Diesen Fund von C. habe ich mir nicht entgehen lassen, sondern daraus stracks ein KKK gemacht.
Bis 1991 waren übrigens alle drei Strophen des Deutschlandlieds die Deutsche Nationalhymne. Erst 1991 wurde durch einen Briefwechsel zwischen Bundeskanzler und Bundespräsident allein die dritte Strophe zur Nationalhymne erklärt. Der Briefwechsel zwischen Adenauer und Heuß 1952 hatte lediglich festgelegt, daß bei offiziellen Anlässen nur die dritte Strophe gesungen werden sollte. Es wurde aber ausdrücklich festgehalten, daß das ganze Deutschlandlied die Nationalhymne war.
.... und jedes Land hat die nationalen Symbole, die es verdient....
Die Nationalhymne wird in Deutschland per "Briefwechsel zwischen Kanzler und Präsident" festgelegt. Also noch nicht einmal per Verordnung, geschweige denn per Gesetz.
Jede städtische Grünflächensatzung hat mehr demokratische Legitimität als die Nationalhymne.
Zettel mag zu Recht den journalistischen Fehler monieren. Ich würde aber wirklich nicht die Hand dafür ins Feuer legen, dass in allen deutschen Gymnasiallehrplänen die Geschichte der Nationalhymne oder der Nationalflagge überhaupt Thema ist.
Zitat von Florian.... und jedes Land hat die nationalen Symbole, die es verdient.... Die Nationalhymne wird in Deutschland per "Briefwechsel zwischen Kanzler und Präsident" festgelegt. Also noch nicht einmal per Verordnung, geschweige denn per Gesetz. Jede städtische Grünflächensatzung hat mehr demokratische Legitimität als die Nationalhymne.
Die demokratische Legitimation ist völlig klar. Über nationale Symbole, Orden, miltärische Unformen etc. entscheidet der Bundespräsident. Das mit dem Briefwechsel hat lediglich die Bedeutung, daß man die Entscheidung ja irgendwie veröffentlichen muß und das wegen der politischen Verantwortung jemand, eben der Bundeskanzler, gegenzeichnen muß.
Zitat Zettel mag zu Recht den journalistischen Fehler monieren. Ich würde aber wirklich nicht die Hand dafür ins Feuer legen, dass in allen deutschen Gymnasiallehrplänen die Geschichte der Nationalhymne oder der Nationalflagge überhaupt Thema ist.
Also meines Wissens schon. Aber das ist nunmal Länderkompetenz. Ich glaube aber nicht, daß Journalisten sich nur auf ihre Schulbildung beschränken sollen.
Zitat Ich würde aber wirklich nicht die Hand dafür ins Feuer legen, dass in allen deutschen Gymnasiallehrplänen die Geschichte der Nationalhymne oder der Nationalflagge überhaupt Thema ist.
Beides sollte im Geschichtsunterricht verankert sein und jeweils im Entstehungskontext thematisiert werden, Schwarz-Rot-Gold etwa beim Hambacher Fest, die Hymne im Zusammenhang mit der Nationalstaatsidee / dem Streben nach einem Nationalstaat im 19. Jh. - Aber dass es expressis verbis vorgeschrieben ist? Das glaube ich nicht; wenigstens in NRW ist das nicht der Fall. Es ist dem Geschichtslehrer überlassen, an geeigneter Stelle dies einzuflechten. Und der Geschichtslehrer muss natürlich schon die Zusammenhänge kennen.
Dabei dürfte es in der Lokalberichterstattung noch am solidesten zugehen, denn dort gibt es Leser, die das Berichtete an eigener Erfahrung kontrollieren können.
Auschlußreich auch, daß die USA in dieser Untersuchung am besten abschneiden.
Zitat von RaysonAber lieber Zettel, was ist denn an "BILD erzählt Bullshit" berichtenswert?
"BILD erzählt BS" ist allenfalls interessant, weil BILD eben den BS in die breitestmögliche Masse trägt, wo er sich dann zwischen den Ohren besagter Masse festsetzt und von dort auch mit Zangen und Haken kaum jemals wieder zu entfernen ist.
