Geschichtsunterricht in der DDR wurde nach "Die Geschichte der menschlichen Gesellschaft ist eine Geschichte von Klassenkämpfen" vermittelt, also, die da Unten waren immer die Guten, während die da Oben immer die Bösen waren. Und der erste Revolutionär war demnach Spartakus. Nach den Klassikern der Weltliteratur ging es in Literatur um den sozialistischen Realismus, also, wie beschreiben Schriftsteller den "Aufbruch in die neue Zeit". Und auch der Goethe mit seinem Faust wurde hergenommen, um kommunistische Utopien zu vermitteln. Sonst konnte man aber nicht klagen. Ich jedenfalls fand den Unterricht spannend, nur hinterher, mit Abstand, da fällt es einem auf.
Zitat von Karl EduardGeschichtsunterricht in der DDR wurde nach "Die Geschichte der menschlichen Gesellschaft ist eine Geschichte von Klassenkämpfen" vermittelt, also, die da Unten waren immer die Guten, während die da Oben immer die Bösen waren. Und der erste Revolutionär war demnach Spartakus. (...) Sonst konnte man aber nicht klagen. Ich jedenfalls fand den Unterricht spannend, nur hinterher, mit Abstand, da fällt es einem auf.
Das, lieber Karl Eduard, ist ja das Vertrackte. In einer Gesellschaft, in der es keine freie Konkurrenz der Meinungen gibt, wird die herrschende - also die einzige sichtbare - Meinung als das Selbstverständliche erscheinen.
Man kann es ja gewissermaßen nicht "von außen" betrachten. Es ist halt so. So, wie die Erde sich um die Sonne dreht, ist die Geschichte eine Geschichte von Klassenkämpfen.
Ich habe Ende der sechziger, Anfang der siebziger Jahre mich für Marx interessiert und viel von ihm und Engels gelesen. Auch den historischen Materialismus fand ich interessant.
Vieles hat mir damals eingeleuchtet. Aber in einer freien Gesellschaft war doch immer evident, daß das eben eine mögliche Art ist, die Geschichte zu betrachten. Daß man die Geschichte auch als Geschichte der Auseinandersetzungen zwischen Nationen verstehen kann, als Geschichte der fortschreitenden Aufklärung oder - wie Oswald Spengler, der mich als Schüler ähnlich interessiert hatte wie Marx, als ich etwas älter war - als Geschichte des Entstehens und der "Lebensgeschichte" von Kulturen.
Im Geschichtsunterricht an den Schulen, auf denen ich war (ziemlich vielen, weil wir oft umzogen) wurde übrigens kein spezielles "Geschichtsbild" vermittelt.
Klassenkämpfen wurde durchaus Raum gegeben, wenn auch nicht unter diesem Namen, sondern unter dem richtigeren Namen soziale Konflikte. Aber im antiken Rom stand dabei nicht dieser Aufstand eines entlaufenen Gladiators im Mittelpunkt, sondern die sozialen Auseinandersetzungen beispielsweise unter den Gracchen und zur Zeit von Marius und Sulla. Auch die Bauernkriege wurden ausführlich behandelt; aber es war eben nicht Luther der Böse und Thomas Müntzer der Gute.
Vielleicht wurde Kriegen ein zu breiter Raum gegeben; wir mußten viele Daten von Schlachten auswendig lernen. Aber das hat andererseits dem Geschichtswissen ein gewisses Gerüst gegeben. Bei heutigen Abiturienten staune ich immer wieder, daß sie zwar manche Einzelheiten wissen, sie aber oft falsch chronologisch einordnen. Ich denke, das liegt daran, daß (nach meiner Kenntnis) kaum noch Jahreszahlen gepaukt werden.
Lieber Zettel, ich weiß nicht, wo du in dieser Gesellschaft Möglichkeiten für freie Meinungsbildung siehst. Schon gar nicht für Schüler. Die müssen genau so im Strome mitschwimmen, wie die Schüler in der DDR. Wer Tag und Nacht den Mainstream um die Ohren gehauen bekommt und die Aussagen der bundesdeutschen Aktuellen Kameras, der nimmt deren Botschaften auf wie Werbung. Auch in der DDR gab es Quellen, die nicht die Parteitagslinie widerspiegelten, das war die Literatur, aber besser war es, so wie es heute besser ist, in der Klasse dazu keine Diskussion anzufangen, weil es auch in dieser Gesellschaft eherne Wahrheiten gibt, die die Lehrer hören wollen. Und es gibt den Druck der Schulklasse. Immer finden sich besonders überzeugte Aktivisten, die die Weisheit mit Löffeln gefressen haben und die Moral auf ihrer Seite wissen. Heute ist, die Einwanderung kritisch zu hinterfragen, genau so tödlich, wie meinetwegen in der DDR den Einmarsch der Sowjetunion in die CSSR. Eine Medienlandschaft, die sich selbst geordnet hat, also gleichgeschaltet, die läßt kritisches Denken auch gar nicht zu.
Zitat von Karl EduardLieber Zettel, ich weiß nicht, wo du in dieser Gesellschaft Möglichkeiten für freie Meinungsbildung siehst. Schon gar nicht für Schüler. Die müssen genau so im Strome mitschwimmen, wie die Schüler in der DDR.
Tut mir leid, da kann ich Ihnen nicht folgen. Jeder kann lesen, was er will. Es wird im Internet jede nur denkbare Meinung angeboten, selbst links- und rechtsextreme. Das mit der DDR zu vergleichen, halte ich für absurd.
