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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 76 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

01.12.2008 23:13
#51 RE: Schneier on Security Antworten

Zitat von Omni
ich hab eben, weil mir meine Behauptung über die Einreisekontrollen jetzt auch komisch vor kommt, als Sie es nochmal angesprachen, nochmal versucht das nachzuschlagen. Offensichtlich hab ich da was verwechselt. Scheinbar hat Kanada seit jeher nicht so scharfe Einreisekontrollen wie sein großer Nachbar im Süden. Mit den 2007 wieder abgeschafften Anti-Terror-Gesetzen hatte das aber nichts zu tun.

Schade Wäre schön gewesen.

--

El cristiano no tiene nada que perder en una catástrofe. - Nicolás Gómez Dávila

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

01.12.2008 23:34
#52 Der Ablauf der Anschläge und das Training der Terroristen Antworten

In diesem Artikel referiere ich, was dazu heute in der Washington Post und in den indischen ReDiffNews berichtet wird.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

01.12.2008 23:53
#53 RE: Schneier on Security Antworten
Lieber Omni,

nehmen Sie es mir nicht übel - aber ich glaube, wir müssen uns über die Logik, die Psychologie des Terrorismus verständigen.

Natürlich kämen bei einem Terroranschlag vermutlich weniger Menschen ums Leben als pro Jahr bei Verkehrsunfällen.

Auch bei einem atomaren GAU kämen weniger Menschen ums Leben als durch alltägliche Unfälle. Die Zahl der Opfer von Tschernobyl war so, daß man sie gar nicht erwähnen würde, wenn es sich nicht um ein AKW gehandelt hätte.

Auch die Zahl der im Irak gefallenen Soldaten ist gering im Vergleich zu den Opfern von Mord und Totschlag in den USA. An Aids sterben in Deutschland weit weniger Menschen als an Kreislauferkrankungen; ich glaube, sogar weniger als an Grippe. Trotzdem ist Aids ein riesiges Thema; heute gibt es ja sogar einen Tag dazu.

Es geht nicht um reale Gefahren, sondern es geht um die Psychologie der Gefahrenwahrnehmung.



Könnte man, lieber Omni, dem Terrorismus so begegnen, wie Sie argumentieren, dann wäre er gar kein Problem. Dann wären AKWs gar kein Problem; man würde eben einen gelegentlichen GAU in Kauf nehmen, so wie man Hunderttausende von Krebstoten in Kauf nimmt.

Die Menschen sind aber nun mal nicht so, daß sie das in Kauf nehmen wollen und können. Die Gefahrenwahrnehmung weicht massiv von dem rational zu kalkulierenden Gefahrenpotential ab.

Sie können das jetzt auf dem indischen Subkontinent sehen, wo der Tod von knapp zweihundert Menschen die gesamte Politik durcheinanderbringt und vielleicht zu einer Konfrontation zwischen zwei Staaten führt.

Ebenso würde es bei einem massiven Anschlag in Deutschland mit hunderten von Toten zu massiven Auswirkungen kommen. Das Vertrauen der Bürger in in die Fähigkeit des Staats, sie zu schützen, wäre beeinträchtigt. Nichts anderes wollen ja die Dschihadisten, nichts anderes wollte die RAF.



Und noch eine Frage, lieber Omni: Was, glauben Sie, motiviert Wolfgang Schäuble, wenn nicht die Sorge um unsere Sicherheit? Sie schreiben, er hätte in diesem und jenem Fall "gewonnen". Was dann hätte er "gewonnen", wenn nicht mehr Sicherheit für uns?

Herzlich, Zetttel
C. Offline




Beiträge: 2.639

02.12.2008 00:40
#54 RE: Schneier on Security Antworten
Zitat von Zettel
Was, glauben Sie, motiviert Wolfgang Schäuble, wenn nicht die Sorge um unsere Sicherheit?


Schäuble kann im Falle eines Anschlags darauf verweisen alles nur erdenkliche versucht zu haben, diesen Anschlag zu vermeiden, auch wenn ich all dies Erdenkliche für völlig überflüssig halte. Aber immerhin kann er anschließend sagen, er hat es versucht, und die Illusion von mehr Sicherheit geschaffen, denn abschrecken werden sich Glaubenstäter davon nicht lassen, denn sie glauben im Auftrag ihres Gottes zu handeln. Da zählt ein Schäuble nicht viel und ein Bundestrojaner ohne richterlichen Beschluss schon gar nichts. Ich verstehe seinen Bemühungen, denn wenn ein Anschlag erfolgt wird ein Großteil der Bevölkerung glauben, dass dahinter Mossad, CIA oder Schäuble selbst dahinterstecken und die Qualitätspresse wird sich mit idiotischen Erklärungen überbieten, von der VT-Industrie ganz abgesehen. Schäuble ist ja nicht dumm und weiß selbst, dass es die hundertprozentige Sicherheit nicht gibt.

Zitat von Omni
]Wir leben nicht im Krieg.


Doch, das tun wir, auch wenn es kein Krieg gegen Nationalstaaten ist. Aber es gibt seit 1998 eine Kriegserklärung der World Islamic Front, die leider bis 2001 nicht ernst genommen wurde.

Zitat von World Islamic Front
The ruling to kill the Americans and their allies -- civilians and military -- is an individual duty for every Muslim who can do it in any country in which it is possible to do it, in order to liberate the al-Aqsa Mosque and the holy mosque [Mecca] from their grip, and in order for their armies to move out of all the lands of Islam, defeated and unable to threaten any Muslim. This is in accordance with the words of Almighty Allah, "and fight the pagans all together as they fight you all together," and "fight them until there is no more tumult or oppression, and there prevail justice and faith in Allah."
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

02.12.2008 05:58
#55 Was motiviert Schäuble? Antworten

Dear C.,

Zitat von C.
Zitat von Zettel
Was, glauben Sie, motiviert Wolfgang Schäuble, wenn nicht die Sorge um unsere Sicherheit?

