das Urverhältnis zwischen Heiden-Christen und Judentum: Jene kommen zum Gottesvolk hinzu und nicht: sie lösen es ab. Ja, sie lösen es nicht ab, aber haben sie nicht durch Jesus Christus ein Stück mehr an offenbartem Wissen,in welcher Richtung Zion liegen mag? Freilich nützt Wissen nur, wenn auch danach gelebt wird! - Was ist es, dass die nach Zion pilgernden Juden den Christen voraus haben?
Als nach dem Konzil von Chalkedon 451 der Kaiser eine Umfrage unter den Bischöfen zur Rezeption machte, antwortete einer, es sei ihnen darum gegangen, das Dogma für die einfachen Gläubigen „piscatorie et non Aristotelice“ zu formulieren, „wie Fischer, nicht wie Philosophen“ (Vierunddreißig Antworten sind im so genannten Codex Encyclius erhalten. Alois Grillmeier, Mit ihm und in ihm. Christologische Forschungen und Perspektiven, Freiburg i. Br.: Herder, 1975, S. 283-300). Einem einfachen Fischer muss man also auf die Frage, ob der Zimmermann aus Nazaret wirklich der Sohn Gottes gewesen sei, antworten: Ja, er ist es. Einem Philosophieprofessor darf man den Zweifel so beantworten, dass man ihm das Offene und Schillernde des Wortes „ist“ wie ein Fenster öffnet. L. Weimer
freilich haben Sie Recht, der Würdigungs-Begriff "Inspiriertes Bibelwort" meint genau dies: Gotteswort in Mernschenwort. Ungetrennt und unvermischt zugleich. Meine Erklärungen gingen auf die Kausalität ein: Gott schreibt nicht, Gott spricht nicht, er spricht und schreibt durch Menschenherzen, manchmal auch im Propheteneifer, manchmal zärtlich wie eine Mutter dem Säugling gegenüber.
D a s s die Bibel Gottes Wort ist, ist Sache des Glaubens in der Kirche; die Kirche war der Prozess, in dem die Einzelschriften der Bibvel entstanden und als Kanon vereinigt wurden. Insofern versteht man die Bibel nur ganz, wenn man selbst in diesem Prozess Kirche mitlebt und mitglaubt. Für mich ist sie dieses in 1000 Jahren gesammelte Wort Gottes, das sich von allen anderen religiösen Schriften unterscheidet und das Rettungsprogramm Gottes enthält. Das "Mehr" der Christen ist die Person Jesu und der Geist Gottes auf allen (Pfingstbericht), das Mehr der Juden aber ist, dass sie die Anfänger waren und über tausend Jahre gesammeltes Heilswissen und erlittenes Schicksal haben, so dass alle Heidenchristen von ihnen lernen können, ja müssen, weil die Geschichte Gottes eine geeinte ist. Ludwig Weimer
Zitat von Ludwig Weimer im Beitrag #27...Konzil von Chalkedon 451 ... Einem einfachen Fischer muss man also auf die Frage, ob der Zimmermann aus Nazaret wirklich der Sohn Gottes gewesen sei, antworten: Ja, er ist es. Einem Philosophieprofessor darf man den Zweifel so beantworten, dass man ihm das Offene und Schillernde des Wortes „ist“ wie ein Fenster öffnet.
Das könnte, zumal in leicht sardonischer Gestimmtheit, ein Ansatz sein, um ins Reformationsjahr ganz im Geist seiner Founding Fathers einzusteigen: die Anmutung, daß die tieferen Feinheiten, nebst dem Glaubenszweifel, den Glaubensspezialisten vorbehalten sein sollten, während "Otto Normaltranszendenzkonsument" (hier spricht der eben erwähnte Sardoniker ) sich mit deren Bekräftigungen bescheiden möge. D. Martinus hat ja noch viel Widerständiges (wie etwa der Trinität oder der Erlösung und/oder Prädestination) in seiner Glaubensflurbereinigung übriggelassen, aber für die Zürcher Kollegen mit ihren Zweigstellen in Holland & Schottland sah es anders aus. Die protestantische Theologie des 18. & nachher besonders des 19. Jhdts zeichnet durch immer radikalere Wegkürzung solcher Herangehensweisen aus. Aus dem Hinduismus ist das Phänomen auch geläufig: den Höher Initiierten soll klar werden, daß die Götter auch nur Teil der Maia, der Welt der Illusionen sind, während sie dem einfachen Gläubigen als konkrete, wenn auch diesseitige Wesen erscheinen (sollten).
Erleichternd kommt hinzu, daß das Dogma & seine Aporien nur eins der drei Standbeine der gelebten Religion darstellt. Das andere ist die Dimension der persönlichen religiösen Erfahrung - die aber eben persönlich & eben nicht vermittelbar ist & die sich, wenn überhaupt, ziemlich glaubensinvariant darbietet (ich folge hier mal William James & Rudolf Otto) - und die deshalb so oft in elementaren Dissenz mit allen Amtskirchen oder sonstig institutionalisierten Ausprägungen der Glaubensverwaltung tritt. Und das dritte ist die religiöse Praxis, der Kultus. (Mir wird immer leicht blümerant, wenn mir der Terminus Kultusministerium unterkommt. Bei Boris Vian heißt das finster-sardonisch Le Religieux tournait une crécelle en hurlant des vers latins. Klingt despektierlich & soll es auch sein, aber just so reagieren die Türwächter auf die liturgischen Zumutungen aller Ketzer.) Ganz im Sinn von Walter Burkert: daß Religion ein Tun darstellt. Eins, das sich durch abgezirkte Bereiche, durch sakrale Handlungen & Kalender, durch die Einbeziehung einer Gemeinde unter Vermittlung dafür durch Ausbildung, durch Gemeindewahl oder durch Charakter, am besten alles zusammen, qualifizierte Personen. Und diese beiden Kreissegmente sind von den Fürfallenheiten & Abgrenzungen der jeweiligen Denominationen voneinander eher nicht tangiert.
"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire
Zitat von Ludwig Weimer im Beitrag #28 freilich haben Sie Recht, der Würdigungs-Begriff "Inspiriertes Bibelwort" meint genau dies: Gotteswort in Mernschenwort. Ungetrennt und unvermischt zugleich. Meine Erklärungen gingen auf die Kausalität ein: Gott schreibt nicht, Gott spricht nicht, er spricht und schreibt durch Menschenherzen, manchmal auch im Propheteneifer, manchmal zärtlich wie eine Mutter dem Säugling gegenüber. ............
Ludwig Weimer
Sie sprechen von "Kausalität" und erklären: Gott schreibt nicht ... er spricht durch Menschenherzen ...- Gut. Wie ist das mit der Kausalität, ganz allgemein? Auf Gottes Handeln angewandt, speziell? Spricht der Theologe hier nicht (nicht mehr, garnicht) von Kausalität?
