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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 121 Antworten
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Llarian Offline



Beiträge: 7.115

03.12.2020 18:48
#76 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Zitat von Gorgasal im Beitrag #73
Aber zumindest erlaube ich mir ausdrücklichen Widerspruch. Und ich verkneife mir zu schreiben, was ich jetzt gerne schreiben würde, weil ich keine Warnung durch Llarian kassieren will.

Naja, vielleicht tut der es dann einfach selber. :)
Denn ich möchte mich diesem Widerspruch, und zwar auch ausdrücklich, anschließen.

Der Kollege Elkmann hat das zentrale Argument bereits deutlich abgefrühstückt: Man muss keinesfalls eine erklärte Religion haben, um in einem Wahn von Glauben und Meinung Millionen Leute umzubringen. Die Kommunisten brauchten keine Gottesvorstellung davon, um mehere zehn-Millionen umzubringen, die roten Khmer brauchte keine Engel, um ein Drittel der eigenen Bevölkerung zu ermorden und selbst die Nazis, auch wenn sie die Kirche durchaus duldeten, haben keine sprituelle Verbrämung gebraucht um im Namen ihrer Meinung(!) die halbe Welt in Brand zu setzen. Das Problem ist weniger ein Glauben (was nichts weiteres ist als Wissen, dem der Beweis fehlt) sondern die Meinung, dass der eigene Glaube so richtig und unfehlbar sei, dass andere sich nicht nur danach zu richten haben sondern auch so zu leben haben. Klingt bekannt? Man schaue sich mal die Grünen an. Die brauchen keinen Gott dafür. Oder man schaue auf die "heilige" Greta. Sie braucht keinen Gott dafür. Intoleranz benötigt nichts spirituelles. Intoleranz ist, man verzeihe mir das scheussliche Wort, eine Haltungsfrage. Ich will nicht bestreiten, dass ich sehr intolerante Gläubige kennengelernt habe. Aber ich habe auch durchaus diverse "Hardcore-Atheisten" kennengelernt, die ersteren nicht nur nicht nachstanden, sondern sie teils deutlich in den Schatten stellten. Die vermeintliche Sicherheit zu sagen: "Es gibt keinen Gott" wird oftmals, und vielleicht auch gerade hier, mit deutlich mehr Agression vorgetragen als die Meinung "Ich glaube(!) an diesen oder jenen Gott".

Ich für meinen Teil finde übrigens den gleichzeitigen Glauben an etwas Höheres und die Bejahung der Naturwissenschaft völlig undramatisch. Ich bin Ingenieur und Naturwissenschaftler. Einen Doktorhut habe ich auch, ebenso wie die dazu gehörigen Veröffentlichungen. Das hindert mich keinesfalls daran(!) an etwas Höheres zu glauben, ja fest davon überzeugt zu sein. Aber deswegen bringe ich niemanden um. Und ich zwinge es auch niemandem auf. Ich gehe nicht einmal damit hausieren. Und ich erwarte auch von niemandem, dass er sich deswegen nach meinen Wertevorstellungen richtet. Für mich ist das etwas privates, das zu diskutieren, ich auch nie außerhalb eines ebenso sehr privaten Umfeldes, mir erlauben würde.

Meinetwegen kann jeder glauben, was er möchte. Aber er soll mich damit in Ruhe lassen. Dafür lasse ich ihn genauso in Ruhe. Aber ebenso in Ruhe gelassen werden möchte ich von denen, die meinen mich von ihrem "Nicht-Glauben" überzeugen zu müssen oder die mich in Frage stellen, weil ich an etwas andere glaube. Kleine Anekdote zum Rausschmiss: Einer der bedeutendsten Informatiker, wahrscheinlich der wichtigste, der noch lebt, ist Don Knuth. Seit seiner Emeritierung 1993 hält er nur noch selten Vorlesungen (weil er damit beschäftigt ist sein Jahrhundertbuch fertig zu schreiben). Wenn er welche hält, dann über Informatik. Oder Religion. Denn Don Knuth ist neben seiner wissenschaftichen Qualifikation eben auch ein gläubiger Christ. Und er macht auch kein Geheimnis daraus. Was aber meines Wissens bei keinem Kollegen, und sei er noch so hoch auf der wissenschaftlichen Leiter, auch nur die Spur dazu gebracht hätte, seine wissenschaftlichen Arbeiten in Frage zu stellen.

Ulrich Elkmann Online




Beiträge: 14.420

04.12.2020 16:36
#77 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Bei Klonovsky gibt es heute dazu die nette Anekdote:

Zitat von acta diurna, 4. Dezember 2020
In einem theologischen Seminar streiten sich die Rabbis stundenlang über Beweise für die Existenz Gottes. Nach mehreren Stunden steht ein Rabbi auf und sagt: "Gott ist so groß. Er hat es gar nicht nötig zu existieren."
(Von Victor Weisskopf überlieferte Anekdote; er hatte sie von Isaiah Berlin.)



PS. Bei Weiterlesen sticht mir dieser Passus ins Auge.

Zitat
Es gibt Anekdoten und historische Beschreibungen, die nicht der Wahrheit entsprechen, aber gleichsam überwahr sind und die Verhältnisse trefflich erfassen. Ihnen gegenüber stehen Klischees oder sogar Denunziationen, die ganze historische Epochen ranzig machen wollen. Und dazwischen existieren unendlich viele Abstufungen. Es ist oft nicht leicht zu entscheiden, ob eine Überlieferung eher in diese oder in jene Richtung tendiert.

Ich gebrauchte hier vor kurzem die zu victorianischen Zeiten aus Gründen der Prüderie verhüllten Stuhl- (oder Klavier-)beine als Gleichnis für gewisse zwanghafte Antisemitismus-Riecher, verglich Letztere also mit einem Menschenschlag, der bei jeder möglichen Gelegenheit etwas Erotisches oder Sexuelles assoziiert(e).

Dazu schreibt Leser ***: "Mit der Sache der überprüden Viktorianer ist es zwar im Grund belanglos, wie es sich 'wirklich' verhielt, weil es sich eben um etwas Symbolisches, Archetypisches handelt, so wie es auch egal ist, daß der Große Detektiv nie 'Elementary, my dear Watson' gesagt hat und Lübke nie 'Sehr geehrte Damen und Herren, liebe N###r', aber kleine Pedanten wie mich zwickt es natürlich trotzdem, darauf hinzuwiesen, daß es sich hier um eine fromme Legende handelt. Unklar scheint zu sein, auf das Konto wessen Münchhausens sie zu verbuchen ist. Gertrude Himmelfarb hat das zwei 'reisenden Amerikanerinnen' zugeschrieben, die über ihren Besuch in der Alten Welt in den 1830er Jahren ein Buch publiziert haben, ohne freilich die genaue Quelle anzuführen. Die hier nennen als eigentliche Quelle des Dönekens Frederick Marryat, der das seinerseits von Amerikanerinnen gehört haben will, aber das dann in Druck gebracht und damit die 'urbane Legende' ausgelöst hat." Und verlinkt:


https://www.michael-klonovsky.de/acta-di...4-dezember-2020

Entre nous soit dit: Leser *** ist hier nicht ganz unbekannt.



"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire

Martin Offline



Beiträge: 4.129

04.12.2020 16:54
#78 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Ein Update zum 26.11.: Schweden scheint jetzt tagesaktuell zu sein, hat wieder über viele Monate nachjustiert, teilweise gibt es sogar negative Todeszahlen. Deutschland und Österreich haben nun auch über mehrere Monate nachjustiert.

In der Gesamtsterberate ist in Deutschland bei den etwas nachlaufenden Daten von Desastis (Stand KW 45) keine Übersterblichkeit erkennbar, die nicht im Rahmen der demographischen Entwicklung der älteren Bevölkerung ist. In Österreich ist Stand KW 47 eine deutliche Übersterblichkeit der über 65-jährigen https://www.statistik.at/atlas/sterbefaelle/ (insgesamt ca. 50 % oder 13 Sterbefälle pro Million Einwohner und Tag höher).

Die Entwicklung in Deutschland und Schweden ist ungefähr vergleichbar, bei deutlich unterschiedlichen Maßnahmen das Jahr über. Die Maskenpflicht scheint kein wesentlicher Beitrag zu sein. Österreich hat mit den striktesten Maßnahmen (vor allem Wien) die schwedischen Sterbezahlen von April überholt. So richtig lässt sich ohne weitere Parameter kein Reim daraus machen.

Gruß
Martin

Martin Offline



Beiträge: 4.129

12.12.2020 19:13
#79 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Nachdem Altmaier das französische Beispiel gelobt hat, habe ich das mal hinzugefügt:


Während die COVID-19 Sterberaten von Schweden und Deutschland ähnlich verlaufen, weichen Österreich und Frankreich deutlich von deren Verlauf ab. Die Synchronität war im Frühjahr höher, auch wenn die Absolutzahlen unterschiedlich waren. Was genau macht den Unterschied. Beim Rätseln über die hohen Zahlen in Österreich kam mir der Gedanke, dass in Österreich die Organtransplantationen dreimal so hoch ist, wie in Deutschland. Die Organempfänger nehmen ständig Immunsupressiva ein. Schade, dass es dazu keine Zahlen gibt.

Dass das Risikomanagement aber schnell einen Unterschied machen kann, zeigen die Ergebnisse in Tübingen, wo OB Palmer mit einer Ärztin ein Konzept umgesetzt hat, das Alte in Heimen schützt. In den Heimen sind zumindest in Baden-Württemberg die meisten Sterbefälle an oder mit C.. Jetzt hat man landesweit Ausgangssperre ab 20 Uhr, wahrscheinlich weil die 80-jährigen jeden Abend zum Tanzen ausgebüchst sind.

