Zitat von R.A. im Beitrag #42M. E. stellen Weltanschauungen (auch esoterische) ausschließlich auf die diesseitige Welt ab. Religionen können auch etwas dazu sagen, haben aber unverzichtbar und ganz wesentlich auch Aussagen über das, was nach dem Tod passiert. Das tun Weltanschauungen nicht.
Ich kenne einige Leute, die in ihren Büchern Aussagen aus ihrem Weltbild heraus (sog. Deduktionen) zur Situation nach dem Tode des Menschen machen; zB Dawkins, Hitchens,Dennett, Boghossian, Harris ... Isofern finde ich diesesKriterium fragwürdig bzw unzuverlässig.
Zitat von R.A. im Beitrag #42M. E. stellen Weltanschauungen (auch esoterische) ausschließlich auf die diesseitige Welt ab. Religionen können auch etwas dazu sagen, haben aber unverzichtbar und ganz wesentlich auch Aussagen über das, was nach dem Tod passiert. Das tun Weltanschauungen nicht.
Ich kenne einige Leute, die in ihren Büchern Aussagen aus ihrem Weltbild heraus (sog. Deduktionen) zur Situation nach dem Tode des Menschen machen; zB Dawkins, Hitchens,Dennett, Boghossian, Harris ... Isofern finde ich diesesKriterium fragwürdig bzw unzuverlässig.
Man kann R.A.s Kriterium auch als Definition akzeptieren; dann wäre z.B. der dogmatische Atheismus von Dawkins und Hitchens auch als Religion anzusehen. Wenn man sich die tiefe Überzeugung und den missionarischen Fervor vor Augen hält, mit denen sie letztlich unbeweisbare Behauptungen äußern, dann ist da durchaus etwas dran. Ich denke, ich könnte mit dieser Definition gut leben. Es folgt aber noch immer nicht, daß alle Ideensysteme Religionen sind, und auch nicht, daß sie alle gleichwertig wären.
Zitat von Emulgator im Beitrag #39Ja, das erinnert mich an die "unabhängigen Energieexperten" oder die "unabhängigen Gesundheitsexperten". Ihre Unabhängigkeit besteht darin, daß sie bislang nicht mit der Energieerzeugung oder der pharmazeutischen oder Medizinprodukteindustrie zu tun hatten, mit anderen Worten eben keine Expertise haben. Stattdessen sind sie abhängig von anderen Institutionen, die andere Ziele verfolgen. Es ist diese quasimarxistische Attitüde, als sei nicht die Validität eines Argumentes entscheidend sondern nur der ökonomische Hintergrund der Person, die das Argument bringt.
Das ist jetzt unfair. Es gibt an einigen Universitäten Lehrstühle für eine naturwissenschaftlich orientierte Religionswissenschaft, auch wenn das von den etablierten kirchlichen Lehrstühlen behindert wird.Auf die Schnelle fällt mir Fribourg ein.
Naja, da hat sich einer mit dem überflüssigen "h" vertippt; wir prüfen hier ja öfters den Text nicht perfekt auf Fehler.
Ich möchte noch zwei inhaltliche Dinge zusätzlich einbringen. Der jüdische Philosoph Hans Jonas hat 1984 zur Bewältigung von Auschwitz im interpretierenden Rückgriff auf den Zimzum-Mythos in einem Vortrag "Der Gottesbegriff nach Auschwitz" nicht nur von einer Ohnmacht Gottes bei der Schoa gesprochen, sondern auch von der Eingriffsmöglichkeit Gottes in die Welt über den Geist, die Seelen der Menschen (Erinnerungen, suhrkamp taschenbuch 3684, S. 345f).Leider haben aber besonders die Christen ihre Verantwortung versäumt. Jonas klagt die Christen nicht an, aber das ist für mich noch schlimmer: Er rechnete gar nicht damit, dass sie als Brüder der Juden verantwortlich gewesen wären, das heißt, er kennt nur eine zur Fremdreligion abgefallene Christenheit. Jedenfalls hat er in dem erwähnten Vortrag einen für mich unwahrscheinlich guten Satz über die Kausalität des Handeln-Könnens Gottes geschrieben. Ich umrahme ihn mit Gold: Gott wirke durch sein schweigendes Werben mit den unerfüllten Verheißungen. - Juden und viele von uns erwarten noch etwas Besseres, eine friedvollere Welt. Wir träumen davon. Damit fordern wir uns auf, mehr dafür zu tun.
Das Zweite ist die Tatsache, dass in der Bibel oft das sogenannte PASSIVUM DIVINUM vorkommt. Es heißt dann etwa in der Bergpredigt: "Selig die Trauernden, denn sie werden getröstet werden". Von wem? Und wann? Nicht erst von Gott im Himmel, sondern wenn der Messias kommt, durch ihn und seine Helfer, Anhänger, jetzt schon. Es kann sogar das Präsenz dastehen wie in der ersten Seligpreisung. Die Christenheit müsste also so leben, dass sie der Trost für die Menschen ist. Hier in München haben wir am Südfriedhof das Grab des großen Theologen Adam Möhler und auf dem Stein steht "ECCLESIAE SOLAMEN". Das heißt: Er war der Kirche ein Trost.
Zitat von Emulgator im Beitrag #37Ich glaube, daß man sich vor solchen Bedeutungen theologischer Aussagen nicht drücken kann, indem man sich zum Agnostiker erklärt.
