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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 71 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2 | 3
Publius Offline



Beiträge: 127

29.08.2016 13:07
#26 RE: Welterschöpfungstag und neue Romantik Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #25
Zitat von Publius im Beitrag #24
Meinen Sie, dass jeder der sich über religiöse Themen Gedanken macht, unter psychischen Störungen leidet ...

Peter Zeller schrieb ja nicht "sich über religiöse Themen Gedanken machen", sondern über Leute die zu wissen glauben, wie Gott denkt. Das ist ein ganz wesentlicher Unterschied.
M. W. gehört es zum Grundverständnis der meisten religiösen Menschen anzuerkennen, daß Gott so weit über uns steht daß der Mensch eben nie wirklich wissen und verstehen kann, was Gott denkt.

Ok, dann habe ich es wirklich falsch verstanden. Und in der Tat kann es gefährlich werden, wenn Menschen beanspruchen zu wissen, was Gott denkt oder will. Ich weiß jetzt nicht, ob z.B. Papst Urban II. im Jahre 1095, als er zum ersten Kreuzzug aufrief, wirklich den Spruch "Gott will es" verwendet hat, aber neben weltlichen spielten gewiss auch religiöse Motive eine Rolle, diesen Krieg zu führen.

Gruß
Publius

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

29.08.2016 14:51
#27 RE: Welterschöpfungstag und neue Romantik Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #25
M. W. gehört es zum Grundverständnis der meisten religiösen Menschen anzuerkennen, daß Gott so weit über uns steht daß der Mensch eben nie wirklich wissen und verstehen kann, was Gott denkt.
Dafür muß Gott nicht einmal über uns stehen. Auch auf gleicher Ebene, also bei Kollegen, Verwandten oder Partnern kann es ziemlich schwierig sein, zu wissen und zu verstehen, was sie wirklich denken. Erst recht tun sich Chefs oder Regierungen damit sehr schwer in Bezug auf ihre Untergebenen oder Untertanen. Und noch schlimmer wird es, wenn sie um diese Schwierigkeit gar nicht wissen.

In groben Zügen kann man allerdings sehr wohl wissen, was seinem Nächsten nicht behagt, wenn man sich auf ihn einstellt, mit ihm in Beziehung tritt. Parallel dazu --wir sprechen immerhin von einem menschgewordenen Gott-- kann man in groben Zügen auch den Willen Gottes Erkennen, etwa in Form überlieferter Gebote oder Seiner (Selbst)Offenbarungen (insbesondere der Menschwerdung). Doch an der Unergründlichkeit Gottes tut das keinen Abbruch. Es gibt kein göttliches Diktat. Immer bleibt die letzte konkrete Entscheidung dem Gläubigen überlassen, der seinerseits sich über die Wechselwirkung der eigenen Entscheidungen mit denen seiner Mitmenschen im klaren sein muß.

Aber das ist ja nur der christliche Entwurf. Alternativ kann man natürlich auch an den Staat glauben, dessen Priester, die Beamten (waren nicht auch im heidnischen Rom die Auguren eine Art Staatsbeamte?) und Regierungschefs nicht nur zu wissen meinen, was man denkt, sondern sogar, was man denken solle. Mein Eindruck ist, je weniger jemand vom Christentum hält, um so mehr hält er vom Staat oder seinen Zwangsmitteln (kann man am Thema Burkini aktuell eindrucksvoll sehen). Jesus sagte hingegen: "Unter euch soll es so nicht sein." (Mt. 20,26)

Ludwig Weimer Offline



Beiträge: 292

29.08.2016 18:24
#28 RE: Welterschöpfungstag und neue Romantik Antworten

Lieber Peter Zeller,

zu Ihrer sehr interessanten Frage meine ich, sind folgende Punkte zu beachten:

a) Wenn es um den jüdisch-christlichen Gottesglauben (der ebenfalls auf seine Weise religionskritisch ist) geht, befindet sich der Glaubende in einer eigenen Erfahrungswelt und der Andere befindet sich in seiner Welt. Beide können den anderen aber tolerieren, auch wenn sie verschieden denken.

b) Der jüdisch-christlich Glaubende (wenn er nicht abergläubisch denkt) weiß, dass jedes Wort von Gott und über Gott von einem menschlichen Herzen gefunden oder gehört und in Menschensprache formuliert ist. Für ihn ist es dennoch simultan das Wort Gottes. Der Prophet in Israel sagte: "So spricht Gott..." Auch Jesus von Nazareth hat auf diese Weise die Rede Gottes weitergeführt (nach christlicher Sicht sogar vollendet).

c) Ob die Welt so ist, dass der nach Milliarden Jahren erscheinende Mensch die 'Wahrheit' finden kann, sieht der Jude und der Christ anders als der Agnostiker. Jude und Christ glauben, dass die Herzen vieler in einem Gottesvolk im Leben und in tausenden Jahren das Wissen gereinigt, geprüft, geläutert, falsifiziert und verifiziert haben. Der Agnostiker glaubt nicht an eine solche Sicherheit, - und Jude und Christ verteidigen diese seine Freiheit zu den Zweifeln! Sie nennen es die Glaubensfreiheit und wissen, dass sie selber eine Minderheit in der Weltgesellschaft sind.

