Weil hier so viel vom bayrischen Ministerpräsidenten geschrieben wird, möchte ich den Forianern hier dieses kleine Filmchen (von twitter) keineswegs vorenthalten. Musste zuerst minutenlang lachen, danach hatte ich leider auch einen Einblick in die Gedankenwelt manches Politikers.....
Zitat von Nola im Beitrag #67Das bedeutet im Umkehrschluß, Impfpflicht durch die Hintertür. Ohne einen Zustandsbericht meines Immunsystems können verbriefte Grundrechte verloren gehen. Z. B. Teilnahme an Veranstaltungen jeder Art, Reisen ... ff.
Es macht eigentlich keinen Sinn mehr aktuelle Beschlüsse, Verordnungen und Gesetzesvorlagen wenige Stunden vor Lesung, bzw. Abstimmung im Parlament zu besprechen. Wenigstens nicht die von Herrn Spahn. Vielleicht ist das gewollt, man steigt nicht mehr durch ob des offensichtlichen Wirrwarr unserer staatstragenden Endscheidungsträger. Stündlich bis minütlich hören wir etwas anderes. Das derzeit geänderte Gesetzesvorhaben, das am 7.5.2020 zur ersten Lesung im Bundestag landet, wird kurz vorher zum xten Male geändert und genau an den Positionen, von denen man wußte, daß diese sehr strittig werden und sind. Den erneuten genauen Text kann ich nicht finden, ich hoffe unsere Parlamentarier kriegen diesen Text früh genug zum einlesen.
Heute soll zunächst noch der *Ethikrat sein "Urteil" darüber abgeben. Welchen Text dieser zur Verfügung hat ist ebenfalls nicht durchschaubar. Vielleicht per Tele-Konferenz gemeinsam gebessert, so daß der Ethikrat verschwurbelt Ja und Nein sagen kann, ähnlich wie bei der Masernimpfpflicht. Es geht hier nicht um Pille-Palle sondern um Gesetze, die uns alle verpflichten und die nicht aufgrund irgendwelcher (auch teilweise noch falsch gerechneten) Hochrechnungen mal eben in den Bundestag geworfen werden dürfen/sollen. Das ist eigentlich eine Respektlosigkeit.
Das Herr Spahn jetzt schon mehrmals seine jungdynamischen Profilierungsversuche wieder einkassieren mußte, zeigt auf der einen Seite unsere noch wehrfähige Demokratie, auf der anderen Seite aber auch seine Fehlbesetzung im Amt. Beispiele: tracking app mit zentraler Datenspeicherung, aus einer aktiven Organspende wäre ein passives Organverfügbarkeitsgebot geworden und eine Impfpflicht gegen Corona würde nur noch auf den Impfstoff warten.
Eines hatte das derzeitige Dream-Team A.M. und J.S. gemeinsam, sie wußten seit Anbeginn das der Sars Covid 19 - Virus gaaaanz lange anhalten würde, so mindestens ein bis eineinhalb Jahre. Nix genaues über ev. Immunität oder nicht, Verhalten unter noch nicht bekannten Bedingungen und viele weitere Kenndaten in Verbindung mit dem Virus weiß man eben noch nicht. Aber das D-Team wußte, das es einen Mindestzeitraum haben wird. Ältere Grippewellen mit fast ähnlichen Viren haben das auch. Aber am Beginn einer Grippewelle, Jahre der womöglichen Einschränkungen in Aussicht zu stellen, hatte schon ein Geschmäckle. Und deshalb finde ich es auch ganz wichtig, das alle derzeitigen Gesetzeseingriffe unseren Kontrollgremien unterliegen und hoffentlich auch juristisch standhalten, was bei der schwammigen Formulierung oft nicht erkennbar ist, selbst für Juristen.
Tatsächlich sind in dem neuen Gesetzentwurf, der dem BR exklusiv vorliegt, zwei umstrittene Absätze gestrichen. Dabei handelt es sich um die Ergänzungen in Paragraph § 22 und Paragraph §28. In der vorherigen Version des Gesetzestext hieß es, dass eine Person "wegen eines bestehenden Impfschutzes oder einer bestehenden Immunität" von etwaigen Maßnahmen wie Kontaktbeschränkungen "ganz oder teilweise ausgenommen werden kann". Dieser Abschnitt wurde ersatzlos gestrichen. Damit sind mögliche Sonderregelungen für Corona-Genesene vorerst vom Tisch. Der Bundestag soll ab dem 7. Mai in erster Lesung über den Gesetzentwurf beraten.
Bereits am Montag hatte Spahn erklärt, man habe in der Koalition vereinbart, keine gesetzliche Regelung zu dieser Frage vorzunehmen, bevor eine Stellungnahme des Deutschen Ethikrates vorliegt. Zuvor hatte aber auch darauf verwiesen, dass ein Immunitätspass nichts Neues wäre, weil auch alle Impfungen in Impfpässen eingetragen und so dokumentiert werden.
Die Einsetzung des Deutschen Ethikrates war, wie auch bei dessen Vorläufer, dem Nationalen Ethikrat, von einer kontroversen gesellschaftlichen Debatte begleitet.[74][75] Kritisch gesehen wird, dass das Gremium zu neun Zehnteln von der Regierung ausgewählt wird, 50 Prozent der Ratsmitglieder bestimmt die Regierung direkt.[76][77] Kritisiert wird auch der proportional große Einfluss religiöser Weltsicht. Derzeit haben mindestens 17 Mitglieder (darunter der Vorsitzende) aus ihrer Tätigkeit, ihrem Engagement oder Familienhintergrund eine religiöse Weltsicht.[78]
Peter Dabrock, der Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, ist seit Januar 2018 Leiter eines Beraterkreises für das Internet-Unternehmen Facebook.[79]
♥lich Nola
Lösungen, die die Rekonstruktion invasiver Informationen über die Bevölkerung ermöglichen, sollten ohne weitere Diskussion abgelehnt werden.
Zitate: "Die Ministerpräsidenten lockern ihre Corona-Beschränkungen, ohne die Beratung mit der Kanzlerin abzuwarten. Sie sollten sich zügeln. Wenn die Infektionszahlen wieder steigen, braucht das Land Merkels Autorität."
"So ist eben Föderalismus? So ist wilder Föderalismus, und der ist gerade in einer schweren Krise nicht sinnvoll, sondern schädlich. Denn er beschädigt die Bundeskanzlerin, die wichtigste Politikerin in Deutschland. Mitten in der Krise hat man sie entmachtet."
Der Artikel thematisiert, dass die Länder nun zum Teil unterschiedliche Corona-Lockerungen machen. Kritisiert werden im Artikel aber nicht etwa die Maßnahmen als solche. Sondern kritisiert wird, dass das Agieren der Länder zu einer Schwächung von Merkel führen würde. Gerade so, als ob für den Spiegel eine starke Merkel ein Wert an sich ist.
Da ich weder über Bücher noch Artikel urteilen möchte, die ich nicht gelesen habe, habe ich mir das wirklich unverdauliche Tremolo Kurbjuweits angetan. Dass Bayern die Ausgangsbeschränkungen ab morgen in Kontaktbeschränkungen umwandelt, hat nichts mit einem Überbietungswettbewerb in puncto Lockerungen oder einem Affront gegen die Gottkanzlerin zu tun. Vielmehr dämmert Söder und Co. jetzt wohl, dass eine Konstellation mit einem Ausgangsverbot als Regel und Ausgangserlaubnissen als Ausnahme verfassungswidrig ist und die bayerische Staatsregierung die Konsequenzen des Aufrechterhaltens einer von der Rechtsprechung als verfassungswidrig erachteten Verordnung nicht eingehen möchte. Dies hätte Kurbjuweit unschwer recherchieren können.
Mir ging es gar nicht inhaltlich um die Frage, wie streng die Corona-Maßnahmen nun genau sein sollen. Da kann man unterschiedlicher Ansicht sein. Und übrigens kritisiert Herr Kurbjuweits die Ministerpräsidenten auch NICHT auf der inhaltlichen Ebene. Auch er konzidiert, dass Lockerungen notwendig sind:
Zitat Es spricht eine Menge für Lockerungen. Das ist nicht das Problem. (...) Stand bislang eindeutig die Humanität im Vordergrund, ist es nun richtig, Freiheit und Wirtschaft stärker zu berücksichtigen.
