Da dieser etwas ältere Thread dankenswerterweise wieder nach oben gelangte, möchte ich als jemand, der ebenfalls das DDR-Bildungssystem durchlaufen hat, auch etwas dazu beitragen. Vieles Richtige ist hier schon gesagt worden und Zettel hatte mit seiner Analyse der einseitigen Ausrichtung des Geschichtsunterrichts (mein damaliges Lieblingsfach) genau den Punkt getroffen, auch wenn man das als Betroffener erst im Nachhinein erkannte. Die Umdeutung historischer Persönlichkeiten wie Spartacus oder Thomas Müntzer wurde hier bereits angesprochen, die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Jan Hus, Ernst Moritz Arndt oder Robert Blum - im DDR-Geschichtsverständnis waren das Vorkämpfer der sozialistischen Bewegung. Interessant hierbei die gelegentlichen Neubewertungen bis dato Geschmähter, so wandelte sich beispielsweise gegen Anfang der 1980er Jahre das Preußen- und Friedrich der Große-Bild ganz erheblich. Das vorher beherrschende Militarismus-Image wurde zugunsten der Würdigung der Reformaktivitäten aufgegeben, das reichte dann bis hin zu TV-Filmen oder Buchveröffentlichungen. Selbst der bis in diese Jahre verfemte Karl May gelangte damals zu neuen Ehren.
Die stellenweise Verzahnung von Unterrichtsfächern kann ich ebenfalls bestätigen. Mein Biologielehrer ließ alle Schüler, von denen bekannt war, dass sie entweder auf die Erweiterte Oberschule wechseln oder eben wie ich diesen Weg...
...gehen würden, in Klassenarbeiten die gerade behandelte Photosynthese nicht nur, wie im Lehrplan vorgesehen, in ihren grundlegenden Abläufen sondern ausführlich in chemischen Reaktionsgleichungen beschreiben.
Ein Kuriosum zum Schluss, das zeigt, dass selbst naturwissenschaftliche Fächer nicht ohne Ideologieballast waren. In der 6. Klasse behandelte der Geographieunterricht den Themenkomplex Europa. Im ersten Schulhalbjahr wurde der kapitalistische Westen durchgenommen, im zweiten die sozialistischen Bruderstaaten (die DDR selbst war Stoff der Klasse 5 und die Sowjetunion nahm das gesamte 7. Schuljahr ein). Diese Systemfeinde waren also in einem Lehrbuch zusammengefasst und man stelle sich vor: der Westen wurde durchgehend mit düsteren s/w-Fotos bebildert, während es in Polen, der ČSSR etc. farbenfroh und freundlich zuging.
Satire anzunehmen, war ein Akt des guten Willens von Zettel. Ich bestätige dir aber gerne, dass es sich bei dir um einen menschenverachtenden Ideologen handelt.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Zitat von AbrafaxIst es nicht etwas plump, einfach zu behaupten mein Beitrag wäre Satire, und somit nicht ernstzunehmen? Eigentlich habe ich Ihnen mehr zugetraut.
Lieber Abrafax,
beim ersten Lesen Ihres von Zettel als Satire vermuteten Beitrags bin ich schon davon ausgegangen, daß Sie das ernst meinten. Durch Zettels Stichwort "Satire" kam dann Hoffnung auf, meine Fassungslosigkeit wäre vorschnell gewesen.
Ihr neuer Beitrag bestätigt leider meine erste Einschätzung, sie meinten es wirklich so, wie Sie es geschrieben hatten. Und die goldene Brücke, die Zettels Formulierung hätte sein können, wollen Sie offensichtlich nicht nutzen...
Zitat von AbrafaxFür Satire war der "Eulenspiegel" zuständig, Herr Zettel. Sogar dass gab es im Sozialismus.
Ist es nicht etwas plump, einfach zu behaupten mein Beitrag wäre Satire, und somit nicht ernstzunehmen? Eigentlich habe ich Ihnen mehr zugetraut.