In der Religionsgeschichte gibt es eine Fülle von Geburten göttlicher Kinder. Das christliche Dogma musste sich davon absetzen. Ist das gelungen? Und geht das überhaupt, wenn man Gott und Mensch so eng zusammenbringt?
Auffallend ist z.B. schon die Tatsache, dass es innerhalb des Neuen Testaments keinen Autor gibt, der die beiden in der späteren Frömmigkeitsgeschichte zur Mischung vereinigten Möglichkeiten nebeneinander gebraucht oder verbunden hätte: Die einen Denker oder Schreiber (Paulus, Johannes, Hebräerbriefverfasser) haben den Gedanken der ewigen Präexistenz des Logos und der Fleischwerdung in dem Juden Jesus (mit dem langen Wartenmüssen Gottes auf ihn), - die anderen (Matthäus, Lukas) haben die Jungfrauengeburt als Darstellungsmittel im Legendenstil. Es sind zwei Sprachen, zwei Vorstellungswelten, zwei Paradigmen, die man nur mit Schaden vermischt hat zu einer mythischen Biographie. Beide wollten das Gleiche sagen: Der Mensch Jesus vertritt in Wort und Tat, in Person den Unsichtbaren, Gott, auf der Erde. Aber wenn man beide Sprachen mischt, entsteht eine Göttermaschine und nicht der historische Jesus, den die Evangelien zeigen, bei allem Gold, das sie Jesu Aussagen über sich selbst unterlegten.
Ratzinger hat in seiner Vorlesung und in seiner Einführung in die kirchliche Glaubensregel versucht, mittels der Unterscheidung zwischen Ontologie und Biologie Klarheit zu schaffen: Die Gottessohnschaft Jesu sei kein biologisches, sondern ein ontologisches Faktum, kein Vorgang in der Zeit, sondern in Gottes Ewigkeit. Er hat später allerdings, von Hans Urs von Balthasar veranlasst, auch betont, dass die Bedeutung Jesu in der Welt Gottes natürlich das Leibliche, Irdische, Geschichtliche betreffe. Das ist ja auch ein Unterscheidendes und die Stärke des jüdisch-christlichen Denkens gegenüber den bloß tröstenden Religionen ohne Wandlungskraft. Selbst die Auferstehung „des Fleisches“ (wiederum ein Alleinstellungsmerkmal) glaubt die Kirche ja, um sich nicht ein Fitzelchen der Gnosis beugen zu müssen.
Ich denke, wir Christen kommen aus eigener Schuld nicht so schnell heraus aus der Verachtung durch die Agnostiker, die darin besteht, dass sie uns in den Kessel der pluralistischen Wahrheiten, Werte und Religionen einrühren. Wir haben das Unterscheiden weithin vergessen und setzen auf Staat und religiöses Gefühl statt auf die jüdische Basis unseres Glaubens und unserer Ethik, die religionskritisch war und dem religiösen Staat als „Atheismus“ vorkam. Das steile Beispiel Logik der Christologie ist wohl gar nicht so geeignet, die verlorene Unterscheidungskraft zu demonstrieren. Sie ist ja nicht so einfach in modern-philosophische Sprache zu übersetzen: Formulier nicht: Da drüben grast eine Ziege, sondern sag: Mir scheint, da drüben ist eine Ziege, die zumindest auf einer Seite Ziege ist. Vielleicht werde ich gelegentlich mal ein praktisches, ethisches Beispiel nehmen und von der Übermalung befreien können.
Es gibt bei Joseph Ratzinger an einer Stelle einen 16-zeiligen Text, der das Eingreifen des transzendenten Gottes in die irdische Menschenwelt begrifflich und konkret beschreibt und zwar am Beispiel der Gebetserhörung. Publiziert 1981 bildet er den Schluss eines Aufsatzes über Gebet und Liturgie und ist vor allem hochmodern, das heißt philosophisch – meine ich - unanfechtbar. Ihn könnte man auf die Wirkweise Gottes allgemein übertragen.
Der Text lautet: „Wie aber ist der Weg der Erhörung zu denken? Versuchen wir, in gedrängtester Kürze darauf Antwort zu erhalten, so könnte sie etwa so aussehen: In Jesus beteiligt sich Gott an der Zeit. Durch diese seine Beteiligung an der Zeit wirkt er als Liebe in die Zeit hinein. Seine Liebe wirkt als Reinigung in den Menschen hinein, als Identifikationsraum wird sie Vereinigung, die durch Reinigung (und nicht anders) ermöglicht ist. Anders ausgedrückt; durch die Beteiligung Gottes an der Zeit in Jesus wird Liebe als Causa, als Ursache, in der Welt wirksam, die die Welt verändert und jederorts und jederzeit in sie eingreifen kann. Die Liebe ist Causa, die die mechanische Kausalordnung nicht aufhebt, aber sich ihrer bedient und sie in sich aufnimmt. Die Liebe ist die Macht, die Gott in der Welt hat. Beten heißt: sich auf die Seite dieser Kausalität stellen, der Kausalität der Freiheit gegen die Macht der Notwendigkeit. Das ist unser höchster Auftrag als Christen, als die wir betende Menschen sind.“ (Joseph Card. Ratzinger, Zur theologischen Grundlegung von Gebet und Liturgie, in: Das Fest des Glaubens, Einsiedeln 1981, 11-30, 30).
Lieber Ludwig Weimer, besten Dank für den Hinweis auf den Codex Encyclius und Alois Grillmeier. Finden macht das Suchen wirklich leichter. :-)
Zitat von Ludwig Weimer im Beitrag #27Einem einfachen Fischer muss man also auf die Frage, ob der Zimmermann aus Nazaret wirklich der Sohn Gottes gewesen sei, antworten: Ja, er ist es. Einem Philosophieprofessor darf man den Zweifel so beantworten, dass man ihm das Offene und Schillernde des Wortes „ist“ wie ein Fenster öffnet.
So wie ich Ihre Auslegung Grillmeiers verstehe, führt die Unterscheidung der Aussage-Modi schlussendlich zu einer doppelten Wahrheit: eine fürs glaubende Volk, eine für die denkende Elite. Dass es eine doppelte Wahrheit gäbe, wurde aber auf einem der späteren Lateran(!)konzile bestritten. Für mich nachvollziehbar, denn: Wenn's zum Schwur kommt, und Sie sich entscheiden müssten, für welche Wahrheit würden Sie geradestehen: die des Glaubens oder die der Vernunft?
