Zitat von Noricus im Beitrag #1Die Tube mag zwar fast leer sein, aber ein bisschen Senf kommt dann doch noch heraus.
Den ersten Punkt kann ich nicht nachvollziehen. Es ist ja nun nicht die ähnliche Mannschaft wie 2014 angetreten. Es gab einen kontinuierlichen Umbau, der Altersschnitt war nicht besonders hoch, es war eine Mischung aus Neulingen und WM 2010-Veteranen. Außerdem war nicht zu erkennen, dass die frischen Kräfte in besserer Form waren als die erfahrenen. Und es ist nicht so, dass zahlreiche Alternativen sich aufgedrängt hätten, die gerade in Top-Form zum Ende der Saison waren.
Der zweite Punkt ist teilweise valide, aber das lag nicht am Personal, sondern an der Aufstellung. Ein Mario Gomez von Anfang an, irgendjemand statt Özil, das hätte dem Spiel ausreichend Wucht verliehen. Mit Werner und Reus war doch ausreichend Geschwindigkeit dabei. Klar, Sane statt Özil...aber irgendjemand statt Özil hätte doch schon gereicht. Und Wagner? Ernsthaft? Der hat bei Bayern (und zuvor schon bei Hoffenheim) in keinem wichtigen Spiel irgendwas gerissen. Das ist bestimmt kein Hoffnungsträger. Stindl hingegen habe ich vermisst, aber auch Verletzungspech gehört zum Fußball. Stindl statt Özil...das wäre was gewesen.
Den dritten Punkt kann ich nicht nachvollziehen. Es ist ein typischer "after the fact"-Punkt, absolut beliebig und damit wertlos. War Michael Schumacher nach seiner ersten Fahrer-WM "satt"? Offenbar nicht, aber wir konnten es nur herausfinden, weil er entschieden hat, einfach weiter zu machen anstatt "auf dem Höhepunkt zuückzutreten", wie es so oft heißt. Auch 2014 war keine logische Konsequenz aus 2006, 2008, 2010 und 2012. Es war auch eine gehörige Portion Glück (OK, außer vielleicht das Spiel gegen Brasilien...), und ein Vorrundenaus war im Bereich des Möglichen. Und man denke zurück an Spanien - Umbruch nach der Europameisterschaft 2008? Nö, man wurde mit ähnlicher Mannschaft Weltmeister 2010. Umbruch nach 2010? Nö, man wurde mit ähnlicher Mannschaft Europameister 2012. Umbruch nach 2012? Ja, das wäre besser gewesen...offenbar ist da kein Muster feststellbar, erst hinterher ist man schlauer. Den Punkt mit Draxler verstehe ich auch nicht - er ist doch ein Beispiel für den Generationenwechsel, der aber leider nicht die gewünschte Wirkung entfaltet hat.
Am Ende ist es halt auch eine Frage von Zufall und Glück. Glück wie am Ende des Schweden-Spiels hätte zu einem ungefährdeten 2:0 gegen Südkorea führen können, Chancen waren ja ausreichend da. Gomez, Hummels, Goretzka. Und dann hätte man Löw gelobt für seine Ruhe, sein Setzen auf die erfahrenen Kräfte, die sich in diesem knappen Spiel nicht aus der Ruhe bringen ließen. So nahe liegt es beisammen im Fußball. Und so wenig kann man "die richtigen Konsequenzen" ziehen, weil man das in so einem von Zufall und Glück geprägten Sport nur wenig beeinflussen kann. Auf lange Sicht sieht das anders aus - es ist ja kein Zufall, dass die "großen Fußballnationen" immer vorne mit dabei sind. Aber welche der großen Nationen, das hängt von vielen Faktoren ab. Z.B. von der individuellen Form einzelner Spieler zum Zeitpunkt des Turniers. Es gilt immer noch: Form schlägt Klasse. Wenn das Quäntchen Glück mit an Bord ist.
Zitat von hubersn im Beitrag #2Am Ende ist es halt auch eine Frage von Zufall und Glück.
Ja, auch und immer. Man sollte es nur nicht strapazieren (müssen). Ja, Chancen hat es im Spiel gegen Südkorea gegeben. Sie wurden aber alle vergeigt, mal mehr, mal weniger kläglich. Wagner statt Gomez wäre im Rückblick die bessere Alternative gewesen - mehr Chancen als Gomez hätte der auch nicht versemmelt, aber vielleicht eine weniger... Was nutzt einem das Training von Standards, wenn ein ehemals ausgewiesen exzellenter Kopfballspieler wie Hummels den Ball nur mit der Schulter trifft und Gomez nur den Torwart anvisiert?