d) Im Konzil im Lateran 1215 bekannte sich die Kirche (Worte nicht nur eines Theologen wie Thomas von Aquin, sondern des Papstes Innozenz III.) zu dem Satz über die Grenzen aller Analogien: Bei der Sprache über den unsichtbaren Gott ist jeder Begriff, jedes Bild weit unähnlicher als ähnlich. Das gilt für die Metaphern der Bibel wie auch für alle Dogmen.
Im Grunde sprechen Juden und Christen weniger über das Wesen Gottes als über den Willen Gottes, weil es dabei um die Befreiung ("Erlösung") des Menschen geht. Analogiegrenzen auch bei den Sätzen über Christus: Er gilt als Gottes Wort, weil wir Christen sagen: die Art Gottes ist so, wie Jesus davon sprach. Er ist in Person die Definition unseres Gottesbildes (analoge Sprache "einzigartiger Sohn Gottes").

e) Das Letztere nocheinmal eigens betont, weil es auch dem Christen gar nicht um die Behauptung geht, Gott, der ein Geheimnis ist und bleibt, zu kennen, schon gar nicht wie die eigene Hosentasche. Juden und Christen interessieren sich für die Weisung Gottes, für unsere Verantwortung füreinander und die Welt. Dass man dabei zur Erfahrung kommt: Gott ist Liebe, er ist Barmherzigkeit, also doch Wesensaussagen macht, und dass die Mystik sich hier hervortut, sind Effekte, die man vergleichen kann mit einer Begegnung von Mann und Frau: Sie erfahren ja auch, was Liebe sein kann. Aber darin besteht nicht ihr Leben, dass sie sich anhimmeln, sondern dieses müssen sie in all seiner Banalität bewältigen.

Mit Gruß
Ludwig Weimer

Peter Zeller Offline



Beiträge: 164

30.08.2016 09:04
#29 RE: Welterschöpfungstag und neue Romantik Antworten

Publius,

das meine ich sicherlich nicht.Aber daß Menschen so arrogant sind, zu meinen, sie wüßten, was Gott denkt, das gibt mir zu denken.

PCZ

Peter Zeller Offline



Beiträge: 164

30.08.2016 15:42
#30 RE: Welterschöpfungstag und neue Romantik Antworten

Sehr geehrter Emulgator!

Zitat Emulgator in #27
"Aber das ist ja nur der christliche Entwurf. Alternativ kann man natürlich auch an den Staat glauben, dessen Priester, die Beamten (waren nicht auch im heidnischen Rom die Auguren eine Art Staatsbeamte?) und Regierungschefs nicht nur zu wissen meinen, was man denkt, sondern sogar, was man denken solle."

Ich meine, daß es da doch andere Möglichkeiten gibt. Selber denken ist sicher der bessere Weg.Persönliche Freiheit heißt ja nicht, daß ich einen anderen Götzen anbeten muß.

Zitat aaO:
"Mein Eindruck ist, je weniger jemand vom Christentum hält, um so mehr hält er vom Staat oder seinen Zwangsmitteln..."

Also das sehe ich ganz anders: a)bin ich ein der Wolle gefärbter Anarchist; da dies heutzutage out ist, sehe ich mich als liberalen Menschen mit einem gepflegten Humanismus.Das impliziert Toleranz.Wichtig ist allerdings: Ich muß einen Menschen nicht achten, weil dieser eine bestimmte Religion hat, ich muß ihn achten, weil er ein Mensch ist. Es ist mein Recht, Religionen zu verachten und jene Menschen zu bedauern, die ihr Leben von einer Religion (hier kann man irgendeine andere Ideologie einsetzen) bestimmen lassen.Kein b).

Zitat von R.A. im Beitrag #25
"M. W. gehört es zum Grundverständnis der meisten religiösen Menschen anzuerkennen, daß Gott so weit über uns steht daß der Mensch eben nie wirklich wissen und verstehen kann, was Gott denkt."

Emulgator: (ichmußdasmitdemZitierenendlichkapieren)
"Dafür muß Gott nicht einmal über uns stehen. Auch auf gleicher Ebene ..."
M.A.n. ein Fehlschluß, wenn man von der niedrigeren Ebene auf die höhere schließt - die Fulguration verbietet das.