Meinen Sie, daß die Aussagen von Theologen auch für mich als bekennenden Religionsfreien gelten? Daß ich mich evt danach zu richten hätte. Sie ängstigen mich, um Ihretwegen.:-)
Zitat von Peter Zeller im Beitrag #56bisher dachte/glaubte ich, daß der personale Gott schon längst erledigt sei.
Ja, wissen wir:
Zitat von Peter Zeller im Beitrag „Wie wollen wir leben?“ Das habe ich in der ganzen bisherigen Diskussion nicht kapiert. Bislang dachte ich, daß der Begriff eines personalen Gottes mega out sei, eine Zumutung für denkende Menschen.
eine technische Frage: Wie konnten Sie das wiederfinden, das muß doch in einem ganz anderen Thread gewesen sein. Danke im Voraus für die Hilfe, Gruß PC Zeller
Ob man an einen personalen Gott glaubt oder denkt, es gebe ihn nur so wie den ostereierlegenden Hasen, als Relikt der frühen voraufgeklärten Menschheit, ist ja nicht nur eine sehr persönliche Frage, also zu intim für eine Diskussion, sondern ist eine öffentlich wichtige, für die Politik und die Wissenschaft notwendige Frage. Denn es geht – vor allem bei einem monotheistischen Glauben – um die Fragen, ob die Anhänger zu Gewalt neigen oder zur Menschenfreundlichkeit und ob die Philosophen und die Soziologen im Einzelfall und in den Epochen eine positive Mentalitätsgeschichte entdecken oder das Gegenteil.
Die naturwissenschaftlich informierte Gesellschaft meint, man müsse sich entscheiden zwischen dem Zufall oder einem Schöpfergott, und sie denkt sich diese Entscheidung als Wahl zwischen einer realistischen Sicht und einem magischen Sicherheitsbedürfnis. Das heißt, sie fußt auf dem Missverständnis, ‚Schöpfung‘, personaler Gott als Grund für die Existenz der dem Menschen geschenkten Welt, bedeute ein handwerkliches „Machen“, das für einen transzendenten Gott, der Geist ist und nicht einen materiellen Körper hat, unvorstellbar sei. Aber das ist ein Missverständnis. „Schöpfung“ besagt im jüdisch-christlichen Sinn, dass unser Kosmos ein Geschenk Gottes an den Menschen ist, kann also heute durchaus mit der Vorstellung einer ewigen und selbstagierenden Materie und Evolution verbunden werden. Niemand wird mehr dafür verbrannt so wie Giordano Bruno. Das Lernen über Gott, die Materie und die Grenzen der Sprache des Menschen hört nie auf: Aus dem Vielgötterglauben wurde in Israel der Eingottglaube und gewann im Christentum die trinitarischen Farben hinzu, die Menschennähe Gottes; und heute müssen wir angesichts der Kosmologie und des relativierenden Religionspluralismus (der letztlich aus der Enttäuschung über die miserable Praxis der Gläubigen resultiert) neu weiterdenken, z. B. den Schöpfungsbegriff und die Glaubensfreiheit auch zum Agnostizismus. Habermas hat die Religiösen aufgefordert, ihre Sache so zu formulieren, dass sie von Nichtbeteiligten überhaupt verstanden werden kann und keine Binnensprache bleibt.
Zitat von R.A. im Beitrag #42M. E. stellen Weltanschauungen (auch esoterische) ausschließlich auf die diesseitige Welt ab. Religionen können auch etwas dazu sagen, haben aber unverzichtbar und ganz wesentlich auch Aussagen über das, was nach dem Tod passiert. Das tun Weltanschauungen nicht.
Ich kenne einige Leute, die in ihren Büchern Aussagen aus ihrem Weltbild heraus (sog. Deduktionen) zur Situation nach dem Tode des Menschen machen; zB Dawkins, Hitchens,Dennett, Boghossian, Harris ... Isofern finde ich diesesKriterium fragwürdig bzw unzuverlässig.
Natürlich machen Weltanschauungen auch Aussagen über das, was nach dem Tode des Einzelnen passiert: Die einen stellen das Opfer zugunsten des Volkskörpers in den Mittelpunkt der Ethik, die anderen das Ertragen von gegenwärtigen Entbehrungen für eine lichte, friedvolle und reichhaltige Zukunft. Da unterscheiden sich bestimmte Weltanschauungen nicht von Religionen, und zurecht trägt ja beispielsweise der Kommunismus eschatologische Züge - das letzte Gefecht, der Klassenkampf, das endgültige Überwinden der so beengenden gesellschaftlichen Verhältnisse.
Dagegen gibt es wenige, sehr wenige Weltanschauungen, deren einzige Aussage über das Nach-dem-Tod sein ist: "Da ist nichts außer Würmer und Chemie".
Zitat von Peter Zeller im Beitrag #58Wie konnten Sie das wiederfinden, das muß doch in einem ganz anderen Thread gewesen sein.
Oben finden Sie neben "Forum Übersicht" den Menüpunkt "Suche". Da geben Sie als Suchbegriff "personal" ein und werden fündig. Eleganter ist es jetzt natürlich, wenn Sie einfach auf die Verknüpfung "Wie wollen wir leben?" klicken, die in meinem letzten Posting steht. Anschließend finden Sie die damaligen Antworten auf Ihre wiederholte Frage, etwa die von mir.
Zitat von Emulgator im Beitrag #37Ich glaube, daß man sich vor solchen Bedeutungen theologischer Aussagen nicht drücken kann, indem man sich zum Agnostiker erklärt.