Sicher, Löw hat auch Confed-Cupper mitgenommen, aber er hat ihnen unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass sie in diesem Team nur die zweite Geige spielen. Das war aus meiner Sicht der Hauptfehler. Den "Alten" fehlten tatsächlich Wille und Biss, und die "Jungen" hatten dann ein Problem, mit dieser - jetzt mal polemisch: - Lethargie umzugehen. Nicht nur das: Sie sahen sich vom Bundestrainer dann auch bei der erstbesten Gelegenheit wieder in die zweite Reihe versetzt und durften dort dem Schlafwagenfußball der alten Recken zuschauen. Später wurden sie dann eingewechselt, um dabei mitzumachen. Absurd.
Wenn ich Löw als Führungskraft wie jede andere beurteile, hat er bei einem elementaren Bestandteil seines Jobs versagt, nämlich der Team-Zusammenstellung. Das war ein Fehler, der sich hinterher nicht mehr heilen lässt.
-- Bevor ich mit den Wölfen heule, werd‘ ich lieber harzig, warzig grau, verwandele ich mich in eine Eule oder vielleicht in eine graue Sau. (Reinhard Mey)
Vielleicht ist der eigentliche Fluch auch der Confed Cup überhaupt gewesen. Den Teilnehmern wurden - im Nachhinein falsche - Versprechungen gemacht, und als sie wider Erwarten das Ding sogar gewannen, und zwar auf begeisternde Weise, hatte der Bundestrainer ein neues Problem. Er ließ es nach dem Confed Cup auch anklingen, aber anscheinend hatte er das Ausmaß dann doch unterschätzt. Die neuen Sieger ließen sich jetzt nicht mehr so einfach in die alte Hackordnung hineinpressen, und Leistungen auf dem Platz gaben ihnen mehr und mehr Recht. Insofern muss ich meine Kritik an Löw mit der Erkenntnis etwas relativieren, dass diese Aufgabe für ihn schon wirklich schwierig und auch neu war.
-- Bevor ich mit den Wölfen heule, werd‘ ich lieber harzig, warzig grau, verwandele ich mich in eine Eule oder vielleicht in eine graue Sau. (Reinhard Mey)
Zitat Sicher, Löw hat auch Confed-Cupper mitgenommen, aber er hat ihnen unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass sie in diesem Team nur die zweite Geige spielen.
Wer sind denn die Confed Cup Winner, die nur zweite Geige spielten? Ter Stegen, Rudy,Goretzka, Ruediger, Ginter. ODer siehst Du da noch weitere? Can und Stindl waren verletzt. Viel hätte Löw da mE nicht anders machen können. Rudy oder Goretzka für Khedira vielleicht. Ter stegen statt Neuer. Möglicherweise Draxler etwas zentraler eingesetzt. Mir fällt schwer zu glauben, dass dies zu anderen Ergebnissen geführt hätte. (Abgesehen von der taktischen Änderung, die ein 6er wie Rudy gebracht hätte )
Ich sah eine Mannschaft, die drei Spiele dominierte, aber beim Abschluss Schwächen hatte. Ich sehe taktische Fehler:
1. Es gibt keinen echten Mittelstürmer. 2. Müller wird irgendwo rechtsaußen hingestellt. 3. Kroos hat keine Absicherung. Wenn Kroos nicht nur Bälle verteilen, sondern auch öfter mal zum Dribbling ansetzen soll, benötigt er eine Absicherung. Khedira und Gündogan waren ja leider damit beschäftigt, ein eigenes Offensivspiel zu produzieren. 4. Kimmich habe ich nur vorne gesehen.
Offenbar gab es ja auch miese Stimmung, begingt durch das Erdogan-Foto. Auch die Neuer-Entscheidung fand ich falsch. Richtig, er ist nominell der Kapitän, aber er hätte nie Kapitän werden dürfen und dann war er auch noch die Hälfte der Zeit seines Kapitändaseins verletzt.
Es wird Zeit, dass die taktische Konzeption geändert wird, wie zurück zu echten Stürmern, aber nicht zu so einer Knallcharge wie Sandro Wagner. Gomez hat seine Sache sehr gemacht: Er war ein Unruheherd und damit Räume geschaffen. Ohne Gomez wäre das Reus-Tor gar nicht gefallen.
