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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Zettel Offline




Beiträge: 20.200

16.07.2008 22:21
Marginalie: Unsere Regierung, unsere Konjunktur, unser Dilemma Antworten

Daß es immer wieder Konflikte in der Wirtschaftspolitik geben würde, war klar, als man die Große Koalition schloß. Also hätte man seitens der Union für das Wirtschaftsressort einen starken, einen fachlich qualifizierten Minister gebraucht, der den Sozialpolitikern der SPD hätte standhalten können.

Stattdessen beförderte der Proporz zwischen CDU und CSU, oder was immer es war, Michael Glos auf den Sessel von Ludwig Erhard, Karl Schiller und Otto Graf Lambsdorff.

Da sitzt er nun, tut vermutlich sein Bestes und läßt es zu, wie die SPD mit dem unsäglichen Olaf Scholz an der Spitze faktisch die Führung der Wirtschaftspolitik übernimmt.

Ab also in die Rezession. Und die Arbeitslosen, die wir dann bekommen werden, können sich damit trösten, daß sie, hätten sie denn Arbeit, in den Genuß eines Mindestlohns kommen tun würden.


dirk Offline



Beiträge: 1.538

16.07.2008 22:56
#2 RE: Marginalie: Unsere Regierung, unsere Konjunktur, unser Dilemma Antworten

Ich glaube so schlimm, wie er von einigen gemacht wird, ist der Mindestlohn nicht. Man könnte sich vorstellen, die Welt bestehe aus nur zwei Arten von Menschen, Hoch- und Geringqualifizierten, die miteinander ihre Güter austauschen. Ein Mindestlohn wäre dann so etwas wie ein Monopolpreis seitens der Geringqualifizierten. Sicher wird bei einem höheren Preis weniger nachgefragt. Es entstünde also Arbeitslosigkeit. Andererseits erhöht ein Monopolpreis die Gewinne und damit den gesamten Lohn aller Geringqualifizierten.
Es findet also eine Umverteilung von den höher zu den geringer qualifizierten statt. Das kann, je nach verwendetem Maßstab, eine Verbesserung sein.

Nun sagen viele Ökonomen, "mag zwar sein, dass dies eine Verbesserung ist, aber den gleichen Effekt könnten wir auch über das Steuersystem haben und dass ohne den negativen Effekt der Arbeitslosigkeit und damit viel effizienter". Und das glaube ich nicht unbedingt, denn erstens hat auch der "Kombilohn" seine Bürokratie und entsprechende negative Effekte (alleine schon kann er nicht Branchenspezifisch eingesetzt werden und damit weniger Zielgerichtet auf Geringqualifizierte) und zweitens ist es in der Tat so, dass es für einen Arbeitnehmer einen Unterschied macht, ob er sein niedriges Gehalt vom Staat bezuschussen lassen muss, oder ob der Umverteilungseffekt im Mindestlohn versteckt ist.

Damit will ich mich nicht für einen Mindestlohn aussprechen, möchte aber begründen, warum ich ihn für weniger schlimm halte. Kurz, und das wäre das Fazit, er ist die ideale Verhandlungsmasse für andere Themen. "Tausche Mindestlohn gegen Flattax" oder so. Ich hoffe jedefalls, dass die CDU einen hohen Preis für ihr Zugeständnis verhandelte, dann kann das Gesamtergebnis durchaus positiv sein.

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

16.07.2008 23:13
#3 RE: Marginalie: Unsere Regierung, unsere Konjunktur, unser Dilemma Antworten

Zitat von Dirk
Andererseits erhöht ein Monopolpreis die Gewinne und damit den gesamten Lohn aller Geringqualifizierten.
Es findet also eine Umverteilung von den höher zu den geringer qualifizierten statt.


Tut es das? In der Theorie hätte ein Mindestlohn nur dann positive Auswirkungen, wenn vorher ein signifikanter Anteil der Geringqualifizierten unterhalb ihrer Produktivität entlohnt worden wäre und hinterher ein signifikanter Anteil der Geringqualifizierten zum Mindestlohn beschäftigt wird, obwohl ihre Produktivität geringer ist. Beides würde auf schlecht funktionierende Märkte hindeuten.

Und dann müsste der so "gewonnene" Lohn noch den Verlusten aus der Arbeitslosigkeit gegenübergestellt werden. Es würde mich wirklich sehr wundern, wenn da in Summe nicht ein dickes Minus herauskäme.

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

Omni Offline



Beiträge: 255

16.07.2008 23:27
#4 RE: Marginalie: Unsere Regierung, unsere Konjunktur, unser Dilemma Antworten

Ich glaube nicht dass irgendwer vorhersagen kann, was ein Mindestlohn für Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft hätte. Dafür müsste man schon Wahrsager sein, vermute ich. Ich glaube weder denen, die ihn schlechtreden, noch denen, die ihn anhimmeln.

dirk Offline



Beiträge: 1.538

16.07.2008 23:45
#5 RE: Marginalie: Unsere Regierung, unsere Konjunktur, unser Dilemma Antworten

Rayson, verzeihe mir, aber meiner Ansicht nach machst Du einen für Ökonomen typischen Fehler in dem DU eine klassische Mikroökonomische Situation auf die gesamte Volkswirtschaft verallgemeinerst. (Genau das habe ich auch oft gemacht).

