Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #74Eine Marktwirtschaft kann auch in einer Diktatur existieren, aber eine Demokratie kommt nicht ohne sie aus.
Hmm, da bin ich mir nicht so sicher. Es kommt wohl etwas darauf an, wie man "Marktwirtschaft" abgrenzt. Und darauf, ob man "nur" Demokratie meint oder einen demokratischen Rechtsstaat.
Wenn ich z. B. an mittelalterliche Städte denke: Da gab es keine "Marktwirtschaft" in unserem Sinne, in der Regel waren Preise staatlich festgelegt. Es gab aber Privateigentum. Und es gab in vielen Städten "Demokratie", natürlich nach den Maßstäben der Zeit (also nur Männerwahlrecht und mit Einschränkungen bei Beruf und Besitz). Ich könnte mir problemlos einen modernen Staat vorstellen, in dem das Wirtschaftsgeschehen nur von staatlichen Firmen bestimmt wird und alles demokratisch läuft.
Zitat Ich könnte mir problemlos einen modernen Staat vorstellen, in dem das Wirtschaftsgeschehen nur von staatlichen Firmen bestimmt wird und alles demokratisch läuft.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #74Eine Marktwirtschaft kann auch in einer Diktatur existieren, aber eine Demokratie kommt nicht ohne sie aus.
Hmm, da bin ich mir nicht so sicher. Es kommt wohl etwas darauf an, wie man "Marktwirtschaft" abgrenzt. Und darauf, ob man "nur" Demokratie meint oder einen demokratischen Rechtsstaat.
Wenn ich z. B. an mittelalterliche Städte denke: Da gab es keine "Marktwirtschaft" in unserem Sinne, in der Regel waren Preise staatlich festgelegt. Es gab aber Privateigentum. Und es gab in vielen Städten "Demokratie", natürlich nach den Maßstäben der Zeit (also nur Männerwahlrecht und mit Einschränkungen bei Beruf und Besitz). Ich könnte mir problemlos einen modernen Staat vorstellen, in dem das Wirtschaftsgeschehen nur von staatlichen Firmen bestimmt wird und alles demokratisch läuft.
Sorry, ich war bei der Formulierung in der Gegenwart verhaftet. Ans Mittelalter hatte ich grad nicht gedacht. Wir können natürlich auch noch die marktwirtschaftlichen Verhältnisse unter Perikles betrachten. Nur weiß ich nicht in wie fern das für die Beantwortung der Frage von Johanes relevant sein könnte.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #78Sorry, ich war bei der Formulierung in der Gegenwart verhaftet. Ans Mittelalter hatte ich grad nicht gedacht.
Das ist ja nicht der Punkt, mir sind halt ad hoc nur diese historischen Beispiele eingefallen. Aber grundsätzlich könnte ich mir schon vorstellen, daß es eine Demokratie ohne Marktwirtschaft gibt. Die Frage ist halt, wie weit man Marktwirtschaft faßt. Es gibt da ja einen fließenden Übergang. Die wirklich freie Marktwirtschaft gibt es inzwischen nirgends mehr, es gibt halb freie Formen wie bei uns, weniger freie wie in Frankreich - und selbst in der DDR gab es ja noch etwas Privateigentum und sogar ein paar selbständige Handwerker. Was sind also die Kernpunkte, ab denen man "Marktwirtschaft" wirklich sagen kann - und braucht man genau die für Demokratie?
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #78Sorry, ich war bei der Formulierung in der Gegenwart verhaftet. Ans Mittelalter hatte ich grad nicht gedacht.
Das ist ja nicht der Punkt, mir sind halt ad hoc nur diese historischen Beispiele eingefallen. Aber grundsätzlich könnte ich mir schon vorstellen, daß es eine Demokratie ohne Marktwirtschaft gibt. Die Frage ist halt, wie weit man Marktwirtschaft faßt. Es gibt da ja einen fließenden Übergang. Die wirklich freie Marktwirtschaft gibt es inzwischen nirgends mehr, es gibt halb freie Formen wie bei uns, weniger freie wie in Frankreich - und selbst in der DDR gab es ja noch etwas Privateigentum und sogar ein paar selbständige Handwerker. Was sind also die Kernpunkte, ab denen man "Marktwirtschaft" wirklich sagen kann - und braucht man genau die für Demokratie?
Lieber R.A., als wenn ichs geahnt hätte. Wenn es in der DDR Marktwirtschaft gab, dann fehlen uns abgrenzende Begriffe um unsere Ansichten auszutauschenn. Mir fehlen sie dann jedenfalls. In der DDR gab es Planwirtschaft. Marktwirtschaft war der Schwarzmarkt dort. Den gab es und es war der Markt auf dem ich die wertvollen Produkte gekauft habe.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #80Wenn es in der DDR Marktwirtschaft gab, ...
Nein, natürlich nicht!
Irgendwie schaffe ich es nicht, meinen Punkt rüberzubringen. Frankreich gilt trotz großen Staatsbetrieben und exzessiver Regulierung noch als Marktwirtschaft, die DDR war trotz der beschriebenen Reste keine mehr. Irgendwo dazwischen liegt also die Grenze - aber wo?
Mir geht es um eine Definition von "Marktwirtschaft" um darüber nachdenken zu können, ob die Voraussetzung für Demokratie sein kann.
