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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 57 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Werwohlf Offline




Beiträge: 997

01.12.2017 00:28
#51 RE: Um jeden Preis? Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #29
So verstehe ich persönlich auch des Werwohlfs Argument: Dem ÖRR entgegenstehende Argumente kommen für einen großen Teil des bürgerlichen Spektrums aus der Schmuddelecke garnicht heraus und werden deswegen weder gehört noch überdacht. Im meinem realen Leben (annekdotische Evidenz nicht ausgeschlossen) ist dies eigentlich meine ausschließliche Erfahrung. Warum der ÖRR diese Macht hat, mag eine verzwackte Frage sein*, in Deutschland scheint er sie mir aber zu haben. Der ÖRR stülpt Deutschland ein, wenn auch derzeit brüchiges, Bias über.

Ich kenne unglaublich viele Menschen (im realen Leben wie gesagt (fast) nur), welche "Gegenöffentlichkeit" im Netz nicht nutzen zur Meinungsbildung. Für die ist Wahrheit das ZDF und die ARD. So unfaßbar dir das erscheinen mag. Deswegen - und da mag ich einer Fehleinschätzung unterliegen - beunruhigen mich Menschen wie Slomka mehr, als irgendwelche Spinner in Randgruppierungen. Die starke, manipulative Wirkung, welche sie auf die Meinungsbildung haben, erscheint mir evident.
Das unterschreibe ich. Und ich finde - anscheinend im Gegensatz zu dir - dass Meister Petz diese Ansicht nicht pulverisiert hat. Dem Strohmann, dass alle diese Leute von ihrem Irrtum ablassen würden, sobald sie statt des Worts Slomkas des Worts Werwohlfs teilhaftig wurden, brauchen wir keinen Raum zu geben. Das wäre Unsinn. Mir geht es um komplexere Meinungsbildungsprozesse, und ich kann mir (schon kraft der unten geschilderten eigenen Erfahrung) kaum vorstellen, dass es für diese völlig unerheblich sein soll, ob man eine Gegenmeinung überhaupt je mal gehört hat. Gerade eben weil man üblicherweise die Filterblase nicht vermeidet, sondern sucht, braucht es Orte, wo diese sozusagen systematisch durchstochen wird. Eben weil man als wesentlichen Bestandteil einer Demokratie erkannt hat, dass der Konsens aller vor allem ein Problem statt eines erstrebenswerten Zustands darstellt. Der Selbstdarstellung der öffentlich-rechtlichen Medien nach sind vor allem sie solch ein Ort. Und das ist halt nur eine verzerrte Selbstwahrnehmung - sie sind es nicht (mehr), und sie wollen es in Wirklichkeit auch nicht (mehr) sein, weil es mittlerweile auch dort als angemessener Umgang mit echten Gegenargumenten gilt, diese als moralisch verwerflich aus dem Debatte auszuschließen, ohne inhaltlich näher auf sie einzugehen. Das betrifft auch nicht nur Meinungen, sondern ebenfalls blanke Fakten, deren schiere Nennung erst einen Moralfilter zu passieren hat.

--
Bevor ich mit den Wölfen heule, werd‘ ich lieber harzig, warzig grau,
verwandele ich mich in eine Eule oder vielleicht in eine graue Sau.
(Reinhard Mey)

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.000

01.12.2017 12:50
#52 RE: Um jeden Preis? Antworten

Zitat von Werwohlf im Beitrag #51
ich finde - anscheinend im Gegensatz zu dir - dass Meister Petz diese Ansicht nicht pulverisiert hat.

Mein zerknirschter Kommentar bezog ich weniger auf die von dir kommentierte Ansicht, als auf mein Beispiel mit dem Staatsrechtler.

Abgesehen davon, dass ich nicht über Frau Lengsfelds Artikel (deren Polemik ich durchaus nicht immer schätze ) den Sachverhalt des ZDF Interviews als problematisch einstufte, sondern über einen Artikel bei TE, hat Petz die Wirkung meines eigenen Bias recht treffend beschrieben und mich bei einer unzulässigen Vereinfachung (zum Notstand) ertappt. Das zerknirscht mich. Nicht, dass ich ertappt wurde, sondern dass es mir so offensichtlich, von mir selbst unbemerkt, passiert.