Gruß, Peter Zeller

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

30.08.2016 17:43
#31 RE: Welterschöpfungstag und neue Romantik Antworten

Zitat von Peter Zeller im Beitrag #30
Selber denken ist sicher der bessere Weg.Persönliche Freiheit heißt ja nicht, daß ich einen anderen Götzen anbeten muß.
Was heißt denn "anbeten"? Es ist ein Irrtum, daß es bei der Religion um hypothetische Wesen ("Götter") geht. Religion ist vielmehr eine allegorische Sprache des Denkens, ob es nun selbstgedacht ist oder nicht. Beispielsweise ist der Satz "Äolos war uns nicht hold" keine andere Aussage als "wir hatten Gegenwind". Die Erhebung des Äolos in den Rang eines Gottes ist nichts anderes als Ausdruck der Erfahrung, daß der Wind als Manifestation einer eigenständig erscheinenden Macht gesehen wird, welcher wir Menschen --insbesondere als Segler oder Fahrradfahrer-- ausgesetzt sind. So wird dieser Naturerscheinung eine Persönlichkeit zugedacht.
So ähnlich kann man auch andere Abstrakta, Erscheinungen oder gar Menschen (etwa Julius Caesar. Oder die Bundeskanzlerin) vergöttlichen. Stets wird damit eine Aussage über Bestimmungsfaktoren/Quellen des eigenen menschlichen Seins gemacht, insbesondere in normativer Hinsicht. Was also macht man, wenn man Ares dient? Oder Eros? Die Tätigkeit, Gemetzel oder Sex, bleiben dieselben, ob man es Götzendienst nennt oder nicht. So oder so wählt man eine andere Art der eigenen Existenz.

Insofern ist es eine ganz bestimmte und umfassende Artikulation des eigenen Weltbildes, Jesus Christus als einzigen Gott zu bekennen; ein Gott der Herrschaftslosigkeit, der Sanftmut, Zuwendung und Zuversicht. Wenn man glaubt, daß der Gott des Gemetzels und der Einschüchterung nicht existiert, dann kann das Gemetzel nicht mehr als Mittel eines selbstgestalteten Lebens verstanden werden, sondern bloß als Defekt. Wählt man das Gemetzel, dann verbessert man sein Leben nicht, weil man keinem Gott dient.

Natürlich kann man das, wofür Jesus Christus steht, auch ohne Rückgriff auf christliche Tradition ehren. Der Wert der "theistischen Zusammenfassung" all dessen ist, daß man alle Aspekte besser in einem gewissen Zusammenhang und Gleichgewicht behält. Beispielsweise verändert isolierte Hilfsbereitschaft ihren Charakter, sobald Hilfe aufgezwungen wird. In der Perspektive des Helfers kann sehr schwer erkennbar sein, wann es so weit ist. Eine Orientierung an der religiösen Quelle, die die Hilfsbereitschaft eben nicht isoliert, sondern nur im Zusammenklang mit anderen Idealen fordert, bietet hier ein besseres Gleichgewicht als das eigene Gutdünken.

Zitat von Peter Zeller im Beitrag #30
bin ich ein der Wolle gefärbter Anarchist; [...]ich muß ihn achten, weil er ein Mensch ist.
Nein, wenn Sie wirklich ein reiner Anarchist sind, dann gibt es keine Macht, die Ihnen aufzwingt, jemanden zu achten. Wahrscheinlich werden Sie ihrem Anarchismus aber einen anderen Gott beigesellen, etwa den Zeitgeist, weil Anarchismus alleine ja heutezutage out ist.

Zitat von Peter Zeller im Beitrag #30
"Dafür muß Gott nicht einmal über uns stehen. Auch auf gleicher Ebene ..."
M.A.n. ein Fehlschluß, wenn man von der niedrigeren Ebene auf die höhere schließt - die Fulguration verbietet das.
Das stimmt, wenn man den Ebenenunterschied mit Komplexität identifiziert. Aber wo ist das gesagt? Würde ich mit der Zuschreibung höherer Komplexität an Gott mir nicht sogar ein bestimmtes Wissen über Gott anmaßen?

Peter Zeller Offline



Beiträge: 164

31.08.2016 07:45
#32 RE: Welterschöpfungstag und neue Romantik Antworten

Lieber Emulgator,

wenn ich auf mein Leben zurückblicke, dann war ich immer gegen den Zeitgeist. Gerade da greift das "Selber denken".

Finden Sie die Gleichsetzung von Aiolos und GOTT nicht etwas heikel - die ganzen Religionen als Metapher? Besser ist eh Aioli.

Wer as Christentum preist, dem empfehle ich die Ergebnisse der modernen kirchenunabhängigen Religionswissenschaft. Eine Bücherliste dazu kann ich auf Wunsch liefern.

Gruß
Peter C. Zeller

Peter Zeller Offline



Beiträge: 164

31.08.2016 07:57
#33 RE: Welterschöpfungstag und neue Romantik Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #31
Würde ich mit der Zuschreibung höherer Komplexität an Gott mir nicht sogar ein bestimmtes Wissen über Gott anmaßen?


Da haben Sie sich, lieber Emulgator,freiwillig und ohne Not in ein echtes Problem hineinargumentiert.(Ich wäre darauf nicht gekommen.)

Aber ernsthaft: Geschieht diese Zuschreibung nicht ständig in der gesamten Theologie?

Gruß PC Zeller

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

31.08.2016 11:09
#34 RE: Welterschöpfungstag und neue Romantik Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #31
Würde ich mit der Zuschreibung höherer Komplexität an Gott mir nicht sogar ein bestimmtes Wissen über Gott anmaßen?

Ohne einige Grundannahmen über Gott würde keine Religion funktionieren. Zum Minimum gehört eigentlich, daß Gott mächtiger und wissender ist als die ihn verehrenden Menschen. Und in den monotheistischen Religionen wird diese Annahme sogar zu allmächtig und allwissend erweitert.
Das kann man jetzt "anmaßend" nennen, aber das klingt mir eigentlich zu negativ.