Schäuble kann im Falle eines Anschlags darauf verweisen alles nur erdenkliche versucht zu haben, diesen Anschlag zu vermeiden, auch wenn ich all dies Erdenkliche für völlig überflüssig halte.

mir fällt an deinem Beitrag wie auch dem von Omni wieder einmal etwas auf, worüber ich mir (auch selbstkritisch) immer mal wieder Gedanken mache: Wir neigen dazu, Politikern andere Motive zu unterstellen als den, zuvörderst ihre Pflicht zu tun.

Das ist sicherlich manchmal eine richtige Vermutung. Aber ich glaube nicht, daß es den Regelfall trifft. Ich glaube, daß Schäuble so handelt, wie er das tut, weil er für die innere Sicherheit zuständig ist und in diesem Bereich ebenso das Beste erreichen möchte, wie der Finanzminister einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen möchte.

Ich habe mal den Begriff des Verantwortungshorizonts vorgeschlagen; siehe auch Zeithorizont. Ich glaube, wir neigen dazu, den Verantwortungshorizont vieler Politiker zu niedrig anzusetzen.

Schäuble halte ich für einen absolut integren Mann, wie Angela Merkel für eine integre Frau. Ich finde schade, daß Schäuble auch in der liberalen Blogokugelzone oft so negativ gesehen wird. Aber gut, ich bin halt liberalkonservativ. So sehr ich dafür bin, daß der Staat sich aus unserem Privatleben heraushält, so sehr bin ich auch dafür, daß er für unsere Sicherheit Sorge trägt. Und anders als viele Liberale glaube ich, daß das zwei ganz verschiedene Sphären sind.
Zitat von C.
Aber immerhin kann er anschließend sagen, er hat es versucht, und die Illusion von mehr Sicherheit geschaffen, denn abschrecken werden sich Glaubenstäter davon nicht lassen, denn sie glauben im Auftrag ihres Gottes zu handeln. Da zählt ein Schäuble nicht viel und ein Bundestrojaner ohne richterlichen Beschluss schon gar nichts.

Abschreckung ist gegenüber Terroristen völlig wirkungslos, da stimme ich zu. Aber darum geht es ja hier nicht. Es geht darum, das große Umfeld so zu überwachen, daß die Sicherheitsdienste wissen, wann sich wo etwas zusammenbraut.

Zu den Ritualen nach einem Anschlag wie dem von Mumbai gehört es ja, zu melden, daß es schon vorher "Anzeichen gegeben" hätte. Und schon verwandeln sich die Sicherheitsdienste, denen man zuvor Schnüffelei vorgeworfen hatte, in Dienste, die nicht genügend geschnüffelt haben.
Zitat von C.
Zitat von Omni
]Wir leben nicht im Krieg.

Doch, das tun wir, auch wenn es kein Krieg gegen Nationalstaaten ist. Aber es gibt seit 1998 eine Kriegserklärung der World Islamic Front, die leider bis 2001 nicht ernst genommen wurde.

Ich glaube, dear C., daß die Begriffe Krieg und Frieden in unserer Epoche zunehmend ihren Sinn verlieren.

Vielleicht ändert sich das wieder einmal. Aber solange nicht mehr Staaten einander angreifen, sondern irgendwelche Organisationen die Kriegstreiber und Aggressoren sind, werden wir wohl dauerhaft in einem Zustand sein, der Züge des Kriegs und Züge des Friedens trägt.

Das ist übrigens ähnlich wie im römischen Reich. Die meisten Menschen lebten in Frieden, aber an der Peripherie wurde ständig gekämpft.

Herzlich, Zettel

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

02.12.2008 12:41
#56 RE: Schneier on Security Antworten

Zitat von Zettel
Wie C. bin auch ich der Überzeugung, daß ein großer Anschlag auch in Deutschland schon lange geplant ist. Er fand bisher nicht statt - eben aufgrund dessen, was Sie, lieber R.A., die Sicherheitshysterie nennen.

Da haben wir ein Mißverständnis.
Ich denke auch, daß Anschlagsversuche in Deutschland in Planung sind. Und ich befürworte entsprechende Vorsorgemaßnahmen - ich widerspreche Schneier ja genau da, wo er diese unterschätzt.

Was ich mit "Hysterie" meine ist die Manie von diversen Politikern (insbesondere, aber nicht nur Schäuble) aktionistisch alle möglichen Maßnahmen zu fordern, ohne rationale Prüfung von Chancen und Risiken, ohne Abwägung zwischen Schutz der Privatsphäre und echtem Gewinn an Sicherheit.

Da werden irgendwelche Techniken gefordert und eingesetzt, ohne daß die Entscheider auch nur annähernd verstehen, was sie da eigentlich tun.
Die Biometrik wurde eingeführt, obwohl sie schauderhaft unausgereift ist und mehr Fehler als Treffer produziert.
"Bundestrojaner" und Online-Ausspähung ist nicht nur grob unverhältnismäßig - sondern vor allem technischer Unfug, mit dem selbst mäßig begabte Kriminelle locker fertig werden.

Es wird insgesamt mit hohem finanziellen Aufwand heftig in Bürgerrechte eingegriffen - ohne daß es mehr Sicherheit gibt.
Im Gegenteil droht allmählich das StaSi-Syndrom: Es wird soviel an Daten gesammelt, daß man mit der Auswertung überhaupt nicht mehr nachkommt und am Ende ahnungslos von den Entwicklungen überrollt wird.