Zitat von R.A. im Beitrag #81Mir geht es um eine Definition von "Marktwirtschaft" um darüber nachdenken zu können, ob die Voraussetzung für Demokratie sein kann.
Ich würde es an so Indikatoren festmachen wie Vertragsfreiheit, Gewerbefreiheit und freier Preisbildung. Das gibt es in Frankreich trotz hoher Staatsquote, in der DDR nicht.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #80In der DDR gab es Planwirtschaft. Marktwirtschaft war der Schwarzmarkt dort.
Privatwirtschaft, vielleicht, in eingeschränktem Maß. Das war die - zahlenmäßig kleine - Variante des Gulaschkommunismus, mit der nach 57/58 überall im Ostblock das Potenzial für ein weiteres '56 aufgefangen werden sollte. In Polen & d UdSSR war das die Tolerierung der Datschen für den Lebensmittelsektor (1962 umfassten die 3% der sowj. Anbaufläche & lieferten die Hälfte des Agrarertrags). "Marktwirtschaft" war das freilich nicht, da das alles den staatlichen Preiskontrollen unterlag (es gab da natürlich den üblichen Schwarzmarktschwund); & wenn das in Richtung Export ging, wurde das VEB-mäßig unter Kuratel gestellt (Erzgebirgische Schnitzereien fallen mir da ein.) Eine der Nischen war übrigens das Hobby Modelleisenbahnen. Die DDR hatte sich ja, als Abgrenzung nach Westen hin & um die Versuchung des Schmuggels & der Fraternisierung zu minimieren, auf einen ganz eigenen Maßstab festgelegt: TT, also 1:120. Daran, daß das von Qualität & Angebot von Anfang der 60er bis zum Ende der 80er auf dem groben & minimalen Plaste-&-Elaste-Standard bei minimaler Produktpalette der Anfangszeit blieb, läßt sich gut die Auswirkung fehlender Marktanreize zeigen.
Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire
Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #83 Die DDR hatte sich ja, als Abgrenzung nach Westen hin & um die Versuchung des Schmuggels & der Fraternisierung zu minimieren, auf einen ganz eigenen Maßstab festgelegt: TT, also 1:120. Daran, daß das von Qualität & Angebot von Anfang der 60er bis zum Ende der 80er auf dem groben & minimalen Plaste-&-Elaste-Standard bei minimaler Produktpalette der Anfangszeit blieb, läßt sich gut die Auswirkung fehlender Marktanreize zeigen.
Du willst doch nicht etwa die der imperialistischen Konkurrenz weit überlegenen Produkte der Marke Pionier-Konstruktion verunglimpfen? Konterrevolutionäre Propaganda!!
ad 1) TT ist ein imperialistischer Standard:
Zitat Die Nenngröße TT wurde in den Vereinigten Staaten im Jahre 1946 von Ingenieur Hal Joyce aus Indiana entwickelt und durch die von ihm (1945) gegründete Firma H. P. Products vertrieben.
ad 2) PIKO stellte nie TT her, sondern die klassisch imperialistischen Standards H0 und N. Allerdings gab es TT im Osten:
Zitat In der DDR und in den RGW-Staaten verbreitete sie sich dagegen durch Zeuke & Wegwerth (die über 800 Mitarbeiter in Berlin beschäftigten). Nach der Verstaatlichung 1972 wurde aus Zeuke der VEB Berliner TT-Bahnen (BTTB).
ebd.
ad 3) Von wegen Plaste und Elaste:
Zitat Die damaligen Modellbahn-Fahrzeuge bestachen durch ein sehr hohes Maß an Detaillierung; über die Firma Schreiber aus Fürth gelangten die Produkte auch auf den westdeutschen Markt
Auf meiner Anlage (1978-82), Normal- & Schmalspur HO, liefen 3 PIKO-Wagen; der Rest der rollenden Materials war Liliput, Roco (konkurrenzlos billig... .. preisgünstig) & Merker & Fischer (M+F) für die Nebenspur. Die Ossis waren am grobschlächtigsten gegossen; da mußte man schwer Gußnuten abfeilen & die Radlager bestanden aus Kunststoff -die waren nach 6 Monaten ausgeschlagen (M+F hatte übrigens der Wismarer Schienenbus im Angebot für HOm); & das war mit Hinblick auf den Export aufs Gleis gesetzt worden. Jena-Optik (VEB, aber auch als Exportfirma vorzugsbewirtschaftet) hatte mit der Kameratechnik auch vergleichbare Probleme: die Optik war akzeptabel (wenn auch nicht Weltniveau); aber die Fassungen, Montierungen, Gewinde...
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Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #80Wenn es in der DDR Marktwirtschaft gab, ...
Nein, natürlich nicht!
Irgendwie schaffe ich es nicht, meinen Punkt rüberzubringen. Frankreich gilt trotz großen Staatsbetrieben und exzessiver Regulierung noch als Marktwirtschaft, die DDR war trotz der beschriebenen Reste keine mehr. Irgendwo dazwischen liegt also die Grenze - aber wo?
Mir geht es um eine Definition von "Marktwirtschaft" um darüber nachdenken zu können, ob die Voraussetzung für Demokratie sein kann.
