Ich bitte, mir das jetzt nicht als Respektlosigkeit auszulegen. Aber "die deutsche Gesellschaft" umfaßt verschiedene Generationen, aus deren jeweiliger Perspektive der Satz "Es geht uns ja gut" sehr unterschiedlich aufgefaßt werden kann. Wüßte ich nicht, daß er aus Ihrem Munde so nicht gemeint sein kann, hielte ich ihn für nackten Zynismus. Bei einem Parteipolitiker gleich welcher Farbigkeit wäre ich mir dessen sicher.
Zitat von ZettelBis 1998 war Deutschland auf einem guten Weg.
Nein. Deutschland war - vielleicht - bis etwa 1965 auf einem "guten Weg". In den späten Sechzigern und dann vollends in den Siebzigern sind die fatalen Weichenstellungen erfolgt, deren absehbare Langzeitfolgen meine Generation und vollends unsere Kinder auszubaden haben werden.
Zitat von ZettelSeit 2005 sind wir wieder auf dem richtigen Weg, freilich noch gebremst durch die zweite Regierungspartei. Wenn 2009 Schwarzgelb siegt, dann werden die Fehlentwicklungen des vergangenen Jahrzehnts bald überwunden sein.
Die gravierenden Fehlentwicklungen, deren Folgen inzwischen zunehmend zutage treten, waren bereits 1983 bekannt. Die schwarzgelbe Regierung unter Kohl hat sie dann 15 Jahre lang laufen lassen; für die Hoffnung, eine schwarzgelbe Regierung Merkel werde es anders halten, sehe ich keinen Anlaß.
Zitat von ZettelDie Germanen und die Araber ... haben mehr von ihrer eigenen Kultur aufgegeben, als daß sie diejenigen Kulturen, die sie angriffen, beseitigt hätten.
Was ist denn übrig am südlichen und östlichen Ufer des Mittelmeeres von der römisch-christlichen Kultur, die dort bis zur Invasion der Araber existierte?
Gerade dieser Kulturraum, lieber FAB., ist ja ein Beispiel dafür, wie die Kulturen einander ständig durchdrangen und veränderten.
Nehmen Sie den Maghreb - da gab es die karthagische Kultur, da gab es die ältere Kultur der Berber. Da etablierte sich für einige Jahrhunderte als dominant die römische Kultur, die aber die anderen eher überlagerte als beseitigte. Dann das Vandalenreich, das auf eine seltsame Weise mit der Berberkultur sich, sagen wir, amalgamierte und natürlich die römische - die weströmische - Kultur übernahm.
Dann immer mehr die Dominanz der byzantinischen Kultur, die ihrerseits das Ergebnis einer Verschmelzung der römischen mit der griechischen und mit östlicheren Kulturen war, vor allem der persischen. Weiter östlich am südlichen Ufer des Mittelmeers, in Ägypten, kam natürlich die altägyptische Kultur dazu, die auch unter der Römerherrschaft nie untergegangen war (Latein war dort nie dominierend geworden; in der Spätantike sprach man eher griechisch).
Ähnlich bunt sah es bei den Religionen aus. Die diversen Strömungen des Christentums koexistierten in der Spätantike mit den überkommenen polytheistischen Religionen.
Westrom ist untergegangen, bevor die arabische Expansion begann. Byzanz, das bei deren Beginn Nordafrika regierte, sofern man noch von Regieren sprechen konnte, war durch die Auseinandersetzung mit den persischen Sassaniden bereits stark geschwächt. Nur dadurch wurde es möglich, daß sich die Araber in dem Jahrhundert zwischen ungefähr 630 und 730 so gewaltig ausbreiten konnten; sie stießen weitgehend in ein Vakuum. Byzanz zog sich auf sein Kerngebiet in Anatolien zurück, wo es sich ja noch viele Jahrhunder halten konnte.
Die Araber stießen in ein militärisches, vor allem auch ein administratives Vakuum, aber sie trafen die geschilderte reiche Kulturvielfalt an. Und von dieser nahmen sie so viel auf, daß man die arabische Kultur - die erst dann, ab dem 8. Jahrhundert, als eine Hochkultur entstand - durchaus als die Fortsetzung der spätantiken, vor allem der byzantinischen verstehen kann; ungefähr so, wie die römische die griechische übernahm und sie fortführte. Und wie die abendländische aus der Verschmelzung der weströmischen mit der germanischen Kultur hervorging.
Zitat von FAB.
Zitat von ZettelDie arabische Kultur ist weitgehend die byzantinische.
Ich mag ja berufsbedingt eine etwas einseitige Perspektive haben, aber Kultur ist mir zuvörderst Rechtskultur. Vor diesem Hintergrund allerdings ist mir diese These unverständlich. Schnittmengen oder gar eine weitgehende Übereinstimmung zwischen römischem und islamischem Recht vermag ich nicht zu erkennen.
Ich weiß nichts über die byzantinische Rechtskultur, lieber FAB. Ich habe mich nur einmal a bisserl damit befaßt, wie die arabische Wissenschaft und Kunst von der byzantinischen beeinflußt wurden.
Zuerst bin ich darauf gestoßen, als ich - wie erwähnt - mir vor etlichen Jahren den "Untergang des Abendlandes" gekauft habe; das dritte Kapitel des Zweiten Bands heißt "Probleme der arabischen Kultur", ich habe es eben nachgesehen. Dann gibt es das dreibändige Werk von Norwich über Byzanz.
Wie man sich diese Verschmelzung der spätantiken mit der arabischen Kultur konkret vorzustellen hat, war vor ein paar Jahren in der Byzanz-Ausstellung in in Paderborn zu sehen. Man konnte dort zum Beispiel illustriert sehen, wie in einem römischen Circus arabische Reiterspiele stattfanden. Wie griechische und arabische Bezeichnungen nebeneinander existierten.
Oswald Spengler spricht von einer "Pseudomorphose" (er war der Meinung, daß die Araber die spätantike Kultur zwar übernahmen, sie aber nicht wirklich in sich aufnahmen) und schildert, wie zum Beispiel die Feudalkultur der Araber mit der Verwaltungstruktur der Römer zusammentraf. Ähnlich wie im Frankrenreich um 800, wo man ja auch gleichzeitig römischer Beamter und Feudalherr sein konnte.
es mag sein, daß wir uns in unserem Verständnis historischer und gesellschaftlicher Veränderungen unterscheiden. Ich versuche meine Sicht zu erläutern:
Ich tendiere sehr dazu, historische Prozesse nicht als monotone (im mathematischen Sinn) Verläufe zu sehen, sondern viel eher als zyklisch, jedenfalls als ein Hin- und Herschwingen des Pendels.