Skrupelös (so nannte das der gute Döding einmal) wie ich bin, hinterfrage ich mich und meine Einstellung durch so ein Erlebnis selbst sehr stark und das schlägt bis auf das Selbstwertgefühl durch (was, objektiv betrachtet, wohl den Ausschlag für meinen zerknirschten Kommentar gab. - Neben dem vielen Widerspruch, welchen ich hier erfahre und mit dem ich nicht immer umgehen kann.). Ich bin mir nie sicher, ob ich Recht habe. Ich bevorzuge zwar an meiner Meinung fest zu halten, solange ich keine besseren Argumente höre. Ich räume aber trotzdem ein, dass auch immer ein anderer Recht haben könnte und lebe im ständigen Zweifel. Wenn ich dann ein eigenes Fehlverhalten bemerke, wächst dieser Zweifel.

Das gesagt, bleibe ich aber bei meiner Meinung zu dem Thema, welches du oben zitiert hast. – Wenn ich über diese Meinung natürlich auch immer unsicher bleibe (daher meine ständigen Disclaimer zur möglichen anekdotischen Evidenz).

Etwas was schwer dabei wiegt ist Petz Hinweis, dass die Medienwirkung ausreichend untersucht sei und ihr kein Einfluß attestiert werden kann. Ich kenne mich auf diesem Gebiet nicht aus, nehme aber Petz sowohl die Expertise ab, als ich ihm auch Glaubwürdigkeit zugestehe. Die einzige Möglichkeit, die ich hätte, die Dissonanz zwischen meiner Meinung und Petz Einwand aufzulösen wäre der genaue Sachverhalt der untersucht wurde (welchen ich nicht kenne) und wie das Ergebnis interpretiert werden kann.

Du hast es bereits angesprochen. Der Herdentrieb des Menschen ist evident. Und dass dieser auch ausreicht den Menschen von festen Meinung abzubringen hat das Konformitätsexperiment nach Asch eindeutig bewiesen. Wenn man diesem wissenschaftlichen Befund von Asch glaubt, liegt es nahe dem ÖRR Rundfunkt, unter der Voraussetzung er sei „konformitätsstiftend“, eine solche Wirkung auf die Gesellschaft ebenfalls zu attestieren. Bei einzelnen Tageszeitung, selbst bei Privatfernsehen, würde ich allerdings eher Petz folgen und die These für plausibel haben, dass eher nur die Meldungen, welche dem eigenen Bias entsprechen, geglaubt werden.

Sozusagen würde ich eine Unterscheidung einführen: „Konformitätsstiftende“ und „nicht konformitätsstiftende“ Medien und würde Petz eingebrachtes Ergebnis nur auf letztere beziehen.

In meinen Augen, da teile ich deine Beobachtung (mit der Gefahr anekdotischer Evidenz), würde ich den ÖRR als das „konformitätsstiftende“ Medium in Deutschland erkennen. Es setzt immer noch in weiten (wenn auch abnehmenden) Bevölkerungsteilen den Zeitgeist. Nach meiner Beobachtung vor allem in gehobenen, älteren Bildungsbürger Schichten. Zu dem „warum“ und „wieso“ kann man sicher viele Thesen vertreten und von der Beleuchtung dieser Thesen wird dann sicher abhängen, ob diese, meine Annahme plausibel ist oder nicht. Meine empirischen Beobachtungen decken sich aber im Wesentlichen mit der Annahme, dass der ÖRR diese „konformitätsstiftende“ Funktion wahrnimmt.

Dass es dabei eine solche Funktion in der Gesellschaft geben muß scheint mir evident. Wäre es nicht so, könnte sich der Zeitgeist und das was die Menschen als selbstverständlich erachten niemals ändern. Fragen kann man alleine, ob der ÖRR bei dieser gesellschaftlichen Konformität eine Rolle spielt. Ich meine ja.