Herrn Kurbjuweits Problem ist auch NICHT, dass die einzelnen Bundesländer unterschiedlich vorgehen. Der Spiegel kritisiert ja sonst gerne den "föderalen Flickenteppich". Herr Kurbjuweit findet den Föderalismus hier allerdings (sympathischerweise) sogar hilfreich:
Zitat Es spricht auch nichts gegen Differenzierungen. Bayern und Baden-Württemberg wurden weit stärker vom Virus heimgesucht als Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern. Auch die wirtschaftlichen Strukturen sind verschieden
Das EINZIGE, was Herrn Kurbjuweit stört ist die Wirkung, die das ganze auf Merkels Autorität hat:
Zitat Die Ministerpräsidenten lockern ihre Corona-Beschränkungen, ohne die Beratung mit der Kanzlerin abzuwarten. Sie sollten sich zügeln. Wenn die Infektionszahlen wieder steigen, braucht das Land Merkels Autorität.(...) Diesen Ministerpräsidenten ist offenkundig egal, wie Merkel nun dasteht, die Repräsentantin der Einheit, des Großen und Ganzen. (...) die Ministerpräsidenten sollten bedenken, dass man die Autorität und das Ansehen dieser Kanzlerin noch für schwere Stunden brauchen könnte:
Und DAS ist es, was ich interessant finde: Der Spiegel findet inhaltlich gut, was die Ministerpräsidenten machen. Aber er lehnt deren Vorgehen dennoch ab. Und zwar nur deshalb, weil das Merkels Autorität untergräbt. Da wird ganz unverhohlen nach dem starken Führer gerufen und jede Opposition gegen ihn (egal wie gut begründet) grenzt nach Spiegel-Meinung an Landesverrat. Augstein sen. würde sich im Grab umdrehen, wenn er diese Führer-Gläubigkeit des Spiegel lesen müsste.
Zitat von Florian im Beitrag #78 Und DAS ist es, was ich interessant finde: Der Spiegel findet inhaltlich gut, was die Ministerpräsidenten machen. Aber er lehnt deren Vorgehen dennoch ab. Und zwar nur deshalb, weil das Merkels Autorität untergräbt. Da wird ganz unverhohlen nach dem starken Führer gerufen und jede Opposition gegen ihn (egal wie gut begründet) grenzt nach Spiegel-Meinung an Landesverrat. Augstein sen. würde sich im Grab umdrehen, wenn er diese Führer-Gläubigkeit des Spiegel lesen müsste.
Augstein sen. würde bei vielem rotieren, was sich das Sturmgeschütz der Demokratie heute so leistet.
Mein Punkt war aber ein anderer: Die Ministerpräsidenten agieren nicht pro oder contra Merkel.
Söder hat die 3. Infektionsschutzmaßnahmenverordnung, die am 10.5. (!) außer Kraft getreten wäre, nicht deshalb zum 6.5. novellieren lassen, weil er Merkel desavouieren wollte. Vielmehr ging es darum, die - wie gerichtlich festgestellt - verfassungswidrigen Ausgangsbeschränkungen in ein Kontaktverbot umzuwandeln, bevor an die Öffentlichkeit dringen konnte, dass die Staatsregierung eine verfassungswidrige Verordnung aufrechterhält.
Haseloff dürfte mit Lockerungen vorangeschritten sein, weil der Bevölkerung im nur schwach von Corona-Infektionen betroffenen Sachsen-Anhalt nicht zu vermitteln sein wird, dass sie sich noch weiter dem Lockdown beugen soll usw.
Um Merkel geht es dabei nicht. Sie wird als Bundeskanzlerin und De-facto-Vorsitzende der CDU zwar höflicherweise in die sog. "Telefonschalten" (mein Anwärter für das Unwort des Jahres) einbezogen. Aber sie hat offensichtlich nicht mehr die Autorität, den CDU-Ministerpräsidenten, deren Wahl sie nicht mehr rückgängig machen kann, erfolgreich Weisungen zu erteilen.
Anders als Kurbjuweit dies formuliert, untergraben die Ministerpräsidenten nicht eine noch bestehende Autorität Merkels. Sie hat schlicht keine Autorität mehr, weshalb die Ministerpräsidenten überhaupt so frei agieren können. Ich hoffe, dieser Autoritätsverlust Merkels entspringt nicht nur meinem Wunschdenken.
Zitat von Noricus im Beitrag #48Es geht hier nicht nur um (volks)wirtschaftliche Folgen, sondern auch um Grundrechte.
Dass dies so viele übersehen, lässt mich auch mitunter verzweifeln. Es geht in meinen Augen in allererster Linie um die Grundrechte. Der Rest erscheint mir als (wenn auch ungeheuerer teuerer) Schmuck am Nachthemd.
Wie Fedchan einmal an anderer Stelle anmerkte. Es ist die Leichtgläubigkeit der Bevölkerung bei den Begründungen zu schwersten Eingriffen in die Grundrechte, die so irritiert. Es ist die Anfälligkeit für einen technokratischen Politikstil, die sich schon in der Klimadebatte andeutete und die sich hier Bahn gebrochen hat.
Herzlich
nachdenken_schmerzt_nicht
"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu
Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #80Dass dies so viele übersehen, lässt mich auch mitunter verzweifeln. Es geht in meinen Augen in allererster Linie um die Grundrechte. Der Rest erscheint mir als (wenn auch ungeheuerer teuerer) Schmuck am Nachthemd.
Ich würde das nicht ganz so relativieren wollen, lieber n_s_n. Vor der Moral kommt immer noch das Fressen und dieses ungeheuer teuer bewegt sich in ziemlich schwindelerregenden Höhen. Grundrechte sind zweifelsfrei mit der höchste Wert des Staates, aber die besten Grundrechte nützen mir nicht viel, wenn ich am Ende verhungere. Vor allem wenn ich es mir dann nicht mehr leisten kann die Grundrechte überhaupt auszuüben. Was nützt mit das Recht auf Freizügigkeit, wenn ich gar nicht mehr das Geld dazu habe diese Freizügigkeit auch umzusetzen? Was nützt mir das Recht auf Eigentum, wenn ich praktisch keines habe? Was nützt mir der Rechtsweg, wenn ich ihn nicht bezahlen kann?
Oder anders gesagt: Grundrechte schaffen Freiheit. Aber Besitz schafft ebenso Freiheit. Und die derzeitige, massive Vernichtung von Kapital entspricht auch einem ganz massiven Verlust an Freiheit.
Zitat von Llarian im Beitrag #81Aber Besitz schafft ebenso Freiheit.
Keine negative Freiheit. Die kann nur als Abwehrrecht (gegen den Staat) existieren und diese negative Freiheit schafft erst die Voraussetzungen für den Besitz, welcher positive Freiheit schafft.
Letztendlich ist es meines Ermessens so: Lebenszeit, Freiheit, Besitz/Ökonomie. Das alles sind Aggregatzuständes des selben Gutes, die ineinander umgewandelt werden können, wie auch miteinander korrelieren und voneinander funktional abhängig sind. Wie immer wir diese Gut auch nennen wollen. Nennen wir es einmal Lebensqualität. Die Abstraktheit des Konzeptes der (negativen) Freiheit (zu der notwendig das Recht auf „Irrationalität“ und Fehler gehören) macht sie dabei zum politisch vulnerabelsten Aggregatzustand und deswegen braucht meines Ermessens dieser am meisten Fürsprecher.
Die Tage hat meine alte Freundin Karen Horn wieder einen Artikel im Tagesspiegel veröffentlicht. Der Liberalismus müsse seine Beisshemmung gegen den Staat überwinden. Und dann kommt wieder die Idee vom zeitgemäßen Liberalismus, nach dem Motto: Freiheit ist die Einsicht in die empfundene Notwendigkeit.