In einer freien Gesellschaft wie der unseren kann das Pendel einigermaßen frei schwingen; in geschlossenen Gesellschaften wird es sozusagen in einer bestimmten Position festgehalten, bis die einwirkenden Kräfte das ganze Pendelsystem zerstören (naja, das Bild ist mir nicht besonders gelungen ).
Wenn die Gesellschaft gut funktioniert, dann wird es immer konservative und "progressive" Perioden geben; auch Perioden einer versuchten Restauration. Man kann das sehr gut in den USA sehen, wo die Nachkriegszeit bis Anfang der sechziger Jahre eine konservative Periode war, gefolgt von der "linken" Periode von Kennedy bis Carter und dann wieder einer konservativen Periode von Reagan bis G.W. Bush (auch Clinton war im Grunde ein Konservativer).
Jetzt scheint das Pendel mit der Wahl von Obama wieder zurückzuschwingen. Und irgendwann in zehn, zwanzig Jahren wird wieder eine konservative Zeit kommen.
Ähnlich sehe ich die Entwicklung in Deutschland. Im Augenblick ist nur ganz offen, ob - was dringend nötig wäre - aus dem jetzigen Schwebezustand, der seit 2005 existiert, eine konservativ-liberale Epoche hervorgeht, oder ob der 1998 begonnene Versuch eines Wegs rückwärts in sozialistische Traumwelten fortgesetzt werden kann.
Weil wir uns vor dieser Entscheidung befinden, weil es sozusagen auf Messers Schneide steht, halte ich die Wahlen 2009 für ungewöhnlich wichtig. Ich denke, man kann von Schicksalswahlen sprechen.
ich verstehe Ihre pessimistische Sicht, ich kann sie nachvollziehen, aber ich teile sie nicht. Vorhin habe ich FAB. geantwortet, daß ich historische Prozesse als eher zyklisch als monoton sehe. Meist ist es falsch, momentane Trends zu extrapolieren.
Da wir ja von Spengler ausgegangen sind: Als er Anfang des 20. Jahrhunderts ein "Zeitalter der Cäsaren" heraufdämmern sah, war er ein Visionär. Tatsächlich wurde in den dreißiger Jahren ein großer Teil Europa von Diktatoren oder sonstigen autoritären Führern beherrscht.
Aber das war kein säkularer Trend, sondern zwanzig Jahre später sah Europa ganz anders aus.
Oder um Ihr Beispiel der Geburtenrate aufzugreifen: In den Zwanziger und Dreißiger Jahren galt Frankreich aufgrund seiner niedrigen Geburtenrate als sterbende Nation. Heute hat es eine der höchsten Geburtenraten Westeuropas. Und wenn ich es richtig in Erinnerung habe, sind es jetzt die Länder mit damals hohen Geburtenraten wie Spanien und Italien, die am weitesten unten auf der Liste liegen.
Sie werden zu Recht einwenden, daß sich eine steigende Geburtenrate nicht gleich in Bevölkerungswachstum niederschlägt, weil man die Geburtenrate mit der Zahl gebärfähiger Frauen multiplizieren muß. Ist diese erst einmal aufgrund einer geringen Geburtenrate gesunken, dann wirken sich Maßnahmen zur Steigerung der Geburtenrate also erst langsam aus. Aber sie tun es; und wenn ich das richtig mitbekommen habe, dann steigt ja die Geburtenrate in Deutschland schon wieder ein wenig; jedenfalls ist der Abwärtstrend gestoppt.
Und was das "autochthon" angeht - aus meiner Sicht geht es um die Erhaltung der deutschen Kultur, nicht von Genen. Wenn Einwanderer sich assimilieren und durch ihre Geburtenrate zur Normalisierung der Altersstruktur beitragen - warum nicht? Einwanderung ist Deutschland, wenn sie mit Assimilation verbunden war, bisher immer gut bekommen.
Problematisch ist aus meiner Sicht, wie gesagt, nur die Entstehung einer nicht assimilierten Unterklasse. Das wird unweigerlich zu Konflikten führen, wenn diese Unterklasse auch noch den Islamismus als eine aggressive Ideologie angeboten bekommt.
Zitat von ZettelLieber FAB., es mag sein, daß wir uns in unserem Verständnis historischer und gesellschaftlicher Veränderungen unterscheiden.
Dem ist offenbar so. Das Hin und Her von vermeintlich "konservativen" und "progressiven" Phasen samt dem daraus resultierenden Wechsel unterschiedlich eingefärbter Parteiregierungen ist mir ein vollendetes Glasperlenspiel.
Es ist die Debatte über die Frage, ob eine neue Fassade des morschen Bauwerks eher im historistischen oder doch lieber im modernistischen Stil auszuführen sei, während unter dem Baugrund tektonische Platten sich verschieben. Es ist der Disput darüber, ob der Tanz auf dem bereits vernehmlich rumorenden Vulkan Gavotte oder Menuett sein solle.
Welche der real existierenden Parteien im Jahr 2009 diese Land "regieren" ist ohne jede essentielle Konsequenz.
Zitat von LlarianSpinner, lieber Zettel, bauen keine 50 Moscheen.
Nein. Aber Moscheen bauen ist nicht Eroberung. Wieviele Moslems gibt es in Deutschland? Sind für diese 50 Moscheen zu viel? (PS. Spinner, um das noch anzufügen, bauen graue Kästen oder postmoderne Architektur! Die ist allerdings in Moscheen eher selten vertreten!)
In Antwort auf:Und Spinner waren es nicht, die die christliche Bevölkerung der Türkei in knapp einem Jahrhundert von ehemals 20 auf heute kein halbes Prozent reduziert haben. Die Eroberungsmentalität des Islam ist keine Erfindung neuzeitlicher Spinner.
Nein, das waren die kemalistischen Nationalisten. Diese habe in wenigen Jahrzehnten mehr "geschafft" als die wahrlich nicht zimperlichen Osmanen in Jahrhunderten.
In Antwort auf:Zunächst mal halte ich den Begriff islamistisch für irreführend. Es gibt nach meinem Dafürhalten genausowenig einen Islamismus wie einen es einen Chrstinismus oder Judiismus gibt.
Es gibt allerdings einen Judaismus und, auf Französisch, einen Christianismus. Aber das ist Wortklauberei.
Islamismus ist die gängige Bezeichnung für eine politische Strömung, die den Islam zur Grundlage des Staates machen will, nach Vorbild des Propheten Mohammed. Nicht alle Moslems aber teilen diese Ansicht. Nun mögen Sie sagen, der Islamismus ist im Islam angelegt, ist der "wahre Islam". Dem ersten Stimme ich zu, zum zweiten maße ich mir keine Meinung an (weil ich aus Erfahrung weiß, wie sehr es mich nervt, wenn irgendein Dahergelaufener definiert, was denn das wahre Christentum zu sein habe). Nur gibt es eben doch Moslems, die sich entweder für Politik nicht interessieren oder keinen Islamischen Staat wollen. Hier sieht man auch, warum der Islamismus ein neues Phänomen ist. Ein in einem traditionell autoritären Staat lebte, wie daß die allermeisten Moslems durch die Jarhunderte taten, mußte sich über so etwas keine Gedanken machen.