Gruß
Martin

hubersn Offline



Beiträge: 1.342

16.12.2020 18:50
#80 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #79

Dass das Risikomanagement aber schnell einen Unterschied machen kann, zeigen die Ergebnisse in Tübingen, wo OB Palmer mit einer Ärztin ein Konzept umgesetzt hat, das Alte in Heimen schützt.



Inzwischen hat sich ja herausgestellt, dass OB Palmer leider nicht korrekt informiert war, und Tübingen keine unterschiedlichen Ergebnisse zum Rest der Republik erzielt hat.

Das Zitat zur Misere: „Das war keine bewusste Fehlinformation, sondern hier gab es Probleme bei der Datenübermittlung zwischen Kreis und Stadt und bei der Auswertung dieser Daten“, sagt Palmer. „Hunderte von Fällen müssen händisch eingepflegt werden, weshalb trotz größter Sorgfalt auch Fehler passieren können. Ich entschuldige mich dafür, an dieser Stelle eine falsche Aussage gemacht zu haben.“

Zitat von Martin im Beitrag #79

In den Heimen sind zumindest in Baden-Württemberg die meisten Sterbefälle an oder mit C..



Verglichen mit was? Mit derselben Alterskohorte im selben Gesundheitszustand außerhalb der Heime? Glaube ich eher nicht.

Zitat von Martin im Beitrag #79

Jetzt hat man landesweit Ausgangssperre ab 20 Uhr, wahrscheinlich weil die 80-jährigen jeden Abend zum Tanzen ausgebüchst sind.



Weltweit hat noch niemand das Konzept "wir schützen die Risikogruppe" überzeugend umgesetzt bekommen - außer die Länder, die generell eine niedrige Inzidenz haben. Nur insgesamt niedrige Fallzahlen schützen die Risikogruppe.

Was ja auch völlig klar ist, denn die Risikogruppe umfasst hierzulande 20 bis 40 Millionen. Die meisten leben auch nicht in Pflegeheimen sondern mitten unter uns.

Das bedeutet nicht, dass man nicht durch verhältnismäßig preiswert umzusetzende Maßnahmen die Risikogruppe besser schützen könnte als wir es hierzulande schaffen. Das ist leider das übliche Politikversagen, dass man von Lockdown über Schule bis Impfung hierzulande in Corona-Zeiten direkt mitverfolgen kann, nachdem man es vorher nur bei Migration, Energie und Umwelt genau beobachten konnte - wer hätte das erwarten können, dass universelle Versager auch bei einer Pandemie versagen.

Gruß
hubersn

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Martin Offline



Beiträge: 4.129

16.12.2020 20:53
#81 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Zitat von hubersn im Beitrag #80
Inzwischen hat sich ja herausgestellt, dass OB Palmer leider nicht korrekt informiert war, und Tübingen keine unterschiedlichen Ergebnisse zum Rest der Republik erzielt hat.
Einen Vergleich zum Rest der Republik habe ich bisher nicht gesehen. 'Null' hatte ich nicht zitiert, da auch gutes Risikomanagement seine Grenzen hat. Mein letzter Stand ist, dass es in zwei Heimen Infektionsfälle gab, in einem Fall hereingetragen durch eine Rücküberweisung aus einer Klinik. Von Sterbefällen an oder mit C. habe ich bisher nicht gelesen. Palmer hat aber die Ausgabe von FFP2-Masken auf Stadtkosten schon sehr früh umgesetzt, was jetzt erst anderswo passieren soll. Alte aus dem ÖPNV fernzuhalten, durch Taxiangebote ist auch konsequent. Er kann aber niemanden dazu zwingen. Palmer ist zwar oft etwas vorlaut, entschuldigen muss er sich aber mit seinen Maßnahmen nicht. So weit ich mich erinnere ist die Tübinger 7-Tage-Inzidenz niedriger als im Umkreis (auch wenn ich von diesem Wert nichts halte).

Zitat
Zitat von Martin im Beitrag #79

In den Heimen sind zumindest in Baden-Württemberg die meisten Sterbefälle an oder mit C..



Verglichen mit was? Mit derselben Alterskohorte im selben Gesundheitszustand außerhalb der Heime? Glaube ich eher nicht.

Das habe ich einer aktuellen Zeitungsmeldung entnommen, ohne aufgeschlüsselte Statistiken.

Zitat
Weltweit hat noch niemand das Konzept "wir schützen die Risikogruppe" überzeugend umgesetzt bekommen - außer die Länder, die generell eine niedrige Inzidenz haben. Nur insgesamt niedrige Fallzahlen schützen die Risikogruppe.

Was ja auch völlig klar ist, denn die Risikogruppe umfasst hierzulande 20 bis 40 Millionen. Die meisten leben auch nicht in Pflegeheimen sondern mitten unter uns.



Ich meine nicht, dass 'wir' diejenigen schützen müssen, die eigenständig leben und selbst entscheiden, wie sie sich schützen. Der Staat sollte diese aber richtig informieren. Beispielsweise sollte er nicht Sicherheit durch einen Mundschutz vorgaukeln, den es so nicht gibt. Wer sich schützen will, sollte neben allgemeinen Hygienemaßnahmen beispielsweise mindestens FFP2 tragen, wenn er in den Bus steigt, oder wenn die Enkel kommen.

Ansonsten habe ich nicht nur Pflegeheime, sondern auch die ambulante Pflege im Blick. Eine Verwandte macht ambulanten Pflegedienst, und von ihr weiß ich, dass Kollegen und Kolleginnen bisher Schutzmaßnahmen recht locker gesehen haben - bis dann selbst welche positiv getestet waren. In B-W haben wir ungefähr je 100.000 Pflegebedürftige stationär und ambulant versorgt, eine doch nicht kleine Kohorte. Diese Menschen sind davon abhängig, dass das Pflegepersonal sie schützt. Da darf die Verwaltung gerne Vorschriften machen.

Gruß
Martin

Martin Offline



Beiträge: 4.129

17.12.2020 14:15
#82 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #81
Ansonsten habe ich nicht nur Pflegeheime, sondern auch die ambulante Pflege im Blick. Eine Verwandte macht ambulanten Pflegedienst, und von ihr weiß ich, dass Kollegen und Kolleginnen bisher Schutzmaßnahmen recht locker gesehen haben - bis dann selbst welche positiv getestet waren. In B-W haben wir ungefähr je 100.000 Pflegebedürftige stationär und ambulant versorgt, eine doch nicht kleine Kohorte.


Ein bisschen Butter bei die Fische, am Beispiel aus erster Hand aus einem ambulanten Pflegedienst, Stand diese Woche:

- Vor ein paar Wochen war ein Pfleger an Corona erkrankt, mit Krankenhausaufenthalt. Danach sollten Pfleger bei Patienten, bei denen sie länger als 15 Minuten zu tun hatten, FFP2 Masken tragen, und dort wo Pfleger länger zu tun hatten, für 2 Wochen Vollkleidung tragen. Bei Tätigkeiten kürzer als 15 Min blieb es beim einfachen Mundschutz. Die Verwandte wollte nach diesem Vorfall immer FFP2 tragen, stieß aber im Kollegenkreis auf Unverständnis
- Dann wurde aber eine Patientin auf dem Boden vorgefunden und im Krankenhaus positiv getestet. Seither gilt immer FFP2, auch bei Patienten. Patienten halten sich beispielsweise beim Duschen nicht immer daran. Es gab in dieser Zeit keine prophylaktischen Tests.
- Erst diese Woche kam eine Anleitung zum Selbsttesten. Sofort danach die Anordnung, sich 2mal wöchentlich selbst zu testen.

Jeder kann sich dazu selbst Gedanken machen, wenn die Aussagen aus Tübingen stimmen, war Tübingen schon im September so weit, wie andere Stellen diese Woche. Ein Anmerkung noch: Meines Wissens sind FFP2-Masken nur auf ihre Filter- und Schutzwirkung für den Träger getestet. Darüber, ob das Tragen einer FFP2-Maske Patienten schützt, habe ich keine Information. Das ist nicht die Zweckbestimmung einer solchen Maske. Eher dürfte die Zweckbestimmung sein, beim Ausatmen möglichst wenig Widerstand zu bieten. Das wäre mal eine Anfrage beim BfArM wert.

Gruß
Martin

PS: Das Produktdatenblatt von 3M Aura 9300+Gen3:

Zitat
Das neue 3M™ Cool Flow™ Komfortventil öffnet sich 37% leichter als das ursprüngliche 3M™ Cool Flow™ Ventil der 2. Generation. Dadurch kann dem Komfortventil 36% mehr Ausatemluft entweichen als seinem Vorgängermodell (Wert gilt beispielhaft für FFP3).

Das liest sich nicht nach Filterung der Ausatemluft.

Moro Offline



Beiträge: 21

17.12.2020 16:26
#83 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #82
Das liest sich nicht nach Filterung der Ausatemluft.


Ich arbeite jetzt seit vielen Jahren mit FFP3 Masken (Radioaktivität, Asbest, usw...). Diese sind natürlich ursprünglich nur zum Schutz des Trägers ausgelegt und schützen hauptsächlich gegen Partikel. Es gibt FFP2 und FFP3 Masken mit und ohne Auslassventil. Bei denen mit Auslassventil ist einfach eine kleine Membran im Auslass, das sich beim Einatmen schliesst. Die Schutzwirkung für andere ist deshalb bei den Masken mit Auslassventil deutlich eingeschränkt, es wird halt der Luftstrom und die Geschwindigkeit etwas gebremst, aber es gibt keine Filterwirkung für die ausgeblasene Luft.
Grundsätzlich sind FFP Masken in der Filterwirkung deutlich besser wie diese Papierdinger, die jetzt alle tragen, aber natürlich auch deutlich teurer.
Was aber für alle Papiermasken gilt und an das sich soweit ich das beurteilen kann niemand hält, es sind EINWEG-Masken, d.h. einmal anziehen und dann entsorgen.