Um konkret zu sein: Es gibt nicht so etwas wie "die Produktivität" eines Geringqualifizierten. Jedenfalls gibt es sie nicht als (exogenen) Input in das Gedankenspiel. Sie ist vielmehr ein Preis, sprich das Ergebnis der anderen, der wirklichen, Bestimmungsfaktoren. Sprich: sie ist eine endogene Größe.

Im simpelsten Modell abstrahiert man einfach von einer Firma. Dann gibt es nur Geringualifizierte, die ein Gut G produzieren. Und Hochqualifierte, die ein Gut H produzieren. Jeden Geringqualifizierten stelle ich mir dann als eigene Firma vor, die mit den anderen Geringqualifizierten konkurriert. Zu welchem Preis ist ein Geringqualifizierter bereit Gut H gegen Gut G zu tauschen? Naja, genau zu seiner Grenzrate der Substitution (natürlich konkurrieren auch die Hochqualifizierten untereinander, aber wenn es signifikant weniger von Ihnen als von den Geringqualifizierten gibt, kann man das vernachlässigen). Das sind seine "Grenz(Opporunitäts)kosten". Er verkauft, wie ein Unternehmen im Wettbewerb, zu seinen (marginalen) Produktionskosten. Wenn die sich die Geringqualifizierten dagegen absprechen und einen höheren Preis durchsetzen, fahren sie eine Monopolrendite ein. Auch wenn sie dann weniger "verkaufen".

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

16.07.2008 23:56
#6 RE: Marginalie: Unsere Regierung, unsere Konjunktur, unser Dilemma Antworten

Ich finde auch: Unsere Regierung sollte keine Rücksicht darauf nehmen, was irgendwelche Wissenschaftler zu einem Thema sagen, sondern einfach das in Gesetzesform gießen, was am meisten Wählerstimmen bringt.

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

17.07.2008 00:06
#7 RE: Marginalie: Unsere Regierung, unsere Konjunktur, unser Dilemma Antworten

Zitat von Dirk
Sprich: sie ist eine endogene Größe.


Das ist natürlich richtig. Aber die eigentliche Frage ist doch die, welche Prozesse "unterwegs" stattfinden. Und da würde ich doch mal schwer darauf setzen, dass als erstes die mikroökonomische Logik des Unternehmens zum Tragen kommt.

Dein Modell ist natürlich arg einfach - mit den richtigen Annahmen der Preiselastizität der Nachfrage der Hochqualifizierten komme ich auch zum gewünschten Ergebnis ;-) Und der Tod jedes Monopols, Konkurrenz von außen, ist auch nicht vorgesehen... Aber wenn ich sein Ergebnis einfach mal so hinnehme, dann steht am Ende natürlich nicht nur die Monopolrendite, sondern auch eine nicht optimale Ressourcenausnutzung - es wird also nicht nur umverteilt, sondern auch insgesamt weniger erwirtschaftet.

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L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

dirk Offline



Beiträge: 1.538

17.07.2008 00:29
#8 RE: Marginalie: Unsere Regierung, unsere Konjunktur, unser Dilemma Antworten

So war es nicht gemeint. Der Fehler ist typisch für Ökonomen, weil das Konzept "Produktivität" aus mikroökonomischen Überlegungen bekannt ist, aber auf die Makroebene nicht so ohne weiteres übertragbar ist. Deswegen ist der Fehler beliebt.

Es klingt jetzt blöd (zumal ich erst kürzlich in diesem Forum eine Atacke gegen Juristen geritten habe ), aber zum Beispiel wird dieser vom Sachverständigenrat gemacht. http://www.sachverstaendigenrat-wirtscha...z546_553j06.pdf

Ich kann auch genau sagen, wo in deren Modellen der Fehler passiert (Es gibt nur ein Gut und ein Hochqualifizierter zeichnet sich dadurch aus, dass er in einer Stunde mehr von diesem Gut produzieren kann. Damit ist natürlich sofort das Verhältnis der Löhne festgelegt. In Wirklichkeit produzieren aber beide verschiedene Güter und sie müssen sich über einen relativen Preis dieser Güter einigen. Da spielt Marktmacht eine Rolle)

Viele andere machen den Fehler machen diesen Fehler nicht (deswegen ist es keine Ökonomen"schelte". Ich bin übrigens selber einer) kommen aber zu den gleichen oder ähnlichen Ergebnisse. Denke mal über das Beispiel von oben nach.

dirk Offline



Beiträge: 1.538

17.07.2008 00:42
#9 RE: Marginalie: Unsere Regierung, unsere Konjunktur, unser Dilemma Antworten

In Antwort auf:
Aber wenn ich sein Ergebnis einfach mal so hinnehme, dann steht am Ende natürlich nicht nur die Monopolrendite, sondern auch eine nicht optimale Ressourcenausnutzung - es wird also nicht nur umverteilt, sondern auch insgesamt weniger erwirtschaftet.