Islamischer Staat ist ja auch völlig korrekt. Der Islamismus will den Islamischen Staat.
In Antwort auf:lediglich gesagt, daß Moslems nach den Vorschriften ihrer Religion leben können sollen, sofern diese nicht dem Grundgesetz widersprechen.
Genau. Und damit hat er bereits eine ordentliche Verbeugung vor der Scharia vorgenommen, denn er hat die 1036 anderen Gesetze und Vorschriften, die wir über das GG hinaus eben auch noch kennen, als überflüssig deklariert.[/quote]
Ja, er ist halt ein Liberaler und sieht daher das Recht als beliebig formbares Wachs. Sollte das nun falsch sein. /Sarkasmus aus/
Gruß, str1977
Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon. Aber beide sind aus Stein gemacht.
Laissez faire, laissez aller, laissez abimer.
Liberalismus ist die Ideologie, die wenn etwas droht zu verderben, nicht nur nichts unternimmt sondern auch andere von Gegenmaßnahmen abrät, um anschließend das verfaulte Resultat zum Ideal zu erklären.
Zitat von ZettelIch sehe darin, lieber Llarian, mangelndes Vertrauen in die Stärke unserer westlichen Kultur.
Es gibt leider viel Anlaß zum Pessimismus. Nur kratzt man mit einem Anti-Islamismus nur an der obersten Decke. Aber wie auch immer, optimistisch oder pessimistisch, muß man den Kampf trotzdem aufnehmen gegen ALLE Bedrohungen. Nicht alle davon kommen von außen.
Zitat von ZettelBis zur Renaissance waren wir der Kultur des Islam ganz sicher nicht überlegen; auch diese war ja wie die unsere aus der griechisch-römischen hervorgegangen. (Was wir heute als "orientalisch" empfinden, geht überwiegend auf die byzantinische Kultur zurück).
Das ist grundfalsch. Das Abendland war der sogenannten "Kultur des Islams" schon vor der Renaissane überlegen, weil er dynamisch war, offen für neue Ideen, die wirklich integriert wurden. Der Islam dagegen hat sich ins gemachte Netz gesetzt, indem er die am höchsten stehenden und die ältesten Hochkulturen erobert hat. Von dieser Substanz hat der sogennante Islamische Kulturkreis gezehrt bis er verbraucht war.
"Orientalisch" übrigens bezieht sich ja auch grade auf den christlichen Osten, insofern ist das Wort hier sogar recht am Platz.
Über den angeblichen stufigen Aufstieg des Westens lasse ich mal besser nicht aus. Technisch-wirtschaflich stimmt das sicher, aber geistig gibt es auch eine fundamentale Verdummung.
In Antwort auf:Was jetzt als Islamismus auftritt, ist der Verzweiflung einer Kultur entsprungen, deren Tage gezählt sind, wenn sie sich nicht schleunigst auf den Weg in die Moderne macht, also unsere westliche Kultur in weiten Teilen übernimmt;
Bei solchen Worten kann ich das aber auch sehr gut verstehen, wenn jemanden der Säbel in der Tasche aufgeht. Erinnert mich auch an Chruschtschow's "Wir werden Euch begraben!"
In Antwort auf:Vorausgesetzt, der jeweilige Staat betreibt eine Assimilationspolitik. Meine schon oft geäußete Sorge in Bezug auf Deutschland ist, daß wir die Assimilation nicht wollen und folglich bei uns ein Proletariat von nicht assimilierten Einwanderern entsteht; sozialer Sprengstoff.
Kann Deutschland nicht oder will es nicht? Fehlt es Deutschland vielleicht an einem positiven Konsens (also über den negativen Gründungsmythos Drittes Reich hinaus)?
Das ist nicht erst die Schuld von Rotgrün sondern grundlegend die Schuld von Liberalen in allen Parteien und Institutionen.
Assimilation nützt nichts, wenn es nichts gibt, wohin herein assimiliert werden kann.
Gruß, str1977
Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon. Aber beide sind aus Stein gemacht.
Laissez faire, laissez aller, laissez abimer.
Liberalismus ist die Ideologie, die wenn etwas droht zu verderben, nicht nur nichts unternimmt sondern auch andere von Gegenmaßnahmen abrät, um anschließend das verfaulte Resultat zum Ideal zu erklären.
Zitat von califaxNunja, allerdings ist es in der Regel so, daß man neben die Kirche zieht und nicht umgekehrt.
Du kannst unmöglich in München wohnen... ansonsten wüstest du, dass es sich mit den Kirchen ähnlich verhält wie mit den Finanzämtern: Egal wo du wohnst, man hat für dich gesorgt. Ich hatte in Gesprächen zu diesem Thema auch mal die These geäußert, dass es nicht möglich ist, in München zu wohnen, ohne Glockenlärm zu hören, weil die Kirchen strategisch gut stehen; die versorgen die Stadt flächendeckend mit Krach, ähnlich wie ein ideales Mobilfunknetz. (Würde mich nicht wundern, wenn Vodafone ihre Masten auf den Kirchen aufgestellt hätten;-))
Das ändert nichts daran, daß die Kirchen zuerst da waren. Und nein, wir leben nicht einer Welt des Schweigens, wo gefälligst jeder stille zu sein hat. Wenn Sie das wollen, gehen Sie in ein Trappistenkloster. Aber wahrscheinlich treffen Sie genau auf das, was Sie so sehr stört.
Gruß, str1977
Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon. Aber beide sind aus Stein gemacht.
Laissez faire, laissez aller, laissez abimer.
Liberalismus ist die Ideologie, die wenn etwas droht zu verderben, nicht nur nichts unternimmt sondern auch andere von Gegenmaßnahmen abrät, um anschließend das verfaulte Resultat zum Ideal zu erklären.
Zitat von FAB.Welche der real existierenden Parteien im Jahr 2009 diese Land "regieren" ist ohne jede essentielle Konsequenz.
Was man als essentiell ansieht, lieber FAB., ist unterschiedlich. Vielleicht stimmen Sie mir aber zu, daß es nach den Wahlen 2009 diese vier Möglichkeiten gibt:
1. Die Bildung einer Volksfrontregierung, die versuchen wird, Deutschland auf den Weg in den Sozialismus zu bringen; so wie das in Frankreich die sozialistisch-kommunistische Koalition in der ersten Hälfte der achtziger Jahre versucht hat und wie es in Italien mehrfach in Ansätzen versucht wurde, die aber immer schnell scheiterten.