Meinen Sie, daß die Aussagen von Theologen auch für mich als bekennenden Religionsfreien gelten? Daß ich mich evt danach zu richten hätte. Sie ängstigen mich, um Ihretwegen.:-)
Hier verwechseln Sie wieder Theologe treiben und glauben. Im Prinzip kann man zumindest katholische Theologie als Wissenschaft sehr gut betreiben, ohne selber zu glauben (ja, ich weiß, dem würden unsere kirchlichen Hierarchen nicht in aller Konsequenz zustimmen). Und natürlich kann man glauben, ohne eine Ahnung von Theologie zu haben. Um Priester oder Bischof zu sein, muß man glauben. Man muß traditionell nicht Theologe sein oder studiert haben. In der katholischen Kirche ist allerdings insbesondere nach dem Konzil von Trient wegen der negativen Erfahrungen in der Reformationszeit eine theologische Bildung verpflichtend geworden.
Nichtsdestotrotz zu Ihrer Frage: Glaubensinhalten haben auch Sie, einfach weil auch in Ihrer Vorstellung es Prinzipien oder Phänomene gibt, die Ihnen als menschlicher Existenz wichtiger sind als andere. Ein Radfahrer, der nicht an heidnische Windgötter glaubt, wird ja trotzdem Gegenwind spüren. Nur wird er den Gegenwind anders für sich deuten. Er wird keinen Opferritus beginnen, um einen Windgott zu besänftigen, sondern einfach einen Gang herunterschalten.
In Bezug auf die Bedeutung von Personalität kann man sich analog auch unterschiedlichen Deutungen hingeben. Man kann am einen Ende des "Glaubenskontinuums" Personalität negieren oder am anderen Ende so sehr achten, daß man sie zu einer göttlichen Eigenschaft erhebt. Beides hat exterm unterschiedliche Implikationen, wie man seine Mitmenschen und sich selber sieht. Ich glaube, zu einer liberalen Grundüberzeugung gehört stets, Personalität zumindest ein bißchen zu achten.
Ob man an einen personalen Gott glaubt oder denkt, es gebe ihn nur so wie den ostereierlegenden Hasen, als Relikt der frühen voraufgeklärten Menschheit, ist ja nicht nur eine sehr persönliche Frage, also zu intim für eine Diskussion, sondern ist eine öffentlich wichtige, für die Politik und die Wissenschaft notwendige Frage. Denn es geht – vor allem bei einem monotheistischen Glauben – um die Fragen, ob die Anhänger zu Gewalt neigen oder zur Menschenfreundlichkeit und ob die Philosophen und die Soziologen im Einzelfall und in den Epochen eine positive Mentalitätsgeschichte entdecken oder das Gegenteil.
Ludwig Weimer
Allahu akbar (Gott werde verherrlicht - sc. durch diese Terror-Tat) ist zu einer öffentlichen Frage geworden. Sich damit zu beschäftigen ist uns aufgedrängt worden. Worum geht es bei diesem Allah?, ist immer aufs neue gefragt worden. Aber die Antworten fallen so verschieden aus, wie man es sich in einer Zeit nach der Aufklärung nicht träumen lässt: Er ist doch ein durch und durch "monotheistischer" Gott (dem jüdischen und christlichen gleich), hörte ich selbst katholische Theologen argumentieren. Ihr Ass - ihr Totschlag-Argument: weil doch auch arabisch sprechende Christen ihren Gott unter diesem Namen anrufen. - - Sollte man die Diskussion angesichts solcher Verwirrung nicht besser auf sich beruhen lassen und die Frage nach Gewalt oder Menschenfreundlichkeit - wenn es denn nötig erscheint - nicht doch besser ohne "ihn" angehen? Als ich mich heute flüchtig für die Neuerscheinungen der Magazine im Kiosk interessierte, meinte ich die Zeile wahrgenommen zu haben: "Völliger Verzicht auf eine bessere Welt." - Nein: In Wirklichkeit hieß es: Völliger Verzicht für eine bessere Welt. Oho, dachte ich. Worum ging es? Beim nochmaligen Hinschauen entdeckte ich es: "vegan leben". Also ohne Fleisch - und ohne Gott. Das schafft eine bessere Welt. - So geht das also. Man muss nur in der Jetzt-Zeit ein wenig denken, vielleicht auch ein wenig, ein Stückchen Wissenschaft (auch eine historische: mens sana in corpore sano usw.)bedenken und sich schon auch ein wenig anstrengen (so wie die Hochleistungs-Sportler auch), dann wird es schon werden. - Auch das mit dem "Allah"? - Herr Weimer, helfen Sie uns!
Na ja, die Menschen, die den zweiten Schöpfungsbericht ("Adam und Eva im Paradies") aufgeschrieben haben, beschreiben dort, dass die Menschen "im Paradies" vegan/ vegetarisch gelebt haben: "Von allen Bäumen des Garten darfst du essen" (1 Mo 2,16). Dann beschreiben sie, wie die Menschen des Paradieses verlustig gegangen sind, in 1 Mo 3. Selbst in dem Verdikt gegen Adam in 1 Mo 3,17-19 ist von Fleischgenuss keine Rede. Erst ab Abel wird die Fleischproduktion (Abel war Schafzüchter) erwähnt (vgl. 1 Mo 4,2.4), erst nach dem das Paradies bereits verloren war. Insofern sich lässt sich der Fleischverzicht der Veganer auch als Sehnsucht nach dem Urzustand des Menschen, nach dem verlorenen Paradies, deuten. Und deckt sich diese Sehnsucht, "zurück zu den Anfängen", nicht überraschend deutlich mit der Ihren, nach einem "authentischen Christentum" des Anfangs? Und müsste sich so gesehen nicht jeder, der "authentisch" glauben möchte, an der rein pflanzlichen Nahrung aus Gen 2 ein Beispiel nehmen? Wozu also der Seitenhieb auf die Veganer am Zeitschriftenstand?