Übrigens habe ich eine ähnliche Erfahrung gemacht, wie du, lieber Werwohlf. Auch ich war bis in meine 40er hinein ein „ÖRR überzeugter, schwarzer Sozialdemokrat“ und auch ich hatte meine Erweckungserlebnisse, wenn auch andere als du, auf die ich durch Zufälle des Lebens stieß. Sonst wäre ich dieser „ÖRR überzeugte, schwarze Sozialdemokrat“ noch heute. Und damit hast du in meinen Augen auch genau den Punkt getroffen um den es geht, als du von dem „fehlenden systematischen durchstechen“ der Filterblase sprachst.

Nach meinem Dafürhalten wäre die ideale Funktion des ÖRR, wenn man ihn denn als "Demokratie bewahrendes Informationsmedium" betreiben möchte, das systematische „durchstechen“ gesellschaftlicher Filterblasen. In der Realität macht er aber genau das Gegenteil. Er erhält durch Themensetzung und Vermischung von Meinung und Nachricht Filterblasen, welche die Menschen in die Konformität zu vielen Themen bringen und es muß sehr viel Einschneidendes geschehen, bevor sich Menschen aus dieser Konformitätszone herausbewegen.

Genau das war meines Ermessens auch das besondere an der Migrationskrise. Sie war einschneidend genug im Erleben vieler Menschen, das ÖRR „Konformitätsbias“ mit der Zeit anzuzweifeln.

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Dennis the Menace Offline




Beiträge: 459

02.12.2017 20:35
#53 RE: Um jeden Preis? Antworten

Zitat von Werwohlf im Beitrag #51
Gerade eben weil man üblicherweise die Filterblase nicht vermeidet, sondern sucht, braucht es Orte, wo diese sozusagen systematisch durchstochen wird.


In diese Orte, falls es die geben könnte, müsste man dann allerdings zwangsweise und unter strenger Aufsicht geführt werden, wenn es stimmt, dass die nicht gesucht werden, womit Sie ja m.E. ganz recht haben.

Zitat von Werwohlf im Beitrag #51

Eben weil man als wesentlichen Bestandteil einer Demokratie erkannt hat, dass der Konsens aller vor allem ein Problem statt eines erstrebenswerten Zustands darstellt.

Mindestens insoweit, dass Demokratie eine gute Idee ist, müsste allerdings schon ein Konsens bestehen, also erstrebenswert sein, sach ich mal. Okay, dann kommt die Frage, was eigentlich eine "richtige" Demokratie sei, möglicherweise im Gegensatz zur momentanen "falschen" usw. usw. Letzteres pflegten früher mal die 68er zu behaupten, heute ist diese Sichtweise eher in AfD-Kreisen beliebt, aber egal, auch ein gewisser Grundkonsens ist jedenfalls nicht so einfach, aber doch wünschenswert, es sei denn, man liebt den Bürgerkrieg.

Schwierig wird's jedenfalls, wenn Dinge ENTSCHIEDEN werden müssen. Wenn Merkel mit ihrer parlamentarischen Mehrheit (okay, bisher) zum Beispiel die Energiewende durchzieht, muss das ja aus Werwohlfs Sicht eigentlich ne richtig gute Nachricht sein, WEIL insoweit bezüglich Werwohlf kein häßlicher Konsens besteht, wie ich vermute. Wenn Dissens immer gut ist, kann es eigentlich nix Schöneres geben als Merkel - unter der Voraussetzung des ZkZ-Mainstreams. Solange nur getalkt wird, is datt alles nicht so brenzlig, aber darin können sich die Staatsgeschäfte wohl nicht erschöpfen.

Zitat von Werwohlf im Beitrag #51
Der Selbstdarstellung der öffentlich-rechtlichen Medien nach sind vor allem sie solch ein Ort.

Mach sein, das Problem liegt dann allerdings eher in der Selbstdarstellung, denn Neutralitätsgehabe funzt letztlich nie. Indem beispielsweise die Tagesschau nicht fünf Stunden, sondern fünfzehn Minuten dauert, fangen die diesbezüglichen Probleme schon mit dem Weglassen an, unvermeidlicherweise.

Statt zu behaupten, man stünde über den Dingen, wäre es möglicherweise besser man offenbart seine Konfession, woraus sich dann auch die Narrative erklären. Das ist dann parteilich, klar, aber ehrlich, was ja auch nicht schlecht ist.