Leider ist der Beitrag von Herrn Posener keine Satire, sondern voreingenommen und Klischee behaftet. Das zeigen doch viele meiner Vorschreiber. Und leider haben sie diesen Geist in Ihren Beitrag übernommen.
Wenn Ihr Beitrag ernst gemeint war, dann war er der Versuch der Verherrlichung einer totalitären Diktatur. Äußerungen gegen den demokratischen Rechtsstaat erlauben die Forumsregeln aber nicht.
Ich verwarne Sie hiermit. Beim nächsten Verstoß gegen die Forumsregeln endet Ihre Mitgliedschaft. Linksextremismus hat in diesem Forum ebensowenig Platz wie Rechtsextremismus.
Mir geht schon länger eine Frage / Vermutung zu uns "gelernten" DDR-Bürgern durch den Kopf, die ich bei dieser halbwegs passenden Gelegenheit gern mal in die Runde werfen möchte: Stimmt es, daß bei entsprechenden Gelegenheiten, auch in privater Runde, vornehmlich und beinahe reflexhaft, alte, ich sage mal, Widerstandshandlungen präsentiert werden, Sticheleien gegen die Obrigkeit, Reibungen mit der Staatssicherheit, heldenhaftes Fehlen beim 1. Mai, Singen freiheitlicher Lieder, Lesen unerwünschter Bücher uns so weiter in dieser Preislage? Es gab keine Kommunisten, keine (meinetwegen jugendlichen und temporären) Verehrer von Marx, kaum karriereplanende Genossen. Ist das Selbstbetrug, Scham, rückwirkende Glättung der Biographie oder schon wieder neue Berechnung? Gruß!
Zitat von HausmannStimmt es, daß bei entsprechenden Gelegenheiten, auch in privater Runde, vornehmlich und beinahe reflexhaft, alte, ich sage mal, Widerstandshandlungen präsentiert werden, Sticheleien gegen die Obrigkeit, Reibungen mit der Staatssicherheit, heldenhaftes Fehlen beim 1. Mai, Singen freiheitlicher Lieder, Lesen unerwünschter Bücher uns so weiter in dieser Preislage? Es gab keine Kommunisten, keine (meinetwegen jugendlichen und temporären) Verehrer von Marx, kaum karriereplanende Genossen.
Das ist das Äquivalent dazu, dass diejenigen, die zwischen 1933 und 1945 erwachsen waren, hinterher natürlich gegen Hitler, nicht in der Partei gewesen, in der inneren Emigration und überhaupt heimlich ganz große Gegner des Regimes gewesen sein wollen. - Wenn man dann das Bundesarchiv bemüht, stellt man fest, dass manch einer dieser heimlichen Gegner des Regimes schon 1933 in die Partei eingetreten ist ...
Ist das Selbstbetrug, Scham, rückwirkende Glättung der Biographie oder schon wieder neue Berechnung? Gruß!
Nein, die Leute bleiben sich einfach selbst treu und machen das, was sie am Besten können: Sich anpassen. Das sehe ich auch als Ursache für die Öko- und ...-Innnen Auswüchse.
In der POS bin ich meiner Erinnerung nach mit kommunistischen Indoktrinationsversuchen nicht wesentlich behelligt worden. Ich selbst hatte dann später einen Marxismus / Leninismus Lehrer, der auf auswendig gelernte und runtergeleierte Antworten fragte, ob dies wirklich so sei. Gestern Abend z. B. habe er beim Fleischer vor einer nicht gerade befriedigenden Auslage gestanden. Wie könne dies sein? Im Fernsehen hätten wir doch ebenfalls gestern Abend gesehen, dass dies nicht sein müsse ().