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.404

31.08.2016 11:27
#35 RE: Welterschöpfungstag und neue Romantik Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #34
Zum Minimum gehört eigentlich, daß Gott mächtiger und wissender ist als die ihn verehrenden Menschen.


"Primus in orbe deos fecit timor" (Statius, Thebais). Wobei dies für das Christentum natürlich eingeschränkt wird durch das Selbstopfer Gottes in Gestalt des hilflosesten Menschen, das zum begrenzenden Modell für das moralische Verhältnis zur Welt wird. Wäre die Frage anzulängen, ob dieses Allleinstellungsmerkmal einer der Gründe, wenn nicht der wesentliche, für die Entstehung der modernen, aufgeklärten Welthaltung auf diesem Fundament - und nur dort - ist.



Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire

Frank2000 Offline




Beiträge: 3.422

31.08.2016 11:55
#36 RE: Welterschöpfungstag und neue Romantik Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #31

Wahrscheinlich werden Sie ihrem Anarchismus aber einen anderen Gott beigesellen, etwa den Zeitgeist, ...



So kann man eine These "Alle Menschen sind religiös" auch immunisieren:
"Wer nicht an Gott glaubt, glaubt an den Gott "Nicht-Gott"."

Ich anerkenne, dass die meisten Menschen an irgendeine Form von Götzen/Über-Mensch glauben. Die Namen wechseln... Zeus, Caesar, Jesus, Mohhamed, Stalin...

Ich anerkenne vor allem auch, dass es erhebliche Unterschiede gibt bei den Regeln, die dem jeweiligen Götzen/Über-Mensch zugeschrieben werden. Die Regelwerke, die unter Berufung auf einen Caesar vertreten wurden, waren fundamental anders als das Regelwerk, bei man sich auf Mohammed beruft oder auf Jesus oder auf Stalin. Der latente freiheitliche Kommunismus eines Jesus ist mir bei weitem sympathischer als der repressive Faschismus eines Mohammed.

Ich persönlich werde mich sicher nicht irgendeiner solchen Form von Ideologie anschließen, weil die letzten 100.000 Jahre gezeigt haben, dass noch jede Behauptung, jede These einer Religion oder einer sonstigen Ende-der-Geschichte-Ideologie widerlegt wurde. Man sollte meinen, eine 100.000fache Widerlegung hätte bei den Menschen zu einem Umdenken geführt und so langsam den Bedarf an religiösen Schutzschilden vor der Realität gesenkt. Aber so ist es nicht. Die Menschen sind fast genau so gläubig wie früher und lediglich etwas zivilisierter.

So weit so menschlich.

Was mich nun beschäftigt und ein Stück weit auch ängstigt ist, dass in der westlichen Welt erneut die Tendenz sichtbar wird, zwischen weltlichen Ideologien und religiösen Ideologien zu unterscheiden und letzter mit staatlichem Schutz und staatlichen Vorrechten auszustatten.

KEIN MENSCH in Deutschland käme auf die Idee einen Artikel zu schreiben wie "Warum ich mich mit Springerstiefeln frei fühle" oder "Warum Mein Kampf vom Westen missverstanden wird". KEIN JOURNALIST käme auf die Idee einen "Selbstversuch" zu betreiben "Wie fühle ich mich in Tarnfleck am Strand". KEIN POLITIKER würde die Forderung stellen, "nicht die Gefühlen des russischen Militärs oder der russischen Geheimpolizei zu verletzen". KEIN KÜNSTLER würde sich öffentlich dazu äußern, dass "NAZIs auch nur Menschen wie du und ich sind und wir einfach mehr Willkommenskultur brauchen".

All das ist aber geschehen im Zusammenhang mit Burka, Koran, Islam. Selbst die übelsten, menschenverachtendsten, faschistoiden Aussagen, die man im Koran so finden kann, werden unter Schutz gestellt, weil "man ja die religiösen Gefühle achten muss".

Und um dem ganzen Horror noch die Krone aufzusetzen gilt das nur für Religionen, die ein schönes, staatliches Stempelchen erhalten haben. Scientologie und Co müssen auf so nette staatliche Schutzschilde verzichten.

___________________
Kommunismus mordet.
Ich bin bereit, über die Existenz von Einhörnern zu diskutieren. Aber dann verlange ich außergewöhnlich stichhaltige Beweise.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

31.08.2016 14:35
#37 RE: Welterschöpfungstag und neue Romantik Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #34
Und in den monotheistischen Religionen wird diese Annahme sogar zu allmächtig und allwissend erweitert.
Nur im Koran oder bei Luther. Aber wo steht in der Bibel, daß Gott allmächtig sei? Buch, Kapitel, Vers? Und mit Seiner Allwissenheit hat es auch so seine spezielle Bewandnis, weil Er nicht einmal antizipieren konnte, daß Ihn die Sintflut hinterher reut.