Viel schlimmer noch als BILD-BS ist allerdings die ehemalige Qualitätspresse, denn der BS-Schreiber von der WELT (und der hat mit Sicherheit Abitur) kennt zwar das Entstehungsjahr des Fallersleben-Liedes, ist aber davon abgesehen derart umfassend ungebildet, daß er meint, daß der Text der ersten Strophe "an die rücksichtslose Expansionspolitik der Nazis erinnert". [So, genau so!] Es ist manchmal wirklich zum schreiend-die-Wände-rauflaufen mit unseren "Qualitätsjournalisten".
Was mich nebenbei auch interessiert, ist die Antwort auf die Frage, wer denn eigentlich Anstoß an der Eintragung des Chilenen genommen und ihn zu seiner absurden "Entschuldigung" genötigt hat, denn von allein ist er sicher nicht auf die Idee gekommen. Das Bundespräsidialamt? Oder Herr Wulff selbst?
Nachtrag: Das Bundespräsidialamt. Und für die Münchener Abteilung der ehemaligen Qualitätspresse ist Fallersleben "weltweit mit dem NS-Terror verbunden".
Weiterer Nachtrag: Der von mir als idiotisch bewertete Satz aus der WELT findet sich wörtlich genauso auch in der FR, stammt also offenbar in dieser Formulierung von AFP. Ach ja, der copy&paste-Qualitätsjournalismus.
____________________________________________________ "I want my republic back!"
Zitat von FAB.Viel schlimmer noch als BILD-BS ist allerdings die ehemalige Qualitätspresse, denn der BS-Schreiber von der WELT (und der hat mit Sicherheit Abitur) kennt zwar das Entstehungsjahr des Fallersleben-Liedes, ist aber davon abgesehen derart umfassend ungebildet, daß er meint, daß der Text der ersten Strophe "an die rücksichtslose Expansionspolitik der Nazis erinnert".
Da muß ich wohl wieder einmal meine Außensicht einbringen:
Ich habe in der Schule (Prag, 50er,60er Jahre) wirklich nichts von der älteren deutschen Geschichte gelernt, aber diese zwei Zeilen der ersten Strophe des Deutschlandliedes sind uns schon mehrfach deutlich "überreicht" worden. Und zwar genau in der ungünstigst möglichen Auslegung - eindeutig als Nazi-Gedankengut, Ausdruck des deutschen Expansionswillens, und Ausdruck des deutschen Überlegenheitsgefühls gegenüber Anderen.
Ich habe erst sehr viel später (in Deutschland) begriffen, daß es, ganz unabhängig vom KOntext in dem der Text entstanden ist, auch andere, wesentlich angenehmere Interpretationsmöglichkeiten gibt. Und ich bin leider sicher, daß für fast Alle, die nur das übliche pidgin-deutsch beherrschen und von der deutschen Geschichte keine Ahnung haben, diese (Ein)Sicht unerreichbar ist. So gesehen hatte Friedrich Ebert in diesem Fall im Lichte der späteren Entwicklung leider keine sehr glückliche Hand.
Das Wort "erinnert" ist in diesem Fall mehrdeutig, und möglicherweise genau aus diesem Grund auch so verwendet worden.
Zitat von RaysonAber lieber Zettel, was ist denn an "BILD erzählt Bullshit" berichtenswert?
Berichtenswert ist, dass der Bildblog, der bei jedem Kommafehler in der BILD ejakuliert, nicht darüber berichtet.
Ich halte es für erwähnenswert, dass ein halbgebildeter Schnösel sich die Frechheit herausnimmt einen ausländischen Staatsgast als "Verlierer" zu bezeichnen, weil dieser noch nicht für die Feinheiten des "Kampfs gegen Rechts" sensibilisiert wurde. Wer sich so weit zum Fenster rauslehnt, sollte sich vorher die zwei Minuten Zeit nehmen, seine Allgemeinbildung etwas aufzufrischen. Deutschland hatte schon eine Geschichte, bevor es aus Ruinen auferstand.
was hat ein chilenischer Präsident mit der Expansionspolitik des Deutschen Reichs von 1938-1945 zu tun, wenn er vor Freude und Dankbarkeit für die deutsche Hilfe "Deutschland über alles" in ein Gästebuch schreibt und damit das hohe Ansehen Deutschlands im Rahmen der deutsch-chilenischen Freundschaft dokumentieren will?