2. Eine CDU/FDP-Koalition, die einen vernünftigen liberalen Kurs der Modernisierung Deutschlands steuern wird. Keinen lupenrein liberalen; aber vielleicht ist das ja gut. Denn ohne die Zustimmung einer Mehrheit kann man eben nicht regieren. Das hat Angela Merkel verstanden, als ihr ein zu eindeutig liberaler Kurs im Wahlkampf 2005 den Wahlsieg vermasselte.
3. Falls sich in der SPD diejenigen durchsetzen, die nicht mit den Kommunisten koalieren wollen, und falls Schwarzgelb keine Mehrheit erhält, wird es wahrscheinlich eine Wackel-Koalition geben, die nichts zustandebringt. Ob Ampel oder Jamaika - Die Grünen und die FDP werden sich gegenseitig blockieren; und der jeweils minoritäre Partner (also die Grünen bei Jamaika, die FDP in der Ampel) wird sich gegen die beiden Anderen nur behaupten können, indem er eine Opposition innerhalb der Regierung bildet.
4. Gegenüber einem solchen Gewurstel wäre eine Fortsetzung der Großen Koalition dann immer noch das kleinere Übel.
Ich sehe den Unterschied zwischen diesen Alternativen als essentiell an, lieber FAB. Sie tun es, wenn ich Sie recht verstehe, nicht. Was wäre aus Sicht eine essentiell von diesen vier Möglichkeiten verschiedene Alternative? Ich sehe keine.
Zitat von ZettelBis 1998 war Deutschland auf einem guten Weg.
Zitat von FAB.Nein. Deutschland war - vielleicht - bis etwa 1965 auf einem "guten Weg". In den späten Sechzigern und dann vollends in den Siebzigern sind die fatalen Weichenstellungen erfolgt, deren absehbare Langzeitfolgen meine Generation und vollends unsere Kinder auszubaden haben werden.
Da kann ich FAB nur zustimmen.
Übrigens, Zettel, hier 1998 zu nennen riecht mir allzusehr nach politischer Präferenz. Man hängt halt einer Partei an und wenn diese nicht mehr an der Macht ist, nach 30 Jahren, dann geht halt alles den Bach runter. Entschuldigung, aber das ist zu billig!
Die geistig-moralische Wende von Kohl war ja nur ein Slogan. Gekommen ist das Privatfernsehen.
Und auch Frau Merkel tut ja überhaupt nichts außer die Weltpolitikerin spielen. Innenpolitisch dominiert die SPD, was aber erfolgsmäßig auch nicht weiterhilft.
Gruß, str1977
Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon. Aber beide sind aus Stein gemacht.
Laissez faire, laissez aller, laissez abimer.
Liberalismus ist die Ideologie, die wenn etwas droht zu verderben, nicht nur nichts unternimmt sondern auch andere von Gegenmaßnahmen abrät, um anschließend das verfaulte Resultat zum Ideal zu erklären.
In Antwort auf:Liberalismus ist die Ideologie, die wenn etwas droht zu verderben, nicht nur nichts unternimmt sondern auch andere von Gegenmaßnahmen abrät, um anschließend das verfaulte Resultat zum Ideal zu erklären.
Ich teile Ihre Meinung, wenn ich sie auch etwas anders formulieren würde:
Liberalismus ist die Ideologie, die, wenn etwas zu verderben droht, nicht nur nichts unternimmt, sondern auch anderen von Gegenmaßnahmen abrät, um anschließend das verfaulte Resultat zum Ideal zu erklären.
Zitat von EnhaIch teile Ihre Meinung, wenn ich sie auch etwas anders formulieren würde: Liberalismus ist die Ideologie, die, wenn etwas zu verderben droht, nicht nur nichts unternimmt, sondern auch anderen von Gegenmaßnahmen abrät, um anschließend das verfaulte Resultat zum Ideal zu erklären.
Lieber Enha, mich würde interessieren, wen und was Sie meinen, wenn Sie dieser Defintion von "Liberalismus" zustimmen.
Ich kenne - von Montesquieu, Adam Smith und Kant bis zu von Mises, Hayek und Milton Friedman, von Madison, Hamilton und Jefferson bis zu Ludwig Erhard und Margaret Thatcher keinen einzigen Liberalen, auf den dessen Denken und Handeln diese Definition auch nur annähernd zuträfe.
In Antwort auf:Zitat von Enha -------------------------------------------------------------------------------- Ich teile Ihre Meinung, wenn ich sie auch etwas anders formulieren würde: Liberalismus ist die Ideologie, die, wenn etwas zu verderben droht, nicht nur nichts unternimmt, sondern auch anderen von Gegenmaßnahmen abrät, um anschließend das verfaulte Resultat zum Ideal zu erklären. --------------------------------------------------------------------------------
Lieber Enha, mich würde interessieren, wen und was Sie meinen, wenn Sie dieser Defintion von "Liberalismus" zustimmen.
Ich kenne - von Montesquieu, Adam Smith und Kant bis zu von Mises, Hayek und Milton Friedman, von Madison, Hamilton und Jefferson bis zu Ludwig Erhard und Margaret Thatcher keinen einzigen Liberalen, auf den dessen Denken und Handeln diese Definition auch nur annähernd zuträfe.
Also, welchen "Liberalismus" meinen Sie?
Lieber Zettel,
das kommt davon, wenn man zwei Dinge miteinander verknüpft, um Kritik nicht zu direkt wirken zu lassen!
Die Meinung, die ich teile, bezieht sich auf das folgende Zitat:
In Antwort auf:Übrigens, Zettel, hier 1998 zu nennen riecht mir allzusehr nach politischer Präferenz. Man hängt halt einer Partei an und wenn diese nicht mehr an der Macht ist, nach 30 Jahren, dann geht halt alles den Bach runter. Entschuldigung, aber das ist zu billig!
Die geistig-moralische Wende von Kohl war ja nur ein Slogan. Gekommen ist das Privatfernsehen.
Und auch Frau Merkel tut ja überhaupt nichts außer die Weltpolitikerin spielen. Innenpolitisch dominiert die SPD, was aber erfolgsmäßig auch nicht weiterhilft.
Was die angeführte Definition von Liberalismus angeht, wollte ich durch die rot markierten Fehler zu verstehen geben, dass bei einer Definition Zeichensetzung und Grammatik durchaus berücksichtigt werden sollten. Aber ich glaube auch, dass man durchaus zwischen akademischer Theorie und ihrer Anwendung unterscheiden muss. Lippenbekenntnisse und Worthülsen kennen wir zur Genüge. Bezieht sich "Liberalismus" in der BRD nur auf den wirtschaftlichen Bereich? Wie steht steht es im Hinblick auf geistige "Werte"? Wie steht ein Liberaler zur "politischen Korrektheit"? Woher kommt die allgemeine Tendenz zur Beliebigkeit und zum Laufenlassen?
ich finde wie Sie, daß man sich präzise und sprachlich richtig ausdrücken sollte; wenn ich auch, was Einsprengsel aus anderen Sprachen angeht, etwas ... hm hm ... liberaler sein dürfte als Sie.
