Zitat von Frank2000 im Beitrag #201. Lügen ist gemäß Grundgesetz nicht verboten und damit gemäß ständiger Rechtsprechung erlaubt. Punkt. Aus die Maus. Lügen ist erlaubt.
Das ist natürlich richtig. Aber kein echtes Argument in der Diskussion, ob man die Gesetze entsprechend ändern sollte, daß Lügen eben nicht mehr erlaubt wäre (jedenfalls nicht mehr im gewohnten Umfang).
Ehrlich gesagt wäre mir ein konkreter Gesetzentwurf lieber. Da könnte man dann wenigstens transparent nachvollziehen, wo die Grenzen sind. Man könnte entsprechend auch gegen Lügen der Regierungsseite vorgehen. Und das Gesetz würde im Zweifelsfall vor dem BVerfG keinen Bestand haben. Viel schlimmer ist es doch, wenn derzeit mangels Gesetz ein Maas oder andere Regierungsstellen indirekt Druck machen. Z. B. auf Facebook, gewisse Beiträge zu löschen. Damit ist die Meinungsfreiheit zwar nicht direkt verboten, aber in ihrer Wirksamkeit drastisch eingeschränkt. Bisher gibt es keine juristische Handhabe gegen diese Machenschaften.
Ansonsten stimmen natürlich auch die übrigen Ihrer Punkte.
Zitat Zusätzlich zur allgemeinen Erlaubnis auf Lügen haben religiös begründete Lügen in Deutschland sogar noch staatlichen Schutz.
Ein sehr interessanter Aspekt. Auch hier wäre der konkrete Gesetzentwurf (den die derzeitig Schwafelnden m. E. nie vorlegen werden) interessant. Es wäre kaum möglich, "Fake News" irgendwie sinnvoll zu definieren, ohne daß die religiösen "Fake News" außen vor bleiben ...
Zitat Eine "Lüge" ist ja landläufig eine Aussage, die BEWUSST eine falsche Information enthält.
Richtig. Im konkreten Fall sind es ja meist nur die Leute ganz am Anfang, die bewußt lügen (viel Spaß damit, den deutschen Staatsanwalt in den Kreml zu schicken). Ansonsten werden diese Nachrichten ja verbreitet WEIL die Verbreiter glauben, das wäre die Wahrheit.
Und natürlich ist in sehr vielen Fällen kaum gerichtlich feststellbar, was eine "falsche" Information ist. Denn bei "Fake News" geht es fast nie um einfach zu überprüfende Fakten, sondern um schwierig zu sehende Vorgänge.
Zitat von FTT_2.0 im Beitrag #23 Das ist aber nun etwas irreführend.
Im Gegenteil beschreibt die Aussage genau den Kern des Problems. Wie will man denn eine "Lüge" erkennen? Ich meine: wie oft findet man Tagebücher, in denen ein Autor ausdrücklich aufzählt, welche Aussagen er bewusst als Lüge verbreitet? Wenn man "Lügen" als "bewusste Falschaussage" interpretiert, dann gibt es keinen Hebel, da irgendwas zu zensieren. Denn "bewusst" impliziert, dass man in den Schädel des Autors schauen könnte. Die Unmöglichkeit zwischen bewussten Lügen und Selbsttäuschungen zu unterscheiden, hat ja in der Rechtsprechung zu dem Notkonstrukt der "falschen Tatsachenbehauptung" geführt. Da kommt das "bewusst" nicht mehr vor. Kann auch eine unbewusste falsche Tatsachenbehauptung sein.
Übrigens gilt exakt das gleiche Argument bei der Kampagne gegen sogenannten "Hasskommentare". Auch hier setzt der Begriff eigentlich voraus, dass man in den Schädel des Auators blicken kann und erkennen kann: aha, der/die hatte in der Sekunde des Tippens Hassgefühle. Da dieser Blick in den Schädel nicht klappt, definiert man "objektive" Kriterien zu Hassäußerungen. Also Sprachregeln, die bei Nutzung im falschen Kontext automatisch als "Hass" klassifiziert werden.
Egal, ob es nun um "Lüge" oder "Hass" geht: In beiden Fällen versucht der Staat, subjektive Aktionen mittels gesetzlicher definierter Kataloge zu erlauben oder zu verbieten. Es gibt dann einen Katalog "wahrer Aussagen" - die darf man dann sagen/schreiben. Und es gibt einen Katalog "falscher Aussagen = Lügen", die darf man dann nicht mehr sagen oder schreiben. Das gleiche für den Phänomenbereich "Hass". Es wird Beleidigungen geben, die werden als "Nicht-Hass" klassifiziert sein, zum Beispiel Beschimpfungen von christlichen Priestern als potentielle Pädophile, Soldaten als püotentielle Mörder oder US-Bürger als tumbe Idioten. Und es gibt Beleidigungen, die werden als "Hass" klassifiziert, zum Beispiel Aussagen über Mohammed oder Merkel.
Das ist Zensur. Punkt.
___________________ Kommunismus mordet. Ich bin bereit, über die Existenz von Einhörnern zu diskutieren. Aber dann verlange ich außergewöhnlich stichhaltige Beweise.
Zitat von Krischan im Beitrag #24Über die Jahrhunderte hat da das Presse ein doch recht erfolgreiches, wenn auch nicht immer 100% funktionierendes Prozedere aufgebaut
Das ist völlig richtig! Es gab immer schlechte Zeitungen, es gab immer Sensationspresse, es gab immer sehr parteiische Zeitungen bzw. Parteizeitungen - aber es gab eben auch Qualitätspresse. Die hatte auch manchmal Fehler oder Subjektivitäten - wie sie eben unvermeidbar sind. Aber man konnte sich ziemlich auf sie verlassen.