Grüsse aus der Schweiz
Moro

Edit: "niemand hält" eingefügt

Martin Offline



Beiträge: 4.129

20.12.2020 07:41
#84 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Zitat von hubersn im Beitrag #80
Zitat von Martin im Beitrag #79


In den Heimen sind zumindest in Baden-Württemberg die meisten Sterbefälle an oder mit C..



Verglichen mit was? Mit derselben Alterskohorte im selben Gesundheitszustand außerhalb der Heime? Glaube ich eher nicht.


Auch hier eine ähnliche Aussage, allerdings ohne Quelle https://www.achgut.com/artikel/pflegenot...er_corona_krise :

Zitat
Während etwa sechzig Prozent aller Todesopfer der Pandemie in Deutschland in einem Heim untergebracht waren oder von einem ambulanten Dienst versorgt wurden, enthält der nun beschlossene „harte Lockdown“ keinerlei Konzept mit Sonderschutzmaßnahmen für diesen Bereich.



Gerd Helds Beitrag ist lesenswert. Selbst, als noch die Ersatzdienstleistenden zur Verfügung standen, war Personalmangel ein Problem. Interessant wäre zu wissen, ob man sich mit übersensiblen PCR-Tests den Personalmangel verschärft hat.

Gruß
Martin

Yago Offline



Beiträge: 469

20.12.2020 11:26
#85 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #84
[quote=""|p158365][quote=""|p158313]

Gerd Helds Beitrag ist lesenswert. Selbst, als noch die Ersatzdienstleistenden zur Verfügung standen, war Personalmangel ein Problem. Interessant wäre zu wissen, ob man sich mit übersensiblen PCR-Tests den Personalmangel verschärft hat.




Hat man sicher. In dem mir zugänglichen Krankenhaus und einem Pflegeheim arbeiten Leute mit positivem Test, wenn sie symtomlos sind. Im Süden werden 5 von 7 Rtw an der Coronarampe anlanden und können nicht desinfiziert werden, da sie sonst wegen fehlender Rtw handlungsunfähig werden.

Das Desaster ist für Brandenburg verursacht, indem man die Einsatzzahlen nimmt und durch die Anzahl Personal dividiert. Damit hat man den Durchschnitt als Nachweis von geringer Arbeitsbelastung, vergisst aber die Spitzenzeiten. Die versucht man auszubügeln über das Verschieben von Personal - bei der Polizei zur Not quer durch das Bundesland. Dort gibt es Leute, die den Einsatz der Polizei zur Unterstützung des Gesundheitswesens für möglich halten - z.B. als Rtw - Fahrer.

Bei Pflegeeinrichtungen der Kirche ist es ähnlich. In den Hoffnungsthaler Anstalten werden z.T. 1 Berufsanfänger bei behinderten Pfleglingen in der Nachtschicht für 2 Stationen eingesetzt. Da darf nichts passieren. Mit Corona ist eben etwas passiert.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

27.12.2020 07:17
#86 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Es lohnt auch, auf Dr. Wodargs Webseite nachzuschauen: https://www.wodarg.com/

Er verweist auf die Chronologie gesetzlicher Maßnahmen, um Anreize für Kliniken zu schaffen https://telegra.ph/ITS-Bettenreduzierung-12-07

Wenn die 7-Tage-Inzidenz oder zu viel freie Bettenkapazität über finanzielle Zuwendungen entscheidet muss man Meldezahlen von Intensivbetten entsprechend bewerten.

Gruß
Martin

Martin Offline



Beiträge: 4.129

02.01.2021 18:20
#87 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Zitat von hubersn im Beitrag #80
Verglichen mit was? Mit derselben Alterskohorte im selben Gesundheitszustand außerhalb der Heime? Glaube ich eher nicht.


Ich habe durch verschiedene Meldungen gegoogelt, und da verdichtet sich die Aussage dahingehend, dass im Frühjahr ca. 1/3 und aktuell ca. 2/3 der Todesfälle aus Alten-und Pflegeheimen kommen. Die Hessenschau nannte aktuell gar 3/4. Ob der Unterschied zwischen Alten- und Pflegeheim sauber getrennt wird (ist auch in Heimen fließend), kann ich nicht beurteilen. Macht man eine scharfe Trennung, dann sagen die Statistiken, das die durchschnittliche Verweildauer in Altenheimen etwas weniger als 2 Jahre, in Pflegheimen etwas über 6 Monate ist. Das LMU-Papier, das altersbereinigte Sterbezahlen zeigte, hat auch deutlich darauf hingewiesen, dass die Maßnahmen der Bundesregierung in den Alten- und Pflegeheimen keinen Effekt hatte. Man könnte tatsächlich fragen, ob die Sterberaten mit Einsamkeit und mangelndem Lebenswillen zu tun haben.

Vielleicht gibt es irgendwo genau aufgeschlüsselte Daten, die habe ich dann nicht gefunden.

Gruß
Martin

Martin Offline



Beiträge: 4.129

10.01.2021 09:26
#88 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #82
.. am Beispiel aus erster Hand aus einem ambulanten Pflegedienst, Stand diese Woche: ....


Drei Wochen später wieder ein Gespräch mit meiner Verwandten in der ambulanten Pflege: Das mit dem Schnelltest hat bisher nicht funktioniert, soll in der kommenden Woche beginnen. Der Pflegedienst bekommt das organisatorisch nicht in den Griff. Mitarbeiter haben völlig unterschiedliche Arbeitszeiten und unterschiedliche Aufgaben. Und die Tests sollen so zweimal pro Woche durchgeführt werden, wozu dann Mitarbeiter und Tester, die auch Pflegedienst machen, irgendwann zugleich am selben Ort sein müssen.

Nur sie (medizinische Ausbildung) und ein Kollege von vielen sind inzwischen in der Abnahme eines Nasenabstrichs geschult, in die Nase an die richtige Stelle zu stochern und nicht in der Stirnhöhle zu landen scheint Kenntnis der Anatomie und Geschicklichkeit zu erfordern. Auf meine Frage, ob die Mitarbeiter die teils als Selbsttest deklarierten Test nicht selbst machen könnten, hat sie abgewinkt. Sich selbst in die Nase zu fummeln geht wohl nicht. Zu Proben aus der Rachenschleimhaut, wie das anscheinend in Flughäfen gemacht wird, wusste sie nichts. Der Pflegdienst hat Testkits ausgegeben, dazu eine Kopie der Gebrauchsanleitung. Diese war von einem anderen Test, die richte Anleitung musste sie sich aus dem Internet holen. Es geht also nach wie vor etwas chaotisch zu.

Sie hat mir aber ergänzend noch eine Beobachtung aus einem aktuellen PCR-Testzentrum geschildert, die sie wohl sehr aufgeregt hat: Die Testwilligen um Weihnachten / Neujahr standen in einer langen Schlange im Freien, dann aber auch in einer Halle. Der Arzt, der die Nasenabstriche nahm, hat die üblichen Hygienevorgaben völlig missachtet, seine Handschuhe nur kurz mit Desinfektionsmittel eingesprüht, dieses aber nicht verteilt und auch die Einwirkzeit nicht beachtet. Wer entsprechend geschult ist, dem fällt das auf. Sie hat noch mit sich gekämpft, ob sie das Gesundheitsamt verständigen soll, hat es aber bleiben lassen. Sie hatte schon im Frühjahr einen Test gemacht, das sei das Ganze professioneller abgelaufen.

Gruß
Martin

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

11.01.2021 01:22
#89 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #88
Auf meine Frage, ob die Mitarbeiter die teils als Selbsttest deklarierten Test nicht selbst machen könnten, hat sie abgewinkt.
In sehr vielen EU-Ländern sind und werden keine Selbsttests zugelassen, weil zu einer vernünftigen Diagnose nicht nur die Befundung mit einem Schnelltest gehört, sondern auch die übrige Symptomatik und ggf. anschließend eine passende Behandlung ausgewählt werden muß.

Zitat von Martin im Beitrag #88
Sich selbst in die Nase zu fummeln geht wohl nicht.
Geht schon, allerdings ist das Risiko einer Fehlbenutzung höher und man muß darauf vorbereitet sein, daß ein Patient damit nicht klarkommt.

Zitat von Martin im Beitrag #88
Wer entsprechend geschult ist, dem fällt das auf. Sie hat noch mit sich gekämpft, ob sie das Gesundheitsamt verständigen soll, hat es aber bleiben lassen.
Ich hätte es gemeldet, weil es ja nicht sein kann, mit einem negativen Testresultat heimzugehen, nachdem man sich gerade erst bei der Testprozedur infiziert hat. Ehrlich, solche Nachlässigkeiten sind schlimmer, als gemeinsam in die Kneipe zu gehen, weil nach dem Kneipenbesuch keiner sich die Sicherheit einbilden würde, SARS-COV-2-negativ zu sein.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

21.01.2021 15:03
#90 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Und jetzt kommt die WHO um die Ecke, und weist die Labore darauf hin, die Gebrauchsanleitung der PCR-Tests genau zu lesen, dass die Prävalenz die Aussage des PCR-Tests ändert, und dass der ct-Wert dem Testergebnis beigelegt werden soll.

https://www.who.int/news/item/14-12-2020...e-for-ivd-users

Die Spatzen pfeifen es schon lange vom Dach, warum erst jetzt? Wie viele Menschen mussten in Quarantäne, wie viele sind anscheinend an Corona verstorben, wie viele Ressourcen der Gesundheitsämter wurden an die Wand gefahren, weil die PCR-Tests zu empfindlich eingestellt sind? Wird sich da jetzt etwas ändern? Oder wird die Angst, einen 'Positiven' zu übersehen, dominieren?