Wenn es zwischen den beiden Größen zu keiner Vermittlung kommen kann, entkommen Sie auch folgendem Dilemma nicht:
Von der Vernunft her Ihre Antwort an Ulrich Elkmann, über die unterschiedlichen Perspektiven, präexistenter Logos und Jungfrauengeburt:
Zitat von Ludwig Weimer im Beitrag #31Es sind zwei Sprachen, zwei Vorstellungswelten, zwei Paradigmen, die man nur mit Schaden vermischt hat zu einer mythischen Biographie. Beide wollten das Gleiche sagen: Der Mensch Jesus vertritt in Wort und Tat, in Person den Unsichtbaren, Gott, auf der Erde. Aber wenn man beide Sprachen mischt, entsteht eine Göttermaschine und nicht der historische Jesus, den die Evangelien zeigen, bei allem Gold, das sie Jesu Aussagen über sich selbst unterlegten.
Vom Glauben her formuliert Chalzedon:
Zitat derselbe wurde einerseits der Gottheit nach vor den Zeiten aus dem Vater gezeugt, andererseits der Menschheit nach in den letzten Tagen unseretwegen und um unseres Heiles willen aus Maria, der Jungfrau {und} Gottesgebärerin, geboren. (DH 301)
Da haben Sie im Modus der Glaubensaussage die Vermischung, die Sie oben im Modus der philosophischen Sprache anprangern. D.h., Ihre Philosophie zwingt Sie, Chalzedon auszuhebeln.
Wie Chalzedon zu verstehen sei, haben die Bischöfe dem Kaiser laut Codex Encyclius sehr persönlich und demnach sehr unterschiedlich beantwortet: Neben dem von Ihnen zitierten Bischof meinte ein anderer, das Konzil sei gar nicht fürs Volk bestimmt, sondern für die Bischöfe. Ein anderer meinte, er wisse nicht, was auf dem Konzil beschlossen worden sei, denn sein verstorbener Vorgänger sei dabei gewesen, und hätte bei seiner Rückkunft keine Akten darüber mitgebracht. Und wieder ein anderer betonte die Bedeutung des Heiligen Geistes für das Zustandekommen der Konzilsaussagen, was sie unangreifbar mache. - Nur um zu zeigen, dass pescatorie - Aristotelice nicht die einzige Brille ist, durch die die Aussagen über Jesu Sohnsein angeschaut werden können. Wenn man alle knapp drei Dutzend Antworten der Bischöfe nebeneinanderlegen würde: Vielleicht fände sich ja eine, die beidem gerecht würde, dem Glauben und der Vernunft?
da haben Sie sich wirklich gut hineinvertieft und die Probleme herausgestellt. Nur eines möchte ich bestreiten, und es erklären: "D.h., Ihre Philosophie zwingt Sie, Chalzedon auszuhebeln" folgern Sie. Das heißt es aber doch nicht. Und warum nicht?
Weil die Chalzedon-Formel 4 Bestimmungen macht, aber alle 4 negativ, mit dem "un-" definierend und damit nicht inhaltlich beschreibend. „Derselbe ist wahrhaft Gott und wahrhaft Mensch aus vernunftbegabter Seele und Leib […], in allem uns gleich außer der Sünde […]; „in zwei Naturen unvermischt (asynchytos = ohne zusammenzufließen), unveränderlich (atreptos = unverzaubert), ungetrennt (adihairetos = ungespalten) und unteilbar (achoristos = ohne Kluft).“ Die begrifflichen Mittel „eine Person und eine Hypostase in zwei Naturen“ haben heute teilweise eine andere Bedeutung. Es genügt, wenn wir die Sprachbilder für das Unvermischte und doch Ungetrennte anschaun. Am einfachsten ist es, an das römische Wagenrennen zu denken: Die Rennbahn hat zwei durch die Spina (geschmückte Trennwand zwischen den Bahnen) verbundene Säulen als Eckpunkte, um die man jeweils herum muss hier heißen sie Menschsein und Gottsein. Man darf und kann nicht abkürzen, man muss ganz um die zwei herum.
W i e das ungetrennt und ungeteilt konkret aussieht, wird nicht gesagt, es wird nur behauptet: unvermischt und nicht zusammengeflossen. Erst 230 Jahre später konnte bei einem Konzil positiv den Inhalt beschreibend formuliert werden: Jesus hatte zwei Willen und zwei energien und diese waren so verbunden, dass der menschliche Wille dem göttlichen gehorsam war; so hatte Gott in Jesus eine Energeia, Handlungskraft. Beide Konzilien und ihre Formeln kann man gut zusammenbringen, hinter beiden steht das Grundaxiom: Gott wollte ("Hl. Geist") immer schon sich den Menschen mitteilen und sein Leben mit ihnen teilen, und dies ist in und durch Jesus ("Gottessohn") vollendet worden. In den Klammern habe ich die biblische Sprache hinzugefügt.
herzlichen Dank für Ihre wohlwollende und rasche Antwort. Darf ich nachfragen?
Zitat von Ludwig Weimer im Beitrag #34Es genügt, wenn wir die Sprachbilder für das Unvermischte und doch Ungetrennte anschaun. Am einfachsten ist es, an das römische Wagenrennen zu denken: Die Rennbahn hat zwei durch die Spina (geschmückte Trennwand zwischen den Bahnen) verbundene Säulen als Eckpunkte, um die man jeweils herum muss hier heißen sie Menschsein und Gottsein. Man darf und kann nicht abkürzen, man muss ganz um die zwei herum.
Frisch von der Leber weg und gar nicht so vertieft und ausgearbeitet wie meine letzte Wortmeldung: Ich bin froh, dass Sie dieses Bild, das Sie nicht zum ersten Mal in ZR präsentieren, wieder aufgreifen. Denn genau hier habe ich mit den meisten Ihrer Beiträge im ZR ein Problem. Ich habe stets das Gefühl, es fehlt in den allermeisten Fällen der zweite Pol: Jesu Judesein, der basso ostinato, das Dauerthema, das wie ein roter Faden viele Ihrer Beiträge durchzieht, Jesu Menschsein also, o.k., der eine Pol. Da gibt es noch viel Raum für die vielfältigsten Fachsimpeleien. Aber wie wollen Sie vollumfänglich mit wem auch immer ins Gespräch kommen, wenn der andere Pol fehlt? Und selbst wenn Sie über diese Fragen ins Gespräch kämen: Sie sagen ja selber, das Menschsein ist nur die eine Seite. Ich sehe halt die Gefahr, dass eine einseitige Theorie zu einer einseitigen Praxis führt. Denn es gibt ja auch ein Leben nach dem Herunterfahren des PC. Das ist meine eigentliche Sorge. Mehr isses auch wieder nicht.