Genau. Der Gesamtlohn der Geringqualifizierten steigt, aber einige sind arbeitlos.


In Antwort auf:
Aber die eigentliche Frage ist doch die, welche Prozesse "unterwegs" stattfinden. Und da würde ich doch mal schwer darauf setzen, dass als erstes die mikroökonomische Logik des Unternehmens zum Tragen kommt.
Selbst wenn man die enischliesst, läuft es aufs gleiche heraus. Die Nachfrage durch die Hochqualifizierten ist ja auch bei einem höherem Preis noch da (nur etwas weniger), so dass zwar jede xte Putzfirma zumachen muss aber der Rest höhere Löhne zahlen kann.
In Antwort auf:

Dein Modell ist natürlich arg einfach - mit den richtigen Annahmen der Preiselastizität der Nachfrage der Hochqualifizierten komme ich auch zum gewünschten Ergebnis ;-)


Aber immer dasselbe: Ein höherer Lohn (so langer er nicht über dem optimalen Monopol-lohn liegt. Gut, wenn die elastizität unendlcih ist, sind Wettbewerbslohn und Monopollohn identisch (-:), erhöht die Gesamtrendite der Geringqualifizierten.
In Antwort auf:

Und der Tod jedes Monopols, Konkurrenz von außen, ist auch nicht vorgesehen...


Auch korrekt. Wobei die meisten Niedriglöhne im Dienstleistungsberecih (Putzen, Friseuer) usw. gezahlt werden. Die sind kaum "importierbar". Übrigens auch ein Vorteil des Mindestlohns gegenüber dem Kombilohn: Er kann nach Branchen (und damit Rücksicht auf Preiselastizitäten und Substitutionsmöglcihkeiten durchs Ausland) differenzieren.



Insgesamt bin ich auch gegen den Mindestlohn und zwar sowohl aus prinzipiellen Gründen (Staatseingriff) als auch ökonomischen. Aber der Schaden scheint mir nicht so groß zu sein, wie ich anfänglich dachte und wie er auch von vielen dargestellt wird. Deswegen wäre ich als Politiker bereit dem Mindestlohn im Austausch zu etwa einer Flattax zuzustimmen.

RexCramer ( gelöscht )
Beiträge:

17.07.2008 01:56
#10 RE: Marginalie: Unsere Regierung, unsere Konjunktur, unser Dilemma Antworten

Lieber dirk,

Zitat von dirk
Wobei die meisten Niedriglöhne im Dienstleistungsberecih (Putzen, Friseuer) usw. gezahlt werden. Die sind kaum "importierbar".


das hört man immer wieder von Befürwortern des Mindestlohns, man führe schließlich nicht wegen eines Haarschnitts nach Warschau oder so. Dieses Argument ist ganz schlecht, denn es suggeriert, daß es keine anderen Möglichkeiten gibt, als zähneknirschend die höheren Preise durch Mindestlöhne zu zahlen, was aber falsch ist. Grundsätzlich kann man Arbeit ins Ausland verlagern, sie kann in Zukunft durch Schwarzarbeit erledigt werden, wird selbst oder gar nicht mehr gemacht. Es ist ein Irrglaube, man könne Preise (beliebig) nach oben treiben, ohne daß das Konsequenzen hat, weil man angeblich nicht ausweichen kann.

Im Gegenteil läßt eine Schattenwirtschaft im Volumen von inzwischen rund € 370 Mrd. vermuten, daß es schon viele Regelungen gibt, die viele Arbeiten so unrentabel machen, daß sie regulär nicht mehr erledigt werden können.
Anderes Beispiel: Es ist kein Geheimnis, daß ein Handwerker 6-7 Std. arbeiten muß, damit er sich eine Stunde eines Kollegen leisten kann. Ich habe in meinem gesamten Bekanntenkreis noch nie erlebt, daß bei einem Umzug Maler usw. beauftragt wurden. Da wird komplett selbst renoviert, auch schwierigere Arbeiten.
Ein Mindestlohn verstärkt solche Entwicklungen.

Was ist mit den Menschen, deren Produktivität so gering ist, daß sie den Mindestlohn nicht erwirtschaften können? Für diejenigen stellt er praktisch ein Arbeitsverbot dar. Hört sich nicht besonders "sozial" an.
Das Problem ist hier der Eingriff in Marktpreise. Das ist prinzipiell immer eine heikle Sache, wenn der Staat sowas macht. Man kann zwar Löhne gesetzlich festlegen, aber man kann niemanden zwingen, jemanden zu diesen Bedingungen zu beschäftigen oder einzustellen. Am besten wäre daher eine Negativsteuer, die nicht in Märkte eingreift, sondern die Ergebnisse dieser ändert - ein großer Unterschied. Dann gäbe es auch keinen Grund, jemanden zu entlassen.

Darin, daß man den Mindestlohn nach Branchen differenziert setzen kann, kann ich keinen Vorteil entdecken. Hängen die Preise für Brot und Butter im Supermarkt neuerdings davon ab, ob ein Dachdecker oder Bäcker sie kauft? Was soll das also? Das zeigt doch nur, daß der Slogan "Man soll von seiner Hände Arbeit leben können" nur vorgeschoben ist, denn wenn man das ernstmeinte, dürfte man gerade nicht differenzieren.