Nein ist es nicht. Notwendigkeit mag die Freiheit zu schützen helfen, ist aber keine. Böckenförde lässt grüßen. Freiheit ist das Recht auf Irrationalität und damit mehr oder weniger eine Art Sicherung gegen die Abgründe des Kollektivismus. Daher braucht gerade in einem Fall höchster gesellschaftlicher Kohärenz das Konzept der negativen Freiheit Fürsprecher und nicht das Konzept der Einsicht in Notwendigkeit. Dem folgen ohnehin alle, wenn die Angst groß genug ist.
Beishemmung gegen den Staat. Da fällt mir persönlich nichts mehr ein. Kennen solche Leute noch den Grund dafür, warum die Abwehrrechte gegen den Staat im GG so klar formuliert wurden?
Und was mich vor allem beunruhigt sind die Folgen dieses Angriffs auf die Bürgerrechte, die sich im Zuge der „vor Corona Lieblingsprojekte“ unsere politischen Eliten zukünftig einstellen werden. Der große Philosoph Robert Habeck hat ja einen intensiven Flirt mit der chinesischen Diktatur zur Rettung der Welt schon hinter sich.
Aber höchstwahrscheinlich liegt meine eigene Wahrnehmung in dem "Moral Foundations Konzept" von Jonathan Haidt begründet und ist nur subjektive Schwerpunkt Setzung. Meine Werte dort liegen bei Freiheit bei 94%, bei Autorität bei 17%. Bei Frau Horn und vielen anderen mag das umgekehrt sein.
Herzlich
nachdenken_schmerzt_nicht
"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu
Ich muß ehrlich sagen, diese depressive Betrachtung der gesamten Welt!(Corona-Maßnahmen), dieser ewige Gesang des Untergangs (Deutschlands) , geht mir hier mittlerweile ordentlich auf den Zeiger. Hier schreibt Bildung, gegen die ich nicht anstinken kann, die aber zum immer selben Schluß kommt: Alles vorbei! Jetzt wird es richtig schlimm! Alle sind zu doof, die wahren Gefahren zu erkennen. Es nervt (mich)! Kommt klar mit eurem individuellem Leben. Wenn noch überschüssige Kräfte frei, dann geht in die Politik! Gewöhnt euch nicht an euren gehätschelten Pessimismus, der ist für nix gut. Der bedeutet Stillstand. Nur ein büschen Optimismus und es tuen sich Welten von Möglichkeiten auf! Die Welt wird besser! Prost!
Zitat von HR2 im Beitrag #83Ich muß ehrlich sagen, diese depressive Betrachtung der gesamten Welt!(Corona-Maßnahmen), dieser ewige Gesang des Untergangs (Deutschlands) , geht mir hier mittlerweile ordentlich auf den Zeiger. Hier schreibt Bildung, gegen die ich nicht anstinken kann, die aber zum immer selben Schluß kommt: Alles vorbei! Jetzt wird es richtig schlimm! Alle sind zu doof, die wahren Gefahren zu erkennen. Es nervt (mich)! Kommt klar mit eurem individuellem Leben. Wenn noch überschüssige Kräfte frei, dann geht in die Politik! Gewöhnt euch nicht an euren gehätschelten Pessimismus, der ist für nix gut. Der bedeutet Stillstand. Nur ein büschen Optimismus und es tuen sich Welten von Möglichkeiten auf! Die Welt wird besser! Prost!
Lieber HR2,
ich habe heute auf einem längeren Spaziergang über Ihren Beitrag nachgedacht und bin dabei, und das ist jetzt ziemlich witzig, zu ganz ähnlichen Schlüssen gekommen wie Techniknörgler in seinem aktuellen Blogpost (insofern ist das folgende auch als Kommentar zu seinem Beitrag zu lesen).
Zunächst kann man ja mal freundlich-rhetorisch die Frage stellen, weshalb es hier im Forum anders sein sollte als im Rest des Landes. Polarisierung allerorten; Stimmen, die Maß und Mitte anstreben sind die Ausnahme geworden, wenngleich hier im Forum noch vergleichsweise stark vorhanden, stellvertretend sei hier Florian erwähnt. Mit "Polarisierung" meine ich, und das betrifft inzwischen jedes von mir beobachtete politische Lager, daß man zu Extrempositionen neigt und diese maximal vertritt und nur diese als Wirklichkeit anerkannt wissen will, was bedeutet, daß der andere eigentlich nur maximal falsch liegen kann. Daß das ganze dann meist auch noch moralisch aufgeladen ist, lasse ich für den Moment mal weg, da es hier im Forum dankenswerterweise kaum eine Rolle spielt.
Nur ist es ja so, daß wenn ein zukünftiges Ereignis oder ein zukünftiger Zustand in seinem Möglichkeitsraum von Extremen begrenzt wird und man zwischen diesen Extremen mit Blick auf ihre Wahrscheinlichkeit eine Normalverteilung annehmen kann, daß das "mittlere" Ereignis auch das wahrscheinlichste ist. Ich halte das für die beste mir bekannte Heuristik in einer Welt, in der man als Normalsterblicher nicht alles wissen und selbst überprüfen kann.
Nehmen wir die Diskussion um den Klimawandel und dessen Verursachung. Die Klimawandel-Apologeten operieren mit Zahlen und Erkenntnissen, die sehr wahrscheinlich nicht völlig von der Hand zu weisen sind, aber eben auch überhaupt nicht in Stein gemeißelte, ewige Erkenntnisse sind. Die Klimawandel-"Leugner" operieren dann auch wieder mit Zahlen und Erkenntnissen, die nicht völlig von der Hand zu weisen aber eben auch keine letzten Wahrheiten repräsentieren. Und alle Seiten lügen und manipulieren, wirklich alle.
Wenn ich jetzt versuche meine "Mittelwerts-Heuristik" hier anzuwenden: die Extrempositionen bewegen sich zwischen 0% menschengemachter Anteil und, sagen wir, 75% menschengemachten Anteil. Nehmen wir also für den Moment an, der menschengemachte Anteil läge irgendwo um die 37%. Das ist nicht unerheblich. Und möglicherweise sogar realistisch. Und dennoch kann man die meisten "Maßnahmen" gegen den Klimawandel genauso trefflich diskutieren und in Frage stellen wie beim Beharren auf 0%. Der Vorteil: der Gegner, im Zweifel sogar Mitglieder der Bundesregierung, darf am Leben bleiben, seine Positionen finden Berücksichtigung, müssen nicht abgewertet werden, und die Dinge werden weniger schnell persönlich.
Das läßt sich mMn ziemlich gut auf die meisten der erbitterten gesellschaftlichen Debatten übertragen, mit denen wir gegenwärtig beschäftigt sind, selbst auf die Folgen von 2015 und Energiewende. Wahrscheinlich passieren auch hier weder die vorhergesagten Katastrophen noch (natürlich nicht) die "schöne neue Welt", die man sich und uns hier versprochen hat und weiter verspricht. Um nicht mißverstanden zu werden: ich halte die beiden letztgenannten politischen Entscheidungen weiter für völlig falsch; mir geht es lediglich um die Drastik der dadurch ausgelösten Konsequenzen.
Im Rückblick wird das dann oft viel klarer. Wenn man sich in der jungen Bundesrepublik die Debatten um die Westbindung, die Wiederbewaffnung oder um die Notstandsgesetze anschaut, wirkten bereits dieselben Mechanismen der öffentlichen Debatte wie heute (weshalb man naheliegenderweise auch fragen kann, ob die Gesellschaft wirklich insgesamt polarisierter ist oder ob die Vielzahl der heute möglichen Meinungsäußerungen im Netz diese Polarisierung lediglich stärker wiedergibt). In allen drei Fällen haben die damals meinungsführenden Extrempositionen Unrecht behalten. Ich würde sogar so weit gehen, daß die damals um die Demokratie, die Verfassung und die Grundrechte extrem besorgten (bei den Notstandsgesetzen ironischerweise weitgehend in Personalunion mit den 68ern) sogar tendenziell stärker Unrecht hatten als die "Verharmloser", aber das ist nur mein persönlicher Eindruck.