Und was ich wirklich hasse, sind die andauernden Lügen.
Da werden Maßnahmen schon durchgeführt, obwohl es noch keine rechtliche Grundlage gibt. Es wird versprochen, die Daten Unschuldiger zu löschen - und dann nicht durchgeführt. Es werden völlig falsche Angaben über Ziel, Umfang und Dauer neuer Maßnahmen gemacht. Es wird in Salami-Taktik immer weiter die Schraube angezogen: Erst geht es angeblich nur um die Terrorabwehr, dann noch gegen "Kinderpornos", dann gegen "schwere Verbrechen" - und am Ende stellt sich heraus, daß es "Fahndungserfolge" nur bei Kleindelikten à la Schwarzkopieren oder bei der Steuerfahndung gibt.

Von der eigentlichen Abwehr des Terrorismus bleibt da gar nicht mehr viel übrig.
Eine ordentliche Ausstattung von Polizei und Geheimdiensten für deren normale Arbeit würde viel mehr bringen als dieser profilneurotische Aktionismus von Politikern.

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

02.12.2008 13:10
#57 RE: Schneier on Security Antworten

Zitat von R.A.
Und was ich wirklich hasse, sind die andauernden Lügen.
Da werden Maßnahmen schon durchgeführt, obwohl es noch keine rechtliche Grundlage gibt. Es wird versprochen, die Daten Unschuldiger zu löschen - und dann nicht durchgeführt. Es werden völlig falsche Angaben über Ziel, Umfang und Dauer neuer Maßnahmen gemacht. Es wird in Salami-Taktik immer weiter die Schraube angezogen: Erst geht es angeblich nur um die Terrorabwehr, dann noch gegen "Kinderpornos", dann gegen "schwere Verbrechen" - und am Ende stellt sich heraus, daß es "Fahndungserfolge" nur bei Kleindelikten à la Schwarzkopieren oder bei der Steuerfahndung gibt.

Mich irritiert auch ganz massiv der mission creep bei all diesen Technologien. Auch die Lkw-Maut-Technologie wurde mit dem feierlichen Versprechen eingeführt, Polizeidienststellen würden nie und nimmer Zugriff auf diese Daten erhalten. Und jetzt ist genau das nur noch eine Frage der Zeit, bzw. des nächsten Kinderschänders.

Zettel wird sich jetzt wahrscheinlich wieder nicht von dieser Überwachung bedroht fühlen, es geht ja nur gegen Kriminelle, und Zettel ist nicht kriminell (denke ich). Stimmt soweit. Aber ich kann die Möglichkeit nicht von der Hand weisen, dass wir in 20 Jahren eine SED-Regierung in Deutschland haben, die dann erstens auf diese gewachsene Überwachungstechnologie und zweitens auf die Überwachungsergebnisse von 20 Jahren Bespitzelung zugreifen kann.

--

El cristiano no tiene nada que perder en una catástrofe. - Nicolás Gómez Dávila

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

02.12.2008 13:24
#58 RE: Schneier on Security Antworten

Zitat von R.A.
Was ich mit "Hysterie" meine ist die Manie von diversen Politikern (insbesondere, aber nicht nur Schäuble) aktionistisch alle möglichen Maßnahmen zu fordern, ohne rationale Prüfung von Chancen und Risiken, ohne Abwägung zwischen Schutz der Privatsphäre und echtem Gewinn an Sicherheit.

Ich kann eben, lieber R.A., nicht sehen, daß das so ist. Warum sollten die Beamten des Innenministeriums, die Fachleute des BKA und des BND nicht Chancen und Risiken prüfen, bevor sie Maßnahme fordern? Sie haben doch selbst kein Interesse daran, Maßnahmen durchzuführen, die ineffizient sind. Wenn sie bestimmte Möglichkeiten haben wollen, dann halten sie diese doch vermutlich für effizient. Natürlich können sie irren; aber das können, so scheint mir, nur Fachleute beurteilen.

Ich sage das jetzt allgemein, nicht auf Sie bezogen: Ich habe oft den Eindruck, daß man Schäuble und anderen unterstellt, sie wollten unter dem Deckmantel der Bekämpfung des Terrorismus in Wahrheit uns gesetzestreue Bürger überwachen. Aber warum sollten sie das wollen? Sie sind doch Demokraten.

Es gibt allerdings immer die Güterabwägung zwischen Maßnahmen zur Verbrechensbekämpfung und möglichen Belästigungen gesetzestreuer Bürger. Die Sicherheitskontrollen auf Flughäfen sind ein Beispiel. Im Kabinett sollten der Innen- und der Justizminister der Sachwalter dieser beiden Güter sein: Der Innenminister hat ein natürliches Interesse an möglichst viel Sicherheit, der Justizminister sollte die Seite der Freiheit vertreten. (Wie das die großen liberalen Justizminister getan haben; von Dehler über Stammberger bis zu Leutheusser-Schnarrenberger).

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

02.12.2008 13:34
#59 RE: Schneier on Security Antworten

Zitat von Gorgasal
Aber ich kann die Möglichkeit nicht von der Hand weisen, dass wir in 20 Jahren eine SED-Regierung in Deutschland haben, die dann erstens auf diese gewachsene Überwachungstechnologie und zweitens auf die Überwachungsergebnisse von 20 Jahren Bespitzelung zugreifen kann.

Das ist auch meine Sorge, lieber Gorgasal. Und hat mich auch dazu geführt, abseits aller Gesichtspunkte, die wir jetzt hier diskutieren, gegen solche Ausweitungen staatlicher Rechte einzutreten. Siehe diesen und vor allem diesen Artikel in ZR.

Herzlich, Zettel

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

02.12.2008 14:05
#60 RE: Schneier on Security Antworten

Zitat von Zettel
Zitat von Gorgasal
Aber ich kann die Möglichkeit nicht von der Hand weisen, dass wir in 20 Jahren eine SED-Regierung in Deutschland haben, die dann erstens auf diese gewachsene Überwachungstechnologie und zweitens auf die Überwachungsergebnisse von 20 Jahren Bespitzelung zugreifen kann.