Mit Allmacht und Allwissenheit haben Sie aber einen neuen, schönen Beleg angeführt, daß Theologie von ganz eigener "weltlicher" Bedeutung ist: Luther folgerte aus beiden zugeschriebenen Eigenschaften Gottes, daß der Mensch keinen Freien Willen habe:

Zitat von Luther
Es ist also auch dies vor allen Dingen notwendig und heilsam für den Christen, zu wissen, daß Gott nichts zufällig vorherweiß, sondern daß er alles mit unwandelbarem, ewigem und unfehlbarem Willen sowohl vorhersieht, sich vornimmt und ausführt. Durch diesen Donnerschlag wird der freie Wille zu Boden gestreckt und ganz und gar zermalmt.


Dieser Schluß ist valide. Ähnlich argumentiert auch der Islam.
Daraus ergeben sich eine ganze Reihe von Implikationen. Zum einen bedeutet ein unfreier Wille, daß für eine Schuldfrage die Handlungen eines Menschen gar nicht mehr von dem Menschen selber getrennt werden können. Man hat etwas böses getan, weil Gott es so veranlaßt hat. Die Frage ist also vielmehr, warum Gott veranlaßt hat, daß ein Mensch etwas böses tut. Es muß also an dem Menschen liegen. Bei Luther ist es recht milde, denn Luther begnügt sich damit, daß Gott uns mittels unserer Boshaftigkeit zeigen wolle, wie sehr wir auf seine Vergebung angewiesen seien, sozusagen eigene Schuld durch von Gott veranlaßte Untaten als Mittel der religiösen Kundenbindung.
Man kann aber auch folgern, daß die bösen Taten ein Zeichen seien, daß Gott den Täter verworfen habe und ihn zu bösen Taten veranlaßt habe, um ihn zu strafen und auszusondern. So im Koran, und so ähnlich auch im Nationalsozialismus, wo der "Mörder" nur gezeigt habe, daß er zum gesunden Volkskörper nicht dazugehöre.

Zum anderen eröffnet die Leugnung des Freien Willens die Möglichkeit, den Willen eines Menschen nicht mehr als zu achtendes gottgegebenes Mittel zu verstehen, mit dem er in Beziehung zu Gott und seiner Umwelt tritt. Vielmehr geht die willentliche Individualität eines Menschen verloren zugunsten einer Bestimmtheit durch soziologische oder psychologische Faktoren, durch die Gott wirke. Wer an so etwas für sich selber glaubt, der lebt einen gewissen Fatalismus. Viel schlimmer ist aber, daß für ihn selber Zwang keine unmoralische Qualität mehr hat. Der Zwang wird nicht als böses Mittel gesehen, den menschlichen Willen, den selbst Gott gelten läßt, zu brechen. Zwang gegen Mitmenschen stehe im Gegenteil in der Reihe aller anderen Bestimmungsfaktoren, durch die Gott das Handeln der Menschen lenke: Ein Regenschauer, Unlustempfinden oder ein Terroranschlag.

Ich glaube, daß man sich vor solchen Bedeutungen theologischer Aussagen nicht drücken kann, indem man sich zum Agnostiker erklärt.

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

31.08.2016 14:48
#38 RE: Welterschöpfungstag und neue Romantik Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #37
Zitat von R.A. im Beitrag #34
Und in den monotheistischen Religionen wird diese Annahme sogar zu allmächtig und allwissend erweitert.
Nur im Koran oder bei Luther. Aber wo steht in der Bibel, daß Gott allmächtig sei? Buch, Kapitel, Vers?

Immerhin steht es zweimal im apostolischen Glaubensbekenntnis, das meines Wissens auch in der römisch-katholischen Kirche nicht unbekannt ist.

Zitat von Missale Romanum
Credo in Deum,
Patrem omnipotentem,
Creatorem caeli et terrae.

Et in Iesum Christum,
Filium eius unicum, Dominum nostrum:
qui conceptus est de Spiritu Sancto,
natus ex Maria Virgine,
passus sub Pontio Pilato,
crucifixus, mortuus, et sepultus,
descendit ad inferos:
tertia die resurrexit a mortuis;
ascendit ad caelos;
sedet ad dexteram Dei
Patris omnipotentis:
inde venturus est
iudicare vivos et mortuos.

Credo in Spiritum Sanctum,
sanctam Ecclesiam catholicam,
Sanctorum communionem,
remissionem peccatorum,
carnis resurrectionem,
vitam aeternam.
Amen.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

31.08.2016 15:16
#39 RE: Welterschöpfungstag und neue Romantik Antworten

Zitat von Peter Zeller im Beitrag #32
Finden Sie die Gleichsetzung von Aiolos und GOTT nicht etwas heikel - die ganzen Religionen als Metapher?
Was ist daran heikel? Es ist der Kontext der biblischen Verkündigung: Zum einen die jüdische und zum anderen die griechisch-römische und samaritanische Gedankenwelt. Ich finde es eher heikel, diesen Kontext zu ignorieren.