Ich glaube, was der DDR wirklich auf die Füße fiel, war, dass sie ein "Arbeiter- und Bauern Staat" war und die Intelligenz nur der Dritte Stand.
mein Beitrag war kein "Versuch der Verherrlichung einer totalitären Diktatur" sondern lediglich meine Meinung, dass bei der Überzahl der Pädagogen in der DDR die Vermittlung von Allgemeinbildung mehr Vorrang hatte, als die sog. "Heranzüchtung von treuen Untertanen" was es meiner Meinung nach gar nicht gibt. Über die Vielgestaltige Herausbildung der sog. "Sozialistischen Persönlichkeit" die das gesamte sozialistische Bildungssystem wie ein roter Faden durchzog (in jeder Unterrichtshilfe, egal welches Fach kann man in der Einleitung eine kleine Abhandlung darüber lesen) kann man gern diskutieren. Natürlich waren viele Lehren verlogen oder verfälscht gemäß dem Willen der Partei. Auf der anderen Seite gibt es auch manche Dinge, denen ich gutes abgewinnen kann.
Es gibt auch eine wissenschaftliche Untersuchung, dass die gesamte politische Indoktrination in der DDR-Schule letztlich nicht den gewünschten Erfolg hatte, jeder Heranwachsende lernte schnell den Unterschied zwischen der idealen Theorie aus dem Lehrbuch und Unterricht, und der mangelhaften Wirklichkeit zu unterscheiden, die gute fachliche Allgemeinbildung des DDR-Bildungssystems ist jedoch geblieben. Ergo?
Zitat von Abrafaxmein Beitrag war kein "Versuch der Verherrlichung einer totalitären Diktatur" sondern lediglich meine Meinung, dass bei der Überzahl der Pädagogen in der DDR die Vermittlung von Allgemeinbildung mehr Vorrang hatte, als die sog. "Heranzüchtung von treuen Untertanen" was es meiner Meinung nach gar nicht gibt. Über die Vielgestaltige Herausbildung der sog. "Sozialistischen Persönlichkeit" die das gesamte sozialistische Bildungssystem wie ein roter Faden durchzog (in jeder Unterrichtshilfe, egal welches Fach kann man in der Einleitung eine kleine Abhandlung darüber lesen) kann man gern diskutieren. Natürlich waren viele Lehren verlogen oder verfälscht gemäß dem Willen der Partei. Auf der anderen Seite gibt es auch manche Dinge, denen ich gutes abgewinnen kann.
Es gibt auch eine wissenschaftliche Untersuchung, dass die gesamte politische Indoktrination in der DDR-Schule letztlich nicht den gewünschten Erfolg hatte, jeder Heranwachsende lernte schnell den Unterschied zwischen der idealen Theorie aus dem Lehrbuch und Unterricht, und der mangelhaften Wirklichkeit zu unterscheiden, die gute fachliche Allgemeinbildung des DDR-Bildungssystems ist jedoch geblieben. Ergo?
Die DDR-Schule hatte fachlich einige gute Seiten. Es trifft zu, dass die meisten jungen Leute am Ende ihrer Schulzeit nicht wirklich von der SED-Ideologie überzeugt werden konnten. Das ist aber kein Punkt, der für die Ideologen und Scharfmacher spricht …
Man darf nie vergessen, dass es in den Jahren der SED-Diktatur insgesamt zehntausenden jungen Leuten unmöglich gemacht wurde, ihre Bildungsziele zu erreichen. Gründe konnten sein: Besuch der Christenlehre, Verweigerung der Jugendweihe, Ausreiseantrag von Verwandten etc. — Die DDR-Schule war nicht in einen Rechtsstaat, sondern in einen Unrechtsstaat eingebettet. Sie war nach dem Willen der SED ein Instrument der Diktatur des Proletariats.
Zitat Bildungsmonitor 2011: "Bei der Bildung kann der Westen Rat im Osten suchen" -
Auch das zweigliedrige Schulsystem ohne Hauptschule, das derzeit vor allem in Bayern und Baden-Württemberg heftig diskutiert wird, ist im Osten Deutschlands bereits seit DDR-Zeiten Realität.