Gruß
Martin

hubersn Offline



Beiträge: 1.342

21.01.2021 20:02
#91 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #90
Und jetzt kommt die WHO um die Ecke, und weist die Labore darauf hin, die Gebrauchsanleitung der PCR-Tests genau zu lesen, dass die Prävalenz die Aussage des PCR-Tests ändert, und dass der ct-Wert dem Testergebnis beigelegt werden soll.

https://www.who.int/news/item/14-12-2020...e-for-ivd-users



Scheint es nicht mehr zu geben, die Seite. Aber hier ist sie noch aktueller:
https://www.who.int/news/item/20-01-2021...d-users-2020-05

Da steht vor allem drin, dass man mit "weak positive results" vorsichtig sein soll. Aha.

Ich habe jetzt seit der COVID-Krise mit nur zwei Labor-Mitarbeitern aus diesem Bereich gesprochen, aber die wussten verdammt viel über PCR-Tests und ihre richtige Anwendung. Und konnten detailliert erklären, wie sich das mit dem ct-Wert so verhält. Die Idee, dass Basiswissen in den Laboren nicht vorhanden ist, ist wirklich komplett absurd. Wenn man diese Idee auf andere Bereiche überträgt - sagen wir mal den Hba1c, wo die Bestimmung ja auch nicht ganz easy going ist - haben wir dann auch eine signifikante Anzahl falsch-positiver Diabetiker?

Zitat von Martin im Beitrag #90

Die Spatzen pfeifen es schon lange vom Dach, warum erst jetzt? Wie viele Menschen mussten in Quarantäne, wie viele sind anscheinend an Corona verstorben, wie viele Ressourcen der Gesundheitsämter wurden an die Wand gefahren, weil die PCR-Tests zu empfindlich eingestellt sind? Wird sich da jetzt etwas ändern? Oder wird die Angst, einen 'Positiven' zu übersehen, dominieren?



Spatzen habe ich noch nicht pfeifen hören - tatsächlich war es mehr so ein Geraune, eine Unterstellung bezüglich der kompletten Unfähigkeit der Testlabors sowie der Entwickler, Hersteller und Lieferanten der PCR-Tests. Ich habe noch nichts seriöses gelesen, was auch nur entfernt ein echtes Problem bei den PCR-Tests aufgezeigt hätte. Ich würde mir eher Sorgen machen, dass aufgrund unzureichender Testabstriche die Ergebnisse zu häufig falsch-negativ sind - das wäre wenigstens eine Erklärung für diverse Cluster, die scheinbar "aus dem Nichts" entstanden sind.

Insbesondere die Behauptung, dass die PCR-Tests "zu empfindlich" sind habe ich noch nirgendwo auch nur annähernd belegt gesehen. Wenn man sich die Positiv-Raten anschaut - z.B. über den Sommer - dann kann man recht leicht erkennen, dass die Anzahl der Positiv-Tests eine exzellente Vorhersage späterer Erkrankungszahlen und Todeszahlen erlaubt.

Ebenso hat man ja zumindest für die Toten im März und April nachgeprüft per Obduktion (auch der oft zitierte Dr. Püschel hat inzwischen seine Meinung vom Anfang der Pandemie um 180 Grad geändert), wer denn tatsächlich "an" und wer möglicherweise "mit" SARS-CoV-2 gestorben ist. Die Ergebnisse waren da ja sehr eindeutig, und das weltweit.

Mich würde interessieren, wie die Hypothese aussehen soll, ausgehend von der Behauptung, dass die PCR-Tests "viel zu empfindlich" sind. Wenn man als Fakten das heutige Wissen zugrunde legt über die typischen Symptome von COVID-19 und die typischen Krankheitsverläufe. Wenn viele (wie viele?) PCR-Tests falsch positiv sind, heißt das dann, dass die IFR viel höher ist als bisher gedacht? Oder heißt das, dass es ein unbekanntes grassierendes Virus gibt, das dieselben Symptome verursacht? Heißt es, das wir auf den Intensivstationen in der Zwangsbeatmung viele Simulanten haben, die dann auch noch am Ende sterben? Und wie kommt es eigentlich, dass diverse Länder beispielsweise durch rigorose Kontaktnachverfolgung die Zahl der positiven PCR-Tests so niedrig halten? Und dass bei denen auch die Zahl der Erkrankten entsprechend niedriger ist?

Und von der epidemiologischen Sicht her ist es auch eine bessere Idee, einen positiv getesteten, aber möglicherweise nicht infektiösen Menschen erst mal in Quarantäne zu schicken, bevor er andere ansteckt. Solange man keinen Test hat, der die Infektiosität präzise misst (und da wüsste ich nicht mal theoretisch, wie das denn funktionieren soll).

Gruß
hubersn

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Martin Offline



Beiträge: 4.129

21.01.2021 21:53
#92 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Zitat von hubersn im Beitrag #91
Ich habe jetzt seit der COVID-Krise mit nur zwei Labor-Mitarbeitern aus diesem Bereich gesprochen, aber die wussten verdammt viel über PCR-Tests und ihre richtige Anwendung. Und konnten detailliert erklären, wie sich das mit dem ct-Wert so verhält. Die Idee, dass Basiswissen in den Laboren nicht vorhanden ist, ist wirklich komplett absurd. Wenn man diese Idee auf andere Bereiche überträgt - sagen wir mal den Hba1c, wo die Bestimmung ja auch nicht ganz easy going ist - haben wir dann auch eine signifikante Anzahl falsch-positiver Diabetiker?
Vielleicht hat die WHO einen größeren Überblick als zwei Labormitarbeiter. Vor allem aber weist sie darauf hin, den ct-Wert dem Ergebnis beizufügen. Warum wird das nicht gemacht? Oder bin ich nicht up to date?

Zitat
Spatzen habe ich noch nicht pfeifen hören - tatsächlich war es mehr so ein Geraune, eine Unterstellung bezüglich der kompletten Unfähigkeit der Testlabors sowie der Entwickler, Hersteller und Lieferanten der PCR-Tests. Ich habe noch nichts seriöses gelesen, was auch nur entfernt ein echtes Problem bei den PCR-Tests aufgezeigt hätte. Ich würde mir eher Sorgen machen, dass aufgrund unzureichender Testabstriche die Ergebnisse zu häufig falsch-negativ sind - das wäre wenigstens eine Erklärung für diverse Cluster, die scheinbar "aus dem Nichts" entstanden sind.

Das stimmt, Spatzen waren das nicht. Geraune gab es gelegentlich, dass Fußballer dem positiven Test einen zweiten nachgereicht hatten, der dann negativ ausfiel. Persönlich berichtet wurde mir von einer Firmenchefin hier in der Gegend, die sich selbst 15 Proben entnehmen ließ, die Hälfte davon war negativ, die andere positiv. Auf dieses Geraune wollte ich auch nicht viel geben. Ein Blick in die Gebrauchsanleitungen der PCR-Testhersteller sagt, dass der Test nicht reicht, um eine Infektion nachzuweisen. Das ist ein bisschen mehr als ein Geraune. Ich weiß nicht genau, auf welcher Basis ein portugiesisches Gericht ein entsprechendes Urteil gefällt hat, ich nehme aber an, dass dies nicht auf Basis von Geraune war. Dann gab es gar einige Wissenschaftler, die der frühen Publikation von Drosten in einer eigenen Publikation schwere Mängel vorgeworfen haben. Ist eine Publikation mit einer so klaren Aussage Geraune? Alle sachkundigen Aussagen, einschließlich von Drosten, weisen darauf hin, dass der PCR-Test ab einer bestimmten Zyklenzahl zu sensitiv ist. Wahrscheinlich raunen die alle nur.


Zitat
Insbesondere die Behauptung, dass die PCR-Tests "zu empfindlich" sind habe ich noch nirgendwo auch nur annähernd belegt gesehen. Wenn man sich die Positiv-Raten anschaut - z.B. über den Sommer - dann kann man recht leicht erkennen, dass die Anzahl der Positiv-Tests eine exzellente Vorhersage späterer Erkrankungszahlen und Todeszahlen erlaubt.

Nun, die erste Aussage kommt von Leuten, die die Technik kennen. Ich denke, es ist keine Frage, dass der ct-Wert eine Rolle spielt, dass bei ct=10 möglicherweise kein positives Ergebnis ist, bei Ct=40 schon. Nur weiß der Laborant nicht, ob der getestete Proband tatsächlich infiziert ist. Dazu müsste dieser einen Arzt konsultieren, was in der Regel nicht passiert.

Zur Korrelation mit Todeszahlen: Wenn Krankenhauspersonal oder Pflegepersonal positiv in Quarantäne muss, hat das vielleicht Auswirkung auf die Versorgung kranker alter Menschen, und damit deren Sterblichkeit. Nur so als denkbare Kausalitätskette. Sonstigen Plausibilitätsüberlegungen will ich gar nicht folgen, da sich die Teststrategie nach dem Sommer massiv geändert hat, ich aber keine Information über Schwerpunkte, Mehrfachtests u.a. habe.

Zitat
Mich würde interessieren, wie die Hypothese aussehen soll, ausgehend von der Behauptung, dass die PCR-Tests "viel zu empfindlich" sind. Wenn man als Fakten das heutige Wissen zugrunde legt über die typischen Symptome von COVID-19 und die typischen Krankheitsverläufe. Wenn viele (wie viele?) PCR-Tests falsch positiv sind, heißt das dann, dass die IFR viel höher ist als bisher gedacht? Oder heißt das, dass es ein unbekanntes grassierendes Virus gibt, das dieselben Symptome verursacht? Heißt es, das wir auf den Intensivstationen in der Zwangsbeatmung viele Simulanten haben, die dann auch noch am Ende sterben? Und wie kommt es eigentlich, dass diverse Länder beispielsweise durch rigorose Kontaktnachverfolgung die Zahl der positiven PCR-Tests so niedrig halten? Und dass bei denen auch die Zahl der Erkrankten entsprechend niedriger ist?

