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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 131 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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califax Offline




Beiträge: 1.502

26.01.2010 00:03
#76 RE: EKD korrigiert Käßmann - Käßmann jetzt Steuerexpertin Antworten

Das dritte Bit ist wegen des Seiteneffekts auf mein Erachten schwer verständlich. :)

Wichtiger wäre aber die Frage, wie man den ganzen Käßmanns in Deutschland erklärt, daß die Welt ein wenig komplizierter ist, als sie es gerne hätten. An dieser Frage hau' ich mir schon seit Jahren den Kopf ein.
Sie steht ja nicht allein sondern bedient ein verbreitetes Denkschema.
Es scheint, als müsse man bei jedem neuen Problem immer wieder mit grundlegendem Geschichtsunterricht und einfachsten logischen Schlüssen anfangen.
Der Wunsch ist der Vater des Gedanken.
Aber irgendwie wird immer wieder der Vater mit dem Sohnemann verwechselt.
Was kann man da tun?

--
Der Weg zur Hölle beginnt mit dem Monopol auf Moral.

Thomas Pauli Offline




Beiträge: 1.486

26.01.2010 09:31
#77 RE: EKD korrigiert Käßmann - Käßmann jetzt Steuerexpertin Antworten

Zitat
wie man den ganzen Käßmanns in Deutschland erklärt, daß die Welt ein wenig komplizierter ist, als sie es gerne hätten



In der Schule wieder den Melierdialog durchnehmen?

Herzlich, Thomas

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

26.01.2010 11:11
#78 RE: EKD korrigiert Käßmann - Käßmann jetzt Steuerexpertin Antworten

Zitat von Kallias
Steuersenkungen, sagte sie im Sender Phoenix, sehe sie "kritisch": "Wir als Kirche meinen, dass die Staatsverschuldung nicht weiter steigen darf."


Da darf man natürlich nicht vergessen, daß die Steuereinnahmen der Kirche direkt an den Ertrag der Einkommenssteuer gekoppelt sind (und nur an diese, alle übrigen Steuern und Abgaben sind für die Kirche uninteressant).

Frau Käßmann dürfte hier also weniger die Staatsverschuldung im Auge haben als die eigenen Einnahmen.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

26.01.2010 11:13
#79 RE: EKD korrigiert Käßmann - Käßmann jetzt Steuerexpertin Antworten

Zitat von califax
Aber vielleicht darf ich noch einmal darauf hinweisen, daß es meiner Meinung nach Leute gibt, bei denen die Predigt in der Kirche hauptsächlich der Verbalbefriedigung des Redners dient.


Die gibt es, dieser Effekt spielt bei Käsmann vielleicht auch eine Rolle - aber nicht vergessen sollte man, daß sie ein Wahlamt innehat und ihre Wählerschaft pflegen muß. Und da ist die öffentliche Wiedergabe der an linken Kirchenstammstischen üblichen Sprüche eine gute Methode.

Kallias Offline




Beiträge: 2.300

26.01.2010 13:11
#80 RE: EKD korrigiert Käßmann - Käßmann jetzt Steuerexpertin Antworten

Zitat von R.A.
Frau Käßmann dürfte hier also weniger die Staatsverschuldung im Auge haben als die eigenen Einnahmen.

Sie haben recht:

Zitat von EKD
Auch beim Thema Steuersenkung geht es Käßmann zufolge um soziale Gerechtigkeit: "Macht das jetzt Sinn, Steuern zu senken in einer Zeit, in der die Überschuldung für die nachkommenden Generationen schon ein Ausmaß erreicht hat, das meines Erachtens so nicht mehr verantwortbar ist." Zu einer solidarischen Gemeinschaft gehöre es auch, dass die Starken für sozialen Frieden einträten und Steuern zahlten, und nicht jeder versuche, Steuern zu sparen. Zudem würde eine Steuersenkung die Kirchen massiv treffen, argumentierte die Landesbischöfin.

(epd-Meldung vom 18. Dezember 2009)

Aber hat Käßmann auch recht damit? Nach liberaler Lehre bedeutet meines Wissens eine Steuersenkung zwar eine Verringerung der Staatsquote, aber nicht der Staatseinnahmen, die sogar steigen können. Somit müsste die Kirche eigentlich gar nicht gegen Steuersenkungen sein.