Ist Studienleiter Axel Plünnecke eigentlich auch so ein "menschenverachtender Ideologe" so wie ich?
Sie meinen die Zulassung zur EOS? Da würde ich Ihnen teilweise rechtgeben. Ich habe darüber viele persönliche Erlebnisse gelesen. Man kann dies nicht pauschal politisch beantworten, da die Zulassung zur EOS je nach Schule und angestrebten Studienplatz sehr verschieden waren, außerdem gab es eine strenge Quotenregelung.
Die Erwachsenenbildung wurde meiner Meinung nach aber viel besser gefördert als heutzutage, und man konnte wenn nicht auf der EOS Berufsausbildung mit Abitur machen.
Zitat von AbrafaxSie meinen die Zulassung zur EOS? Da würde ich Ihnen teilweise rechtgeben. Ich habe darüber viele persönliche Erlebnisse gelesen. Man kann dies nicht pauschal politisch beantworten, da die Zulassung zur EOS je nach Schule und angestrebten Studienplatz sehr verschieden waren, außerdem gab es eine strenge Quotenregelung.
Die Erwachsenenbildung wurde meiner Meinung nach aber viel besser gefördert als heutzutage, und man konnte wenn nicht auf der EOS Berufsausbildung mit Abitur machen.
Ich habe in der DDR eine Berufsausbildung mit Abitur absolviert. Die Zugangsbedingungen waren aber die gleichen wie zur EOS, allerdings begann man zwei Jahre später.
Nein, ich meine nicht nur die Zulassung zur EOS. In Weimar habe ich erlebt, dass noch im Jahr 1988 drei Studenten zwangsweise exmatrikuliert wurden, weil sie gegen das Verbot der sowjetischen Zeitschrift "Sputnik" (damals ein Digest der Perestroika-Presse) eingetreten sind.
Zitat Bildungsmonitor 2011: "Bei der Bildung kann der Westen Rat im Osten suchen" -
Auch das zweigliedrige Schulsystem ohne Hauptschule, das derzeit vor allem in Bayern und Baden-Württemberg heftig diskutiert wird, ist im Osten Deutschlands bereits seit DDR-Zeiten Realität.
Mit "im Osten" ist vor allem der Freistaat Sachsen gemeint. Bei uns gab es immer ein Abitur nach 12 Jahren Schule (heute als "G8" bekannt) und die Abiturienten waren danach bereit für jedes Hochschulstudium. "Seit DDR-Zeiten" ist keine Aussage über die Qualität des DDR-Bildungssystems …
Wie ich bereits sagte, im Bezug auf den Zugang zur EOS hat jeder seine eigenen von Schule zu Schule verschiedenen Erfahrungen gemacht. Wer Lehrer werden wollte hatte es mitunter leichter, und mußte sich nicht 3 Jahre zur NVA verpflichten.
Zitat Die Zugangsbedingungen waren aber die gleichen wie zur EOS, allerdings begann man zwei Jahre später.
Wikipedia sagt aber etwas anderes:
Zitat Die BmA diente vor allem als Vorbereitung für technische Studienrichtungen. Potentielle Studenten sollten in der entsprechenden Fachrichtung schon vorgebildet werden, um das spätere Studium schneller und mit besseren Ergebnissen absolvieren zu können und somit besser auf das Berufsleben vorbereitet zu sein. Der lenkende Einfluss des Staates war bei der Auswahl der Schüler für die BmA weitaus geringer als beim Zugang zur Erweiterten Oberschule (EOS), da allein die jeweilige Berufsschule bzw. der Trägerbetrieb über den Zugang entschied. Deswegen kam es zu deutlich weniger ideologischen Verzerrungen in der Auswahl der zukünftigen Abiturienten. Der Bildungsweg war für seine Qualität bekannt und begehrt, da innerhalb von drei Jahren das Abitur und eine Facharbeiterlehre abgeschlossen wurden.
und:
Zitat in der DDR eröffneter Bildungsweg zum gleichzeitigen Erreichen der vollen, uneingeschränkten Hochschulreife (Abitur) und eines Facharbeiterbriefes im Anschluss an die zuvor mit Abschluss abgelegte 10. Klasse der Polytechnischen Oberschule (POS).