Und es wäre eine interessante Nachforschung, wann und warum das aufhörte. Denn die heute diskutierten Probleme sind ja kein deutsches Thema, sondern international. Insbesondere hat der Wettbewerb zwischen den Medien um das beste Produkt irgendwann aufgehört als Regulativ zu funktionieren.
Zitat von Krischan im Beitrag #24Über die Jahrhunderte hat da das Presse ein doch recht erfolgreiches, wenn auch nicht immer 100% funktionierendes Prozedere aufgebaut
Das ist völlig richtig! Es gab immer schlechte Zeitungen, es gab immer Sensationspresse, es gab immer sehr parteiische Zeitungen bzw. Parteizeitungen - aber es gab eben auch Qualitätspresse. Die hatte auch manchmal Fehler oder Subjektivitäten - wie sie eben unvermeidbar sind. Aber man konnte sich ziemlich auf sie verlassen.
Und es wäre eine interessante Nachforschung, wann und warum das aufhörte. Denn die heute diskutierten Probleme sind ja kein deutsches Thema, sondern international. Insbesondere hat der Wettbewerb zwischen den Medien um das beste Produkt irgendwann aufgehört als Regulativ zu funktionieren.
War denn der Journalismus wirklich früher besser als heute?
War z.B. der Spiegel oder die Tagesschau früher wirklich besser als heutzutage? Oder haben wir nur heute viel mehr Möglichkeiten, die Mitteilungen von Spiegel und Tagesschau kritisch zu hinterfragen?
(Was durch den entstehenden Rechtfertigungsdruck dann zumindest im Grundsatz auch ein Instrument ist, um die Medien zu Qualität zu zwingen.)
Zitat von Florian im Beitrag #29War denn der Journalismus wirklich früher besser als heute?
Wohl eher nicht. Bei der Tagesschau weiß ich es nicht, weil ich seit 15 Jahren rigoros jeden TV-Konsum eingestellt habe, aber selbst damals war eine beständige Zunahme zur Kampagne, zur Agitation, zur Indoktrination feststellbar. Und zwar in mehreren Wellen. Die ersten Vorläufer gab es um 1976/77, und zwar abseits vom Deutschen Herbst, weil die Einspieler bei Anti-AKW, bei Katastrophen wie Tankerhavarien, länger, "vor Ort/direkt am Geschehen dran", ausgeweitet wurden & die ersten 5 Sendeminuten in Beschlag nahmen; dann 83 & 86 & dann heftig id 90ern während des Jugoslawienkriegs. Das war eine direkte Reaktion auf Desert Storm, wo man ja nur die Agenturbilder hatte (die eben nichts weiter zeigten als durch irgendwelchen Sand ratternde Panzer) & die Präsentationen des Militär auf der täglichen PK.
"Früher"... 1990...1980...1970 war die Tagesschau ein langweiliges Präsentationsmedium, so dröge & gesichtslos wie die Bonner Regierungsbauten, aber man konnte sich einigermaßen darauf verlassen, daß man hier a) über den Stand der Erkenntnisse, soweit sie gerade vorlagen, informiert wurde, b) daß die unterschiedlichen Vertreter unaufgeregt (eigentlich immer recht bräsig) zu Wort kamen & daß die Aufreger, das Agitierende, das Kleber-Tränensusige in anderen Formaten (Report, Monitor etwa) ausgelagert waren oder gar nicht erst vorkamen. Staatsfunk mit Contenance. Die wären nicht ansatzweise auf die Idee gekommen, einer solch plumpen & lächerlichen Inszenierung wie etwa dieses Jahr "Idomeni" auch nur eine Plattform zu bieten, geschweige denn das als Aufmacher zu bringen.
Persönliche Remineszenz: Der Offenbarungseid der Tagesschau für mich waren 2 Episoden 1990/91: zum einen im Juni (am 22.) '90 ein 4-Minutenreport von der Urban Jungle-Tour der Rolling Stones, wo der Sender die 5-stelligen Gebühren nicht raustun wollte (ist ja auch nicht Aufgabe eines Nachrichtensenders, dafür Knete zu verbraten), man aber trotzdem einen Bericht wollte & sich die Reportertussi von den Wartenden in der Schlange "Satisfaction" vorkrächzen ließ. 3 Minuten lang. Dann zu Anfang '91 die Bilder der Ölpest, als Saddams Truppen beim Rückzug die Ölfelder in Brand gesetzt hatten: die Seevögel, die ölverschmiert unter die Wellen tauchten. Und die mich sofort an die Bilder von der Exxon Valdez 2 Jahre zuvor in Alaska erinnerten. Wie sich heraustellte, zu Recht.
Beim Spiegel kann man das überprüfen, weil das ganze Archiv bis zurück zu 1947 frei zugänglich ist. Und da zeigt sich: Nein, die waren früher auch nicht qualitätsvoller; die haben genauso halbinformiert im Nebel gestochert. Aber die waren nicht dermaßen agitatorisch, alarmistisch, dauerhysterisiert. Wenn man das mal an den richtig-großen Aufregern etwa der 50er anschaut, etwa dem Fall John, stellt man fest: die waren auch bräsig.
"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire
Zitat von Martin im Beitrag #18Dem 'Missbrauchsfall Lisa' würde ich eher eine Dynamik bescheinigen vergleichbar zu Fällen wie dem 'Todesfall Khaled Idris Bahray'
Was soll "Dynamik bescheinigen" heißen?
