Sie sind vermutlich noch nicht im Forum angemeldet - Klicken Sie hier um sich kostenlos anzumelden  

ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



Sie können sich hier anmelden
Dieses Thema hat 87 Antworten
und wurde 6.395 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2 | 3 | 4
Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 13.905

25.12.2020 17:23
#26 RE: Alle reden vom impfen. Wir auch. Antworten

Zitat von F.Alfonzo im Beitrag #24

Ich war von Anfang an der Meinung, dass die bestmögliche Schutzstrategie darin besteht, die Risikogruppen weitestgehend zu isolieren und bei Bedarf zu behandeln, und ansonsten alles möglichst unberührt weiterlaufen zu lassen


Das hat nur einen kleinen, aber nicht ganz unwichtigen Nachteil: es funktioniert schlicht nicht. Jedenfalls nicht, wenn es um Kohorten in fünfstelliger Zahl oder mehr geht. Dann haben Sie das Problem auf Dauer gestellt und können sicher sein, daß es über kurz oder lang auchc in die Risikogruppen eingetragen wird. Irgendwo schleift es unweigerlich, angesichts des krummen Holzes, aus dem nach Kant die Menschheit geschnitzt ist. Ein Bäckerbote bringt die Brötchen doch in die Altenheinküche, und das Rest ist angewandte Mathematik. Es hat sich gezeigt, das Eradikation der einzig praktische Weg ist, und wirkliche Prophylaxe nur über Durchseuchung zu haben ist beim Stand der Dinge; vorzugsweise über die Impfung.

Es gibt hier eine finster-ironische Volte des Weltgeistes (die ich, als Hegelianer wider Willen, grimmig anerkenne): wir sehen die drastische Einschränkung von Freiheitsrechten, und das Risiko, daß das auf einen Dauerzustand umgestellt wird, ist gegeben. Nur ist die kurzfristige drastische Beschränkung Grundvoraussetzung, die Begründung dieser Einschränkung loszuwerden.



"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire

Martin Offline



Beiträge: 4.129

25.12.2020 18:10
#27 RE: Alle reden vom impfen. Wir auch. Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #26
Zitat von F.Alfonzo im Beitrag #24

Ich war von Anfang an der Meinung, dass die bestmögliche Schutzstrategie darin besteht, die Risikogruppen weitestgehend zu isolieren und bei Bedarf zu behandeln, und ansonsten alles möglichst unberührt weiterlaufen zu lassen


Das hat nur einen kleinen, aber nicht ganz unwichtigen Nachteil: es funktioniert schlicht nicht.
Woher wissen Sie, lieber Ulrich Elkmann, wie die Arbeit vor Ort genau aussieht, dass, und seit wann die 'Schutzstrategie' umgesetzt wird. Es gibt dazu wenig Information, wenn man nicht persönlich mit den Menschen spricht, die an der Front, speziell der Pflege, arbeiten.

Gruß
Martin

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 13.905

25.12.2020 18:39
#28 RE: Alle reden vom impfen. Wir auch. Antworten

Ich habe Leute im Bekanntenkreis, die im Pflegebereich tätig sind. Das ist natürlich nur eine Punktaufnahme; ich nehme aber an, daß es woanders nicht viel anders aussieht. Nur ist das vom Personalstand her natürlich alles nur auf Kante genäht. Bei uns hier sieht das nach dem Schleusenprinzip aus. Die Pflegekräfte werden täglich getestet (in den Krankenhäusern ebenso), das ist aber auch erst seit etwa 6 Wochen so; die Anlieferungen (Lebensmittel, Medikamente) werden in einem getrennten Bereich abgestellt. Bislang hat das hier im Kreis recht gut funktioniert. Nur sind eben die Tests nicht absolut zuverlässig, und diese Art von Routine läßt sich einfach nicht zu 100% und über endlose Monate durchhalten. Der Schutz durch die Masken und Handschuhe ist zwar, nach dem, was wir wissen, effektiv, aber eben auch nicht zu 100%. Da kommen auf eine Pflegekraft auf 30-40 Bewohner; eine rigide Kontaktminimierung ist unter den Umständen illusorisch. Wir sehen das ja gerade wieder an Sachsen: sobald da ein Eintrag ist, wirkt das wie ein Flächenbrand.



"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire

Martin Offline



Beiträge: 4.129

25.12.2020 22:37
#29 RE: Alle reden vom impfen. Wir auch. Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #28
Ich habe Leute im Bekanntenkreis, die im Pflegebereich tätig sind. Das ist natürlich nur eine Punktaufnahme; ich nehme aber an, daß es woanders nicht viel anders aussieht. Nur ist das vom Personalstand her natürlich alles nur auf Kante genäht. Bei uns hier sieht das nach dem Schleusenprinzip aus. Die Pflegekräfte werden täglich getestet (in den Krankenhäusern ebenso), das ist aber auch erst seit etwa 6 Wochen so; die Anlieferungen (Lebensmittel, Medikamente) werden in einem getrennten Bereich abgestellt. Bislang hat das hier im Kreis recht gut funktioniert. Nur sind eben die Tests nicht absolut zuverlässig, und diese Art von Routine läßt sich einfach nicht zu 100% und über endlose Monate durchhalten. Der Schutz durch die Masken und Handschuhe ist zwar, nach dem, was wir wissen, effektiv, aber eben auch nicht zu 100%. Da kommen auf eine Pflegekraft auf 30-40 Bewohner; eine rigide Kontaktminimierung ist unter den Umständen illusorisch. Wir sehen das ja gerade wieder an Sachsen: sobald da ein Eintrag ist, wirkt das wie ein Flächenbrand.

Eine Verwandte meinerseits arbeitet in der ambulanten Pflege. Den Zustand habe ich hier geschildert: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote (4)
Ich wohne in unmittelbarer Nähe eines großen Pflegeheims, da gab es vor Wochen Corona-Fälle. Das wurde kein Flächenbrand. Ich habe mich auch heute mit Bekannten unterhalten, die zustände aus Pflegeheimen kennen. Sie sagen, dass bis vor wenigen Wochen der Umgang noch relativ lax war. Da ich lange genug in Qualitätsmanagement gearbeitet habe und üblichen Schlendrian ganz gut kenne, habe ich einfach so pauschal kein großes Vertrauen. Ist man vor Ort und beobachtet genau, wie die Leute arbeiten, dann sieht man mehr. Gerade wird berichtet, dass sich in einem großen Testlabor in GB mehrere Teams infiziert haben: Sicherheitsmaßnahmen seien nicht eingehalten worden.

Und nebenbei, weil das gerade die Runde macht: Die WHO hat die Definition von Herdenimmunität geändert. Von

Zitat
Herd immunity is the indirect protection from an infectious disease that happens when a population is immune either through vaccination or immunity developed through previous infection. This means that even people who haven’t been infected, or in whom an infection hasn’t triggered an immune response, they are protected because people around them who are immune can act as buffers between them and an infected person. The threshold for establishing herd immunity for COVID-19 is not yet clear.

in

Zitat
‘Herd immunity’, also known as ‘population immunity’, is a concept used for vaccination, in which a population can be protected from a certain virus if a threshold of vaccination is reached.

Herd immunity is achieved by protecting people from a virus, not by exposing them to it. Read the Director-General’s 12 October media briefing speech for more detail.
Vaccines train our immune systems to develop antibodies, just as might happen when we are exposed to a disease but – crucially – vaccines work without making us sick. Vaccinated people are protected from getting the disease in question. Visit our webpage on COVID-19 and vaccines for more detail.As more people in a community get vaccinated, fewer people remain vulnerable, and there is less possibility for passing the pathogen on from person to person. Lowering the possibility for a pathogen to circulate in the community protects those who cannot be vaccinated due to other serious health conditions from the disease targeted by the vaccine. This is called ‘herd immunity’.‘Herd immunity’ exists when a high percentage of the population is vaccinated, making it difficult for infectious diseases to spread, because there are not many people who can be infected. Read our Q&A on vaccines and immunization for more information.



Merken Sie was? Soll den Impf-'Häschern' niemand entgehen?