Ob man an einen personalen Gott glaubt oder denkt, es gebe ihn nur so wie den ostereierlegenden Hasen, als Relikt der frühen voraufgeklärten Menschheit, ist ja nicht nur eine sehr persönliche Frage, also zu intim für eine Diskussion, sondern ist eine öffentlich wichtige, für die Politik und die Wissenschaft notwendige Frage. Denn es geht – vor allem bei einem monotheistischen Glauben – um die Fragen, ob die Anhänger zu Gewalt neigen oder zur Menschenfreundlichkeit und ob die Philosophen und die Soziologen im Einzelfall und in den Epochen eine positive Mentalitätsgeschichte entdecken oder das Gegenteil.
Ludwig Weimer
Zugegeben, der Schlenkerer mit dem "vegan" hätte nicht sein müssen. Wievielen "Fleischfressern" etc. geht es nicht einmal um eine bessere Welt. Meine Absicht ging auch nicht zurück zu den Anfängen der Christenheit oder zurück ins Paradies. Es geht um diese Frage, die Herr Weimer bei aller Naturliebe und menschlicher Emanzipation ins Feld führt - und die kaum noch jemand ernst nimmt: Liegt in dem monotheistischen Glauben des Christentums tatsächlich die Validität und die Chance zur Verwirklichung einer Menschlichkeit, die mehr noch als jede Menschenrechtscharte geeignet ist - über Grenzen hinweg - Menschen zu versöhnen, Kräfte freizusetzen zum Aufbau dieser anvertrauten Welt und nicht zu spalten ... zu zerstören und zu morden? - Als wäre das ein "Gottesdienst" ...
Ich glaube, ein gewisses Stück sind wir beieinander, und versuche, es von meinem Standpunkt her zu bezeichnen und den Hintergrund zu erläutern:
Die "Menschlichkeit" des (authentischen) christlichen Gottesbegriffs ist festgemacht an dem so genannten "Sohn" Gottes, der identifiziert wird mit einem historischen Juden namens Joschua oder (im Dialekt) Jeschu(a) aus Nazareth. Die Juden hatten das, was sie als uns Menschen befreienden und aufklärenden Willen Gottes in 1,5 Jahrtausenden herausgearbeitet hatten, als Torah, Gesetz festgemacht und haben es schließlich in 613 Einzelgebote und -verbote für das Leben und den Alltag detailliert. Die messianischen Judenchristen beriefen sich auf zwei weitere - jüdisch eigentlich erlaubte - Interpretationshilfen, erstens das Altertum vor Mose, also Abrahams Glaubenspraxis, und weiter zurück auf den Anfang im Paradies und zweitens auf die menschliche Vernunft (die auch von jüdischen Hellenisten in der Diaspora akzeptiert wurde), jüdisch genannt die Weisheit. Damit wurde das Gesetz viel verständlicher bzw. menschlicher auslegbar.
Diese später "Christen" genannten Juden- und Heidenanhänger Jesu, die noch bis zu 300, ja 400 Jahren später die Synagoge besuchten und keineswegs dachten, sie seien eine neue "Kirche", sondern sie seien der Beginn des messianischen Israel, legten den Grund dafür, dass der 'Reformer' Jesus als beste Interpretation des jüdischen Gottes anerkannt wurde und dass seine Person, seine Lehre, seine Taten und sein Tod als Märtyrer als Definition des geheimnisvollen Gottes Israel, dessen Namen man nicht einmal aussprechen durfte, angesehen werden konnte. Damit war Gott in einem historischen Menschen anschaulich geworden. Darauf beruht die sogenannte Menschlichkeit Gottes, die sich z.B. sehr unterscheidet von Mohammeds Gottesbild.
Wenn also strenge Juden meinen, die Christen hätten zwei oder drei Götter, verstehen sie einfach nicht, dass die Christen den einen transzendenten jüdischen Gott religionskritisch definieren durch die Lehre des Lehrers Jesus (d.h. auch durch seine Person, weil ein echter Lehrer durch seine Existenz und Person beglaubigt wird). Man könnte auch sagen, die Christen oder die kirchliche Christologie nehmen den Agnostizismus ernst und bezeichnen daher das Unergründbare, Unbeweisbare, den transzendenten Gott und sein Wollen, mit einem irdischen Menschen, der als ein so 'guter Mensch' existierte und starb, dass man ihn mögen, verehren kann. Die sogenannte dritte göttliche 'Person', der Heilige Geist, ist dann nur - aber was heißt da nur, es ist der Schlüssel und die Spitze unserer menschlichen Würde - der Grund für unsere Befähigung, Gott zu suchen, zu erkennen und mit ihm zu sprechen, also mit ihm kommunizieren zu können (die Liebe stellt gleich). Wenn Gott das wirklich wollte, können wir es, - logischerweise. Es ist aber Sache des Glaubens, es zu bejahen, und es ist die Freiheit des Agnostikers, einen solchen Optimismus zu bezweifeln, sogar zu belächeln. Beide können aber, bei unterschiedlicher Motivation dazu, Freunde darin sein, der Menschheit zum Weiterleben zu helfen.
