Zitat von ZettelVon jenem liberalen Preußen, in dem jeder nach seiner Fasson selig werden konnte ...
Solange man widerspruchslos gehorchte, Steuern zahlte in jeder Höhe, die dem König beliebte, sich nie in die Politik einmischte und jeden Krieg brav mitmachte ...
Ja, Preußen hatte die von Ihnen geschilderten Vorzüge und das sollte man auch positiv bewerten (gerade gegenüber den tumben Anti-Preußen-Vorurteilen, die heute bei "Intellektuellen" üblich sind).
Aber Preußen ist eben auch ganz wesentlich daran beteiligt, daß sich die Deutschen nicht als aktive Staatsbürger sehen, mit Bürgerrechten und Mitwirkungsrechten (um nicht zu sagen: -pflichten). Sondern sie sehen sich so oft als "kleine Leute", die still ihr Gärtlein pflegen und im kleinen Kreis zwar über "die da oben" mosern, aber diesen immer brav gehorchen und sie wiederwählen.
Zitat von lois janeIch würde weiter gehen - die "Amerikanische Revolution" war gar keine sondern einzig und allein ein Unabhängigkeitskrieg, nachdem die britische Krone in den Augen von 13 Kolonien ihre altangestammten Rechte verletzt hatte. Es ging darum, Neuerungen zu bekämpfen, nicht Neues zu schaffen.
Das sehe ich anders, liebe Lois Jane. Die amerikanische Revolution war beides - eine Unabhängigkeitskrieg und eine politische Revolution, die immerhin (sieht man von den italienischen Republiken der Renaissance ab) erstmals seit der Antike eine republikanische Staatsform etablierte. Und das nicht nur auf der Grundlage von Montesquieu, sondern auch der Staatsphilosophie des britischen Empirismus. Jefferson war wesentlich von Francis Bacon und John Locke beeinflußt.
Zitat von lois janeAber man sollte den Unterschied nicht an zwei Dokumente festmachen. Ob die Unabhängigkeitserklärung ein gültiges Rechtsdokument der USA sind, ist durchaus strittig. Die frz. Menschenrechtserklärung von 1793 ist es sicher nicht, denn das heutige Frankreich bezog und bezieht sich auf die Erklärung von 1789, die etwas anders aussieht. Darüberhinaus spricht auch die Erklärung von 1793 von "natürlichen, unveräußerlichen" Rechten - die unterschiedliche Gewichtung ist in der Tat minimal. Der Unterschied liegt in einer bestimmten Geisteshaltung, nicht in solchen Dokumenten.
Und die Dokumente sind eben Ausdruck dieser unterschiedlichen Geisteshaltung; weswegen ich aus ihnen zitiert habe. Die Frage der Rechtsgültigkeit spielt dafür keine Rolle.
Zitat von lois janeWeder ein Burkaverbot noch eine Schulpflicht können sich auf das Prinzip der Equalité berufen
Hübsche Wortschöpfung; sozusagen eine Vereinigung amerikanischen und französischen Denkens auf höherer Stufe.
Zitat von lois jane, welches ja nur eine Gleichheit der Rechte vertritt, keine Uniformierung aller Einwohner - diese Idee gibt es in Frankreich, was aber andere Gründe hat, wohl vor allem ein neurotisches (und historisch völlig unbegründetes) Verhältnis zu religiösem Ausdruck. Dieses wiederum würde ich in der Tat auf Voltaire, Rousseau und Konsorten zurückführen.
Das Prinzip einer durch den Staat begründeten und von ihm garantierten Gleichheit, dieses republikanische Prinzip der Égalité, birgt nun einmal die Tendenz zur Gleichmacherei in sich. Anders als das "all men are created equal", für das Staat und Gesellschaft überhaupt keine Rolle spielen. Die Égalité ist das Produkt einer staatlichen Ordnung; die Equality ist dem Menschen wesensmäßig eigen.
Zitat von lois janeMan sollte aber beachten, daß es "die Freiheit" ja gar nicht gibt.
Außer für Platoniker.
Zitat von lois janeWas in einem freiheitlichen Staat als möglich oder nicht gilt, hängt auch von der jeweiligen Verfassung ab.
Ja, gewiß. Und vor allem von der Verfassungswirklichkeit.
Zitat von lois janeSchließlich wäre ich noch der Meinung, daß ein Nacktheitsverbot sehr viel besser begründet werden kann, als ein Burka-Verbot. Weshalb es ja auch ersteres weltweit allgemein verbreitet ist, letzteres aber nicht.
Auf diese Begründund bin ich gespannt.
Aber wie auch immer - es ging mir ja nur um den Hinweis, daß es sich im einen wie im anderen Fall um ein Verhüllungsgebot handelt, nur eben in unterschiedlichem Ausmaß.
Das Körpertabu gehört zu den Tabus, die man in vielen primitiven Gesellschaft und auch in Hochkulturen findet. Aber es kann eben sehr unterschiedliche Formen annehmen - von dem Gebot, ein Penisfutteral zu tragen, wie auf Neuguinea, bis zu dem Gebot, die Burka anzulegen.