Offensichtlich haben wir mehr positive Tests als Infektionen mit allen denkbaren Symptomen. Das beantwortet möglicherweise die erste Frage. Von den Infizierten ist auch nur eine Teilmenge auf der Intensivstation. Das widerspricht nicht dem Bild eines zu sensitiven Tests. Nicht alle positiv Getesteten landen in der Intensivstation. Die Frage nach diversen Ländern ist mir zu breit, und spezifische Länder, deren detailliertes Management ich nicht kenne, kann ich nicht seriös kommentieren.

Zitat
Und von der epidemiologischen Sicht her ist es auch eine bessere Idee, einen positiv getesteten, aber möglicherweise nicht infektiösen Menschen erst mal in Quarantäne zu schicken, bevor er andere ansteckt.

Aus epidemiologischer Sicht wäre es sicher optimal, alle Menschen einige Monate wegzusperren, danach alle Grenzen für drei Jahre dicht zu machen. Aus diesem Grund sollten Epidemiologen nur eine Stimme unter vielen haben. Oder man präzisiert ihre Aufgabenstellung.

Gruß
Martin

Martin Offline



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31.01.2021 12:46
#93 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #41

Zitat
Und die Sterbezahlen liegen auch über denen hierzulande (seit 27. September konstant über 10 pro Tag im 7-Tage-Mittel). Also ziemlich deutlich über den deutschen Zahlen. Ein Effekt der Altersstruktur der Erkrankten? Oder ein Effekt der deutlich höheren Bevölkerungsdichte? Oder ein Unterschied bei den Maßnahmen zur Eindämmung? Oder nur deren Einhaltung in der Breite? Schlechteres Track&Trace? Die niederländische Gesundheitsversorgung gilt ja in vielerlei Hinsicht als vorbildlich, vor allem bezüglich der Hygienestandards, das kann fast kein nachteiliger Faktor sein.
Vielleicht der ÖPNV? Raum für wissenschaftliche Arbeiten.

Prof. Luckhaus hat wissenschaftlich gearbeitet und eine Menge Zahlen generiert, die auch hier schon in Diskussion waren (Dunkelziffer, u.a.) https://reitschuster.de/post/lesen-sie-h...t-lesen-sollen/ Man hat seine Erkenntnisse an der Leopoldina im Zusammenhang des Merkel-Gutachtens nicht publiziert sehen wollen. Ergebnis: Lockdowns waren kontraproduktiv, man hätte den Sommer besser zur Herdenimmunisierung genutzt. Interessant dabei: Der ÖPNV ist für ihn ein wichtiger Übertragungsort. Die Rolle des ÖPNV scheint aber tabuisiert zu werden, den sie passt überhaupt nicht in das Konzept der Mobilitätsapostel, die den Individualverkehr, außer dem Fahrrad, am Liebsten abschaffen würden.

Gruß
Martin

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01.04.2021 19:41
#94 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #46
Eine kleine Zusatzinformation: Der eine Bekannte, der mit Corona im März auf der Intensivstation lag, hatte damals auch einen positiven Antikörpertest. Er hat sich jetzt, im Oktober, nochmals auf Antikörper testen lassen. Er hatte diesmal mehr Antikörper als unmittelbar nach der Erkrankung. Das ist deshalb interessant, weil typischerweise nach drei Monaten kaum noch Antikörper nachweisbar sein sollen. Oder gab es eine zweite, nicht symptomatische Ansteckung? Er lässt keine Vorsicht walten, denn er hält sich für immun.

Der Mann ist inzwischen ein Rätsel für die Ärzteschaft. Er wurde gerade nochmal auf Antikörper getestet: Sie haben sich gegenüber Oktober verdoppelt. Er brauche sich nicht impfen lassen.
Gruß
Martin

Martin Offline



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02.04.2021 20:01
#95 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

In Ergänzung zu diesem Fall ein paar Gedanken: Dass jemand innerhalb eines Jahres dreimal auf Antikörper getestet wird, dürfte eher selten sein. Die Frau des Bekannten wurde auch getestet, sie hat keine Antikörper.

Ich wäre mal neugierig, wie viele Antikörpertests in Deutschland durchgeführt werden, in Praxen oder über Anbietern von Selbsttests wie Cerascreen. Und ich wäre neugierig, ob die Ergebnisse systematisch erfasst werden. Ich habe mal im Netz gesucht, aber dazu keine Information gefunden. Diese wäre doch aber eine wichtige Information zum Stand der 'Pandemie'. Nach offizieller Datenlage und Information ist das RKI überhaupt nicht interessiert.

Aus dieser Sicht wäre es doch naheliegend, eine regierungsunabhängige Kampagne zu starten, und die Menschen zu freiwilligen Antikörpertests aufzurufen. So viel sollte vom gesparten Urlaubsgeld noch übrig sein. Der Selbsttest kostet weniger als 50 Euro. Besser wäre die Erfassung via Hausarzt, sodass ein Ergebnis weniger anzweifelbar wäre. Den Preis muss ich noch erfragen. Die Bevölkerung kann doch auch ohne Regierung Daten sammeln. Oder eine Partei wie die FDP organisiert das.

Gruß
Martin

hubersn Offline



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05.04.2021 16:23
#96 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #92
Zitat von hubersn im Beitrag #91
Ich habe jetzt seit der COVID-Krise mit nur zwei Labor-Mitarbeitern aus diesem Bereich gesprochen, aber die wussten verdammt viel über PCR-Tests und ihre richtige Anwendung. Und konnten detailliert erklären, wie sich das mit dem ct-Wert so verhält. Die Idee, dass Basiswissen in den Laboren nicht vorhanden ist, ist wirklich komplett absurd. Wenn man diese Idee auf andere Bereiche überträgt - sagen wir mal den Hba1c, wo die Bestimmung ja auch nicht ganz easy going ist - haben wir dann auch eine signifikante Anzahl falsch-positiver Diabetiker?
Vielleicht hat die WHO einen größeren Überblick als zwei Labormitarbeiter.



Die WHO fordert doch exakt das, was mir die Labormitarbeiter schon von Anfang an erzählt haben. Es gibt da gar keinen Dissenz. Wenn, dann haben also alle denselben Überblick.

Dass es aber auf der Welt Labore gibt, für die der WHO-Weckruf notwendig war, das kann ich mir schon vorstellen.

Zitat

Vor allem aber weist sie darauf hin, den ct-Wert dem Ergebnis beizufügen. Warum wird das nicht gemacht? Oder bin ich nicht up to date?



Da der ct-Wert an sich nichtssagend ist, weil er von vielen Faktoren abhängt (z.B. auch vom Prüfsystem), halte ich diesen Hinweis für unsinnig. Was da aber gerade in der Praxis gemacht wird, weiß ich nicht.

Zitat

Zitat
Spatzen habe ich noch nicht pfeifen hören - tatsächlich war es mehr so ein Geraune, eine Unterstellung bezüglich der kompletten Unfähigkeit der Testlabors sowie der Entwickler, Hersteller und Lieferanten der PCR-Tests. Ich habe noch nichts seriöses gelesen, was auch nur entfernt ein echtes Problem bei den PCR-Tests aufgezeigt hätte. Ich würde mir eher Sorgen machen, dass aufgrund unzureichender Testabstriche die Ergebnisse zu häufig falsch-negativ sind - das wäre wenigstens eine Erklärung für diverse Cluster, die scheinbar "aus dem Nichts" entstanden sind.

Das stimmt, Spatzen waren das nicht. Geraune gab es gelegentlich, dass Fußballer dem positiven Test einen zweiten nachgereicht hatten, der dann negativ ausfiel.




Wenn man dringend einen negativen Test braucht, kann man den leicht produzieren. Das invalidiert aber nicht den positiven Test und ist bestimmt kein Indiz für einen falsch-positiven Test oder einen zu sensiblen Test. Im Gegenteil ist ja gut belegt, dass ein Abstrich im Rachenraum noch während einer andauernden COVID-19-Erkrankung auch negativ ausfallen kann.

Zitat

Persönlich berichtet wurde mir von einer Firmenchefin hier in der Gegend, die sich selbst 15 Proben entnehmen ließ, die Hälfte davon war negativ, die andere positiv. Auf dieses Geraune wollte ich auch nicht viel geben.



Wie schafft es eine einzelne Person, 15 Tests zum gleichen Zeitpunkt zu bekommen? Hört sich erst mal dubios an. Vielleicht auch Antikörper-Test mit PCR-Test verwechselt? Und vielleicht war die Hälfte ja falsch-negativ, wenn die Abstrichqualität nicht gut war. Das sagt jedenfalls gar nichts aus.

Zitat

Ein Blick in die Gebrauchsanleitungen der PCR-Testhersteller sagt, dass der Test nicht reicht, um eine Infektion nachzuweisen. Das ist ein bisschen mehr als ein Geraune. Ich weiß nicht genau, auf welcher Basis ein portugiesisches Gericht ein entsprechendes Urteil gefällt hat, ich nehme aber an, dass dies nicht auf Basis von Geraune war.



Auf welches Urteil spielst Du hier an? Wäre ja nicht das erste Mal, dass Richter die wissenschaftliche Sachlage völlig falsch einschätzen - siehe Fahrverbote wegen zu hoher Stickoxidwerte. Ein mir bekanntes Urteil eines portugiesischen Berufungsgerichts bezüglich Zwangsquarantäne von Urlaubern wurde jedenfalls von Fachleuten scharf kritisiert, und zwar dahingehend dass die im Urteil zitierten Studien ganz offensichtlich entweder falsch verstanden oder falsch übersetzt wurden.

Zitat

Dann gab es gar einige Wissenschaftler, die der frühen Publikation von Drosten in einer eigenen Publikation schwere Mängel vorgeworfen haben. Ist eine Publikation mit einer so klaren Aussage Geraune?