Es wird Zeit, dass eine neue Mannschaft um Toni Kroos herum aufgebaut wird. Er hat mir am besten gefallen. 93 % seiner Pässe (in allen Spiele um die 93 %) kamen an. Fehlpässe passieren hin- und wieder, aber das Problem ist nicht der Fehlpass, sondern die fehlende Absicherung. Was hat Hummels denn da gegen Mexiko gemacht?
Man müsste sich noch mal so einen Stürmer wie Mirek Klose backen: Ein echter Stürmer, ein Knipser, mitspielend und kopfballstark. Löw gab in den letzten Jahren das Signal, dass man sowas nicht braucht. Wen hat er denn da vorne gerne mal reingestellt? Den kleinen Götze. Die Mode mit der falschen Neun sollte man doch endlich mal beerdigen. Die großen Mannschaften in Europa haben alle einen echten Goalgetter vor drin. Real hat Benzema, Bayern hat Lewandowski, Edin Dzeko spielt bei AS Rom, Mandzukic gehört auch in diese Kategorie. Lukako ist auch topp. Und Frankreich hat ja noch den Griezmann. Es werden die Mannschaften bei dieser WM weiterkommen, die einen normalen Stürmer aufbieten.
Irgendwann hat sich jedes taktische System überlebt, weil die Gegner Lösungen entwickeln. Ein guter Trainer ändern dann die Taktik irgendwann.
Zitat von hubersn im Beitrag #2Den dritten Punkt kann ich nicht nachvollziehen. Es ist ein typischer "after the fact"-Punkt, absolut beliebig und damit wertlos. War Michael Schumacher nach seiner ersten Fahrer-WM "satt"? Offenbar nicht, aber wir konnten es nur herausfinden, weil er entschieden hat, einfach weiter zu machen anstatt "auf dem Höhepunkt zuückzutreten", wie es so oft heißt. Auch 2014 war keine logische Konsequenz aus 2006, 2008, 2010 und 2012. Es war auch eine gehörige Portion Glück (OK, außer vielleicht das Spiel gegen Brasilien...), und ein Vorrundenaus war im Bereich des Möglichen. Und man denke zurück an Spanien - Umbruch nach der Europameisterschaft 2008? Nö, man wurde mit ähnlicher Mannschaft Weltmeister 2010. Umbruch nach 2010? Nö, man wurde mit ähnlicher Mannschaft Europameister 2012. Umbruch nach 2012? Ja, das wäre besser gewesen...offenbar ist da kein Muster feststellbar, erst hinterher ist man schlauer. Den Punkt mit Draxler verstehe ich auch nicht - er ist doch ein Beispiel für den Generationenwechsel, der aber leider nicht die gewünschte Wirkung entfaltet hat.
Das denke ich auch. An der Motivation wird's wohl nicht gelegen haben.Ich vermute, es waren die Querelen um Özil und Gündogan, sowie die Neuer-Geschichte. Fand ich nicht gut, dass er spielen durfte. Als Kapitän der Mannschaft hat er seinem Trainer damit einen Bärendienst erwiesen. Er hätte zu Löw sagen müssen: "Ter Stegen ist in Toppform. Als Kapitän der Mannschaft ist es ein zu großes Risiko, mich mitzunehmen." Löw hätte doch niemals einen Kapitän abgesägt. - Lag es denn an Neuer, dass zwei Spielen verloren gingen? Nicht direkt, aber der Stimmung in der Mannschaft hat das nicht gut getan. Die Signalwirkung war fatal: Ein erster Torhüter und Kapitän, der glaubt, aus einer mehrmonatigen Verletzung kommend immer noch besser zu sein als ter Stegen, der seine 40 Spiele gemacht hat und das mit Bravour, in Champions League, in der spanischen Liga und beim besten Verein der Welt. ter Stegen hat auch mehrheitlich in der Quali seinen Kopf hingehalten. Warum sollte er es denn nochmal machen, wenn es kurz vorm Turnier heißt: "Wie nehmen diesen verletzten Torhüter, der zugleich unser Kapitän ist."
Zitat von Jakob Nierstein im Beitrag #6Es wird Zeit, dass die taktische Konzeption geändert wird, wie zurück zu echten Stürmern, aber nicht zu so einer Knallcharge wie Sandro Wagner. Gomez hat seine Sache sehr gemacht: Er war ein Unruheherd und damit Räume geschaffen. Ohne Gomez wäre das Reus-Tor gar nicht gefallen.