Der für mich und mein persönliches, privates Leben wichtigste Blogpost hier nach Zettels Ableben stammt von R. A. und titelt "Die Dicke singt nicht" und zeigt aus der Perspektive des (auch) Historikers, daß extreme oder disruptive Niedergangsszenarien eigentlich nie eintreten, sondern letztlich lediglich Transformationsprozesse, hin zu einem irgendwie austarierten Mittelmaß stattfinden. Die "Corona-Krise" war für mich die größte Herausforderung der letzten Jahre für mein Streben nach "Maß und Mitte", und es ist mir nur unvollständig gelungen, diese zu bewältigen; sehe mich inzwischen aber wieder auf dem Weg der Besserung ;-)
ich habe heute auf einem längeren Spaziergang über Ihren Beitrag nachgedacht
Interessant bei dem Beitrag von HR2 finde ich ja, dass er eine Beobachtung formuliert, die er durch sein Pauschalisierung auf alle Mitglieder hier und ins Persönliche gehend gleich selbst bestätigt. Ich möchte das nicht werten, nur feststellen.
Zitat von Doeding im Beitrag #84mit Blick auf ihre Wahrscheinlichkeit eine Normalverteilung annehmen kann, daß das "mittlere" Ereignis auch das wahrscheinlichste ist. [...] Der für mich und mein persönliches, privates Leben wichtigste Blogpost hier nach Zettels Ableben stammt von R. A. und titelt "Die Dicke singt nicht"
Für eine Gesellschaft deren politische Debatten der letzten Jahre fast ausschließlich durch Angst getrieben und deren politsche Entscheidungen durch Angst determinert sind, erscheint mir das ein äußerst ratsamer Ansatz.
Allerdings weist du selbst darauf hin, dass es sich um "Wahrscheinlichkeiten für Richtig" und keine "Mittelwerte für Richtig" handelt. Daher ist korrekt, dass man mit einer "differenzierten Meinung der Mitte" statistisch näher an der "Wahrheit" ist, aber es heißt nicht, dass eine "differenzeirte Meinung der Mitte" immer sinnvoll ist. "Die Dicke singt nicht" war und ist ein guter Titel und - wie gesagt - für unsere Debattenkultur ein guter Ratschlag, ist in seiner Absolutheit aber natürlich nicht wahr. Die Dicke singt äußerst, äußerst selten. Extremwertmodellierung von Verteilungen - damit hatte ich beruflich ein bisschen zu tun - ist ein ziemlich schwieriges Geschäft. Letztlich sind Extremrisiken Singularitäten und nicht wirklich sinnvoll modellierbar.... und im 20. jahrhundert hat die Dicke schon ein paar mal gesungen.
Was ich nur damit sagen will: Dein Ansatz wird 1000 mal richtig sein, irgendwann stimmt er aber nicht. Die Frage ist: Wann? - und ob man mit der Einsicht, dass das so ist, überhaupt sinnvoll etwas anfangen kann.
Die viel interessantere Frage sehe ich allerdings darin, warum wir so in Extrempositionen verharren.
Zitat von Doeding im Beitrag #84Daß das ganze dann meist auch noch moralisch aufgeladen ist, lasse ich für den Moment mal weg, da es hier im Forum dankenswerterweise kaum eine Rolle spielt.
Das Forum in Schutz zu nehmen ehrt dich. Die Moral kann man meines Ermessens bei einer Bertrachtung des Sachverhaltes aber nicht weglassen.
Das von dir skizzierte Bild der "vernüftigen, differenzierten Mitte" funktioniert in unserer Debattenkultur nämlich nicht, weil die Extrempositionen, die Pole der Diskussion asymmetrisch sind. Es gibt eine "gute" und eine "schlechte" Position. Die eine ist (in der Peergroup) Satisfaktionsfähig, die andere nicht. Das verschiebt die Mitte und macht aus der Verteilung der Meinungen eine mit dem Bauch am Rand der Verteilung. Grund dafür ist meines Ermessens eine moralische Aufladung jeder Frage, welche meist über Angst erreicht wird. Diese Methode haben die Grünen zur Perfektion getrieben und sie wird mittlerweile von fast allen kopiert. Am besten von der AfD.
Nehmen wir als Beispiel gerne den von dir zitierten Klimawandel. Ich habe hier oft den Vorwurf gehört, es gäbe nur Extrempositionen. Apologenten und Leugner. Der Punkt ist nur, dass jeder, der nicht zu den Apologenten zählt, als Leugner bezeichnet wird. Meine Position halte ich nun für nicht besonders extrem. Sie lautet im Kern: (1. wissenschaftlich) Die Unsicherheiten der Modellierungen sind viel zu groß, um mit der Sicherheit zu agieren, die die Politik an den Tag legt und welche die Lautsprecher der Wissenschaft behaupten. (2. politisch) Erfolgt ein Angriff auf die indivuelle Freiheit und die liberale Gesellschaft durch ein geschlossenes Weltbild. Mediator ist die Angst.
Mit dieser Position bin ich (in der öffentlichen Debatte) erfahrungsgemäß Leugner (von was auch immer) oder Aluhutträger und nicht satisfaktionsfähig. Wie kann man hier eine Differenzierte Position finden, wenn die Gegenposition eine bundesamtliche Broschüre ist, dass solche Positionen unsereriös sind!? Verstehst du meinen Punkt?
Das gleiche gilt für viele andere Debatten. Migration, Atomkraft, viele Umweltthemen, Gleichberechtigung, Europapolitik und eben nun auch Corona.
Warum ist das so? Ich vermute, der Erfolg den die grüne Bewegung mit dieser Methode hatte, über moralische Aufladung politsche Ziele zu erreichen, lies für den Einzelnen in seiner moralischen Anschauung ja nur zwei Wege: Assimilation oder Aussenseitertum. Die AfD sammelt dieses Aussenseitertum nun seit etwa 5 Jahren ein, organisiert es politisch und hat damit in der Tat die Polarisierung sehr sichtbar gemacht. Ursächlich für diese Polarisierung war aber die "moralische motivierte Deformation" der "zulässigen Meinungsverteilungen", welche voraus ging und die bis heute Anwendung findet. Ich meine dabei zu beobachten, dass daraus heute vielerorts auch einfach eine Abgrenzung um der Abgrenzung Willen geworden ist. Man mag den anderen nicht mehr, aus der Historie einer "ungerechten Behandlung" heraus, nimmt daher den Gegenpol seiner Meinung an und erklärt den anderen Pol als nicht satisfaktionsfähig. Bei Corona konnte man das ja hervorragend beobachten, wo die Pole sogar im Laufe der Zeit wechselten in den jeweiligen Lagern.
Aber im Kern ist es bei dem Corona Thema wie bei allen Themen. Diejenigen, welche Zweifel an der Variante hegen, die im Kern im ÖRR und durch die Regierung vertreten wird, sind Aluhutträger. Wo soll da die Mitte liegen?
Ich räume zum Beispiel durchaus ein, dass Corona eine gefährliche Krankheit sein könnte, die neue Maßnahmen erfordert. Ich glaube aber auch, dass die Szenarien, welche (u.a.) mit Bildern aus bestimmten Regionen der Welt in die Köpfe der Menschen gesetzt werden, kein korrektes Bild der Bedrohung zeichnen und letztendlich zu schädlichem Verhalten führen (Ich persönlich kenne viele Menschen, die durch die medial vermittelte Angst, sehr fragwürdige Dinge tun - Von der Politik rede ich da noch gar nicht). Unser Zugang zur Welt sind die Medien. Wie wäre unserer Einschätzung zu Corona, wenn wir anstatt der Bilder aus den Hotspots in Italien, Spanien und den USA jeden Tag Bilder aus dem Hochtaunus gesehen hätten? Bilder sind mächtig. 2011 waren es die einer Atomkatastrophe. 2015 von Müttern mit Kindern an der Grenze. 2019 von Klimakatastrophen. Diese Bilder waren echt, ohne Zweifel. Aber die "Realität", welche sie vermittelten, war keine intersubjetiv überprüfbare Wahrheit. Ist das bei Corona nun anders? -- Mit dieser Position war ich bereits Coronaleugner, Spinner, Menschenverachter, AfD Wähler und was ich nicht noch alles hörte.