Natürlich ist auch eine freie Gesellschaft nicht perfekt. Aber wir leben in einer freien Gesellschaft, und es ist mir schlechterdings unbegreiflich, wie man das nicht zur Kenntnis nehmen kann.
Zitat von UngeltDiese Mischung aus dumpfer Parteipropaganda und der überall sichtbaren sozialistischen Realität befeuerte (in der CSSR zumindest) das kritische Denken der Jugend mehr, als jedes diesbezügliche Lernziel.
Da habe ich meine Zweifel. Natürlich war den Meisten klar, daß die praktische Umsetzung des Sozialismus nicht den Propaganda-Behauptungen entsprach. Aber das bedeutete in der Regel ja nicht, daß man deswegen an den ideologischen Grundlagen zweifelte.
Oh doch, lieber R.A. Da muß ich Ungelt Recht geben.
Es war eher so, daß die Erziehung zum Sozialismus, zumindest in der Tschechoslowakei, viel mehr Antikommunisten produzierte als die offene Erziehung hier. Allerdings bekam man bei uns schon sehr früh von zu Hause mit, daß man einen bigotten Doublespeak pflegen muß, und daß das zwar beschämend, aber wichtig sei. Würde man sich nämlich in der Öffentlichkeit, z.B. in der Schule, verplappern, hätte das unabsehbare Folgen für Eltern, Geschwister & einen selbst.
... Nun gut, die "öffentliche" Sprache bekam man, in der DDR, sicher auch mit, bevor man zur Schule kam, also spätestens mit sechs Jahren - es war ja praktisch überlebensnotwendig -, aber die Frage ist, ob die sich dort überhaupt von der privaten unterschied.
Zusammengefasst: In der Tsch. entstand das kritische Denken quasi aus Trotz, also aus der Reibung an der schlechten Realität, die - auch offiziell - schon der Sozialismus war.
Notizen aus der DDR-Schulprovinz: Den besten Lehrer meiner Schulzeit hatte ich in Mathe von der 5.-8. Klasse. Er stand der Partei ebenso fern wie mein damaliger Bio- und Chemielehrer, ein zumindest regional beachteter Schachspieler , sicherlich als Dr. auch in seinen Fächern kompetent, aber nicht fähig, vielleicht auch gar nicht interessiert, seine Schüler für seinen Stoff zu interessieren. Die restliche Lehrerschaft war bestenfalls Durchschnitt, deutlich darunter die (ebenfalls unpolitische) Russischlehrerin. In der 9-12. Klasse war ein Physiklehrer der Fähigste. Er war der Parteisekretär der Schule und stieg sogar in die SED-Kreisleitung auf. Bei seiner Nachfolgerin hatte ich keinen Unterricht. Sie galt aber nicht nur als sehr linientreu, sondern auch als recht fähig (Sprachlehrerin), wenngleich zu streng. Ihr Sohn ist heute übrigens ein wichtiger Journalist bei der einzig bedeutenden Regionalzeitung und bringt gelegentlich auch Beiträge im Berliner „Tagesspiegel“ unter. Der Schuldirektor war ebenfalls kein schlechter Pädagoge. Bei ihm hatte ich allerdings Staatsbürgerkunde, was in der 11. und 12. Klasse bei ihm schon in Richtung Philosophie ging. ML-Philosophie natürlich, es war also im wesentlichen höherer Blödsinn im Sinne der Staatsdoktrin, was dieser Mann seinen meist wie mir recht arglosen Schülern da eintrichterte. Ich staunte nicht schlecht als ich letztens bei einem „Heimaturlaub“ in der schon erwähnten Regionalzeitung, die übrigens noch so heißt wie früher, auf Seite 3 einen ganzseitigen Artikel fand, wo dieser Mann seine Ansichten über Bildung und Bildungssysteme ausbreiten konnte. (Paßt ja wohl zum Artikel von Posener, den ich aber nicht lese, weil mir der Autor mehrmals als intellektuell unredlich aufgefallen war.) 3 ältere noch dem Bildungsbürgertum entstammende Lehrer in naturwissenschaftlichen Fächern waren nur Durchschnitt. Ebenfalls diesem Milieu entstammte auch der Englischlehrer, der 2. herausragende Pädagoge an dieser Schule. Er war eine vielseitig gebildete Persönlichkeit, wohl an diese Schule strafversetzt, nachdem er als Leiter eines größeren Chores irgendetwas gemacht, was den Herrschenden nicht genehm war. Und man lernte sehr viel bei ihm. Von den jüngeren Lehrern ist mir ein weiterer Physiklehrer in guter Erinnerung. Auch wenn ich davon zu meiner Zeit (Ende 70ger Jahre) nichts mitbekam war oder wurde er später oppositionell gesinnt und 89/90in der Bürgerbewegung aktiv. Leider kurz danach verstorben. Der unpolitische Chemielehrer, den wohl keiner von uns sehr ernst genommen hatte, brachte es nach der Wende zum Direktor. Eine junge Deutschlehrerin hatte offenbar während ihres Studiums einige kritische Gedanken aufgeschnappt. Wenn ich mich recht entsinne, kam es in ihrer Klasse zu dem unerhörten Vorgang, daß über Biermanns Ausweisung kontrovers diskutiert wurde, ehe oder gar anstatt wie üblich alle der Partei-und Staatsführung ihre Unterstützung dafür per Unterschrift bekundeten. Sie war leider auch was das Fachliche betrifft auf der Höhe ihrer Zeit. Interesse oder gar Begeisterung für klassische Literatur vermochte sie nicht zu vermitteln, hatte sie wohl selbst nicht. Den „Faust“ etwa habe ich Jahre später, nachdem wir den bei ihr „durchgenommen“ hatten, für mich entdeckt. Soweit meine persönlichen Erfahrungen aus heutiger Sicht und mit heutigem Wissen. Verallgemeinerungen lasse ich lieber bleiben. Die fallen ja auch desto leichter, je weniger man sich in das Dickicht der Einzelfälle verloren hat.