Das ist auch meine Sorge, lieber Gorgasal. Und hat mich auch dazu geführt, abseits aller Gesichtspunkte, die wir jetzt hier diskutieren, gegen solche Ausweitungen staatlicher Rechte einzutreten. Siehe diesen und vor allem diesen Artikel in ZR.

Aha, diese Ihre Artikel hatte ich seinerzeit natürlich gelesen, aber inzwischen völlig vergessen. Ich bitte um Vergebung für das Missverständnis!

--

El cristiano no tiene nada que perder en una catástrofe. - Nicolás Gómez Dávila

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

02.12.2008 14:25
#61 RE: Schneier on Security Antworten
Zitat von Zettel
Warum sollten die Beamten des Innenministeriums, die Fachleute des BKA und des BND nicht Chancen und Risiken prüfen, bevor sie Maßnahme fordern?

Selbstverständlich sollten sie das - mir ist nur nicht klar, wie weit die Position der eigentlichen Experten auf dem Weg die Hierarchie nach oben überhaupt noch ankommt.

Ich habe in den letzten Jahren so oft Forderungen von Ministern (oder hochrangigen Polizeivertretern) gehört, da war völlig klar, daß die nicht einmal minimal verstanden haben, was sie eigentlich sagen.
Und es war eben technisch weitgehend unsinnig.

Vermutlich stöhnen die Experten in den Diensten auch jedesmal auf, wenn dann die fertigen Gesetze runtergereicht werden.
Oder aber - auch dafür gab es Beispiele - die Experten haben die Hierarchie und die gesetzlichen Restriktionen einfach ignoriert und eigenmächtig neue Techniken eingesetzt.

In Antwort auf:
Ich habe oft den Eindruck, daß man Schäuble und anderen unterstellt, sie wollten unter dem Deckmantel der Bekämpfung des Terrorismus in Wahrheit uns gesetzestreue Bürger überwachen. Aber warum sollten sie das wollen? Sie sind doch Demokraten.

Demokraten wohl schon - Bürgerrechtler deswegen noch lange nicht.
Generell gibt es leider in Deutschland eine Tradition, daß die Regierung das Volk als dumme Masse verachtet, das man bevormunden und überwachen muß. Der in angelsächsischen Ländern übliche Respekt vor dem Individuum und seiner Privatsphäre zählt da wenig.

In Antwort auf:
Es gibt allerdings immer die Güterabwägung zwischen Maßnahmen zur Verbrechensbekämpfung und möglichen Belästigungen gesetzestreuer Bürger.

Und diese Abwägung fällt bei Schäuble eigentlich immer zugunsten von Kontrolle aus - und ich sage eben nicht zugunsten von Verbrechensbekämpfung, weil eben die Effektivität oft gar nicht gesichert ist.

Man muß übrigens gar nicht erst auf eine neue SED-Herrschaft warten, um die Gefahren des Überwachungsstaats zu sehen.
Schon jetzt häufen sich die Beispiele, wo völlig unschuldige Bürger in die Schußlinie geraten, weil blinde Benutzung von Technik zu schlampigen Recherchen führt.
Und das Problem ist, daß es dagegen keine Korrektur gibt - der Richtervorbehalt ist meist nur eine formale Farce, und selbst bei groben Verstößen gegen Rechtsgrundsätze passiert den Ermittlern nie etwas.

Siehe z. B.:http://www.lawblog.de/index.php/archives...chung/#comments
http://www.lawblog.de/index.php/archives...s-bka/#comments
http://www.lawblog.de/index.php/archives...-3407/#comments

Vielleicht taucht Llarian mal wieder hier auf, der kann das alles noch besser erläutern.
C. Offline




Beiträge: 2.639

02.12.2008 15:52
#62 RE: Was motiviert Schäuble? Antworten

Zitat von Zettel
Schäuble halte ich für einen absolut integren Mann, wie Angela Merkel für eine integre Frau


Letzterem kann ich bisher noch zustimmen, bei Schäuble mangelt es seit längerer Zeit an Suppschtans.

Zitat von N24
"Schäuble nahm Erdogan auch gegen Verdächtigungen in Schutz, er sei ein Islamist. «Mein Eindruck ist, dass er von der Grundordnung der freiheitlichen Demokratie völlig überzeugt ist. Er ist ein gläubiger Muslim. Und davor habe ich großen Respekt."


Klingt ein bissel nach Schröder meets Putin und somit melde ich Bedenken an Schäubles rechtstaatlichen Handeln an. Hinzu kommt, wie R.A. bereits ausgeführt hat: Wenn Instrumentarien geschaffen sind, werden sie für alles genutzt und nicht nur für die Terrorabwehr.

Omni Offline



Beiträge: 255

02.12.2008 22:19
#63 RE: Was motiviert Schäuble? Antworten

Schäuble ein integrer Mann? Hmmmmm, war da nicht was mit Bargeldspenden vom Waffenhändler Schreiber, die Schäuble persönlich entgegen nahm und bezüglicher derer er explizit den Bundestag belogen hat? Dass das öffentliche Gedächtnis aber auch immer so schlecht ist...

Omni Offline



Beiträge: 255

02.12.2008 22:26
#64 RE: Schneier on Security Antworten
In Antwort auf:

Aber warum sollten sie das wollen? Sie sind doch Demokraten.


Empfinde ich als ein schwaches Argument, um nicht kritisch nachzufragen. Der Rechtsstaat mit Gewaltenteilung basiert nicht auf der Unschuldsvermutung der Gewalten sondern auf der Unterstellung, dass sie jederzeit zu "falschem" Verhalten fähig sind, weswegen sie überwacht werden müssen von den anderen Gewalten.