Es erscheint mir von Atomkraft über Migration und Klima bis hin zu Corona so, dass medial und politisch verursachte Angst, die Menschen diskussionsunfähig macht. Sie defomiert die Verteilung der zulässigen politischen Positionen, so dass ich sie keineswegs mehr als Normalverteilt annehmen würde. Bitte nimm es mir nicht krumm, wenn ich das erwähne, aber mich hat es sehr betroffen gemacht, als ich von dir die Frage las: "Willst du dass hier die Leichentücher knapp werden?" An der Stelle, wollte und konnte ich persönlich nichts mehr sagen.
Lange Rede kurzer Sinn:
Um deinen Ansatz, den du oben beschreibst, verfolgen zu können, ist es notwendig die Moralsierung des politischen Diskurses zurückzufahren, denn nur so ist es möglich inhaltliche Diskussionen zu führen, anstelle moralischer Ächtung. Nimm Corona: Dem einen sind alte Menschen wichtig die sterben, dem anderen Kinder in Dysfunktionalen Familien, dem dritten die Bürgerrechte, dem vierten die Ökonomie, in welcher der Familienvater arbeitslos wird, dem fünften diejenigen, die alleine sterben, weil kein Angehöriger ihre Hand halten darf, dem sechsten die Kinder, die keine ausreichende Schulbildung oder Sozialisation bekommen... Jedem ist etwas anderes wichtig, weil jeder aufgrund seiner Persönlichkeit Empathie für andere Menschen empfindet. Diesen Empfindungen die Redlichkeit abzusprechen und / oder die politische Legitimität ist in meinen Augen ein Unding und so lange das geschieht, kann es keine differenzierte Meinung geben, die konsensfäig ist.
Herzlich
nachdenken_schmerzt_nicht
p.s.
Du solltest mich mal wieder besuchen. Aktuell wäre es gerade erlaubt :-)
"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu
Zitat von Doeding im Beitrag #84 Der für mich und mein persönliches, privates Leben wichtigste Blogpost hier nach Zettels Ableben stammt von R. A. und titelt "Die Dicke singt nicht" und zeigt aus der Perspektive des (auch) Historikers, daß extreme oder disruptive Niedergangsszenarien eigentlich nie eintreten, sondern letztlich lediglich Transformationsprozesse, hin zu einem irgendwie austarierten Mittelmaß stattfinden.
- Der zweite Weltkrieg / Das dritte Reich (und sein Untergang) - Die DDR (und ihr Untergang) - Der Niedergang von Venezuela - Der Zusammenbruch der Sovietunion - Der Sturz des Schah und die Machtergreifung durch die Mullahs - Die roten Khmer in Kambodscha
Das sind sechs Beispiele, die mir gerade so einfielen, die keine 100 Jahre her sind und das sind ziemlich(!) disruptive Prozesse im Ergebnis. Die dicke Lady singt des Öfteren, wir nehmen es nur nicht unbedingt gerne wahr und fühlen uns mit den 80 Jahren Frieden (die wir im Wesentlichen einem historischen Glücksfall verdanken) unheimlich sicher. Das ist reichlich vermessen. Wenn gerade die Geschichte eins lehrt, dann das die Lady des Öfteren singt. Nicht jedes Jahr, das ist wohl richtig und manchmal dauert der Gesang auch sehr lange (das dritte Reich, um bei obigem Beispiel zu bleiben brauchte 12 Jahre für den totalen Zusammenbruch, die DDR mindestens 28). Das schlimme ist immer von uns haareraufenden Herumschreiern erwartet wird, dass die Dinge, die wir sehen, nächste Woche Freitag eingetreten sein müssen und wenn das nicht passiert ist das ein Beleg dafür, dass alles nicht so dramatisch ist. Als die Japaner 1941 Pearl Harbor überfielen, waren sich diverse Mitglieder der japanischen Admiralität darüber bewusst, dass sie diesen Krieg verlieren würden. Obwohl sie zu diesem Zeitpunkt den Amerikanern an Material und Ausbildung weit überlegen waren. Und so kam es dann auch. Es dauerte nicht bis nächsten Freitag sondern noch 4 Jahre, an dessen Ende Japan vernichtend geschlagen war und Hiroshima und Nagasaki in Schutt und Asche lagen. Ich glaube man kann da von der dicken Lady sprechen.
Das es immer zu einem Mittelmaß käme ist eine schöne Idee, aber historisch gerade nicht belegt. Im Gegenteil ist die Geschichte voll von untergegangenen Gesellschaften und Staaten, teilweise mit langem Siechtum, teilweise mit apruptem Ende. Wir neigen nur aufgrund unseres eigenen, doch recht begrenzten Lebens, das anzunehmen, weil es in letzter Zeit tendenziell eher der Fall war als früher (ein Hoch auf den Kapitalismus). Das ist nach meiner Meinung der Hochmut vor dem Fall.
Manchmal hilft der Blick aus der alten Perspektive. Versuchen wir uns vorzustellen wir lebten im Iran der sechziger Jahre. Hätten wir damit rechnen können, was passiert? Hätten wir uns 1970 vorstellen können, wenn wir in Phnom Penh gestanden hätten, dass keine 5 Jahre später das Land fast ein Viertel der eigenen Bevölkerung ermorden würde? Hätten wir uns 1988 in der DDR hingestellt und wären davon ausgegangen, dass die DDR ein Jahr später Geschichte sein würde? Und wo war da das Mittelmaß?
Zitat von Doeding im Beitrag #84 Der für mich und mein persönliches, privates Leben wichtigste Blogpost hier nach Zettels Ableben stammt von R. A. und titelt "Die Dicke singt nicht" und zeigt aus der Perspektive des (auch) Historikers, daß extreme oder disruptive Niedergangsszenarien eigentlich nie eintreten, sondern letztlich lediglich Transformationsprozesse, hin zu einem irgendwie austarierten Mittelmaß stattfinden.
- Der zweite Weltkrieg / Das dritte Reich (und sein Untergang) - Die DDR (und ihr Untergang) - Der Niedergang von Venezuela - Der Zusammenbruch der Sovietunion - Der Sturz des Schah und die Machtergreifung durch die Mullahs - Die roten Khmer in Kambodscha
Das sind sechs Beispiele, die mir gerade so einfielen, die keine 100 Jahre her sind und das sind ziemlich(!) disruptive Prozesse im Ergebnis. Die dicke Lady singt des Öfteren,
Das hängt sehr von der historischen Skalierung ab, auf der man schaut. Deutschland war vor den Nazis eine im Selbstwert verunsicherte (Kaiser Wilhelm II: "Wir wollen auch unseren Platz an der Sonne!") Nation mit Hang zur Weltverbesserung ("Am deutschen Wesen wird die Welt genesen!") bei recht ordentlichem Wohlstand (im jeweils weltweiten Vergleich) und ist es heute wieder, oder richtiger: immer noch. Das eigentlich bemerkenswerte ist doch, wie wenig die Nazidiktatur, der zweite Weltkrieg und der Holocaust am Ende wirklich verändert haben. Viel weniger als man es auf Basis der bloßen Zahlen vermuten sollte. Wie gesagt: 1945 war 5 Jahre vor Beginn des Wirtschaftswunders.
Die DDR (und ihr Untergang): ein einziger Glücksfall. Praktisch allen geht es heute besser als 1990.
Venezuela ist vor und nach Maduro ein typisches mittelamerikanisches Land; Korruption, weitgehend arme Bevölkerung. Der Sozialismus war, wie immer, eine Zwischen-Scheinblüte auf Pump (siehe Sowjetunion).
Der Zusammenbruch der Sowjetunion: Rußland war vor seiner kurzzeitigen Schein-Zwischenblüte im Kommunismus das, was es heute auch wieder ist: eine nach höherem strebende Mittelmacht mit autoritärer Führung (Zar/Putin) und eher armer und korrupter aber trinkfester und relativ stoischer Bevölkerung. Auch hier scheint mir bemerkenswert, wie wenig sich auf die lange Sicht durch den Kommunismus wirklich verändert hat, analog zur Nazidiktatur.