Gruß
Martin

Frank2000 Offline




Beiträge: 3.336

26.12.2020 00:28
#30 RE: Alle reden vom impfen. Wir auch. Antworten

Zitat von hubersn im Beitrag #21


In unserer Gesellschaft ist es absolut üblich, dass von Gruppe A etwas gefordert wird, um Gruppe B zu helfen. "Ordentliches Risiko" ist zunächst mal eine unbelegte Hypothese, insbesondere was Kinder und Jugendliche angeht, wo deutlich weniger Komplikationen bei einer Impfung zu erwarten sind. "Aufnötigen" ist dann wohl ihre Vorhersage zu zukünftigen politischen Entscheidungen?




Werter hubersn,

Diese Forderung ist mMn der Kern des Corona-Streits. Und ich muss zugeben, dass ich in dramatisch zunehmender Geschwindigkeit weniger Lust habe, für die aktuellen Machthaber in diesem Staat Verfügungsmasse zu sein.
Als böser weißer Mann, bürgerlicher Vater und Steuerzahler sind meine Wünsche, Ziele und Forderungen an die Gesellschaft bestenfalls "Skurril" schlimmstenfalls "Nazi".

Die von mir bevorzugt gewählte Partei wird mit staatlichen Mitteln verfolgt, meine Meinungsfreiheit wird bedroht und eingeschränkt. Ich darf zwangsweise Staatsfunkpropaganda finanzieren, als "Demokratieabgabe". Mein bevorzugtes Verkehrsmittel Auto wird grade abgeschafft. Ich muss mit meinen Steuergeldern Millionen islamische Einwanderer finanzieren, sehr viele von denen Illegale. Ich muss durchgeknallte linke "Vereine" und "Aktivisten" finanzieren, darf also die Leute, die mich und meines gleichen jagen, auch noch dafür bezahlen. Linke radikale Sekten wie die Amadonie-Stiftung werden mit Steuergeldern zu Blockwarten aufgewertet.

Ein Impfzwang wäre ein schwerer Eingriff in die körperliche Souveränität. Möglicherweise kommt das nicht, aber dieser Regierung traue ich inzwischen absolut alles zu, wirklich alles, Merkel und Co pfeift auf den Rechtsstaat und die liberalen Wurzeln des GG. Das "alternativlose Handeln" führt auch Gulags ein, wenn die Spitze des Populismus Merkel sich davon Zustimmung erhofft. Aktuell wird schon die Bundeswehr im Inneren eingesetzt, das galt ja auch mal als Verfassungsbruch. Damals.

Solidarität? Ich habe keine mehr, dieses Land und seine hier länger und kürzer Lebenden interessiert mich Null. Ja, sicher, meine private Situation bedingt, dass der Staat mich erpressen und zwingen kann. Ich habe viel zu verlieren, Familie, Job, Haus. Ich kann nicht einfach aus diesem Staat fliehen. Aber freiwillig mache ich da nichts mehr.

Mit dem Impfen warte ich, bis die erste Million Beta-Tester durch ist. Und mein persönlichen Schutzmaßnahmen gegen Corona beruhen voll und ganz auf persönlichen Interessen. Das, was ich für sinnvoll halte, mache ich. Was ich für sinnlos halte, ignoriere ich (so lange kein größeres Risiko auf Bußgeld existiert).

Und so sollte es jeder machen. Ein Land, in dem die Bundeskanzlerin öffentlich angeekelt die Nationalflagge aus den Händen eines Parteikollegen reißt und wegwirft, hat keine Solidarität mehr verdient.

___________________
Jeder, der Merkel stützt, schützt oder wählt, macht sich mitschuldig.
“Die gefährlichsten Unwahrheiten sind Wahrheiten mäßig entstellt”, Georg Cristof Lichtenberg

HR2 Offline



Beiträge: 1.008

26.12.2020 05:16
#31 RE: Alle reden vom impfen. Wir auch. Antworten

Die Corona-Maßnahmen aller Regierungen der Welt wollen nicht in das links/rechts Schema passen.
Mich amüsiert das mittlerweile. Diese Orienterungslosigkeit als Leser macht mir wirklich Spaß.

F.Alfonzo Online



Beiträge: 2.116

26.12.2020 15:02
#32 RE: Alle reden vom impfen. Wir auch. Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #26
Das hat nur einen kleinen, aber nicht ganz unwichtigen Nachteil: es funktioniert schlicht nicht.


Ich würde eher sagen: Es funktioniert nicht perfekt. Das dürfte aber auf jede Maßnahme zutreffen, inkl. dem Lockdown, sonst hätten wir jetzt nicht den Zweiten und trotzdem jede Menge Tote. Die Frage, die ich mir stelle ist: Welche Maßnahme ist am sinnvollsten. Und am wenigsten schädlich.

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 13.905

26.12.2020 17:52
#33 RE: Alle reden vom impfen. Wir auch. Antworten

OT.

Zitat von Frank2000 im Beitrag #30
dieses Land und seine hier länger und kürzer Lebenden interessiert mich Null.


Mit geht es exakt so; ich bin nur noch in dem Maße daran interessiert, in dem mein persönlichen Wohlergehen davon abhängig ist, daß die Infrastruktur und die nachgeordneten Institutionen dieses Landes halbwegs funktionieren, weil ich davon abhängig bin. Aber wir kommen hier an einen ganz entscheidenden Punkt. Ein Land, in dem eine große Mehrheit der Bürger keine Bindung mehr an ein Land, seine Geschichte, an das trotz allem überwölbende Nationale hat, dürfte keine Zukunft haben. Es dürfte auch sehr schnell dysfunktional werden. Es ist kein Geheimnis, daß ich davon überzeugt bin, daß wir gerade in diese vorletzte Phase des Zerfalls eingebogen sind, die die nächsten 10 Jahre bestimmen wird, bevor dann die reine Anarchie beginnt.

Eine Nation, die funktioniert, braucht solche Anknüpfungspunkte - im Guten wie im Bösen, solche "Gedächtnisorte" und kollektiven Erfahrungen, solche Punkte des Selbstverständnisses, die nicht diskutiert werden und allen Bürgern gemein sind. Ob es nun der Sturm auf die Bastille ist, die D-Mark oder "wir sind Weltmeister". Ohne eine solche Klammer haben wir nur noch eine atomisierte Gesellschaft. (Auch die "Anywheres" haben dergleichen: ihr Selbstbild als frei flottierende digitale Boheme, als Nomaden im Global Village, es ist nur erheblich niederschwelliger.) Wenn man, gerade mit Akademikern, zumal älteren, spricht, ist der Eindruck unausweichlich, daß etwa das, was man mal "Patriotismus" genannt hat, bruchlos auf die EU übertragen worden ist: ein geradezu instinktives Befürworten, ein Nichthinterfragen, ein Nichthinterfragen-KÖNNEN dieser für uns offenkundig dysfunktionalen Organisation. Aus dieser Sicht ist etwas wie der Brexit (oder auch die Sturheit der osteuropäischen Länder in Sachen Migrationspolitik) nicht mehr eine politische Entscheidung, und etwa gar eine pragmatisch gerechtfertigte, sondern eine Sünde. Das geht in tiefere Schichten als ein nüchtern-pragmatisches Kalkül. Offenkundig ist das ein essentieller Bestandteil für eine Gesellschaft, die über die Größe eines Kleinstaats hinausgeht.

Und ein Zyniker könnte den Eindruck gewinnen, daß bei uns alle diese Liens de mémoire gezielt diskreditiert und entsorgt worden sind. Und man könnte den Eindruck gewinnen, daß sie nicht nur diskreditiert worden sind (darunter essentielle Dinge wie die Aufklärung und die Wissenschaft, denen die Welt einzig verdankt, daß das Leben besser geworden ist), sondern daß man ganz gezielt "neue Ideale" gesetzt hat, die nicht nur nicht funktionieren, sondern gar nicht funktionieren KÖNNEN. Die schlechterdings uneinlösbar sind: die Gleichheit sämtlicher Menschen, ungeachtet ihrer Sozialisation und Herkunft, die Feinregulation des "Klimas", die unbedingte Weltrettung von Milliarden von Habenichtsen, das Ringelreihen um imaginäre Geschlechter. All diesen Befindlichkeiten, die das unter der Flagge der PC und BLM und "Gender" segeln, ist ja gemein, daß jedem, der sie distanziert betrachtet, auffällt, daß sie zwar mit Geschrei und Hektik, ach was: mit Hysterie, einhergehen, daß aber all dieser blinde Aktionismus genau nichts bewirkt, nichts ändert, außer rückgekoppelt die Hysterie noch weiter anzustacheln. Im Grunde ist selbst die Energiewende nur Freitagshüpfen in XXL. ("Nazis jagen" hätte ich auch noch auflisten können; der deutsche Patriotismus hat sich darauf reduziert.) Es wäre eine VT, wenn ich schreiben würde, das sei das Werk einiger finsterer Strippenzieher wie George Soros oder Klaus Schwab - obwohl solche Leute da unbezweifelbar die Gunst der Stunde nutzen. Ich halte das vielmehr für eine dem Westen inhärente Tendenz, für eine Dekadenzerscheinung, analog zu Freuds Postulat des "Todestriebs", um den Blutrausch des ersten Weltkriegs erklären zu können. Nur macht es diese Tendenz um nichts weniger real.