In Antwort auf:

Ich kann eben, lieber R.A., nicht sehen, daß das so ist. Warum sollten die Beamten des Innenministeriums, die Fachleute des BKA und des BND nicht Chancen und Risiken prüfen, bevor sie Maßnahme fordern?


Diese Leute sind die Profiteure von erweiterten Überwachungs- und Eingriffsmöglichkeiten. Es ist doch selbstmörderisch, diesen die Beurteilung über die Chancen und Risiken eines Sicherheitsgesetzes zu überlassen. Das ist in etwa so wie wenn wir dem ADAC die Beurteilung von Chancen und Risiken in Verkehrsfragen überlassen oder einer Gewerkschaft die Beurteilung von Chancen und Risiken eines Arbeitsmarktgesetzes.
Omni Offline



Beiträge: 255

02.12.2008 23:02
#65 RE: Schneier on Security Antworten
In Antwort auf:

Könnte man, lieber Omni, dem Terrorismus so begegnen, wie Sie argumentieren, dann wäre er gar kein Problem.


Dann sollten wir daran arbeiten, dem Terrorismus so zu begegnen.

Die meisten deutschen Politiker haben es hingekriegt, bei einem spektakulären Fall von Kindesmissbrauch nicht mehr sofort nach der Todesstrafe zu schreien und der öffentliche Druck in dieser Hinsicht, der sicher an der Basis vorhanden ist, führt bei jedem dieser Fälle nicht dazu, dass ein Gesetzgebungsverfahren für die Einführung der Todesstrafe in Gang kommt.
Wenn in einer Stadt ein Dutzend Kinder an bakteriell kontaminiertem Brunnenwasser sterben, dann werden keine vermeintlichen Hexen mehr verbrannt. Es gibt in Europa seit mindestens 300 Jahren keine Hexenprozesse mehr.

Kurzum: Die Menschen haben es im Laufe der Geschichte immer wieder geschafft, Exzesse irrationalen Verhaltens gesellschaftlich unter Kontrolle zu bringen. Das hat die Menschen insgesamt sicher nicht rationaler gemacht. Aber darum geht es ja auch garnicht. Es geht um den irrationalen Exzess der Terrorhysterie. Sie können sich auf den Standpunkt stellen, dass der Mensch eben so ist wie er ist und dass wir deshalb an der Hysterie, die Terrorismus auslöst, nichts ändern könnten. Ich stelle dem meine Meinung entgegen, dass wir gesellschaftlich sehr wohl in der Lage wären, mit diesem Schreckgespenst fertig zu werden, so wie wir mit vielen früheren Schreckgespensten fertig geworden sind. Das Hauptproblem aber ist, dass das niemand der führenden Politiker wirklich versucht. Im Gegenteil. Die US-Regierung hat die Terrorhysterie in den USA durch irrsinnige Erfindungen wie die "nationale Terrorgefahrenstufe" sogar noch angefacht. Nach dem 11. September wurden Videos produziert "How to recognise a terrorist". Wolfgang Schäuble stellt sich vor die Presse und macht diffuse Angaben darüber, dass die "Gefahrenlage in Deutschland" erhöht sei und dass womöglich mit Anschlägen zu rechnen sei.

In Antwort auf:

Und noch eine Frage, lieber Omni: Was, glauben Sie, motiviert Wolfgang Schäuble, wenn nicht die Sorge um unsere Sicherheit? Sie schreiben, er hätte in diesem und jenem Fall "gewonnen". Was dann hätte er "gewonnen", wenn nicht mehr Sicherheit für uns?


Er hätte die Meinungsschlacht über Sicherheit und Freiheit vorerst für sich entschieden. Wer jetzt in den Reihen der FDP oder der Grünen noch auf Bürgerrechte pocht, würde wohl ganz schnell verstummen. Und die Profiteure: Firmen für Sicherheitstechnik, Mitarbeiter von BND, BKA und den anderen Polizeibehörden würden sich freuen. Noch weniger rechtsstaatliche Hemmnisse und Beschränkungen, die sie in ihrer Arbeit behinderten.
Was die Motivation von Wolfgang Schäuble ist weiß ich nicht. Das wissen Sie aber auch nicht. Ich glaube die Frage ist aber auch nicht so wichtig. Wichtig ist nur, inwiefern die Politik Schäubles meine Interessen verletzen. Ich hab ein Interesse daran, nicht Opfer von Justizirrtümern, Fehlern der Strafverfolgungsbehörden oder Missbrauch zu werden. Klar, prinzipiell schützt mich der Rechtsstaat gegen all das. Wenn mir jemand aus dem bayrischen Inneniministerium ein brisantes Dokument zuspielt und daraufhin meine Wohnung durchsucht wird, dann kann ich natürlich direkt vor Gericht ziehen und dafür sorgen, dass die Sache rechtsstaatlich überprüft wird. Aber all das kostet Zeit, Geld und Mühe. Deswegen ist es für mich als Bürger viel einfacher diesen Dingen zu entgehen, wenn ich mit Sicherheitsbehörden garnichts zu tun habe. Aber je enger das Raster, je größer die Überwachungsmöglichkeiten, je stärker meine Interaktion mit anderen Menschen protokolliert werden, umso wahrscheinlicher wird, dass ich doch mit diesen Strafverfolgungsbehörden zu tun habe und damit in Gefahr gerate, Opfer von Missbrauch zu werden. Ob nun, wie schon geschehen, BKA-Angehörige mit Daten handeln oder einfach soviel Daten vom Staat erhoben werden, dass deren Schutz nicht ausreichend gewährleistet werden kann - es kommt aufs gleiche raus. Passende Plattitüde: der beste Datenschutz ist, keine Daten zu erheben.
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

03.12.2008 14:20
#66 RE: Schneier on Security Antworten

Zitat von Gorgasal
Aha, diese Ihre Artikel hatte ich seinerzeit natürlich gelesen, aber inzwischen völlig vergessen. Ich bitte um Vergebung für das Missverständnis!