Von mangelnder interkultureller Kompetenz deutscher Journalisten abgesehen, ist auch der Bezug auf die deutsche Expansionspolitik falsch, denn die deutsche Wehrmacht hat sich weder von Maas und Memel noch von Etsch und Belt aufhalten lassen, was zudem das "konsequente Weiterdenken" von Nichtgesagtem wäre.
es könnte sein, daß meine Meinung nicht gut genug rübergekommen ist. Ich meinte ausnahmsweise nur genau das, was ich schrieb. ;-)
Zitat von C.was hat ein chilenischer Präsident mit der Expansionspolitik des Deutschen Reichs von 1938-1945 zu tun, wenn er vor Freude und Dankbarkeit für die deutsche Hilfe "Deutschland über alles" in ein Gästebuch schreibt und damit das hohe Ansehen Deutschlands im Rahmen der deutsch-chilenischen Freundschaft dokumentieren will?
Überhaupt nichts hat er damit zu tun, ich finde es auch unsinnig und blöd darauf rumzuhacken. Dazu habe ich nichts geschrieben, weil ich mit den hier dazu geäußerten Meinungen nur einverstanden sein kann. Diese von mir geschilderte "Empfindlichkeit" nicht zu kennen und nicht zu berücksichtigen ist für mich kein Vergehen. Und die Einstellung dieser Schreiberlinge, ihre Sicht der ganzen Welt aufzwingen zu wollen ist dumm und lächerlich.
Zitat von C.Von mangelnder interkultureller Kompetenz deutscher Journalisten abgesehen, ist auch der Bezug auf die deutsche Expansionspolitik falsch, denn die deutsche Wehrmacht hat sich weder von Maas und Memel noch von Etsch und Belt aufhalten lassen, was zudem das "konsequente Weiterdenken" von Nichtgesagtem wäre.
Ob der Bezug objektiv richtig oder falsch ist, dazu habe ich mich auch nicht geäußert, es wäre vermessen von mir. Was ich versuchte zu sagen, ist, daß das Wort "erinnern" in dem von mir geschilderten Kontext zutrifft. Die ursprünglich sicher anders gemeinten Zeilen des Deutschlandliedes sind durch den später hergestellten Zusammenhang "beschädigt" worden. Sie stellen in den (manchen, viellen, wie Sie wollen) Köpfen leider genau diesem Zusammenhang her. Oder besser - sie liefern dem "externen oberflächlichen Betrachter" die "ideologische Basis" für das, was später abgelaufen ist. Das kann ich relativ gut objektiv beurteilen, weil es nur die Gedanken zusammenfaßt und etwas extrapoliert, die sich in meinem eigenen Kopf befanden ;-)
Man kann das bedauern und für falsch und ungerecht halten. Ändern wird man das im Wesentlichen nicht, nur die Zeit löst solche Probleme. Das passive Erinnern kann man ja willentlich nicht unterbinden.
Die Gedanken, die sich von Fallersleben im Detail bei seinem Gedicht gemacht hat, kennen wir vermutlich nicht genau.
Aber ganz grob sicher schon: Zur Entstehungszeit gab es kein "Deutschland" sondern eine Vielzahl von Kleinstaaten. Fallersleben wollte die deusche Einheit. Aus heutiger Sicht etwas in Vergessenheit geraten, ist der damalige heftige Streit zwischen "Großdeutschen" und "Kleindeutschen". Die von Fallersleben abgesteckten Grenzen (insbesondere auch die Etsch) deuten auf eine "großdeutsche" Präferenz hin (ebenso, dass er zur Intonierung die österreichische Kaiserhymne verwendete).
Wie sich Deutschland entwickelt hätte, wenn es 1848 zu einer großdeutschen Lösung gekommen wäre, wissen wir nicht und ist reine Spekualtion. Es wäre aber wohl ein Staat gewesen, in dem der preußische Militarismus weniger stark gewichtet gewesen wäre (sofern weiterhin Monarchie, wäre Kaiser dann ja vermutlich auch ein Habsburger und kein Hohenzoller gewesen).