"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire

Llarian Offline



Beiträge: 7.027

26.12.2020 23:04
#34 RE: Alle reden vom impfen. Wir auch. Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #23
Zitat von hubersn im Beitrag #21
Bei einem Impfschaden ist mit einer kurzzeitigen Zunahme der Inzidenz zu rechnen.

Sonst würde er auch gar nicht als solcher gezählt. Wenn die Effekte nicht kurzfristig auftreten würden, könnte man auch keine Inzidenz feststellen. Hat man aber.
Zitat: Deutschlandweit 37 Verdachtsfälle als zusätzliche Inzidenzfälle würden sich in der Tat nicht auf die Prävalenz von Narkolepsie (ca. 40 pro 100.000) auswirken: das Impfrisiko in diesem Fall ist also zu vernachlässigen.

Leider stimmt nicht eine einzige dieser Zahlen, lieber Andreas. Zum einen sind es nicht 37 Verdachtsfälle sondern wohl eher 80. Die Zahl macht nur deshalb nicht so herrlich viel Sinn, weil wir nicht wissen wie viele Impfungen dem zugrunde liegen. Deswegen ist die andere Zahl, 1300 Fälle auf 30 Millionen Impfungen wohl deutlich sinnvoller zu betrachten. Also eine Inzidenz von etwa 4,3 pro 100.000. Die tätsächliche Prävelanz für Narkolepsie liegt dagegen nur bei geschätzten(!) 40 pro 100.000. Diagnostiziert ist dagegen nur ein Zehntel(!). D.h. die diagnostizierte Prävalenz ist "nur" 4. Und die musst Du in Kontext setzen zu den 1300 Fällen. Denn die sind gerade nicht geschätzt (denn würden wir die auch schätzen, könnte man hier auch problemlos 13.000 behaupten, denn man wird bei Geimpften kaum besser diagnostizieren als bei nicht Geimpften). Und damit kommt man dazu, dass dein Gesamtrisiko in deinem Leben an Narkolepsie zu erkranken ungefähr dem entspricht durch eine Impfung daran zu erkranken. Und das willst Du vernachlässigen?

Man kann die Zahl auch noch simpler betrachten: Nehmen wir wieder die 4,3 pro 100.000 Inzidenz. Das würde bedeuten bei 80 Millionen Deutschen, die zu impfen wären (darunter wollen wir es ja nicht machen), entsprächen etwa 3500 zusätzlichen Fällen von Narkolepsie. Nur durch die Impfung. 3500 Menschen mit einer schweren, unheilbaren Krankheit infiziert. Das willst Du vernachlässigen? Ernsthaft?

Llarian Offline



Beiträge: 7.027

26.12.2020 23:11
#35 RE: Alle reden vom impfen. Wir auch. Antworten

Zitat von HR2 im Beitrag #31
Die Corona-Maßnahmen aller Regierungen der Welt wollen nicht in das links/rechts Schema passen.

Nein, aber sie passen sehr gut in ein anderes Schema: Liberal und Liberallala. Entweder interessieren mich die Interessen aller Beteiligten und ich suche eine Lösung mit der alle leben können und wollen, oder ich pfeife darauf, was mit den anderen ist, so lange es meine Interessen nicht tangiert (aus politischer Sicht die Interessen der Mehrheit). Die Corona-Maßnahmen und vor allem ihre Begründungen passen (mit wenigen Ausnahmen) in zweiteres Schema. Das ist nicht unbedingt links/rechts, wobei links im Regelfall schon ziemlich klar dazu aufgestellt ist. Im rechten und zentralen Lager dagegen fallen die Leute noch unter liberal zu sich selbst oder liberal allgemein.

Zitat
Diese Orienterungslosigkeit als Leser macht mir wirklich Spaß.


Ich würde es nicht Orientierungslosigkeit nennen. Die meisten Menschen haben schon klare Vorstellungen. Sie sind nur nicht immer kompatibel mit dem, für was sich Leute gerne verkaufen.

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

27.12.2020 10:18
#36 RE: Alle reden vom impfen. Wir auch. Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #34
Zitat von Doeding im Beitrag #23
Zitat von hubersn im Beitrag #21
Bei einem Impfschaden ist mit einer kurzzeitigen Zunahme der Inzidenz zu rechnen.

Sonst würde er auch gar nicht als solcher gezählt. Wenn die Effekte nicht kurzfristig auftreten würden, könnte man auch keine Inzidenz feststellen. Hat man aber.
Zitat: Deutschlandweit 37 Verdachtsfälle als zusätzliche Inzidenzfälle würden sich in der Tat nicht auf die Prävalenz von Narkolepsie (ca. 40 pro 100.000) auswirken: das Impfrisiko in diesem Fall ist also zu vernachlässigen.

Leider stimmt nicht eine einzige dieser Zahlen, lieber Andreas. Zum einen sind es nicht 37 Verdachtsfälle sondern wohl eher 80. Die Zahl macht nur deshalb nicht so herrlich viel Sinn, weil wir nicht wissen wie viele Impfungen dem zugrunde liegen. Deswegen ist die andere Zahl, 1300 Fälle auf 30 Millionen Impfungen wohl deutlich sinnvoller zu betrachten. Also eine Inzidenz von etwa 4,3 pro 100.000. Die tätsächliche Prävelanz für Narkolepsie liegt dagegen nur bei geschätzten(!) 40 pro 100.000. Diagnostiziert ist dagegen nur ein Zehntel(!). D.h. die diagnostizierte Prävalenz ist "nur" 4. Und die musst Du in Kontext setzen zu den 1300 Fällen. Denn die sind gerade nicht geschätzt (denn würden wir die auch schätzen, könnte man hier auch problemlos 13.000 behaupten, denn man wird bei Geimpften kaum besser diagnostizieren als bei nicht Geimpften). Und damit kommt man dazu, dass dein Gesamtrisiko in deinem Leben an Narkolepsie zu erkranken ungefähr dem entspricht durch eine Impfung daran zu erkranken. Und das willst Du vernachlässigen?

Man kann die Zahl auch noch simpler betrachten: Nehmen wir wieder die 4,3 pro 100.000 Inzidenz. Das würde bedeuten bei 80 Millionen Deutschen, die zu impfen wären (darunter wollen wir es ja nicht machen), entsprächen etwa 3500 zusätzlichen Fällen von Narkolepsie. Nur durch die Impfung. 3500 Menschen mit einer schweren, unheilbaren Krankheit infiziert. Das willst Du vernachlässigen? Ernsthaft?


Naja, du nimmst in Deiner Rechnung freilich mal eben die Verdachtsfälle als bestätigte Fälle an, aber sei es drum.
Ist halt eine Abwägungssache, wie alles, lieber Llarian. Wenn sich durch die Impfung mein persönliches Risiko, an Narkolepsie zu erkranken, von 0,0004 auf 0,0008 verdoppelt, habe ich überhaupt kein Problem damit (naja, jedenfalls kein kriegsentscheidendes ;) wenn ich im Tausch dafür mein altes Leben ohne Lockdown zurückbekomme und "nebenbei" eine ganze Reihe Covid-19-Toter nicht anfallen werden und die Wirtschaft nicht ganz vor die Wand fährt, so daß der 40jährige Angestellte, der sich ansonsten als Langzeitarbeitsloser in drei Jahren vor den Zug werfen wird (und in keiner einzigen Corona- oder Lockdownstatistik auftauchen wird), dies nicht mehr tun wird...usw.