Zitat bisher dachte/glaubte ich, daß der personale Gott schon längst erledigt sei. Gruß Peter Zeller
Sehr geehrter Peter Zeller, besten Dank für Ihre kritischen Beiträge, die einen, wie ich finde, schönen Gedankenaustausch ermöglichen. -
Ich habe nun ein bisschen gegoogelt und stieß auf folgendes Zitat über die Kritik an der christliche Lehre vom personalen Gott:
"Es ( das Christentum ) ist an keines der unverschämten Dogmen gebunden, welche sich mit seinem Namen geschmückt haben: es braucht weder die Lehre vom persönlichen Gott, noch von der Sünde, noch von der Unsterblichkeit, noch von der Erlösung, noch vom Glauben; es hat schlechterdings keine Metaphysik nötig, noch weniger den Asketismus, noch weniger eine christliche »Naturwissenschaft«." (Nietzsche, aus dem Nachlass der 80er Jahre).
Insofern erhalten Sie von prominenter Seite Schützenhilfe!
Zitat von Daska im Beitrag #66Beitrag #56 von Peter Zeller:
Zitat bisher dachte/glaubte ich, daß der personale Gott schon längst erledigt sei. Gruß Peter Zeller
Sehr geehrter Peter Zeller, besten Dank für Ihre kritischen Beiträge, die einen, wie ich finde, schönen Gedankenaustausch ermöglichen. -
Ich habe nun ein bisschen gegoogelt und stieß auf folgendes Zitat über die Kritik an der christliche Lehre vom personalen Gott:
"Es ( das Christentum ) ist an keines der unverschämten Dogmen gebunden, welche sich mit seinem Namen geschmückt haben: es braucht weder die Lehre vom persönlichen Gott, noch von der Sünde, noch von der Unsterblichkeit, noch von der Erlösung, noch vom Glauben; es hat schlechterdings keine Metaphysik nötig, noch weniger den Asketismus, noch weniger eine christliche »Naturwissenschaft«." (Nietzsche, aus dem Nachlass der 80er Jahre).
Insofern erhalten Sie von prominenter Seite Schützenhilfe!
Viele Grüße Daska
Ob sich da der Schütze nicht ein bisschen in der Schussrichtung geirrt, die Prominenz - peng, peng - (versehentlich) entleibt hat?
F., ein Schulmädchen, erzählte mir von einer Diskussion im Religionsunterricht. Es ging um die Vaterschaft Jesu. Der Lehrer ließ alle reden. Vorschläge der Schüler waren: Von einem Ufo? Ein fremder Soldat? Der Heilige Geist? Ich fragte, was sie gesagt habe. „Natürlich Josef. Aber er heiße Sohn Gottes, weil er den Willen Gottes ganz tat. - Doch sie verstanden es nicht.“
Das ist zwar nicht ganz die Antwort der Konzile, aber es reicht für eine anfängliche Katechese.
Das Dogma von der sogenannten Jungfrauengeburt bezeugt das Grundproblem der jüdisch-christlichen Glaubenssprache: über einen unsichtbaren, transzendenten, weltjenseitigen, aber weltengagierten Gott, der durch sichtbare Menschen eingreift und handelt, angemessen zu reden. Da gibt es schon die erste Grenze, dass der nicht versteht, der die biblische Erfahrung nicht teilt. In dieser Lage sind übrigens keineswegs nur die Außenstehenden, sondern auch viele Insider und auch Theologen, die das Christentum wissenschaftlich untersuchen, aber nicht in ihm leben. Für die Agnostiker ist dieser Gott eine austauschbare Chiffre. Er könnte auch nur eine Droge für unsere Vorstellung sein, austauschbar mit Schicksal, Zufall, Glück, Leben, Natur. Denn die vor ihm oder unter seinen Geboten leben, müssten doch letztlich auch alles selber tun, da er laut ihres Axioms nur durch Menschen eingreife. Sie können sagen: Wenn er ein übermenschlicher und doch nachahmbarer Maßstab ist, mache ihn das noch lange nicht zu einer Person. Auch dass dieser ‚Maßstab‘ die Vergötzung von unwürdigen Dingen hindere, wenn er Herr über den Glaubenden ist, ergebe noch nicht notwendig die Existenz eines wirklichen und personalen Gottes im Unterschied zur Nichtexistenz von Götzen. Als Argument bleibt übrig: Aber die Erfahrung, von einem transzendenten Gott geliebt zu sein und von dem Unsichtbaren Geschenke erhalten zu haben: die Welt, das Leben, die Geschichte der Juden und der Kirche, und eben das Höchste, seine Liebe, - setzt dies nicht die Existenz eines personalen Gottes voraus?
Auch wenn der Agnostiker dies nicht an-erkennt, so kann er es vielleicht er-kennen. Ob er diese Erfahrung, die einen ganzen Himmel von Mystik in die Weltgeschichte gesetzt hat, als selige Einbildung deutet, bleibt ihm immer noch anheimgestellt. Und er selber kann sich auf das Konkret-Weltliche beschränken. Denn die Bewältigung seiner Lebenswelt und der Dialog mit den Mitmenschen sind für ihn schon Abenteuer und Reichtum genug.
Zitat "Es ( das Christentum ) ist an keines der unverschämten Dogmen gebunden, welche sich mit seinem Namen geschmückt haben: es braucht weder die Lehre vom persönlichen Gott, noch von der Sünde, noch von der Unsterblichkeit, noch von der Erlösung, noch vom Glauben; es hat schlechterdings keine Metaphysik nötig, noch weniger den Asketismus, noch weniger eine christliche »Naturwissenschaft«." (Nietzsche, aus dem Nachlass der 80er Jahre).