So auch mein bisheriger Kenntnisstand.
Ich wollte übrigens auch BmA machen, VEB Numerik Karl Marx..., leider kam die "Wende" dazwischen.
Zitat Auch das zweigliedrige Schulsystem ohne Hauptschule, das derzeit vor allem in Bayern und Baden-Württemberg heftig diskutiert wird, ist im Osten Deutschlands bereits seit DDR-Zeiten Realität.
DDR-Zeiten = ebenfalls zweigliedrig bzw. sogar eingliedrig (bis zur 8- oder später 10-Klasse)
Da ich selbst eine BAmA absolviert habe: Man bewarb sich um diese Stelle, wie auch um die Lehrstellen ohne Abitur, mit dem Zeugnis der 9. Klasse zu einem festgelegten Zeitpunkt im 10. Schuljahr. Es wurde sich nicht wie heute in alle möglichen Richtungen orientiert sondern man hatte eine schulseitig ausgehändigte sogenannte "Bewerbungskarte", die der Mappe mit Anschreiben, Lebenslauf, Zeugnis etc. beiliegen musste. Dieser Bewerbungstermin war landesweit einheitlich, ich erinnere mich nur daran, dass die Bewerbungen für BAmA etwa 2 Wochen eher dran waren, um die evtl. Abgelehnten dann noch mit in die Bewerbungsprozedur für die "normalen" Berufsausbildungen eingliedern zu können. Um die Ablehnungen nicht sehenden Auges zu riskieren wurde den Aspiranten schon vielfach im Vorfeld nahegelegt, sich für diese oder jene Ausbildungen mangels Notenschnitt nicht zu bewerben und ganz sicher hat es auch in diesem Bereich ideologisch motivierte Steuerungen gegeben.
Mir persönlich kam zupass, dass die Personal-(damals Kader-)abteilung des Ausbildungsbetriebs die sogenannte "Patenbrigade" meiner Schulklasse war, die mich also seit dem ersten Schuljahr kannten und ich somit dank den berühmt- berüchtigten "Beziehungen" eine der nur drei im Landkreis erhältlichen Lehrstellen meines Berufs bekam.
Zitat von McCluskeyDa ich selbst eine BAmA absolviert habe:
Kleine Bitte von einem Wessi: Mir sind diese Abkürzungen so wenig geläufig wie die der Nazis. Könnten Sie (und andere) bitte erläutern, worum es sich da handelte?
Zitat von McCluskeyIch dachte, das ginge aus den vorangegangenen Beiträgen hervor: Berufsausbildung mit Abitur.
Danke!
Übrigens gehört diese Abkürzeritis zu den vielen Gemeinsamkeiten der DDR mit dem Nazisystem. Ich glaube, das kommt aus dem Bürokratendeutsch. Es sind Abkürzungen, von Bürokraten erfunden und der Bevölkerung aufgedrückt.
Allerdings liebt auch Frankreich solche Abkürzungen, die sogar sprachlich weiterverarbeitet werden. Zum Beispiel gibt es dort seit Mitte des vorigen Jahrhunderts den Mindestlohn, Salaire Minimum Interprofessionnel de Croissance. Er wird allgemein SMIC oder smic genannt. Und was ist ein Bezieher des Mindestlohns? - ein smicard. Die Nachsilbe -ard bezeichnet jemanden, der etwas Bestimmes ist oder eine bestimmte Herkunft hat. Wir kennen das von chlochard.
Naja, auch Frankreich ist ja ein Land, in dem die Bürokraten herrschen.