Absolute Zahlen sind freilich immer erstmal sehr erschreckend, wie wir ja täglich vom RKI mit den "Hunderten" Covid-Toten demonstriert bekommen (die allerdings weiterhin keinen Unterschied zwischen "mit" und "an" machen. Man kann also positiv vor den Baum fahren und landet in der Statistik; völlig lächerlich) Manchmal sind aber die relativen Zahlen, sprich das Risiko, aussagekräftiger, wie ich finde.

Herzliche Grüße,
Andreas

How about another joke, Murray?

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 13.905

27.12.2020 23:54
#37 RE: Alle reden vom impfen. Wir auch. Antworten

Zum Stand der Dinge hier vor Ort zwei Pressemittelungen von heute. Tag 12 des harten Lockdowns. Als kleine Facette noch, daß unser Landkreis 440.000 Ew. zählt.

Zitat von Kreisveraltung Kreis Steinfurt, 27.12.
Pressemitteilung von Sonntag, 27. Dezember 2020 Kreis Steinfurt
7-Tage-Inzidenz der Corona-Neuinfizierten im Kreis Steinfurt liegt bei 135 – 50 Neuinfektionen zum Vortag

Es wurden 50 Neuinfektionen zum Vortag verzeichnet. Damit liegt die Gesamtzahl der bestätigten Infektionen mit dem Coronavirus im Kreis Steinfurt bei 7235 (7185) – das entspricht rund 1619 (1607) Infektionen pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern.

Aktuell befinden sich 916 (933) Infizierte in der Isolierung.

In Altenberge: 8 Personen (8)
In Emsdetten: 33 Personen (35)
In Greven: 56 Personen (58)
In Hopsten: 27 Personen (24)
In Hörstel: 42 Personen (40)
In Horstmar: 9 Personen (8)
In Ibbenbüren: 96 Personen (104)
In Ladbergen: 7 Personen (6)
In Laer: 9 Personen (9)
In Lengerich: 62 Personen (57)
In Lienen: 21 Personen (19)
In Lotte: 20 Personen (21)
In Metelen: 13 Personen (13)
In Mettingen: 33 Personen (36)
In Neuenkirchen: 19 Personen (23)
In Nordwalde: 59 Personen (55)
In Ochtrup: 35 Personen (41)
In Recke: 34 Personen (34)
In Rheine: 201 Personen (208)
In Saerbeck: 8 Personen (9)
In Steinfurt: 72 Personen (71)
In Tecklenburg: 29 Personen (31)
In Westerkappeln: 18 Personen (18)
In Wettringen: 5 Personen (5)



https://www.kreis-steinfurt.de/kv_steinf...ungen%20Corona/

Zitat von Landesregierung NRW, 27.12.
Das Land Nordrhein-Westfalen wird am Samstag, 26. Dezember 2020, mit den ersten 9.750 Impfdosen der Firma BioNTech beliefert. Eine weitere Lieferung in Höhe von 131.625 Impfdosen erfolgt am 28. Dezember 2020. Am 30. Dezember 2020 werden weitere 141.375 Impfdosen geliefert. Im Januar werden zunächst wöchentlich 141.375 Impfdosen an das Land Nordrhein-Westfalen ausgeliefert. Damit kann mit der Impfung gegen das Coronavirus wie geplant am kommenden Sonntag, den 27. Dezember 2020, begonnen werden. Die Verimpfung erfolgt zunächst ausschließlich über mobile Teams in stationären Pflegeeinrichtungen. Impfzentren werden zunächst noch nicht für die Impfung aktiviert. Dort wird erst dann mit dem Verimpfen begonnen, wenn ausreichend Impfstoff zur Verfügung steht.

Von den ersten 9.750 Impfdosen stehen pro Kreis und kreisfreier Stadt 180 Impfdosen zur Verfügung. Für jeden Kreis und jede kreisfreie Stadt benennen die Kassenärztlichen Vereinigungen dem Land die zunächst zu beliefernden Pflegeeinrichtungen.



https://www.land.nrw/de/pressemitteilung...rten-am-sonntag

Die ersten 90 Impfdosen sind heute übrigens an ein Altenstift (Bewohner und Pflegepersonal) in Emsdetten gegangen.



"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire

HR2 Offline



Beiträge: 1.008

28.12.2020 00:04
#38 RE: Alle reden vom impfen. Wir auch. Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #35
Zitat von HR2 im Beitrag #31
Die Corona-Maßnahmen aller Regierungen der Welt wollen nicht in das links/rechts Schema passen.

Nein, aber sie passen sehr gut in ein anderes Schema: Liberal und Liberallala. Entweder interessieren mich die Interessen aller Beteiligten und ich suche eine Lösung mit der alle leben können und wollen, oder ich pfeife darauf, was mit den anderen ist, so lange es meine Interessen nicht tangiert (aus politischer Sicht die Interessen der Mehrheit). Die Corona-Maßnahmen und vor allem ihre Begründungen passen (mit wenigen Ausnahmen) in zweiteres Schema. Das ist nicht unbedingt links/rechts, wobei links im Regelfall schon ziemlich klar dazu aufgestellt ist. Im rechten und zentralen Lager dagegen fallen die Leute noch unter liberal zu sich selbst oder liberal allgemein.



Ich will Ihnen hier gar nicht widersprechen. Ironisch ist ja, daß der linke Medien-Mainstream sonst Minderheiten auf ein Podest hebt und von dort oben Mehrheiten regieren will.
Die wollen wohl auch übersehen, daß sich der größte Block der Corona-Maßnahmen-Gegner aus Altgrünen rekrutiert. Die können wohl weg mit ihrer Vorstellung von Liberalität.
Peace und Kiffen ist längst out.

Nach Ihrem Befund ist die gesamte westliche Welt ziemlich illiberal/liberallala. Auf mich wirkt das relativierend in meinem Urteil.
Entscheidend ist, ob die Impfstoffe schlussendlich zum "Back to normal" führen, was Sie bezweifeln, wenn ich Sie richtig lese.
Ich warte das ab. Aber das Pulver ist trocken.

Llarian Offline



Beiträge: 7.027

28.12.2020 00:07
#39 RE: Alle reden vom impfen. Wir auch. Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #36
Naja, du nimmst in Deiner Rechnung freilich mal eben die Verdachtsfälle als bestätigte Fälle an, aber sei es drum.

Nee, nicht wirklich. Die 1300 haben ja durchaus etwas, das ist ja keine Hochrechnung wie sie bei den 40.000 Narkolepsie Fällen in der Prävalenz auftaucht. Das sind ja schon erkannte Probleme. Aber in der Tat, sei es drum.

Zitat
Ist halt eine Abwägungssache, wie alles, lieber Llarian. Wenn sich durch die Impfung mein persönliches Risiko, an Narkolepsie zu erkranken, von 0,0004 auf 0,0008 verdoppelt, habe ich überhaupt kein Problem damit (naja, jedenfalls kein kriegsentscheidendes ;) wenn ich im Tausch dafür mein altes Leben ohne Lockdown zurückbekomme und "nebenbei" eine ganze Reihe Covid-19-Toter nicht anfallen werden und die Wirtschaft nicht ganz vor die Wand fährt, so daß der 40jährige Angestellte, der sich ansonsten als Langzeitarbeitsloser in drei Jahren vor den Zug werfen wird (und in keiner einzigen Corona- oder Lockdownstatistik auftauchen wird), dies nicht mehr tun wird...usw.


Das kannst Du für Dich gerne so entscheiden. Das Problem liegt eher darin, dass für andere zu entscheiden. Ich habe ja absolut(!) nichts dagegen, wenn sich jeder impfen lässt, der will. Im Gegenteil. Ich bin ja ein genereller Anhänger dem Immunmedizin, ich bin gegen Dinge geimpft, die einige hier gar nicht mehr kennen, ich belasse es nicht bei Stiko Empfehlungen sondern habe locker ein halbes Dutzend mehr in meinem Pass. Nur: Das bin ich. Das sind keine Kinder. Und es ist noch einmal etwas ganz anderes einen Dritten dazu zu nötigen, ein solches Risiko einzugehen, dass ihn selber gar nicht betrifft. Das ist die Perversion. Ganz doof: Ich bin gegen Tollwut geimpft. Aus welchen persönlichen Gründen müssen wir nicht diskutieren. Dennoch komme ich klar zu der Aussage, dass es hirnlos, dumm, unnötig, teuer und blödsinnig wäre, wenn sich in Deutschland jeder gegen Tollwut impfen lassen müsste. Es macht einfach keinen Sinn. Für mich macht es Sinn. Und nur für mich.