Herzliche Grüße,
Kallias

Florian Offline



Beiträge: 3.136

26.01.2010 13:26
#81 RE: EKD korrigiert Käßmann - Käßmann jetzt Steuerexpertin Antworten

Wie R.A. richtig anmerkt:
Entscheidend ist für die Kirchen nur die Einkommensteuer und sonst nichts.
Der allgemeine Trend der letzten Jahre, das Steuervolumen stärker auf die Mehrwertsteuer zu verlagern und dafür die Einkommensteur zu senken, war für die Kirchen daher schädlich - ganz unabhängig davon, ob diese Maßnahme die GESAMTEN Steuereinnahmen nun erhöht hat oder nicht.
Problematisch war sicher auch, dass z.B. die Gewerbesteuer nun verstärkt zu Abzügen bei der Einkommensteuer von Personengesellschaften führt.

Umgekehrt sind die derzeit diskutierten Steuersenkungen (Hotellerie-Mwst, Erbschaftsteuer, Gewerbesteuer-Hinzurechnungen, etc.) für die Kirchensteuer ja unproblematisch. Ich weiß daher auch nicht, warum sich Frau Käßmann daran reibt - ihr Steuersubstrat wird davon eigentlich nicht berührt.

Übrigens ist m.W. ein großes Problem für die Kirchen, dass (aus steuerlichen Gründen) v.a. die Gutverdiener aus der Kirche austreten, während Geringverdiener und Rentner eher drin bleiben. Die (normal verdienende) Personalbuchhalterin eines Münchner Consulting-Unternehmens hat mir mal erzählt, dass sie selbst zwischen den ganzen Spitzenverdienern in diesem Laden die einzige ist, die noch Kirchensteuer zahlt. Die Kirchen haben daher schon auch einen Anreiz, den Bogen bei den Gutverdienern nicht zu überspannen und diese in einen Austritt zu treiben.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

26.01.2010 14:43
#82 RE: EKD korrigiert Käßmann - Käßmann jetzt Steuerexpertin Antworten

Zitat von Kallias
Sie haben recht:

Zitat von EKD
Auch beim Thema Steuersenkung geht es Käßmann zufolge um soziale Gerechtigkeit: "Macht das jetzt Sinn, Steuern zu senken in einer Zeit, in der die Überschuldung für die nachkommenden Generationen schon ein Ausmaß erreicht hat, das meines Erachtens so nicht mehr verantwortbar ist." Zu einer solidarischen Gemeinschaft gehöre es auch, dass die Starken für sozialen Frieden einträten und Steuern zahlten, und nicht jeder versuche, Steuern zu sparen. Zudem würde eine Steuersenkung die Kirchen massiv treffen, argumentierte die Landesbischöfin.

(epd-Meldung vom 18. Dezember 2009)



Früher sagte man dazu: "Sie sagen Gott und meinen Mammon".

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.021

26.01.2010 14:45
#83 RE: EKD korrigiert Käßmann - Käßmann jetzt Steuerexpertin Antworten

Zitat von Florian
Umgekehrt sind die derzeit diskutierten Steuersenkungen (Hotellerie-Mwst, Erbschaftsteuer, Gewerbesteuer-Hinzurechnungen, etc.) für die Kirchensteuer ja unproblematisch. Ich weiß daher auch nicht, warum sich Frau Käßmann daran reibt - ihr Steuersubstrat wird davon eigentlich nicht berührt.


Vielleicht, unter Umständen, möglicherweise kann man auch eine fast schon aberwitzig gewagte These in den Raum stellen: eventuell geht es Frau Käßmann ja auch um die Staatsverschuldung und die kommenden Generationen und etwa gar nicht so sehr um das eigene Steuersubstrat?

Natürlich bin ich mir völlig im klaren darüber, dass ich mich mit dieser abenteuerlichen, durch nichts belegten und nahezu indiskutablen Hypothese weit aus dem Fenster lehne. Schließlich ist es wohlbekannt, dass geldgeile Profiteure klassischerweise eine Karriere in der Kirche anstreben und dann ihr Arbeitsleben mit der Maximierung des Kirchensteueraufkommens verbringen.