Grundsätzlich wird die Planwirtschaft definiert durch die staatliche Kontrolle der Preise und der Angebotsmenge. Das imliziert aber immer eine extrem große Zugangsbeschränkung für neue Anbieter innerhalb der Wirtschaft eines Landes. Da die Menschen in einer Planwirtschaft keine wirtschaftliche Freiheit erreichen können, weil ihnen genau dieser Zugang verwehrt ist, bleibt ihnen auch die politische Freiheit verwehrt. In einer Diktatur, die wirtschaftliche Freiheit zulässt um die Wirtschaft des gesamten Landes nicht zu ruinieren, entwickelt sich aus der individuellen wirtschaftlichen Freiheit immer mehr politische Freiheit. Dieser Prozess kann langwierig sein aber durch die wirtschaftliche Prosperität wird auch mehr politische Freiheit geschaffen, was die wirtschaftliche Freiheit wieder erweitert. Irgendwann ist ein Punkt erreicht, wo Chancen für einen friedlichen Übergang zur Demokratie gegeben sind.
Eine Planwirtschaft ist andererseits ein Garant für die dauerhafte Unterdrückung politischer Freiheit. Ohne Planwirtschaft bricht früher oder später jede Diktatur zusammen. Wenn sie dagegen die Planwirtschaft aufrecherhält, verarmt zwar die Bevölkerung aber die Machrverhältnisse bleiben bestehen. Weil sich die politische Freiheit durch das Nichtvorhandensein der wirtschaftlichen Freiheit nicht entwickeln kann.
Kommunisten wissen das ganz genau, deshalb scheuten sie noch die kleinsten Anzeichen von Marktwirtschaft wie der Teufel das Weihwasser. Chinas Kommunisten waren und sind mutiger und fühlten sich stark genug die sich ergebenen politischen Freiheiten zu lenken bzw. zu unterdrücken. Mit brachialer Gewalt. Das Land ist in der Phase einer Diktatur mit Marktwirtschaft. Es hat also die Chance irgendwann einmal zur Demokratie zu werden - wenn es wirtschaftlich wächst. So sehe ich das. edit: sorry im zweiten Satz wichtigen Nebensatz vergessen. Nachgetragen.
Demokratien mit großen Staatsbetrieben und exzessiver Regulierung haben einen Staat den die Vorteile absoluter Macht von Diktaturen reizt. Solche Staaten, zu denen ich keinesfalls nur Frankreich zähle, bewundern China und können der gelenkten Demokratie Russlands eine Menge abgewinnen. Sich der quälenden politischen Prozesse einer Demokratie zu entledigen geht genau den gleichen Weg - nur in umgekehrter Richtung. Wieder wird am Kern der Freiheit angesetzt, an der wirtschaftlichen Freiheit. Wird der Zugang für potentielle Marktteilnehmer immer stärker eingeschränkt, z.B. Steuern und Abgaben, Standards die als Hürden fungieren und ökologisch genannt werden, Protektionismus für Marktteilnehmer von außerhalb, Kaufkraftabschöpfung (Energiewende) usw., verringert sich auch immer mehr die politische Freiheit. Mit dieser Entwicklung einher geht natürlich wirtschaftliche Stagnation. Die Befürworter solch einer Entwicklung werden dann die Notwendigkeit von wirtschaftlichem Wachstum infrage stellen. Es stellen sich Versorgungsengpässe ein was zu noch mehr Regulierung führt. Ist dann eine Planwirtschaft mit Preis- und Angebotssteuerung erst einmal installiert, folgen auch politische Veränderungen. Ist dann der demokratische Selbstschutz mit Gewaltenteilung und Grundrechten die nicht durch Gesetze außer Kraft gesetzt werden können nur unzureichend vorhanden, ist der schleichende Übergang zur Diktatur durch Pataienzusammschlüsse oder andere Formen der Gleichschaltung (Regierung der nationalen Einheit) möglich. Aber der Ansatzpunkt ist immer die individuelle wirtschaftliche Freiheit, nicht die politische.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #74ich denke eine Demokratisierung, in welchem Land auch immer, unabhängig von der Religion, kulturellen Aspekten und zivilisatorischem Fortschritt, kann nur gelingen, wenn eine Marktwirtschaft existiert die bei nicht allzu hohen Hürden den Zugang für jeden Bewohner ermöglicht. Eine Marktwirtschaft kann auch in einer Diktatur existieren, aber eine Demokratie kommt nicht ohne sie aus. Und weil in Ägypten und anderen Ländern Nordafrikas vor, während und nach diesem "Frühling" dieser Zugang zu den Märkten nicht geschaffen wurde und auch nicht dafür gekämpft wurde, scheiterte der Versuch einer Demokratisierung.
Mag man auch diskutieren, ob Demokratie ohne Marktwirtschaft möglich sei, so ist doch klar, daß konkret die arabischen Revolutionen an verschleppter Einführung der Marktwirtschaft gescheitert sind. Der Auslöser war ja gar nicht der Mangel an Demokratie, sondern waren wirtschaftliche Mängel als Folgen der jeweiligen Diktaturen, insbesondere in Tunesien. In Tunesien ist die Jugendarbeitslosigkeit heute offenbar höher als zu Ben Alis Zeiten. Wenn sich daran nichts ändert, ist es nur eine Frage der Zeit, bis die tunesische Demokratie dasselbe Schicksal erfährt wie die deutsche nach der Novemberrevolution. Bei Ägypten hat man wenigstens keine Verschlechterung im Vergleich zu vorher. Über Libyen und Syrien braucht man nichts mehr zu schreiben. Und in Marrokko und Jordanien haben die jeweiligen Könige (!) bloß ein paar Verfassungsänderungen vorgenommen.