Ich bin ja sehr VfB-geprägt (bitte jetzt eine Runde Mitleid...), und aus dieser Erfahrung kann ich sagen: Gomez ist ein absoluter Top-Stürmer, der immer seine Kisten macht. Aber nur, wenn er immer spielt. Und immer von Anfang an. Aber er kann aus nichts ein Tor machen, ist als einer der wenigen Stürmer in der Lage ohne großartige Vorbereiter Spiele zu entscheiden. Außerdem: Gomez ist dann stark, wenn er entweder spielstarke, schnelle Offensivkräfte neben sich hat (siehe damals Cacau in der Meistersaison) oder wenn er einen Sturmpartner hat wie aktuell Ginzcek.
Ich halte die Taktik "ein Stürmer" oder gar "falsche Neun" für einen Irrweg des Tiki-Taka-Ansatzes. Nur wenn man gar keine Knipser im Lande hat und viele sehr gute offensive Mittelfeldspieler kann das im Einzelfall eine valide Variante sein.
Da sind wir dicht beieinander. Gomez war ja nicht umsonst Fußballer des Jahres und die Statistik spricht für ihn. Allein schon durch seine Präsenz zieht er zwei Verteidiger auf sich und das schafft Räume für die anderen. Warum sollen sich die Spieler auf den Außenpositionen überhaupt anstrengen, wenn ihnen nur der unsinnige flache Pass in die Mitte bleibt oder in den Rückraum?
Ingenieure reden von "Spiel haben". Ich bin Informatiker, aber ich brauche auch Spiel wenn ich einen Algorithmus entwickle. Zu enge Vorgaben und Vorwegnahmen führen grundsätzlich zu etwas, was die Leistung nicht erbringt. (Leider ist der Alltag so, dass zu viele Leute mitreden und mitdesignen wollen, die von Algorithmen keinen blassen Schimmer haben.) Fußball ist ein Spiel und die Taktik braucht auch Spiel. Die Option, den Ball hoch reinzuflanken, bringt schon eine Menge. Wenn da aber nur ein kleiner Götze, Reus oder Werner steht, gibt's diese Option nicht. Dann hat es die Verteidigung leichter. Die Verteidiger auf den Außenbahnen werden den Gegner so lenken, dass er die hohe Flanke spielen muss, die dann wirkungslos verpufft.
Klose war für mich immer der ideale Stürmer. Heute ist es ein Griezmann. Solche Leute braucht Deutschland. Ich erinnere mich noch gut an das Gemotze, dass Klose überhaupt nominiert wurde, für EM/WM 2008 und später, nur weil er bei Bayern aus Sicht solcher Untergeher wie Rummenigge, Effenberg, Basler und Breitner zu wenig Tore schoss. Dass er zig Vorlagen gab, hatte man nicht gewürdigt. Ich hingegen hatte das positiv zur Kenntnis genommen und Löw zum Glück auch. Heute gilt Klose als Miro Nazionale, als Held, als WM-Torschützenkönig und Weltmeister. Heute sind die Kritiker von einst mucksmäuschenstill.
Zitat von hubersn im Beitrag #2Es ist ja nun nicht die ähnliche Mannschaft wie 2014 angetreten. Es gab einen kontinuierlichen Umbau, der Altersschnitt war nicht besonders hoch, es war eine Mischung aus Neulingen und WM 2010-Veteranen.
Die Neulinge wurden aber vor allem dort eingesetzt, wo es keinen Weltmeister von 2014 mehr gab, der die Position besetzen konnte. Und den Mut, so wie beim Confed-Cup fast vollständig auf die Weltmeistertruppe zu verzichten, hatte Löw dann auch wieder nicht.
Zitat von hubersn im Beitrag #2Außerdem war nicht zu erkennen, dass die frischen Kräfte in besserer Form waren als die erfahrenen.
Werner war vermutlich der beste deutsche Spieler dieses Turniers. Draxler hat mir im Nationalmannschaftstrikot noch nie so gut gefallen wie beim Confed-Cup, wo ihn Löw zum Spielmacher auserkoren hatte. Als zweite oder dritte Geige, so wie bei der WM, scheint Draxler einfach nicht so gut zu funktionieren. Es kommt ja nicht darauf an, einen Spieler irgendwie einzusetzen, sondern ihm eine Aufgabe zuzudenken, bei der er sich bestmöglich um das Ergebnis verdient machen kann.
Und was die Weltmeister betrifft: Özil, Khedira und Müller fielen leistungsmäßig total aus, Kroos hatte beileibe nicht die besten drei Spieltage seines Lebens, und Boateng und Hummels haben sich zum Teil Fehler geleistet, die man auf diesem Niveau besser nicht machen sollte. Darüber, ob ein Manuel Neuer in Bestform das 0:1 gegen Mexiko gehalten hätte, kann man vermutlich auch diskutieren.