Da solche Gedanken posthum von einer gewissen Prominenz überliefert sind, kann man sie zum Anlass nehmen, darüber nachzudenken. Ich fange mal mit dem Vorletzten an: Den Asketismus, wie er in vergangenen Zeiten und bisweilen heute noch anzutreffen ist, kann man streichen. Er ist nicht konstitutiv für das Christentum. Ein Blick in die Bibel (AT und NT), in die darin sich selbst klärende Tradition, bestätigen den Sachverhalt. Darüber ist man sich einig. (Die asketische Akrobatik der frühen Wüstenmönche und der Styliten muss man als Protest begreifen gegen das Erschlaffen des Christentums aus den vorausgegangenen Jahrzehnten unter vielen Verfolgungen.) Ebenso gibt es keine "christliche Naturwissenschaft". Man kann vermuten, dass Nietsche dieses Argument an den Schluss seines Gedankengangs stellt, weil er damit seinen vorausgehenden Gedanken, die als Behauptungen gegen die christliche Lehre im Modergewand vorgetragen sind, - im Schielen auf Einvernehmung - Nachdruck verleihen kann.
Und wie steht es um die angeblich "unverschämten Dogmen" ganz allgemein, als könne oder müsse man auf sie verzichten? - Die Kirche musste und muss, ebenso wie das jüdische Volk, um ihre Lehre ringen. Als sie im 4. Jh. nach einer 300-jährigen Verfolgung im Großreich Rom unversehens auch zu einer politischen Größe geworden war, wurde es nicht zuletzt auch unter diesem Einfluss nötig, sich abzugrenzen: vgl. das Dogma von der ewigen Gottessohnschaft, der Wesensgleichheit (homoousios), des jüdischen Messias, Christus Jesus, mit Gott, entgegen der Lehre des Arius (homoiousios), die als die politisch favorisierte Lehre, als Arianismus, noch viele Jahrzehnte weiterexistierte, wie etwa die weitgehend politisch motivierten Missionserfolge in der Zeit des Wirkens von Bischof Wulfila (341-383) zeigen. Der Prozess der theologischen Klärung ging nach dem Konzil von Nizäa (325) auf den großen Reichs-Konzilen von Chalzedon, Ephesus, Konstantinopel (680/81) weiter - und so fort. Die Sprache der Glaubenssätze (gr. Dogma meint ursprünglich: neue Strophe eines Liedes) bediente sich der griechisch-hellenistischen Philosophie, die auch von den Juden innerhalb und außerhalb Palästinas verstanden werden konnte. Dass man die hellenistische Begrifflichkeit durch das gesamte Mittelalter, während der Reformation (vgl. die im Ringen um Rechtgläubigkeit biblisch gestützte Sakramentenlehre - eine historisch kritische Exegese war noch nicht in Sicht) und bis nach dem Konzil von Trient beibehielt, förderte nicht gerade das Verstehen der Theologie. Darauf kann Nietsche hinweisen.
Wenn ich die "Metaphysik" bedenke, die Nietsche dem Christentum ab-empfehlen will, dann gerate ich ins Grübeln, was er denn, wenn er nicht nur polemisiert, empfehlen möchte: ein Christentum, das ohne das hellenistische Erklärungskorsett auskommen müsste, ein Christentum (mit Gott) - definiert allein durch Christus Jesus (einen vergöttlichten Menschen?), ein Christentum ganz ohne Gott, ein Christentum ohne einen religiösen Gott...???? ---*Zitat:
Es kommt wohl nicht ganz von ungefähr, dass sich um 600 (300 Jahre, nachdem die ehemals verfolgte, bischöflich verfasste Gemeindekirche in den Städten auf einmal flächendeckend alle heidnischen Bewohner ohne lange Einführung in Lehre und Eingewöhnung in die aus dem Judentum herausgewachsenen Strukturen zu Christen machen sollte) am Ost-Rand des in Ostrom (Byzanz) und Westrom aufgeteilten Reiches so etwas wie eine Religions- und Glaubens-Chimäre entwickeln konnte, die einen Mischling darstellt aus jeweils nur rudimentär verstandenem oder bewusst "verkehrtem" Judentum und Christentum und arabischen Stammesreligionen, vertreten durch zerstrittene Parteien, die gelegentlich eine Wallfahrt zu dem heiligen schwarzen Stein in Mekka pflegten.
In [img]http://[/img]Achgut.com begründet Chaim Noll in einem 4-teiligen Aufsatz mit dem Titel "Nähe und Unvereinbarkeit von Bibel und Koran", warum der "Islam", obwohl er heute gemeinhin (vor allem auf dem Hintergrund der Lessingparabel von den drei "gleichen" Ringen) zu den "(drei) abrahamitischen Religionen" gezählt wird, aus den verschiedenartigsten stichhaltigen Gründen nicht dazu gezählt werden kann.
Zwei interessante Proben aus dem 1. Teil:
Zitat "Bei genauerem Hinsehen erweist sich Lessings Parabel von den drei gleichen Ringen als verfehltes Bild. Die Metapher von den drei Ringen, die einander zum Verwechseln ähneln, so dass sich angeblich nicht mehr feststellen ließe, welcher der ursprüngliche war und welcher der nachgeahmte, ist schon deshalb falsch, weil bei den drei in Frage stehenden Religionen ganz zweifelsfrei eine Reihenfolge ihrer Entstehung und damit der Originalität ihrer Ideen feststellbar ist.