Es ist eben die Dynamik ausgehend von der falschen Behauptung oder These zu medial hochgepuschter Aufregung, Demonstrationen vermeintlich Betroffener bis dann langsam die Luft entweicht - dann Stille. Diese Dynamik ist ein gewisser Alltag.
Zitat Aber sie haben nichts dazu erfunden und sie haben dann auch korrekt gemeldet, daß der Täter eben doch kein Neonazi war, sondern ebenfalls ein Zuwanderer.
Sie haben den rassistischen Hintergrund erfunden.
Zitat Der "Fall Lisa" war aber nie ein Kriminalfall, sondern wurde von den Putinisten frei erfunden und für eine Hetzkampagne verwendet. Und als die Lüge aufflog, wurde natürlich auch nichts korrigiert.
Es gab polizeiliche Ermittlungen, nicht weil Putinisten (wer ist das denn genau?) etwas erfunden haben, sondern weil das Mädchen etwas behauptet hat, was ihr die Russischen Medien und die Politik geglaubt haben, die deutsche Polizei weniger. Lieber R.A., haben Sie die russischen Medien soweit verfolgt, dass Sie behaupten können, dass der Fall nicht korrigiert worden sei?
Zitat Das zeigt recht gut den grundsätzlichen Unterschied.
Eben nicht, der ist aus politischen Gründen an den Haaren herbeigezogen.
Zitat Wir hatten gerade über den Fall Lisa gesprochen.
Und bei dem wird es wohl bleiben.
Zitat Ansonsten sei auf die Themen Krim und Syrien verwiesen.
Bewusst wenig konkreter?
Zitat Das war keine Lüge, weil es in allen seriösen Medien als (naheliegende) Vermutung gekennzeichnet wurde.
Jetzt schränken Sie ein auf 'seriös', und den Unterschied zwischen Vermutung und Behauptung verwischen Sie, lieber R.A.. Und 'naheliegend' wäre am nächsten Tag immer noch ein Unfall gewesen.
Zitat Die dann auch erwartungsgemäß bestätigt wurde.
Vielleicht veröffentlicht Trump die US-Radardaten - nur so zum endgültigen 'Beweis'
Zitat von Florian im Beitrag #29War denn der Journalismus wirklich früher besser als heute?
Das ist eine gute Frage. Ich hatte auch schon den Verdacht, daß wir heute nur mehr Recherchemöglichkeiten zur Kontrolle haben. Speziell beim Spiegel gab es natürlich schon immer die Masche, das Titelthema zur gewünschten Skandalisierung faktenmäßig konsequent auf eine Seite zu bürsten.
Aber ansonsten sehe ich es ähnlich wie Ulrich: Im wesentlichen war es langweiliger, aber seriöser. Es galt noch der Friedrichs-Satz: "Ein Journalist darf sich mit keiner Sache gemein machen, auch nicht mit einer guten". Dann kam die "taz"-isierung (war das ein Begriff von Zettel?). Journalismus als Form der Politik-Erziehung für unmündige Bürger. So wie die sozialistische Partei den Massen erklären muß, was die eigentlich wollen und brauchen.
Zitat von Florian im Beitrag #29Oder haben wir nur heute viel mehr Möglichkeiten, die Mitteilungen von Spiegel und Tagesschau kritisch zu hinterfragen?
Wozu hinterfragen? Wenn Lüge wirklich unhinterfragbar o.k. wäre, wäre der Journalist der beste, der die knalligsten Storys erfindet. Dann wären auch so schöne Artikel wie Hofreiters Hühner in ZR sinnlos. Denn dann wäre es ja vollkommen gleichgültig, was in einem Parlament als Tatsache hingestellt wird. Dann wäre auch die Frage, ob die Medien früher besser informiert hatten, obsolet. Denn darauf käme es ja nicht mehr an. Auch dass ich mich bemühe, im ZR logisch zu argumentieren wäre mit dem Blankoscheck fürs Lügen ohne jegliche Bedeutung. Die Logik hat eine wächserne Nase, hat mal wer gesagt, und wenn die Tatsachen, von denen ich ausgehe, nicht der Wirklichkeit entsprächen, wären meines Erachtens alle logischen Schlüsse, die ich daraus ziehe, genauso irreal, wie die erfundenen Ausgangsinformationen. Diskussionen über Einhörner? Sinnfrei, denn welche Rolle spielt das denn, wie stichhaltig die Beweise sind, wenn's am Ende für die ins Wort gehobene Realität sowieso egal ist?
Zitat von Tagesspiegel, 14.12.2016 15:15Die Amadeu-Antonio-Stiftung informierte über rechte Medien im Netz. Nun aber ging die Seite ohne Begründung offline. Warum?
Es war ein Who-is-who der Leute, Institutionen und Publikationen, die sich in der rechtskonservativen bis rechtsextremen Szene tummeln. Unter der Überschrift "Überblick: Digitale Hass-Quellen" listete "Netz gegen Nazis" deutschsprachige Blogs, Webseiten und - in Gänsefüßchen - "Medien" auf, die "aktuell in der rechtsextremen und rechtspopulistischen Szene beliebt" seien. Dabei handelte es sich um ein Projekt der gegen Rechtsextremismus engagierten Amadeu-Antonio-Stiftung. Unter anderem kamen vor: der Kopp-Verlag, "Tichys Einblick", der Leipziger Jürgen Elsässer mit seinem "Compact"-Magazin, Akif Pirincci, die rechte Wochenzeitung "Junge Freiheit" oder Internetseiten wie die "Blaue Narzisse", "Achse des Guten" und "Epoch Times Deutschland". Aber zum Beispiel auch die frühere Bundestagsabgeordnete Vera Lengsfeld (erst Bündnis 90/Die Grünen, dann CDU). Dazu hieß es auf "Netz gegen Nazis": "Manche sind auf den ersten Blick politisch klar zu verorten. Andere kommen als ,scheinbar' seriöse Medien daher, obwohl sie nicht faktengetreu und nach Recherche berichten, sondern die Wirklichkeit ihrem Weltbild anpassen oder komplett erfinden." Viele der Medien von der "Netz-gegen-Nazis"-Liste werden im Netz immer wieder gern geteilt von Pegida oder auch der AfD.