Persien: hier war es die westlich-weltoffene Kultur der 60er und 70er Jahre, die sich als "Zwischenhoch" erwiesen hat. Davor und danach war es letztlich dasselbe.
Kambodscha: das gleiche. Das Land ist strukturell, mit Blick auf die wesentlichen Parameter, gleich geblieben.
Die Dicke singt schonmal eine Arie im Intermezzo, soviel ist richtig, aber der große Abgesang bleibt aus, im Extremfall sogar trotz Millionen Toter, und das ist das eigentlich bemerkenswerte, wie ich finde.
Falls ich hier noch einen anderen Aspekt reinwerfen darf:
Man kann das Dilemma schwer einschätzbarer Eintrittswahrscheinlichkeiten von darüberhinaus auch noch subjektiv wahrgenommenen Risiken sehr oft dadurch umgehen, dass man die politischen Maßnahmen daraufhin analysiert, ob sie überhaupt dazu in der Lage sind das Problem zu lösen.
Wendet man das Prinzip bspw. auf die Energiewende an, kann man nur zu einem Schluss kommen. Wir bauen hier eine extrem teure Infrastruktur auf, die in ihrem technischen Wesen gar nicht dazu geeignet ist, die Emmission von Treibhausgasen signifikant zu reduzieren, weil sie nicht dazu in der Lage ist, die elektr. Energie dann und dort zu liefern, wo sie benötigt wird. Man kann also sehr einfach feststellen dass die Energiewende in ihrer aktuellen Form Unsinn ist, auch ohne genau zu wissen wie gefährlich der Klimawandel ist und ob der Mensch darauf überhaupt einen Einfluss hat. [Anders wäre es zum Beispiel, wenn wir für horrende Summen die nötige Speicherkapazität aufbauen würden; dann müsste man darüber diskutieren ob die Kosten gerechtfertigt sind oder nicht; aber so lange das nicht der Fall ist erübrigt sich jede Debatte]
Ähnliches lässt sich bei manchen Infektionsschutzmaßnahmen feststellen, bspw. der 800qm-Regel.
Das erspart einem natürlich nicht, die grundsätzliche Debatte darüber führen zu müssen welches Risikolevel gesellschaftlich akzeptabel ist, aber es hilft zumindest dabei den größten Unsinn zu verhindern. Jedenfalls sollte es das, wie man sieht ist das auch nicht immer der Fall...
Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #85Was ich nur damit sagen will: Dein Ansatz wird 1000 mal richtig sein, irgendwann stimmt er aber nicht.
Das stimmt natürlich, lieber nsn, aber das ist ja letztlich auch das Wesen einer Heuristik.
Zitat Nehmen wir als Beispiel gerne den von dir zitierten Klimawandel. Ich habe hier oft den Vorwurf gehört, es gäbe nur Extrempositionen. Apologenten und Leugner. Der Punkt ist nur, dass jeder, der nicht zu den Apologenten zählt, als Leugner bezeichnet wird. Meine Position halte ich nun für nicht besonders extrem. Sie lautet im Kern: (1. wissenschaftlich) Die Unsicherheiten der Modellierungen sind viel zu groß, um mit der Sicherheit zu agieren, die die Politik an den Tag legt und welche die Lautsprecher der Wissenschaft behaupten. (2. politisch) Erfolgt ein Angriff auf die indivuelle Freiheit und die liberale Gesellschaft durch ein geschlossenes Weltbild. Mediator ist die Angst.
Wiederum Zustimmung. Aber mal ehrlich, war das je wirklich anders, z. B. in der Adenauerzeit, oder haben sich nicht vielmehr die moralischen Positionen, was und wer "richtig" ist und wer "falsch" inhaltlich verschoben? Mir scheint, Politik hat immer schon, und überall mit Angst operiert. Mit Angst, die zuerst geschürt wird, um dann die Erlösung zu verheißen. Und auch mit moralischer Diskreditierung des pol. Gegners hat Politik schon immer gearbeitet; sie ist und bleibt: ein schmutziges Geschäft. Das macht es jetzt für unsere Gegenwart nicht besser, schon klar, aber es nimmt ihr im wesentlichen ihr Alleinstellungsmerkmal.
Zitat Jedem ist etwas anderes wichtig, weil jeder aufgrund seiner Persönlichkeit Empathie für andere Menschen empfindet. Diesen Empfindungen die Redlichkeit abzusprechen und / oder die politische Legitimität ist in meinen Augen ein Unding und so lange das geschieht, kann es keine differenzierte Meinung geben, die konsensfäig ist.
Ich bin nicht sicher, ob ich Dich hier richtig verstehe, aber eine "konsensfähige, differenzierte Meinung" erscheint mir als Widerspruch in sich. Der (nicht nur, aber besonders) deutsche Drang zu Konsens und Harmonie, am liebsten im Kollektiv, scheint mir ein großer Teil des Problems zu sein.
Zitat Du solltest mich mal wieder besuchen. Aktuell wäre es gerade erlaubt :-)
Und wie wäre es mit einem Gegenbesuch? Wir hier im Sauerland sind leidlich spucktuchfrei und auch sonst, wie berichtet, eher dissident mit Blick auf Düsseldorfer Weisungen :-)
Zitat von F.Alfonzo im Beitrag #88Man kann das Dilemma schwer einschätzbarer Eintrittswahrscheinlichkeiten von darüberhinaus auch noch subjektiv wahrgenommenen Risiken sehr oft dadurch umgehen, dass man die politischen Maßnahmen daraufhin analysiert, ob sie überhaupt dazu in der Lage sind das Problem zu lösen.
Völlige Zustimmung, lieber Fonzo. Alles, was ich oben geschrieben habe, bezieht sich auf die qualitative und quantitative Einschätzung der Konsequenzen von Politik und macht keinerlei Aussage über deren Sinnhaftigkeit.
Zitat von Doeding im Beitrag #89Das stimmt natürlich, lieber nsn, aber das ist ja letztlich auch das Wesen einer Heuristik.
Es war spät und ich müde. Woruf ich hinauswollte war, dass Extremwerte häufiger auftreten als die Verteilung glauben machen möchte. Im 20. Jahrhundert gab es einige. Wenn man Leid der Menschen als Maßstab nimmt, konnte man Bertha schon vernehmen: 1. und 2. Weltkrieg, Weltwirtschaftskrise zum Beispiel. Wenn man damit diskontiert, was in Deutschland heute als Katastrophe empfunden wird, könnte man ihr fast einen Dauerton untesstellen .
Zitat von Doeding im Beitrag #89war das je wirklich anders, z. B. in der Adenauerzeit
Jetzt habe ich nie in der Adenauerzeit gelebt und kann das nicht beantworten. Ich glaube aber, dass man zwischen (inhalticher) Polarisierung und Moralisierung unterscheiden sollte. In der alten Bundesrepublik, ging es nicht ganz so schnell damit, sich als Persona non grata wiederzufinden, die außerhalb des "akzeptierten moralischen Wertefundamentes" steht. Schau dir als Beispiel an, was mit Palmer gerade geschieht. Man würde ihn gerne aus der Partei werfen. Man ist heute nicht nur sehr schnell inhaltlich im Abseits, sondern obendrein noch ein Unmensch.
Schau dir mal auf Youtube alte Interviews mit poltischen Personen von Güther Gaus im ÖRR der 50er und 60er an. Zum Beispiel das Interview mit Strauss. Inhaltich waren die sicher über Kreuz, aber sehr respektvoll im Umgang. Oder auch das Gespräch mit Dutschke. Dieses Sachlichkeit im Umgang findet man heute kaum mehr im politischen Diskurs. Schon gar nicht im ÖRR, der in meinen Augen bei dieser Moralsierung eine große Rolle spielt. Auch meiner Erinnerung aus den 80ern ist noch, dass nicht in dem Maße wie heute die moralische Ächtung das inhaltliche Urteil ersetzte. Aber diese Einschätzung kann natürlich daneben liegen. Allgemein habe ich aber an vielen Stellen den Eindruck, dass sich anstelle von Interessenkonflikten ein Freund / Feind Denken in fast allen Politikbereichen herausgebildet hat.