Zitat Die Zugangsbedingungen waren aber die gleichen wie zur EOS, allerdings begann man zwei Jahre später.
Wikipedia sagt aber etwas anderes: Zitat:Die BmA diente vor allem als Vorbereitung für technische Studienrichtungen. Potentielle Studenten sollten in der entsprechenden Fachrichtung schon vorgebildet werden, um das spätere Studium schneller und mit besseren Ergebnissen absolvieren zu können und somit besser auf das Berufsleben vorbereitet zu sein. Der lenkende Einfluss des Staates war bei der Auswahl der Schüler für die BmA weitaus geringer als beim Zugang zur Erweiterten Oberschule (EOS), da allein die jeweilige Berufsschule bzw. der Trägerbetrieb über den Zugang entschied. Deswegen kam es zu deutlich weniger ideologischen Verzerrungen in der Auswahl der zukünftigen Abiturienten. Der Bildungsweg war für seine Qualität bekannt und begehrt, da innerhalb von drei Jahren das Abitur und eine Facharbeiterlehre abgeschlossen wurden.
Das was sie hier über die Berufsausbildung mit Abitur (BAmA) zitieren, entspricht eindeutig nicht meiner Erfahrung. In meiner Klasse lief die Vergabe der Plätze über die Schule unter Beteiligung des auszubildenden Betriebes. Also genau so, wie von stefanolix beschrieben. Da wird bei Wikipedia aus einer Beteiligung, eine eigenständige Verfügung der Betriebe über Kontingente des DDR-Bildungsministeriums zur Erlangung der Hochschulreife. Man konnte auch nicht einfach die Ausbildung zu irgendeinen Wunschberuf mit einem Abitur koppeln. Es gab Ausbildungen mit Abitur die wurden mit festgelegten Ausbildungsberufen im Paket an den Schulen vergeben und für eine normale Ausbildung hat man die Betriebe abgeklappert und genommen was angeboten wurde. So war das 1980 in einem südlichen Bezirk von Ostberlin nach meiner Erinnerung. Der Wikipedia-Eintrag ist überarbeitungswürdig; liest sich wie DDR-Propaganda vom lila Drachen. Allein schon der Begriff "ideologische Verzerrung". Da stellt sich mir die Frage: Verzerrung wovon? Dieser Bildungsweg war begehrt und trotzdem war der lenkende Einfluss des Staates geringer?
Zitat von ZettelÜbrigens gehört diese Abkürzeritis zu den vielen Gemeinsamkeiten der DDR mit dem Nazisystem. Ich glaube, das kommt aus dem Bürokratendeutsch. Es sind Abkürzungen, von Bürokraten erfunden und der Bevölkerung aufgedrückt.
Nicht nur Bürokraten sind da begeisterte Anhänger. Die Wissenschaft und Wirtschaft hat ja auch schon länger die TLA's im Gebrauch.
Zitat von ElmarNicht nur Bürokraten sind da begeisterte Anhänger. Die Wissenschaft und Wirtschaft hat ja auch schon länger die TLA's im Gebrauch.
Fast jede Organisation benutzt Abkürzungen. In der Fachsprache der meisten Wissenschaften spielen sie eine große Rolle, beim Militär usw. Dagegen ist ja auch nichts zu sagen.
Aber kennzeichnend für eine bürokratisierte Gesellschaft scheint mir zu sein, daß solche Abkürzungen in großer Zahl in den allgemeinen Sprachgebrauch hineingedrückt werden.
Manche Abkürzungen entstehen spontan. Der "Azubi" zum Beispiel war die Reaktion des Volks darauf, daß Ideologen das Wort "Lehrling", weil es angeblich diskriminierend sei, durch "Auszubildende(r)" ersetzten. Das wurde zu "Azubi" verkürzt. Überhaupt ist ja im Neudeutschen "-i" beliebt. Studenten werden zu "Studis", Zivildienstleistende zu "Zivis" usw.