Zitat von Ungelt Für die DDR stimmt es vielleicht, aus tschechischer Sicht sind die DDRler auch insgesamt als linientreuer eingeschätzt wurden. ... Die lange ununterbrochen wirkende Diktatur wäre aber eine mögliche Erklärung dafür.
Die Deutschen sind, verglichen mit den meisten anderen Völkern, jedenfalls sehr staatsgläubig. Das trifft natürlich nicht auf jeden einzelnen zu, aber mir fällt immer wieder auf, mit welcher Selbstverständlichkeit (Selbstvergessenheit!) sogar Deutsche, die - in ihrer Selbsteinschätzung - "total kritisch" sind, vom Vater Staat reden. (!) Bei der Gelegenheit möchte ich wissen, wie denn "Vater Staat" auf Tschechisch heißt.
... Huch, jetzt hab ich bei Google translate nachgesehen & finde die "Übertragung" dermaßen interessant, daß ich hier nix verrate. Schaut doch selber, liebe Kinder! ;-) http://translate.google.com/?langpair=de%7Cen#de|cs|Vater%20Staat
Diese Übersetzung hat mich nun dermaßen umgehauen, lieber Ungelt, daß ich den Faden verloren hab und erst einmal abbrechen muß ...
Zitat von janaOh doch, lieber R.A. Da muß ich Ungelt Recht geben. ...
Muß? Ich dachte, daß es Dir Freude bereitet, diese seltene Gelegenheit zu nutzen, milá Jano!
Zitat von janaZusammengefasst: In der Tsch. entstand das kritische Denken quasi aus Trotz,...
Ob die Tschechen jetzt mehr diese Trotzkisten oder doch mehr "lachende Bestien" sind - keine Ahnung - wahrscheinlich beides. Wir müssen aber jetzt mit diesen pauschalen Zuweisungen etwas aufpassen, sonst kommt noch Onkel Gabriel und macht uns gemeine Rassisten gerichtsfest !
Ungelt
PS: Aus den gleichen Gründen muß ich noch etwas nachdenken, bevor ich mich traue auf Deinen zweiten Beitrag zu antworten. Da hast Du ja schon wieder mächtig vorgelegt, mit Zuweisungen, ob ich das noch toppen kann? Obwohl - das geht ja nur gegen die Deutschen, wenn ich es noch richtig im Kopf habe..
Zitat von janaOh doch, lieber R.A. Da muß ich Ungelt Recht geben. ...
Muß? Ich dachte, daß es Dir Freude bereitet, diese seltene Gelegenheit zu nutzen, milá Jano!
Wieso? Geb ich Dir sonst immer Unrecht, lieber Gelt?
Zitat Ob die Tschechen jetzt mehr diese Trotzkisten oder doch mehr "lachende Bestien" sind - keine Ahnung - wahrscheinlich beides.
Apropos Trotzki: Den Typen fand ich, vor einigen Jahrhunderten, auch interessant, aber das lag wohl v.a. an diesem sein Pseudo. Wes1/2 ich das aber erzähle: Vor einigen Tagen jährte sich seine Ermordung, und bei der Gelegenheit waren, in der Welt, zwei interessante Artikel erschienen. Sie ergänzen & widersprechen sich ein bißchen zugleich. & schon wieder gebe ich beiden Recht. Ach, was bin ich doch heute versöhnlich, nich? Hier von Herzinger: http://www.welt.de/channels-extern/ipad/...revolution.html & hier von M&M: http://www.welt.de/debatte/kolumnen/Maxe...eo-Trotzki.html
Zitat Wir müssen aber jetzt mit diesen pauschalen Zuweisungen etwas aufpassen, sonst kommt noch Onkel Gabriel und macht uns gemeine Rassisten gerichtsfest !