Ein Papua schämt sich, wenn jemand ihn ohne Penisfutteral sieht. Eine fromme Moslemin mag sich schämen, wenn die Burka nicht ihren gesamten Körper verhüllt. So vielfältig ist die menschliche Kultur.
Zitat von lois janeWas die Schweiz betrifft, kenne ich mich nicht so aus, aber Frankreich hat den Absolutismus nicht abgewehrt oder überwunden sondern weitergeführt (Deutschland ebenso), im Gegensatz zu den USA oder England, die einen Absolutismus nie hatten.
Hm, das ist aber eine kühne These. Inwiefern hat es nach 1789 in Frankreich noch einen Absolutismus gegeben? In Deutschland gab es ihn ja nie auf nationaler Ebene, und mit dem Absolutismus der Fürsten, Herzöge, Könige war es spätestens nach den napoleonischen Kriegen auch vorbei.
Zitat von R.A.Ja, Preußen hatte die von Ihnen geschilderten Vorzüge und das sollte man auch positiv bewerten (gerade gegenüber den tumben Anti-Preußen-Vorurteilen, die heute bei "Intellektuellen" üblich sind).
Aber Preußen ist eben auch ganz wesentlich daran beteiligt, daß sich die Deutschen nicht als aktive Staatsbürger sehen, mit Bürgerrechten und Mitwirkungsrechten (um nicht zu sagen: -pflichten).
Sondern sie sehen sich so oft als "kleine Leute", die still ihr Gärtlein pflegen und im kleinen Kreis zwar über "die da oben" mosern, aber diesen immer brav gehorchen und sie wiederwählen.
Das ist richtig, lieber R.A. Und deshalb brauchen wir in Deutschland beides und müssen beides pflegen: Die preußische Tradition der Rechtsstaatlichkeit und Toleranz und die rheinisch-süddeutsche Tradition des Bürgermuts vor Königsthronen.
Charles de Gaulle hat die DDR mit konstanter Bosheit "La Prussie" genannt. Damit hat er etwas Wahres getroffen; denn im Kommunismus setzte sich die schlechte Tradition Preußens fort: Der Obrigkeitsstaat, das Muckertum, auch der Militarismus. Die guten preußischen Traditionen - eben Rechtsstaatlichkeit und Toleranz - wurden hingegen von der Bundesrepublik aufgenommen; verbunden mit der demokratischen Tradition des Rheinlands und Süddeutschlands, vor allem Badens.
Zitat von ZettelInwiefern hat es nach 1789 in Frankreich noch einen Absolutismus gegeben?
Die levée en masse, der von Priestern verlangte Treueeid auf die Verfassung nebst denkbar unangenehmen Sanktionen für Eidverweigerer, die Einführung eines neuen Kalenders und die Ausrichtung der gesamten Gesellschaft auf die Revolution ist zwar sicherlich nicht das gleiche wie der alte Absolutismus - aber nur, weil selbiger nie dermaßen weit ins Leben der Bürger eingegriffen hatte. Vielleicht trifft es "Totalitarismus" besser.
-- La sabiduría se reduce a no olvidar jamás, ni la nada que es el hombre, ni la belleza que nace a veces en sus manos. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito
Zitat von ZettelDas ist richtig, lieber R.A. Und deshalb brauchen wir in Deutschland beides und müssen beides pflegen: Die preußische Tradition der Rechtsstaatlichkeit und Toleranz und die rheinisch-süddeutsche Tradition des Bürgermuts vor Königsthronen.
Na ja, sooooo ganz richtig ist es wieder nicht. Ich kann mir natürlich denken, wie Sie, lieber Zettel, Ihre Gegenüberstellung meinen. Ich würde aber mal gern ein paar Beispiele süddeutschen Bürgermuts vor Königsthronen sehen, die es nicht auch in Preußen gegeben hat.
[Besserwissermodus an: Vor 1806 gab es überhaupt keine süddeutschen Königsthrone, vor denen der Bürger hätte mutig sein können. Danach - so sehe ich das jedenfalls - waren die süddeutschen Bürger nicht mutiger als Preußen. Besserwisssermodus aus]
Es muß einen Grund gegeben haben, warum es so viele tüchtige Männer (der Freiherr vom Stein zB) nach Preußen gezogen hat, nicht nach Süddeutschland.
Gab es in einem süddeutschen Staat einen Johann Friedrich Adolf von der Marwitz, der einen Befehl Friedrichs des Gr. zur Plünderung von Schloß Hubertusburg mit der Bemerkung verweigerte, "es würde sich allenfalls für den Offizier eines Freibataillons schicken, nicht aber für einen Kommandeur Seiner Majestät Gensdarmes“ und dann um Abschied aus der Armee suchte (Grabinschrift: "Wählte Ungnade, wo Gehorsam Unehre gebracht hätte")? Gab es einen Yorck und seine Tat im Befreiungskrieg?