Zitat von hubersn im Beitrag #2Ein Mario Gomez von Anfang an, irgendjemand statt Özil, das hätte dem Spiel ausreichend Wucht verliehen.
Ich kann Ihre Begeisterung für Gómez nicht so ganz teilen. Er mag für Stuttgart gut gespielt haben, doch bei der WM hat auch er Chancen vergeben, die ein wirklich guter Stürmer nutzen muss. Seit Kloses Rücktritt hat die deutsche Nationalmannschaft in der Tat ein Stürmerproblem, und ich gehe mit all jenen konform, die der Ansicht sind, dass Löw zu viel auf falsche und zu wenig auf echte Neuner gesetzt hat.
Zitat von hubersn im Beitrag #2Und Wagner? Ernsthaft?
Eine Stammplatzgarantie hätte Wagner bei mir nicht bekommen. Aber wenn man die Brechstange auspacken muss, weil es anders nicht geht, ist er als Joker keine schlechte Wahl.
Zitat von hubersn im Beitrag #2War Michael Schumacher nach seiner ersten Fahrer-WM "satt"? Offenbar nicht, aber wir konnten es nur herausfinden, weil er entschieden hat, einfach weiter zu machen anstatt "auf dem Höhepunkt zuückzutreten", wie es so oft heißt.
Ja, klar. Und der FC Bayern will alle Jahre wieder die Meisterschale gewinnen. In den genannten Fällen waren/sind solche Ambitionen aber durchaus realistisch, während die Titelverteidigung bei einer Fußball-WM die absolute Ausnahme ist und man eigentlich wohl seit der EM 2016, spätestens aber ab Herbst 2017, am Erfolg dieses Unterfangens zweifeln konnte.
Zitat von hubersn im Beitrag #2Auch 2014 war keine logische Konsequenz aus 2006, 2008, 2010 und 2012.
Das nicht, aber es gibt schon einen Spannungsbogen von 2006 bis 2014 mit der WM 2010 als einschneidendes Erlebnis, lief doch die Nationalmannschaft in Südafrika ohne den in der deutschen Fußballgeschichte bis dorthin für unentbehrlich gehaltenen Leitwolf auf und spielte sie trotzdem einen schönen und erfolgreichen Fußball. Nach dem Achtelfinale gegen England und dem Viertelfinale gegen Argentinien war, so glaube ich, der Titelhunger der Weltmeistermannschaft von 2014 entstanden.
Zitat von hubersn im Beitrag #2Am Ende ist es halt auch eine Frage von Zufall und Glück.
Sicher. Allerdings fällt es mir schwer, mich an ein Turnier zu erinnern, bei dem die deutsche Nationalmannschaft drei derart schlechte Spiele am Stück absolviert hat.
Zitat von Noricus im Beitrag #10Allerdings fällt es mir schwer, mich an ein Turnier zu erinnern, bei dem die deutsche Nationalmannschaft drei derart schlechte Spiele am Stück absolviert hat.
Grob würde ich folgende Turniere vorschlagen: 1978, 1982, 1984, 1986, 1994, 1998, 2000, 2002 und 2004. Plakativ 2002: da gab es in der Vorrunde das 8:0 gegen Saudi-Arabien, das die Legende von Klose erschuf (der m.E. danach alles andere als der überzeugende Knipser war, auch wenn ich seinen Dienst für die Mannschaft nicht geringschätzen will und ich ebenso an ihm festgehalten hätte wie Löw). Aber dann: Irland, Kamerun, Paraguay, USA, Südkorea...erstes einigermaßen gutes Spiel im Finale, und das dann ironischerweise verloren. In guter Erinnerung blieb nur Kahn, aber der mit gravierendem Patzer ausgerechnet im Finale.
Die Erinnerung verklärt m.E. vieles, und da die Mannschaft ja regelmäßig das Turnierglück hatte, vergisst man vieles wieder. Es wurde früher viel gerumpelt im deutschen Fußball. Und weder 2006 noch 2010 noch 2014 war alles Gold. Aber wer erinnert sich schon noch an die gravierende Fehlentscheidung des Schiedsrichters im Achtelfinale gegen England 2010, die den Engländern das 1:1 verwehrt hat. 4:1 gewonnen, Mund abwischen, alles hochverdient natürlich.