Zitat von Ludwig Weimer im Beitrag #34Beide Konzilien und ihre Formeln kann man gut zusammenbringen, hinter beiden steht das Grundaxiom: Gott wollte ("Hl. Geist") immer schon sich den Menschen mitteilen und sein Leben mit ihnen teilen, und dies ist in und durch Jesus ("Gottessohn") vollendet worden.
Bin zwar theologischer Laie, aber das erinnert mich an einen Satz von Küng, den ich gelesen zu habe glaube: "Gott in Jesus durch den Heiligen Geist".
-- Bevor ich mit den Wölfen heule, werd‘ ich lieber harzig, warzig grau, verwandele ich mich in eine Eule oder vielleicht in eine graue Sau. (Reinhard Mey)
Zitat von Daska im Beitrag #35Ich habe stets das Gefühl, es fehlt in den allermeisten Fällen der zweite Pol: Jesu Judesein, der basso ostinato, das Dauerthema, das wie ein roter Faden viele Ihrer Beiträge durchzieht, Jesu Menschsein also, o.k., der eine Pol. Da gibt es noch viel Raum für die vielfältigsten Fachsimpeleien. Aber wie wollen Sie vollumfänglich mit wem auch immer ins Gespräch kommen, wenn der andere Pol fehlt?
Wenn auch diese Frage nicht an mich gerichtet ist: In der Geschichte des Volkes Israel kann man doch eine Vertiefung des Verhältnisses zu Gott erkennen. Vom anonymen Schöpfer zu einem anonymen Gott, dem Abel zwar opfert, aber dessen Name er noch nicht verehrt (erst ab Gen. 4,26), Noahs Errettungserfahrung und die "Ausgabe" der ersten, einfachen Gebote, der Bund mit Abraham, die erste vage Selbstoffenbarung Gottes. Die Beziehung zu Gott wird sukzessive enger, "Gott stellt sich vor", die Bundeszusagen werden umfassender. Die Beziehung wächst auch an ihren Rückschlägen, Sünde und Abgötterei. Die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus ist daher nur der (vorläufige) Gipfel dieses Prozesses. Hier haben wir mehr Teilhabe an Gott als es bei den Erzvätern je gab.
Anders gesagt: Hätte eine Menschwerdung Gottes aus einer anderen Religion als aus der jüdischen heraus entstehen können? Aus einer statischen Religion? Die meisten Religionen sind statisch, behaupten ein Schon-immer-so-gewesen. Erst in der jüdischen Religion (und damit dem Christentum) wird auch freimütig diese Weiterentwicklung "mitgeglaubt". Daher gibt es beide Pole nur zusammen.
Zitat von Daska im Beitrag #35Und selbst wenn Sie über diese Fragen ins Gespräch kämen: Sie sagen ja selber, das Menschsein ist nur die eine Seite. Ich sehe halt die Gefahr, dass eine einseitige Theorie zu einer einseitigen Praxis führt. Denn es gibt ja auch ein Leben nach dem Herunterfahren des PC. Das ist meine eigentliche Sorge. Mehr isses auch wieder nicht.
Für mich ist Religion insbesondere eine Sprache über die menschlichen Beziehungen. So wie wir uns Gott/Götter/deren Nichtexistenz denken, begreifen wir unser Beziehungsleben. Betrachtet man die Beziehungsentwicklung zwischen Gott und dem Volk Israel in einem Bund, dann haben wir da etwas für die Praxis. Parallel zu dieser Beziehung wird ja beispielsweise auch die Beziehung zwischen Mann und Frau gesehen; eben analogen Zielen folgend.
Zitat von Emulgator im Beitrag #37Parallel zu dieser Beziehung wird ja beispielsweise auch die Beziehung zwischen Mann und Frau gesehen; eben analogen Zielen folgend.
Deswegen ja wohl auch das Scheidungsverbot.
-- Bevor ich mit den Wölfen heule, werd‘ ich lieber harzig, warzig grau, verwandele ich mich in eine Eule oder vielleicht in eine graue Sau. (Reinhard Mey)
Religion als (bloße) Sprache über menschliche Beziehungen? Ja, würde ich sogar zugeben, sofern es sich um ‚Religion‘ handelt, die ich ja in den Grenzen des Menschen sehe und vom biblischen Glauben unterscheide, der als prophetisch-religionskritische Aufklärung das Paradigma ‚Religion‘ überschreitet. Jesus hat zwei Dinge verschränkt (nicht identifiziert): Gottesliebe mit ungeteiltem Herzen und ganzem Leben u n d konkrete Nächstenliebe (Nachbarn, Glaubensgenossen so wichtig nehmen wie die eigene Familie, wie sich selbst). Dadurch hat er die menschlichen Beziehungen nicht nur humanisiert, sondern sowohl befreit wie auch auf eine neue Ebene gehoben. D.h., er lehrt, dass ich keinen Menschen (den Kaiser, eine geliebte Frau, mein Ego …) vergötzen darf und dass ich aber auch eine Religion verachten muss, die nicht zugleich Sozialethik ist. Der Andere ist im konkreten Fall mein Nächster und ich soll ihn, weil auch er Tochter/Sohn Gottes ist, nicht wie einen armen Hund behandeln, sondern im Sinn der gottebenbildlichen Menschenwürde. Das erwähnte Scheidungsverbot ist interessant; es meint ja eine ungewöhnliche neue Möglichkeit: Du brauchst nicht unbedingt die Scheidung als Ausweg zu wählen, weil die Gottesbeziehung eine Chance zeigt, ein Besseres zu wählen: Versöhnung, Treue. So sollte man auch die Zehn Gebote übersetzen: Du brauchst nicht stehlen, du brauchst nicht die Ehe zu brechen usw. Das funktioniert natürlich nur unter der Annahme, dass die Überzeugung, das Vertrauen, es existiere ein in diesem Sinn helfender Gott, eine echte ist und nicht nur eine psychologische. In der Bibel beruht dieses Vertrauen auf einer Volksgeschichte und nicht nur wie in der ‚Religion‘ auf einem Gefühl. Gegen das Verblassen dieses Wissens in unserer Postmoderne hilft aber meines Erachtens keine Rettung in eine seelenhygienische Interpretation, die Reduktion ist.
Zitat von Ludwig Weimer im Beitrag #39Das erwähnte Scheidungsverbot ist interessant; es meint ja eine ungewöhnliche neue Möglichkeit: Du brauchst nicht unbedingt die Scheidung als Ausweg zu wählen, weil die Gottesbeziehung eine Chance zeigt, ein Besseres zu wählen: Versöhnung, Treue. So sollte man auch die Zehn Gebote übersetzen: Du brauchst nicht stehlen, du brauchst nicht die Ehe zu brechen usw. Das funktioniert natürlich nur unter der Annahme, dass die Überzeugung, das Vertrauen, es existiere ein in diesem Sinn helfender Gott, eine echte ist und nicht nur eine psychologische. In der Bibel beruht dieses Vertrauen auf einer Volksgeschichte und nicht nur wie in der ‚Religion‘ auf einem Gefühl. Gegen das Verblassen dieses Wissens in unserer Postmoderne hilft aber meines Erachtens keine Rettung in eine seelenhygienische Interpretation, die Reduktion ist.