Obrigkeitsstaat, diese Eigenschaft steht auch anderen deutschen Staatsgebilden dieser Zeit wohl an. Obrigkeitsstaatliches Denken feiert auch in diesem unserem Lande fröhliche Urständ, und zwar - wenn man sich die Allmachtsphantasien unserer Volksvertreter ansieht - nicht zu knapp. Muckertum war in Preußen nicht gefragt, jedenfalls nicht unter den meisten Herrschern. Das es dieses trotzdem gegeben hat, ist nichts spezifisch Preußisches, sondern findet sich überall.
Und der Militarismus... Das ist auch so ein Schlagwort, das sich überall findet und unkritisch geglaubt wird. Alle denken dann immer an den wilhelminischen Leutnant mit Monokel, als ob der repräsentativ wäre.
Mir ist jedenfalls ein militaristischer Staat lieber als ein kriegerischer. Und da steht Preußen sehr gut da.
Ich glaube Sie haben meine launige Anmerkung mißinterpretiert. Was tatsächlich mein Anliegen war zu erwähnen, war, daß wir in Deutschland eine Tradition der Freiheit nicht haben. Ich sehe Deutschland, und zwar von der Reichsgründung bis heute, als maßgeblich von Preußen beeinflußt, bei welchem ich zwischen einem frühen und einem späten Preußen gar nicht so recht Ihrer Differenzierung folgen möchte, denn Gehorsam und Idealismus verstehe ich als Konstanten in der Geschichte Preußens, welches sich in der Bundesrepublik in leider nur noch bescheidenen Anteilen fortsetzt.
Im übrigen halte ich auch das Deutsche Reich bis '33 für keinen besonderen Ausbund an Nationalismus. Vergessen Sie bitte nicht, daß es Millionen Bürger gab, die den verschiedenen Minderheit angehörten, wie etwa den Polen in Posen, Juden, Dänen und was es noch alles so gegeben haben mag. All diese Leute konnten im Kaiserreich relativ frei leben. Das aber das Deutsche Reich dem Deutschtum verpflichtet war; wen mag es denn ernstlich wundern?
P.S. Sprache empfinde ich als die Möglichkeit meine Gedanken in einer Art auszudrücken, die anderen erlaubt an meinen Gedanken teilzuhaben. Für mich ist Sprache ein hohes Gut und als solches ein kleines Stückchen Freiheit. Sehen Sie es mir doch bitte nach, wenn ich mich in dieser Freiheit weder von Rechtsextremen noch Neusprechlern beeinflussen lassen möchte. Um das zu sagen, was ich sagen wollte, war "undeutsch" nunmal das richtige Wort. Welches Wort hätten Sie genommen?
Das mag ja sein oder auch nicht, aber im Fall von Preußen ist es eben ein bezeichnendes Beispiel, während es an anderer Stelle vielleicht eher floskelhaft aufgefasst würde?
Zitat Da muß man etwas differenzieren. Richtig ist auf jeden Fall, daß die absolutistische Tradition Frankreichs auch nach der Revolution stark nachgewirkt hat.
Für Deutschland kann man das schon deshalb nicht sagen, weil es hier Absolutismus nur in diversen Fürstentümern gegeben hat. Daneben gab es immer andere Herrschaftsformen, und das Reich selber war überhaupt nicht absolutistisch. Dieser Mix an Traditionen wirkt bis heute fort.
Das habe ich auf die Einzelterritorien, in denen sich eben moderne Staatlichkeit entwickelte gemeint. Das Heilige Römische Reich war nie ein Staat moderner Art. In den Einzelterritorien wirkte das weiter und die machen - Bismarckreich hin oder her - ja die Hauptsache der Staatlichkeit bis 1918 aus. Und das Bismarckreich stand dann auf preußischer Grundlage. Die Weimarer Republik und alles was folgte war dann so absolutistisch wie das moderne Staaten nunmal meist sind.
Zitat Dagegen gab es in England durchaus Phasen, in denen der Monarch fast absolutistisch regierte - es wurde nur nie so explizit als offizielle Staatsform verkündet wie in Frankreich.
Als "Staatsform" "verkündet" wurde das ohnehin nicht. Es gab durchaus englische Herrscher, die sich in Sachen Absolutismus versucht haben. Die Tudors haben da - dank der Verluste der Rosenkriege - einen "guten" Start vorgelegt und die Stuart haben es dann zu vollenden versucht, sind aber daran gescheitert, weil ihnen das Machtmittel eines stehendes Heeres fehlte. Versucht hat man es in England, geschafft hat man es nicht.
Zitat In vielen Bereichen könnte man England sogar als absolutistischer bezeichnen als Frankreich, weil der König viel stärker realen Durchgriff bis ins letzte Eck des Landes hatte und regionale Sonderrechte kaum eine Rolle spielten.
Das stimmt so nicht, denn er mußte sich mit lokalen Eliten auseinandersetzen, die ihm dann parlamentarisch Schwierigkeiten machen konnten.
Zitat Demgegenüber hat erst die Revolution Frankreich wirklich zentralisiert, selbst auf dem Höhepunkt der absolutistischen Herrschaft hatte es der König nicht geschafft, die Provinzen durchgängig zu regieren.