Gerichtsfest? ... Bin ich nich, trinkfest schon eher ... Höhö, ich weiß, der thút echt w. Mußte aber sein. ;-)
Zitat von Zettel Und die Naturwissenschaften waren, lieber Geozentriker, wohl auch eine Nische für Leute, die sich der Indoktrination entziehen wollte - der passiven wie der aktiven
Jaja, lieber Zettel, das wussten natürlich auch die Kommunisten. Deshalb wurden die Naturwissenschaftler auch besonders kritisch beäugt und mussten besondere Systemtreue heucheln. Das ist wie manchmal im Film. Wer bei einer Bande mitmachen möchte, muss was anstellen, um dabei sein zu dürfen. Wem man dann misstraut, der muss zur Initiation was besonders Fieses anstellen. Die Westreisekader waren nun eine besondere Kategorie. Beim Bier hat sich mir gegenüber mal ein parteiloser Oberassistent (der natürlich nicht in den Westen reisen durfte) bitter über sein Schicksal beklagt, dass sein Chef auf Dienstreisen im Westen mit seinen Ergebnissen prahlt (die er noch nicht entsprechend veröffentlichen konnte). Bei einem Gegenbesuch im Osten, wollte man ihn dann nicht zu den Wessis vorlassen. Als er es doch geschafft hatte, wollten die gar nicht mit ihm reden. Er hatte überlegt, ob er einen Ausreiseantrag stellt. Da er Familie und Kinder hatte, hat er diesen Gedanken aber verworfen (es war ja gerüchteweise bekannt, dass es Zwangsadoptionen gibt). Wie ich später erfahren habe, wurde dieser bedauernswerte Mensch auch nach der Wende übergangen. Sein Chef hatte die entsprechenden Seilschaften geknüpft, und natürlich seine Gefolgsleute protegiert. Das ist zwar alles sehr menschlich - und rational gesehen war der Oberassi einfach nur blöd, er hätte ja auch mitmachen können – etwas unappetitlich ist das aber schon (ich habe jedenfalls dafür gesorgt, dass meine Kinder auf keine Ostuniversität gegangen sind.). Der eigentliche Witz an der Geschichte ist aber, dass unter den Westreisekadern nun offenbar besonders skrupellose Burschen waren, denen selbst ihre Familie egal war (Sippenhaft), deshalb gab es da wohl einige Abgänge auf Dienstreisen. Übrigens war offenbar die Situation bei den Geisteswissenschaftlern nicht so homogen, wie man sich das vielleicht vorstellt. Man durfte ja nicht studieren, was man wollte, man wurde „gelenkt“. Dadurch sind nun offenbar nicht nur hundertprozentig Systemtreue Geisteswissenschaftler geworden. Bewusst geworden ist mir das durch die FAZ. Da gab es nach der Wende rege Diskussionen darüber, dass man zur Aufarbeitung der DDR-Geschichte Ostwissenschaftler mit formal hoher Qualifikation betraut hat (die FAZ war halt mal eine ausgezeichnete Zeitung!). Das waren aber nun wieder die besonders Systemtreuen und Skrupellosen. Die eher ehrlichen Wissenschaftler, die in der DDR keinen so hohen Dienstgrad erreicht hatten, hat man außen vor gelassen. Damit hat man (vielleicht bewusst) die Chance zur Aufarbeitung der DDR vertan (Zeitzeugen werden ja mit der Zeit immer weniger). Dereinst wird es dann sicher wieder eine akademische Geschichtsschreibung geben, die mit den tatsächlichen Verhältnissen wenig zu tun hat (Die Frau Davis wird in dieser Geschichtsschreibung dann wahrscheinlich unsterblich werden, als Liebling aller Ossis – das ist aber eigentlich auch nicht wirklich schlimm – die Zeit geht weiter, und Unsterblichkeit wird bedeutungslos, wenn man gestorben ist ).
Zitat von UngeltOb die Tschechen jetzt mehr diese Trotzkisten oder doch mehr "lachende Bestien" sind - keine Ahnung - wahrscheinlich beides.
Apropos Trotzki: Den Typen fand ich, vor einigen Jahrhunderten, auch interessant, aber das lag wohl v.a. an diesem sein Pseudo. Wes1/2 ich das aber erzähle: Vor einigen Tagen jährte sich seine Ermordung, und bei der Gelegenheit waren, in der Welt, zwei interessante Artikel erschienen. Sie ergänzen & widersprechen sich ein bißchen zugleich. & schon wieder gebe ich beiden Recht. Ach, was bin ich doch heute versöhnlich, nich? Hier von Herzinger: http://www.welt.de/channels-extern/ipad/...revolution.html & hier von M&M: http://www.welt.de/debatte/kolumnen/Maxe...eo-Trotzki.html
Dazu muß ich hier doch noch einen Hinweis geben: Der von mir verehrte Wolf Biermann hat Maxeiner & Miersch eben auf AchGut sehr schön geantwortet. Und - auch er benutzt diesen dummen Trotzkisten-Scherz:
Zitat von Wolf BiermannEin echter Trotzkist kann alles werden im Leben. Krank, reich, christlich fromm oder jüdisch meschugge, er kann ein schwuler Faschist werden, ein aufgeklärter Demokrat, ein abgeklärter Bhagwan-Jünger, ein Päderast oder ein Börsenspekulant oder ein edler romantischer Räuber - aber eins kann ein trotziger Anhänger Trotzkis nie und nimmer werden: eine Canaille seiner Todfeinde, der nachgeborenen Stalinisten.
... Interessant, was er, in dem Artikel, über Moneta (dessen Nachwende-Werdegang mir natürlich auch schon aufgefallen war) und seine (Biermanns) Einladung, im Westen - im Rahmen des "Jugendmonats def IG Metall" - zu singen, schreibt. Ich bin überzeugt, daß er Recht hat, und daß diese Einladung ursprünglich nur dazu dienen sollte, ihn nicht mehr in die DDR einreisen zu lassen und so bequem loszuwerden. Es war wohl eine echte Verschwörung (ja, das gibt's tatsächlich), eine "revolutionäre List" - um im Fachjargon zu bleiben -, die dann den Planern in Ost & ihren Kreaturen in West ein bißchen aus dem Ruder gelaufen ist. ... Tja, die Planer hecken sicher weiter "Interessantes" aus, züchten weiter ihre teils böswilligen & teils naiven West-Kreaturen, und wir werden uns womöglich später fragen, warum wir nicht wachsamer gewesen sind. Wiederum will ich nicht paranoid sein & hoffe daher, daß dich mich irre.
Übrigens 1) schrieb Biermann den Brief am 21. August. Ob er sich des schicksalsträchtigen Datums bewußt war? Und übrigens 2) hätte ich an jenem Kalendertag einen meiner zwei Namenstage, die - in der Tschechoslowakei - zwar nicht heftig gefeiert, aber doch immer zur Kenntnis genommen wurden; nur - wer feiert schon an solch einem Tag, nich?