Aber die kleine Serie "Anmerkungen zur Sprache" werde ich sicher gelegentlich fortsetzen.
Zitat von EnhaBezieht sich "Liberalismus" in der BRD nur auf den wirtschaftlichen Bereich? Wie steht steht es im Hinblick auf geistige "Werte"? Wie steht ein Liberaler zur "politischen Korrektheit"? Woher kommt die allgemeine Tendenz zur Beliebigkeit und zum Laufenlassen?
Ich glaube nicht, daß der Liberalismus in Deutschland eine große politische Rolle spielt; leider nicht. Nicht zufällig kommt ja die FDP selten über 10 Prozent hinaus.
Sie ist hervorgegangen aus einer liberalkonservativen und einer linksliberalen Strömung im 19. Jahrhundert, die auch in der Weimarer Republik noch durch verschiedene Parteien repräsentiert waren (Nationalliberale Partei und Fortschrittliche Volkspartei im Kaiserreich; Deutsche Demokratische Partei und Deutsche Volkspartei in der Weimarer Republik). Folglich hat es anfangs einen linksliberalen Flügel (beispielsweise Thomas Dehler) und einen liberalkonservativen (beispielsweise Erich Mende) gegeben. Heute ist vom einen wie vom anderen wenig übriggeblieben.
Die FDP sehe ich heute vor allem als Interessenvertretung des selbständigen Mittelstands und der Freiberufler. Den Liberalismus als politische Theorie repräsentiert kaum noch jemand in dieser Partei; jedenfalls kenne ich keinen. Ralf Dahrendorf hat das vor Jahrzehnten versucht. Rudolf Augstein, ein großer liberaler Journalist, hat es ja auch mal in der Politik versucht.
Wenn Sie mich persönlich ansprechen wollten: Ich wünsche mir mehr Liberalität im Sinn dessen, was in den USA als konservativ bezeichnet wird: Stärkung der Rechte des Bürgers gegenüber dem Staat, Respekt vor allem Meinungen, Beschränkung des Staats auf seine Kernfunktionen, die er aber - vor allem bei der Verbrechensbekämpfung - entschlossen wahrnehmen sollte.
Die Forderung nach Politischer Korrektheit halte ich für das Gegenteil von Liberalismus. Wer liberal denkt, muß jedem Andersdenkenden erlauben, zu sagen, was er für richtig hält, und es so zu formulieren, wie er es für richtig hält.
Was Werte angeht: Sie zu vermitteln ist nicht Sache des Staats, sondern der Kirchen, der weltanschaulichen Gemeinschaften, der Familien.
Zitat von EnhaIch teile Ihre Meinung, wenn ich sie auch etwas anders formulieren würde: Liberalismus ist die Ideologie, die, wenn etwas zu verderben droht, nicht nur nichts unternimmt, sondern auch anderen von Gegenmaßnahmen abrät, um anschließend das verfaulte Resultat zum Ideal zu erklären.
Lieber Enha, mich würde interessieren, wen und was Sie meinen, wenn Sie dieser Defintion von "Liberalismus" zustimmen.
Ich kenne - von Montesquieu, Adam Smith und Kant bis zu von Mises, Hayek und Milton Friedman, von Madison, Hamilton und Jefferson bis zu Ludwig Erhard und Margaret Thatcher keinen einzigen Liberalen, auf den dessen Denken und Handeln diese Definition auch nur annähernd zuträfe.
Also, welchen "Liberalismus" meinen Sie?
Erstens wird natürlich kein Liberaler, der wie beschrieben handelt und argumentiert, es selbst so beschreiben bzw. es zugeben, denn sonst würde er ja nicht so handeln und argumentieren. Es gehört ja mit zu dem Satz, daß der Liberalismus die Verderbnis zum Fortschritt erklärt. Das ist ja auch Teil der Perfidie, denn zuerst wird immer gesagt: "Ja, nicht so gut, aber laßt mal besser laufen. Bloß kein Verbot. Kurz darauf dreht man sich um und sagt: Kein Verbot, also moralisch unbedenklich!"
Zweitens ist ja diese Auswahl an Liberalen durchaus fragwürdig. Da gibt es Politiker die nicht in Liberalen sondern in anderen Parteien waren (Thatcher und Erhard). Da gibt es Denker aus längst vergangenen Zeiten, die man so einfach nicht als Liberale bezeichnen kann (Kant vor allem) oder die sich in ihren Werken vor allem mit der Wirtschaft beschäftigen (Adam Smith, obwohl dieser natürlich mit der Fabel der unsichtbaren Hand einen der Grundirrtümer gelegt hat). Ob die genannten Gründerväter wirklich alle Liberale waren?
Ein gutes Beispiel für beschriebenen Liberalismus ist in der Tat Milton Friedmann.
Gruß, str1977
Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon. Aber beide sind aus Stein gemacht.
Laissez faire, laissez aller, laissez abimer.
Liberalismus ist die Ideologie, die wenn etwas droht zu verderben, nicht nur nichts unternimmt sondern auch andere von Gegenmaßnahmen abrät, um anschließend das verfaulte Resultat zum Ideal zu erklären.
Zitat von ZettelSie ist hervorgegangen aus einer liberalkonservativen und einer linksliberalen Strömung im 19. Jahrhundert, die auch in der Weimarer Republik noch durch verschiedene Parteien repräsentiert waren (Nationalliberale Partei und Fortschrittliche Volkspartei im Kaiserreich; Deutsche Demokratische Partei und Deutsche Volkspartei in der Weimarer Republik). Folglich hat es anfangs einen linksliberalen Flügel (beispielsweise Thomas Dehler) und einen liberalkonservativen (beispielsweise Erich Mende) gegeben. Heute ist vom einen wie vom anderen wenig übriggeblieben.
Das ist so nicht korrekt. Sie ist hervorgegangen aus einer nationalliberalen und einer linksliberalen Strömung (die im 19. Jahrhundert über die Frage des Paktieren oder Nichtpaktieren mit Bismarck gespalten hatten). Beide hatte nichts "konservatives", es sei denn man meint damit eine reine Verteidigung des Status quo auf Seite der Nationalliberalen. Infolgedessen war Herr Mende auch nicht liberalkonservativ sondern nationalliberal mit Betonung des Wortes NATIONAL - Anfangs war ja das Nationale das Hauptschlagwort der FDP. Vom Nationalliberalen ist seit dem Abgang des Herrn von Stahl wenig übriggeblieben und die Linksliberalen werden seit einigen Jahren von den Wirtschaftsliberalen dominiert. Vorhanden sind sie aber noch.