Früher war alles besser, also ganz früher in diesem Fall, also vor - sagen wir mal grob - ca. 100 Jahren plus x. Dass die Presse jeweils parteilich war, wurde als selbstverständlich vorausgesetzt. Zu diesem Zweck ist sie übrigens mal entstanden, z.B. die SPD-Parteipresse, die durchaus bedeutend war, im Kampfmodus gegen die "bürgerlichen" Blätter. Da das "neutral" Aufklärerische eh verlogen ist, wäre es doch besser, man ließe diesen Anspruch weg, oder? Das war übrigens die Zeit, als "Propaganda" noch ein ganz unschuldiger Begriff war, indem zielgerichtete Elemente bei der Veranstaltung nicht als ungeheuerlich angesehen wurden. Die absichtslosen Eunuchen gab's noch nich so, dass es die heute gibt, glaub ich ja auch nicht. Muss aber auch nicht sein.

Zitat von Werwohlf im Beitrag #51

sie sind es nicht (mehr), und sie wollen es in Wirklichkeit auch nicht (mehr) sein, weil es mittlerweile auch dort als angemessener Umgang mit echten Gegenargumenten gilt, diese als moralisch verwerflich aus dem Debatte auszuschließen, ohne inhaltlich näher auf sie einzugehen. Das betrifft auch nicht nur Meinungen, sondern ebenfalls blanke Fakten, deren schiere Nennung erst einen Moralfilter zu passieren hat.


Wenn Sie das alles durchschauen und die Lügen, den Bias, die Manipulation oder wie man das immer nennen mag, zu entlarven in der Lage sind, wo ist dann das Problem?

Ich seh das eher locker: Belogen bin ich erst, wenn ich's glaube

lich
Dennis

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.000

02.12.2017 23:31
#54 RE: Um jeden Preis? Antworten

Zitat von Dennis the Menace im Beitrag #53
Wenn Sie das alles durchschauen und die Lügen, den Bias, die Manipulation oder wie man das immer nennen mag, zu entlarven in der Lage sind, wo ist dann das Problem?
Das Problem ist ganz einfach: Die Welt unter einem Bias ist eine andere.

Um ein etwas pointiertes Beispiel zu bringen: Wenn der Zeitgeist es sinvoll findet Hexen zu verbrennen, nutzt es Ihnen auch als Hexe nichts, wenn sie ihn durchschauen. Man kann dann natürlich trefflich darüber philosophieren, ob der Hexe Leid ein subjektives Überempfinden ist aber auch dies wird der Hexe Situation nicht erträglicher gestalten, wenn sie ans Extreme rückt.

Gehen wir weg von Hexen. Wenn die Menschen fest glauben, sie enden in der Apokalypse eines CO2 induzierten Hitzetodes wird ihr Verhalten ein anderes sein, als wenn sie es nicht glauben. Manchmal sind Menschen bereit, Ablaßbriefe zu kaufen manchmal nicht, wobei die Aufgeklärtheit, welche dem Ablaßbrief entgegen wirkt, von der zur Verfügung stehenden Information abhängt.

In meinem realen Leben habe ich mittlerweile damit aufgehört Menschen zu erläutern, dass Zweifel am menschengemachten Klimawandel bzw. seiner "Apokalypsefunktion" angebracht wären. Keiner bisher (bei denen ich es versuchte) konnte auch nur annäherungsweise meine Argumente entkräften. Wie auch? 99.99% wissen dazu nichts sondern glauben nur. Sie hielten meine Argumente aber trotzdem für Unfug und glauben etwas anderes. Und was glauben sie? Das Bias, welches der ÖRR mit allen zu Gebote stehenden Mitteln mit verdeitigt. Daher leben wir in einer Welt in der Billionen von EUR in die "Rettung des Klimas" investiert werden (und immer mehr Freiheiten dafür geopfert werden), anstatt das Geld für innere/äußere Sicherheit oder Infrastrutur auszugeben, oder ein paar Krankenhäuser oder Schulen zu bauen.