Hier noch ein Zitat aus Biermanns Brief an Miersch:
Zitat Auch wenn ich mich nicht jedes Mal melde - fast immer, wenn ich die Kolumne von M&M lese, denke ich: Das möchte ich mal gebündelt haben in einem Buch. Gibt es so was etwa längst, und ich habe es nicht mitgekriegt?
Scheint so. Es gibt ja z.B. die hier: "Frohe Botschaften: Maxeiner und Miersch über den alltäglichen Wahnsinn". In diesem Buch sind M&M-WELT-Kolumnen vereinigt, nach Themengebieten sortiert. Auch wenn es - wie beim analogen Medium (notwendigerweise) üblich - nicht die neuesten sind - sie sind immer noch aktuell, und bleiben es wohl für lange Zeit. Und die neueren Kolumnen werden sicher auch erscheinen ("na hoffentlich", wie Biermann sagen würde).
An dieser Stelle muß ich noch etwas mehr Werbung für M&M & Co. machen, weil sie's, wenn mich nicht alles täuscht, nicht selber (auf Achgut) thún: Am 13. September erscheint:
Früher war alles besser: Ein rücksichtsloser Rückblick Henryk M. Broder, Josef Joffe), Dirk Maxeiner, Michael Miersch
Hab ich schon, selbstverständlich, vorbestellt! ;-)
Zu Biermann, liebe Jana und lieber Ungelt, eine kleine Erinnerung an sein Konzert in Köln im November 1976.
Es war ein aufwühlendes Ereignis. Erst übertrug es der WDR, dann noch einmal die ARD die Aufzeichnung. Biermann, der ja noch nie vor einem annähernd so großen Publikum aufgetreten war, hatte eine ungeheure Bühnenpräsenz. Er benahm sich so, als hätte er nie etwas anderes gemacht, als vor solchen Massen aufzutreten. Der geborene Star. Ein paar Tage später habe ich ihn dann live in der Ruhrlandhalle Bochum erlebt.
Wir - dh die Unimenschen und Studenten, mit denen ich bekannt oder befreundet war - waren damals alle der Überzeugung, daß er die "bessere DDR" repräsentierte. Er sagte und sang auch wenig Kritische über die DDR und bezeichnete sie, wenn ich mich recht erinnere, als sein Land, oder so ähnlich.
Jedenfalls hatten wir den Eindruck, daß er sich mit der DDR identifizierte, und fanden das klasse. Also lebt er doch, der gute, der wahre Sozialismus in der DDR - das war so ungefähr unsere Reaktion. Biermann machte richtig Reklame für die DDR.
Umso größer war die Bestürzung, als seine Ausbürgerung mitgeteilt wurde. Wir verstanden das natürlich nicht, und wir begrffen auch nicht, wie die DDR-Führung das aus ihrer eigenen Interessenlage heraus tun konnte. Biermann war doch ihr bester Botschafter gewesen!
Als ich jetzt nachgesehen habe, wann genau dieses Konzert gewesen war, bin ich auf ein interessantes Interview mit Günter Ewald gestoßen, damals Rektor der Ruhr-Universität. Biermann war bei ihm zu Besuch, als er die Nachricht von der Ausbürgerung erfuhr.
Ich kannte Ewald ganz gut aus der Zeit, bevor er Rektor geworden war; wir hatten hier und da zusammengearbeitet. Ein Mathematiker, aber ein ganz ungewöhnlicher. Mich hat er schon damals an den Parapsychologen Bender erinnert. Er interessierte sich für die philosophischen Grundlagen und Implikationen der Mathematik. Sein Arbeitsgebiet war, wenn ich mich recht erinnere, die Geometrie. Inzwischen befaßt er sich, wie ich gerade gesehen habe, mit Bewußtsein und Seele.
Aber ich schweife ab ...
Jedenfalls waren wir geschockt, als Biermann ausgebürgert wurde. Seltsamerweise hat das aber kaum jemanden damals zum Nachdenken über das Wesen des real existierenden Sozialismus gebracht. Die vorherrschende Meinung war: Diese Dummköpfe im Politbüro! Naja, sie werden schon wieder zur Vernunft kommen.
Zitat von ZettelAls ich jetzt nachgesehen habe, wann genau dieses Konzert gewesen war, bin ich auf ein interessantes Interview mit Günter Ewald gestoßen, damals Rektor der Ruhr-Universität. Biermann war bei ihm zu Besuch, als er die Nachricht von der Ausbürgerung erfuhr.
Danke für die sehr interessante Schilderung und die Links.
Zitat von EwaldBiermann hatte sogar behauptet, im Autoradio von seiner Ausbürgerung erfahren zu haben. Dabei saß er bei mir. Ich weiß nicht, wie er darauf kommt.
Das wundert mich überhaupt nicht, daß sich Biermann hier möglicherweise ungenau erinnert. Er hörte es ja sicher mehrfach und die Reihenfolge ist da nicht so wesentlich. Außerdem: Das Hirn ist in solchen Augenblicken mit Tausend anderen Fragen beschäftigt, denn das ganze eigene Leben wird ja gerade umgestülpt. Es wurde ihm ja auch bewußt, daß er bestimmte Menschen möglicherweise nie wieder wird sehen können. Ich kann mich z.B. noch genau an manche Gefühle vom 21.8.68 erinnern, den Klang der Flugzeuge, den Gestank der Panzer usw. Den Tagesablauf könnte ich aber unmöglich korrekt rekonstruieren
Zitat von EwaldAber könnte es nicht am Ende sogar so sein, daß Biermann, dieser Narziß, es selbst ist, der jetzt hinter dem Gerücht steckt, Wallraff habe ihn bespitzelt?