--
La sabiduría se reduce a no olvidar jamás, ni la nada que es el hombre, ni la belleza que nace a veces en sus manos. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito

Florian Offline



Beiträge: 3.136

26.01.2010 15:02
#84 RE: EKD korrigiert Käßmann - Käßmann jetzt Steuerexpertin Antworten

Zitat
eventuell geht es Frau Käßmann ja auch um die Staatsverschuldung und die kommenden Generationen



Schon klar, dass die Kirchen nicht nur an den eigenen Geldbeutel denken.
Käßmanns Argumentation zu den gesellschaftlichen Wirkungen einer Steuersenkung ist da ja auch vollkommen legitim (dass ich ihre Meinung nicht teile ist eine andere Frage. Aber natürlich hat sie das Recht und wohl auch das Mandat, ihre Meinung zu äußern).
In meinem obigen Beitrag bezog ich mich aber darauf, dass Frau Käßmann selbst einen Zusammenhang zwischen Steuersenkung und Kirchensteuer herstellt:

Zitat
Zudem würde eine Steuersenkung die Kirchen massiv treffen, argumentierte die Landesbischöfin.



Und dieser Zusammenhang ist mir eben nicht klar.
Denn soweit ich sehe ist keine der aktuell diskutierten Steuersenkungen schädlich für die Kirchensteuer.
Bzw. sogar ganz im Gegenteil:
Wenn die Senkung der Mwst. und der Gewerbesteuer zum Beispiel das Einkommen eines Hoteliers steigen lässt, dann steigt auch seine Einkommensteuer. Tendenziell führt die Steuerreform also zu einer Verlagerung hin zur Einkommensteuer - und damit zu MEHR Kirchensteuer.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

26.01.2010 15:06
#85 RE: EKD korrigiert Käßmann - Käßmann jetzt Steuerexpertin Antworten

Zitat von Gorgasal
Vielleicht, unter Umständen, möglicherweise kann man auch eine fast schon aberwitzig gewagte These in den Raum stellen: eventuell geht es Frau Käßmann ja auch um die Staatsverschuldung und die kommenden Generationen und etwa gar nicht so sehr um das eigene Steuersubstrat?


Daß es hier durchaus auch um das eigene Steuersubstrat geht, wurde ja im weitergehenden Zitat von ihr deutlich.
Aber schon richtig, daß ist nur ein "auch", ich vermute schon, daß sie das alles auch wirklich glaubt.

Aber es ist halt immer etwas auffällig, vielleicht auch anrüchig, wenn das laut propagierte allgemeine Wohl rein zufällig auch persönliche Vorteile abwerfen würde.

Zitat
Natürlich bin ich mir völlig im klaren darüber, dass ich mich mit dieser abenteuerlichen, durch nichts belegten und nahezu indiskutablen Hypothese weit aus dem Fenster lehne.


Nun, zumindestens hat es uns etwas dabei gestört, uns gemütlich in unseren Vorurteilen zu suhlen ;-)

Zitat
Schließlich ist es wohlbekannt, dass geldgeile Profiteure klassischerweise eine Karriere in der Kirche anstreben und dann ihr Arbeitsleben mit der Maximierung des Kirchensteueraufkommens verbringen.


Es wäre in der Tat falsch zu behaupten, daß man wegen geldgeiler Profitgier in den Kirchendienst geht. Aber wenn jemand in der Kirche Karriere macht, können auch weniger edle Motive eine Rolle spielen. Die Zeiten sind ja vorbei, wo man Einsamkeit und Askese suchende Heilige aus ihren Eremitenzellen zerrte um sie irgendwo zum Bischof zu machen ...

Ich habe schon ein bißchen den Eindruck daß Frau Käßmann es nicht schlimm findet, wenn ihre Spitzenposition ihr Macht, öffentliche Bekanntheit und vielleicht auch ein paar materielle Angenehmlichkeiten verschafft - und sie deswegen auch sehr aktiv (kirchen-)politisch agiert, um diesen Job zu behalten.