Zitat Demokratien mit großen Staatsbetrieben und exzessiver Regulierung haben einen Staat den die Vorteile absoluter Macht von Diktaturen reizt
Mir fällt noch ein interessantes historisches Beispiel dazu ein: Österreich vor der Privatisierungswelle unter der Regierung Schüssel. Eine weitgehend verstaatlichte Wirtschaft mit parteilichen Verflechtungen sowohl in Industrie und Banken als auch in die Arbeiter- und Angestelltenkammern, eine fast ewige Große Koalition mit Postenverteilung nach Parteiproporz - und trotzdem war es für die Bürger ein freiheitliches und prosperierendes Land. Aber das könnte wirklich eine Ausnahme sein, vielleicht spielt auch die Größe des Landes eine Rolle?
Zitat Demokratien mit großen Staatsbetrieben und exzessiver Regulierung haben einen Staat den die Vorteile absoluter Macht von Diktaturen reizt
Mir fällt noch ein interessantes historisches Beispiel dazu ein: Österreich vor der Privatisierungswelle unter der Regierung Schüssel. Eine weitgehend verstaatlichte Wirtschaft mit parteilichen Verflechtungen sowohl in Industrie und Banken als auch in die Arbeiter- und Angestelltenkammern, eine fast ewige Große Koalition mit Postenverteilung nach Parteiproporz - und trotzdem war es für die Bürger ein freiheitliches und prosperierendes Land. Aber das könnte wirklich eine Ausnahme sein, vielleicht spielt auch die Größe des Landes eine Rolle?
Gruß Petz
Trotzdem war es eine Marktwirtschaft. Es gibt in Europa viele Beispiele, die skandinavischen Länder vor den wirtschaftsliberalen Reformen z.B. Aber es gibt eben auch Beispiele wo die freie Preisgestaltung außer Kraft gesetzt wird. Die Buchpreisbindung hat sicher geringe Auswirkungen auf die Beurteilung ob man schon von einer teilweisen Planwirtschaft reden kann. Die neu eingeführte Mietpreisbindung in Deutschland greift die Marktwirtschaft schon härter an, ebenso der Mindestlohn. Aber die Eingriffe des deutschen Staates auf dem Energiemarkt hinsichtlich der Verbraucherpreise sind am gravierendsten. Und betrachtet man die politische, um nicht zu sagen ideologische Begleitmusik (Große Transformation) wird schnell klar, dass es nicht wenige Anhänger einer Planwirtschaft nach wie vor in Deutschland gibt.
Ein weiteres Stichwort ist hier der Begriff der Daseinsvorsorge. Er wurde im Zuge einer planwirtschaftlichen Umgestaltung der deutschen Wirtschaft aus der Eingriffsverwaltung kreiert. Letzterer macht viel mehr deutlich worum es geht: Ein Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit des Bürgers. Die soziale Marktwirtschaft war nie dafür konzipiert derart intensiv in die freie Preisgestaltung und freie Bildung der Angebotsmenge einzugreifen. Genauer gesagt lehnt das Konzept dies völlig ab. Man kann sagen, dass sich Deutschland unter den Regierungen der Kanzlerin Merkel von diesem Konzept der sozialen Marktwirtschaft merklich hin zum Konzept der Planwirtschaft entwickelt hat. Selbst wenn man davon ausgeht, eine Mehrheit für diesen Kurs in der öffentlichen Meinung vorzufinden, hätte dieser dennoch nicht gefolgt werden dürfen. Allein aus der Verpflichtung heraus, die FdGO zu sichern.
Zitat von Meister Petz im Beitrag #82Ich würde es an so Indikatoren festmachen wie Vertragsfreiheit, Gewerbefreiheit und freier Preisbildung. Das gibt es in Frankreich trotz hoher Staatsquote, in der DDR nicht.
Danke für diese Definition, das hilft. Alle drei Indikatoren sind natürlich auch bei uns massiv eingeschränkt, aber grundsätzlich gegeben.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #86Grundsätzlich wird die Planwirtschaft definiert durch die staatliche Kontrolle der Preise und der Angebotsmenge.
Die Preise sind ja auch bei Petz ein Kriterium. Und wenn das Angebot fixiert wird, sind auch Gewerbefreiheit und Vertragsfreiheit de facto nur noch minimal möglich. Eure beiden Definitionen passen also ganz gut zusammen.
Zitat Da die Menschen in einer Planwirtschaft keine wirtschaftliche Freiheit erreichen können, weil ihnen genau dieser Zugang verwehrt ist, bleibt ihnen auch die politische Freiheit verwehrt.
Da bin ich skeptisch. Alle bei uns gültigen Einschränkungen der wirtschaftlichen Freiheit (und die sind zahlreich und massiv) sind ja als Ergebnis der politischen Freiheit demokratisch beschlossen worden. Und es ist nicht unrealistisch sich vorzustellen, daß man mit demokratischer Mehrheit auch den Rest noch regelt. Eigentlich wird die wirtschaftliche Freiheit bei uns ja nur durch das GG wirklich geschützt, und das ist nicht wirklich demokratisch beschlossen worden.