Zitat Umso größer war die Bestürzung, als seine Ausbürgerung mitgeteilt wurde. Wir verstanden das natürlich nicht, und wir begrffen auch nicht, wie die DDR-Führung das aus ihrer eigenen Interessenlage heraus tun konnte. Biermann war doch ihr bester Botschafter gewesen!
Ja, eben! Wahrscheinlich dachten die verantwortlichen Funktionäre, daß der Biermann hier in der Versenkung verschwinden würde und daß die DDR-Bürger ihn auch - spätestens nach ein paar Wochen - vergessen würden. ... Eigentlich ist das gar nicht so erstaunlich, wenn man bedenkt, daß die Apparatschiks die Realität gar nicht erst an sich ranließen. Es hätte auch keiner gewagt, sie ihnen zu schildern; das wäre ihn teuer zu stehen gekommen ...
Zitat Jedenfalls waren wir geschockt, als Biermann ausgebürgert wurde. Seltsamerweise hat das aber kaum jemanden damals zum Nachdenken über das Wesen des real existierenden Sozialismus gebracht.
Doch, das glaube ich schon. Es hieß dann aber: Das ist halt der real existierende Sozialismus, also nicht der wahre. Die sog. Neue Linke (inkl. Trotzkisten ;-) gebrauchte ja den Ausdruck "real existierend" im ironischen Sinne. Die Ausbürgerung Biermanns war dann eigentlich nur eine Bestätigung dafür, daß der wahre Sozialismus erst noch kommen muß. Das = nämlich Dialektik, ha-ha!
Zitat von Zettel Wir - dh die Unimenschen und Studenten, mit denen ich bekannt oder befreundet war - waren damals alle der Überzeugung, daß er die "bessere DDR" repräsentierte. Er sagte und sang auch wenig Kritische über die DDR und bezeichnete sie, wenn ich mich recht erinnere, als sein Land, oder so ähnlich. Jedenfalls hatten wir den Eindruck, daß er sich mit der DDR identifizierte, und fanden das klasse. Also lebt er doch, der gute, der wahre Sozialismus in der DDR - das war so ungefähr unsere Reaktion. Biermann machte richtig Reklame für die DDR.
Interessant finde ich die Sympathie vieler „Wessis“ für kommunistische Ideen schon. Im Westen ging es den Leuten ja materiell sehr gut. Deutschland war (und ist noch) auch ein Land mit hervorragenden Bildungsmöglichkeiten. Man kann eigentlich (von NC-Fächern mal abgesehen) studieren was man möchte, wer sich nicht total blöd anstellt, findet wohl auch ausreichend Gelegenheiten um zu promovieren. In den 70-ziger Jahren war das öffentlich rechtliche Westfernsehen ja auch noch recht gut. Es gab viele Sendungen, in denen die Realität im real existierenden Sozialismus gut dargestellt wurde. So müsste ja eigentlich jeder gut informiert gewesen sein (gut, es gab wohl auch Maoisten, über China war wahrscheinlich nicht so viel bekannt, wenn man wollte, konnte man sich sicher aber auch informieren). Auch das Argument vom „besseren Sozialismus“ will mir nicht so recht einleuchten. Studenten und „Unimenschen“ hätten eigentlich begreifen müssen, dass die kommunistische Grundthese von der einzigen Unterdrückungsursache - Privateigentum an Produktionsmitteln - nun durch die Praxis ausreichend widerlegt ist. War das wirklich nur kollektive Selbstverwirklichung, oder was gibt es noch für Ursachen (stimmt etwa die These, dass formale Intelligenz sehr oft praktischem Verstand zuwiderläuft)?
Zitat von GeozentrikerInteressant finde ich die Sympathie vieler „Wessis“ für kommunistische Ideen schon. Im Westen ging es den Leuten ja materiell sehr gut. (...) War das wirklich nur kollektive Selbstverwirklichung, oder was gibt es noch für Ursachen (stimmt etwa die These, dass formale Intelligenz sehr oft praktischem Verstand zuwiderläuft)?
Alles berechtigte Fragen, lieber Geozentriker. Ich habe mich das auch oft gefragt. Ich bin ja damals zwar kein Marxist und erst recht kein Kommunist geworden, sondern Sozialdemokrat; habe mich aber doch eben auch von dieser "Bewegung" - denn das war es - ein Stück mittragen lassen. Wenige haben sich an den Unis dem entzogen, jedenfalls in der Generation unter Mitte dreißig.
Da kam viel zusammen.
Es gab ja tatsächlich einen Reformbedarf; es gab den Muff der Adenauerzeit. (Ich erzähle das immer mal wieder: Meine Mutter hat in den fünfziger Jahren als Gerichtsgutachterin im Fall einer Frau zu gutachten gehabt, die vor dem Kadi stand, weil sie es zugelassen hatte, daß ihre ungefähr 18jährige Enkelin einen jungen Mann über Nacht nach Hause mitgebracht hatte).
Dann war da der Vietnamkrieg. Und es gab die Früchte einer Propaganda der Untergrund-Kommunisten, die die Bewegung "Kampf dem Atomtod" weitgehend kontrollierten, die mit von ihnen kontrollierten Zeitschriften wie "Konkret" einen starken Einfluß auf die Studenten hatten.