Die Aufklärung sah die Religion als Bedrohung aber es ist vielmehr der Glaube ohne Information, was nicht ganz das selbe ist. Der ÖRR ist Prediger eines Glaubens mit konstruierter Information. Zwangsläufgig musste so eine Institution irgendwann auch die Fake News erfinden und instrumentalisieren. Ich denke dieser "Prediger ÖRR" verändert die "Gemeinde Deutschland", Petz denkt es nicht. Wenn Petzt Recht hat -was ich nicht ausschließen kann-, wäre es interessant zu wissen wodurch sich der aktuelle, "säkulare" Glaube in unserer Gesellschaft hält. Es könnte die "christliche Sehnsucht" nach Schuld und Sühne sein oder die Hoffnung nicht ohnmächtig zu sein gegenüber dem was geschieht. Aber auch diese Sehsucht braucht Apologeten und das zumindest ist der ÖRR. Da dürfte es wenig Zweifel geben.

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

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hubersn Offline



Beiträge: 1.342

03.12.2017 13:42
#55 RE: Um jeden Preis? Antworten

Zitat von Meister Petz im Beitrag #28
Wie gesagt, ich glaube allenfalls an eine Verstärkerwirkung. Aber ich habe mich mal eine Zeitlang mit Medienwirkungsforschung beschäftigt, und die tatsächlichen empirischen Befunde sind eher dürftig.


Haben Sie eventuell ein paar Referenzen für mich parat? Ich habe an dieser Ecke noch nie wissenschaftliche Arbeiten gesehen und gelesen, von daher wäre ich für Hinweise auf die besten Arbeiten sehr dankbar.

So ad hoc kann ich mir nicht mal vorstellen, wie ein entsprechendes Studiendesign zu diesem Thema aussehen könnte, um einigermaßen valide Ergebnisse zu produzieren. Aus persönlichem Erleben zu den Themenkreisen Ökologie, Ernährung, Kernenergie und Klimawandel würde ich schließen: die Wirkung eines medialen Dauerbeschusses in vorwiegend dieselbe Richtung kann man gar nicht überbewerten.

Gruß
hubersn

--
Mein Politik-Blog: http://politikblog.huber-net.de/
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Werwohlf Offline