Auch 2014 - man erinnere sich an das Unentschieden gegen Ghana, als ganz Deutschland schon Löws Kopf forderte. Dann der 1:0-Zittersieg gegen die Fußballweltmacht USA. Achtelfinale 2:1 gegen den erwartet starken Gegner aus Algerien.
Fußball wird in Deutschland eben sehr schwarz-weiß gesehen. Auch wenn 2018 tatsächlich deutlich schwarz war, das ist ja gar keine Diskussion. Aber man ist mit ähnlichen Leistungen auch schon ins Finale gekommen. Man sieht ja im Moment, welche Mannschaften mit welch schlechten Vorrundenleistungen in die KO-Runde eingezogen sind. Und es wurde im Achtelfinale bisher nicht besser.
Zitat von Noricus im Beitrag #10Und den Mut, so wie beim Confed-Cup fast vollständig auf die Weltmeistertruppe zu verzichten, hatte Löw dann auch wieder nicht.
Beim Confed-Cup war es aber Gratis-Mut, da dieses Turnier nun wirklich niemand interessiert, insbesondere nicht die Weltmeistertruppe von 2014. Und das zurecht. Und ohne Druck spielt es sich für eine junge und vermutlich auch hungrige Mannschaft eher befreit, das ist mit einer WM wohl in keinster Weise vergleichbar.
Darum: daß "die 11" oder wie immer das heißt, Teil der Politik ist, war ja sehr schön sichtbar. Und zum Komment unserer Politik gehört nun einmal, daß Versagen, egal wie groß, keinerlei Konsequenzen mehr nach sich zieht. Es war mal anders. Zu Zeiten von Derwall oder Netzer hätte ein Bundestrainer am Tag nach dem desaströsen Finale seinen Abschied erklärt. Und das Land hätte sich kollektiv in PTBS geübt. (Man vergleiche 2018 mal mit Wimbledon 1966). Als Lien de mémoire wird neben der Autoindustrie auch gerade der Nationalsport final abgewickelt.
"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire
Darum: daß "die 11" oder wie immer das heißt, Teil der Politik ist, war ja sehr schön sichtbar. Und zum Komment unserer Politik gehört nun einmal, daß Versagen, egal wie groß, keinerlei Konsequenzen mehr nach sich zieht. Es war mal anders. Zu Zeiten von Derwall oder Netzer hätte ein Bundestrainer am Tag nach dem desaströsen Finale seinen Abschied erklärt. Und das Land hätte sich kollektiv in PTBS geübt. (Man vergleiche 2018 mal mit Wimbledon 1966). Als Lien de mémoire wird neben der Autoindustrie auch gerade der Nationalsport final abgewickelt.
Netzer? Wimbledon 1966? Ich stelle leichte Verwirrung fest
Zitat von hubersn im Beitrag #14Netzer? Wimbledon 1966? Ich stelle leichte Verwirrung fest
Wimbledon oder Wembley - Hauptsache Italien. Oder so.
-- Bevor ich mit den Wölfen heule, werd‘ ich lieber harzig, warzig grau, verwandele ich mich in eine Eule oder vielleicht in eine graue Sau. (Reinhard Mey)
Solange der Ruhm noch währt, will ich mich kurz selbst loben, weil ich hier http://miscblog.huber-net.de/2018/06/ged...ur-fussball-wm/ vor den Achtelfinals das Finale korrekt prognostiziert hatte. Ich werde den festen Glauben an mein Expertentum nun nicht mit einer riskanten Aussage zum kommenden Weltmeister erschüttern, nachdem Kroatien dreimal Verlängerung und zweimal Elfmeterschießen brauchte um das Finale entsprechend meiner Prognose klarzumachen...was mal wieder zeigt, dass "Glück" im Fußball eine entscheidende, wenn auch nicht alles entscheidende Rolle spielt. Aber in diesem Falle wissen wir natürlich alle, dass auf jeden Fall Frankreich Weltmeister wird
Jetzt gibt es ja momentan reichlich Erklärungsversuche, warum die Kroaten selbstverständlich ins Finale kommen MUSSTEN. Hinterher ist man halt immer klüger. Aber wer hat auf die Kroaten in Minute 60 des Halbfinals gegen England auch nur einen Pfifferling gesetzt? Man hat quasi im Hintergrund schon die Schreibmaschinen in den Redaktionen gehört, auf denen Lobeshymnen auf die junge hungrige englische Mannschaft und ihren genialen Chefstrategen, der ihnen sogar das Elfmeterschießen beigebracht hat, verfasst wurden.
Zitat von hubersn im Beitrag #17was mal wieder zeigt, dass "Glück" im Fußball eine entscheidende, wenn auch nicht alles entscheidende Rolle spielt.