Es gab die noch nicht hinreichend aufgearbeitete Nazi-Vergangenheit; die Aufarbeitung in der Öffentlichkeit begann eigentlich erst mit dem Auschwitz-Prozeß in den sechziger Jahren.
Und es gab - aus meiner Sicht am wichtigsten - den natürlichen Konflikt zwischen der Kriegsgeneration, die es gelernt hatte, hart und diszipliniert zu sein, und der ersten Generation, die den Krieg nicht mehr bewußt erlebt hatte, sondern nur ein "Es wird besser besser besser, immer besser besser besser" (so ein Schlagertext aus den Fünfzigern). Diese jungen Leute verstanden die Härte ihrer Eltern nicht, wie sollten sie auch. Sie waren Hedonisten, sie wollten den "Duft von Freiheit und Abenteuer" (damals der Slogan der beliebtesten Zigarettenmarke).
Der Film "Easy Rider" gibt einen sehr guten Eindruck von diesem Lebensgefühl.
Das alles führte zu einer schon einigermaßen explosiven Entladung. Man suchte nach einer Alternative zum "Establishment", wie man es nannte, und da war halt der Marxismus zur Stelle.
Falls es Sie interessiert, lieber Geozentriker - ich habe das in dieser Serie ein wenig genauer darzustellen versucht.
Lieber Zettel, danke für den Link auf die Achtundsechzigerserie. Da heute wieder recht kaltes Sauwetter ist (halt „Klimawandel“), werde ich mir diese Serie recht aufmerksam durchlesen. Ältere Jahrgänge haben ja sehr Unterschiedliches erlebt. Es ist offenbar doch recht schwierig, sich in die damaligen Probleme der anderen Seite herein zu denken. Gerade habe ich die Diskussionen zu „Das DDR-Loch - ein seltsames Phänomen“ gesehen. Vielleicht sind die unterschiedlichen Denkweisen ein Grund für dieses „Loch“. Ich selbst finde Zettels Raum sehr interessant, Sie analysieren Probleme mit sehr viel Zeitaufwand, es kommen auch Sachen zum Vorschein, die man sonst übersieht. Dennoch fühlen sich Ihre Beiträge manchmal nicht „so gut an“, manches wirkt dann doch sehr geschraubt und akademisch. Als Ossi denkt man da etwas geradliniger und praktischer. Für uns steht noch mehr die Sicherung des materiellen Wohlstandes im Vordergrund (wir haben eben noch viel nachzuholen). Wie gesagt, mein persönlicher Eindruck, den ich halt versucht habe, zu beschreiben. Das soll aber bitte nicht als Kritik verstanden werden (wir können ja nichts für die vergangene Situation). Zur eigentlichen Frage: Jugendrebellion gegen das Establishment mag eine Erklärung sein. Dazu eine (vielleicht) interessante Geschichte. In der ehemaligen DDR lief damals der Film „Blutige Erdebeeren“. Dieser Film war ein großer Erfolg. Fast alle, die damals jung waren, haben diesen Film mindestens einmal gesehen. Wir haben im Film uns gesehen, wie wir am liebsten gegen unser Establishment gekämpft hätten, was wir natürlich nicht mal ansatzweise durften (schon lange Haare waren problematisch), es fand aber in unseren Köpfen statt. Den politischen Hintergrund des Films haben wir völlig ausgeblendet!!! (eigentlich waren wir sehr USA-freundlich, der Vietnamkrieg war uns eher egal - vielleicht entdeckt jemand die damaligen Besucherzahlen, und beweist daran die blödsinnige These, dass die DDR-Jugend mit glühender Begeisterung gegen USA-Imperialismus und Vietnamkrieg gekämpft hat ). Es könnte sein, dass die Westjugend in ähnlicher Weise die Probleme des Kommunismus ausgeblendet hat.
Zitat Jugendrebellion gegen das Establishment mag eine Erklärung sein.
Das ganz sicher. Außerdem empfindet man es aber, gerade als junger Mensch, als ungerecht, daß die Menschen unterschiedlich sein sollen. Je besser es einem geht, desto mehr schlechtes Gewissen hat man, wenn das bei anderen nicht der Fall ist. Und hier, im Westen, ging es den Leuten - in den ersten Nachkriegsjahrzehnten - tatsächlich sehr gut & immer besser. Im Ostblock herrschte dagegen Mangel an allem Möglichen - und der war, natürlich mit Ausnahme der Funktionäre - ziemlich gleichmäßig verteilt. Zusätzlich hatte man ja den Re-ex-Soz (Rexisoz? ;-) direkt vor Augen, der einen vor dem Glauben rettete (nicht immer, aber öfter als im Westen).
Und dann kommt noch die Frage dazu, inwieweit man überhaupt ganz ohne Glauben klarkommt. Das scheint, bei vielen, nicht zu funktionieren, wobei der Glaube dem man dann anhängt, nicht unbedingt der Sozialismus/Kommunismus sein muß. Zum Glück schaffen dann die meisten doch den Absprung. Wie das M&M so schön in ihrem Essay in der Welt schreiben:
Dieser Weg von der kritiklosen Frömmigkeit, über den kritischen Glauben zur Glaubenskritik kennzeichnet nicht nur kommunistische Schicksale. Es ist übliche Entwicklung, die viele nehmen, die – meist in jungen Jahren - einer politischen Ideologie oder dem religiösen Fanatismus gefolgt sind. Die tiefe Überzeugung gibt zunächst Halt, Sinn und dem Leben eine Richtung. Zweifel schleichen sich ein, man kratzt an der ideologischen Tapete und plötzlich kommt einem die ganze Wand entgegen.