Davon ab: Wer garantiert Dir eigentlich 0,0008? Sicher nicht das, was bis heute bekannt ist. Denn das ist das Problem: Ich unterstelle Glaxo Smith Kline keinesfalls, dass sie es gewusst haben, dass ihr Impfstoff diese Nebenwirkung mit sich bringen wurde. Sie wussten es schlicht nicht. Grünenthal hat nicht gewusst, was Contergan bewirken würde. Aber die Wirkungen waren am Ende trotzdem verheerend. Wir reden am Ende von einem Impfzwang (den man anders nennen wird) mit einem experimentellen Medikament, dessen Nebenwirkungen wir schlicht nicht kennen. Nicht kennen können. Jetzt ist in der Risikoabschätzung für jemanden, der betroffen ist, der von Corona gefährdet ist, das durchaus eine Entscheidung zu der man gut kommen kann. Aber für jemanden, der nicht von Corona gefährdet ist, ist die Abschätzung eine ganz andere. Und sie ist persönlich. "Take one for the team" erscheint mir nicht zielführend zu sein, schon gar nicht, wenn es um Bevölkerungsgruppen geht, die sich nicht wehren können.

Zitat
Manchmal sind aber die relativen Zahlen, sprich das Risiko, aussagekräftiger, wie ich finde.


Wenn sie denn stimmen. Mein Problem an der ganzen Diskussion oder Debatte ist diese wirklich abstossende Unehrlichkeit. Am Anfang wurde gnadenlos verharmlost, dann wurde gepanikt, gerade wie es politisch nützlich ist. Und immer werden die passenden Statistiken und Untersuchungen dazu frisiert. 900 Corona Tote pro Tag? Eine Katastrophe. Nein, wirklich. Das ist eine Katastrophe. Aber wie viele davon wären ohnehin gestorben? Das ist eine ganz zentrale Frage. An irgendwas stirbt der Mensch immer und grundsätzlich. Und das sind gerade am Ende oftmals Erkältungen, simple grippale Infekte und eben auch die Grippe. Jetzt ist es Corona. Das ist nicht ungewöhnlich und für sich kein Grund zur Panik. Entscheidend wäre eher die Frage, wie viele Leute sterben, die ohne Corona nicht gestorben wären. Und das sind mit Sicherheit weniger, wobei ich mir gar nicht anmaße, diese Frage sicher beantworten zu können. Aber alleine, dass sie gar nicht gestellt wird, und wenn dann nur in dunklen Bereichen des Netzes, sagt mir schon viel zu viel. Ich habe immer ein Auge auf die Sterbestatistiken von destasis. Und da haben wir eine Übersterblichkeit. Die ist nicht zu bestreiten. Aber sie ist nicht so katastrophal, wie sie in den Medien, Stichwort Blödzeitung, nach oben gepumpt wird. Das man Menschen, die an einem Herzinfarkt sterben, aber eben auch einen positiven Corona-Befund haben, als Corona-Tote zählt ist ja kein Zufall. Das ist so gewollt. Dafür muss man kein Verschwörungstheoretiker sein.

HR2 Offline



Beiträge: 1.008

28.12.2020 00:12
#40 RE: Alle reden vom impfen. Wir auch. Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #35

Zitat
Diese Orienterungslosigkeit als Leser macht mir wirklich Spaß.

Ich würde es nicht Orientierungslosigkeit nennen. Die meisten Menschen haben schon klare Vorstellungen. Sie sind nur nicht immer kompatibel mit dem, für was sich Leute gerne verkaufen.



Ich glaube nicht, dass die Menschen eine klare Vorstellung haben. Hinter der Mehrheit für den Lockdown kann auch viel Ratlosigkeit stecken.
Das erfasst ja keine Umfrage. Und ich leiste mir hier auch einen Luxus: Corona ist ein Thema zu dem ich keine explizite Meinung haben muss.
Das gönne ich mir einfach mal.

Llarian Offline



Beiträge: 7.027

28.12.2020 00:15
#41 RE: Alle reden vom impfen. Wir auch. Antworten

Zitat von HR2 im Beitrag #38
Nach Ihrem Befund ist die gesamte westliche Welt ziemlich illiberal/liberallala.

Leider. Das ist eine der größten Enttäuschungen meines Lebens (und diese geht weil über Corona hinaus). Die meisten Menschen der westlichen Welt (zumindest so weit ich das für Deutschland beurteilen kann) legen genau Wert auf die Freiheiten, die sie selber in Anspruch nehmen. Aber auch nur auf diese. Ich kann heute mit einem ehrlichen Kommunisten fast mehr anfangen als mit den etlichen sich liberal bezeichnenden Heuchlern, die nur die eigene Freiheit meinen. Die Freiheit eines anderen zu verteidigen, in einer Freiheit, die man selber nicht wahrnimmt und wahrnehmen will, das ist verdammt selten. Liberalala ist inzwischen der Normalzustand, liberal ist selten.

Zitat
Entscheidend ist, ob die Impfstoffe schlussendlich zum "Back to normal" führen, was Sie bezweifeln, wenn ich Sie richtig lese.


Das tue ich. Und verstehen Sie mich nicht falsch: Ich würde mir das wünschen. Ich glaube nur nicht daran. Weil das Problem das wir haben, das wir mit den Corona-Maßnahmen haben, nicht nur mit Corona zu tun hat. Eher nur am Rande. Corona ist nur die Begründung für eine Fehlentwicklung, die generell ein Problem ist. Und das kann kein Impfstoff der Welt lösen.

HR2 Offline



Beiträge: 1.008

28.12.2020 02:27
#42 RE: Alle reden vom impfen. Wir auch. Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #41
Zitat von HR2 im Beitrag #38
Nach Ihrem Befund ist die gesamte westliche Welt ziemlich illiberal/liberallala.

Leider. Das ist eine der größten Enttäuschungen meines Lebens (und diese geht weil über Corona hinaus). Die meisten Menschen der westlichen Welt (zumindest so weit ich das für Deutschland beurteilen kann) legen genau Wert auf die Freiheiten, die sie selber in Anspruch nehmen. Aber auch nur auf diese. Ich kann heute mit einem ehrlichen Kommunisten fast mehr anfangen als mit den etlichen sich liberal bezeichnenden Heuchlern, die nur die eigene Freiheit meinen. Die Freiheit eines anderen zu verteidigen, in einer Freiheit, die man selber nicht wahrnimmt und wahrnehmen will, das ist verdammt selten. Liberalala ist inzwischen der Normalzustand, liberal ist selten.




Die Linken (ja sehr pauschal der Begriff) machen sich in ihrem Selbstverständnis für Minderheiten stark,
wollen für diese selbstlos die Freiheiten erkämpfen, die sie selbst durch Geburt ohne Verdienst geniessen.
Ehrenwert?
Ich darf hier mal meinen Sohn (22) als Beispiel anführen?: Der versteht sich als Liberaler,
Mitglied der Julis, studiert Informatik, will viel Geld verdienen, USA nächstes Ziel (Silicon Valley ist links und macht die Kohle)
Wirtschaftspolitisch ist er liberal,
gesellschaftspolitisch wirft er mir Konservatismus und Illiberalität vor.
Hier mache ich keinen Stich...von Gender über Rassismus bis Klimawandel...keine Chance.
Das ist Zeitgeist! Als Optimist sehe ich den vorübergehen wie schlechtes Wetter.

P.S.: Erleben wir eine pubertäre Rebellion?

Yago Offline



Beiträge: 455

28.12.2020 07:45
#43 RE: Alle reden vom impfen. Wir auch. Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #39
Das ist so gewollt.


Hier würde sich auch die Argumentationsstrategie der Medien und Regierung einreihen.

Als die Kinder noch klein waren, behalf ich mich manchmal so, um die Diskusion abzukürzen: "Du ziehst die Leggins drunter (ohne Begründung, es ist kalt). Nimmst Du die rote oder die schwarze?" Die Antwort war "schwarz" und befasste sich nicht mehr mit dem Ausgangsproblem.

"Wir machen einen Lockdown. Schließen wir nur die Supermärkte oder auch noch den Buchladen?"
"Es wird geimpft. Zuerst die Altenpfleger, dann die Polizisten."
"Es kann geimpft werden. Können Sie schon jetzt einen Termin haben oder müssen Sie noch warten?"