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.021

26.01.2010 15:58
#86 RE: EKD korrigiert Käßmann - Käßmann jetzt Steuerexpertin Antworten

Zitat von R.A.
Die Zeiten sind ja vorbei, wo man Einsamkeit und Askese suchende Heilige aus ihren Eremitenzellen zerrte um sie irgendwo zum Bischof zu machen ...


Naja, nicht wirklich. Kardinal Ratzinger war den meisten Quellen überhaupt nicht scharf auf seine letzte Beförderung und hätte sich lieber in die bayerische Provinz zurückgezogen. Aber das betrifft zugegebenermaßen den anderen Verein.

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Herr Offline




Beiträge: 406

26.01.2010 16:28
#87 RE: EKD korrigiert Käßmann - Käßmann jetzt Steuerexpertin Antworten

Zitat von R.A.
Ich habe schon ein bißchen den Eindruck daß Frau Käßmann es nicht schlimm findet, wenn ihre Spitzenposition ihr Macht, öffentliche Bekanntheit und vielleicht auch ein paar materielle Angenehmlichkeiten verschafft - und sie deswegen auch sehr aktiv (kirchen-)politisch agiert, um diesen Job zu behalten.


Ach, das würde ich mal nicht so hoch hängen. Die materiellen Annehmlichkeiten einer Bischöfin halten sich vergleichsweise in engen Grenzen.

Ich glaube, es geht um was anderes:
Die ev. Kirche hat in der letzten Dekade gelernt, dass für die öffentliche Wahrnehmung Personalisierung wichtig ist. Käßmann wird gezielt als Gesicht des Protestantismus aufgebaut.

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.021

27.01.2010 12:04
#88 RE: Zettels Meckerecke: Historikerin Käßmann Antworten

Frau Käßmann plaudert mit Herrn Gysi, und das Neue Deutschland findet das sehr nett:
http://www.neues-deutschland.de/artikel/...ch-geerdet.html

Zitat von ND
Das Publikum wäre enttäuscht gewesen, hätte Frau Käßmann abgesagt. Dass sie darüber nachgedacht hat (man ahnte es und kann es nachvollziehen), offenbarte sie erst ganz am Ende der Veranstaltung: Sie dürfe sich nicht dem Verdacht aussetzen, sich parteipolitisch vereinnahmen zu lassen.



Mit Herrn Gysi und seiner Partei hat sie anscheinend nicht mehr Berührungsängste als mit anderen Politikern. Das einzige Problem wäre ein Verdacht, dass sie sich parteipolitisch vereinnahmen lässt. Na, dann ist ja noch gut.

Via: http://www.kath.net/detail.php?id=25389 mit ein paar weiteren Kommentaren dazu.

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Florian Offline



Beiträge: 3.136

27.01.2010 13:21
#89 RE: Zettels Meckerecke: Historikerin Käßmann Antworten

Mich (als Katholiken) befremden sowohl die Häufigkeit allgemeinpolitischer Einlassungen (oft ohne eine erkennbare theologische Fundierung) der protestantischen Führungsetage und teilweise auch deren Stoßrichtung.

Nun meine Frage, die vielleicht mitlesende Protestanten beantworten können:
Diese Stoßrichtung ist ja oft sehr nah an politisch linken Positionen.
Ist das denn eigentlich innerhalb der evangelischen Kirche mehrheitsfähig?
Grundsätzlich stelle ich mir religiöse Menschen (auch Protestanten) im Schnitt als eher überdurchschnittlich konservativ vor.
Ist die allgemeinpolitische "linke Linie" der Kirchenoberen damit kompatibel?

Uwe Richard Offline



Beiträge: 1.253

27.01.2010 13:42
#90 RE: Zettels Meckerecke: Historikerin Käßmann Antworten

Zitat von Florian
Diese Stoßrichtung ist ja oft sehr nah an politisch linken Positionen.
Ist das denn eigentlich innerhalb der evangelischen Kirche mehrheitsfähig?



Frau Käßmann schwimmt ganz munter mitten im Strom der angewandten Beliebigkeiten und bedient damit selbstverständlich ihre Klientel. Linke und grüne Positionen sind in dem Sinne konservativ, als sie technikfeindlich und „romantisch“ naiv sind.