Glaubt man der offiziellen Auswertung der FIFA, ist das auch der Grund für das frühe Ausscheiden der deutschen Mannschaft - im Gegensatz zu 2014 habe man mehr Chancen weniger konsequent genutzt. Ja, wie würden wir heute reden, wenn die Pfostendinger von Julian Brandt alle rein gegangen wären? Wenn das Ding von Pogba gegen Australien vor der Linie wieder auf den Boden aufgetroffen wäre? Von den Elfmeterschießen ganz zu schweigen. Dennoch: Dass das deutsche Team ungeahnt schlecht spielte, meinte ich wirklich sehen zu können.
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Mit dem Kollegen hubersn teile ich die Bevorzugung einer BuLi-Mannschaft aus dem Süden und hoffe auf ein gutes Abschneiden in der neuen Runde.
Zum Thema: Für mich als Ex-Mannschaftssportler haben sehr viele Kleinigkeiten eine Rolle gespielt. - zuerst das mentale mit der Geschichte unserer Erdogan-Werber. Könnte es eine Rolle gespielt haben, daß die beiden Spieler denselben Berater haben wie der Bundestrainer? Nämlich in Hinsicht auf die dämliche Aktion und deren Folgenlosigkeit? So etwas erzeugt mit Sicherheit alles andere denn ein "gutes Gefühl" innerhalb einer Mannschaft.......und wenn ein Trainer da an Vertrauen verliert, dann wars das. - ähnlich die Torwart-Inszenierung, die nie und nimmer hätte so kommen dürfen (obwohl Neuer gut gehalten hat, von seinem idiotischen Ausflug gegen Südkorea mal abgesehen). Mit so etwas verspiele ich als Trainer ebenso das Vertrauen von Spielern; da war Ter Stegen sicher nicht allein. - die Mannschaft hat viel zu sehr "auf Vorsicht" agiert. Ein Ballbesitzspiel wie das deutsche lebt von plötzlichen Rhythmuswechseln. Die blieben extrem selten, dazu wurde auf "forechecking" weitgehend verzichtet. Kroos ist u.a. deshalb wertvoll, weil er eine exzellente Qualität bei Weitschüssen hat.Warum dann ausgerechnet Kroos immer in Nähe der Mittellinie agiert hat und den Kollegen den weiter vornliegenden Raum überliess, ist eine typische Sache für den Trainer.Das hätte er abstellen müssen. - die Laufleistung der Mannschaft war recht hoch, daran hats bestimmt nicht gelegen.Allerdings hat sich die Truppe viel zu lange und oft im Altherrenmodus bewegt und Risikominimierung betrieben. Da haben die wohl incl. Trainer vergessen, daß Fussball ein Risikospiel ist und wer nicht wagt, auch seltener gewinnt.Die besten Momente waren diejenigen, als wirklich intensiv versucht wurde, das Ergebnis noch zu drehen - ok, da war Pech dabei, zumindest häufiger als das Glück gegen Schweden. - es ist aber Sache des Trainers, eine Mannschaft mit einem auf den Gegner abgestimmten Konzept zu versehen. So der amtierende Weltmeister gegen Gegner wie Mexiko,Schweden und Südkorea "vorsichtig" beginnt, dann stimmt was nicht.Das verstehe ich als "Angst".........und die lähmt; war deutlich zu sehen.
Es gab daher Fehler bei der Kaderzusammenstellung und extrem beim Erzeugen des für ein solches Turnier wichtigen internen Stimmung.Wer die Spiele geshen hat......."Feuer/Begeisterung" sehen anders aus. Im Kader waren auch keine Spieler, die solch ein Gefühl verbreitet hätten.Es war so mehr Buchhalter-Fussball. Als Konsequenz hätte Löw aufhören müssen. So wird er sein eigenes Denkmal abreissen und doch bald gehen müssen. Einzige Chance wäre ein Beginn mit anderen Spielern. Bei den gegenwärtigen hat er wohl kein Vertrauen mehr.
Zitat von Werwohlf im Beitrag #18Dennoch: Dass das deutsche Team ungeahnt schlecht spielte, meinte ich wirklich sehen zu können.
Da stimme ich zu. Allerdings hat das schon immer gut für ein Finale reichen können (siehe 1982, 1986, 2002). Und es lag m.E. deutlich mehr an der Defensive (vor allem an den zweikampfschwachen Sechsern und der langsamen Umschaltbewegung in die Defensive) sowie an unglaublichen individuellen Fehlern in Form von Fehlpässen.