Wenn nun noch zurtifft,

Zitat von Martin im Beitrag COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote
Es lohnt auch, auf Dr. Wodargs Webseite nachzuschauen: https://www.wodarg.com/

Er verweist auf die Chronologie gesetzlicher Maßnahmen, um Anreize für Kliniken zu schaffen https://telegra.ph/ITS-Bettenreduzierung-12-07

Wenn die 7-Tage-Inzidenz oder zu viel freie Bettenkapazität über finanzielle Zuwendungen entscheidet muss man Meldezahlen von Intensivbetten entsprechend bewerten.

Gruß
Martin


treibt jemand ein böses Spiel.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

28.12.2020 07:57
#44 RE: Alle reden vom impfen. Wir auch. Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #25
Erst, wenn Auffälligkeiten sich auch epidemiologisch signifikant häufen, wird man das vielleicht einer Impfung zuordnen können, es sei denn, die Wirkung ist so herausstechend wie die Conterganfolgen, sodass sich eine Ursache besser eingrenzen lässt.

Das adverse event reporting geht in den USA in die VAERS-database. Dort hat die Öffentlichkeit Zugang. https://wonder.cdc.gov/controller/datarequest/D8

Mediziner sind in den USA verpflichtet, 'adverse events' zu melden https://www.cvdvaccine-us.com/safety
Die USA sind hier besser organisiert, und vor allem transparenter, als die EU.

Ich bin vertrauter mit der MAUDE-database für Medizinprodukte, habe aber mal versucht, Einträge zum Pfizer-Biontech COVID-19 Impfstoff zu finden. Dann müsste auch ein Eintrag existieren zum Fall der Krankenschwester Tiffany Dover, die vor laufender Kamera kollabierte und sich seither lt. Faktencheckern noch lebt und sich lediglich privat zurückgezogen hat. Den Impfstoff habe ich leider in der VAERS-Liste nicht gefunden. Ich schreibe dies also lediglich, falls diese Recherchemöglichkeit unbekannt ist, und jemand selbst recherchieren möchte.

Die Datenbank wird realistischerweise lediglich Fälle erfassen, die zeitlich eng mit der Impfung passieren. Für die Erfassung von Langzeitwirkungen ist auch VAERS kaum geeignet. Selbst bei weniger komplexen Sachlagen, wie bei vielen Medizinprodukten, ist die Analyse von Meldungen aufwendig und nicht immer korrekt. Wer ein Produkt weltweit vertreibt hat in allen Zielmärkten Meldepflicht innerhalb weniger Tage, egal, wo ein Vorfall passiert. Danach muss mit dem Personal vor Ort der Sachverhalt geprüft werden. Da aber auch das Personal potentiell in Haftung sein kann (Fehlbedienung o.a.) verhindern Klinikanwälte oft einen offenen Informationsaustausch, Hersteller bekommen keinen Zugang zu Geräten, usw.. Das kann ein langwieriger Prozess werden.

Übertrage ich solche Erfahrungen auf millionenfache Impfungen, kann ich mir nicht vorstellen, dass diese sorgfältig abgearbeitet werden können. Beim COVID-19 Impfstoff kommt als Komplikation hinzu, dass die Handhabung mit einer Lagerung und Umpackung bei Tiefsttemperaturen zu potentiellen Fehlern (welche genau?) führen kann. War deshalb in GB davon die Rede, AI zur Auswertung einzusetzen?

Gruß
Martin

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

28.12.2020 09:51
#45 RE: Alle reden vom impfen. Wir auch. Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #41
Zitat von HR2 im Beitrag #38
Nach Ihrem Befund ist die gesamte westliche Welt ziemlich illiberal/liberallala.

Leider. Das ist eine der größten Enttäuschungen meines Lebens (und diese geht weil über Corona hinaus). Die meisten Menschen der westlichen Welt (zumindest so weit ich das für Deutschland beurteilen kann) legen genau Wert auf die Freiheiten, die sie selber in Anspruch nehmen. Aber auch nur auf diese. Ich kann heute mit einem ehrlichen Kommunisten fast mehr anfangen als mit den etlichen sich liberal bezeichnenden Heuchlern, die nur die eigene Freiheit meinen. Die Freiheit eines anderen zu verteidigen, in einer Freiheit, die man selber nicht wahrnimmt und wahrnehmen will, das ist verdammt selten. Liberalala ist inzwischen der Normalzustand, liberal ist selten.

Die Beobachtung teile ich. Wobei Ent-Täuschung ja begrifflich impliziert, daß man sich zuvor im Zustand eines Irrtums/einer Täuschung befunden hat; so gesehen ist man anschließend näher an der Wirklichkeit, weshalb ich ein ziemlicher Fan von Enttäuschungen bin.

Mal anders gefragt: steht die angenommene Tendenz zur Maximierung der eigenen Nutzenfunktion im Modell des Homo Oeconomicus das ja gerade in „liberalen“ Wirtschaftsmodellen angenommen wird, nicht im Widerspruch zur Verteidigung von Freiheitsrechten anderer, sofern sie einen selbst nicht interessieren oder gar im Wettbewerb zu anderen Freiheitsinteressen stehen?

Ein Beispiel. Als Anfang des Monats das Verkaufsverbot von Böllern beschlossen worden ist, hatte ich eine lupenreine Ambivalenzreaktion. Wir haben einen Hund, der jedes Jahr zu Silvester erkennbar durch seine eigene Hölle geht. Stundenlang; Freezereaktion, Harnverhalt, Zittern, alles, was dazugehört. Als Hundebesitzer zerreißt es einem das Herz. Dieser, sagen wir nutzenmaximierende, Teil in mir war erleichtert über das Verbot. Der andere Teil in mir war ehrlich empört und verärgert, da ich weiß (und ich unterstelle, daß das auch die Regierung inzwischen weiß), daß das Infektionsgeschehen unter freiem Himmel vollkommen zu vernachlässigen ist (egal ob Schulhöfe oder Querdenken-Demos). Dieser Teil von mir war sauer über diese weitere Freiheitseinschränkung meiner Mitbürger; einem Freiheitsrecht, von dem ich selbst nie Gebrauch machen würde. Dieser Teil ist aber gegenüber dem ersten Punkt eher weltanschaulich-abstrakt.

Ich sag mal so: ich würde nie ein Böllerverbot fordern oder dafür auf die Straße gehen. Ich würde nichtmal dafür unterschreiben oder so, da bin ich mir absolut sicher. Umgekehrt würde ich aber wohl auch nicht gegen ein Böllerverbot auf die Straße gehen.
Mein Beispiel spitzt die Frage natürlich ein wenig zu, da solche persönliche Zielkonflikte nicht die Regel sind. Erschreckender, und da teile ich wie gesagt Deine Beobachtung, ist die achselzuckende Gleichgültigkeit, mit der so viele Menschen die Suspendierung von Freiheitsrechten hinzunehmen scheinen, nicht nur wenn sie selbst nicht am konkreten Freiheitsrecht interessiert sind, sondern selbst gegenüber solchen Freiheitsrechten, die fast jeder gerne nutzt.

Aber hier gilt natürlich auch die eigene Nase: außer daß ich in meinem persönlichen Umfeld oder ab und zu hier mal rummotze oder mir lieber den Arm abhacken würde als in diesem Leben nochmal bestimmte Parteien zu wählen, mache ich nicht wirklich was dagegen. Gegen manche „Regelung“ verstoße ich absichtsvoll, wobei ich nicht immer ganz sicher bin, ob aus Dissidenz oder doch eher aus Faulheit.

Herzliche Grüße,
Andreas

How about another joke, Murray?

F.Alfonzo Online



Beiträge: 2.116

28.12.2020 11:06
#46 RE: Alle reden vom impfen. Wir auch. Antworten

Zitat von HR2 im Beitrag #42
USA nächstes Ziel (Silicon Valley ist links und macht die Kohle)


Silicon Valley ist demnächst nur noch links, die Kohle wandert mit den Firmen ab - der Exodus ist schon voll in Fahrt. Sozialismus halt, funktioniert wie üblich nur mit Mauer und Gewalt. Schockierenderweise auch beim 2.314. Versuch...

