, der nicht so will wie er soll ...
Zitat von Daska im Beitrag #19Was für Kleinigkeiten dann doch recht große Wirkungen haben können. Und ich meine nicht nur das Verschieben des Termins. Wer weiß, was in der Aufschubsfrist als nächste Krise auf Österreich / Europa zukommt, und wer weiß, welche Auswirkungen es dann hätte, ob dieser noch oder jener dann schon präsidiert. Und alles wegen ein bisschen Klebstoff, der nicht so will wie er soll ...
Und nicht nur hat der Präsident Auswirkungen auf die Krise, die Krise hat auch Auswirkungen auf die Wahl des Präsidenten… Und ja, die nächste Krise kommt ganz sicher.
Zitat von Daska im Beitrag #19Was für Kleinigkeiten dann doch recht große Wirkungen haben können. Und ich meine nicht nur das Verschieben des Termins. Wer weiß, was in der Aufschubsfrist als nächste Krise auf Österreich / Europa zukommt, und wer weiß, welche Auswirkungen es dann hätte, ob dieser noch oder jener dann schon präsidiert. Und alles wegen ein bisschen Klebstoff, der nicht so will wie er soll ...
Warum bittet man eigentlich nicht einfach die Wähler, mit eigenem Klebstoff nachzukleben? Meistens briefwählt man sowieso auf dem Amt, wo man die Unterlagen abholt, da kann man auch dort Prittstifte bereithalten und deren Anschaffungskosten dem Lieferanten der fehlerhaft gummierten Umschläge als Schadenersatz (§933a ABGB) aufbrummen. Nach meinem Rechtsempfinden ist nämlich eine Wahlverschiebung für solchen Kleckerkram unverhältnismäßig.
Dieses noch hat Anspruch auf den Austriazismus des Jahres. Schlampert sammer, aber gmiatlich. Die sollten am besten im Berliner Kanzleramt nach der Sitzfläche des Kanzlerinnensessels fragen. Der Kleber hält garantiert.
Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire
Zitat von Emulgator im Beitrag #21Warum bittet man eigentlich nicht einfach die Wähler, mit eigenem Klebstoff nachzukleben?
Weil das die Stimme ungültig machen würde! Der Original-Briefwahlumschlag darf nur einmal zugeklebt werden (nämlich vom Wähler) und muß dann bis Auszählung unangetastet bleiben.
Die (erkennbare) Verwendung eines Klebers wäre ein Hinweis, daß der Umschlag nachträglich geöffnet und wieder verschlossen wurde. Damit dürfte der Wahlzettel in diesem Umschlag nicht mehr gewertet werden.
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