Abgesehen davon finde ich die Forderung ausgerechnet der SPD nach Mindestlöhnen vollkommen absurd: Erst hat man mit den "Hartz-Gesetzen" den Druck massiv erhöht, daß Arbeitslose quasi jeden Job annehmen müssen, aber nun will man diese Jobs wieder kaputtmachen. Ohne diesen deutlichen Zwang wäre das Sozialsystem ein faktischer Mindestlohn, denn niemand ginge für weniger arbeiten, als er vom Staat fürs Nichtstun bekommt. Wer dann für welchen Lohn auch immer arbeiten möchte, z. B. um wieder reinzukommen etc., sollte das tun dürfen und es gäbe keinen Grund für den Staat, überhaupt einzugreifen.

MfG

Feynman ( gelöscht )
Beiträge:

17.07.2008 10:02
#11 RE: Marginalie: Unsere Regierung, unsere Konjunktur, unser Dilemma Antworten

In Antwort auf:
man führe schließlich nicht wegen eines Haarschnitts nach Warschau oder so


Selber schneiden, wäre eine billige Möglichkeit, wegen einer Rassur geht mann heute auch nicht zum Barbier. Hygenisch (Stichwort Hepatitis) geht es bei einem Frieseur bestimmt nicht zu. Fragen Sie bei Gelegenheit ruhig einmal nach.

____________________________________________________
..., people ignored the fact that democracy cannot be permanently maintained when free enterprise, free trade, and economic freedom do not exist. Ludwig von Mises

Thomas Pauli Offline




Beiträge: 1.486

17.07.2008 10:06
#12 RE: Marginalie: Unsere Regierung, unsere Konjunktur, unser Dilemma Antworten

Lieber Zettel,

etwas OT zwar, aber informativ: http://www.manager-magazin.de/unternehme...,565999,00.html

"Die Wut der Herren machte die Experten des Emissionszertifikatehandels perplex. Zum entspannten Expertenforum hatten sie die Wirtschaftsvertreter vor wenigen Tagen geladen, direkt in den Ersten Dienstsitz des Bundesumweltministeriums am Robert-Schumann-Platz in Bonn. Die internationale Entwicklung des Kohlenstoffmarktes wollten sie vorstellen. Doch die Stimmung in der deutschen Wirtschaft ist gekippt, für akademische Vorträge haben die Manager nichts mehr übrig. Denn der Handel mit Emissionszertifikaten ist schon jetzt zu einer Belastung für manche ihrer Unternehmen geworden, die zur Produktion viel Energie benötigen."

Perplex waren sie also, die Herren? Naja, auf deren Planeten hat Wirtschaft ja auch nichts mit Kosten zu tun.

Herzlich, Thomas

M.Schneider Offline



Beiträge: 672

17.07.2008 10:59
#13 RE: Marginalie: Unsere Regierung, unsere Konjunktur, unser Dilemma Antworten

Lieber Zettel

Und was macht der Arbeitsminister? Er setzt gegen jede wirtschaftliche Vernunft im Kabinett zwei Gesetze durch, die zu einer bevorstehenden Rezession ungefähr so gut passen wie das Ausgießen eines Eimers Wasser auf den Grill, den man am Glühen zu halten versucht.

Was Sie schreiben ist zwar völlig richtig, aber ich muss Sie fragen, wann hat die SPD überhaupt schon mal eine für die Wirtschaft positive Entscheidung getroffen?
Allerdings muss man gerechter Weise heute ergänzen, welche positiven Entscheidung für die Wirtschaft hat CDU und CSU seit Bestehen der großen Koalition getroffen?

Sie werfen das Problem zwar jetzt den beiden Ministern vor, was auch nicht ganz unberechtigt ist, aber letztendlich ist es immer noch der Bundeskanzler der die großen Weichen stellt.

Das war eine solche große Weiche, und unsere Kanzlerin Frau Merkel ist für den gesamten Linksruck von CDU/CSU verantwortlich, letztendlich auch für diese Entscheidung und sie hat in der Vergangenheit bewiesen, dass ihr aus machtpolitischen eigenen Gründen ein fauler Kompromiss lieber ist, als Streit mit dem Koalitionspartner.

Nicht ohne Grund werden die Gegner von Frau Merkel in den eigenen Reihen immer lauter und die CSU schäumt mittlerweile schon vor Wut auf sie.


Herzlich
M. Schneider

califax Offline




Beiträge: 1.502

17.07.2008 12:50
#14 RE: Marginalie: Unsere Regierung, unsere Konjunktur, unser Dilemma Antworten

Zitat von Feynman

Selber schneiden, wäre eine billige Möglichkeit, wegen einer Rassur geht mann heute auch nicht zum Barbier.