Von daher halte ich es durchaus für vorstellbar, daß eine Demokratie ohne Marktwirtschaft existiert. Das würde dann natürlich zu massiven wirtschaftlichen Problemen und Unzufriedenheit führen. Aber es ist sehr fraglich, ob die Ursache dieser Probleme auch erkannt und durch neue Abstimmungen abgestellt wird, oder ob die Populisten dann nicht noch verblieben Regelungslücken für die Probleme verantwortlich machen würden.
Man sieht das derzeit sehr schön auf dem Wohnungsmarkt. Der jetzt schon eine der reguliertesten Wirtschaftsbereiche ist, insbesondere sind Preisbildung und Vertragsfreiheit massiv eingeschränkt. Das führt nun zu Problemen (Wohnungsknappheit). Und die Reaktion der Politik besteht in weiteren Regulierungen, die den Mißstand verschärfen. Und alles diese neuen Regeln werden vom Publikum überwiegend zustimmend begrüßt - es fehlt einfach das Verständnis für die Zusammenhänge.
Zitat Dieser Prozess kann langwierig sein aber durch die wirtschaftliche Prosperität wird auch mehr politische Freiheit geschaffen, was die wirtschaftliche Freiheit wieder erweitert.
Es gibt Beispiele, wo das so läuft. Aber auch Gegenbeispiele. Einen Automatismus gibt es da wohl nicht.
Zitat Eine Planwirtschaft ist andererseits ein Garant für die dauerhafte Unterdrückung politischer Freiheit.
Nicht unbedingt. Die Planwirtschaft kann ja auch Ergebnis der politischen Freiheit sein.
Entscheidend ist hier wohl, daß man nicht nur über Demokratie im engeren Sinne spricht. Demokratie bedeutet letztlich nur, daß die Entscheidungen vom Volk abgestimmt werden. Das können aber potentiell auch sehr häßliche Entscheidungen sein. Z. B. die, eine Minderheit zu diskriminieren, zu verfolgen oder auszubeuten. Demokratie ist also nur sinnvoll in Verbindung mit Grundrechten und Rechtsstaat. Und damit kommt dann der Punkt, wo auch die wirtschaftliche Freiheit unabdingbarer Bestandteil wird.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #86Grundsätzlich wird die Planwirtschaft definiert durch die staatliche Kontrolle der Preise und der Angebotsmenge.
Die Preise sind ja auch bei Petz ein Kriterium. Und wenn das Angebot fixiert wird, sind auch Gewerbefreiheit und Vertragsfreiheit de facto nur noch minimal möglich. Eure beiden Definitionen passen also ganz gut zusammen.
Lieber R.A., meine Antwort an Petz war als Zustimmung gedacht.
Zitat Da die Menschen in einer Planwirtschaft keine wirtschaftliche Freiheit erreichen können, weil ihnen genau dieser Zugang verwehrt ist, bleibt ihnen auch die politische Freiheit verwehrt.
Da bin ich skeptisch. Alle bei uns gültigen Einschränkungen der wirtschaftlichen Freiheit (und die sind zahlreich und massiv) sind ja als Ergebnis der politischen Freiheit demokratisch beschlossen worden. Und es ist nicht unrealistisch sich vorzustellen, daß man mit demokratischer Mehrheit auch den Rest noch regelt. Eigentlich wird die wirtschaftliche Freiheit bei uns ja nur durch das GG wirklich geschützt, und das ist nicht wirklich demokratisch beschlossen worden
Von daher halte ich es durchaus für vorstellbar, daß eine Demokratie ohne Marktwirtschaft existiert. Das würde dann natürlich zu massiven wirtschaftlichen Problemen und Unzufriedenheit führen. Aber es ist sehr fraglich, ob die Ursache dieser Probleme auch erkannt und durch neue Abstimmungen abgestellt wird, oder ob die Populisten dann nicht noch verblieben Regelungslücken für die Probleme verantwortlich machen würden..
Ich habe noch einen Beitrag geschrieben wo ich auf den umgekehrten Weg eingegangen bin. Das ist eine völlig andere Ausgangsbasis. Sollte es eine solche Entwicklung bei uns bis zur vollständigen Planwirtschaft geben, gibt es keine politische Freiheit mehr. In dem Fall wären wir in einer Diktatur angelangt. Ob uns allein das GG davor schützen würde möchte ich nicht mehr behaupten. Außerdem ist Dein theoretischer Weg noch kein Beleg dafür, dass Demokratie ohne Marktwirtschaft existiert. Dagegen gibt es jede Menge praktische Beispiele die das widerlegen. Auch als Rollback wie Du ihn beschreibst. Russland zum Beispiel. Da ist die Demokratie schon tot obwohl noch etwas Marktwirtschaft vorhanden ist.
Zitat von R.A. im Beitrag #92Man sieht das derzeit sehr schön auf dem Wohnungsmarkt. Der jetzt schon eine der reguliertesten Wirtschaftsbereiche ist, insbesondere sind Preisbildung und Vertragsfreiheit massiv eingeschränkt. Das führt nun zu Problemen (Wohnungsknappheit). Und die Reaktion der Politik besteht in weiteren Regulierungen, die den Mißstand verschärfen. Und alles diese neuen Regeln werden vom Publikum überwiegend zustimmend begrüßt - es fehlt einfach das Verständnis für die Zusammenhänge.