Sofia Vester, Sprecherin der Amadeu-Antonio-Stiftung, sagt auf Anfrage des Tagesspiegels, "nach redaktioneller Diskussion" sei entschieden worden, die Seite vom Netz zu nehmen.
Zitat von Welt.online, 14.12. 18:04Scholz & Friends geht nun öffentlich auf Abstand zu Hensels Aktion. Wegner erklärte zwar allgemein, seine Agentur setze sich für respektvolle und „angstfreie Meinungsäußerung“ ein, stellte aber zugleich mit Bezug auf Hensels konkretes Vorgehen klar: „Scholz & Friends hätte diesen Weg nicht gewählt.“ Zugleich heißt es, die Agentur habe sich als Arbeitgeber hinter Hensel gestellt. Wie lange diese Aussage noch gilt, blieb zunächst offen.
MSM, nota bene. Das ist RICHTIG nach hinten los gegangen.
"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire
Zitat von Frank2000 im Beitrag #201. Lügen ist gemäß Grundgesetz nicht verboten und damit gemäß ständiger Rechtsprechung erlaubt. Punkt. Aus die Maus. Lügen ist erlaubt.
Das ist natürlich richtig. Aber kein echtes Argument in der Diskussion, ob man die Gesetze entsprechend ändern sollte, daß Lügen eben nicht mehr erlaubt wäre (jedenfalls nicht mehr im gewohnten Umfang).
Natürlich kann der gezogene Schluß nicht gleichzeitig das Argument sein. Auch wenn das heute in politischen Diskussion für normal gehalten zu werden scheint.
Der Grund warum Lügen meines Ermessens grundsätzlich erlaubt sein müssen, ist der am einfachsten denkbare, der auch hier schon genannt wurde: In den allerseltensten Fällen gibt es eine objektiv feststellbare Wahrheit. Genau deswegen ist das orwellsche Wahrheitsministerium auch solch ein Schreckgespenst und genau ein solches Ministerium bräuchte man, wenn man Lügen justiziabel machen möchte.
Zitat von Frank2000 im Beitrag #20 Zusätzlich zur allgemeinen Erlaubnis auf Lügen haben religiös begründete Lügen in Deutschland sogar noch staatlichen Schutz.
Ein sehr interessanter Aspekt.
Kein interessanter Aspekt, sondern ein instruktives Beispiel, wo Wahrheit und Lüge nicht zu trennen sind und die Macht zwischen beiden zu unterscheiden der erste Schritt in den Totalitarismus ist. Ob das Gotteslästerung, Hexenverbrennung oder Klimawandel ist, ist dabei völlig gleichgültig. Genauso gleichgültig wie die Tatsache, ob man das Religion oder Wissenschaft nennt. Die Inquisition wähnte sich seinerzeit wohl auch auf dem "gesettelten Stand der Wissenschaft".
Dass es denen, welchen es (angeblich) um juristischen Schutz der "Wahrheit" geht, viel mehr um ihr persönliches Weltbild geht, erscheint mir dabei so offensichtlich, dass es mir keiner gesonderten Diskussion wert erscheint. Erinnert jemand diesen, meinen Beitrag, welcher den Versuch in den USA beschreibt, Verstöße gegen die "Klimareligion" justiziabel zu machen? Eine anekdotische Evidenz, natürlich. Die von Noricus erwähnte Broschüre des Umweltbundesamtes wäre eine andere. Und ich habe auch genügend Phantasie mir das Frohlocken vorzustellen, wenn man Wahlplakate der AfD von Amts wegen verbieten könnte.
Um Wahrheit geht es hier nicht. Wenn man der zur Geltung verhelfen will, wirkt objektives Argumentieren wahre Wunder. Das fällt nur denen schwer, die keine objektiven Argumente haben und noch schwerer denen, welche hart an ihrem Image gearbeitet haben, es selbst nicht immer so genau mit der Wahrheit zu nehmen, solange es ihren Interessen dient.
Ich teile hier völlig die Einschätzung von Noricus: Was wir hier erleben, ist ein Schritt in orwellschen "Wahrheitstotalitarismus". Wo es den etablierten in den Kram passt, kann die offene Gesellschaft nicht offen genug sein. Wo es unangenehm wird, am besten alles verbieten. Heiko Maas ist nicht von ungefähr der amtierende deutsche Justizminister. Immerhin solche Minister sind noch nicht verboten, auch wenn es sicher eine interessante Frage wäre, ob das gut oder schlecht für unsere offene Gesellschaft ist.
Herzlich
nachdenken_schmerzt_nicht
"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu
Zitat von Daska im Beitrag #33Wozu hinterfragen? Wenn Lüge wirklich unhinterfragbar o.k. wäre, wäre der Journalist der beste, der die knalligsten Storys erfindet.
Dramaturgie oder Journalismus, das ist hier die Frage.