Da liegt der Hund begraben. Meine Verlobte kennt das aus ihrer Kindheit noch gar nicht, daß normale Menschen zum Friseur gehen. Das hat die Mutter nur für sich selbst durchgesetzt und dafür an allem anderen in der Familie gespart. Für die Mehrzahl der Leute darf ein Friseurbesuch nicht viel kosten. Sonst macht an es selbst oder lässt es von einer Bekannten nach Feierabend erledigen. Die Grenze zur Schwarzarbeit ist fließend.
Das Argument, man fahre ja nicht zum Haareschneiden über die Grenze, ist schon deshalb idiotisch, weil ein Monopol nur bestehen kann, wenn die Kundschaft auf die Dienstleistungen des Monopolisten angewiese ist.
Ist sie bei den Friseuren eben nicht.
Übrigens haben Auslandslöhne gerade beim Friseurgewerbe eben doch einen Einfluß. Man legt im grenznahen Raum einfach Friseurbesuch, Einkaufsbummel und Auslandsausflug zusammen. Ergebnis ist Preisdruck auf die Friseure in der grenznahen Region. Dies erzeugt Preisdruck auf die Friseure der angrenzenden Region. So strahlt das dann weiter aus.
Die einzigen Friseure, die keinen größeren Preisdruck haben, sind diejenigen am Sahnehäubchen der Torte.
Aber das schaffen nicht viele. So viele reiche bzw. berühmte Leute gibt es eben nicht.
Der Markt ist dicht.

Ein anderes Beispiel sind die Briefträger. Da kann man nicht ins Ausland outsourcen. Stattdessen schreibt man einfach keine Briefe mehr. Werden die Zeitungsabos zu teuer (den meisten Bürgern sind sie es offenbar schon), dann bestellt man eben die Zeitung ab. Die Briefträger leben nur noch von ein bisschen Werbung und juristisch heiklen Sachen, die man nur wegen der Wirklichkeits- und Technikferne unserer politischen und juristischen Eliten noch auf Papier befördern muss.
Es bleibt dabei: 1.) In den Mindeslohnsektoren ist niemand gezwungen, einen legal bezahlten Arbeitnehmer zu bezahlen. 2.) Oft kommt - wie bei den Friseuren - noch ein Überschuss an Arbeitskräften hinzu.

Klug und fleißig - Illusion
Dumm und faul - das eher schon
Klug und faul - der meisten Laster
Dumm und fleißig - ein Desaster

The Outside of the Asylum

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

17.07.2008 12:59
#15 RE: Marginalie: Unsere Regierung, unsere Konjunktur, unser Dilemma Antworten
Mein Kommentar bezog sich - wie aus der Threadstruktur zu erkennen - nicht auf deinen.

btw: Hast du den Sachverständigenrat schon mal auf seinen Fehler aufmerksam gemacht? Ich traue mir nicht soviel VWL-Wissen zu, eine Gruppe hochrangiger Volkswirte durch ein einfaches Modell zu "widerlegen".

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L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

17.07.2008 13:04
#16 RE: Marginalie: Unsere Regierung, unsere Konjunktur, unser Dilemma Antworten

Zitat von dirk
Selbst wenn man die enischliesst, läuft es aufs gleiche heraus. Die Nachfrage durch die Hochqualifizierten ist ja auch bei einem höherem Preis noch da (nur etwas weniger), so dass zwar jede xte Putzfirma zumachen muss aber der Rest höhere Löhne zahlen kann.


Zwischendurch bricht aber die Nachfrage der Entlassenen weg, und die höheren Sozialleistungen führen dann auch zur einer Verringerung der Nachfrage der Höherqualifizierten. Schon kommt eine ganz andere Dynamik ins Spiel. Von den sozialen Folgen einer solchen Entwicklung mal ganz zu schweigen.

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

dirk Offline



Beiträge: 1.538

17.07.2008 13:57
#17 RE: Marginalie: Unsere Regierung, unsere Konjunktur, unser Dilemma Antworten

Als simpler "erster" Erklärungsansatz taugt die Argumentation des SVR ja schon. Man sieht sofort, dass man zwangsweise durchgesetzte höhere Löhne zu mehr Arbeitslosigkeit führen. (Sehr oft gibt es auch in den Naturwissenschaften heuristische Argumente, in denen irgendein Ausdruck keinen Sinn macht, etwa weil er irgendein Objekt nicht existiert. Man weiss aber, welche Eigenschaften man von diesem Objekt erwartetet und das abgeleitete Resultat macht ergibt dann etwas sinnvolles. ) Und

Wenn ich Zeit und Muße habe, schreibe ich den SVR in der Tat mal an. Das Problem ist, innerhalb ihres Modells haben die recht. Widerlegen kann man sie also nicht. Nur ist das Modell realitätsfern (und realitätsnähe ist kein objektiver Maßstab.) Ich bin aber überzeugt, dass die das auch wissen und genauso denken, aber die "weniger richtige" und einfachere Argumentation vorziehen.