In Antwort auf:Ralf Dahrendorf hat das vor Jahrzehnten versucht. Rudolf Augstein, ein großer liberaler Journalist, hat es ja auch mal in der Politik versucht.
Herr Augstein war halt nunmal auch ein großer Egomane und Ideologe (daher auch das Sturmgeschütz) und konnte damit niemals mit dem Kleinklein zufrieden sein. Und Dahrendorf, nunja, spricht halt niemanden an.
In Antwort auf:Wenn Sie mich persönlich ansprechen wollten: Ich wünsche mir mehr Liberalität im Sinn dessen, was in den USA als konservativ bezeichnet wird:
Ja, Liberalität (und Freiheit schon gar nicht) ist ja nicht unbedingt Liberalismus. Aber man kann nicht einfach sich auf Sprachunterschieder zurückziehen.
In Antwort auf:Stärkung der Rechte des Bürgers gegenüber dem Staat, Respekt vor allem Meinungen, Beschränkung des Staats auf seine Kernfunktionen, die er aber - vor allem bei der Verbrechensbekämpfung - entschlossen wahrnehmen sollte.
Hüben wie drüben wendet sich der Liberalismus ja gerade vor allem gegen letztere Funktion und unterminiert diese, wo er nur kann.
In Antwort auf:Die Forderung nach Politischer Korrektheit halte ich für das Gegenteil von Liberalismus. Wer liberal denkt, muß jedem Andersdenkenden erlauben, zu sagen, was er für richtig hält, und es so zu formulieren, wie er es für richtig hält.
Nur haben sich Liberale daran noch nie gehalten. Gerade Liberale in Deutschland haben gerne Opponenten mundtot gemacht. Zum Beispiel im Kulturkampf.
In Antwort auf:Was Werte angeht: Sie zu vermitteln ist nicht Sache des Staats, sondern der Kirchen, der weltanschaulichen Gemeinschaften, der Familien.
Und Sache des Liberalismus ist es anscheinend, diese Institutionen so gut es nur geht zu bekämpfen, kleinzuhalten, zu unterminieren.
Gruß, str1977
Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon. Aber beide sind aus Stein gemacht.
Laissez faire, laissez aller, laissez abimer.
Liberalismus ist die Ideologie, die, wenn etwas zu verderben droht, nicht nur nichts unternimmt, sondern auch anderen von Gegenmaßnahmen abrät, um anschließend das verfaulte Resultat zum Ideal zu erklären.
Zitat von str1977Zweitens ist ja diese Auswahl an Liberalen durchaus fragwürdig. Da gibt es Politiker die nicht in Liberalen sondern in anderen Parteien waren (Thatcher und Erhard). Da gibt es Denker aus längst vergangenen Zeiten, die man so einfach nicht als Liberale bezeichnen kann (Kant vor allem) oder die sich in ihren Werken vor allem mit der Wirtschaft beschäftigen (Adam Smith, obwohl dieser natürlich mit der Fabel der unsichtbaren Hand einen der Grundirrtümer gelegt hat). Ob die genannten Gründerväter wirklich alle Liberale waren?
Ja, sie waren es, lieber str1977.
Natürlich kann man über solche Etikettierungen immer streiten; das ist fruchtlos, weil ja niemand die Macht hat, zu dekretieren, was mit einem Begriff genau gemeint ist.
Ich habe versucht, zu umreißen, in welchem Sinn ich mich als Liberalen verstehe. In diesem Sinn war Kant ganz sicherlich ein Liberaler, denn in seinem Gesellschaftsverständis war zentral die Würde, die Verantwortlichkeit und die Freiheit des Einzelnen. Ludwig Erhard war ein Liberaler sogar in einem strengen Sinn; er war ja einer der Theoretiker der ordoliberalen Schule. Margaret Thatcher hat mehr zur Liberalisierung Britanniens getan als alle, die damals bei der Liberalen Partei waren (vielleicht hieß sie auch schon LibLab oder Liberal Democrats) zusammen. Und Adam Smith kein Liberaler? Hm, hm
Zitat von str1977Zweitens ist ja diese Auswahl an Liberalen durchaus fragwürdig. Da gibt es Politiker die nicht in Liberalen sondern in anderen Parteien waren (Thatcher und Erhard). Da gibt es Denker aus längst vergangenen Zeiten, die man so einfach nicht als Liberale bezeichnen kann (Kant vor allem) oder die sich in ihren Werken vor allem mit der Wirtschaft beschäftigen (Adam Smith, obwohl dieser natürlich mit der Fabel der unsichtbaren Hand einen der Grundirrtümer gelegt hat). Ob die genannten Gründerväter wirklich alle Liberale waren?
Ja, sie waren es, lieber str1977.
Natürlich kann man über solche Etikettierungen immer streiten; das ist fruchtlos, weil ja niemand die Macht hat, zu dekretieren, was mit einem Begriff genau gemeint ist.
Ich habe versucht, zu umreißen, in welchem Sinn ich mich als Liberalen verstehe. In diesem Sinn war Kant ganz sicherlich ein Liberaler, denn in seinem Gesellschaftsverständis war zentral die Würde, die Verantwortlichkeit und die Freiheit des Einzelnen. Ludwig Erhard war ein Liberaler sogar in einem strengen Sinn; er war ja einer der Theoretiker der ordoliberalen Schule. Margaret Thatcher hat mehr zur Liberalisierung Britanniens getan als alle, die damals bei der Liberalen Partei waren (vielleicht hieß sie auch schon LibLab oder Liberal Democrats) zusammen. Und Adam Smith kein Liberaler? Hm, hm
Herzlich, Zettel
1. Habe ich gesagt, daß Erhard und Thatcher nicht in einer Liberalen Partei waren sondern respektive in der CDU und der Konservativen Partei und mithin nicht zur Gänze Liberale waren. Das sie liberale Ideen vertraten habe ich nicht bestritten und ich würde ihnen zugeben, daß jener weniger gute Bundeskanzler ein Liberaler war (ob seine "formierte Gesellschaft" zum liberalen Dogma paßt, müssen Sie für sich entscheiden, entweder allein oder im "Vermittlungsausschuß").
2. Was jemand zu etwas beiträgt ist nicht unbedingt ein Indikator für Absichten. Außerdem waren Frau Thatcher's Reformen zwar nötig, doch haben Sie auch viel Schaden angerichtet, was Sie aber sicherlich als Liberalisierung verbuchen würden.
3. Bei Menschen aus der "Vorzeit" von Liberalen zu sprechen hat immer etwas von Mythologisierung. War Edmund Burke nun Liberaler oder Konservativer? Die Frage ist doch eher, haben sich die genannten für einen Abbruch gewachsener gesellschaftlicher Normen eingesetzt? Kant wohl nicht (und Würde ist nun wahrlich kein liberaler Begriff), bei Smith weiß ich das nicht, vermute aber das sein Liberalismus hauptsächlich auf das Wirtschaftliche abzielte. Smith ist der Vater von Marktwirtschaft und Kapitalismus, nicht unbedingt des Liberalismus. (Und nein, ich will Ihnen diesen Übervater nicht streitig machen, ich habe ja bereits gesagt, daß ich die Idee der unsichtbaren Hand für einen gefährlichen Mythos halte.)