Beiträge: 997

03.12.2017 19:41
#56 RE: Um jeden Preis? Antworten

Zitat von Dennis the Menace im Beitrag #53
Mindestens insoweit, dass Demokratie eine gute Idee ist, müsste allerdings schon ein Konsens bestehen, also erstrebenswert sein, sach ich mal.
Ja, das ist allerdings Voraussetzung. Fangen wir einfach mit dem Grundgesetz als Rahmen an.
Zitat von Dennis the Menace im Beitrag #53
Schwierig wird's jedenfalls, wenn Dinge ENTSCHIEDEN werden müssen. Wenn Merkel mit ihrer parlamentarischen Mehrheit (okay, bisher) zum Beispiel die Energiewende durchzieht, muss das ja aus Werwohlfs Sicht eigentlich ne richtig gute Nachricht sein, WEIL insoweit bezüglich Werwohlf kein häßlicher Konsens besteht, wie ich vermute. Wenn Dissens immer gut ist, kann es eigentlich nix Schöneres geben als Merkel - unter der Voraussetzung des ZkZ-Mainstreams.
Habe ich das jetzt richtig verstanden - weil es immer eine Handvoll Menschen gibt, die trotz allen Konsensdrucks Dinge anders sehen, ist die Sache in Butter? Mit Merkel hat das alles übrigens ziemlich wenig zu tun - wie bereits mehrfach erwähnt, halte ich den Slogan "Merkel muss weg" für eine Themaverfehlung.
Zitat von Dennis the Menace im Beitrag #53
Statt zu behaupten, man stünde über den Dingen, wäre es möglicherweise besser man offenbart seine Konfession, woraus sich dann auch die Narrative erklären. Das ist dann parteilich, klar, aber ehrlich, was ja auch nicht schlecht ist.
Das wäre dann z.B. die "Aktuelle Kamera" des DDR-Fernsehens. Irgendwie nur die zweitbeste Lösung aus meiner Sicht... Aber klar, für diverse unabhängige Medien ist das so. Der immer geringer werdende Teil der Menschen, der überregionale Tages- und Wochenzeitungen liest, weiß ja in der Regel, dass verschiedene Blätter gerne mal verschiedene Meinungen verbreiten. Die Neutralität der öffentlich-rechtlichen Medien gegenüber allem, was sich auf dem Boden des Grundgesetzes befindet, ist aber nicht nur Teil ihrer Selbstdarstellung, sondern auch ihrer Daseinsberechtigung. Anders lassen sich die Zwangsgelder nicht begründen. Dass 100% Neutralität nie funktioniert, ist auch klar, aber ich würde mich ja schon freuen, wenn wenigstens der Versuch unternommen würde.
Zitat von Dennis the Menace im Beitrag #53
Wenn Sie das alles durchschauen und die Lügen, den Bias, die Manipulation oder wie man das immer nennen mag, zu entlarven in der Lage sind, wo ist dann das Problem?
Wie schon erwähnt: Dass es der Mehrzahl der Menschen nicht ohne Weiteres gelingen wird, aus den verschiedensten Gründen. Wenn die erzählte Wirklichkeit aber bei zu vielen Menschen zu sehr mit der selbst erlebten kontrastiert, hat natürlich auch die heftigste Propaganda nicht nur endgültig keine Chance mehr, dann ist auch die Glaubwürdigkeit der sie verbreitenden Institution gründlich zerstört. Bei einer Minderheit ist das bereits der Fall ("Lügenpresse"), aber die große Mehrheit vertraut immer noch den öffentlich-rechtlichen Medien, insbesondere den dort gesendeten Nachrichten. Vertrauen ist hier übrigens ein gutes Stichwort: Wer nicht die Möglichkeit hat, sich in ein bestimmtes Thema selbst einzuarbeiten (und das trifft uns alle bei irgendeinem immer), muss darauf vertrauen, dass dessen Grundlagen in diesen Medien wenigstens annähernd korrekt dargestellt werden. Wir reden hier noch nicht einmal von Kommentaren oder Ähnlichem. Aber mal ehrlich: Wem von uns ergeht es nicht so, dass bei einem Sujet, für das man selbst gerade zufällig besondere Fachkenntnis für sich in Anspruch nehmen kann, allzu oft grob vereinfachender bis verzerrender Unsinn verbreitet wird?

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(Reinhard Mey)

Werwohlf Offline




Beiträge: 997

03.12.2017 19:49
#57 RE: Um jeden Preis? Antworten

Zitat von hubersn im Beitrag #55
Haben Sie eventuell ein paar Referenzen für mich parat? Ich habe an dieser Ecke noch nie wissenschaftliche Arbeiten gesehen und gelesen, von daher wäre ich für Hinweise auf die besten Arbeiten sehr dankbar.

So ad hoc kann ich mir nicht mal vorstellen, wie ein entsprechendes Studiendesign zu diesem Thema aussehen könnte, um einigermaßen valide Ergebnisse zu produzieren. Aus persönlichem Erleben zu den Themenkreisen Ökologie, Ernährung, Kernenergie und Klimawandel würde ich schließen: die Wirkung eines medialen Dauerbeschusses in vorwiegend dieselbe Richtung kann man gar nicht überbewerten.

Es kommt wahrscheinlich - wie immer - auf die konkrete Fragestellung an. Dass ich, wenn ich mir bereits eine bestimmte Meinung gebildet habe, auch bei medialem Dauerbeschuss eher nicht davon abrücken würde, erscheint mir tatsächlich normal. Aber keiner von uns kommt mit einer Meinung zu einem der o.g. Themen bereits auf die Welt, so dass die Berichterstattung insbesondere in den Alltagsmedien Fernsehen und Radio natürlich Dinge in die eine oder andere Richtung mit beeinflusst. Selbstverständlich nicht alleine, aber eben auch und mit besonderem Konformitätsdruck. Wer etwas verkündet, was von den Vorgaben dieser quasi-offiziellen Organe abweicht, steht ja von vornherein unter Obskuritätsverdacht, und die üblichen Verdächtigen versuchen denn auch konsequent, alternative Medien grundsätzlich genau so darzustellen.