Kein Grund, lieber Gorgasal. Ich habe ja selbst oft genug Schwierigkeiten, mich noch an alles zu erinnern, was ich mal geschrieben habe.

Übrigens kenne ich das Problem auch aus dem RL. Ich habe vor Jahrzehnten vielleicht mal was publiziert, Studenten haben das in einem Seminar behandelt und dann ergibt es sich, daß sie mich kennenlernen und wissen wollen, wie denn dies und jenes gemeint sei. Und dann stellt sich heraus, daß sie den Text viel genauer kennen, als ich ihn erinnere, und ich keine Ahnung mehr habe, wie ich das damals gemeint hatte.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

03.12.2008 14:46
#67 RE: Schneier on Security Antworten
Zitat von R.A.
In Antwort auf:
Ich habe oft den Eindruck, daß man Schäuble und anderen unterstellt, sie wollten unter dem Deckmantel der Bekämpfung des Terrorismus in Wahrheit uns gesetzestreue Bürger überwachen. Aber warum sollten sie das wollen? Sie sind doch Demokraten.

Demokraten wohl schon - Bürgerrechtler deswegen noch lange nicht. Generell gibt es leider in Deutschland eine Tradition, daß die Regierung das Volk als dumme Masse verachtet, das man bevormunden und überwachen muß. Der in angelsächsischen Ländern übliche Respekt vor dem Individuum und seiner Privatsphäre zählt da wenig.

Das stimmt, und nicht nur in Deutschland (in Frankreich ist es noch ungleich schlimmer).

Aber diese Tendenz sehe ich viel eher bei den Gegnern Schäubles als bei diesem. Aus meiner Sicht sind es die Grünen und Roten, die uns bevormunden und überwachen wollen, bis hinein in unsere Eßgewohnheiten, unsere Gesundheit usw.

Liberalkonservativen wie Schäuble ist das eher fremd, jedenfalls sehe ich es so. Sie wollen ja die Gesellschaft nicht verändern, sondern nur unsere Freiheit und Sicherheit bewahren.

Sie richten auch ihre Bemühungen - das scheint mir der kritische Unterschied zu den Rotgrünen zu sein - nicht auf alle Bürger, sondern nur auf Verbrecher.

Wenn Umweltzonen eingeführt werden, wenn in Marburg jeder Bürger gezwungen werden soll, eine Solaranlage auf sein Dach zu setzen, dann ist das die explizite Bevormundung aller Bürger. Wenn im Zug der Terrorabwehr auch die Computer Unschuldiger untersucht werden sollten, wenn Telefondaten für eine gewisse Zeit gespeichert werden, dann ist das ein implizite Konsequenz einer Maßnahme, die sich nur gegen Verbrecher richtet.

Als, lieber R.A., die ersten Überwachungskameras an öffentlichen Plätzen installiert wurden, gab es ein großes Geschrei. Das ist weitgehend verstummt, weil alle gemerkt haben, daß ja gar nicht alle Bürger überwacht werden, sondern nur Verbrecher. Bürger erscheinen zwar auf den Bändern oder den Festplatten, aber niemand interessiert sich für diese Daten, solange nichts passiert ist.
Zitat von R.A.
In Antwort auf:
Es gibt allerdings immer die Güterabwägung zwischen Maßnahmen zur Verbrechensbekämpfung und möglichen Belästigungen gesetzestreuer Bürger.

Und diese Abwägung fällt bei Schäuble eigentlich immer zugunsten von Kontrolle aus - und ich sage eben nicht zugunsten von Verbrechensbekämpfung, weil eben die Effektivität oft gar nicht gesichert ist.

Er ist, wie schon gesagt, der Minister für Innere Sicherheit. Die Gegenposition wird weiß Gott von genug anderen vertreten.

Daß die Effektivität nicht gesichert ist, das sehe ich eben nicht; siehe meinen vorausgehenden Beitrag.



Lassen Sie mich die Sache von einer anderen Seite sehen: Eine ergebnisoffene öffentliche Diskusion fände ich prima. Wenn alle gemeinsam überlegen würden, welche Maßnahmen die besten sind, um den Terrorismus zu bekämpfen, wenn man sachbezogen diskutieren würde, ob man nicht vielleicht lieber die Überwachungsmaßnahme A als die Maßnahme B wählen sollte. Auch die Dienste sind ja nicht vor Fehlern sicher. Eine breite Diskussion ist immer hilfreich.

Eine derartige Diskussion ist vorbildlich in den USA nach 9/11 über die Sicherheitsdienste geführt worden; und danach gab es viele Verbesserung in deren Arbeit und Arbeitsbedingungen.

Aber mein dezidierter Eindruck ist, daß die meisten Kritiker Schäubles nicht eine bessere Überwachung potentieller Terroristen wollen, sondern weniger. Daß sie das alles nicht als technische und Effizienzprobleme sehen, sondern meinen, sie müßten die Freiheit aller Bürger verteidigen.

Bei Liberalen wie Ihnen, lieber R.A., respektiere ich das und leite es immer wieder meinem liberalkonservativen Vermittlungsausschuß zu. Ich sehe ja auch die andere Seite, daß wir immer aufpassen müssen, daß die Freiheit nicht eingeschränkt wird.

Aber sehr viele, die so argumentieren, sind ja Linke, die in Wahrheit keinen Pfifferling auf unsere Freiheit geben. Die den "Schutz der Bürgerrechte" nur vorschützen, um unseren demokratischen Rechtsstaat zu schwächen.