Das meine ich nicht, sondern diese Abkürzeritis, à la Nazizeit und DDR. In den achtziger Jahren hat mir einmal ein Kollge aus der DDR erzählt, der als "Reisekader" in den Westen durfte, wie gern er ins KA reist. KA? - "Kapitalistisches Ausland" hieß das.
Zitat von Erling PlaetheDas was sie hier über die Berufsausbildung mit Abitur (BAmA) zitieren, entspricht eindeutig nicht meiner Erfahrung. In meiner Klasse lief die Vergabe der Plätze über die Schule unter Beteiligung des auszubildenden Betriebes. Also genau so, wie von stefanolix beschrieben. Da wird bei Wikipedia aus einer Beteiligung, eine eigenständige Verfügung der Betriebe über Kontingente des DDR-Bildungsministeriums zur Erlangung der Hochschulreife. Man konnte auch nicht einfach die Ausbildung zu irgendeinen Wunschberuf mit einem Abitur koppeln. Es gab Ausbildungen mit Abitur die wurden mit festgelegten Ausbildungsberufen im Paket an den Schulen vergeben und für eine normale Ausbildung hat man die Betriebe abgeklappert und genommen was angeboten wurde. So war das 1980 in einem südlichen Bezirk von Ostberlin nach meiner Erinnerung. Der Wikipedia-Eintrag ist überarbeitungswürdig; liest sich wie DDR-Propaganda vom lila Drachen. Allein schon der Begriff "ideologische Verzerrung". Da stellt sich mir die Frage: Verzerrung wovon? Dieser Bildungsweg war begehrt und trotzdem war der lenkende Einfluss des Staates geringer?
Man konnte nicht erwarten, dass jeder beliebige Beruf mit dem Abitur verbunden werden kann. Das laste ich der DDR aber auch nicht an, das geht wahrscheinlich wirklich nicht.
An unserer Berufsschule für Bauberufe gab es den Baufacharbeiter mit Abitur, weil der Baufacharbeiter eine relativ breite Ausbildung im Beruf hatte. Es gab aber nicht den Zimmermann oder einen anderen spezialisierten Beruf in Kombination mit dem Abitur. In Berlin gab es m.W. auch Klassen für Bauzeichner. Beides ist eine sinnvolle Vorbereitung auf Berufe wie Bauingenieur, Statiker oder Architekt.
Der Wikipedia-Eintrag ist meiner Meinung nach eine Vermischung von Fakten und Meinung, die in dieser Form in einer Enzyklopädie nichts zu suchen hat. Wenn es mein Eintrag wäre, würde ich die Ideologie ganz herauslassen und nur die Ausbildung beschreiben.
Generell merkt man hier immer wieder, dass es die einheitliche DDR trotz Zentralismus und SED-Führungsanspruch im Grunde nicht gab. Man muss bei solchen DDR-Themen immer in mehreren Dimensionen differenzieren:
Wann ist es geschehen? — Die DDR hat sich nach dem Mauerbau entwickelt: allmählich wurde etwas Markt zugelassen, in manchen Betrieben wurde nach Leistung bezahlt, die Versorgung hat sich (vor allem durch private Initiative) verbessert und irgendwann kam auch ein gewisser Einfluss der Perestroika ins Land.
Wo ist es geschehen? — Es gab in der DDR je nach SED-Bezirksleitung und lokalen Bedingungen sehr unterschiedliche Gegenden. Manche waren in ideologischer Hinsicht schlimmer, andere weniger schlimm.
Wem ist es geschehen? — Welche soziale Herkunft, welche Altersgruppe, welche Weltanschauung, welche Position zum MfS, welche »Beziehungen« und Kontakte innerhalb der DDR, welche Westkontakte?
Soweit (relativ ungeordnet) einige Anmerkungen. Es ist eben nicht so einfach mit der DDR ;-)
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