Betrachten wir dir Sache mit dem Medienkonsumenten mal parallel zum Kunden eines Bauhandwerkers. Der Kunde des Handwerkers muß das Werk beurteilen können, um es abzunehmen. Er muß ungefähr wissen, wie man entweder den Mörtel anrührt oder wie man erkennt, ob der Mörtel Murx ist. Ansonsten riskiert der Kunde, Pfusch am Bau zu bezahlen. Der Kunde muß also selber kundig sein (nomen est omen).
Nun bestellen wir nicht eine Fliesenlegerarbeit sondern ein Nachrichtenmagazin. Auch hier muß der Kunde die Produktqualität bewerten können. Die Zeitungsredaktion ist genau wie der Handwerker zwar nach dem Grundsatz von Treu und Glauben auf Sorgfalt verpflichtet, aber es ist auch die Verantwortung des Kunden, Sorgfaltsverstöße zu erkennen und zu rügen. Und nicht des Verbraucherschutzministeriums.
Interessant wäre es mal, wenn ein Zeitungsabonnent wegen Falschmeldungen vor Gericht zieht, um eine nachträgliche Minderung seiner Abonnementskosten zu erwirken. Und noch interessanter, wie man so etwas gegenüber den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten erreichen will (meine Vermutung: Ein Gericht würde darauf verweisen, daß der RStV in Objektivität und Überparteilichkeit bloß eine Sollbestimmung sieht, die Verpflichtung aber in der "Förderung des gesellschaftl. Zusammenhalts" usw. liege).
Zitat von Daska im Beitrag #33Denn dann wäre es ja vollkommen gleichgültig, was in einem Parlament als Tatsache hingestellt wird.
Viele parlamentarisch behauptete Tatsachen münden in Anlaßgesetzgebung, die sowieso überflüssig ist. Insofern ist es tatsächlich so, daß streng logisch betrachtet der Wahrheitsgehalt sehr vieler Behauptungen gleichgültig ist.
Angenommen, es lebten in Deutschland tatsächlich Einhörner, die nur so scheu und vorsichtig sind, daß man sie und ihre Spuren niemals sieht. Was würde das für einen Unterschied machen? Jagen kann man sie nicht, Verbißschäden kann man ihnen nicht zuschreiben, man kann keine Schutzgebiete für sie festlegen, weil man weder ihre Zahl noch ihren Aufenthaltsort kennt. Für den Verkehr muß und kann man sie nicht berücksichtigen usw. Ich behaupte, daß es moralisch völlig unproblematisch ist, die Lüge in die Welt zu setzen, daß solche Einhörner bei uns leben. Es ist überdies völlig sicher, weil eine Falsifizierung dieser Lüge aussichtslos ist.
Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #35Kein interessanter Aspekt, sondern ein instruktives Beispiel, wo Wahrheit und Lüge nicht zu trennen sind und die Macht zwischen beiden zu unterscheiden der erste Schritt in den Totalitarismus ist. Ob das Gotteslästerung, Hexenverbrennung oder Klimawandel ist, ist dabei völlig gleichgültig. Genauso gleichgültig wie die Tatsache, ob man das Religion oder Wissenschaft nennt. [...] Um Wahrheit geht es hier nicht. Wenn man der zur Geltung verhelfen will, wirkt objektives Argumentieren wahre Wunder. Das fällt nur denen schwer, die keine objektiven Argumente haben und noch schwerer denen, welche hart an ihrem Image gearbeitet haben, es selbst nicht immer so genau mit der Wahrheit zu nehmen, solange es ihren Interessen dient.
Sehr treffende Worte, vielen Dank!
Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #35Ich teile hier völlig die Einschätzung von Noricus: Was wir hier erleben, ist ein Schritt in orwellschen "Wahrheitstotalitarismus". Wo es den etablierten in den Kram passt, kann die offene Gesellschaft nicht offen genug sein. Wo es unangenehm wird, am besten alles verbieten. Heiko Maas ist nicht von ungefähr der amtierende deutsche Justizminister. Immerhin solche Minister sind noch nicht verboten, auch wenn es sicher eine interessante Frage wäre, ob das gut oder schlecht für unsere offene Gesellschaft ist.
Von Facebook wäre es natürlich ein "power move", wenn sie diesen Nutzer einfach mal löschen. Einem Kontrahierungszwang oder eine Veröffentlichungspflicht gegenüber den Nutzern unterliegt Facebook nicht; genau das ist die Lücke, durch die Facebook Löschungsaufrufen von Herrn Maas nachkommen kann. Wenn aber ein Kontrahierungszwang zugunsten der "Guten" eingeführt würde, dann könnten sich auch NS-Verherrlicher darauf berufen.
Zitat von Emulgator im Beitrag #36Angenommen, es lebten in Deutschland tatsächlich Einhörner, die nur so scheu und vorsichtig sind, daß man sie und ihre Spuren niemals sieht. Was würde das für einen Unterschied machen? Jagen kann man sie nicht, Verbißschäden kann man ihnen nicht zuschreiben, man kann keine Schutzgebiete für sie festlegen, weil man weder ihre Zahl noch ihren Aufenthaltsort kennt.
