Die Bürger scheinen an zu Guttenberg festzuhalten, wie sich aus jüngst in der Welt veröffentlichen Zahlen ergibt:
Mehr noch: Sein Beliebtheitswerte sind nach seinem Rücktritt sogar gestiegen. Drei von vier der 1000 Bürger, die von Infratest dimap für den Deutschlandtrend befragt wurden, sagen, sie seien „zufrieden“ oder „sehr zufrieden“ mit Guttenbergs politischer Arbeit. Die repräsentative Umfrage im Auftrag der ARD-„Tagesthemen“ und „Welt Online“ wurde am vergangenen Dienstag und Mittwoch durchgeführt, also mehr als eine Woche nach seinem Rücktritt.
(...)
Bemerkenswert ist, dass Guttenberg die größte Unterstützung nicht etwa in seiner eigenen Partei CSU genießt, sondern in der FDP. 90 Prozent von deren Anhängern sind mit ihm „zufrieden“ oder „sehr zufrieden“. Auf die Sympathisanten von CDU und CSU trifft dies immerhin zu 83 Prozent zu. Anhänger der SPD und der Grünen stehen zu fast zwei Dritteln hinter Guttenberg, und selbst im Lager der Linken sind es noch 51 Prozent, die ihn gut finden.
Zitat Mehr noch: Sein Beliebtheitswerte sind nach seinem Rücktritt sogar gestiegen. Drei von vier der 1000 Bürger, die von Infratest dimap für den Deutschlandtrend befragt wurden, sagen, sie seien „zufrieden“ oder „sehr zufrieden“ mit Guttenbergs politischer Arbeit. Die repräsentative Umfrage im Auftrag der ARD-„Tagesthemen“ und „Welt Online“ wurde am vergangenen Dienstag und Mittwoch durchgeführt, also mehr als eine Woche nach seinem Rücktritt
Guttenbergs letzte große politische Arbeitsleistung war sein Rücktritt, die Beliebtheitswerte von Sigmar Gabriel, Guido Westerwelle und Claudia Roth würden explodieren, wenn sie sich aus dem politischen Geschäft verabschieden würden.
Ohne Ironie: ich halte das Umfrageergebnis für eine Trotzreaktion, in der es nicht um das "an Guttenberg festzuhalten geht", sondern die Ausdruck der Kritik am politisch-medialen Komplex ist. Wie verzeifelt müssen die Deutschen sein, wenn der politische Totalausfall SPD einen Stimmenzuwachs zu verzeichnen hat, der sie fast auf 30% katapultiert und die Grünen sich trotz Verluste immer noch bei 15% im Wohlfühlbereich bewegen.
Die Befragten trennen sehr wohl zwischen Guttenberg, dem Politiker und Guttenberg, dem Dissertationsbetrüger. Die hohe Zustimmung zu der Feststellung:Hat ein Gespür, was Menschen von der Politik erwarten mit 82% bei einem ausgeschiedenen Politiker, lässt die Interpretation zu, dass dieses Gespür anderen Politikern abgeht und vermisst wird. Das wird auch noch bekräftigt durch Ist von Neidern in anderen Parteien gestürzt worden, wobei "andere Parteien" recht dehnbar ist.
Zitat von ZettelLieber R.A., wir werden uns da, fürchte ich, nicht einig werden.
Was wir, wie schon einige Male, mit fröhlicher Gelassenheit aushalten werden ;-)
Zitat Sie stellt sich nicht hin - oder richtet sich gleich einem Husar auf dem Pferd auf - schwingt den Säbel und ruft "Alle mir nach!".
Es ist offenbar nicht deutlich geworden: Diesen Stil kritisiere ich nicht. Sondern im Gegenteil sage ich sogar, daß ein solcher Stil (wie ihn Schröder versucht hat) in der Politik selten funktioniert und auch selten sinnvoll ist.
Ein Kanzler muß nicht unbedingt immer vorne reiten. Aber er muß Orientierung geben und den Leuten das Gefühl geben, daß er weiß, wohin geritten wird, und muß ihnen sagen, warum dieses Ziel richtig ist.
Zitat Kohl? Er war ähnlich wie seine Meisterschülerin.
Bei der Entscheidungsfindung war er oft ähnlich. Aber bei ihm war immer klar, daß er einem Kompaßt folgt und ein Ziel ansteuert. Die Leute wußten, wofür er steht (oder glaubten es wenigstens zu wissen) und sind ihm dann gefolgt oder haben gegen ihn opponiert.