Im Moment zur Halbzeit Frankreich-Kroation finde ich das Endspiel jetzt auch auf eher überschaubarem Niveau. Allerdings bei weitem unterboten von Bela Rethy, der auch nach der dritten Zeitlupe das Foul nicht sieht und die Franzosen für eine "abgekochte" Mannschaft hält. Unterirdisch.
Am Ende werden die Franzosen verdienter Weltmeister, mit einem Eigentor nach Standard und einem Kann-Elfmeter. Nein, es ist nicht meine Lieblings-WM.
Zitat von hubersn im Beitrag #21Am Ende werden die Franzosen verdienter Weltmeister, mit einem Eigentor nach Standard und einem Kann-Elfmeter. Nein, es ist nicht meine Lieblings-WM.
Zitat nachdem Kroatien dreimal Verlängerung und zweimal Elfmeterschießen brauchte um das Finale entsprechend meiner Prognose klarzumachen...was mal wieder zeigt, dass "Glück" im Fußball eine entscheidende, wenn auch nicht alles entscheidende Rolle spielt.
Rein mathematisch gesehen ist das Elfmeterschießen der Moment des Spiels mit dem geringsten Glücksanteil. Es handelt sich immer um die exakt gleiche Spielsituation und lässt sich folglich auch genau trainieren. Sämtliche Zufallselemente - wenn man mal von Platzfehlern absieht (wegrutschen) - sind ausgeschaltet. Kein Spieler kann den Ball abfälschen, kein cm über Abseits oder nicht entscheiden, etc. Der Bäll liegt immer an der gleichen Stelle, gleich weit vom Tor entfernt. Der Schuß ist immer genau gleich. Natürlich spielen die Nerven eine Rolle. Diese würde ich aber nicht dem Faktor Glück zurechnen wollen. Ich kann nicht verstehen, dass das Elfmeterschießen nicht viel öfter geübt wird. Ich würde das jeden Tag machen. Ein relativ straffer Schuß, hoch in eine Ecke. Unhaltbar. Das kann man üben, immer und immer wieder genau die gleiche Situation. Keine Unabwägbarkeiten des restlichen Spiels sind vorhanden.
Zitat von Colombia im Beitrag #23 Ich kann nicht verstehen, dass das Elfmeterschießen nicht viel öfter geübt wird. Ich würde das jeden Tag machen. Ein relativ straffer Schuß, hoch in eine Ecke. Unhaltbar. Das kann man üben, immer und immer wieder genau die gleiche Situation.
Richtig: unhaltbar. Auf den ersten Blick tatsächlich unverständlich, warum nicht jeder Elfer so geschossen wird. Grund kann eigentlich nur sein, dass es selbst für absolute Profis nicht so einfach ist, ein 1mx1m-Feld aus 11 Metern Entfernung zuverlässig zu treffen.
Übrigens habe ich den Eindruck, dass die Erfolgsquote bei Elfmeterschießen oft dramatisch schlechter ist als bei Elfmetern, die während der regulären Spielzeit geschossen werden. Und viele Schüsse beim Elfmeterschießen sind auch erkennbar mittiger und schwächer geschossen als reguläre Elfer. Eine Erklärung könnte die Nervosität des Schützen sein. Eine andere Erklärung könnte auch sein, dass die Spieler nach 120 Minuten körperlich ausgelaugt sind und dadurch "wackelige Füße" haben, so dass harte & platzierte Schüsse nicht mehr möglich sind. Im Elfmeterschießen passieren daher selbst absoluten Profis z.T. krasse Fehlleistungen. Etwa das DFB-Pokal-Halbfinale 2015, als nur 2 von 8 Elfern verwandelt wurden, davon 0 (!) der 4 Elfer des FC Bayern (1x gehalten, 3x verschossen !)
Zitat von Colombia im Beitrag #23Ich kann nicht verstehen, dass das Elfmeterschießen nicht viel öfter geübt wird. Ich würde das jeden Tag machen. Ein relativ straffer Schuß, hoch in eine Ecke. Unhaltbar. Das kann man üben, immer und immer wieder genau die gleiche Situation. Keine Unabwägbarkeiten des restlichen Spiels sind vorhanden.
Ich würde eher klassische Standards üben, dann braucht man niemals eine Verlängerung und Elfmeterschießen...da ist der "return on invest" vermutlich sehr viel höher. Siehe Island. Nur unserem aktuellen Bundestrainer sind Standards als Mittel zu profan, wie es aussieht.
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