Zitat von jana Im Ostblock herrschte dagegen Mangel an allem Möglichen - und der war, natürlich mit Ausnahme der Funktionäre - ziemlich gleichmäßig verteilt.
So war es eben nicht! Das Wenige, was es gab, war auch ungleich verteilt, nicht nur zwischen Funktionären und Bevölkerungsrest. Selbständige Handwerker hatten z.B. einen besseren Lebensstandard als Funktionäre. Unter den Nichtfunktionären war der Unterschied auch beträchtlich. Wer an irgendeiner Quelle saß, und was zum Tauschen hatte, dem ging es besser. Auch Besitzer von Westgeld konnten sich manche Dinge leisten. Aus heutiger Sicht mögen diese Unterschiede selbstverständlich marginal sein, für uns in der Mangelgesellschaft waren sie aber gewaltig. Ich fand damals (und finde noch!) diese Unterschiede im Osten als noch ungerechter, als die Vermögensunterschiede im Westen. Auch objektiv gesehen, schränkten diese Unterschiede mehr ein, als die heutigen Vermögensunterschiede. Ohne Auto z.B. - und wenns nur ein Trabbi ist - sind Sie in der Möglichkeit der Ortsveränderung stark eingeschränkt. Wenn Sie sich heute keine Hochseejacht kaufen können, dann chartern Sie ebend (was zudem den Vorteil hat, dass Sie nicht an ein bestimmtes Revier gebunden sind). O.k., Sie meinen das aus Westsicht. In Bezug auf den Artikel von M&M finde ich Ihre Argumentation nicht ganz schlüssig. Z.B. Orwell kann man sicher zugute halten, dass er wenig informiert war, als er Kommunist war. In der zweiten Hälfte des 20.Jh. dürfte aber die Information in der damaligen Bundesrepublik wesentlich besser gewesen sein. Deshalb müsste hier schon ein „Verdrängungsmechanismus“ gewirkt haben (Glauben hat ja doch irgendeine Grundlage, gerecht denkende Menschen werden sicher an keine erkannte "Schweinerei" glauben). Offenbar wollte man nicht informiert sein, abgesehen davon, dass man auch falsche Vorstellungen hatte (wie oben gezeigt).
Zitat Klischees erfüllen zwei Funktionen: Erstens ersparen sie das Denken und die Prüfung der Fakten. Zweitens erlauben sie es, die Wirklichkeit aus einer ideologischen Perspektive darzustellen. Sie dienen damit der politischen Agitation.
Die DDR-Pädagogik oder das Bildungswesen hatte den Auftrag "allseitig gebildete, schöpferische und verantwortungsbewußte Menschen" zu erziehen und zu bilden, im Sinne der "sozialistischen Persönlichkeit", und nicht in erster Linie "treue Untertanen".
Es war auch keine reine "Paukschule", wie fälschlich von Herrn Posener geschrieben, und natürlich wurde eigenständiges Denken gefördert. Das kann man anhand zahlreicher Lehrerliteratur aus der DDR ganz einfach beweisen.
Auch das mit der Fixierung auf das Kollektiv, halte ich für einen Mythos. Natürlich wurde auch jeder Schüler, soweit es möglich war, individuell gefördert. Ein Schlagwort im Sozialismus war: „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seiner Leistung“.
Zitat von Abrafaxund natürlich wurde eigenständiges Denken gefördert. Das kann man anhand zahlreicher Lehrerliteratur aus der DDR ganz einfach beweisen.
Querdenker sind nie beliebt; Schleimer immer. (Insbesondere aus dem christlichen Milieu.) Ich habe ehrlich überzeugte Leute und Drecksäcke unter allen Fahnen erlebt. Und: Wir sind nicht auf dem Weg zurück zur DDR, sondern schon weiter. :)
Zitat von AbrafaxDie DDR-Pädagogik oder das Bildungswesen hatte den Auftrag "allseitig gebildete, schöpferische und verantwortungsbewußte Menschen" zu erziehen und zu bilden, im Sinne der "sozialistischen Persönlichkeit", und nicht in erster Linie "treue Untertanen".
Es war auch keine reine "Paukschule", wie fälschlich von Herrn Posener geschrieben, und natürlich wurde eigenständiges Denken gefördert. Das kann man anhand zahlreicher Lehrerliteratur aus der DDR ganz einfach beweisen.
Auch das mit der Fixierung auf das Kollektiv, halte ich für einen Mythos. Natürlich wurde auch jeder Schüler, soweit es möglich war, individuell gefördert. Ein Schlagwort im Sozialismus war: „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seiner Leistung“.
Danke für diesen satirischen Beitrag, und herzlich willkommen im kleinen Zimmer (wo Sie, denke ich, auch Nichtsatirisches schreiben werden?).
Für Satire war der "Eulenspiegel" zuständig, Herr Zettel. Sogar dass gab es im Sozialismus.
Ist es nicht etwas plump, einfach zu behaupten mein Beitrag wäre Satire, und somit nicht ernstzunehmen? Eigentlich habe ich Ihnen mehr zugetraut.
Leider ist der Beitrag von Herrn Posener keine Satire, sondern voreingenommen und Klischee behaftet. Das zeigen doch viele meiner Vorschreiber. Und leider haben sie diesen Geist in Ihren Beitrag übernommen.
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