Zitat von Peter Zeller im Beitrag #32
Wer as Christentum preist, dem empfehle ich die Ergebnisse der modernen kirchenunabhängigen Religionswissenschaft.
Ja, das erinnert mich an die "unabhängigen Energieexperten" oder die "unabhängigen Gesundheitsexperten". Ihre Unabhängigkeit besteht darin, daß sie bislang nicht mit der Energieerzeugung oder der pharmazeutischen oder Medizinprodukteindustrie zu tun hatten, mit anderen Worten eben keine Expertise haben. Stattdessen sind sie abhängig von anderen Institutionen, die andere Ziele verfolgen. Es ist diese quasimarxistische Attitüde, als sei nicht die Validität eines Argumentes entscheidend sondern nur der ökonomische Hintergrund der Person, die das Argument bringt.

Das Christentum ist natürlich nicht kirchenunabhängig. Ohne Kirche wäre nichts davon überliefert worden. Wir würden es schlichtweg nicht kennen. Deswegen muß jede gewissenhafte Beschäftigung mit dem Christentum diesen Überlieferungskontext einbeziehen. Das ist auch das Selbstverständnis des Christentums selber. Wiederum im Unterschied übrigens zum Islam, bei dem der Koran kontextlos und ohne jede Interpretationsbedürftigkeit erscheint. Jeder Litaraturwissenschaftler müßte denken, wie islamische Theologen mit ihren Texten umgehen. Wenn von einer "besonders radikalen Interpretation des Islam" gesprochen wird, zeigt man, daß man vom Islam nichts versteht. Nach koranischer Lehre müsse dort nichts interpretiert werden, weil es von sich aus so klar und arabisch sei. Knallharte Dekontextualisierung.

Freilich kann man Religionswissenschaft betreiben. Aber jede moderne Wissenschaft hat ihre eigenen beschränkten Methoden und ihren eigenen beschränkten Erkenntnisraum. Beispielsweise gibt die Psychologie kein Konzept für Schuld her. Alles, worüber psychologisch gesprochen werden kann, sind Schuldgefühle. Ob etwas da ist oder ob ich etwas fühle, sind aber zwei völlig verschiedene Fragen.

Zitat von Peter Zeller im Beitrag #33
Aber ernsthaft: Geschieht diese Zuschreibung nicht ständig in der gesamten Theologie?
Nein, nicht in der Theologie sondern im Glauben. Oder im Nichtglauben.
Die Theologie erforscht lediglich die Glaubenszeugnisse, quasi als eine Art Spartenliteraturwissenschaft oder Sonderphilosophie. Was freilich dabei geschehen kann, ist, daß entweder historische oder neu abgeleitete Glaubensinhalte freigelegt werden, die neuen Glauben finden. Um zu glauben, muß man aber kein Theologe sein (böse Zungen behaupten, man könne sogar keiner sein. )

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

31.08.2016 15:16
#40 RE: Welterschöpfungstag und neue Romantik Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #37
Nur im Koran oder bei Luther.

Solange ich dort Kirchensteuer bezahle, reicht mir Luther natürlich ;-)

Ansonsten ist der Allmächtige auch bei den Katholiken gängiger Glauben, notfalls auch ohne Bibelzitat.

Zitat
Und mit Seiner Allwissenheit hat es auch so seine spezielle Bewandnis, weil Er nicht einmal antizipieren konnte, daß Ihn die Sintflut hinterher reut.


Da könnte man jetzt sophistisch werden. "Alles zu wissen" sagt nämlich noch nichts darüber, wann man das alles weiß.
Und auch hier wieder ohne konkrete Bibelstelle: Man hat schon den Eindruck, daß Gott vielleicht alles über die jeweils aktuelle Situation weiß, aber doch immer wieder von der weiteren Entwicklung überrascht wird und gerade im Alten Testament beständig am Nachbessern ist.

Zitat
Ich glaube, daß man sich vor solchen Bedeutungen theologischer Aussagen nicht drücken kann, indem man sich zum Agnostiker erklärt.


Um sich vor solchen Schlußfolgerungen zu drücken reicht normales Unwissen ;-)

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

31.08.2016 15:36
#41 RE: Welterschöpfungstag und neue Romantik Antworten

Aus dieser Situation

Zitat von Frank2000 im Beitrag #36
Was mich nun beschäftigt und ein Stück weit auch ängstigt ist, dass in der westlichen Welt erneut die Tendenz sichtbar wird, zwischen weltlichen Ideologien und religiösen Ideologien zu unterscheiden und letzter mit staatlichem Schutz und staatlichen Vorrechten auszustatten.


kann man herauskommen, indem man tatsächlich so vorgeht:

Zitat von Frank2000 im Beitrag #36
So kann man eine These "Alle Menschen sind religiös" auch immunisieren:
"Wer nicht an Gott glaubt, glaubt an den Gott "Nicht-Gott"."


Es ist ja tatsächlich nicht zu erkennen, warum die Selbstbezeichnung als Religion etwas besser oder schlechter mache. Sie haben ja Scientology genannt. Ron Hubbard hat seinen Blödsinn als "Church" ausgegeben und ist straffrei geblieben, während Wilhelm Reich in denselben Jahren für seinen Orgon-Blödsinn verurteilt wurde. Nur weil Reich als Marxist eine Scheu hatte, seien Quatsch als Religion zu etikettieren, mußte er in den Knast. Und welch Ironie, daß man heute auf Esoterik-Märkten mit Orgon-Steinen kapitalistische Profite erwirtschaftet!