Die Gefährdung der Demokratie in Deutschland ist ja auch schon spürbar. Gäbe es eine effektive Opposition im Land, käme die AfD nicht auf ihre hohen Zustimmungswerte. Aber ich würde das trotzdem nicht allzu hoch bewerten. Deutschland hat beides: eine starke Demokratie und eine starke Marktwirtschaft. Nur sollte man gegenläufige Tendenzen nicht herunterspielen und den Kern ihrer Ursachen im Auge haben.
Zitat Dieser Prozess kann langwierig sein aber durch die wirtschaftliche Prosperität wird auch mehr politische Freiheit geschaffen, was die wirtschaftliche Freiheit wieder erweitert.
Es gibt Beispiele, wo das so läuft. Aber auch Gegenbeispiele. Einen Automatismus gibt es da wohl nicht.
Dann her mit den Beispielen sonst ist das keine Argumentation.
Zitat Eine Planwirtschaft ist andererseits ein Garant für die dauerhafte Unterdrückung politischer Freiheit.
Nicht unbedingt. Die Planwirtschaft kann ja auch Ergebnis der politischen Freiheit sein.
Und wieder nur eine Behauptung, eine heftige noch dazu. Also wenn hier kein richtig gutes Beispiel hingehört weiß ich auch nicht mehr außer dass Du es besser weißt. Eine Planwirtschaft, kein irgendwie gearteter Mix, eine wie in kommunistischen Staaten wie der DDR üblich, ist m.E. noch nie aus politischer Freiheit entstanden.
Zitat von R.A. im Beitrag #92Zitat:Entscheidend ist hier wohl, daß man nicht nur über Demokratie im engeren Sinne spricht. Demokratie bedeutet letztlich nur, daß die Entscheidungen vom Volk abgestimmt werden. Das können aber potentiell auch sehr häßliche Entscheidungen sein. Z. B. die, eine Minderheit zu diskriminieren, zu verfolgen oder auszubeuten. Demokratie ist also nur sinnvoll in Verbindung mit Grundrechten und Rechtsstaat. Und damit kommt dann der Punkt, wo auch die wirtschaftliche Freiheit unabdingbarer Bestandteil wird.
Ja klar, wenn man den Demokratiebegriff verwässert und die Volksdemokratien und gelenkten Demokratien hinzuzählt bekommt man keine Abgrenzung hin und dann ist alles mit allem kombinierbar. Nur braucht man sich unter solchen Prämissen keine Abgrenzungsfragen mehr stellen, es sei denn sie sind rhetorischer Natur. Ich hatte bei meinen Ausführungen von Demokratien mit Gewaltenteilung gesprochen und sollte das nicht rübergekommen sein, wiederhole ich es hiermit: repräsentative Demokratien westlichen Zuschnitts mit Grundrechten wie Presse- und Meinungsfreiheit usw.
ich denke insgesamt, dass Demokratie ohne Marktwirtschaft tatsächlich kaum möglich ist (die planification in Frankreich kommt dem am nächsten).
Marktwirtschaft ohne Demokratie geht aus meiner Sicht schon eher, man nehme mal Singapur: Eine Quasi-Parteidiktatur (die interessanterweise trotzdem einen der niedrigsten Korruptionswerte der Welt hat), massive Einschränkung der Opposition und Bürgerrechte (und eine quasi unbegrenzte Ermächtigung der Regierung dazu), scharfe Zensur usw. Trotzdem hat das Land eine blühende Marktwirtschaft mit einer Staatsquote von 18%.
Zitat von Meister Petz im Beitrag #94Lieber Erling, lieber R.A.,
ich denke insgesamt, dass Demokratie ohne Marktwirtschaft tatsächlich kaum möglich ist (die planification in Frankreich kommt dem am nächsten).
Marktwirtschaft ohne Demokratie geht aus meiner Sicht schon eher, man nehme mal Singapur: Eine Quasi-Parteidiktatur (die interessanterweise trotzdem einen der niedrigsten Korruptionswerte der Welt hat), massive Einschränkung der Opposition und Bürgerrechte (und eine quasi unbegrenzte Ermächtigung der Regierung dazu), scharfe Zensur usw. Trotzdem hat das Land eine blühende Marktwirtschaft mit einer Staatsquote von 18%.
Gruß Petz
Mein Lieblingsbeispiel ist Chile. Nicht nur wegen Milton Friedmann, sondern wegen der ganzen Vorgeschichte. Es bahnte sich mit der Wahl Allendes zum Präsidenten der Übergang in eine Diktatur an. Durch umfassenden Verstaatlichungen und Einführung der Planwirtschaft (ähnlich wie das Chaves dann in Venezuela durchgesetzt hat). Trotzdem wurde mit dem Militärputsch und dem Sturz Allendes nicht die Demokratie gerettet, es kam zur Diktatur. Aber durch die wirtschaftliche Liberalisierung, vorangetrieben durch die Chicago Boys (https://de.wikipedia.org/wiki/Chicago_Boys) konnte sich eine stärkere Demokratie entwickeln als zuvor je bestanden hatte. Der Übergang von der Diktatur verlief friedlich und Chile ist nach wie vor ein wirtschaftlich starkes Land mit einer gefestigten Demokratie. Alles andere als selbstverständlich. Gemessen am pro Kopf Einkommen ist Chile heute das reichste Land Lateinamerikas. Die Staatsquote beträgt 22%, weniger als die Hälfte Deutschlands und nur wenig mehr als in den USA. https://de.wikipedia.org/wiki/Wirtschaft_Chiles
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #93Sollte es eine solche Entwicklung bei uns bis zur vollständigen Planwirtschaft geben, gibt es keine politische Freiheit mehr. In dem Fall wären wir in einer Diktatur angelangt.