Nein. Die Revolution hat es dann auf die Spitze getrieben aber schon Ludwig XIV. hat zentralistisch mit Hilfe ernannter Beamter in die "Provinzen" (eigentlich gab es solche gar nicht, die Provence ausgenommen) bzw. Territorien hineinregiert.
Zitat von ZettelDie amerikanische Revolution war beides - eine Unabhängigkeitskrieg und eine politische Revolution, die immerhin (sieht man von den italienischen Republiken der Renaissance ab) erstmals seit der Antike eine republikanische Staatsform etablierte.
Im Prinzip ja. Nur daß es in Europa neben den italienischen Renaissance-Republiken noch einige hundert andere Beispiele gab ...
Zitat Hm, das ist aber eine kühne These. Inwiefern hat es nach 1789 in Frankreich noch einen Absolutismus gegeben? In Deutschland gab es ihn ja nie auf nationaler Ebene, und mit dem Absolutismus der Fürsten, Herzöge, Könige war es spätestens nach den napoleonischen Kriegen auch vorbei.
Ich finde die These gar nicht kühn. Ob nun ein König oben drauf sitzt, eine kollektive Führung oder ein gewählter Präsident spielt doch keine Rolle. Der Absolutismus zeichnet sich durch einen Staat aus, der das Gewaltmonopol beansprucht.
Die napoleonischen Kriege setzten keinem Absolutismus in Deutschland ein Ende, außer bei jenen Fürsten denen es selbst ein Ende setzte.
Zitat von JeffDavisIch würde aber mal gern ein paar Beispiele süddeutschen Bürgermuts vor Königsthronen sehen, die es nicht auch in Preußen gegeben hat.
Da ist die württembergische Verfassungsgeschichte ein gutes Beispiel. Da haben sich die Landstände ein Mitbestimmungsrecht gegen den Monarchen erkämpft, das wäre in Preußen nicht denkbar gewesen.
Zitat Es muß einen Grund gegeben haben, warum es so viele tüchtige Männer (der Freiherr vom Stein zB) nach Preußen gezogen hat, nicht nach Süddeutschland.
Weil Preußen autokratisch genug war, daß der König auch "Ausländer" in hohe Stellungen berufen konnte. Je demokratischer ein Land verfaßt ist, desto schwerer haben es Zugereiste, in politische Spitzenpositionen zu kommen.
Zitat Gab es in einem süddeutschen Staat einen Johann Friedrich Adolf von der Marwitz, der einen Befehl Friedrichs des Gr. zur Plünderung von Schloß Hubertusburg mit der Bemerkung verweigerte
Nein - weil es dort nicht solche Befehle gab. Aber ansonsten sind Marwitz, Yorck et al. natürlich gute Beispiele für die positive Seite Preußens.
Zitat Obrigkeitsstaat, diese Eigenschaft steht auch anderen deutschen Staatsgebilden dieser Zeit wohl an.
Das ist schon richtig. Aber der schlechte Teil des Preußen-Erbes umfaßt mehr als nur Untertanenmentalität, dazu gehört auch das bei vielen (insbesondere auch "intellektuellen") Leuten vorhandene blinde Vertrauen in DEN STAAT als höhere Instanz.
Zitat Mir ist jedenfalls ein militaristischer Staat lieber als ein kriegerischer. Und da steht Preußen sehr gut da.
Zitat Das sehe ich anders, liebe Lois Jane. Die amerikanische Revolution war beides - eine Unabhängigkeitskrieg und eine politische Revolution, die immerhin (sieht man von den italienischen Republiken der Renaissance ab) erstmals seit der Antike eine republikanische Staatsform etablierte. Und das nicht nur auf der Grundlage von Montesquieu, sondern auch der Staatsphilosophie des britischen Empirismus. Jefferson war wesentlich von Francis Bacon und John Locke beeinflußt.
Da habe ich drei Einwände:
1. halte ich die Frage, ob Republik oder Monarchie, d.h. Fürst oder nicht, für minder wichtig. Die Übergänge sind da fließend: die USA waren zwar ohne König, hatten aber ab 1789 im Präsidenten einen Ersatzkönig. Waren die vorrevolutionären Niederlande nun eine Republik oder ein Fürstentum der Oranier?
2. änderte sich 1783 erstmal wenig. Die Kolonien machten weiter, nun halt ohne König. Nur widerwillig haben sie dann 1787 eine bundesstaatliche Ordnung gefunden. (Das könnte man als viel größere Neuerung betrachten, da diese außerhalb der Schweiz ja nicht im Trend der Zeit lag.)
3. Jefferson ist aber nicht der Alleinvertreter des ganzen. Gut, er hat die Unabhängigkeitserklärung geschrieben und war dann Botschafter und Außenminister, aber bis zu seiner Wahl zum Präsidenten dann hauptsächlich Oppositionsführer.
Und da fällt mir ein - Jefferson war ja der Vertreter der frankophilen Partei, was nicht nur außenpolitisch so war. Auf sein Betreiben hin erhielten die USA so etwas ähnliches wie eine Grundrechtserklärung, die Bill of Rights. Und Thomas Paine bließ das Horn der Menschenrechte, wogegen sich in England Edmund Burke prinzipiell ausprach.