Zitat von Doeding im Beitrag #89Ich bin nicht sicher, ob ich Dich hier richtig verstehe, aber eine "konsensfähige, differenzierte Meinung" erscheint mir als Widerspruch in sich.
Oh, ja. Es war sehr spät und ich sehr müde. Was ich eigentlich sagen wollte war: Einen "konsensfähigen, differenzierten (politischen) Kompromiss", welcher die Meinungen sinnvoll ausgleicht.
Zitat von Doeding im Beitrag #89Und wie wäre es mit einem Gegenbesuch?
Das sollten wir wirklich besprechen. Ich melde mich mal bei dir. - Du weißt: ich liebe Dissidenten.
Herzlich
nachdenken_schmerzt_nicht
"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu
Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #91Schau dir mal auf Youtube alte Interviews mit poltischen Personen von Güther Gaus im ÖRR der 50er und 60er an. Zum Beispiel das Interview mit Strauss. Inhaltich waren die sicher über Kreuz, aber sehr respektvoll im Umgang. Oder auch das Gespräch mit Dutschke. Dieses Sachlichkeit im Umgang findet man heute kaum mehr im politischen Diskurs. Schon gar nicht im ÖRR, der in meinen Augen bei dieser Moralsierung eine große Rolle spielt. Auch meiner Erinnerung aus den 80ern ist noch, dass nicht in dem Maße wie heute die moralische Ächtung das inhaltliche Urteil ersetzte. Aber diese Einschätzung kann natürlich daneben liegen. Allgemein habe ich aber an vielen Stellen den Eindruck, dass sich anstelle von Interessenkonflikten ein Freund / Feind Denken in fast allen Politikbereichen herausgebildet hat.
Ja, da ist mir, glaube ich, etwas durcheinander gegangen, nämlich Freiheit in der politischen Kultur vs. Freiheit im gesellschaftlichen Klima. Ich kenne viele der Gaus-Interviews, und sie sind, auch Jahrzehnte später, eine absolute Wohltat! Wie man Worte wägen konnte; Nachdenkpausen setzen (bei Schmidt allerdings meist aus rhetorischem Kalkül ;) usw. Undenkbar in Zeiten der Talkshows.
Wenn man sich dann aber umgekehrt die völlig prüde Sexualmoral jener Jahre anschaut (eine teilentblößte Brust der Knef in „Die Sünderin“ hat damals einen veritablen Skandal ausgelöst). Daß Homosexualität zwischen Männern bis 1969 hart strafverfolgt worden und der entsprechende §175 erst 1994 endgültig gestrichen worden ist, halte ich für einen schweren Geburtsfehler der frühen BRD und für ein Nachglimmen der Nazidiktatur (auch wenn damals auch andere Länder noch ähnliche Bestimmungen gehabt haben). Ein Rätsel für mich, wie man diese krasse Ungleichbehandlung von Männern und Frauen vor dem Gesetz damals als offensichtlich verfassungskonform betrachten konnte. Der Staat war insgesamt viel autoritärer; Kinder wurden in aller Öffentlichkeit gezüchtigt, auch in der Schule. Das sind nur wenige Beispiele, wegen denen ich jedenfalls nicht in der Adenauer-Ära leben wollte, trotz der insgesamt respektvolleren politischen Kultur. Wobei Adenauer z. B. mit seinem „Herr Brandt alias Frahm schon auch Liebenswürdigkeiten von sich geben konnte.
Ich glaube, daß die 80er in Westdeutschland in der Schnittmenge zwischen pol. Freiheit/Kultur und individueller Freiheit tatsächlich das „goldene Jahrzehnt“ der Bundesrepublik gewesen ist, aber eben auch die Geburtsstunde der Grünen, die damals freilich noch mit einem Franz Josef Strauß klarkommen mußten.
Zitat von Doeding im Beitrag #92Freiheit in der politischen Kultur vs. Freiheit im gesellschaftlichen Klima. [...] Wenn man sich dann aber umgekehrt die völlig prüde Sexualmoral jener Jahre anschaut [...] Daß Homosexualität zwischen Männern bis 1969 hart strafverfolgt wurde... [...] Der Staat war insgesamt viel autoritärer; Kinder wurden in aller Öffentlichkeit gezüchtigt, auch in der Schule.
Hier vergleichst du aber zwei unterschiedliche Dinge die möglicherweise in Wechselwirkung stehen.
Was hälst du von der These:
Der Umstand, dass das Diskussionsklima weniger konformistisch und freier in der Debatte war führte dazu, dass sich die Gesellschaft freier entwickeln konnte. Natürlich konnte Deutschland nach dem Krieg nicht sofort eine liberale Gesellschaft sein. Aber die sich entwickelnde politische Kultur ermöglichte es, eine zu werden.
Heute haben wir eine andere politische Kultur, welche den Diskurs konformistisch einengt und diese - das ist meine These - bedroht unsere freiheitliche, liberale Gesellschaft. Sie könnte errungene Freiheiten zurückentwickeln. Natürlich wird die Iliberalität anders aussehen, als die in dem 50ern. Aber das ist ja nicht der Punkt.
Hir möchte ich gerne mein Lieblingszitat von Petz anbringen: "Gegen eine Grüne Großstadt WG ist ein Kathäuserkloster eine Hippie Veranstaltung."
Herzlich
nachdenken_schmerzt_nicht
"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu
Die viel interessantere Frage sehe ich allerdings darin, warum wir so in Extrempositionen verharren.
)
Das war meine Frage! Die stellt sich mir hier recht dringend. Ich sage ganz platt: Wir leben heute in der besten aller Welten seit je. Woher kommt diese Untergangsstimmung?
Die viel interessantere Frage sehe ich allerdings darin, warum wir so in Extrempositionen verharren.
Das war meine Frage! Die stellt sich mir hier recht dringend. Ich sage ganz platt: Wir leben heute in der besten aller Welten seit je. Woher kommt diese Untergangsstimmung?
Weil diese beste aller Welten gerade gegen die Wand gefahren wird?
Die viel interessantere Frage sehe ich allerdings darin, warum wir so in Extrempositionen verharren.
Das war meine Frage! Die stellt sich mir hier recht dringend. Ich sage ganz platt: Wir leben heute in der besten aller Welten seit je. Woher kommt diese Untergangsstimmung?
Weil diese beste aller Welten gerade gegen die Wand gefahren wird?
Ich möchte mich nicht zu intensiv mit diesem Aspekt beschäftigen. Vor allem deswegen, weil die Beiträge der letzten Tage bei mir den Eindruck hinterlassen haben, dass bei den abschiedsbereiten Teilnehmern der Entschluss feststeht. Nur drei kleine Anmerkungen:
1. Was stört eigentlich mehr: Wenn man selbst nicht schreiben darf, was man denkt -- oder wenn andere etwas schreiben, was einen stört?
Ich persönlich komme mit gelegentlichen verbalen Ausrutschern sehr gut klar, so lange auch bei mir nicht jedes Wort auf die Goldwaage gelegt wird. Zumal sehr strenge Nettiquette auch immer das Saatkorn der Ungerechtigkeit in sich tragen. Wer kontrolliert, WIE es etwas gesagt wird, kontrolliert eben auch, WAS gesagt wird.
2. Warum genau liegen bei manchen die Nerven blank?
Die Frage beschäftigt mich seit Tagen. Hier in ZkZ habe ich noch keine üblen Beschimpfungen gelesen. Sondern es werden lediglich Beiträge kritisiert und als beleidigend empfunden, in denen thematisiert wird, wie Mitforisten persönlich bei einem Thema betroffen sind. Ja, klar, dabei werden auch mal Ziele oder Motive unterstellt. Aber so ganz verstehe ich nicht, weswegen da gleich die Nerven blank liegen.
Wer hier schreibt hat doch in den allermeisten Fällen bereits viele Lebensjahrzehnte hinter sich und musste sich behaupten.