Kommt drauf an, wie stichhaltig diese Publikation war. Wenn es die war, die ich gerade im Kopf habe, ist ihr Ergebnis mit "substanzlos" noch freundlich umschrieben. Also weniger als Geraune.

Zitat

Alle sachkundigen Aussagen, einschließlich von Drosten, weisen darauf hin, dass der PCR-Test ab einer bestimmten Zyklenzahl zu sensitiv ist. Wahrscheinlich raunen die alle nur.



Es ist so lange Geraune, solange man keine harten Fakten hat: Welche der positiven Tests wurden mit welcher Zyklenzahl "erreicht"? Wieviele mit einer grenzwertigen Zyklenzahl wurden nicht durch den geforderten konfirmatorischen Test bestätigt?

Zitat

Zitat
Insbesondere die Behauptung, dass die PCR-Tests "zu empfindlich" sind habe ich noch nirgendwo auch nur annähernd belegt gesehen. Wenn man sich die Positiv-Raten anschaut - z.B. über den Sommer - dann kann man recht leicht erkennen, dass die Anzahl der Positiv-Tests eine exzellente Vorhersage späterer Erkrankungszahlen und Todeszahlen erlaubt.

Nun, die erste Aussage kommt von Leuten, die die Technik kennen. Ich denke, es ist keine Frage, dass der ct-Wert eine Rolle spielt, dass bei ct=10 möglicherweise kein positives Ergebnis ist, bei Ct=40 schon. Nur weiß der Laborant nicht, ob der getestete Proband tatsächlich infiziert ist. Dazu müsste dieser einen Arzt konsultieren, was in der Regel nicht passiert.




Auch bei ct=40 liegt eine Infektion vor, das ist das Einzige was ganz sicher ist. Ein PCR-Test reagiert nicht auf nichts. Liegt der ct-Wert sehr hoch, wird ein konfirmatorischer Test gefordert - weil man nicht weiß, ob es nur an der schlechten Qualität des Abstriches lag. Das ist gängige Praxis, ich kenne ein paar Fälle mit "unklaren" Testergebnissen wo der Abstrich am nächsten Tag wiederholt wurde.

Der Arzt weiß sowenig wie der Laborant, ob der Patient erkranken wird, ob die Symptome die er gerade zeigt tatsächlich auf eine COVID-19-Erkrankung zurückzuführen sind, ob er keine Symptome zeigt und trotzdem infektiös ist oder nicht. So funktioniert halt Medizin - die Diagnose ist immer mit Unsicherheiten behaftet.

Hat irgendjemand behauptet, die PCR-Tests seine zu 100% zuverlässig und nur ganz sicher infektiöse Patienten werden in Quarantäne geschickt? Ich hoffe nicht. Im Angesicht einer Pandemie sollte man schon einen gewissen Sicherheitspuffer einbauen. Aber wie dem auch sei: wenn eine signifikante Anzahl von PCR-Tests falsch-positiv ist, dann bedeutet das zweierlei: die IFR ist höher als befürchtet, und die Herdenimmunität über natürliche Ausbreitung ist eine noch schlechtere Idee als schon bekannt.

Zitat

Zur Korrelation mit Todeszahlen: Wenn Krankenhauspersonal oder Pflegepersonal positiv in Quarantäne muss, hat das vielleicht Auswirkung auf die Versorgung kranker alter Menschen, und damit deren Sterblichkeit. Nur so als denkbare Kausalitätskette. Sonstigen Plausibilitätsüberlegungen will ich gar nicht folgen, da sich die Teststrategie nach dem Sommer massiv geändert hat, ich aber keine Information über Schwerpunkte, Mehrfachtests u.a. habe.



Erst als die Zahlen massiv wieder angestiegen sind wurde die Teststrategie wieder geändert in "nur noch die mit Symptomen, und nicht mal da alle". Man kann das schön an der Positivrate der Tests sehen. Jedenfalls widerlegt die geringe Positivrate während niedriger Inzidenz im Sommer das Gerücht von den vielen falsch-positiven Ergebnissen nachhaltig.

Zitat

Zitat
Mich würde interessieren, wie die Hypothese aussehen soll, ausgehend von der Behauptung, dass die PCR-Tests "viel zu empfindlich" sind. Wenn man als Fakten das heutige Wissen zugrunde legt über die typischen Symptome von COVID-19 und die typischen Krankheitsverläufe. Wenn viele (wie viele?) PCR-Tests falsch positiv sind, heißt das dann, dass die IFR viel höher ist als bisher gedacht? Oder heißt das, dass es ein unbekanntes grassierendes Virus gibt, das dieselben Symptome verursacht? Heißt es, das wir auf den Intensivstationen in der Zwangsbeatmung viele Simulanten haben, die dann auch noch am Ende sterben? Und wie kommt es eigentlich, dass diverse Länder beispielsweise durch rigorose Kontaktnachverfolgung die Zahl der positiven PCR-Tests so niedrig halten? Und dass bei denen auch die Zahl der Erkrankten entsprechend niedriger ist?

Offensichtlich haben wir mehr positive Tests als Infektionen mit allen denkbaren Symptomen. Das beantwortet möglicherweise die erste Frage. Von den Infizierten ist auch nur eine Teilmenge auf der Intensivstation. Das widerspricht nicht dem Bild eines zu sensitiven Tests. Nicht alle positiv Getesteten landen in der Intensivstation. Die Frage nach diversen Ländern ist mir zu breit, und spezifische Länder, deren detailliertes Management ich nicht kenne, kann ich nicht seriös kommentieren.




OK, also keine alternative plausible Hypothese. Deshalb bleibe ich bei meinem Urteil: Geraune. Ohne Substanz.

Dass mehr positive Testergebnisse da sind wie symptomatisch Erkrankte, das liegt an SARS-CoV-2 und seiner unangenehmen Eigenschaft, dass auch Menschen mit asymptomatischem Verlauf das Virus weitergeben können. Oder wird diese sehr gut gesicherte Wissenschaftliche Erkenntnis mittlerweile auch bestritten? Die Idee, dass nur die, die auf der Intensivstation landen, für das Infektionsgeschehen relevant sind - ich hoffe, da habe ich Dich falsch verstanden, das wäre nun wirklich eine absurde Theorie.

Zitat

Zitat
Und von der epidemiologischen Sicht her ist es auch eine bessere Idee, einen positiv getesteten, aber möglicherweise nicht infektiösen Menschen erst mal in Quarantäne zu schicken, bevor er andere ansteckt.

Aus epidemiologischer Sicht wäre es sicher optimal, alle Menschen einige Monate wegzusperren, danach alle Grenzen für drei Jahre dicht zu machen. Aus diesem Grund sollten Epidemiologen nur eine Stimme unter vielen haben. Oder man präzisiert ihre Aufgabenstellung.




Die Aufgabenstellung ist, mit möglichst verträglichen Maßnahmen einen R-Wert von dauerhaft unter 1 zu schaffen. Einen Menschen, der nachweislich infiziert ist oder war (positiver PCR-Test), vorsorglich für einen kurzen Zeitraum in Quarantäne zu schicken, halte ich für eine verhältnismäßig harmlose Maßnahme, um den Rest der Bevölkerung vor wahrscheinlichem Schaden zu bewahren. Ist wie die Forderung nach der TÜV-Prüfung des KfZ alle zwei Jahre - es hilft nicht in allen Fällen, und besser wäre die tägliche Prüfung vor Fahrantritt, aber man muss eben einen Mittelweg finden. Sieht man ja auch an den Maßnahmen: die Lockdowns in Deutschland waren ja im internationalen Vergleich eher harmlos, keine strenge Ausgangssperren und dergleichen, Betriebe ohne Publikumsverkehr hatten quasi die ganze Zeit weitergearbeitet. Auch da gilt es, den Mittelweg zu finden. Im Angesicht eines sehr dynamischen Infektzionsgeschehens ist diese Mitte ständig woanders.

Gruß
hubersn

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Martin Offline



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05.04.2021 17:51
#97 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Zitat von hubersn im Beitrag #96
Wenn man dringend einen negativen Test braucht, kann man den leicht produzieren. Das invalidiert aber nicht den positiven Test und ist bestimmt kein Indiz für einen falsch-positiven Test oder einen zu sensiblen Test. Im Gegenteil ist ja gut belegt, dass ein Abstrich im Rachenraum noch während einer andauernden COVID-19-Erkrankung auch negativ ausfallen kann.
Ich möchte die Kommentare nicht einzeln sezieren. Vieles hängt mit dem PCR-Test zusammen. Ein Gerichtsurteil anzuzweifeln, weil andere Gerichte inkompetent waren, ist nicht gerade eine überzeugende Argumentation. Ein Wiener Gericht hat jetzt ähnlich dem portugiesischen Gericht argumentiert, und stützt sich auf Aussagen der WHO, die allesamt trivial sind, und auf die ich hier schon lange hinweise: Die Gebrauchsanleitung der Test sollen beachtet werden! Ich kenne nun mal den Prozess, wie Gebrauchsanweisungen nach Medizinproduktegesetzen entstehen, über die gehen mehrere regulatorische Reviews (habe ich selbst gemacht). Da steht kein Wort unüberlegt. Und die Gebrauchsanweisungen sagen, dass die PCR-Tests allein keine Diagnose geben. Das Ergebnis muss zum klinischen Bild passen. Das ist eben gerade dort wichtig, wo in eine Bevölkerung mit geringer Prävalenz getestet wird. Das passiert auch dann, wenn potentielle Kontaktpersonen eines Infizierten sicherheitshalber getestet werden, ohne dass sie irgendwelche klinischen Anzeichen haben. Was die WHO zusätzlich fordert, ist ein zweiter PCR-Test, wenn ein (positives) Ergebnis nicht zum klinischen Bild passt. Und sie fordert, den ct-Wert dem Testbericht beizufügen (damit sich ein Arzt ein Bild machen kann).