Zitat Und die Dokumente sind eben Ausdruck dieser unterschiedlichen Geisteshaltung; weswegen ich aus ihnen zitiert habe. Die Frage der Rechtsgültigkeit spielt dafür keine Rolle.
Ja, nur das ihre Bedeutung eben in Frage steht. Ich habe vorhin nach weiteren Informationen über die Erklärung von 1793 gesucht und es war nicht ganz leicht. Die von 1789 ist wesentlich bedeutsamer (wenn sie auch schon nach einem Tag gebrochen wurde). Und vor allem sagt das Dokument von 1793 eben nicht aus, was sie (größtenteils korrekt) als französische Geisteshaltung ansehen. Vom Staat gewährte Menschenrechte (im Gegensatz zum gottgebenen) gibt es darin nicht.
Zitat Das Prinzip einer durch den Staat begründeten und von ihm garantierten Gleichheit, dieses republikanische Prinzip der Égalité, birgt nun einmal die Tendenz zur Gleichmacherei in sich. Anders als das "all men are created equal", für das Staat und Gesellschaft überhaupt keine Rolle spielen. Die Égalité ist das Produkt einer staatlichen Ordnung; die Equality ist dem Menschen wesensmäßig eigen.
Das hat sich in Frankreich so ausgewirkt, ist aber nicht einfach so in dem Dokument enthalten und war auch bei Aufstellung der beiden Triaden L-E-F und L-L-PoH auch nicht so gemeint. "All men are created equal" sagt eben auch die amerikanische Unhabhängigkeitserklärung und grade Rousseau hätte das unterschreiben können. Es liegt nicht an den Prinzipien, daß es in Amerika keine solche Gleichmacherei gab, sondern an den Menschen und an den Umständen ihrer Revolution.
Zitat Außer für Platoniker.
Ich bevorzuge Aristoteles.
Zitat Ja, gewiß. Und vor allem von der Verfassungswirklichkeit.
Ich würde da schon zuerst auf den Verfassungstext schauen, denn gegen die Wirklichkeit kann man sich auf diesen berufen.
Zitat Aber wie auch immer - es ging mir ja nur um den Hinweis, daß es sich im einen wie im anderen Fall um ein Verhüllungsgebot handelt, nur eben in unterschiedlichem Ausmaß.
Das Körpertabu gehört zu den Tabus, die man in vielen primitiven Gesellschaft und auch in Hochkulturen findet. Aber es kann eben sehr unterschiedliche Formen annehmen - von dem Gebot, ein Penisfutteral zu tragen, wie auf Neuguinea, bis zu dem Gebot, die Burka anzulegen.
Ein Papua schämt sich, wenn jemand ihn ohne Penisfutteral sieht. Eine fromme Moslemin mag sich schämen, wenn die Burka nicht ihren gesamten Körper verhüllt. So vielfältig ist die menschliche Kultur.
Ja, sehen Sie. Überall bedeckt sich der Mensch. Das hat Gründe der "Anständigkeit", kann aber auch am Wetter liegen. Beides spricht gegen die Nacktheit in der Öffentlichkeit. Was spricht gegen das freiwillige Burkatragen? Ist das auch etwa "unanständig"? Welch seltsamer Wertewandel wäre das?
Wobei, ich gerade ich in keinster Weise Interesse am Burkatragen hätte. Nur sollte man das doch jeder (meinetwegen auch jedem) selbst überlassen.
Zitat von lois janeDas habe ich auf die Einzelterritorien, in denen sich eben moderne Staatlichkeit entwickelte gemeint.
Und da gab es eben eine breite Vielfalt. Viele der größeren Territorien orientierten sich am Absolutismus und zogen ihn mehr oder weniger vollständig durch. Wobei dem eben durch die Reichsverfassung Grenzen gesetzt waren - alleine schon die Zuständigkeit der Reichsgerichte verhinderten einen vollausgebauten Absolutismus nach französischem Vorbild. Daneben haben wir aber auch viele Territorien (insbesondere die Städte) mit ganz anderen Regierungstraditionen.
Zitat Die Weimarer Republik und alles was folgte war dann so absolutistisch wie das moderne Staaten nunmal meist sind.
Ich bin ja noch dabei, "absolutistisch" etwas weiter zu fassen (ansonsten wäre nach der Revolution natürlich Schluß damit). Aber die Weimarer Republik (wie das Reich vorher) hatte starke föderale Komponenten und Gewaltenteilung, da sind wir von absolutistischen Vorstellungen schon ziemlich weit weg.
Zitat Die Tudors haben da - dank der Verluste der Rosenkriege - einen "guten" Start vorgelegt und die Stuart haben es dann zu vollenden versucht, sind aber daran gescheitert, weil ihnen das Machtmittel eines stehendes Heeres fehlte. Versucht hat man es in England, geschafft hat man es nicht.
Naja, es ist halt die Frage, wie man einen "geschafften" Absolutismus definiert. Ein stehendes Heer mag auf dem Kontinent ein übliches Kennzeichen gewesen sein, in England war die Armee halt immer weniger wichtig (eine "stehende Flotte" gab es dagegen durchaus!). Dem englischen König fehlten einige Machtmittel, die sich der französische gesichert hatte - aber umgekehrt hatte er auch welche, die in Frankreich fehlten (insbesondere eben der regionale Durchgriff).