Wenn jemand wie Ströbele, rechtskräftig verurteilt wegen der Unterstützung von Terroristen, sich hinstellt und für die Bürgerrechte eintritt, dann steigt in mir die Wut hoch. Oder wenn Gysi und Genossen, die aktiv die Unfreiheit verteidigt haben, bis zum letzten Tag, an dem sie das konnten, sich jetzt als Verteidiger unserer Freiheit gegen Demokraten wie Schäuble aufspielen.

Vielleicht bin ich wegen dieses Aspekts manchmal ungerecht gegenüber Argumenten von Liberalen wie Ihnen. Da bitte ich dann um Nachsicht.

Herzlich, Zettel
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

04.12.2008 09:56
#68 Das Drehbuch wurde schon 1993 geschrieben Antworten

Vor 15 Jahren plante die Kaida einen Anschlag auf Hotels in New York, der bis in die Einzelheiten hinein dem gleicht, was jetzt in Mumbai ausgeführt wurde.

Daß Terroristen dazu tendieren, einmal ausgearbeite Pläne nicht fallenzulassen, ist bekannt. So verfuhr die RAF. Auch Anschläge mit gekaperten Flugzeugen auf Hochhäuser hatte die Kaida schon vor 9/11 als Plan ausgearbeitet; damals sollten sie in Südostasien ausgeführt werden.

Nichts wäre falscher, als in diesen Terroristen ungestüme Fanatiker zu sehen, die sozusagen aus schierer Wut um sich schießen. Sie führen ihre Anschläge aus, um bestimmte politische Ziele zu erreichen (hier - so wird es immer deutlicher - eine Konfrontation zwischen Indien und Pakistan). Und so sehr diejenigen, die schließlich morden und sterben, während ihrer Ausbildung fanatisiert werden - die Drahtzieher handeln eiskalt.

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

04.12.2008 10:17
#69 RE: Das Drehbuch wurde schon 1993 geschrieben Antworten

Interessanter Artikel von Stratfor. Nur mit einem habe ich Probleme:

Zitat von Stratfor
A third similarity exists in the geography of the two cities. In both plots, the use of watercraft is a distinctive tactical similarity. Watercraft gave militants access at unconventional locations where security would be more lax. Both Mumbai (a peninsula) and Manhattan (an island) offer plenty of points where militants can mount assaults from watercraft. Such an attack would not have worked in New Delhi or Bangalore; these are landlocked cities where militants would have had to enter by road, a route much more likely to encounter police patrols.


Ich habe keine Ahnung, ob in Indien regelmäßige Polizeikontrollen auf den Straßen stattfinden. Aber so ein Anschlag wäre beispielsweise in Berlin am Reichstag oder in Frankfurt im Bankenviertel genauso einfach durchführbar, ohne die Spree oder den Main einzubeziehen. Zehn einzelne Männer mit Sporttaschen würden weder auffallen noch kontrolliert werden, bis sie anfangen zu morden.

--
Con buen humor y pesimismo no es posible ni equivocarse ni aburrirse. - Nicolás Gómez Dávila

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

04.12.2008 11:22
#70 RE: Das Drehbuch wurde schon 1993 geschrieben Antworten

Zitat von Gorgasal
Aber so ein Anschlag wäre beispielsweise in Berlin am Reichstag oder in Frankfurt im Bankenviertel genauso einfach durchführbar, ohne die Spree oder den Main einzubeziehen. Zehn einzelne Männer mit Sporttaschen würden weder auffallen noch kontrolliert werden, bis sie anfangen zu morden.

Es wurde, lieber Gorgasal, berichtet, daß die Leute buchstäblich bis an die Zähne bewaffnet waren. Sie trugen Rucksäcke und vorn Säcke (keine Ahnung, wie die heißen; vielleicht chestbags). Sie schleppten wie hochbepackte Soldaten Waffen, Munition, Granaten mit sich. Vermutlich auch Verpflegung (und nicht zu vergessen das Kokain ).

Nicht umsonst gehört ja zum Ausbildungsprogramm der Kaida der Marsch mit, ich glaube, 20 kg Gepäck. Also, die wären schon aufgefallen.

Etwas anderes ist mir zum Thema "Reichstag" eingefallen. Im Tadsch Mahal sind die Terroristen einfach durch den kaum bewachten Hintereingang (vermutlich das, was man früher Dienstboteneingang nannte) spaziert. Auch beim Reichstag gibt es so einen Eingang, der allerdings neben dem Haupteingang ist. Durch ihn wird man zB eingelassen, wenn man einen Schwerbehindertenausweis hat. Ich habe das vor ein paar Jahren als Begleiter einer Bekannten mit so einem Ausweis erlebt: Während man am Haupteingang vom BND gefilzt wird, sitzen am Nebeneingang zwei freundliche Damen, die einen hereinbitten und zum Fahrstuhl geleiten.

Die Vermutung drängt sich auf, daß die Kontrollen am Haupteingang weniger der Sicherheit dienen als der Erzeugung eines Sicherheitsgefühls.

Herzlich, Zettel

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

04.12.2008 12:08
#71 RE: Das Drehbuch wurde schon 1993 geschrieben Antworten

Zitat von Zettel
Zitat von Gorgasal
Aber so ein Anschlag wäre beispielsweise in Berlin am Reichstag oder in Frankfurt im Bankenviertel genauso einfach durchführbar, ohne die Spree oder den Main einzubeziehen. Zehn einzelne Männer mit Sporttaschen würden weder auffallen noch kontrolliert werden, bis sie anfangen zu morden.