Ludwig Weimer
Nun melde ich mich nach einem kleinen Weihnachtsurlaub gleich wieder mit Interesse an der Diskussion zurück. Das Scheidungsverbot scheint mir in erster Linie unter dem Aspekt der Wahrheit interessant. - Die Wahrheit scheint mir wie beim Kartenspiel als das Ass alle anderen genannten Aspekte auszustechen. Oder: Sie ist das Licht, das in alle Ecken menschlicher Geistes- und Herzensverfassung leuchtet. - Ist es nicht so, dass auch in der zitierten "Postmoderne" , wo sich zwei Menschen ernsthaft das Ja-Wort gegeben haben, auch u. U. nur im intimen, nicht-öffentlichen Bereich, der Rechts-Grundsatz (zumindest die Rechts-Vermutung) gilt: Diese Menschen sind für ihr Handeln verantwortlich: nicht nur für das bindende Wort, sondern auch für etwaige Folgen, die daraus entstehen. Die allgemeine Rechtsprechung in einem Staat kümmert sich zumindest noch im Sinne des Gemeinwohls um die Folgen: Versorgungs-Recht. Bindungs- und Treueversprechen als solche dagegen scheinen kaum mehr wert, vor einem öffentlichen Gericht beurteilt bzw. verurteilt zu werden. Scheidungen als solche bedeuten für ein Standesamt als kein besonderer Akt mehr. Ich frage nun in dem Zusammenhang: "Funktioniert" das in den 10 Geboten - abgekürzt gesprochen - Gebotene nur in der oben angesprochenen "Annahme" ... oder aber ebenso objektiv vor einer/der dem Menschen eingeschaffenen Instanz, das der Rechts-Gelehrte Saulus-Paulus (populärphilosophisch) syneidesis, con-scientia, Ge-Wissen (z.B. in Röm 2,14 und noch 13x in anderen authentischen Pl-Briefen) nennt? Das hat m.E. evtl. auch Auswirkungen für eine begriffliche Entscheidung, "religio" im biblisch-gläubigen Bereich wegen einer scharfen Abgrenzung gegenüber göttlicher Offenbarung quasi so schier aufzugeben bzw. ersetzen zu wollen. Josef Ratzinger bedient sich meines Wissens konsequent des augustinischen Ausdrucks "Vera religio" (edit) und ist vielleicht (aus Identitätsgründen) besser beraten?
Zitat von Ludwig Weimer im Beitrag #39Das erwähnte Scheidungsverbot ist interessant; es meint ja eine ungewöhnliche neue Möglichkeit: Du brauchst nicht unbedingt die Scheidung als Ausweg zu wählen, weil die Gottesbeziehung eine Chance zeigt, ein Besseres zu wählen: Versöhnung, Treue. So sollte man auch die Zehn Gebote übersetzen: Du brauchst nicht stehlen, du brauchst nicht die Ehe zu brechen usw. Das funktioniert natürlich nur unter der Annahme, dass die Überzeugung, das Vertrauen, es existiere ein in diesem Sinn helfender Gott, eine echte ist und nicht nur eine psychologische. In der Bibel beruht dieses Vertrauen auf einer Volksgeschichte und nicht nur wie in der ‚Religion‘ auf einem Gefühl. Gegen das Verblassen dieses Wissens in unserer Postmoderne hilft aber meines Erachtens keine Rettung in eine seelenhygienische Interpretation, die Reduktion ist.
Ludwig Weimer
Nun melde ich mich nach einem kleinen Weihnachtsurlaub gleich wieder mit Interesse an der Diskussion zurück. Das Scheidungsverbot scheint mir in erster Linie unter dem Aspekt der Wahrheit interessant. - Die Wahrheit scheint mir wie beim Kartenspiel als das Ass alle anderen genannten Aspekte auszustechen. Oder: Sie ist das Licht, das in alle Ecken menschlicher Geistes- und Herzensverfassung leuchtet. - Ist es nicht so, dass auch in der zitierten "Postmoderne" , wo sich zwei Menschen ernsthaft das Ja-Wort gegeben haben, auch u. U. nur im intimen, nicht-öffentlichen Bereich, der Rechts-Grundsatz (zumindest die Rechts-Vermutung) gilt: Diese Menschen sind für ihr Handeln verantwortlich: nicht nur für das bindende Wort, sondern auch für etwaige Folgen, die daraus entstehen. Die allgemeine Rechtsprechung in einem Staat kümmert sich zumindest noch im Sinne des Gemeinwohls um die Folgen: Versorgungs-Recht. Bindungs- und Treueversprechen als solche dagegen scheinen kaum mehr wert, vor einem öffentlichen Gericht beurteilt bzw. verurteilt zu werden. Scheidungen als solche bedeuten für ein Standesamt als kein besonderer Akt mehr. Ich frage nun in dem Zusammenhang: "Funktioniert" das in den 10 Geboten - abgekürzt gesprochen - Gebotene nur in der oben angesprochenen "Annahme" ... oder aber ebenso objektiv vor einer/der dem Menschen eingeschaffenen Instanz, das der Rechts-Gelehrte Saulus-Paulus (populärphilosophisch) syneidesis, con-scientia, Ge-Wissen (z.B. in Röm 2,15 (edit) und noch 13x in anderen authentischen Pl-Briefen) nennt? Das hat m.E. evtl. auch Auswirkungen für eine begriffliche Entscheidung, "religio" im biblisch-gläubigen Bereich wegen einer scharfen Abgrenzung gegenüber göttlicher Offenbarung quasi so schier aufzugeben bzw. ersetzen zu wollen. Josef Ratzinger bedient sich meines Wissens konsequent des augustinischen Ausdrucks "Vera religio" (edit) und ist vielleicht (aus Identitätsgründen) besser beraten?