Wenn ich betroffen bin und mir eine Unterstellung zu weit geht, dann rücke ich das eben grade.
3. "Extrempositionen" werden hier gesehen?
Bemerkenswert. Ich habe einen anderen Eindruck. Zum einen scheint in meiner Jugend es noch ganz andere Vorstellungen gegeben zu haben, was extreme Positionen sind. Zum anderen scheinen andere Länder, sofern sie nicht in Teil der wachsenden Anzahl sozialistisch-autoritärer Länder sind, andere Vorstellungen von extremen Positionen in der Diskussion zu haben.
Was ist denn "extrem" an der Behauptung, Merkel ruinieren Deutschland? Das ist absolut normal in anderen Ländern, dass die oberste Exekutive scharf kritisiert wird und dabei auch die persönliche Befähigung des Amtsinhabers bezweifelt wird. Oder die Motive in Frage gestellt werden. Was ist denn "extrem" an der Behauptung, mindestens die Menschheit, wenn nicht das ganze Sonnensystem sei durch den Klimawandel bedroht?
Hallo? Ich bin Atheist. Aus meiner Perspektive bin ich umgeben von einer Menschheit, die zu 90% aus Lebewesen besteht, die ihre irrationalen Traumwelten als Realität, Wahrheit und Gesetz betrachten. Die den Rest der Menschheit etwas verbieten oder zu etwas zwingen wollen, weil sie einen Gott in einem brennenden Busch gesehen haben wollen oder ein machthungriger Kamelreiter seinen Eroberungsfeldzug durch göttliche Weisung legitimieren will.
Extrempositionen..... pfffft.... wenn ich mich jedes Mal aufregen würde, weil jemand an Chemtrails, Globuli, unsichtbare Drachen, göttliche Weisungen oder Reinkarnation glaubt....
ICH bin in dieser real existierenden Menschheit die Extrempositionen, weil ich NICHT an all das glaube. Ok, ich schweife ab, das wollte ich ja grade nicht.
Also meine These: so extrem finde ich das alles hier nicht.
___________________ Jeder, der Merkel stützt, schützt oder wählt, macht sich mitschuldig.
Zitat von Frank2000 im Beitrag #97Werte Mitforisten,
Ich möchte mich nicht zu intensiv mit diesem Aspekt beschäftigen. Vor allem deswegen, weil die Beiträge der letzten Tage bei mir den Eindruck hinterlassen haben, dass bei den abschiedsbereiten Teilnehmern der Entschluss feststeht. Nur drei kleine Anmerkungen:
1. Was stört eigentlich mehr: Wenn man selbst nicht schreiben darf, was man denkt -- oder wenn andere etwas schreiben, was einen stört?
...
Wer hier schreibt hat doch in den allermeisten Fällen bereits viele Lebensjahrzehnte hinter sich und musste sich behaupten.
Wenn ich betroffen bin und mir eine Unterstellung zu weit geht, dann rücke ich das eben grade.
Verstehe ich auch nicht. Gerade wenn ich der Meinung bin, die anderen liegen mit ihren Positionen falsch, macht doch ein Rückzug überhaupt gar keinen Sinn. Vielmehr wäre es doch gerade dann für alle Seiten ein Gewinn, meine alternative Sichtweise vorzustellen und zu begründen.
Das nur mal so als Einwurf. Ich schreibe nicht viel, aber lese meistens mit.
Zitat von Frank2000 im Beitrag #97 Also meine These: so extrem finde ich das alles hier nicht.
Werter Frank2000,
so geht es mir auch. Ich finde es hier auch nicht besonders extrem - der Unterschied zu "früher" bewegt sich für mich auf einer anderen Ebene.
Ich suche vor allem Informationen, und das mit nicht allzu großem Aufwand. Dafür war "Zettels Raum" immer eine gute Quelle. Sehr informativ waren für mich z.B. die beiden Artikel zur "Corona-App". Natürlich lese ich auch gerne Polemiken, die schon immer einen wesentlichen Teil der Beiträge ausmachten. Die gibt es aber anderswo auch.
Ein paar Beispiele, wo ich eine Veränderung sehe:
- "Früher" hätte man hier diskutiert, ob und wie man aus der "Nowcasting"-Studie des RKI trotz ihrer Mängel etwas ableiten kann. Heute steht hier "RKI-Studie beweist, dass Lockdown sinnlos war." (Neben der Dunkelziffer ist ein gravierender Mangel der Studie, dass nicht berücksichtigt wurde, dass der starke Anstieg Anfang März zum großen Teil gar nicht auf ein Infektionsgeschehen im Inland zurückzuführen war, sondern auf die Einreise von Infizierten. Dadurch war m.E. der Reproduktionsfaktor in der ersten Märzhälfte nie so hoch wie angegeben und ist folglich auch nicht so stark zurückgegangen).
- Wenn Alexander Kekulé im öffentlich-rechtlichen Rundfunk in drei Minuten begründet, warum die höheren Todesraten zum jetzigen Zeitpunkt nicht gegen den schwedischen Weg sprechen, dann ist das für mich deutlich interessanter als ein Lamentieren über eine vor dem schwedischen Modell in Panik zitternde Bundesregierung, die ihre Propagandabataillone auf die armen Schweden einprügeln lässt (von mir verkürzte und zugespitzte Darstellung von Raum- und Zimmerbeiträgen).
- Es gibt im Internet viele Artikel aus unterschiedlichsten Richtungen, die auf der Überzeugung des Autors beruhen, dass alle anderen doof/verrückt/besoffen/manipuliert/Nazis sind. Ich lese diese Artikel nicht mehr, weil es sich nach meiner Erfahrung in 99% der Fälle nicht lohnt. Wenn dieser Artikel hier von einem seit langem geschätzten Autor kommt, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass es sich doch lohnt, zwar etwas an, erreicht aber bei weitem nicht 50%.
Ein Thema, dass mich sehr interessiert, ist das Verbot von Großveranstaltungen, insbesondere Fussballspielen. Ich habe dazu eine Auswertung zu den Spielorten am letzten Bundesligatag und den Todesraten nach Heim- und Auswärtsspielen erstellt. Vor 4 Wochen hätte ich das hier zur Diskussion gestellt, ob man trotz meiner vereinfachenden Annahmen daraus einen Zusammenhang ableiten kann. Das tue ich heute nicht mehr - ich würde wahrscheinlich Antworten erhalten, dass das an der Luftverschmutzung liege (Bengalos?), und überhaupt in Hamburg habe ja Dr. Püschel... usw.
Zettels Raum ist also für mich deutlich weniger informativ geworden. Das ist nicht weiter schlimm, es ist ganz sicher nicht die Aufgabe der Autoren, so zu schreiben, dass es meine speziellen Informationsbedürfnisse befriedigt. Und es gibt ja viele Leserinnen und Leser, die die Beiträge im aktuellen Stil sehr schätzen.
Zitat von Frank2000 im Beitrag #97 Also meine These: so extrem finde ich das alles hier nicht.
Ein Thema, dass mich sehr interessiert, ist das Verbot von Großveranstaltungen, insbesondere Fussballspielen. Ich habe dazu eine Auswertung zu den Spielorten am letzten Bundesligatag und den Todesraten nach Heim- und Auswärtsspielen erstellt. Vor 4 Wochen hätte ich das hier zur Diskussion gestellt, ob man trotz meiner vereinfachenden Annahmen daraus einen Zusammenhang ableiten kann. Das tue ich heute nicht mehr - ich würde wahrscheinlich Antworten erhalten, dass das an der Luftverschmutzung liege (Bengalos?), und überhaupt in Hamburg habe ja Dr. Püschel... usw.
Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie Ihre Auswertung hier doch noch zur Diskussion stellten; zumindest ich verspreche auch polemische Abstinenz
Ansonsten würde ich mir wünschen, daß es hier jetzt nicht zu einer ausufernden Metadiskussion kommt, denn auch diese sind einem Forum und seiner inhaltlichen Qualität normalerweise nicht sehr zuträglich. Wenn mir also dieser Vorschlag erlaubt ist, würde ich sagen: zurück zur Sache.
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