Zudem: Zur Entstehungszeit des Gedichts war mit der Aussage "von Maas bis Memel und von Etsch bis Belt" womöglich gar kein Wunsch nach einer bestimmten Landesgrenze gemeint, sondern lediglich der deutsche Kulturraum abgesteckt (denn Deutschland gab es poltisch ja gar nicht sondern nur kulturell).
Was das "Deutschland über alles" betrifft: Von Fallersleben hat das - so vermute ich - nicht im Sinne von "Deutschland ist besser als alle anderen Ländern und/oder sollte über sie herrschen" gemeint. Sondern eher im Sinne von "Deutschland ist mir das wichtigste". (Oder auch: die Idee hinter dem Wort "Deutschland" - nämlich einen deutschen Staat zu schaffen - ist mir das wichtigste Ziel"). Also m.E. keine nationalistische oder auch nur chauvinistische Aussage.
In seiner Intention war Fallerslebens Gedicht somit "unproblematisch". Wenn man ihm etwas vorwerfen kann, dann sicher nicht das Gedicht als solches. Sondern nur eine Vereinnahmung durch den National-Sozialismus (an der Fallersleben natürlich unschuldig wäre).
Aber: Gab es denn eine solche Vereinnahmung? Nationalhymne wurde das Lied unter Ebert. Und unter den Nazis wurde das Lied nicht mehr in seiner ursprünglichen Form als Hymne verwendet sondern verkürzt und in Verbindung mit dem Horst-Wessel-Lied. Warum? Weiß ich nicht. Aber "Recht und Freiheit" waren den Nazis vielleicht eher suspekt. Bis 1991 waren dann wieder alle 3 Strophen offizielle Hymne.
Eng betrachtet: Die Hymne wurde (in voller Länge) in der Demokratie eingeführt. Unter den Nazis wurde sie verstümmelt verwendet. In der Demokratie wurde sid dann wieder (in voller Länge) Nationalhymne.
Also nirgendwo ein Grund erkennbar, warum man einem chilenischen (!) Präsidenten hier zu einer Entschuldigung nötigen musste.
[Jetzt einmal abgesehen davon, dass die 3. Strophe sicherlich inhaltlich die beste ist. "Einigkeit und Recht und Freiheit" ist eigentlich genau das, was ich mir auch heute noch von unserem Gemeinwesen wünsche. Zugleich aber keine banale Selbstverständlichkeit sondern Werte, die hart erkämpft und immer wieder verteidigt werden müssen. Kürzer und prägnanter kann man den "Staatsauftrag" eigentlich gar nicht formulieren. Die 1. Strophe kann hingegen missverstanden werden. Und die 2. Strophe ist einfach nur peinlich-schwülstig.]
Zitat von FlorianDie Nationalhymne wird in Deutschland per "Briefwechsel zwischen Kanzler und Präsident" festgelegt. Also noch nicht einmal per Verordnung, geschweige denn per Gesetz.
Da muß man aber berücksichtigen, daß die Nationalhymne m. W. auch sonst nirgends in Gesetzen etc. vorkommt, d.h. es handelt sich eigentlich nur um eine Empfehlung des Bundespräsidenten, das hat keinen bindenden Charakter.
Jede staatliche Instanz (und private sowieso) hätten im Prinzip jederzeit die Möglichkeit, bei irgendwelchen Anlässen etwas anderes singen zu lassen. Nur die historische Gewohnheit hindert sie daran, das zu tun. Und die Gewohnheit bedarf genausowenig einer formalen demokratischen Legitimation wie eine Empfehlung des Bundespräsidenten.
Zitat von FlorianZur Entstehungszeit des Gedichts war mit der Aussage "von Maas bis Memel und von Etsch bis Belt" womöglich gar kein Wunsch nach einer bestimmten Landesgrenze gemeint, sondern lediglich der deutsche Kulturraum abgesteckt (denn Deutschland gab es poltisch ja gar nicht sondern nur kulturell).
Das ist nicht ganz richtig. Als politische Struktur gab es den deutschen Bund, der hatte durchaus definierte Außengrenzen - und zwar genau die hier beschriebenen!
Und es wäre natürlich bei allem Respekt vor Traditionen etwas unpassend und mißverständlich, wenn sich ein Staat in seiner offiziellen Hymne auf Grenzen bezieht, die in allen vier Punkten nicht mehr der heutigen Realität entsprechen und auf die er ansonsten völkerrechtlich verbindlich verzichtet hat.