Der Autor setzt dabei bei Prolog des Johannes-Evangeliums als „kanonischem locus primus“ an, streift in der Mitte das „(jüdische) Bilderverbot" und versucht, Jesu Messianität mitzuberücksichtigen:
Zitat Jesus verkörpert als der Christus (Messias) die Präsenz Gottes in der Welt, in- dem er Zeichen der schöpferischen Lebensmacht Gottes (des Logos) setzt, die sich nicht von ihm trennen lassen, also in ihrer menschlichen (fleischlichen) Gestalt als Zeichen Gottes aufzufassen sind
Wer den Aufsatz beim ersten Lesen zu erfassen vermag, ist entweder ein Naturtalent oder hat sich seit Jahren mit einschlägiger Fachliteratur beschäftigt . Mir scheint er unter anderem deshalb relevant zu sein, weil er möglicherweise auch angesichts des Judentums formuliert wurde.
an den Fakultäten 'müssen' die Theologen heutzutage so aufgemotzt-gespreizt formulieren, weil es Mode und angeblich wissenschaftlicher ist. Aber Hoffs Gedanken sind wirklich gut und anregend. Ich erzähle eine eigene Entdeckung:
Logos ist das Wort für das Gotteswort in Jesus von Nazareth. Erasmus von Rotterdam, den der Papst Hadrian VI, der letzte deutsche Papst vor Ratzinger, damals einlud, nach Rom zu kommen und ihm zu helfen die Kirche zu reformieren – er lehnte freilich ab, er sei zu alt und krank (wohl Gicht) und glaube auch nicht an die Reformierbarkeit der seinerzeitigen Kirche - , Erasmus also, der große Humanist, hat 1516 und verbessert 1519 das Neue Testament aus dem Griechischen ins Lateinische übersetzt und kam zum Prolog des Johannesevangeliums: „Im Anfang war der logos“. Man weiß, wie es später Goethe übersetzte in einer Szene mit Faust: Worte machen sei kein echter Anfang, da passiert nichts, es müsste heißen: Am Anfang war – die Tat. Erasmus nahm 1519 nicht mehr wie zuvor und die alte Vulgata das Wort „verbum“, Wort, sondern wählte das Wort „sermo“, das wäre deutsch: Wechselrede, Gespräch, Disput. Nun lautete der Text: „In principio erat sermo, & sermo erat apud deum, & deus erat ille sermo.“ Also: „Im Anfang war das Gespräch, und das Gespräch war bei Gott, und Gott war dieses Gespräch.“ Etwas un-missverständlicher interpretierend übersetzt:"Am Anfang war das Gespräch, und das Gespräch ging von Gott aus, und Gott selbst kam wirklich darin zu Wort". Damit ist bei Erasmus gesagt: Gott schuf die Welt um des Gesprächs mit dem Menschen willen, und er kam in ein Gespräch mit der Menschheit und in Jesus gelang dieses wechselseitige Gespräch vollendet.
Es so auszudrücken, finde ich verständlicher als die Begriffsungetüme des Salzburger Kollegen, die für mich als Fundamentaltheologen und Dogmatiker gleichwohl sehr reizvoll sind!
Zitat von Ludwig Weimer im Beitrag #27 Liebe Daska, zum Thema Aristotelice:
Als nach dem Konzil von Chalkedon 451 der Kaiser eine Umfrage unter den Bischöfen zur Rezeption machte, antwortete einer, es sei ihnen darum gegangen, das Dogma für die einfachen Gläubigen „piscatorie et non Aristotelice“ zu formulieren, „wie Fischer, nicht wie Philosophen“ (Vierunddreißig Antworten sind im so genannten Codex Encyclius erhalten. Alois Grillmeier, Mit ihm und in ihm. Christologische Forschungen und Perspektiven, Freiburg i. Br.: Herder, 1975, S. 283-300). Einem einfachen Fischer muss man also auf die Frage, ob der Zimmermann aus Nazaret wirklich der Sohn Gottes gewesen sei, antworten: Ja, er ist es. Einem Philosophieprofessor darf man den Zweifel so beantworten, dass man ihm das Offene und Schillernde des Wortes „ist“ wie ein Fenster öffnet. L. Weimer
Lieber Ludwig Weimer, inzwischen liegt das Grillmeier-Buch auf meinem Schreibtisch. Ich blicke auf den Aufsatz aus einem etwas anderen Blickwinkel als Sie. Ich persönlich würde dort die Stellen stark machen, an denen der Autor die Einheit der beiden "Pole", Kerygma versus Reflexion, betont:
Zitat Darum sollen Kerygma und Reflexion auch hier nicht getrennt werden. Wir handeln zuerst von der kerygmatischen Sicht und Bedeutung Chalkedons und dann von der theologischen Reflexion und ihrem Dienst am christologischen Kerygma. (S. 283)
Diese Aussage findet sich nicht nur wie hier am Anfang des Aufsatzes, quasi in der Ouverture, sondern mit anderen Formulierungen auch in der Mitte, zu Beginn des Teils II, "Aristotelice", (S. 292) sowie ganz am Ende, in der Coda des Beitrags von Grillmeier. (S. 300) Sozusagen als ein immer wiederkehrendes Motiv.
Um den von Ihnen zitierten Aufsatz wie die vielen anderen, die im Inhaltsverzeichnis aufgeführt sind, besser einordnen zu können, ist vielleicht der Beginn des Vorworts, in ganz einfacher Sprache, hilfreich:
Zitat Das Bemühen des Verfassers im Gesamt dieses Buches geht dahin, das Werden des Glaubens in der Kirche an Jesus Christus, wie er sich ausdrückt im Kerygma, im Bekenntnis und in der theologischen Reflexion, in möglichst ursprünglicher Weise zu erschließen. ... (Es folgt ein Vergleich zwischen theologischer Forschungsarbeit über die Texte der ersten Jahrhunderte und der Arbeit im Bergwerk) ... Freilich scheint der Bedarf (an dieser Arbeit) mancherorts nicht sehr groß zu sein. Wenn man etwa die konziliaren Aussagen über Christus nur so weit gelten lassen will, als sie von einer kritisch erarbeiteten Jesulogie des Neuen Testaments gedeckt sind, kann man die patristischen Zechen weitgehend stillegen. ... Geht es aber in der Geschichte des Christusbildes nicht bloß um Theologie- und Geistesgeschichte, sondern in erster Linie um die Erforschung des Glaubensbewusstseins der Kirche, die aus dem Pneuma lebt, wird es sehr wohl einen Sinn haben, immer wieder in Schächte der Vergangenheit einzusteigen, um die Gegenwart daraus zu bereichern. (S. 5)
Zitat Der Versuch der EU-Politik und insbesondere sei hierbei auf gewisse Deutsche Politiker verwiesen, die einen "Euroislam" konstruieren zu wollen ist an der Wahrhaftigkeit und dem Anspruch des Koran vorbeigelogen.
Wenn man den Versuch machen will, hier zwei total verschiedene Lebensweisen zusammen zu zwingen, kann man bei allen Menschen bis auf den kleinsten Nenner gebracht - Atmen, Essen, Schlafen - keine weitere Übereinstimmung der Lebensweisen finden.
Alles was nicht innerhalb von Sunniten oder Schiiten (was, wie oben bezeichnet, als unhinterfragbar und nicht interpretierbar gilt) gelehrt und gelebt wird - ist nicht der wahre Glaube und damit nicht der wahre Islam.