Was mich daran erinnert, daß das Ungeheuer vom Loch Ness, allen Ernstes, 1975 eine wissenschaftlich wasserdichte Taxonomie zugeordnet bekommen hat: Rhombopteryx nessiteras. Nun gut, da ist zumindest das Habitat bekannt. Hintergrund war im Jahr zuvor beschlossenes & im nächsten Jahr in Kraft tretendes Naturschutzgesetz, das für den Status "endangered" eine Linne'sche Klassifikation der betreffenden Spezies vorschrieb (Peter S. Scott & R. B. Rhines, "Naming the Loch Ness Monster," Nature, Nr. 5535, Bd. 268, S. 466-68). Begründung von Sir Peter Scott: auch andere Spezies, die seit der Erstbeschreibung nicht mehr gesichtet worden seien, hätten das erhalten & FALLS es doch auftauchte, könnten die Japaner das sonst ungestraft zu Sushi... (damals war die PC noch nicht so eingerissen). "Rhombopteryx", Rautenschwanz, weil auf einigen Sonarlotungen im Sommer 73 im Loch Ness ein vager Schatten id Wassertiefe auftauchte (den dumme Skeptiker für abgesunkenes Herbstlaub deuteten). Anderen ist schnell aufgefallen, daß das Datum der Bestimmung der 1.4.75 war & das Anagramm "Monster hoax by Sir Peter" ergab. Aber formell war das in Ordnung. Wird also nicht bei La Table Suisse auf den Tisch kommen.
"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire
Zitat von Emulgator im Beitrag #36Angenommen, es lebten in Deutschland tatsächlich Einhörner, die nur so scheu und vorsichtig sind, daß man sie und ihre Spuren niemals sieht. Was würde das für einen Unterschied machen? Jagen kann man sie nicht, Verbißschäden kann man ihnen nicht zuschreiben, man kann keine Schutzgebiete für sie festlegen, weil man weder ihre Zahl noch ihren Aufenthaltsort kennt. Für den Verkehr muß und kann man sie nicht berücksichtigen usw. Ich behaupte, daß es moralisch völlig unproblematisch ist, die Lüge in die Welt zu setzen, daß solche Einhörner bei uns leben. Es ist überdies völlig sicher, weil eine Falsifizierung dieser Lüge aussichtslos ist.
Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #35Um Wahrheit geht es hier nicht. Wenn man der zur Geltung verhelfen will, wirkt objektives Argumentieren wahre Wunder.
Weil es mir gerade so durch den Kopf geht.....
Diese beiden Aussagen gehören zusammen. Ob die Behauptung der Existenz von Einhörnern nun Lüge oder Wahrheit ist, ist völlig unerheblich solange man objektiv beschreibt (argumentiert) was ist. Tut man dies kommt man zu den gleichen Schlüssen, obwohl die Prämissen (ontologisch gesehen) das jeweilige Gegenteil voneinander sind. Zu unterschiedlichen Schlüssen könnte man nur kommen, wenn man Dinge postulierte, welche keiner objektiven / intersubjektiven Überprüfung stand halten würden.
Nun habe ich den Eindruck, dass die etablierten Parteien in den letzten Jahren immer mehr Politik machten, bei der sie nur hoffen konnten, dass eine objektive / intersubjektive Überprüfung nicht stattfinden wird. Das sind die gleichen Parteien, welche nun Zeter und Mordio schreien, wenn andere das gleich tun und damit durchkommen. Hätten sie selbst in der Vergangenheit einen intersubjektiv überprüfbaren Politikstil betrieben, wäre es ihnen nun höchstwahrscheinlich ein leichtes solche Versuche des politischen Gegners bloß zu stellen. So aber müssen sie zuschauen, wie sie den politischen Gegner zunächst auf ihr Niveau zwangen und sich nun zeigt, dass er dort geschickter und vor allem erfolgreicher agiert als sie selbst. Die ganze Orchestrierung mit der Behauptung, man müssen den politischen Gegner nur inhaltlich bloß stellen, ohne das jemals zu tun, liegt darin begründet, dass es keine inhaltiche Bloßtellung gibt, wenn man lediglich darüber streitet, welches Dogma das richtige ist. Zu mehr ist man auf beiden Seiten leider oftmals nicht mehr fähig.
Es wird nun eben nicht mehr darüber diskutiert, welche Schlüsse aus der Diskussion (den beobchtbaren Axiomen) über Einhörner zu ziehen sind, sondern es geht darum wer mit seiner Behauptung Recht hat. Wer das hat, darf am Ende die Schlüsse ziehen, die ihm belieben.
Herzlich
nachdenken_schmerzt_nicht
"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu
nun dieser Versuch, "Fake-News" unter Strafe zu stellen, scheint mir absehbar mit einem Problem konfrontiert. Man versucht hier das Lügen zu verbieten. Aber wie will man schlüssig beweisen, dass eine Person wirklich gelogen und sich nicht einfach geirrt hat? Das erinnerte mich nicht umsonst an einen anderen Blogartikel [1]. Das Ganze läuft also auf die folgende Alternative hinaus: Entweder es gibt dann "staatlich festgestellte Wahrheiten" (über die es endlose Rechtsprozesse geben wird) oder das Ganze ist nur ein Papiertiger. Letzteres würde mich weniger überraschen und es würde zu dem Weg, den die Politik in den letzten Jahren geht, sehr gut passsen. Reine Symbole also. Sollte sich wirklich ersteres durchsetzen, so haben wir in der europäischen Geschichte genug Beispiele davon, wie man mit so einer Lage umgeht. Man denke nur an Swift. Auch die klassischen Medien haben sich ja nicht in allen Fällen mit Ruhm bekleckert, wofür ich mal ein Beispiel herausgreife [2] (Wobei es für mich nicht zur Glaubwürdigkeit eines Journalisten gehört, ob dieser eine "Ausbildung" als Journalist gemacht habe).