Wenigstens kennt die WHO die Regeln, und tun auch die Gerichte nichts anderes, als an diese zu erinnern, während seit einem Jahr von unserem Gesundheitsministerium, dem RKI und anderen Behörden Regeln aus dem Medizinproduktegesetz kontinuierlich missachtet werden. Und bisher sind auch deutsche Gerichte offensichtlich hinsichtlich der Gesetzeslage völlig ahnungslos.

Es geht nun mal nicht um einen TÜV, sondern um massive Einschränkungen von Grundrechten. Allerdings könnte man bei einer nicht bestandenen ersten TÜV-Prüfung ja auch das Auto gleich verschrotten, anstatt die Bremse zu erneuern.

Zu den beiden Laboren: Ich wollte nicht deren Arbeit anzweifeln. Ich wollte nur anmerken, dass die WHO einen besseren überblick über die Labore weltweit hat. Gerade gab es einen Pressebericht (https://www.bbc.com/news/uk-56556806) über katastrophale Zustände ein einem großen britischen Testlabor. Die Tatsache, dass zeitweilige geringe positive Testergebnisse für eine geringe falsch-positiv-Rate der Tests sprechen, halte ich für irrig. Ich hätte ja gerne mal eine solide FMEA über den ganzen Prozess gesehen. Wenn beispielsweise die Zahl der Infektionen ansteigt, steigt selbstverständlich auch die Wahrscheinlichkeit einer Querkontamination von Proben (wegen Schlampigkeit).

Wenn ich aber von falsch-positiv schreibe, dann meine ich positiv in Bezug auf eine tatsächliche Infektion.

Gruß
Martin

hubersn Offline



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25.04.2021 23:13
#98 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #97
Ein Gerichtsurteil anzuzweifeln, weil andere Gerichte inkompetent waren, ist nicht gerade eine überzeugende Argumentation.



Ich weiß immer noch nicht, auf welches Gerichtsurteil aus Portugal Du Dich bezogen hast. Ich weiß nur, dass das, welches ich gesehen habe, nachweislich inkompetent war. Man muss halt jedes für sich betrachten. Es gab ja auch zig Urteile in die entgegengesetzte Richtung, die muss man sich auch im Detail anschauen.

Zitat

Ein Wiener Gericht hat jetzt ähnlich dem portugiesischen Gericht argumentiert, und stützt sich auf Aussagen der WHO, die allesamt trivial sind, und auf die ich hier schon lange hinweise: Die Gebrauchsanleitung der Test sollen beachtet werden!



Bitte Urteil verlinken, würde ich gerne anschauen. Das Wiener Gericht hat also gutachterlich bestätigen lassen, dass österreichische Labore die WHO-Vorgaben nicht befolgen?

Zitat

Ich kenne nun mal den Prozess, wie Gebrauchsanweisungen nach Medizinproduktegesetzen entstehen, über die gehen mehrere regulatorische Reviews (habe ich selbst gemacht). Da steht kein Wort unüberlegt. Und die Gebrauchsanweisungen sagen, dass die PCR-Tests allein keine Diagnose geben. Das Ergebnis muss zum klinischen Bild passen. Das ist eben gerade dort wichtig, wo in eine Bevölkerung mit geringer Prävalenz getestet wird. Das passiert auch dann, wenn potentielle Kontaktpersonen eines Infizierten sicherheitshalber getestet werden, ohne dass sie irgendwelche klinischen Anzeichen haben. Was die WHO zusätzlich fordert, ist ein zweiter PCR-Test, wenn ein (positives) Ergebnis nicht zum klinischen Bild passt. Und sie fordert, den ct-Wert dem Testbericht beizufügen (damit sich ein Arzt ein Bild machen kann).



Und das entspricht den Vorgaben des RKI. Wo werden denn nun die Vorgaben nicht eingehalten?

Auch das "ein PCR-Test ist keine Diagnose"-Argument ist ja ein Klassiker. Aus Infektionsschutzgesichtspunkten ist die Diagnose "COVID-19" aber völlig irrelevant. Und genau deshalb reicht der positive PCR-Test auch für eine Quarantäneanordnung. Wenn man auf die klinischen Symptome wartet, hat man schon verloren. Wenn man darauf wartet, ob die Zellkultur-Anzucht gelingt, hat man schon verloren.

Ich vergleiche es mal mit Untersuchungshaft - das ist auch ein gravierender Eingriff in die Grundrechte, und trotzdem im Einklang mit unserem Rechtsstaat. Es geht stets um die Verhältnismäßigkeit. Auch in der Abwägung der Grundrechte gegeneinander.

Zitat

Es geht nun mal nicht um einen TÜV, sondern um massive Einschränkungen von Grundrechten. Allerdings könnte man bei einer nicht bestandenen ersten TÜV-Prüfung ja auch das Auto gleich verschrotten, anstatt die Bremse zu erneuern.



"Auto gleich verschrotten" ist äquivalent zu "2 Wochen verodnete Quarantäne"? Aus meiner Sicht ist die Quarantäne eine Vorsichtsmaßnahme genau wie eine Stillegung eines Fahrzeugs bei einem verkehrsgefährdendem Mangel. Sobald der behoben ist (...die 2 Wochen vorbei sind...) ist alles wieder gut.

Warum der TÜV gegen meine Grundrechte (z.B. Artikel 14) verstoßen darf, das Infektionsschutzgesetz aber nicht - das leuchtet mir nicht ein.

Aber wie jeder andere Autovergleich hinkt der natürlich auch.

Zitat

Die Tatsache, dass zeitweilige geringe positive Testergebnisse für eine geringe falsch-positiv-Rate der Tests sprechen, halte ich für irrig.



"Irrig". Ja, das ist natürlich eine ausgefeilte Argumentation.

Es ist ja nicht so, dass nicht regelmäßig die Proben in Kulturen angezüchtet werden, um die Infektiösität nachzuweisen. Und siehe da: selbst bei Tests, die erst bei einem ct-Wert von 40 positiv waren, ist das schon gelungen. Es gibt einfach aus überhaupt keiner Richtung auch nur einen soliden Hinweis darauf, dass es eine signifikante Anzahl von falsch-positiven PCR-Tests gibt. Nicht zuletzt ist die Anzahl der positiven Tests zusammen mit dem Alter der Betroffenen ein exzellenter Frühindikator für die spätere Entwicklung der Zahlen der Hospitalisierung und der Intensivstationbelegung. Weltweit übrigens. Und dort, wo die Kontaktnachverfolgung funktioniert, hat man die Pandemie im Griff - d.h. testbasierte Unterbrechung von Infektionsketten funktioniert. Was auch für funktionierende Tests spricht.

Es ist ja auch nicht so, dass die Studienlage zu diesem ganzen Themenkomplex nicht ausreichend wäre. Ich werfe mal folgende in den Raum: "Singanayagam et al.: Duration of infectiousness and correlation with RT-PCR cycle threshold values in cases of COVID-19"

Gruß
hubersn

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Martin Offline



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26.04.2021 11:00
#99 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Zitat von hubersn im Beitrag #98
Ich weiß immer noch nicht, auf welches Gerichtsurteil aus Portugal Du Dich bezogen hast.
https://crlisboa.org/wp/juris/processo-n-o1783-20-7t8pdl-l1-3/

Zitat
Bitte Urteil verlinken, würde ich gerne anschauen. Das Wiener Gericht hat also gutachterlich bestätigen lassen, dass österreichische Labore die WHO-Vorgaben nicht befolgen?

http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at/Content.Node/rechtsprechung/103-048-3227-2021.pdf

Die Urteile weisen auf den 'Klassiker' hin, dass der Test keine Diagnose ist, diese von einem Arzt bestätigt werden muss. Davon, dass österreichische Labore begutachtet worden sind, habe ich nichts geschrieben. Die Qualität der Labore ist ein anderes Thema, s. mein Hinweis auf die BBC-Recherche.

Zitat

Zitat

Ich kenne nun mal den Prozess, wie Gebrauchsanweisungen nach Medizinproduktegesetzen entstehen, über die gehen mehrere regulatorische Reviews (habe ich selbst gemacht). Da steht kein Wort unüberlegt. Und die Gebrauchsanweisungen sagen, dass die PCR-Tests allein keine Diagnose geben. Das Ergebnis muss zum klinischen Bild passen. Das ist eben gerade dort wichtig, wo in eine Bevölkerung mit geringer Prävalenz getestet wird. Das passiert auch dann, wenn potentielle Kontaktpersonen eines Infizierten sicherheitshalber getestet werden, ohne dass sie irgendwelche klinischen Anzeichen haben. Was die WHO zusätzlich fordert, ist ein zweiter PCR-Test, wenn ein (positives) Ergebnis nicht zum klinischen Bild passt. Und sie fordert, den ct-Wert dem Testbericht beizufügen (damit sich ein Arzt ein Bild machen kann).



Und das entspricht den Vorgaben des RKI. Wo werden denn nun die Vorgaben nicht eingehalten?


Es gibt in Deutschland weder routinemäßig den ct-Wert, noch bei fehlenden Symptomen einen unmittelbaren Zweittest.

Zitat
Auch das "ein PCR-Test ist keine Diagnose"-Argument ist ja ein Klassiker. Aus Infektionsschutzgesichtspunkten ist die Diagnose "COVID-19" aber völlig irrelevant. Und genau deshalb reicht der positive PCR-Test auch für eine Quarantäneanordnung. Wenn man auf die klinischen Symptome wartet, hat man schon verloren. Wenn man darauf wartet, ob die Zellkultur-Anzucht gelingt, hat man schon verloren.