Der Versuch, dennoch diese Verschiedenheit der sich gegenüberstehenden "Kulturen, Religionen, Staatsdoktrin" wie immer man es bezeichnen mag zu überbrücken im hier und heute kann nur im Machtanspruch des einen oder anderen enden. Allein die Methoden um Macht und Anerkennung zeigen auf wie vom Kern her grundverschieden gedacht wird. Die für "Schonviellängerhierlebende" bis in alle Bereiche geltende Demokratische Grundordnung ist der Beweis, diese greift auch letztlich im positiven Sinne bis ins Privatleben hinein. Ein Vergleich mit dem Islam kann hier in keinster Weise vollzogen werden, es sei denn, man legt die unangefochtenen nicht veränderbaren und erst recht nicht der Aufklärung zugewandten Ausführungen des Koran zugrunde, die auch bis in das Privatleben hinein gelten, welche aber nicht unserer demokratischen Grundordnung entsprechen und auch keinesfalls genügen.
Als letztes sei angemerkt, alles was derzeit versucht wird oder auch schon versucht worden ist und dem der Gedanke liberale Gedanke eines wohlwollenden Miteinanders zugrunde liegt, funktioniert nur wenn die "Schonviellängerhierlebenden" in reichlicher Überzahl sind und auch bleiben. Wie sonst sollte man unsere der GOTTSEIDANK offensichtlich der Aufklärung geschuldeten weitestgehend liberalen Kultur erhalten können? Dazu gehören natürlich alle Instrumente eines demokratischen Rechtstaates, welche auch stringent angewandt und eingehalten werden müssen. Da dies im europäischen Verbund offensichtlich nicht oder nur schwer möglich ist, sollte das nationale Denken weder verteufelt noch ausgehebelt werden.
Ich wünsche an dieser Stelle eine besinnliche und beschauliche Zeit in welcher sich vor allem Politik und Religion hinterfragen.
Ich darf an dieser Stelle an den dringenden Aufruf von Petra Heldt an die Christen erinnern. Vielleicht kann jemand den ganzen Artikel aus Gatestone von heute (15.01) verlinken: Zitat:Das kollektive Bewusstsein der Christenheit muss die geplante Friedenskonferenz vom 15. bis zum 17. Januar in Paris stoppen und die vermutlich beabsichtigte Abstimmung des UN-Sicherheitsrats (UNSC) über Palästina als einen 22. muslimischen Staat inmitten des einzigen jüdischen Staates verhindern.
Wir müssen verhindern, dass es zu einer Kapitulation vor der Islamisierung des Nahen Ostens und Europas kommt. Wir müssen verhindern, dass die Altstadt Jerusalems, die seit mehr als 3.000 Jahren das Herz des Judentums und seit 2.000 Jahren den Sitz des Christentums bildet, islamisch wird – als Teil eines bald islamischen und vermutlich auch terroristischen Staates. In einem solchen Staat, das zeigen alle Umfragen, würden die nächsten Wahlen für den Einzug der terroristischen Gruppe der Hamas sorgen. Dies hätte letztendlich die Zerstörung des gesamten jüdisch-christlichen Erbes zur Folge – ein Vorgang, den wir bereits überall im Nahen Osten beobachten konnten.
Die Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) gab am 13. Oktober 2016 ihre vorläufige Zustimmung zu einer Resolution, die die Verbindungen des Judentums zu ihren heiligsten religiösen Stätten leugnet: dem Tempelberg und der Klagemauer. Die Abstimmung in Paris könnte den Tempelberg fest als muslimische Stätte etablieren.
Zitat von Ludwig Weimer im Beitrag #43Etwas un-missverständlicher interpretierend übersetzt:"Am Anfang war das Gespräch, und das Gespräch ging von Gott aus, und Gott selbst kam wirklich darin zu Wort". Damit ist bei Erasmus gesagt: Gott schuf die Welt um des Gesprächs mit dem Menschen willen, und er kam in ein Gespräch mit der Menschheit und in Jesus gelang dieses wechselseitige Gespräch vollendet.
Nachdem für dieses Mal das Gesapräch im ZR zum Erliegen gekommen zu sein scheint, als Dankeschön für Ihre Gesprächsbereitschaft ein Zitat von Grillmeier, das in Ihr Konzept passen könnte:
Zitat Besteht bei einer solchen Situation noch die Chance, das Konzil von Chalcedon und seine Glaubensformel von Jesus Christus als der "einen Person in zwei Naturen" überhaupt noch als Tagesordnungspunkt für eine Diskussion anzumelden? Wenn das Christentum, das auf dieses Konzil schwört, noch ein Faktor kommender Geschichte bleiben will, so nur dann, wenn es gelingt, die menschlichen und mit-menschlichen Werte und Antriebe, die in ihm vielleicht schlummern, aus dem Schlaf zu erwecken. Nur dann könnte sich noch einmal eine Tür auftun, durch die Christus einen Zugang zur autonomen Menschheit und eine säkularisierten Welt hätte. Jesus, "der Mensch mit dem Menschen" - und nicht etwa der "Gott-Mensch" von Chalkedon-, darf zum "Christus des Glaubens und der Hoffnung" werden. (Grillmeier, Mit ihm, 490f)
nun, ich danke mit einem kopierten Stück aus einem Aufsatz, den ich grade schreibe. Titel:DIE WURZEL DER SOZIALLEHRE – VERANTWORTUNG FÜR DEN GLAUBENSBRUDER UND ALLGEMEINE MENSCHENLIEBE „Nächstenliebe“ ist unter Christen zu einem sehr undifferenziert gebrauchten Inbegriff des zwischenmenschlichen Ethos geworden. In den neutestamentlichen Briefen wurde hingegen genau differenziert. Da heißt es z. B.: „Erweist allen Menschen Ehre, liebt die Glaubensbrüder, fürchtet Gott und ehrt den Kaiser“ (1 Petr 2,17. Wie verhält es sich in der jüdischen Wurzel, im alten Israel? Lev 19,18 bezieht die Nächstenliebe und Nachbarschaftshilfe auf den Volks-, d.h. Glaubensgenossen, der Vers 34 bezieht sie auch auf den „ger“, den im Land wohnenden Fremden. Für diesen Kreis der Volksgenossen und eingebürgerten Schutzbürger, für die Glieder einer erlebbaren Gemeinschaft also, gilt das Gebot, sich dem Bruder zu öffnen und das Richtige zu tun. Es geht nicht um ein Gefühl und um Fernstenliebe, sondern um konkrete Hilfe. Die Beziehung ist eine unterschiedene Nächstenliebe, also nicht so, dass sie andere ausschließt und Gruppenegoismus wäre, sondern so, dass sie in diesem Kreis verbindlicher als die allgemeine Menschenliebe ist. Es handelt sich um eine Solidarität, die so ist, dass man sich auf sie verlassen kann. Der Nächste ist ja Bundesglied. Diese Liebe soll die Bundesliebe Gottes spiegeln. Sie gilt auch dem ausländischen Sklaven, der auf dem Boden Israels lebt. Im Schritt zum Neuen Testament wird die Genossenliebe erweitert, es gibt Gemeinden in allen Völkern um Unterschied zur Diaspora der Synagogen. Die Erweisungen sind natürlich wechselseitig gedacht, aber für den einzelnen ist es kein direktes Tauschgeschäft. Die vielen Augen in der Gemeinde achten darauf, dass keiner selbst in Not kommt, wenn er den Anfang setzt und alles, was er hat, investiert, um einer Not abzuhelfen. Die Menschenliebe der Christen kennt keine Parteien, nicht einmal Feinde. Auch das Alte Testament nennt die Pflicht, dem Feind beizustehen, aber man braucht ihn nicht zu lieben. Der Unterschied ist gering. Es darf nicht von einer Entschränkung der Genossenliebe zur allgemeinen Nächstenliebe als Fortschritt vom Alten zum Neuen Testament geredet werden. Die Entdeckung des Mitmenschen, die Verantwortung für den Nächsten, muss als Errungenschaft unserer jüdischen Wurzel anerkannt werden. (...)