Uwe Richard

--

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.021

27.01.2010 13:48
#91 RE: Zettels Meckerecke: Historikerin Käßmann Antworten

Zitat von Uwe Richard
Linke und grüne Positionen sind in dem Sinne konservativ, als sie technikfeindlich und „romantisch“ naiv sind.


Konservatismus und Technikfeindlichkeit, naja. Konservatismus und "romantische" Naivität, das verstehe ich nun gar nicht. Aber vielleicht bin ich dafür zu "romantisch" naiv...

--
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Florian Offline



Beiträge: 3.136

27.01.2010 15:26
#92 RE: Zettels Meckerecke: Historikerin Käßmann Antworten

Nachtrag:

Wie gesagt, vielleicht kann ich mich einfach zu wenig in protestantische Befindlichkeiten hineinfühlen.
Aus katholischer Sicht ist ja die Vorstellung einer weiblichen Bischöffin ja ohnehin schon gewöhnungsbedürftig.
Mir ist natürlich klar, dass damit Protestanten eher weniger ein Problem haben.

Allerdings hätte ich - angesichts der wohl auch für Protestanten geltenden Heiligkeit der Ehe - doch vermutet, dass auch für einen normalen Durchschnittsprotestanten die Vorstellung einer geschiedenen Frau als Bischöfin nicht akzeptabel wäre.

Wie ist da nun die Lage?
Wird das von (vielen) Protestanten als Problem gesehen? (a)
Oder findet das eine breite protestantische Mehrheit vollkommen ok? (b)

Falls (a): Wie kommt die Kirchenführung damit durch, sich von einem ethisch-theologischen Konsens der eigenen Gläubigen zu entfernen?
Falls (b): Fände ich sehr seltsam. Bin da wohl zu konservativ-katholisch. Aber wenn nicht einmal eine Bischöffin das Sakrament der Ehe noch ernst nimmt, dann fehlt da in der Protestantischen Kirche m.E. schon iregndwie das moralische Fundament.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

27.01.2010 15:42
#93 RE: Zettels Meckerecke: Historikerin Käßmann Antworten

Zitat von Florian
Mich (als Katholiken) befremden sowohl die Häufigkeit allgemeinpolitischer Einlassungen (oft ohne eine erkennbare theologische Fundierung) der protestantischen Führungsetage und teilweise auch deren Stoßrichtung.


Dies befremdet mich als Protestanten auch.

Zitat
Diese Stoßrichtung ist ja oft sehr nah an politisch linken Positionen.
Ist das denn eigentlich innerhalb der evangelischen Kirche mehrheitsfähig?


Leider ja.
Die meinungsbildende Schicht in den meisten protestantischen Gemeinden besteht aus sozial engagierten Konservativen. Das "sozial engagiert" entspricht natürlich einem von oben fürsorglichen Weltbild, da gibt es nur arme Opfer und wenig Verständnis für Eigenverantwortung. Das Konservative bezieht sich auf kitschige Naturvorstellungen, Technikferne und Wirtschaftsfeindlichkeit, die sowohl bei der CDU wie bei Grünen und vielen Roten üblich sind.

Mal als kleiner Einschub: Beim Neujahrsempfang der hiesigen CDU sprach der neue Umweltminister Röttgen. Und da meinte ich hinterher zu diversen mit mir bekannten CDU-Größen, diese Rede hätte bis auf ein paar "christliche Schöpfung"-Floskeln genausogut Trittin halten können - es wäre nicht erkennbar, daß wir nicht mehr rot/grün regiert würden.
Und da meinten die CDUler ganz offen, das wären eben die schwarz-grünen Gemeinsamkeiten und das würde sie eben als Union von der FDP unterscheiden.