Gruß, str1977
Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon. Aber beide sind aus Stein gemacht.
Laissez faire, laissez aller, laissez abimer.
Liberalismus ist die Ideologie, die, wenn etwas zu verderben droht, nicht nur nichts unternimmt, sondern auch anderen von Gegenmaßnahmen abrät, um anschließend das verfaulte Resultat zum Ideal zu erklären.
Lieber str1977, lassen Sie mich kurz und schmerzlos mit einem Selbstzitat antworten:
Zitat von ZettelNatürlich kann man über solche Etikettierungen immer streiten; das ist fruchtlos, weil ja niemand die Macht hat, zu dekretieren, was mit einem Begriff genau gemeint ist.
in der Tat ist die lineare Fortsetzung einer nicht linearen Grösse fast immer ziemlich falsch. Es kann viel passieren. Allerdings in beide Richtungen, es kann sein, dass sich die Geburtenrate wieder hebt, es kann auch sein, dass sie noch viel tiefer sinkt. Genaues weiss man nicht. Was man weiss ist, dass sie gigantisch steigen müsste, um einen effektiven Bevölkerungsrückgang zu verhindern.
Was das autochthone angeht, so stimme ich Ihnen zu. Und auch wieder nicht. Es geht natürlich nicht um Gene, es geht um Werte und Assimilation, wie Sie ja korrekt schreiben. Nur dauert es eben verdammt lange bis Werte übernommen werden und manche Kulturkreise übernehmen Werte fast gar nicht bis nie. Der islamische Kulturkreis ist (übrigens in manchen Beziehungen ganz ähnlich dem jüdischen) darauf aufgebaut sich nicht anzupassen. Es wird eben nicht assimiliert. Und in diesem Zusammenhang ist ein Schrumpfen der autochthonen Bevölkerung recht ähnlich zum Schrumpfen des Wertbildes, zumindest bei einer konstanten Bevölkerung. Wir erleben einen quantitativen Werteverlust nicht alleine durch den immer wieder besungenen "Werteverfall", wir erleben einfach einen Verlust durch Sterben.
Zitat von Zettel... lassen Sie mich kurz und schmerzlos mit einem Selbstzitat antworten ...
Ja, ich habe diese Diskussion ja auch nicht angestoßen.
Gruß, str1977
Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon. Aber beide sind aus Stein gemacht.
Laissez faire, laissez aller, laissez abimer.
Liberalismus ist die Ideologie, die, wenn etwas zu verderben droht, nicht nur nichts unternimmt, sondern auch anderen von Gegenmaßnahmen abrät, um anschließend das verfaulte Resultat zum Ideal zu erklären.
"Autochthonie" führt aber nicht automatisch zu den enstprechenden Werten.
Man könnte es so klassifizieren. Es gibt
1. die Einheimischen
2. die integrationswilligen Einwanderer
3. die integrationsunwilligen Einwanderer
Die dritte Gruppe ist immer ein Problem, aber wenn die erste Gruppe überhaupt nichts mehr hat, in das man sich integrieren könnte (sei es entweder durch Multikulti oder durch Werteverfall), dann steht auch die zweite Gruppe dumm da.
Gruß, str1977
Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon. Aber beide sind aus Stein gemacht.
Laissez faire, laissez aller, laissez abimer.
Liberalismus ist die Ideologie, die, wenn etwas zu verderben droht, nicht nur nichts unternimmt, sondern auch anderen von Gegenmaßnahmen abrät, um anschließend das verfaulte Resultat zum Ideal zu erklären.
Zitat von LlarianWas das autochthone angeht, so stimme ich Ihnen zu. Und auch wieder nicht. Es geht natürlich nicht um Gene, es geht um Werte und Assimilation, wie Sie ja korrekt schreiben. Nur dauert es eben verdammt lange bis Werte übernommen werden und manche Kulturkreise übernehmen Werte fast gar nicht bis nie.
Wenn man sich a bisserl mit dem Entstehen und Vergehen von Kulturen beschäftigt, lieber Llarian, dann ist - jedenfalls geht es mir so - immer wieder erstaunlich, wie auch schon in Zeiten, in denen die Kommunikation mühsam war, Kulturen ständig einander beeinflußten, einander durchdrangen, miteinander verschmolzen.
Was steckt nicht alles in dem, was wir unsere westliche Kultur nennen - die Kultur der germanischen Völker, die des römischen Reichs, der Griechen, die ihrerseits sehr viel vom alten Ägypten übernommen haben. Und vieles kommt auf vielen Wegen wieder zurück. Die byzantinische Kultur war halb römisch, halb griechisch, mit starken Einflüssen der persischen Kultur. Und so, wie sich die römische Kultur nach Anatolien ausgebreitet hatte, bis in den Kaukasus und zu den Ufern des Schwarzen Meers, so beeinflußte nun Byzanz wieder die arabische Kultur, und über diese kehrte Vieles ins Abendland zurück. Die griechische Philosophie zum Beispiel ist auf diesem Weg im christlichen Mittelalter angekommen.
Deshalb ist mir auch jetzt um unsere Kultur nicht bange. Sie wird Elemente der Kultur von Einwanderern aufnehmen - warum nicht?
Nur muß eben dieser Wahnwitz von Multikulti aufhören, diese irrige und manchmal ja fast zwanghafte Vorstellung, es sei erstrebenswert, daß Menschen nach Deutschland einwanderern, ohne sich zu assimilieren. Das anzustreben ist aus meiner Sicht verantwortungslos.
Zitat von LlarianDer islamische Kulturkreis ist (übrigens in manchen Beziehungen ganz ähnlich dem jüdischen) darauf aufgebaut sich nicht anzupassen. Es wird eben nicht assimiliert.
Aber die Mehrzahl der Juden hat sich doch assimiliert! Am wenigsten dort, wo sie in eigenen Siedlungen lebten, wie in Teilen Osteuropas. Aber in Mitteleuropa, in Amerika, übrigens auch in den Ländern des Osmanischen Reichs war die Mehrzahl der Juden doch bestens assimiliert; es gab allerdings eine orthodoxe Minderheit, die das nicht wollte und die überwiegend respektiert wurde.
Aus meiner Sicht, lieber Llarian, ist die jüdische Assimilation ab dem 18. Jahrhundert (Preußen vorn!) geradezu das Muster für die Assimilation der Moslems, die wir erreichen müssen.
In Antwort auf:Kulturen ständig einander beeinflußten, einander durchdrangen, miteinander verschmolzen.