Schon von daher sind die „drei abrahamitischen Religionen“ von Grund auf verschieden: das Judentum ist in der Reihenfolge die erste, das Christentum die zweite, unmittelbar aus dem Judentum hervorgegangene – Jesus war Jude – , während der Islam eine wesentlich spätere, außerhalb oder am Rand der jüdisch-christlichen Sphäre entstandene Bewegung ist, deren Textwerk, eine Sammlung von Gesängen, genannt Koran, sich der beiden vorhergegangenen bedient und zugleich ihre Vertreter bekämpft."
Zitat "Der Koran ist zu weiten Teilen Bibel-Exegese
Zur Genealogie: Der Koran ist mehr als ein Jahrtausend nach der hebräischen und fünf bis sechs Jahrhunderte nach der christlichen Bibel entstanden, in einer Umgebung, die bereits weitgehend von biblischem Denken geprägt war. Der Überlieferung nach lebte und wirkte Mohamed am Rande des oströmischen Reiches, das rund drei Jahrhunderte zuvor das Christentum als Staatsreligion angenommen hatte, in geographischer Nähe zu den Zentren der byzantinischen und syrischen Kirche einerseits und den großen talmudischen Schulen des babylonischen Judentums, Sura und Pumbedita, andererseits. Der Inhalt der Bibel war ihm bekannt, er war mit Christen und Juden in alltäglichem Kontakt und sprach als Kaufmann aramäisch, die lingua franca der antiken nahöstlichen Welt, zugleich die Sprache, in der sowohl die Werke der syrischen Kirche als auch der babylonische Talmud geschrieben wurden.
Vielleicht behauptet deshalb der Hadit, die Sammlung der Berichte über Worte und Taten Mohameds, dass der Prophet Analphabet gewesen sei: um den bereits im Umfeld Mohameds erhobenen Vorwurf, es handle sich beim Koran um ein Plagiat, von vornherein zu entkräften. Dieses Wort ist dennoch immer wieder gefallen, gerade in den Untersuchungen von Kennern der hebräischen, griechischen, aramäischen und arabischen Originaltexte, auch in neuerer Zeit, etwa in Franz Rosenzweigs Buch „Der Stern der Erlösung“."
Ich kann den Aufsatz nur wärmstens empfehlen!
Mit vielen Grüßen! Simon
edit:* In Wiki habe ich nachträglich gefunden: In seiner Autobiographie Ecce homo beschreibt er (Nietsche) ein letztes Mal sein Verhältnis zu Religion und Metaphysik:
„‚Gott‘, ‚Unsterblichkeit der Seele‘, ‚Erlösung‘, ‚Jenseits‘ lauter Begriffe, denen ich keine Aufmerksamkeit, auch keine Zeit geschenkt habe, selbst als Kind nicht, – ich war vielleicht nie kindlich genug dazu? – Ich kenne den Atheismus durchaus nicht als Ergebniss, noch weniger als Ereigniss: er versteht sich bei mir aus Instinkt. Ich bin zu neugierig, zu fragwürdig, zu übermüthig, um mir eine faustgrobe Antwort gefallen zu lassen. Gott ist eine faustgrobe Antwort, eine Undelicatesse gegen uns Denker –, im Grunde sogar bloss ein faustgrobes Verbot an uns: ihr sollt nicht denken!“[36]
Zitat "Ob man an einen personalen Gott glaubt oder denkt, es gebe ihn nur so wie den ostereierlegenden Hasen, als Relikt der frühen voraufgeklärten Menschheit, ist ja nicht nur eine sehr persönliche Frage, also zu intim für eine Diskussion, sondern ist eine öffentlich wichtige, für die Politik und die Wissenschaft notwendige Frage. Denn es geht – vor allem bei einem monotheistischen Glauben – um die Fragen, ob die Anhänger zu Gewalt neigen oder zur Menschenfreundlichkeit und ob die Philosophen und die Soziologen im Einzelfall und in den Epochen eine positive Mentalitätsgeschichte entdecken oder das Gegenteil."
Heute begegneten mir 2 Textstellen aus grundverschieden aktuellen Schriften, die im Sinne von L. Weimer, z.B. in #59 und ähnlichen Beiträgen - zum Nachdenken "zwingen":
(1) Aus einem Bericht von Gatestone Institute von heute (Eine vererbte Hasskultur, dt. 23.09.2016):
Zitat
> "Ich hasse Christen und Juden. Ich weiß nicht, warum. Ich habe keinen offensichtlichen Grund, sie zu hassen, aber ich höre immer meine Mutter schlecht über sie reden. Sie hasst sie auch, und das ist der Grund, warum ich sie hasse, schätze ich. Mom hat mir immer gesagt, dass Muslime Allahs Lieblingsvolk sind." — F., ein 15-jähriges tunesisches Mädchen.
"Sie sagten, dass Nicht-Muslime zu sterben verdienen, wir sollten kein Mitleid haben mit ihnen. Sie werden sowieso in der Hölle schmoren." — M., ein 16-jähriger tunesischer Junge.
Menschen, die nicht lesen, neigen dazu, Dinge zu fürchten, die sie nicht kennen, und diese Angst kann in Misstrauen, Aggression und Hass umschlagen. Diese Menschen müssen die Leere füllen, ihr Unbehagen wegmachen, weshalb sie sich dem Terrorismus zuwenden, um ein Ziel in ihrem Leben zu haben: die Verteidigung des Islam.