Ansonsten gebe ich Dir völlig recht, insbesondere bei der Interpretation der Motive von Fallersleben und der Rolle der Nazis.
Zitat Die demokratische Legitimation ist völlig klar. Über nationale Symbole, Orden, miltärische Unformen etc. entscheidet der Bundespräsident.
Ist das so?
Für eine demokratische Legitimation müssten diese Rechte des Bundespräsidenten sich aus dem Grundgesetz ableiten lassen. Ich kann da aber nirgendwo einen Hinweis darauf finden, dass der Bundespräsident über nationale Symbole entscheiden dürfte.
Zitat von lois janeDie demokratische Legitimation ist völlig klar. Über nationale Symbole, Orden, miltärische Unformen etc. entscheidet der Bundespräsident.
Das stimmt m. E. nicht. Nationale Symbole sind entweder direkt im GG geregelt (wie schwarz/rot/gold) oder Tradition (wie der Bundesadler). Der Bundespräsident hätte nicht die Kompetenz, diese Symbole zu ändern. Allenfalls kann er etwas empfehlen (wie bei der Nationalhymne). Über Orden entscheidet das Parlament (über die Schaffung und Ausgestaltung, die konkrete Verleihung kann das Parlament dem Bundespräsidenten übertragen), es gibt ja auch auf Länder- und Kommunalebene Orden und Auszeichnungen. Und die militärischen Uniformen legt das Verteidigungsministerium fest.
Zitat Da muß man aber berücksichtigen, daß die Nationalhymne m. W. auch sonst nirgends in Gesetzen etc. vorkommt, d.h. es handelt sich eigentlich nur um eine Empfehlung des Bundespräsidenten, das hat keinen bindenden Charakter.
Jede staatliche Instanz (und private sowieso) hätten im Prinzip jederzeit die Möglichkeit, bei irgendwelchen Anlässen etwas anderes singen zu lassen.
Das ist ja genau das, was ich meine: Die Nationalhymne ist bei uns sehr "tief" gehängt. Kann man nun gut oder schlecht finden. Aber es ist eben typisch für den in Deutschland eher informellen, gedankenlosen und oft stillosen Umgang mit nationalen Symbolen.
Ich hab leider (mal wieder) keine Zeit, näher auf das Thema einzugehen, muß aber Ungelt voll unterstützen. Die Assoziation von ist nun mal so, wie sie ist - bei den meisten Deutschen und bei fast allen Ausländern, zumindest den europäischen. Das ist so ähnlich wie bei der Swastika. Das klingt jetzt alles sehr verkürzt, ich weiß, aber es nicht gesagt zu haben, würd bei mir schlechtes Gewissen gegenüber unserem Ungelt erzeugen thún ... (Das hab ich jetzt also immerhin vermieden! )
Zitat von FlorianDie Nationalhymne ist bei uns sehr "tief" gehängt.
Ja - aber das würde ich nicht an der gesetzlichen Verankerung festmachen. Ich weiß es zwar nicht, bezweifele aber, daß die Nationalhymne in den anderen europäischen Ländern verfassungstechnisch so viel anders behandelt wird. Gerade bei Ländern mit ungebrochener und ungezwungener Nationaltradition hält es wahrscheinlich gar keiner für nötig, die Hymne in ein Gesetz zu schreiben.
Zitat Aber es ist eben typisch für den in Deutschland eher informellen, gedankenlosen und oft stillosen Umgang mit nationalen Symbolen.
Weiß ich nicht. Ich glaube eher, daß hier Kaiser Wilhelm zuzustimmen ist (ist ja selten genug). Der hat die formale Einführung des Sedantags als nationalem Feiertag abgelehnt mit der Begründung, wenn die Leute nicht von sich aus das Bedürfnis hätten, einen solchen Tag zu feiern, dann wäre eine staatliche Festsetzung sinnlos.
Zitat von FlorianVon Fallersleben hat das - so vermute ich - nicht im Sinne von "Deutschland ist besser als alle anderen Ländern und/oder sollte über sie herrschen" gemeint. Sondern eher im Sinne von "Deutschland ist mir das wichtigste". (Oder auch: die Idee hinter dem Wort "Deutschland" - nämlich einen deutschen Staat zu schaffen - ist mir das wichtigste Ziel").