Zitat von HR2 im Beitrag #42
gesellschaftspolitisch wirft er mir Konservatismus und Illiberalität vor.


Nun, 22 ist kein Alter. Bei mir hat es auch wesentlich länger gedauert, bis ich realisiert habe das Liberalismus nicht gleichbedeutend damit ist ALLES zu dulden, weil das unweigerlich dazu führt dass die Macht von Leuten übernommen wird die ihn mit allen Mitteln bekämpfen. In Ihrem Sohn steckt noch zu viel jugendliche Linksdenke. Die verschwindet idR aber mit zunehmender Lebenserfahrung.

F.Alfonzo Online



Beiträge: 2.116

28.12.2020 11:36
#47 RE: Alle reden vom impfen. Wir auch. Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #45
Mal anders gefragt: steht die angenommene Tendenz zur Maximierung der eigenen Nutzenfunktion im Modell des Homo Oeconomicus das ja gerade in „liberalen“ Wirtschaftsmodellen angenommen wird, nicht im Widerspruch zur Verteidigung von Freiheitsrechten anderer, sofern sie einen selbst nicht interessieren oder gar im Wettbewerb zu anderen Freiheitsinteressen stehen?


Nicht zwangsläufig, denn "Nutzen" ist hochgradig individuell und kann letztendlich aus so gut wie allem gespeist werden (man denke an Leute, die dafür bezahlen ausgepeitscht zu werden ). Das Modell ist so konstruiert dass es jegliche Ausprägung persönlicher Vorlieben abdeckt; ansonsten wäre es auch ziemlich nutzlos. Es ist also durchaus im Bereich des möglichen, dass jemand seinen Nutzen dadurch maximiert sieht dass er sich gegen (reale oder gefühlte) Ungerechtigkeit einsetzt und dafür vielleicht auch persönlich Nachteile in Kauf zu nehmen bereit ist. Ich glaube sogar, dass das auf die meisten Menschen zutrifft.

Die Frage dürfte eher sein, ab welchem Punkt die Nachteile anderer als nicht mehr tragbar empfunden werden. Ihr Böller-Beispiel ist sehr gut, weil so gut wie niemand die Knallerei für wichtig erachtet, egal ob er dafür oder dagegen ist. Bei sowas wird es aber natürlich nicht bleiben; Staatseingriffe werden zwangsläufig immer stärker werden und auch immer mehr Leute massiv benachteiligen, und dann wird man sehen welche Auswirkungen das ganze hat. Die Erfahrung hat leider gezeigt, dass der Deutsche ziemlich leidensfähig ist...

Llarian Offline



Beiträge: 7.027

28.12.2020 13:13
#48 RE: Alle reden vom impfen. Wir auch. Antworten

Zitat von HR2 im Beitrag #42
Die Linken (ja sehr pauschal der Begriff) machen sich in ihrem Selbstverständnis für Minderheiten stark, wollen für diese selbstlos die Freiheiten erkämpfen, die sie selbst durch Geburt ohne Verdienst geniessen. Ehrenwert?

Das würde jetzt noch eine dritte Diskussion anzetteln, aber ich glaube gar nicht unbedingt, dass das wirklich so gewollt ist. Die Intersektionalität der Linken bezieht sich weniger auf Freiheit als auf einen Herrschaftsanspruch. Das sind am Ende die privilegierten, weißen Vorstadtskinder, die einen schwarzen Polizisten beschimpfen, weil er aufpasst, dass auf einem "BLM"-"Protest" keine Steine geworfen werden. Denen geht es nicht einen Funken um die Minderheit sondern rein um sich selber. Kommunismus war ja auch nie eine Bewegung der eigentlichen Arbeiter. Aber, wie gesagt, das ist noch ein anderes Thema.

Zitat
Ich darf hier mal meinen Sohn (22) als Beispiel anführen?: Der versteht sich als Liberaler, [...]


Isser aber nicht. :)
Sorry, ich will mich ganz sicher nicht über ihren Sohn echauffieren, aber das, was Sie beschreiben ist halt recht typisch. Die Freiheit, die man selber meint. Sie machen genau so lange keinen Stich, wo es ihren Sohn nicht betrifft. Aber warten Sie es mal ab. Wenn ihr Sohn, seines Zeichens ja irgendwann Informatiker und damit auch Besserverdiener, dann seine 100.000 Euro/Dollar im Jahr macht. Was meinen Sie, wo dann die Grenze liegt, an der jemand reich ist und schwer besteuert werden muss? Was glauben Sie wie lange seine Liberalität reicht, wenn im Silicon Valley er den von ihm angestrebten Job bei Google oder Microsoft nicht bekommt, weil affirmative Action sich nicht mit seiner Hautfarbe verträgt? Wie toll er erst #metoo finden wird, wenn es ihn seinen Job kostet, weil er jemanden in deren Augen falsch angesehen hat? Und wie toll ihm Gendermainstreaming erst gefallen wird, wenn seine Frau oder vielleicht irgendwann Tochter, in der von ihr gewählten Sportart von einer "Transfrau" in den Staub geworfen wird? (Letzteres ist zugegebenermaßen eher ein seltener Außenlieger).

Und was die Julis angeht: Ich habe meinen Grund, warum ich aus der FDP ausgetreten bin. Ich halte die FDP und gerade auch die Julis für vieles, aber nicht liberal. Sie nennen sich so. Aber nennen tun sich auch die Grünen so. Liberalität ist ein extrem hoher Anspruch an sich selbst. Das verstehen viele nicht, am allerwenigsten die, die sich selber so bezeichnen müssen.

Zitat
P.S.: Erleben wir eine pubertäre Rebellion?


Das werden wir erst am Ende wissen (und vielleicht nicht einmal wir), aber ich fürchte, das ist zu optimistisch gedacht. Unser Zeitgeist ist nicht nur eine pubertäre Spinnerei, er bringt Menschen um ihre Existenz, er ruiniert unsere Lebensgrundlagen, er schafft richtig viel Schaden. Möglicherweise mehr, als wir wieder reparieren können. Wenn man so will (jetzt möchte ich noch einmal Godwins Law bestätigen) waren Kommunismus und Nationalsozialismus auch erst einmal kleine Veränderungen des Zeitgeistes.

Llarian Offline



Beiträge: 7.027

28.12.2020 13:41
#49 RE: Alle reden vom impfen. Wir auch. Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #45
Die Beobachtung teile ich. Wobei Ent-Täuschung ja begrifflich impliziert, daß man sich zuvor im Zustand eines Irrtums/einer Täuschung befunden hat; so gesehen ist man anschließend näher an der Wirklichkeit, weshalb ich ein ziemlicher Fan von Enttäuschungen bin.

Naja, wenn man sich die Welt als großen Ort der Freiheit und des Fortschritts vorstellt und dann feststellt, dass dem nicht so ist, dann ist das ziemlich bitter.

Zitat
Mal anders gefragt: steht die angenommene Tendenz zur Maximierung der eigenen Nutzenfunktion im Modell des Homo Oeconomicus das ja gerade in „liberalen“ Wirtschaftsmodellen angenommen wird, nicht im Widerspruch zur Verteidigung von Freiheitsrechten anderer, sofern sie einen selbst nicht interessieren oder gar im Wettbewerb zu anderen Freiheitsinteressen stehen?


Tut es. Unbedingt sogar. Es ist nicht ökonomisch für die Freiheitsrechte anderer einzutreten, zumindest nicht im mikroökonomischen Maßstab. Aber der Mensch ist ja mehr als ein reines Wirtschaftsmodell. Sonst hätten wir auch keine Kinder und wären schon lange ausgestorben.

Zitat
Ein Beispiel. Als Anfang des Monats das Verkaufsverbot von Böllern beschlossen worden ist, hatte ich eine lupenreine Ambivalenzreaktion. [...]