Zitat Das stimmt so nicht, denn er mußte sich mit lokalen Eliten auseinandersetzen, die ihm dann parlamentarisch Schwierigkeiten machen konnten.
Was dem englischen König am vollen Absolutismus fehlte, lag am Parlamentsvorbehalt, das ist schon richtig. Und im Parlament saßen Eliten, die jeweils in irgendwelchen Regionen verankert waren. Aber das heißt nicht, daß die Elite einer Grafschaft ein Eigenleben entwickeln konnte, daß dem der französischen Landschaften (um das Wort "Provinzen" zu vermeiden) vergleichbar war.
Zitat Die Revolution hat es dann auf die Spitze getrieben aber schon Ludwig XIV. hat zentralistisch mit Hilfe ernannter Beamter in die "Provinzen" (eigentlich gab es solche gar nicht, die Provence ausgenommen) bzw. Territorien hineinregiert.
Hineinregiert schon - aber im wesentlichen blieben die regionalen Autoritäten maßgeblich, die französischen Landschaften hatten ein Eigenleben mit Landständen und anderen selbständigen Strukturen, die es in englischen Grafschaften nie gab.
Zitat Die preußische Tradition der Rechtsstaatlichkeit
Mit der es aber unter Friedrich noch nicht so weit her war, gelle?
Preußen im besten Sinne war das Preußen eines Hardenberg, eines Freiherr vom Stein und eines Humboldt, das wichtige Reformen in Staat, Verwaltung, Universität durchführte. Daß in dieser kurzen Zeit die Juden emanzipierte (im geschrumpften Preußen) - auch unter Friedrich Wilhelm III: gab es Schattenseiten, sei es die Zwangsvereinigung der Protestanten, sei es die Unterdrückung der Katholiken am Rhein und natürlich das Steckenbleiben der Reformpolitik. Aber immerhin hat man damals keine Raubkriege geführt, keine Pressungen vorgenommen, und keine richterliche Königswillkür geübt, wie unter Friedrich.
Ich habe es jetzt nicht überprüft, aber ich würde vor Verwunderung wahrscheinlich von meinem Stuhl fallen, wenn die anderen relevanten Mächte dieser Zeit sich da von Preußen nennenswert unterscheiden würden.
Letztlich, wenn Sie mir diese Anmerkungen gestatten, finde ich Ihre Geschichtsauffassung sonderbar. Was bringt es denn, wenn man mit heutigen Maßstäben von Moral und Wohlstand an eine Vergangenheit herangeht, die von ganz anderen Erfordernissen und Umständen geprägt worden ist?
Es wäre sehr gut, wenn Sie endlich die Zitatfunktion richtig nutzen würden, damit der Leser weiß, auf wessen Beitrag Sie antworten und worauf genau sich Ihre Ausführungen beziehen. So ist es leider eine schiere Unmöglichkeit! Wenn sogar ich als antiker Mensch ohne Handy das gelernt habe, sollten Sie das erst recht schaffen. Danke!
Zitat von HajoRechtsstaatlichkeit? Vor ~250 Jahren?!
Aber ja doch! Deutschland (das heißt das HRR) war in vielerlei Hinsicht DER weltweite Vorreiter beim Thema Rechtsstaatlichkeit (insofern war Preußen da gar nichts Besonderes, nur eben ein normales deutsches Territorium).
Da war es eben auch Untertanen möglich, ihre Herrscher zu verklagen, auch Recht zu behalten und am Ende das Urteil sogar durchgesetzt zu bekommen! Natürlich nicht in moderner Perfektion - insbesondere die Prozeßlaufzeiten waren notorisch lang (der Begriff "auf die lange Bank schieben" stammt aus den Gebräuchen des Reichskammergerichts).
Die tiefe historische Verwurzelung rechtsstaatlicher Prinzipien merkt man bis heute. Der geradezu klassische Ausspruch eines Deutschen gegenüber Vertretern der Obrigkeit lautet: "Wo steht denn das". Und wenn es irgendwo in einem Paragraphen steht, dann wird das meist akzeptiert. Und wenn es da nicht steht, dann muß der Polizist oder Lehrer oder wer auch immer klein beigeben - funktioniert natürlich nicht immer, aber in vielen Ländern wäre das gar nicht denkbar.
Auch im politischen Prozeß merkt man diese Tradition: Wenn eine Maßnahme der Regierung auf Widerstand stößt, dann setzt der Engländer auf die Presse, der Franzose macht einen Aufstand (heute: Demo), der Deutsche geht zum Verwaltungsgericht.
Zitat von JeffDavis@hajo und lois jane: Es wäre sehr gut, wenn Sie endlich die Zitatfunktion richtig nutzen würden, damit der Leser weiß, auf wessen Beitrag Sie antworten und worauf genau sich Ihre Ausführungen beziehen. So ist es leider eine schiere Unmöglichkeit! Wenn sogar ich als antiker Mensch ohne Handy das gelernt habe, sollten Sie das erst recht schaffen. Danke!