Zurück zum Thema: In den meisten Landeskirchen gibt es m. W. organisierte Gruppen von "religiös konservativen", die in vielen Punkten ähnlich ticken wie die offizielle katholische Sicht. Diese Leute stören sich durchaus an einer geschiedenen Bischöfin etc.
Aber das ist eine klare Minderheit. Die politisch dominante Mehrheit ist exemplarisch gutmenschlich, wählt überwiegend rot/grün und durchaus auch kommunistisch, und bei vielen ist die christliche Fundierung überraschend schwach, die haben oft eine diffuse Vorstellung von einer Wischi-Waschi-Weltreligion, wo es "eigentlich" keine Unterschiede zwischen den einzelnen Bekenntnissen gibt.

Und die Käßmann repräsentiert das alles ganz hervorragend.

Kallias Offline




Beiträge: 2.300

27.01.2010 17:05
#94 RE: Zettels Meckerecke: Historikerin Käßmann Antworten

Nach reformatorischer Lehre gelten nur die Taufe, das Abendmahl und vielleicht die Beichte als Sakramente. Was die Ehe betrifft: von den großen Religionsstiftern war Jesus sicher der familienfeindlichste, das Sakrament der Ehe muß jemand anderes eingesetzt haben.

Wie ich die lutherische Lehre verstehe ist sowohl der erfolgreiche als auch der scheiternde Mensch auf die Gnade Gottes angewiesen, um selig zu werden, so daß der Lebenserfolg, z.B. als Ehefrau, keinen wirklich wichtigen Gesichtspunkt darstellt.

Herzliche Grüße,
Kallias

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.021

27.01.2010 17:13
#95 RE: Zettels Meckerecke: Historikerin Käßmann Antworten

Zitat von Kallias
Was die Ehe betrifft: von den großen Religionsstiftern war Jesus sicher der familienfeindlichste, das Sakrament der Ehe muß jemand anderes eingesetzt haben.



Zitat von Matthäus 19, 3-9
3 Da kamen Pharisäer zu ihm, die ihm eine Falle stellen wollten, und fragten: Darf man seine Frau aus jedem beliebigen Grund aus der Ehe entlassen?
4 Er antwortete: Habt ihr nicht gelesen, dass der Schöpfer die Menschen am Anfang als Mann und Frau geschaffen hat
5 und dass er gesagt hat: Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen und sich an seine Frau binden und die zwei werden ein Fleisch sein?
6 Sie sind also nicht mehr zwei, sondern eins. Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen.
7 Da sagten sie zu ihm: Wozu hat dann Mose vorgeschrieben, dass man (der Frau) eine Scheidungsurkunde geben muss, wenn man sich trennen will?
8 Er antwortete: Nur weil ihr so hartherzig seid, hat Mose euch erlaubt, eure Frauen aus der Ehe zu entlassen. Am Anfang war das nicht so.
9 Ich sage euch: Wer seine Frau entlässt, obwohl kein Fall von Unzucht vorliegt, und eine andere heiratet, der begeht Ehebruch.


Aber das hat hier ja keine Relevanz, weil Frau Käßmann und nicht ihr Mann die Scheidung eingereicht hat

--
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Florian Offline



Beiträge: 3.136

27.01.2010 17:30
#96 RE: Zettels Meckerecke: Historikerin Käßmann Antworten

Zitat
Nach reformatorischer Lehre gelten nur die Taufe, das Abendmahl und vielleicht die Beichte als Sakramente. Was die Ehe betrifft: von den großen Religionsstiftern war Jesus sicher der familienfeindlichste, das Sakrament der Ehe muß jemand anderes eingesetzt haben.



Ich habe gerade die entsprechenden Wikipedia-Artikel konsultiert.
Dass es bzgl. Ehe zwischen Katholiken und Protestanten so gewaltige kirchenrechtliche Unterschiede gibt, hätte ich nicht gedacht.
Schon wieder etwas gelernt.

Uwe Richard Offline



Beiträge: 1.253

27.01.2010 18:47
#97 RE: Zettels Meckerecke: Historikerin Käßmann Antworten

Zitat von Gorgasal

Zitat von Uwe Richard
Linke und grüne Positionen sind in dem Sinne konservativ, als sie technikfeindlich und „romantisch“ naiv sind.


Konservatismus und Technikfeindlichkeit, naja. Konservatismus und "romantische" Naivität, das verstehe ich nun gar nicht. Aber vielleicht bin ich dafür zu "romantisch" naiv...