Es wurde, lieber Gorgasal, berichtet, daß die Leute buchstäblich bis an die Zähne bewaffnet waren. Sie trugen Rucksäcke und vorn Säcke (keine Ahnung, wie die heißen; vielleicht chestbags). Sie schleppten wie hochbepackte Soldaten Waffen, Munition, Granaten mit sich. Vermutlich auch Verpflegung (und nicht zu vergessen das Kokain ).

Laut dem Stratfor-Artikel wurden vorab durch infiltrierte Terroristen Lager mit Munition und Nahrung angelegt. Das mag beim Reichstag marginal schwieriger sein, aber es gibt genügend Möglichkeiten in der nahen Umgebung, Depots für einige Tage anzulegen (Raumpfleger auf der Museumsinsel?). Die Terroristen fahren dann dorthin, rüsten sich aus und laufen Amok.

Oder sie verzichten auf die Depots. Einer von ihnen fährt einen Lieferwagen oder Sprinter voller Ausrüstung zur Museumsinsel, wo die anderen warten. Dann fahren alle gemeinsam weiter.

Wenn der Lieferwagen wider Erwarten in eine Polizeikontrolle gerät, ist ein Terrorist gefasst, und die anderen tauchen unter und schlagen zwei Wochen später in einer anderen Stadt auf die gleiche Art zu.

Und wie Schneier immer schreibt: all die Metalldetektoren, Überwachungskameras und Flüssigkeitsvernichtungen (immerhin muss man im Reichstag nicht seine Flüssigkeiten abgeben) bringen nichts.

Zitat von Zettel
Etwas anderes ist mir zum Thema "Reichstag" eingefallen. Im Tadsch Mahal sind die Terroristen einfach durch den kaum bewachten Hintereingang (vermutlich das, was man früher Dienstboteneingang nannte) spaziert. Auch beim Reichstag gibt es so einen Eingang, der allerdings neben dem Haupteingang ist. Durch ihn wird man zB eingelassen, wenn man einen Schwerbehindertenausweis hat. Ich habe das vor ein paar Jahren als Begleiter einer Bekannten mit so einem Ausweis erlebt: Während man am Haupteingang vom BND gefilzt wird, sitzen am Nebeneingang zwei freundliche Damen, die einen hereinbitten und zum Fahrstuhl geleiten.

Die Vermutung drängt sich auf, daß die Kontrollen am Haupteingang weniger der Sicherheit dienen als der Erzeugung eines Sicherheitsgefühls.

Recht haben Sie. Der Fachausdruck lautet "Security Theater".

--
La muerte de Dios es opinión interesante, pero que no afecta a Dios. - Nicolás Gómez Dávila

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

04.12.2008 13:12
#72 RE: Mumbai vs. Bombay Antworten

Zitat von Zettel
Bombay war auch in Indien, wenn ich das recht in Erinnerung habe, der offizielle Name. Dann wurde er durch das nationalere Mumbai ersetzt. So, wie aus der Gold Coast Ghana wurde oder aus Südwestafrika Namibia. Da tendiere ich dazu, die neue Namensgebung zu akzeptieren.

Slate Magazine hat die Sache erschöpfend recherchiert.

Danach wäre es wohl doch besser gewesen, bei "Bombay" zu bleiben. Eine Umbenennung zu Ehren der Göttin Mumbadevi - brr.

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

04.12.2008 13:17
#73 RE: Mumbai vs. Bombay Antworten

Naja, so komplett aus heiterem hindunationalistischem Himmel kommt das nicht.

Zitat von Slate
Speakers of Marathi and Gujarati, the local languages, have always called the city Mumbai.

--
La muerte de Dios es opinión interesante, pero que no afecta a Dios. - Nicolás Gómez Dávila

Pentas ( gelöscht )
Beiträge:

04.12.2008 18:53
#74 RE: Das Drehbuch wurde schon 1993 geschrieben Antworten

In Antwort auf:
Vor 15 Jahren plante die Kaida einen Anschlag auf Hotels in New York, der bis in die Einzelheiten hinein dem gleicht, was jetzt in Mumbai ausgeführt wurde.


So waren die Pläne von damals mehr oder weniger öffentlich zugänglich.

Angesicht der geringen Schusswaffendichte (= keine Gegenwehr) in Großstädten ist es nicht verwunderlich, dass jemand auf die Idee kommt einen schwer bewaffneten Sturmtrupp auf Ziele in diesen Städten zu hetzen.
Als Ziel wird nicht irgendein x-beliebiger Wohnsilo ausgewählt, sondern etwas symbolträchtigeres. Egal ob Rinks-, Lechts-, Öko-, oder Islamextremismus, gegen reiche dekatente Aus/Inländer haben alle etwas, somit ist ein Luxushotel für alle potentiellen Terroristen ein begehrtes und wahrscheinliches Ziel.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

04.12.2008 19:47
#75 RE: Das Drehbuch wurde schon 1993 geschrieben Antworten

Zitat von Pentas
In Antwort auf:
Vor 15 Jahren plante die Kaida einen Anschlag auf Hotels in New York, der bis in die Einzelheiten hinein dem gleicht, was jetzt in Mumbai ausgeführt wurde.

So waren die Pläne von damals mehr oder weniger öffentlich zugänglich.

Das weiß ich nicht, lieber Pentas. Stratfor hat viele Quellen. Kann sein, daß es in dem Prozeß zur Sprache gekommen ist; vielleicht auch nicht.

Die beiden Autoren erwähnen in dem Artikel jedenfalls, daß Stratfor vor ein paar Jahren schon gewarnt hat, daß diese Pläne für die Kaida noch aktuell sein könnten. ("Indeed, Stratfor observed in 2005 that the 1993 Landmarks plot (among others) should not be discounted, as al Qaeda or other terrorist groups are known to return to past targets and plot scenarios." - leider ohne Link).

Herzlich, Zettel

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