Ah. Ich verwende dieses Forum ausschließlich "Threaded", was man durch einen Klick auf die Grafik oben rechts einstellen kann. Das zitieren erübrigt sich dann oft. Das andere diesen wunderbaren Modus nicht verwenden vergesse ich hin und wieder. Gelobe Besserung.
Zitat von R.A.[ Da ist die württembergische Verfassungsgeschichte ein gutes Beispiel. Da haben sich die Landstände ein Mitbestimmungsrecht gegen den Monarchen erkämpft, das wäre in Preußen nicht denkbar gewesen.
Da würde ich mich gerne einmal einlesen! Wann war denn das 1815? 1848? Unter Herzog Carl Eugen jedenfalls nicht, der war wohl das übelste deutsche Beispiel für fürstlichen Absolutismus. Haben Sie einen Literaturhinweis oder ein Webseite, von der aus ich weitersuchen kann?
Zitat von R.A. Weil Preußen autokratisch genug war, daß der König auch "Ausländer" in hohe Stellungen berufen konnte. Je demokratischer ein Land verfaßt ist, desto schwerer haben es Zugereiste, in politische Spitzenpositionen zu kommen.
Das besagt allerdings nichts über das Motiv desjenigen, der in den preuß Staatsdienst strebte. Nein, es war schon so, daß der preuß Staat als solcher auf viele kluge Köpfe eine starke Anziehungskraft ausgeübt hat. Auch in Bayern oder anderen deutschen Fürstentümern war es aber dem Monarchen möglich, ausländische Offiziere in die Armee und zivile Fachleute in den Staatsdienst zu übernehmen. Bei den adligen Offizieren war es sogar ganz normal, wenn sie in ausländische Dienste traten.
Zitat von R.A. Nein - weil es dort nicht solche Befehle gab.
Gewiß gab es die, sie sind nur nicht anekdotenhaft bekannt geworden. Für Preußen und Friedrich war er allerdings etwas besonderes, so etwas kam gewöhnlich nicht vor.
Dafür haben andere deutsche Fürsten ihre Soldaten an die Engländer oder Holländer verkauft...
Zitat von R.A.Da war es eben auch Untertanen möglich, ihre Herrscher zu verklagen, auch Recht zu behalten und am Ende das Urteil sogar durchgesetzt zu bekommen!
Ich will offen gestehen, daß mir das in dieser Deutlichkeit neu ist. Mit dem HRRDN habe ich eher die Ungleichheit vor dem Gesetz von Adligen und Gemeinen assoziiert. Können Sie etwas Weiterführendes z. Th. empfehlen?
Zitat Die preußische Tradition der Rechtsstaatlichkeit
Mit der es aber unter Friedrich noch nicht so weit her war, gelle?
Wenn Sie bloß nicht immer so mit vagen Allgemeinformulierungen um sich werfen würden, wie zB. ihrem "Feudalabsolutismus"... Welchen Friedrich meinen Sie jetzt, den I. oder den II.?
Wo und wann war es denn genau in Preußen mit der Rechtsstaatlichkeit noch nicht so weit her? Und im Vergleich womit? Mit heute? Mit anderen deutschen Staaten? Oder mit anderen europäischen Staaten dieser Zeit?
Zitat von lois jane Preußen im besten Sinne war das Preußen eines Hardenberg, eines Freiherr vom Stein und eines Humboldt, das wichtige Reformen in Staat, Verwaltung, Universität durchführte. Daß in dieser kurzen Zeit die Juden emanzipierte (im geschrumpften Preußen) - auch unter Friedrich Wilhelm III: gab es Schattenseiten, sei es die Zwangsvereinigung der Protestanten, sei es die Unterdrückung der Katholiken am Rhein und natürlich das Steckenbleiben der Reformpolitik. Aber immerhin hat man damals keine Raubkriege geführt, keine Pressungen vorgenommen, und keine richterliche Königswillkür geübt, wie unter Friedrich.
Clemenceau hätte jetzt gesagt: "Messieurs, que nous le voulions ou non, Prusse est un bloc!
Man kann nicht einfach den einen oder anderen Zug des preußischen Staates herausgreifen und ihn - wie in Ihrem Fall auch noch mit Bezug auf den heutigen Begriff des Rechtsstaates - beurteilen. Man sollte das immer vor dem realen geschichtlichen Hintergrund sehen. Für jedes Staatswesen lassen sich leicht Schattenseiten finden (oder umgekehrt positive), die sich als Beleg für die eine oder andere These benutzen lassen.
Ein Preußen in diesem besten Sinne ist immer das ganze Preußen. Wobei nicht einmal die Reformen Hardenbergs und Steins das Entscheidende sind, sondern die Fähigkeit des preuß Staates, sich trotz der bitteren Folgen der Niederlage von 1806 in dieser Weise selbst zu regenerieren. Das haben nicht viele Staaten geschafft. Ich meine, daß Preußen in puncto Rechtsstaatlichkeit spätestens ab etwa 1740 hinter keinem anderen europäischen Staat seiner Größe und Bedeutung zurückstand.