Da die meisten Tunesier nicht lesen, sehen sie viel TV. "Nachdem ich 'Der Harem des Sultans' gesehen hatte, wollte ich eine des Sultans Konkubinen sein, im Zeitalter des Osmanischen Reiches leben, ich wollte so sein wie sie", sagte S., ein 14-jähriges tunesisches Mädchen. <
(2) > "Das Gottesvolk Israel gibt es immer nur unter Verweis auf konkret benennbare Orte und Personen. Durch ein Leben nach den Weisungen Gottes in der Torah, und das heißt: durch die Gestaltung des ganzen Lebens nach Vernunft und Gerechtigkeit, soll das Volk Gottes allen Völkern als lebendige Anschauung dienen. Durch das nachahmende Dienen der Völker - so könnte man die konkrete Erfüllung der prophetischen Vision von der ´Völkerwallfahrt´ auch umschreiben - gelangt der Segen Israels zu den Heiden. Er motiviert sie zum Einüben eben einer Gerechtigkeit, die Voraussetzung ist für den Schalom, für einen Frieden, der diesen Namen auch verdient.
Wie Israel existiert auch die Kirche nur in konkreten und möglichst überschaubaren Gemeinden. Als Gesamtheit ist sie zu allen Völkern der Welt gesandt. ... Dabei verweist die Kirche auf den Messias Jesus. Er hat die Torah Israels, deren Rechtssatzungen vernünftig sind und das gesamte Leben umfassen, praktisch erfüllt ... hat sich selbst als die Torah - als das Wort Gottes in Person (J. Ratzinger/Benedikt XVI., Jesus v. N. I, 2007,S. 143) verstanden." <
So referiert der Berliner Pfarrer Wolfgang Blech am 16 April 2016 in Paderborn - der Vortrag ist dokumentiert - auf der Grundlage der Habilitationsschrift von Tamas Czopf, Neues Volk Gottes? Zur Geschichte und Problematik eines Begriffs, München 2016.
Da wird in jedem der Texte von einem "Gottesvolk" gesprochen. Im ersten (1) völlig unkritisch, im zweiten (2) höchst reflektiert, dabei den Sendungsauftrag hervorkehrend, der mit dem naiven Satz des Kindes: "Mom hat immer gesagt, dass Muslime Allahs Lieblingsvolk sind" zu konkurrieren scheint. Die Konkurrenz besteht tatsächlich - seit Mohammed mit seinem "Islam" die Weltbühne betrat. Aber nicht in dem Sinne, das lassen die Texte spüren, wie sie u.a. G.E. Lessing verstand (in - aufgeklärter - purer Toleranz), sondern viel grundsätzlicher und in einem tieferen Sinne "intolerant" (auf Wahrheit bestehend), nämlich dort, wo es um die "Offenbarung" und deren Entfaltung geht: Schon bei Abraham heißt es in der theologisch reflektierten Erzählung über Isaak, den Sohn der Verheißung, der naturgemäß garnicht mehr aus seinen Lenden und aus dem Schoß von Sarah stammen konnte: er soll ein Segen sein für die Völker. - Nur zum Vergleich: Mohammed wählt den Weg über die Natur (in der Bibel ein Nebengleis; allerdings - in der Reflexion - immer noch von Gott gesegnet): Ismael aus Sarahs Magd ... Der Weg des biblischen Gottes muss zwar vom Menschen verantwortet gegangen werden, aber er wird eigentlich als ein für den Menschen unmöglicher Weg beschrieben, d.h. als einer, der gleichsam von einer 2. Kraft (besser: von einer Primärkraft) ermöglicht und begleitet werden muss: "Lieblingsvolk" (ein biblischer Begriff) meint zwar den Vorzug vor allen Völkern, was die Wahl betrifft, meint aber in erster Linie den Anspruch und den Auftrag, der damit verknüpft ist. Das Aufregende und Anstößige erscheint für mich bei allem theologischen Vorwissen im 2. Text, wo es vom "Volk Israel" und vom Volk "Kirche" gleichlautend heißt: es gibt dieses Gebilde real "nur unter Verweis auf konkret benennbare Orte und Personen", und Anspruch und Auftrag bleiben für beide gleichlautend bestehen. In der Kirche kommt allerdings (erwachsen aus der Glaubensgeschichte Israels) hinzu: der "Verweis auf den Messias Jesus .........." Da wird es aber noch einmal spannend bei der Frage, ob es genügt, dass einer aus dem jüdischen Volk sozusagen das Klassenziel erreicht hat und alle nachfolgenden sich auf dessen Ruhm ausruhen könnten. Dass es nicht so ist, zeigt ein Blick auf den realen Verlauf der Geschichte: dass es seit Jesus immer noch die zwei "Gottesvölker" der Offenbarung, Juden und Christen, gibt, die eigentlich eins sein sollten, weil der (monotheistische) Gott der Offenbarung (logischerweise) nur eine Braut, ein "Lieblingsvolk" haben kann; und - dass sozusagen störend - Mohammed mit seinem "Islam" - mit allem Nachdruck auf "Offenbarung" pochend - die halbe Welt erobert hat und im Begriff scheint, auf einer Woge der Gleichgültigkeit die ganze zu erobern. - Darf uns das egal sein?
Zitat von Simon im Beitrag #70Darf uns das egal sein?
Was soll ich Ihrer Meinung nach tun?
Als Muslima? Als Christin, als ... ? Meine Meinung: Schauen Sie, wenn es Ihnen möglich ist, in das Evangelium nach Lukas, Kapitel 16, Verse 19-31. Die Stelle wird morgen in der katholischen Sonntagsliturgie als Evangelium gelesen.
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