Das ist die einzige sprachlich sinnvolle Interpretation. Es ist eine Verkürzung von "Mir geht Deutschland über alles". Wäre das gemeint, was die chauvinistische Interpretation unterstellt, dann hieße es "Deutschland über alle", nämlich alle anderen.
Zitat von FlorianDie Hymne wurde (in voller Länge) in der Demokratie eingeführt. Unter den Nazis wurde sie verstümmelt verwendet. In der Demokratie wurde sid dann wieder (in voller Länge) Nationalhymne. Also nirgendwo ein Grund erkennbar, warum man einem chilenischen (!) Präsidenten hier zu einer Entschuldigung nötigen musste.
Ungelt hat die deutschfeindliche Propaganda geschildert, die den Text der ersten Zeile uminterpretiert. Die Kritiker des chilenischen Präsidenten machen sich im Grunde diese Propaganda zu eigen.
Zitat von Florian[Jetzt einmal abgesehen davon, dass die 3. Strophe sicherlich inhaltlich die beste ist. "Einigkeit und Recht und Freiheit" ist eigentlich genau das, was ich mir auch heute noch von unserem Gemeinwesen wünsche. Zugleich aber keine banale Selbstverständlichkeit sondern Werte, die hart erkämpft und immer wieder verteidigt werden müssen. Kürzer und prägnanter kann man den "Staatsauftrag" eigentlich gar nicht formulieren. Die 1. Strophe kann hingegen missverstanden werden. Und die 2. Strophe ist einfach nur peinlich-schwülstig.]
Er meinte ja nach dem Fauxpass, dass er die Zeile noch gut aus seiner Schulzeit kennen wuerde. Auf der von ihn besuchten klerikal-deutschen Schule wurde also offenbar noch in den 50er-60er Jahren die 1. Strophe gesungen. Ich hab zwar schon eine chilenische Direktorin einer deutschen Schule kennengelernt, in deren Buero sich eine deutsche Fahne und das Bild des Bundespraesidentin befanden, ohne dass die Frau ein Wort Deutsch sprach oder irgendeinen blassen Schimmer von dem Land hatte. Trotzdem sollte die von Piñera besuchte Schule Colegio del Verbo Divino (http://www.cvd.cl/paginas/index0202.html) sich doch bis in die 60er Jahre ueber die korrekte Nationalhymne des Landes, deren Kultur sie sich zugehoerig fuehlt, informiert haben? Und er sollte sich mit europaeischer Geschichte besser auskennen. Zumindest bezogen auf ein Land, dessen Sprache er gut verstehen soll. Zumal aus der chilenischen Hymne selbst blutruenstige Teile nach der Beendigung der Diktatur vor 30 Jahren entfernt wurden. Fuer einen Mann, der ja irgendwie auch zurecht einen auf hohe professionelle Masstaebe macht, war dies ein Fehler.
"Trotzdem sollte die von Piñera besuchte Schule Colegio del Verbo Divino (http://www.cvd.cl/paginas/index0202.html) sich doch bis in die 60er Jahre ueber die korrekte Nationalhymne des Landes, deren Kultur sie sich zugehoerig fuehlt, informiert haben?"
Nun, in den 60er Jahren war das Deutschlandlied mit allen seinen 3 Strophen eben die deutsche Nationalhymne. Übrigens bin ich mir sehr sicher, dass in dem Liederbuch, dass zu meiner Gymnasialzeit (80er Jahre, Bayern) verwendet wurde, ebenfalls alle 3 Strophen abgedruckt waren.
Zitat Als politische Struktur gab es den deutschen Bund, der hatte durchaus definierte Außengrenzen - und zwar genau die hier beschriebenen!
Wobei der Deutsche Bund aber nicht als ein deutscher Staat wahrgenommen wurde, allein schon wegen des Fehlens eines Oberhaupts. Die Forderung nach einem dt. Nationalstaat wurde ja auch gerade nach Gründung des Dt. Bundes weiter und immer vehementer erhoben (Hambacher Fest 1832 z.B.).