Zitat von JeffDavisDa würde ich mich gerne einmal einlesen! Wann war denn das 1815? 1848?
Nein, ich rede vom alten Reich. Hauptstichpunkt wäre da der Tübinger Vertrag, die älteste deutsche Verfassung (mit Grundrechten sogar für Leibeigene): http://www.verfassungen.de/de/bw/wuertt1514.htm
Zitat Das besagt allerdings nichts über das Motiv desjenigen, der in den preuß Staatsdienst strebte. Nein, es war schon so, daß der preuß Staat als solcher auf viele kluge Köpfe eine starke Anziehungskraft ausgeübt hat.
Schon richtig. Preußen war einer der modernsten deutschen Staaten und der zweitmächtigste - da konnte man Karriere machen.
Zitat Auch in Bayern oder anderen deutschen Fürstentümern war es aber dem Monarchen möglich, ausländische Offiziere in die Armee und zivile Fachleute in den Staatsdienst zu übernehmen.
Richtig - je stärker die Machtstellung des Monarchen, desto leichter ging das und desto häufiger wurde es praktiziert.
Zu Marwitz-Befehlen:
Zitat Gewiß gab es die ...
Wo gab es die anderswo? Mir sind eben keine Beispiele bewußt. Aber wir sind uns schon einig, daß das auch in Preußen eine Ausnahme war.
Zitat Dafür haben andere deutsche Fürsten ihre Soldaten an die Engländer oder Holländer verkauft...
Beim "Soldatenhandel" fallen wir heute zu leicht auf die Propaganda der damaligen Zeit herein - die Sache war schon etwas differenzierter. Im wesentlichen ging es hier um Berufssoldaten, die europaweit geschätzte Spezialisten waren (z. B. die hessischen Jäger) und durchaus bewußt und freiwillig solche Unternehmen mitmachten (gab ja auch gut Geld dafür). Es gab AUCH Mißbrauch mit Wehrpflichtigen bzw. inkompetente Vertragsverhandlungen einiger Fürsten (hatten eben nicht alle die Expertise der Kasselaner) - aber das war nicht die Regel.
Zitat von HajoIch will offen gestehen, daß mir das in dieser Deutlichkeit neu ist.
Das ist völlig normal, ich weiß es auch nur, weil es ein Forschungsschwerpunkt meines Professors war. Ganz allgemein findet das alte Reich sehr wenig Beachtung in der Schule oder der öffentlichen Darstellung, und unser Bild darauf wird sehr stark von der Darstellung der Reichsgegner aus der Revolutionszeit bestimmt.
Zitat Mit dem HRRDN habe ich eher die Ungleichheit vor dem Gesetz von Adligen und Gemeinen assoziiert.
Die gab es natürlich (wie überall in Europa), sowohl im Gesetz selber wie in der praktischen Anwendung. Insbesondere hatten natürlich Besitzlose fast keine Möglichkeit, ihr Recht über mehrere Instanzen einzuklagen. Aber daß z. B. eine Dorfgemeinschaft zusammenlegte (für die Anwaltskosten) und ihren Feudalherren wegen ungerechtfertigter Besteuerung verklagte - das war möglich.
Zitat Können Sie etwas Weiterführendes z. Th. empfehlen?
Schwierig. Es gab vor Jahren mal einen hervorragenden Ausstellungsbegleitband, der ist aber wohl vergriffen.
Für eine echte Lektüre könnte folgendes Buch nützlich sein. Ich habe es selber leider nicht gelesen, aber Battenberg ist hier sehr kompetent: Friedrich Battenberg, Herrschaft und Verfahren. Politische Prozesse im mittelalterlichen römisch-deutschen Reich, Darmstadt 1995; vgl. Peter Moraw, Art. "Reichshofrat", in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, Bd. 4, Sp. 631-634.
Zitat Dafür haben andere deutsche Fürsten ihre Soldaten an die Engländer oder Holländer verkauft...
Beim "Soldatenhandel" fallen wir heute zu leicht auf die Propaganda der damaligen Zeit herein - die Sache war schon etwas differenzierter. Im wesentlichen ging es hier um Berufssoldaten, die europaweit geschätzte Spezialisten waren (z. B. die hessischen Jäger) und durchaus bewußt und freiwillig solche Unternehmen mitmachten (gab ja auch gut Geld dafür). Es gab AUCH Mißbrauch mit Wehrpflichtigen bzw. inkompetente Vertragsverhandlungen einiger Fürsten (hatten eben nicht alle die Expertise der Kasselaner) - aber das war nicht die Regel.
Mir war schon klar, daß die Vermietung militärischer Kontingente anders ablief, als das gemeinhin dargestellt wird. Trotzdem hat mW kein preuß Monarch jemals Soldaten an andere Staaten gegen Subsidien "vermietet". Einsätze unter anderem Oberbefehl im Rahmen von Bündnisverpflichtungen ja, aber zur Zwecke der Gewinnerzielung, nein.
Danke für den Hinweis zur württem Verfassungsgesichte, dem ich in Ruhe nachgehen werde.
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