Es kann aber auch sein, dass sie ein wenig in der Welt der makroökonomischen Modelle gefangen sind. Für die gibt es in der gesamten Wirtschaft nur ein Gut. Sagen wir Brötchen. Zahnärzte und Putzfrauen stellen alle Brötchen her. Und der Zahnarzt verdient deswegen etwa 10 Mal soviel wie die Putzfrau, weil er - per Ausbildung - in der gleichen Zeit 10 mal soviele Brötchen backen kann. Dadurch, dass es bei denen nur ein Gut gibt, unterscheiden sich die Arbeiter nur in der Art und Weise wie sie miteinander substituierbar sind. Und da ist dann, ad hoc angenommen, 1 Arzt soviel wie 10 Putzfrauen. Das ist dann der exogene Input. Und dann kann man sagen, dass ein Arzt 10 mal so produktiv ist wie eine Putzfrau und entsprechend 10 mal mehr verdienen muss. Erhöht man künstlich den Lohn einer Putzfrau, wird sie entlassen und stattdessen ein zehntel Arzt eingestellt.

dirk Offline



Beiträge: 1.538

17.07.2008 13:59
#18 RE: Marginalie: Unsere Regierung, unsere Konjunktur, unser Dilemma Antworten

<em>Zwischendurch bricht aber die Nachfrage der Entlassenen weg,</em>

Rayson, das Zitat am Ende Deiner Beiträge ist noch mal von welchem Autor?

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

17.07.2008 19:09
#19 RE: Marginalie: Unsere Regierung, unsere Konjunktur, unser Dilemma Antworten

Zitat von dirk
Rayson, das Zitat am Ende Deiner Beiträge ist noch mal von welchem Autor?


Und was sehe ich deiner Meinung nach nicht?

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

dirk Offline



Beiträge: 1.538

17.07.2008 20:29
#20 RE: Marginalie: Unsere Regierung, unsere Konjunktur, unser Dilemma Antworten

Die Sozialleistungen sind nur Umverteilungen. Das, was die Hochqualifizierten bezahlen, ist die Nachfrage der Geringqualifizierten.

Selbst wenn die Sozialleistungen nur von den Geringqualifizierten aufzubringen wären, wären sie als Gruppe besser gestellt, da sie ja insgesamt mehr Geld zur Verfügung haben. Es ist einfach eine Umverteilung von Hoch zu Geringqualifizierten.

Natürlich ist sie, wie jede Umverteilung, mit Ineffizienzen verbunden (abgesehen von Kopfsteuern). Wenn man also eine Umverteilung will (und Argumente dafür gibt es ja), dann kann man das machen, wenn man bereit ist den Preis zu bezahlen. Dazu muss man natürlich die Effekte quantifizieren soweit das möglich ist.

Das Hauptargument gegen den Midnestlohn ist, jedefalls verstehe ich das so, der Kombilohn. Er soll eine Möglichkeit sein, die gewünschte Umverteilung ohne die negativen Effekte zu erreichen. Aber ist es so? Und was, wenn man berücksichtigt, dass die Geringqualifizierten sich durch die staatliche Zusatzzahlung gedemütigt fühlen?

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

17.07.2008 21:45
#21 Frage @ Dirk und Rayson Antworten
Zitat von dirk
Das Hauptargument gegen den Midnestlohn ist, jedefalls verstehe ich das so, der Kombilohn. Er soll eine Möglichkeit sein, die gewünschte Umverteilung ohne die negativen Effekte zu erreichen. Aber ist es so? Und was, wenn man berücksichtigt, dass die Geringqualifizierten sich durch die staatliche Zusatzzahlung gedemütigt fühlen?

Ich habe, lieber Dirk, Ihre Diskussion mit Rayson nicht nur gespannt verfolgt, sondern auch viel gelernt. Was meine Folgerung betrifft, hat sich meine Meinung eigentlich aber nicht geändert.

Vor ein paar Jahren habe ich dazu mal einen längeren Aufsatz von Sinn gelesen, und seither glaube ich das so ungefähr verstanden zu haben. Ich schreibe es jetzt mal auf mit der Bitte, fachlich zu beurteilen, ob es so zumindest plausibel ist, was die Folgen eines gesetzlichen Mindestlohns angeht:

Im ungünstigsten Fall werden die Jobs, die sich mit Mindestlohn nicht mehr rechnen, gestrichen. Das sind vor allem die bei kleineren Anbietern, die bisher ihren Wettbewerbsnachteil über niedrigere Löhne auffangen konnten.

Im günstigsten Fall des ungünstigsten Falls wird ein Teil von diesen Entlassenen dann von den Großanbietern eingestellt, weil deren Marktanteil sich erhöht; meist eher nicht, weil ja auch diese sich überlegen, wie sie mit Rationalisierungen auf den Zwang reagieren können, einen nicht marktgerechten Lohn zu zahlen.

Im günstigsten Fall - boomende Konjunktur, ein geschlossener Markt, vermutlich viele andere Faktoren - wirkt der Mindestlohn sich nicht negativ auf die Beschäftigungsquote aus, sondern nur auf die Lohnskala.

Da ja nicht zugleich mit der Einführung des Mindestlohns alle anderen Löhne im unteren Bereich mit erhöht werden, wird dieser gestaucht. Damit rutschen zugleich immer mehr Lohnempfänger in den Mindestlohn.