Es geht eher darum, dass die Politiker und manche Medien nach den Brexit-Schock, der Wahl Trumps usw. jetzt wieder reagieren. Sie meinen, die Ursache für das "Erstarken des Rechtspopulismus" in den Fake-News gefunden zu haben. Das ist natürlich, gelinde gesagt, sehr fragwürdig oder doch zumindest sehr zweifelhaft. Zunächst einmal ist es schon problematisch, ob man von einer gemeinsamen Ursachen des Rechtspopulismus sprechen kann. Die Front National, die AfD, Trump und die Brexit-Bewegung hatte ja wohl ganz andere Vorgeschichten. Bei der AfD ging es damals eigentlich um die Kritik der Euro-Rettungspolitik, die bis heute von allen Parteien getragen wird (mit leichten bis größeren Abweichungen, vor allen Dingen bei den Linken), daher auch der Name. Die Partei wurde wegen dieser Zielsetzung von anfang an verdächtigt rechts oder national zu sein und wurde später auch von solchen Kräften unterwandert. Trump hat vor allen Dingen von Clinton profitiert und davon, dass es kaum überzeugende Kandidaten in der US-Politik gab.
Damit will ich nicht sagen, dass es nicht auch Gemeinsamkeiten gibt und Fake-News gar kein Problem wären. Die Frage ist nur, ob die derzeitige Medienkampagne damit noch gerechtfertigt ist, aber das hat ja nie jemand gefragt. Klar, den Medien kann es nur recht sein, unliebsame Konkurrenz zu beseitigen.
Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #11Und natürlich geht das ganze postfaktische Diskursgerede in diese Richtung. Wenn das Geschlecht nur eine "soziale Konstruktion" ist, ist da kein Rückgriff auf Empirie mehr möglich.
Warum nicht? Man kann mit einigem Recht argumentieren, dass Sprache, Geld und andere Dinge auch nur soziale Konstrukte sind, die sich im Laufe der Zeit geändert haben. Dennoch sind diese Dinge offenbar empirisch untersuchbar.
Zitat Wobei den Betreffenden gar nicht aufzufallen scheint, daß sie mit ihrer Dialektik bloß eins der Postulate des Kommunismus aufgreifen: daß es eben kein "objektives Sein" (oder: keine Auffassung davon) gibt, jenseits der, die, in diesem Fall durch die Roten Kirchenväter & die Partei, vorgegeben wird.
Mir wäre nicht bekannt, dass das von den Kommunisten offiziell vertreten würde. Können Sie mir da bitte eine Quelle nennen, mit der ich meine Bildung in diesem Punkt verbessern kann?
Zitat daß Zweifel, Hinterfragen, Bestehen auf Widerspruch eben Ausdruck des falschen Klassenbewußtseins, bourgeoiser Unaufgeklärtheit und dergleichen war. Konnte man zur Hochzeit der Roten Religion ganz konkret ausmachen: da war dann die Relativitätstheorie Ausfluß spätbürgerlicher Dekadenz (in dem Punkt taten sich die braunen, roten & ganz-roten Heilsbringer nichts).
Ach, hätte sich doch wie von Einstein gewünscht der Name "Invarianztheorie" durchgesetzt...
Zitat von Noricus im Beitrag #42Die Achse verlinkt auf einen SPON-Artikel, der, wenn er keine Ente ist, die schlimmsten Befürchtungen befeuert.
Wie wäre es denn, wenn die Bundesregierung der Einfachheit halber selbst eine Zeitung herausgäbe, in der alle richtigen und wahrhaftigen Nachrichten stehen und sonst nichts - z.B. mit dem Titel "Die Wahrheit"... zwangszufinanzieren per Wahrheitsabgabe...
"Unionspolitiker fordern außerdem, gezielte Desinformation zur Destabilisierung eines Staates unter Strafe zu stellen. "
Jetzt ist es also so weit. Zensur soll wieder offiziell eingeführt werden. Gerade mal 66 Jahre ist es her, etwa anderthalb Generationen. Der erste und einzige freie Rechtsstaat auf deutschem Boden neigt sich dem Ende zu.
___________________ Kommunismus mordet. Ich bin bereit, über die Existenz von Einhörnern zu diskutieren. Aber dann verlange ich außergewöhnlich stichhaltige Beweise.
Wenn das Gesetz gegen Fake-News und Desinformation wirklich kommen sollte, dann wird das in einer maximalen Blamage für die politische Elite dieses Landes enden.
Warum? Wenn ich meiner juristischen Phantasie einmal freien Lauf lasse, fallen mir eigentlich nur zwei mögliche Szenarien ein:
1) Das Gesetz enthält wirklich staatliche vollziehbare Straftatbestände oder Sanktionsmechanismen (Bußgeld etc.), die sich in der Grauzone zur unliebsamen Meinungsäußerung bewegen. Nur dann hätten wir ein Gesetz, das wirklich effektiv im Sinne seiner Erfinder wäre. Aber ein solches Gesetz hätte juristisch kaum Bestand. Das wäre klare Zensur und unvereinbar mit der Meinungsfreiheit bzw. der Pressefreiheit. Soviel Vertrauen habe ich dann doch in unsere unabhängige Justiz, dass sie dies ganz klar erkennt. Auch der wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat ja jüngst nochmal klar gestellt - ich zitiere nach Vera Lengsfeld:
Zitat „Das geltende Strafrecht als Tatstrafrecht knüpft Strafbarkeit stets an Handlungen, nicht allein an Meinungen, Überzeugungen oder die Täterpersönlichkeit“, es sei „kein Gesinnungsstrafrecht. Gedanken, Überlegungen und Meinungen können für sich genommen nicht strafrechtlich relevant sein…“
Und das ist auch der Grund, warum der Staat es bislang tunlichst vermieden hat, selbst im Kampf gegen Hate-Speach als Akteur aufzutreten. Obwohl mit staatlicher Billigung durchgeführt, bleiben die Kampagne der AAD und die Facebook-Task Force formell rein private Initiativen. Sie haben keine staatliche Sanktionsmacht und funktionieren letztlich nur über den (noch ausreichenden) sozialen Druck der Community der Wohlmeinenden. Es kommt nicht von ungefähr, dass über 80% der Strafanzeigen, die die AAD stellt, wegen mangelnder strafrechtlicher Relevanz letztlich nicht verfolgt werden. Hier wird sozialer Druck ausgeübt (schlimm genung) aber dieses Schwert nutzt sich ab. Das sieht man zum Beispiel ganz deutlich an der Affäre Scholz&Friends. Noch vor gar nicht so langer Zeit wären die damit ohne großen Widerspruch durchgekommen. Aber diese Zeit ist vorbei, spätestens seit die Achse und TE hier erfolgreich ein Exempel statuiert haben.