Zitat von Ludwig Weimer im Beitrag #47Im Schritt zum Neuen Testament wird die Genossenliebe erweitert, es gibt Gemeinden in allen Völkern im Unterschied zur Diaspora der Synagogen.
Da ist der Unterschied der Propheten zum NT nicht groß: "Suchet der Stadt Bestes, dahin ich euch habe wegführen lassen, und betet für sie zum Herrn; denn wenn's ihr wohlgeht, so geht's euch auch wohl." Jer. 29,7 Ist das dasselbe Wohlergehen, das auch im IV. Gebot angesprochen wird? Man soll dem Land des babylonischen Exils, das doch voll von Götzendienern ist, wohlwollen und für es beten? Jedenfalls begründet dieser Vers die Vaterlandsliebe der Orthodoxen, die nicht identisch zur Heimatliebe ist, weil das Diesseits für einen Christen stets auch ein Exil vom Himmelreich ist.
Sie haben die etwas reformerischen Ansätze von mir ja schon öfters wahrgenommen. Das Für-Beten, die Fürbitten bedeuten für mich, den eigenen Willen mit dem Wollen Gottes in Übereinstimmung bringen, schon im Denken an die Nöte und dann auch zu tun, was möglich ist. "Jede Heimat ist ihnen Fremde" (Diognetbrief) lese ich mit den kritischen Augen Nietzsches: Bleibt der Erde treu! (Ich war ein eigenartiger Patriot: Meine Herzensheimat war als Gymnasiast das alte Griechenland, dann wurde esdas alte Israel; ich war Jahrzehnte eingeschriebenes CSU-Mitglied, wählte aber immer FDP, damit Bayern frei von einer absoluten Mehrheit bleibe. Nur kommunal in München lagen die Stimmverhältnisse anders.) Meine Anliegen beschreibe ich heute so:
Der Weg der Christen führt , auch wenn er von Anfang bis Ende Gottes Gabe ist, nicht schlagartig und mysteriös zur „neuen Erde, auf der Gerechtigkeit wohnt“ (2 Petr 3,13), sondern über die Mitwirkung des Glaubensvolkes, über ein Wachsen und Arbeiten, in den Bildern Jesu gesagt über eine Stadt auf dem Berg, über ein Licht auf dem Leuchter, über ein unverdorbenes Salz und einen kraftvollen Sauerteig für die Erde. Dass sich diese Differenzierung im Großen, zwischen Kirche und Weltgesellschaft, auch innerhalb der Kirche im Kleinen findet, kurz: dass das Volk Gottes und jede Gemeinde auch eine kleine Zahl von Jüngern braucht, ist nicht nur der Schwäche auch der Getauften und Gefirmten geschuldet, sondern auch dem Unterschied der Menschen, der Gaben und Charismen: dem Reichtum des Füreinander. Es geht mir am katholischen Lehrstuhl und im begonnen Fernstudiumsangebot um die Unterscheidung des Christlichen und um eine Neuevangelisierung. Ein neues Aussäen des Wortes Jesu bedarf eines umfänglichen Umpflügens des vernachlässigten Bodens. Man kann klagen und fragen, ob Gott in den Christen noch ein Volk habe, und ob Jesus in der Kirche noch Jünger findet. Es ist zu wenig, mit dem Werkzeug der Exegese im Tanak und im NT zu graben, wenn die Bibel für die moderne akademische Sicht kein Wort Gottes mehr ist, sondern nur zeitbedingtes Menschenwort. Wir müssen, meine ich, alles umgraben, neu säen und düngen: vor allem unseren biblischen Glauben als Aufklärung durch Gott von hilfloser menschlicher 'Religion' unterscheiden, die Gotteserfahrung in einer aktuellen Geschichte Gottes mit seinem Volk wieder finden und die ewige Treue Gottes zu seiner Ersten Liebe als Einheit der Bünde, als Ökumene mit der Synagoge leben. Es ist zu wenig, wenn Juden sagen können: Die Christen haben die 7 noachitischen Gebote über die Welt verbreitet, dank euch. Die Nöte in der Weltgesellschaft steigen mit der Weiterentwicklung. Darum kämpft mein Denken mit einer Ökumene aus Juden und Christen plus einer Zusammenarbeit der biblisch-aufgeklärten Glaubenden mit humanistischen Agnostikern. Der Islam ist grundsätzlich eine Einheit von Staat, Politik und Glaube. Den lass ich außen vor. Wir müssten seine Fundamentalisten durch unser Leben mattsetzen.
Wir müssen,unseren biblischen Glauben als Aufklärung durch Gott von hilfloser menschlicher 'Religion' unterscheiden, die Gotteserfahrung in einer aktuellen Geschichte Gottes mit seinem Volk wieder finden und die ewige Treue Gottes zu seiner Ersten Liebe als Einheit der Bünde, als Ökumene mit der Synagoge leben.
Ich möchte nochmals dieses interessante Thema aufgreifen und Sie, Hrn.Weimar fragen: Was meinen Sie mit "Volk" - wie definieren Sie "Volk" - wie definieren Sie Gotteserfahrung? Die vielen Heiligen der Kirche,die ihren Weg aus einer Gotteserfahrung heraus fanden, lebten die in einem Volk, so wie Sie es meinen? Sie lebten in und mit der Kirche?
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