Das ist auch absolut in Ordnung. Und das aus zwei Gründen: Erstens heißt liberal nicht wegen jedem Problem auf die Straße zu rennen. Es heißt im Zweifelsfall wenigstens über die eigene Stimme und die eigenen Aussagen zu reflektieren, aber nicht deswegen handeln zu müssen. Man kann das tun, aber ein Zwang ist es nicht. Zum anderen, und das ist mir fast der wichtigere Punkt: Du betrachtest hier zwei Seiten. Die deines Hundes und die Freiheit desjenigen, der böllern will. Und genau DAS ist Liberalität. Du betrachtest zwei Seiten, obwohl die eine Dich gar nicht betrifft.
Ich denke man kann zu dem Ergebnis kommen, dass man Böllern verbieten sollte (ich teile diese Meinung nicht, aber ich delegitimiere nicht jeden, der zu der Abschätzung kommt). Es ist nicht illiberal, weil etwas verboten wird (Mord ist ja nun auch verboten). Liberal ist, den anderen Standpunkt zu betrachten und fair zu bewerten. Wenn Du das ganze abtust unter "Was interessiert mich das böllern, ich böller ja nicht.", dann ist das sicher genau das Gegenteil. Aber wenn Du fair die Interessen der anderen bewertest, ist das nicht illiberal (mal ab von deinem Bias, denn Du dann natürlich nicht wirklich fair einbringen können wirst).

Ich will ein anderes Beispiel nennen, weil es der akuten Debatte näher liegt und meiner Meinung nach das Problem besser beschreibt. Als die Corona-Lockdowns kamen (und die ja durchaus am Start sind), habe ich oft die lapidare Begründung vernommen, dann "müsse man halt mal auf ein bischen Party verzichten". Klingt ja harmlos. Nur ist das, wenn man es wirklich ein bischen reflektiert, nicht nur eine erbärmlich Begründung, sie ist auch pointiert illiberal (Und ich muss zu meiner Schaden gestehen, sie auch erst einmal angenommen zu haben, bevor ich sie reflektiert habe). Denn wer sie für sich mit Schulterzucken annimmt, der wird in aller Regel davon auch nicht betroffen sein. Was macht das bischen Party? Ich mach ja auch sonst keine. Nur gibt es in unserer Gesellschaft, ich habe solche Menschen kennen gelernt, auch solche, die ihre harte Arbeitswoche nur rumkriegen, weil sie sich auf die Party am Freitagabend freuen. Die leben dafür. Die arbeiten die ganze Woche hart, damit sie sich am Freitag- und Samstagabend die Kante geben können und die Nacht durchtanzen. Das können sich viele gar nicht vorstellen. Schlimmer noch: Es interessiert sie nicht. Ist ja deren Problem. Und wenn man deren Lebensmotivation zusammen tritt? Wen juckt? Nicht die, die treten. Man KANN dazu kommen und sagen: Wir müssen es trotzdem erst einmal verbieten. Weil das Risiko gewaltig ist und wir es anders nicht schaffen. Aber das MUSS uns schwer fallen. Und das meine ich genau so: Es MUSS schwer fallen. Aber ein lapidares "muss man halt auf ein bischen Party verzichten" ist das Gegenteil davon. Es ist ein Ausweis von Illiberalität. Und solche Beispiele kann man zuhauf finden, wenn man nur die Augen aufmacht: Was betreffen mich "Sondernsteuern für Millionäre"? Ich bin ja keiner. Und wenn man soviel hat, dann "kann man doch locker auch mal was mehr abgeben". Und was juckt es mich, wenn jemand aufgrund eines dummen Witzes die Existenz vernichtet wird? Ist ja nicht mein Problem, ich stehe nicht in der Öffentlichkeit und würde so einen Witz auch nie machen. Was juckt es mich, wenn die AfD keinen Parteitag machen kann, weil die Antifa die Besitzer von großen Räumlichkeiten bedroht? Ich bin nicht in der AfD und ich wähle sie ja auch nicht, wo ist das Problem? Und so weiter und so weiter und so weiter.

Es sollte uns aber jucken. Jedes einzelne der Beispiele sollte uns jucken. Tuts aber nicht. Eben weil wir eine durch und durch illiberale Gesellschaft (geworden) sind. Wir sind alle sehr aufmerksam, wenn es um Freiheitseinschränkungen geht, die uns selber betreffen. Alle anderen: Wen juckts?

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

28.12.2020 18:30
#50 RE: Alle reden vom impfen. Wir auch. Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #49
Es sollte uns aber jucken. Jedes einzelne der Beispiele sollte uns jucken. Tuts aber nicht. Eben weil wir eine durch und durch illiberale Gesellschaft (geworden) sind. Wir sind alle sehr aufmerksam, wenn es um Freiheitseinschränkungen geht, die uns selber betreffen. Alle anderen: Wen juckts?


Völlige Zustimmung, auch zu Deinen Beispielen. Gleichwohl machen wir (hier im Forum) es uns manchmal zu leicht, glaube ich, wenn wir dies wesentlich auf deutsche Verhältnisse fokussiert betrachten. Dieser ganze antiliberale backlash, wo kommt der denn her? Es fing meiner Beobachtung nach in den 80ern an, und zwar in den USA und kurz darauf GB mit dem Thema der political correctness und schwappte mit einiger Verzögerung hier rüber. Der Startpunkt waren die ehemaligen Hochburgen freier Rede, die Universitäten, ausgerechnet in den Ländern, die doch ohnehin als stark liberal geprägt galten (eben der angelsächsische Sprachraum), gefolgt von den Medien dieser Länder. Cancel Culture, #metoo, der Hype um Mikroaggressionen, die Genderei, die Tatsache, daß inzwischen jeder ein Rassist ist, der nicht bei drei auf den Bäumen sitzt (jetzt soll ja Abraham Lincoln geschleift werden); die zunehmend engen Grenzen des sagbaren: all dies hat seinen Ursprung nicht in D genommen; aktuell würde ich noch nicht einmal sagen, daß diese Themen hier ansatzweise so dominant und gnadenlos (wenngleich wahrlich schlimm genug) betrieben werden wie in USA und GB (vermutlich, wie so oft, sind USA und GB aktuell aber ein Blick in die Zukunft in D).

Für mich ist das nicht wirklich einleuchtend, und mich würde interessieren, wie Du und die Zimmerleute darüber denken. Warum ist das so? Warum schmeißt eine Generation, die wie keine andere in freiheitlichen und gesellschaftlich liberalen Strukturen aufgewachsen ist, ebendiese weg und, mehr noch, erklärt sie zum gesellschaftlichen Feind?
Mich selbst erinnert es an das Krankheitsbild der Magersucht/Anorexie, die ausschließlich in saturierten Überflußgesellschaften zu beobachten ist; aus Mangelgesellschaften gibt es m. W. nicht einmal anekdotische Fallbeschreibungen dieses Krankheitsbildes.

Herzliche Grüße,
Andreas

How about another joke, Murray?

Seiten 1 | 2 | 3 | 4
 Sprung  



Bitte beachten Sie diese Forumsregeln: Beiträge, die persönliche Angriffe gegen andere Poster, Unhöflichkeiten oder vulgäre Ausdrücke enthalten, sind nicht erlaubt; ebensowenig Beiträge mit rassistischem, fremdenfeindlichem oder obszönem Inhalt und Äußerungen gegen den demokratischen Rechtsstaat sowie Beiträge, die gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen. Hierzu gehört auch das Verbot von Vollzitaten, wie es durch die aktuelle Rechtsprechung festgelegt ist. Erlaubt ist lediglich das Zitieren weniger Sätze oder kurzer Absätze aus einem durch Copyright geschützten Dokument; und dies nur dann, wenn diese Zitate in einen argumentativen Kontext eingebunden sind. Bilder und Texte dürfen nur hochgeladen werden, wenn sie copyrightfrei sind oder das Copyright bei dem Mitglied liegt, das sie hochlädt. Bitte geben Sie das bei dem hochgeladenen Bild oder Text an. Links können zu einzelnen Artikeln, Abbildungen oder Beiträgen gesetzt werden, aber nicht zur Homepage von Foren, Zeitschriften usw. Bei einem Verstoß wird der betreffende Beitrag gelöscht oder redigiert. Bei einem massiven oder bei wiederholtem Verstoß endet die Mitgliedschaft. Eigene Beiträge dürfen nachträglich in Bezug auf Tippfehler oder stilistisch überarbeitet, aber nicht in ihrer Substanz verändert oder gelöscht werden. Nachträgliche Zusätze, die über derartige orthographische oder stilistische Korrekturen hinausgehen, müssen durch "Edit", "Nachtrag" o.ä. gekennzeichnet werden. Ferner gehört das Einverständnis mit der hier dargelegten Datenschutzerklärung zu den Forumsregeln.



Xobor Xobor Forum Software
Einfach ein eigenes Forum erstellen
Datenschutz