2) Das Gesetz beschränkt sich darauf, so etwas wie eine Bundeszentrale für politische Bildung deluxe einzurichten. Dann wird dort viel (Steuer)Geld für Hochglanzbroschüren oder aufklärerische Facebook-Seiten ausgegeben. Bewirkt wird aber letztlich nicht viel. Die Reichweite der Publikationen der BBP ist schon heute - sagen wir mal - sehr begrenzt. Insbesondere die Zielgruppe der Hasssprecher und Desinformierer wird eh nicht erreicht.
Was aber in beiden Szenarien bleiben wird ist ein maximaler politischer Schaden. Innenpolitisch zeigt er sich schon jetzt in der anschwellenden vehementen Kritik von allen Seiten. Sogar der Deutsche Journalistenverband spricht von Zensur. Und außenpolitisch wird das ganze eine Steilvorlage für die ganze Welt, künftig jede deutsche Ermahnung zu Demokratie und Menschenrechten mit einem Verweis auf die Zensuredebatte im eigenen Land zu quittieren.
So, jetzt kommt aber erstmal Weihnachten. Familie steht vor der Tür; dann Kochen, Kirche, Geschenke. Ich wünsche allen hier im Zimmer ein gesegnetes Fest und eine frohe Weihnachtszeit. Der Heiland ist geboren!
Wenn das Gesetz gegen Fake-News und Desinformation wirklich kommen sollte, dann wird das in einer maximalen Blamage für die politische Elite dieses Landes enden.
Warum? Wenn ich meiner juristischen Phantasie einmal freien Lauf lasse, fallen mir eigentlich nur zwei mögliche Szenarien ein:
Unterschätzen Sie mal nicht die juristische Phantasie des Justizministers...
Ein möglicher Ausweg könnte zum Beispiel so aussehen:
Als das meinungsäußernde Subjekt wird das Medium definiert (z.B.Facebook). Und nicht der Facebook-Nutzer.
Zitat Facebook müsse verpflichtet werden, erwiesene Falschmeldungen schnell zu löschen beziehungsweise mit gleicher Reichweite richtigzustellen.
Die Verpflichtung liegt also bei Facebook, nicht beim Facebook-Nutzer.
Wäre auch einigermaßen begründbar. Denn das Presserecht zielt ja auch auf das Medium (z.B. Tageszeitung) und nicht auf den einzelnen Schreiber (Journalist oder Leserbrief-Schreiber). Wenn in einer Zeitung eine Straftat begangen wird (z.B. Verleumdung), dann wird dafür die Zeitung zur Verantwortung gezogen. (Es wird z.B. der Zeitung die Pflicht zur Gegendarstellung auferlegt. Und nicht dem Journalisten, der den Artikel geschrieben hat).
Facebook werden dann analog auch gewisse Regeln auferlegt. An die kann sich Facebook halten. Oder es kann dagegen (bzw. gegen sich daraus ergebende Strafen) klagen. Der einzelne Facebook-Nutzer hätte hingegen kein eigenes Klagerecht - ihm wird ja gar keine Strafe angedroht.
Wie Facebook sich in der Situation verhalten wird, wissen wir nicht. Sie könnten klagen. Oder sie könnten sich mit der neuen Rechtslage arrangieren. Es ist aber auf jeden Fall keine angenehme Vorstellung, wenn der einzige Schutz unseres Rechts auf freie Rede nur noch die Rechtsabteilung von Facebook ist...
Zitat Florian: "Es ist aber auf jeden Fall keine angenehme Vorstellung, wenn der einzige Schutz unseres Rechts auf freie Rede nur noch die Rechtsabteilung von Facebook ist..."
Ist das nicht ein bischen dick aufgetragen?
-- „Ein freier Mensch muß es ertragen können, daß seine Mitmenschen anders handeln und anders leben, als er es für richtig hält, und muß sich abgewöhnen, sobald ihm etwas nicht gefällt, nach der Polizei zu rufen.“ ―Ludwig von Mises
Zitat von Uwe Richard im Beitrag #49Zitat Florian: "Es ist aber auf jeden Fall keine angenehme Vorstellung, wenn der einzige Schutz unseres Rechts auf freie Rede nur noch die Rechtsabteilung von Facebook ist..."
Ist das nicht ein bischen dick aufgetragen?
Ok, Sie haben recht.
Ich formuliere um: Unser Recht der freien Rede im Internet kann in vielen Fällen dann nur noch von Internet-Dienstleistern (wie Facebook) eingeklagt werden, nicht aber von uns selbst.
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