In Frankreich ist das schon lange so. Da gibt es den SMIC, den Salaire minimum interprofessionnel de croissance; "interprofessionel", weil er für alle Branchen mit demselben Betrag gilt; "de croissance" deshalb, weil er anders als der vorher existierende SMIG, der garantierte Mindestlohn, nicht an die Preise gebunden ist, sondern je nach Wirtschaftswachstum fortlaufend angehoben wird.

Ergebnis: Nach den letzten Zahlen vom Juli 2006 gibt es in Frankreich 2,27 Millionen smicards; das sind 15,1 Prozent aller abhängig Beschäftigten.

Im UK ist, wenn ich mich recht erinnere, der Prozentsatz noch höher; ich habe das aber jetzt nicht recherchiert.

Ökonomisch vernünftig - so habe ich Sinn verstanden, so leuchtet es mir ein - ist allein der Kombilohn. Durch ihn können einerseits im unteren Lohnsektor marktgerechte Löhne gezahlt werden, so daß dort neue Arbeitsplätze entstehen und alte erhalten bleiben. Und durch die Aufstockung wird andererseits der sozial erwünschte Effekt erzielt, daß die Betreffenden dennoch ein anständiges Einkommen haben. Und Arbeitslose einen Anreiz zur Aufnahme einer Arbeit, denn dadurch wird der Abstand zu Hartz IV hinreichend groß.

Ist das ungefähr richtig so, lieber Rayson, lieber Dirk?

Herzlich, Zettel

PS: Ach so, noch die Demütigung. Lieber Dirk, würde die wirklich empfunden werden? In einem Land, in dem jeder zu ergattern versucht, was ihm "zusteht"?
RexCramer ( gelöscht )
Beiträge:

17.07.2008 22:55
#22 RE: Frage @ Dirk und Rayson Antworten

Lieber Zettel,

Zitat von Zettel
Ökonomisch vernünftig - so habe ich Sinn verstanden, so leuchtet es mir ein - ist allein der Kombilohn. Durch ihn können einerseits im unteren Lohnsektor marktgerechte Löhne gezahlt werden, so daß dort neue Arbeitsplätze entstehen und alte erhalten bleiben. Und durch die Aufstockung wird andererseits der sozial erwünschte Effekt erzielt, daß die Betreffenden dennoch ein anständiges Einkommen haben. Und Arbeitslose einen Anreiz zur Aufnahme einer Arbeit, denn dadurch wird der Abstand zu Hartz IV hinreichend groß.


Sinn argumentiert, daß das Sozialsystem quasi ein Konkurrent auf dem Arbeitsmarkt ist, denn es bietet ein Einkommen, das man dann bekommt, wenn man nicht arbeitet. Wer nicht genug bietet, bekommt den potenziellen Arbeitnehmer nicht - nur mit dem Unterschied, daß dieser dann nicht woanders einen Job findet, sondern nichts macht. Das war ja immer das Problem, daß niemand für weniger als Stütze plus einen Aufschlag arbeiten geht.
Wie oben schon angedeutet, stellt der Kombilohn (genau wie die Negativsteuer) im Unterschied zum Mindestlohn keinen Eingriff in die Marktpreisbildung der Löhne dar, sondern er verändert deren Ergebnis (im Prinzip genau wie das progressive Steuersystem, nur eben in die andere Richtung erweitert). Der Arbeitnehmer hat nun keinen Grund mehr, einen Job abzulehnen, weil eben aufgestockt wird und er sich auf jeden Fall besser stellt (während ihm früher, noch vor "Hartz", der Zuverdienst komplett wieder abgezogen wurde, mithin kein Anreiz vorhanden war). Und eine Vernichtung von Arbeitsplätzen durch zu hohe Löhne (wie beim Mindestlohn) findet ebenfalls nicht statt, da der Marktlohn sich frei bilden kann.
Darum geht es Sinn: zu verhindern, daß das Sozialsystem einer Arbeitsaufnahme im Weg steht.

MfG

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

17.07.2008 23:17
#23 RE: Frage @ Dirk und Rayson Antworten

Zitat von RexCramer
Wie oben schon angedeutet, stellt der Kombilohn (genau wie die Negativsteuer) im Unterschied zum Mindestlohn keinen Eingriff in die Marktpreisbildung der Löhne dar, sondern er verändert deren Ergebnis (im Prinzip genau wie das progressive Steuersystem, nur eben in die andere Richtung erweitert). Der Arbeitnehmer hat nun keinen Grund mehr, einen Job abzulehnen, weil eben aufgestockt wird und er sich auf jeden Fall besser stellt (während ihm früher, noch vor "Hartz", der Zuverdienst komplett wieder abgezogen wurde, mithin kein Anreiz vorhanden war). Und eine Vernichtung von Arbeitsplätzen durch zu hohe Löhne (wie beim Mindestlohn) findet ebenfalls nicht statt, da der Marktlohn sich frei bilden kann.

Danke für diese Ergänzung, lieber RexCramer. Mir kam das, nachdem ich es verstanden hatte, so zwingend einleuchtend vor, daß ich nie begriffen haben, wieso nicht alle rufen "Ja, das ist es!"