Es gäbe wesentliche Freiheitsrechte nicht mehr, es könnte aber immer noch alles demokratisch beschlossen sein.
Zitat Ob uns allein das GG davor schützen würde möchte ich nicht mehr behaupten.
Nur dort ist der Schutz der Grundrechte festgeschrieben und daher würden die Planwirtschaftsgesetze vor dem BVerfG scheitern. Auf die Mehrheit bei Bevölkerung oder Parlament würde ich mich weniger verlassen.
Zitat Außerdem ist Dein theoretischer Weg noch kein Beleg dafür, dass Demokratie ohne Marktwirtschaft existiert.
Richtig. Ich habe auch nicht behauptet, daß es das schon wirklich gab. Nur daß es deswegen nicht automatisch undenkbar ist.
Zitat Deutschland hat beides: eine starke Demokratie und eine starke Marktwirtschaft. Nur sollte man gegenläufige Tendenzen nicht herunterspielen und den Kern ihrer Ursachen im Auge haben.
Absolut richtig.
Zitat Dann her mit den Beispielen sonst ist das keine Argumentation.
Das Beispiel hast Du in einem späteren Beispiel selber gebracht, darauf gehe ich gleich ein.
Zitat Ja klar, wenn man den Demokratiebegriff verwässert und die Volksdemokratien und gelenkten Demokratien hinzuzählt ...
Das ist nicht der Punkt. Ich rede schon von einer echten Demokratie, in der frei abgestimmt wird. Aber ohne Eingrenzung durch eine Verfassung o.ä. sind eben auch sehr häßliche Abstimmungsergebnisse möglich.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #95Mein Lieblingsbeispiel ist Chile.
Und da haben wir doch schon das Beispiel für den demokratisch beschlossenen Sozialismus ...
Zitat Es bahnte sich mit der Wahl Allendes zum Präsidenten der Übergang in eine Diktatur an.
Allende war (trotz einiger kritischer Einzelentscheidungen) kein Diktator und hatte das m. E. auch nicht vor.
Zitat Durch umfassenden Verstaatlichungen und Einführung der Planwirtschaft
Und zwar ganz demokratisch durch Parlamentsbeschlüsse.
Chile ist deswegen kein komplettes Beispiel, weil die Verstaatlichungen erst der Anfang des Wegs in die komplette Planwirtschaft waren und weil der Putsch dann sowieso alles gestoppt hat. Man kann daher nicht sagen, wie sich Chile ansonsten entwickelt hätte und ob es nach Einführung der Planwirtschaft noch freie Wahlen etc. gegeben hätte.
Aber für den Weg in die Planwirtschaft hatten sich die nötigen demokratischen Mehrheiten gefunden.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #93Sollte es eine solche Entwicklung bei uns bis zur vollständigen Planwirtschaft geben, gibt es keine politische Freiheit mehr. In dem Fall wären wir in einer Diktatur angelangt.
Es gäbe wesentliche Freiheitsrechte nicht mehr, es könnte aber immer noch alles demokratisch beschlossen sein.
Zitat Ob uns allein das GG davor schützen würde möchte ich nicht mehr behaupten.
Nur dort ist der Schutz der Grundrechte festgeschrieben und daher würden die Planwirtschaftsgesetze vor dem BVerfG scheitern. Auf die Mehrheit bei Bevölkerung oder Parlament würde ich mich weniger verlassen.
Ich finde beide Aussagen widersprechen sich. Wenn Deutschland demokratisch beschlossen in die Planwirtschaft gehen könnte, dann hätte das GG als Sicherung der FdGO versagt. Es gibt ja in der Tat eine Reihe von Grundrechten die per Gesetz außer Kraft gesetzt werden könnten. Die Diskussion hatten wir hier schon einmal.
Zitat Außerdem ist Dein theoretischer Weg noch kein Beleg dafür, dass Demokratie ohne Marktwirtschaft existiert.
Richtig. Ich habe auch nicht behauptet, daß es das schon wirklich gab. Nur daß es deswegen nicht automatisch undenkbar ist.
Ausgangspunkt unserer Überlegung war doch die Frage von Johanes, warum das mit der Demokratie in Nordafrika nicht geklappt hat. Eine westliche Demokratie ist undenkbar ohne Marktwirtschaft. Alles was daran denkbar ist, nennt sich demokratischer Sozialismus und ist eine Verballhornung der parlamentarischen Demokratie.
Zitat Ja klar, wenn man den Demokratiebegriff verwässert und die Volksdemokratien und gelenkten Demokratien hinzuzählt ...
Das ist nicht der Punkt. Ich rede schon von einer echten Demokratie, in der frei abgestimmt wird. Aber ohne Eingrenzung durch eine Verfassung o.ä. sind eben auch sehr häßliche Abstimmungsergebnisse möglich.