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(Reinhard Mey)

Johanes Offline




Beiträge: 2.566

28.12.2017 12:15
#58 RE: Um jeden Preis? Antworten

Zitat von Meister Petz im Beitrag #31
[...]


Sehr geehrter Herr Petz, vielen Dank für diesen ausführlichen und argumentierenden Beitrag.
Solche Texte sind meines Erachtens ein Gütesiegel des kleinen Zimmers. Es wäre zu wünschen, wenn Sie, eventuell auf diesen Beitrag aufbauend, einen Artikel zu diesem Thema in Zettels Raum veröffentlichen würden. Das nur als Anregung. Mir ist klar, dass ich weder das Recht habe, noch das Ansehen verdiente, solche Dinge vorzuschalgen.

Eine Zeit lang im Internet habe ich mir eine Argumentationsweise angewöhnt, die man eine "defensive Schreibweise" nennen könnte. Ich ging von vornherein davon aus, dass die Glaubwürdigkeit meiner Aussagen beschränkt sein dürfte und suchte daher im Vorfeld nach möglichst guten Argumenten, renommierten Quellen etc.
Man stellt sich sozusagen schon einen inneren "Advocatus Diaboli" vor, der jede Aussage von vornherein in Zweifel zieht und erst durch gute Argumente, aber auch durch entsprechende Präsentation überzeugt werden will.
Die Frage ist natürlich, ob diese Art zu schreiben beim Leser besonders gut ankommt.

Auf der anderen Seite gibt es auch eine Schreibweise, die ich "offensiv" nennen würde. Selbstredend ist diese Einteilung nicht vollständig und nicht unbedingt auf andere User übertragbar.
Bei dieser Art vertritt man eine These kräftig und greift Gegenargumente direkt, sogar präventiv, an. Abgesehen vom vielleicht nicht besonders haltbaren Inhalt, bin ich in dieser Art und Weise auch an das Thema "Bargeldabschaffung"/Abschaffung 500 Euro-Schein in diesem Forum herangegangen, was wohl bei einigen Usern nicht so gut ankam.
Festzustellen bleibt, dass die eher "offensiven" Beiträge meiner Erfahrung nach tendenziell eher beantwortet werden. Welche von beiden Sorten allgemein mehr gelesen werden und welche dabei besser ankommen, darüber kann ich nur spekulieren.

Natürlich versuche ich hier, wie alle anderen "Zimmerleute" auch, den besonderen Diskussionsstil im Geiste Zettels fortzuführen. Das bedeutet (ich finde allerdings nicht mehr den Beitrag mit den Zitat), "hart in der Sache" nicht jedoch persönlich zu streiten. Auch sind wir über die Nutzungsbestimmungen, denen jeder bei Registrierung zugestimmt hat, ja an gewisse Höflichkeitsregeln gebunden.
Es gehört aber auch mehr zum zettelschen Geist. Etwa die Bereitschaft, ein Thema auch auf sich beruhen zu lassen und/oder die Diskussion bei einem "agree to disagree" zu beenden. Dazu hatte damals sicherlich beigetragen, dass Zettel regelmäßig neue Artikel geschrieben und somit die Diskussionen automatisch "veralteten". Doch es liegt mehr in diesen kleinen Worten, vielleicht sogar ein wichtiger Baustein für die heisige Diskussionskultur:
"'Agree to disagree' or 'agreeing to disagree' is a phrase in English referring to the resolution of a conflict (usually a debate or quarrel) whereby all parties tolerate but do not accept the opposing position(s). It generally occurs when all sides recognise that further conflict would be unnecessary, ineffective or otherwise undesirable. They may also remain on amicable terms while continuing to disagree about the unresolved issues."
Quelle: Agree to disagree. (2017, September 7). In Wikipedia, The Free Encyclopedia. Retrieved 09:34, December 28, 2017, from https://en.wikipedia.org/w/index.php?tit...oldid=799470858

Auch wenn ich mich außerhalb des "Ordens der Zimmerleute" nicht an diese Regeln gebunden fühle, so muss der Neid doch zugestehen, dass der Erfolg Zettel recht gegeben hat.

Herzlichst,

Johanes

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