So ganz losgelöst vom Kontext erscheint der Satz den ich geschrieben habe natürlich in einem falschen Licht. Jetzt weiß ich auch, wie das ist, wenn Politiker sagen oder meinen, ihre Sätze wären aus dem Zusammenhang gerissen worden und sie meinten eigentlich etwas ganz anderes.

Vielen Dank für den Intensivkurs in Sachen Rhetorik.
(Edit: es sollte wohl besser Kompaktkurs heißen.)

Meine Position sehe ich von R.A. in seinem Beitrag von heute, 15:42 treffend formuliert.


Mit freundlichem Gruße

Uwe Richard

--

lois jane Offline



Beiträge: 662

27.01.2010 19:21
#98 RE: Zettels Meckerecke: Historikerin Käßmann Antworten

Das sehe ich auch so wie Zettel.

Die Rede von der "Befreiung Deutschlands im Mai '45" kann ja zwei Seiten haben.

-Die Wirkung auf Deutschland war unter anderem die einer Befreiung von einem Terrorregime (eben neben den matierellen Zerstörungen, dem Kriegstoten, den Vertreibungen und dem Zusammenbruch aller, durch den Nationalsozialismus aber schon pervertierte und auch zerriebene, Staatlichkeit) - auch wenn dies in Teilen von einem nur wenig besseren Regime abgelöst wurde.

-Die Absichten der Alliierten: die waren in der Tat nicht die Befreiung Deutschlands sondern die Befreiung seiner Opfer und die Unschädlichmachung des Störenfriede Deutschland. Es nimmt sich ja auch etwas seltsam aus, daß die Alliierten den Deutschen, quasi als Dank für ihre Aggression auch noch befreien sollen.

Als Metapher könnte man von Deutschland als einem Tobsüchtigen sprechen, der eben 1945 überwältigt und fixiert werden konnte, woran sich dann ein Heilungsprozess anschloß. Rückblickend kann man dann zwar sagen, die Befreiung vom Anfall wäre '45 gewesen.

Nur das mit der Verletzung des Amtseides halte ich für weit hergeholt. So weit muß man gar nicht gehen, denn FDR hatte gar keine Veranlassung etwas für Deutschland zu tun. Aber eidlich verboten war ihm das auch nicht.

lois jane Offline



Beiträge: 662

27.01.2010 19:39
#99 RE: Zettels Meckerecke: Historikerin Käßmann Antworten

Ich meine auch, daß die Fortdauer des NS-Regimes nicht an die Person Hitler gebunden gewesen wäre. Vielleicht hätte es Diadochenkämpfe gegeben, was aber nicht unbedingt das Ende bedeutet hätte (siehe Stalins Nachfolge in 1953).

Aber der Verweis auf die Attraktivität national-sozialistischer Ideen in der Dritten Welt scheint mit ein Spiegelgefecht:

Klar waren die politischen Vorstellungen von Kim Il-Sung, Ho Chi Minh, Mengistu oder Kenyatta sowohl nationalistisch als auch sozialistisch (mit den entsprechenden Problemen für die persönliche Freiheit der Untertanen) man könnte auch noch Mao und Pol Pot, aber halt eben auch Nehru anführen.

Einerseits scheinen mir die verwandten, aber auch verschiedenen Ideologien von Kommunismus und Sozialismus vermischt zu werden.

Und dazu kommt noch, daß der Hitler'sche Nationalsozialismus ja eben kein nationaler Sozialismus war, sondern ein Gemisch aus rassistischem und antisemitischem Nationalismus und Totalitarismus. Da mag man Parallelen zu marxistischen Sozialismus finden, aber identisch sind sie doch nicht, weshalb auch der Bestand des einen nichts über die Überlebensfähigkeit des anderen aussagt.

lois jane Offline



Beiträge: 662

28.01.2010 09:42
#100 RE: Zettels Meckerecke: Historikerin Käßmann Antworten

Ein Hinweis:

Noch stimmt der Link, bald aber wird der Beitrag verschoben werden und dann unter http://kath-info.de/posener.html zu finden sein, wo sich auch die vorherigen Beiträge dieses Themas befinden.

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