Die Memel markiert 1841 übrigens gerade nicht die Ostgrenze des Dt. Bundes. Etwa an der Memel war die Ostgrenze Preußens, aber der Dt. Bund reichte nicht einmal bis zur Weichsel. Insofern markieren Maas, Memel, Etsch und Belt doch den dt. Sprach- und Kulturraum. Ähnlich übrigens 1813 Ernst Moritz Arndt: Des Deutschen Vaterland, der in fünf Strophen die dt. Landschaften durchmustert, ob sie "des Deutschen Vaterland" seien, ehe er in Str. 6 zur Antwort findet, "des Deutschen Vaterland" reiche "So weit die deutsche Zunge klingt / Und Gott im Himmel Lieder singt". Zur Erbauung hier der Arndt mit allen Strophen, auch den schwülstig-pathetisch-peinlichen Schlussstrophen, die aber aus der Zeit heraus zu verstehen sind:
1. Was ist des Deutschen Vaterland? Ist’s Preußenland, ist’s Schwabenland? Ist’s, wo am Rhein die Rebe blüht? Ist’s, wo am Belt die Möwe zieht? O nein! nein! nein! Sein Vaterland muß größer sein.
2. Was ist des Deutschen Vaterland? Ist’s Baierland, ist’s Steierland? Ist’s, wo des Marsen Rind sich streckt? Ist’s, wo der Märker Eisen reckt? O nein! nein! nein! Sein Vaterland muß größer sein.
3. Was ist des Deutschen Vaterland? Ist’s Pommerland, Westfalenland? Ist’s, wo der Sand der Dünen weht? Ist’s, wo die Donau brausend geht? O nein! nein! nein! Sein Vaterland muß größer sein.
4. Was ist des Deutschen Vaterland? So nenne mir das große Land! Ist’s Land der Schweizer? ist’s Tirol? Das Land und Volk gefiel mir wohl; Doch nein! nein! nein! Sein Vaterland muß größer sein.
5. Was ist des Deutschen Vaterland? So nenne mir das große Land! Gewiß, es ist das Oesterreich, An Ehren und an Siegen reich? O nein! nein! nein! Sein Vaterland muß größer sein.
6. Was ist des Deutschen Vaterland? So nenne mir das große Land! So weit die deutsche Zunge klingt Und Gott im Himmel Lieder singt, Das soll es sein! Das, wackrer Deutscher, nenne dein!
7. Das ist des Deutschen Vaterland, Wo Eide schwört der Druck der Hand, Wo Treue hell vom Auge blitzt Und Liebe warm im Herzen sitzt – Das soll es sein! Das, wackrer Deutscher, nenne dein!
8. Das ist des Deutschen Vaterland, Wo Zorn vertilgt den wälschen Tand, Wo jeder Franzmann heißet Feind, Wo jeder Deutsche heißet Freund – Das soll es sein! Das ganze Deutschland soll es sein!
9. Das ganze Deutschland soll es sein! O Gott vom Himmel sieh’ darein, Und gieb uns rechten deutschen Muth, Daß wir es lieben treu und gut. Das soll es sein! Das ganze Deutschland soll es sein!
Zitat von R.A.Und es wäre natürlich bei allem Respekt vor Traditionen etwas unpassend und mißverständlich, wenn sich ein Staat in seiner offiziellen Hymne auf Grenzen bezieht, die in allen vier Punkten nicht mehr der heutigen Realität entsprechen und auf die er ansonsten völkerrechtlich verbindlich verzichtet hat.
Das mag der Hauptgrund dafür gewesen sein, daß man nach dem Krieg auf das Singen der ersten Strophe verzichete; vor allem, was die Etsch anging.
Allerdings ist man üblicherweise bei Nationalhymnen nicht so pingelig. Sie gehen halt auf einen bestimmten historischen Kontext zurück. Beispiele für das, was man so in anderen Nationalhymnen findet, habe ich in diesem Artikel aus den ersten Tagen von ZR genannt. Woraus sind wohl die folgenden Zeilen?
"Like a torrent rush, rebellious Scots to crush"
"Entendez-vous dans les campagnes mugir ces féroces soldats?"
"Their blood has wash'd out their foul footstep's pollution"
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