So schnell verliert man eben nicht, das ist an der Realität völlig vorbei argumentiert. Eine Realität ist die, dass die Menschen zumeist durchaus verantwortungsvoll handeln, ohne, dass ihnen ein so oder so überfordertes Amt eine staatliche Quarantäne überstülpt. Die andere Realität ist die, dass die Testabdeckung nur einen Bruchteil der Bevölkerung erfasst. Wir leben also seit einiger Zeit mit dem Nichtwissen, ohne dass eine Katastrophe (außer der politischen ) über uns hereingebrochen ist. Ein/zwei Tage auf Symptome und einen Zweitest zu warten fällt da im Verhältnis kaum ins Gewicht. Und wenn in einer Gemeinde nach einer umfangreichen Testrunde eine hohe 7-Tage-Inzidenz festgestellt wird, davon aber keiner symptomatisch, dann ist es sehr unwahrscheinlich, dass sich alle in dem kleinen Zeitfenster bis zur tatsächlichen Infektion befinden. Selbstverständlich ist mehr Vorsicht angebracht, wo positiv Getestete in Pflegeberufen arbeiten. Allerdings dachte ich, dass dann doch die Maske so gut schützt. Wozu dann strenge Quarantäne? Irgendwo gehen die Argumente logisch nicht ganz auf.

Das mit dem 'Verlieren' sehe ich eher irrational begründet. Siehe noch ganz unten.


Zitat
Es ist ja nicht so, dass nicht regelmäßig die Proben in Kulturen angezüchtet werden, um die Infektiösität nachzuweisen. Und siehe da: selbst bei Tests, die erst bei einem ct-Wert von 40 positiv waren, ist das schon gelungen. Es gibt einfach aus überhaupt keiner Richtung auch nur einen soliden Hinweis darauf, dass es eine signifikante Anzahl von falsch-positiven PCR-Tests gibt.

Damit wird doch keine Infektiosität nachgewiesen, sondern höchstens, dass da irgendwo ein vermehrungsfähiges Virus war. Ohne ausreichende Virenlast ist das mit der Infektiosität kein kritischer Punkt. Darum geht es auch bei den ct-Werten. Um Drostens berühmtes Virus, das an der Nasenschleimhaut vorbeihuscht, aber nichts weiter bedeutet.

Zitat
Nicht zuletzt ist die Anzahl der positiven Tests zusammen mit dem Alter der Betroffenen ein exzellenter Frühindikator für die spätere Entwicklung der Zahlen der Hospitalisierung und der Intensivstationbelegung. Weltweit übrigens. Und dort, wo die Kontaktnachverfolgung funktioniert, hat man die Pandemie im Griff - d.h. testbasierte Unterbrechung von Infektionsketten funktioniert. Was auch für funktionierende Tests spricht.

Das Monitoring und damit der Frühindikator funktioniert auch mit weniger Testungen und mit geringeren ct-Werten. Das Unterbrechen der Infektionsketten mit den gehäuften Testungen war dagegen im letzten Jahr eine Illusion, eben weil nur ein kleiner Teil der Bevölkerung erfasst wurde, die vielen Positiven aber von den Gesundheitsämter personell gar nicht bearbeitet werden konnten, was die Kontaktnachverfolgung anging. Es war schlicht dumm. Mit niedrigeren Ct-Werten hätte man Ressourcen optimieren können, selbst auf die minimale Wahrscheinlichkeit hin, dass mal einer 'durch die Lappen geht'. Und erst jetzt mit den breit verfügbaren Schnelltests hat man ein Mittel, Infektionsketten früher zu unterbrechen. Wenn den Menschen und deren potentiellen Kontakten aber sofort Quarantäne droht, werden sie das umgehen wollen.

Zitat
Es ist ja auch nicht so, dass die Studienlage zu diesem ganzen Themenkomplex nicht ausreichend wäre. Ich werfe mal folgende in den Raum: "Singanayagam et al.: Duration of infectiousness and correlation with RT-PCR cycle threshold values in cases of COVID-19"

Ich nehme an, die WHO und Länder, die den Ct-Wert begrenzt haben, kennen die Daten auch. Die Studie wurde an Menschen gemacht, die Symptome hatten. Was leitest Du aus der Studie ab?

Nochmal zurück zum 'schnell verlieren': Natürlich kann man als Behörde Menschen einfach mal so in Quarantäne schicken - zack, erledigt. Wie die Menschen damit zurecht kommen - uninteressant. Zu Deinem Beispiel Untersuchungshaft: Dort sind die Menschen wenigstens versorgt. Warum sollen positiv Getestete nicht zum Supermarkt gehen, um sich Lebensmittel zu kaufen? Dafür ist dort doch die Maske vorgesehen. Und welcher positiv Getestete setzt sich mit anderen zusammen an einen Tisch? Alle mir Bekannten mit positivem Test haben das mitgeteilt und sich von anderen fern gehalten. Und sie haben diejenigen informiert, mit denen sie zuletzt zusammen saßen. Der Staat misstraut den Menschen und gängelt sie unverhältnismäßig. Das sieht man auch jetzt bei der Anwendung der Antigen-Schnelltests. Der Staat will den Test kontrollieren. Warum aber glauben die Kontrolleure, dass der Friseur kein Eigeninteresse hat, dass seine Kunden 'sauber' sind? Oder warum glauben die Kontrolleure nicht, dass die Eltern kein Interesse haben, ein selbst positiv getestetes Kind zuhause zu lassen? Und ein Beispiel aus einem Betrieb (letzte Woche): Ein Mitarbeiter positiv getestet, mit Symptomen -> Quarantäne. War privat in Kontakt mit einem anderen, für den Betrieb essentiellen Mitarbeiter. Gesundheitsamt, Sachbearbeiterin: Ab in 14 Tage Quarantäne. Geschäftsführer: Ohne den Mitarbeiter (an manchen Facharbeitern herrscht Mangel) kein Betrieb, Unterbrechung Lieferkette Automobilindustrie! Sachbearbeiterin gibt weiter an ihren Chef. Verhandlungsergebnis: Warten bis PCR-Testergebnis bekannt. Falls negativ, darf der Mitarbeiter weiterarbeiten. Der Geschäftsführer hat Glück gehabt, dass er den zuständigen Arzt überzeugen konnte, ist dem aber völlig ausgeliefert. Hätte dieser am staatlichen 08/15-Verfahren festgehalten, wäre ein ziemlicher Schaden entstanden. Dabei hätte der Mitarbeiter selbst bei positivem Test und ohne Symptome durchaus weiterarbeiten können, da innerbetrieblich für ausreichend Schutz gesorgt ist. Diese Entscheidung will die Behörde aber nicht dem verantwortlichen Geschäftsführer überlassen, der keinerlei Interesse daran hat, dass es in seinem Betrieb weitere Fälle gibt. Dort, wo der Staat eingreift, entsteht unverhältnismäßig hoher Schaden.

Gruß
Martin

Martin Offline



Beiträge: 4.129

14.05.2021 09:20
#100 RE: COVID-19: Sterbezahlen. Und: Verkehrstote Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #41
Vielleicht der ÖPNV? Raum für wissenschaftliche Arbeiten.


Eine wissenschaftliche Arbeit wurde jetzt in Auftrag gegeben, und wie es scheint, initiiert vom Baden-Württembergischen Verkehrsminister Hermann. Die Fahrgastzahlen sind inzwischen zurückgegangen, die teils privatisierten Betreiber des ÖPNV in finanziellen Nöten, Hermanns Mobilitätskonzept offensichtlich nicht sehr populär. Panik schüren wegen Maske und Abstand passt nicht zu vollen Zügen. Die Studie stellt fest, dass die Corona-Ansteckungswahrscheinlichkeit im ÖPNV nicht anders ist als im privaten Pkw https://vm.baden-wuerttemberg.de/fileadm...m_%C3%96PNV.pdf

Wenn ich mich an die überfüllten Busse erinnere, als im September 2020 die Schulen wieder geöffnet haben, und an überfüllte Bahnsteige und S-Bahnen in Stuttgart, als der Verkehrsminister Hermann die Taktzeiten verlängerte, dann passt das Studiendesign nicht so richtig zu dieser Situation. Dauer und Enge potentieller Kontaktsituationen entsprachen eher dem Einkauf im Supermarkt. Die meiste Zeit der Tage der Probanden waren diese in einem alltäglichen Leben außerhalb von Transportmitteln. Die Ergebnisse betrachte ich also in Bezug auf die Aufgabenstellung mau.

Aber es gibt ein vielleicht unbeabsichtigtes Ergebnis: Am Anfang der Studie, in KW 7, wurden alle Probanden mit positivem PCR- oder IgG-Test aussortiert. Am Ende der Studie in KW 12 wurden von 681 Probanden 3,4 % IgG-positiv, und 0,6 % PCR-positiv getestet. Nimmt man an, dass die Probanden mit Antikörpern im Laufe der Studie (offensichtlich unbemerkt) Corona hatten, dann könnte das einer durchgehenden Infektionsrate von 0,6 % entsprechen.

Die Studie fand zwischen den sogenannten Wellen 2 und 3 statt. Laut Daten des RKI gab es in dieser Zeit wöchentlich ca. 1,2 Mio PCR Tests, mit einer Quote an positiven Ergebnissen im Bereich von 6-7 %, in der KW 12 bei 1,4 Mio Testungen ca. 9 %.

Wie passt das zusammen? Nur 0,6 % der Menschen, die normal am täglichen Leben teilnehmen infizieren sich mit Corona, während das RKI gleichzeitig Quoten bis zu 9 % meldet. Sind die RKI-Testungen gar nicht repräsentativ für die Bevölkerung oder war Minister Hermanns Studie nicht repräsentativ für die Bevölkerung? Immerhin würde die Studie darauf hinweisen, dass sich seit Langem monatlich 2 % der Bevölkerung unbemerkt immunisieren. Die Studie fand in einem Tief des offiziellen Infektionsgeschehens statt. Die ÖPNV-Studie hat immerhin das gemacht, was das RKI schon lange versäumt: Einen kleinen Überblick über die Corona-Realität der allgemeinen Bevölkerung.

Gruß
Martin

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