Das ist keine Demokratie. Wir meinen nicht mehr das Gleiche. Ich muss Dir doch nicht erzählen was im Westen unter einer Demokratie verstanden wird, oder? Bist Du der Fachmann oder ich?
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #98Wenn Deutschland demokratisch beschlossen in die Planwirtschaft gehen könnte, dann hätte das GG als Sicherung der FdGO versagt.
Der Bundestag kann das demokratisch beschließen. Er hat ja schon häufiger Sachen beschlossen, die gegen die Verfassung verstoßen - gerade heute kam wieder ein Urteil.
Entscheidend ist, daß das BVerfG das dann kassiert. Und damit sichert uns das GG.
Zitat Ausgangspunkt unserer Überlegung war doch die Frage von Johanes, warum das mit der Demokratie in Nordafrika nicht geklappt hat. Eine westliche Demokratie ist undenkbar ohne Marktwirtschaft.
Erstens würde das noch offen lassen, daß die Araber eine "östliche" Demokratie installieren, die halt ohne Marktwirtschaft auskäme. Wenn das theoretisch ginge, das wollte ich halt in der Diskussion klären.
Aber zweitens ist noch die ganz andere Frage, ob die fehlende Marktwirtschaft wirklich der Grund für das Scheitern war. Denn es gibt natürlich Beispiele genug dafür, daß zuerst die Demokratie eingeführt wird, und dann erst geht es los mit der Marktwirtschaft. In Nordafrika hat halt noch viel mehr gefehlt. Tunesien oder Ägypten haben ja gar keine Planwirtschaft, sondern nur eine rudimentäre Marktwirtschaft mit starkem Staatssektor und viel Behördenkorruption. Aber es fehlen halt viele gesellschaftlichen Voraussetzungen.
Zitat Das ist keine Demokratie.
Sorry. Demokratie heißt erst einmal nur, daß das Volk in Wahlen und Abstimmungen entscheidet. Was im Westen üblich ist, ist halt mehr als nur die nackte Demokratie, sondern auch die Einbettung in Grundrechte und Rechtsstaat.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #95Mein Lieblingsbeispiel ist Chile.
Und da haben wir doch schon das Beispiel für den demokratisch beschlossenen Sozialismus ...
Ja, da wurde die Demokratie abgeschafft, auf dem von mir beschriebenen Weg. Gab's in Deutschland auch schon mal. Deshalb ja die Sicherungen durch Gewaltenteilung usw. von denen ich redete.
Zitat Es bahnte sich mit der Wahl Allendes zum Präsidenten der Übergang in eine Diktatur an.
Allende war (trotz einiger kritischer Einzelentscheidungen) kein Diktator und hatte das m. E. auch nicht vor.[/quote] Aber klar, das war der Chaves Chiles. Chaves wurde auch geliebt. Der Vorteil Allendes war lediglich, dass er weniger Zeit hatte. Da kann man dann die Legende vom netten Arzt spinnen der den Kindern jeden Tag Milch geschenkt hat. Er war Sozialist und als solcher erhielt er die uneingeschränkte Unterstützung des Ostblocks. Es sind meine ersten politischen Erinnerungen ganz wach, ganz nah. Ich weiß noch was damals los war in der DDR.
Zitat Durch umfassenden Verstaatlichungen und Einführung der Planwirtschaft
Und zwar ganz demokratisch durch Parlamentsbeschlüsse.[/quote] Nochmal: Ich bezweifle nicht den Weg dorthin, sondern die weitere Existenz einer westlichen Demokratie unter einer Planwirtschaft. Venezuela gilt auch nicht mehr als parlamentarische Demokratie. http://www.bpb.de/themen/YE585H,0,Verbre...er_Staaten.html
Zitat von R.A. im Beitrag #97Chile ist deswegen kein komplettes Beispiel, weil die Verstaatlichungen erst der Anfang des Wegs in die komplette Planwirtschaft waren und weil der Putsch dann sowieso alles gestoppt hat. Man kann daher nicht sagen, wie sich Chile ansonsten entwickelt hätte und ob es nach Einführung der Planwirtschaft noch freie Wahlen etc. gegeben hätte.
Aber für den Weg in die Planwirtschaft hatten sich die nötigen demokratischen Mehrheiten gefunden.
Doch das kann man sagen, weil die Muster des Sozialismus so unterschiedlich eben nicht sind. Die Einführung einer Planwirtschaft läuft immer auf die Abschaffung der parlamentarischen Demokratie hinaus. Ich hab begründet warum das so ist. Tut mir leid aber jetzt muss ich wirklich mal in die Kiste greifen. Die Vorstellung, nach einer Einführung der Planwirtschaft immer noch freie Wahlen abzuhalten kann nur in dem Teil des Westens entstehen, der keinen Sozialismus als politisch Oppositioneller erlebt hat. Aus meiner Sicht ist das sehr naiv. Denn der wichtigste Grund zur Einführung der Planwirtschaft ist die Machtfrage. Nur sie eigentlich. Die meisten Kommunisten kennen durchaus die Ineffizienz der Planwirtschaft, aber ihnen ist ihr Machterhalt wichtiger als der Wohlstand der Bevölkerung. Aber gut, ich hab eigentlich alles gesagt. Wer immer an die Möglichkeit einer Demokratie mit Planwirtschaft glauben möchte, tut das auch wenn es zum x-ten Mal wieder mal nicht funktioniert.
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