Deswegen meine ich, ist es tatsächlich müßig, darüber zu streiten, ob man eine Religion, Weltanschauung oder Ideologie habe. Fakt ist: Jeder macht sich irgendwie allgemeinere Gedanken über seine Mitmenschen und sich, ist deren Einflüssen ausgesetzt und muß für das Handeln, zu dem er durch seine Gedanken gekommen ist, irgendwie Haftung gehen. Bei solcher Verwobenheit und Bedeutung eine Scheu davor zu haben, sich einzugestehen, woher die Einflüsse kommen, ist sicher nicht hilfreich. Siehe Reich.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

31.08.2016 16:08
#42 RE: Welterschöpfungstag und neue Romantik Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #41
Es ist ja tatsächlich nicht zu erkennen, warum die Selbstbezeichnung als Religion etwas besser oder schlechter mache.

Auf jeden Fall. Deswegen habe ich auch gewisse Probleme mit der "Religionsfreiheit" im Grundgesetz. Erstens ist die juristisch problematisch, weil es keine offizielle Definition gibt, was darunter fällt. Und zweitens sollte es keine Rechte geben, die sich auf irgendwelche religiösen Überzeugungen stützen und die nicht schon durch die normalen privaten Freiheitsrechte abgedeckt sind.

Zitat
Deswegen meine ich, ist es tatsächlich müßig, darüber zu streiten, ob man eine Religion, Weltanschauung oder Ideologie habe.


M. E. stellen Weltanschauungen (auch esoterische) ausschließlich auf die diesseitige Welt ab. Religionen können auch etwas dazu sagen, haben aber unverzichtbar und ganz wesentlich auch Aussagen über das, was nach dem Tod passiert. Das tun Weltanschauungen nicht.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

31.08.2016 16:30
#43 RE: Welterschöpfungstag und neue Romantik Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #38
Immerhin steht es zweimal im apostolischen Glaubensbekenntnis, das meines Wissens auch in der römisch-katholischen Kirche nicht unbekannt ist.
Ja, allerdings ist man sich in der katholischen Kirche auch des trinitarischen Zusammenhangs bewußt, der jünger ist als die Bibel. Es wird ja nur die eine Hyposthase des Vaters allmächtig genannt. Obwohl diese Hyposthase ganz Gott ist, ist damit trotzdem keine zwingende Aussage über Gott an sich verbunden. Wir haben eine Analogie nämlich im Matthäusevangelium (24,36), wo zwar der Vater über Tag und Stunde (der Endzeit) Bescheid weiß, nicht aber der Sohn. Weiß es also Gott? Wenn doch letzterer ganz Gott ist, und es nicht weiß? Und selbstredend kannten die Konzilsväter 325 das Matthäusevangelium!

Sie sehen also, daß man mit "zuviel" Aussagen über Gott leicht ins Schlingern kommen kann. Hier muß man einfach bedenken, daß die Hyposthasen gewissermaßen drei verschiedene "Erscheinungsformen" desselben Gottes gegenüber uns darstellen. So ist also von einer Art "väterlichen Allmacht" auszugehen, nicht von der Art Allmacht, die sich Mohammed --der ja die Trinitätslehre nicht verstanden hatte-- gedacht hat. Diese väterliche Allmacht steht nicht dem Freien Willen entgegen --beispielsweise ließ der Vater den Verlorenen Sohn tatsächlich gehen-- und sie impliziert auch keine unverständliche Komplexität hinsichtlich einer "Fulguration", die über die Verständlichkeit eines Vaters i.e.S. hinausgeht, siehe Joh. 15,15.

(Puh, mal wieder Recht behalten!)

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

31.08.2016 16:36
#44 RE: Welterschöpfungstag und neue Romantik Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #42
M. E. stellen Weltanschauungen (auch esoterische) ausschließlich auf die diesseitige Welt ab. Religionen können auch etwas dazu sagen, haben aber unverzichtbar und ganz wesentlich auch Aussagen über das, was nach dem Tod passiert. Das tun Weltanschauungen nicht.
Das könnte doch glatt als offizielle juristische Definition durchgehen. Allerdings gebe ich Ihnen trotzdem Recht, weil für den Staat das erwartete Seelenleben nach dem Tode so irrelevant sein sollte, daß es als Unterscheidungstatbestand fast willkürlich ist.

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

31.08.2016 16:46
#45 RE: Welterschöpfungstag und neue Romantik Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #43
Zitat von Fluminist im Beitrag #38
Immerhin steht es zweimal im apostolischen Glaubensbekenntnis, das meines Wissens auch in der römisch-katholischen Kirche nicht unbekannt ist.
Ja, allerdings ist man sich in der katholischen Kirche auch des trinitarischen Zusammenhangs bewußt, der jünger ist als die Bibel. Es wird ja nur die eine Hyposthase des Vaters allmächtig genannt. Obwohl diese Hyposthase ganz Gott ist, ist damit trotzdem keine zwingende Aussage über Gott an sich verbunden. Wir haben eine Analogie nämlich im Matthäusevangelium (24,36), wo zwar der Vater über Tag und Stunde (der Endzeit) Bescheid weiß, nicht aber der Sohn. Weiß es also Gott? Wenn doch letzterer ganz Gott ist, und es nicht weiß? [...]
(Puh, mal wieder Recht behalten!)