Und ich behaupte, lieber Zettel, die Kultur des Islam hat sich seit 1000 Jahren nicht geändert. Wenn "unsere" Werte, die ja die Welt dominieren, diesen durchdrungen hätten, dann würden wir nicht immernoch Dikaturen erleben, die Menschenrechte mit den Füssen treten, die Körperstrafen durchführen, die bis heute keinen nennenswerten wissenschaftlichen Beitrag zur Entwicklung der Menschheit leisten. Was ist die grosse Leistung unserer Kultur ? Wissenschaft. Philosophie. Menschenrechte. Demokratie. Gleichberechtigung. Rechtsstaatlichkeit. Und davon ist praktisch nichts angekommen. Nein, lieber Zettel, Sie irren. Und nebenbei bemerkt, weil Sie es aufwerfen, ich hoffe das unsere Kultur NICHTS aus diesem Kulturkreis aufnimmt, denn da ist wenig bis gar nichts was unsere Kultur verbessern würde, aber eine Menge des Gegenteiligen.
In Antwort auf:Aber in Mitteleuropa, in Amerika, übrigens auch in den Ländern des Osmanischen Reichs war die Mehrzahl der Juden doch bestens assimiliert;
Auch hier meine ich, dass Sie im Irrtum sind. Gehen Sie mal in die örtliche Synagoge. Sprechen Sie mit den Leuten. Und Sie werden merken, wie wichtig das jüdische Wertesystem diesen Menschen ist. Sie sind bestrebt dies zu erhalten und sich gerade nicht anzupassen. Anpassung findet äusserlich statt, aber es bleibt immer eine innere Grenze. Da das jüdische mit dem christlichen nicht allzu inkompatibel ist, fällt das nicht allzusehr auf. Es fällt genau da auf, wo die Gemeinsamkeiten der vorherschenden Kultur mit der jüdischen weniger werden. Nur so konnte die jüdische Kultur so lange überleben. Was nicht heisst, dass sie nicht lebt oder das ich irgendwas dagegen hätte. Ich sehe nur diese Grenze. Und ich betrachte sie aus jüdischer Sicht für absolut notwendig.
Zitat von LlarianUnd ich behaupte, lieber Zettel, die Kultur des Islam hat sich seit 1000 Jahren nicht geändert. Wenn "unsere" Werte, die ja die Welt dominieren, diesen durchdrungen hätten, dann würden wir nicht immernoch Dikaturen erleben, die Menschenrechte mit den Füssen treten, die Körperstrafen durchführen, die bis heute keinen nennenswerten wissenschaftlichen Beitrag zur Entwicklung der Menschheit leisten.
Ja, diese islamische Kultur ist in vieler Hinsicht sozusagen hängengeblieben, hat es noch nicht in die Moderne geschafft. Haben Sie einmal meine kleine Serie über Arabiens Misere gelesen? Da versuche ich ja, das historisch zu begründen. Die Araber waren Kolonisierte, aber nicht westlicher Völker, sondern der Türken.
Und wir haben ja nur eine historische Momentaufnahme vor uns, die auch auf vielen Zufällen basiert. Hätte Schah Reza Pahlawi nicht Krebs im Endstadium gehabt - wer weiß, ob er nicht die Unruhen hätte niederschlagen können, die zur Herrschaft der Mullahs führten.
Persien war ja unter diesem Schah auf dem Weg in die Moderne, so wie es heute das islamische Indonesien ist. Bis ungefähr 1060, 1970 spielte der Islamismus kaum eine Rolle; ich sehe ihn als ein vorübergehendes Phänomen.
Die Führer der arabischen Welt waren bis in die sechziger Jahre durchweg laizistisch orientiert - die Nasseristen ebenso wie die Baathisten. Auch Saddam hatte nichts mit dem Islam am Hut, bevor sich die Welle des Islamismus auch in den Irak ausbreitete. Das geht vorbei. Wenn wir Gunnar Heinsohn glauben wollen, dann liegt es an dem momentanen Youth Bulge in diesem Ländern.
Zitat von LlarianWas ist die grosse Leistung unserer Kultur ? Wissenschaft. Philosophie. Menschenrechte. Demokratie. Gleichberechtigung. Rechtsstaatlichkeit. Und davon ist praktisch nichts angekommen. Nein, lieber Zettel, Sie irren.
Ich bin halt nicht so pessimistisch, lieber Llarian. Im Maghreb ist sehr viel angekommen, in der Türkei, jetzt im Irak, in Pakistan, in Malaysia, in Indonesien. Alles islamische Staaten, die wesentliche Elemente der westlichen Kultur übernommen haben, die auf dem Weg zum demokratischen Rechtsstaat sind (sagen wir vorsichtiger: Auf einem Weg, der dorthin führen kann).
Zitat von Llarian
In Antwort auf:Aber in Mitteleuropa, in Amerika, übrigens auch in den Ländern des Osmanischen Reichs war die Mehrzahl der Juden doch bestens assimiliert;
Auch hier meine ich, dass Sie im Irrtum sind. Gehen Sie mal in die örtliche Synagoge. Sprechen Sie mit den Leuten. Und Sie werden merken, wie wichtig das jüdische Wertesystem diesen Menschen ist. Sie sind bestrebt dies zu erhalten und sich gerade nicht anzupassen.
Das kann ich überhaupt nicht finden, lieber Llarian. Meine jüdischen Freunde und Bekannten sind in erster Linie Amerikaner, Franzosen, Briten. Einer ist Kanadier. Sie sind so Angehörige unsere westlichen Kultur wie Sie und ich.
Viele Juden haben ja Gewaltiges zu dieser Kultur beigetragen; überproportional viel. Es ist ihre Kultur so wie diejenige der anderen Religionen und Weltanschauungen, die sie geprägt haben und die in ihr leben.
Natürlich ist in dieser Kultur, die wir mit den assimilierten Juden teilen, Platz für eigene Identitäten - als Christ, als Atheist, als Jude. Als Konservativer oder als Linksextremer. Und viel dazwischen. Freud zum Beispiel war Atheist, fühlte sich aber dennoch als Jude. Zugleich war er Österreicher, war er Deutscher.
Es ist ja gerade die Stärke unserer Kultur, daß sie solche vielfältigen Identitäten zuläßt. Man könnte auch sagen, sie lebt davon: Jeder soll auf seine Fasson selig werden.
Diese Kultur ist geprägt durch die Antike, durch die germanische Kultur, durch das aus dem Orient stammende Christentum, durch das Judentum, durch den Humanismus, die Renaissance, die Aufklärung. Alles das zusammen macht sie aus, nicht nur das Christentum. Gerade das Christentum war ja dem antiken ebenso wie dem germanischen Denken zunächst fremd und mußte assimiliert werden, so wie es seinerseits diese Kulturen tief verändert hat.
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