Von den Gewerkschaften und den Linken, sei es in der SPD oder bei den Kommunisten, hört man: Dann würde ja der Steuerzahler einen Teil der Arbeit bezahlen, aus der die Unternehmer dann ihren Profit ziehen. Unerhört, nicht wahr!

Oder es wird phantasiert, daß dann ja die Unternehmen beliebig niedrige Löhne zahlen könnten, weil der Staat ohnehin den Rest zuschieße. Wozu bereits Sinn trocken angemerkt hat, daß ja in dem Maß, in dem ein so bezahlter Arbeitnehmer für den Unternehmer X attraktiv ist, er es auch für den Unternehmer Y ist. So daß also der Markt, wie auch sonst, dafür sorgt, daß ein eben marktgerechter Lohn gezahlt wird.

Also, lieber RexCramer (und die anderen): Warum kann sich diese so offensichtlich vernünftige Idee nciht durchsetzen? Und wie kann eine Partei wie die CDU es zulassen, daß stattdessen jetzt der endgültige Einstieg in den Mindestlohn stattgefunden hat?

Herzlich, Zettel

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

17.07.2008 23:24
#24 RE: Marginalie: Unsere Regierung, unsere Konjunktur, unser Dilemma Antworten
Zitat von dirk
Die Sozialleistungen sind nur Umverteilungen. Das, was die Hochqualifizierten bezahlen, ist die Nachfrage der Geringqualifizierten.


Verstehe ich nicht. Was folgt daraus im Bastiatschen Sinne für die Geringqualifizierten, die nicht mehr produktiv tätig sind?

Zitat von dirk
Selbst wenn die Sozialleistungen nur von den Geringqualifizierten aufzubringen wären, wären sie als Gruppe besser gestellt, da sie ja insgesamt mehr Geld zur Verfügung haben. Es ist einfach eine Umverteilung von Hoch zu Geringqualifizierten.


Ich behaupte gar nicht mal das Gegenteil. Tatsache ist aber, dass die Sozialleistungen für die nicht mehr Nachgefragten von irgendjemandem aufgebracht werden müssen und in gleicher Höhe eben nicht mehr nachfragerelevant sind.

Was die Wirkungen gegenüber dem Kombilohn angeht, so verzerrt ein solcher wenigstens keine Marktsignale.

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

RexCramer ( gelöscht )
Beiträge:

17.07.2008 23:43
#25 RE: Frage @ Dirk und Rayson Antworten

Lieber Zettel,

Zitat von Zettel
Oder es wird phantasiert, daß dann ja die Unternehmen beliebig niedrige Löhne zahlen könnten, weil der Staat ohnehin den Rest zuschieße. Wozu bereits Sinn trocken angemerkt hat, daß ja in dem Maß, in dem ein so bezahlter Arbeitnehmer für den Unternehmer X attraktiv ist, er es auch für den Unternehmer Y ist. So daß also der Markt, wie auch sonst, dafür sorgt, daß ein eben marktgerechter Lohn gezahlt wird.


analog könnte man "argumentieren", daß ein progressives Steuersystem zwangsläufig dazu führte, daß alle Arbeitnehmer lediglich das Existenzminimum verdienten, denn zahlte man mehr, ginge das ja erstens zu Lasten der Unternehmensgewinne und zweitens zwackte der Staat den Arbeitnehmern einen immer größeren Anteil ab. Das wäre natürlich kompletter Blödsinn, genau wie die Annahme, daß die Löhne beliebig fallen könnten, weil der Staat ohnehin aufstockt, denn ein Kombilohn bzw. Negativsteuer wäre ja gerade kein Eingriff in die Marktpreisbildung, die wie gewohnt stattfände gemäß Ihrer Beschreibung.

Zitat von Zettel
Also, lieber RexCramer (und die anderen): Warum kann sich diese so offensichtlich vernünftige Idee nciht durchsetzen? Und wie kann eine Partei wie die CDU es zulassen, daß stattdessen jetzt der endgültige Einstieg in den Mindestlohn stattgefunden hat?


Warum führt man nicht endlich ein einfaches, gerechtes, transparentes, modernes und konkurrenzfähiges Steuersystem ein und beendet diesen Wahnsinn? Warum entschlackt man das Gesundheitssystem nicht endlich drastisch von Bürokratie, statt dem medizinischen Personal immer mehr Unsinn aufzudrücken und mit dem "Gesundheitsfonds" eine weitere bürokratische Ebene zu schaffen? Warum schafft man die Kfz-Steuer nicht komplett ab, statt jetzt wieder nur eine abstrakte Norm statt tatsächlichen Verbrauch zu besteuern? Wieso wehrt man sich strikt gegen einen flexibleren Arbeitmarkt, obwohl damit in vielen Ländern Erfolge erzielt werden? Usw. usf.
Ich habe keine Ahnung, warum das nicht durchsetztbar ist, habe aber inzwischen die Hoffnung aufgegeben, daß ich es in der Politik noch erleben werde, daß man anhand vernünftiger Ideen, konstruktiver Vorschläge oder sachlicher Argumente vorgeht.

An guten Vorschlägen mangelt es uns ganz gewiß nicht.

MfG

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