Ja, mit einer in sich widersprüchlichen Prämisse kann man natürlich jede Disputation gewinnen. Sehen Sie, deshalb ist mir die Mathematik doch lieber als die Theologie: mit der reductio ad absurdum ist dort nämlich der Fall erledigt.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

31.08.2016 17:39
#46 RE: Welterschöpfungstag und neue Romantik Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #45
Ja, mit einer in sich widersprüchlichen Prämisse kann man natürlich jede Disputation gewinnen. Sehen Sie, deshalb ist mir die Mathematik doch lieber als die Theologie: mit der reductio ad absurdum ist dort nämlich der Fall erledigt.
Ad absurdum geführt wurde nur die Prämisse, man dürfe von Eigenschaften einer der Hyposthasen auf die Dreifaltigkeit insgesamt schließen. "X ist Gott" ist eben nicht im Sinne von "=" zu verstehen sondern in einer gewissen bildhaften Weise. Kommt immer drauf an, welche Eigenschaften so eine Abbildung erhält.

Ludwig Weimer Offline



Beiträge: 292

31.08.2016 18:40
#47 RE: Welterschöpfungstag und neue Romantik Antworten

Vielleicht ist die folgende Klärung für den einen oder andern hilfreich:

Das lateinische „omnipotens“ war eine schlechte Übersetzung für die dogmatisch-authentische griechische Bezeichnung „Pantokrator“. Das bedeutet: Gott lenkt alles, das heißt im Fall seiner Zusammenarbeit mit der Freiheit des Menschen, im Vergleich gesprochen:
Wie man sagt „Der Berg ruft“, also zieht es mich hinauf – so denkt man theologisch z. B. eine „Zielkausalität“ (Thomas von Aquin): Der Mensch strebt einem Ziel zu, das gottgesetzt ist und in diesem Sinn lenkt Gott.

Da gab es natürlich viele, sehr zahlreiche Missverständnisse. Wie gehen Gottes allmächtige Gnade und die Freiheit des Menschen zusammen? Darüber habe ich eine Habil-Schrift verfasst und für den Buchhandel 1981 getitelt: „Die Lust an Gott und seiner Sache“. Damit ist meine Antwort angedeutet: Falls der Traum eines Menschen mit dem Traum Gottes übereinstimmt, kommen Wille Gottes und freies Wollen des Menschen zusammen.
Das Sprechen Gottes und das Hören (= Erkennen und Wollen des Menschen) sind danach immer simultan; und das fälschlich ‚Eingreifen‘ genannte Handeln Gottes in der Raumzeit ist immer durch die Materie oder die freie Menschentat vermittelt.

Daher ist dem Christentum die Person des Juden Jesu so ungeheuer wichtig. Er war „willenseins“ mit dem jüdischen Gott und in seiner menschlichen Energie kam Gottes Energie in die Weltgeschichte. Natürlich war der lange Zeitrahmen eine Vorbedingung (Abraham, Mose usw. bis zum Täufer Johannes).

Ludwig Weimer

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

31.08.2016 19:58
#48 RE: Welterschöpfungstag und neue Romantik Antworten

Zitat von Ludwig Weimer im Beitrag #47
Das lateinische „omnipotens“ war eine schlechte Übersetzung für die dogmatisch-authentische griechische Bezeichnung „Pantokrator“.

Vielen Dank, dieser Hinweis trägt sehr zur Klärung bei! Statt des "Allmächtigen" haben wir hier den "Allbeherrscher" und können uns nicht nur den Kniff mit der Trinität, sondern auch sonstige scholastische Spitzfindigkeiten und logische Eskapaden (z.B. die Frage, ob ein Allmächtiger auch seine eigene Macht beschränken oder sonst logisch Widersprüchliches bewirken kann) sparen.

Peter Zeller Offline



Beiträge: 164

01.09.2016 16:41
#49 RE: Welterschöpfungstag und neue Romantik Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #41
... während Wilhelm Reich in denselben Jahren für seinen Orgon-Blödsinn verurteilt wurde. Nur weil Reich als Marxist eine Scheu hatte, seien Quatsch als Religion zu etikettieren, mußte er in den Knast.


M.W.: Reich mußte im den Knast, weil er in der Scheide älterer Damen herumgefuhrwerkt hat.Vaginale Untersuchungen sind Psychologen & Psychoanalytikern seit jeher streng verboten; übrigens auch Heilpraktikern.

PCZ

Peter Zeller Offline



Beiträge: 164

01.09.2016 16:47
#50 RE: Welterschöpfungstag und neue Romantik Antworten

Gibt

Zitat von Emulgator im Beitrag #46
Ad absurdum geführt wurde nur die Prämisse, man dürfe von Eigenschaften einer der Hyposthasen auf die Dreifaltigkeit insgesamt schließen.


Gibt es auch Komposthasen?
PCZ

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