Zitat Dann aber handelte er entschlossen, wie 1989/1990.
Richtig. Weil er eine klare Idee hatte, was sein Ziel war.
Genau das fehlt Merkel. Deswegen handelt sie in einer Krise, wie letztes Jahr die Euro-Krise, nicht entschlossen - sondern sie läßt sich von entschlosseneren Politikern (wie Sarokzy) über den Tisch ziehen. Ihre Entschluß- und Orientierungslosigkeit hatte damals katastrophale Folgen, wir werden noch viele Milliarden deswegen zahlen müssen. Aber leider eben ohne etwas dafür zu bekommen. Kohl hat auch Milliardenzahlungen in Kauf genommen - aber als Preis für die deutsche Einheit. Das hat er abgewogen und für richtig befunden. Während Merkel nur reingeschlittert ist und gezahlt hat, weil sie sich nicht anders zu wehren wußte.
Zitat von ZettelLieber R.A., wir werden uns da, fürchte ich, nicht einig werden.
Was wir, wie schon einige Male, mit fröhlicher Gelassenheit aushalten werden ;-)
So ist es, lieber R.A. Was mir übrigens die Diskussionen mit Ihnen besonders angenehm macht - fortiter in re suaviter in modo.
Zitat Ein Kanzler muß nicht unbedingt immer vorne reiten. Aber er muß Orientierung geben und den Leuten das Gefühl geben, daß er weiß, wohin geritten wird, und muß ihnen sagen, warum dieses Ziel richtig ist.
Wieso eigentlich?
Wie schon gesagt, er ist Kanzler, also der Vorsteher einer Kanzlei. Seine Aufgabe ist es, die Geschäfte des Landes gut zu führen. Warum muß er Ziele definieren, gar den Leuten Orientierung geben?
Das muß der Papst. In einer parlamentarischen Demokratie werden die Ziele, die Orientierung durch das Zusammenwirken vieler Faktoren und Instanzen in der Gesellschaft gegeben. Die wesentlichen Entscheidungen werden vom Parlament und vom Kabinett gefällt, zunehmend auch vom Bundesverfassungsgericht. Aber sie reflektieren das, was sich in der Gesellschaft entwickelt.
Wie schon gesagt: Für Ziele, für Orientierung in diesem gesellschaftlichen Diskussionsprozeß sind Philosophen, Literaten, Publizisten zuständig; nicht zuletzt die Religionsgemeinschaften. Nicht der Kanzler, der sein operatives Geschäft ordentlich erledigen soll und sich nicht als Praeceptor Germaniae aufspielen.
Zitat
Zitat Dann aber handelte er entschlossen, wie 1989/1990.
Richtig. Weil er eine klare Idee hatte, was sein Ziel war.
Aber dieses Ziel hat er nicht definiert, sondern es war eine bare Selbstverständlichkeit. Ein Kanzler, der in einer Situation, in der das möglich war, nicht mit allen Mitteln die Wiedervereinigung betrieb, hätte sich des Verfassungsbruchs schuldig gemacht und seinen Amtseid verletzt.
Kohls Leistung war es nicht, die Wiedervereinigung anzustreben, das hätte jeder Kanzler getan, der nicht pflichtvergessen gewesen wäre. Seine Leistung war das Geschick, mit dem er sie gegen den Widerstand von Thatcher und Mitterand erreicht hat.
Zitat von ZettelWie schon gesagt, er ist Kanzler, also der Vorsteher einer Kanzlei. Seine Aufgabe ist es, die Geschäfte des Landes gut zu führen. Warum muß er Ziele definieren, gar den Leuten Orientierung geben? (...) Wie schon gesagt: Für Ziele, für Orientierung in diesem gesellschaftlichen Diskussionsprozeß sind Philosophen, Literaten, Publizisten zuständig; nicht zuletzt die Religionsgemeinschaften. Nicht der Kanzler, der sein operatives Geschäft ordentlich erledigen soll und sich nicht als Praeceptor Germaniae aufspielen.
Für das operative Geschäft gibt es die Minister. Der Kanzler ist dazu da, die Richtlinien (lat. "Orientierung") zu bestimmen. Oder wie es das Grundgesetz sagt:
Zitat von GG Art. 65Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung. Innerhalb dieser Richtlinien leitet jeder Bundesminister seinen Geschäftsbereich selbständig und unter eigener Verantwortung.
Der Kanzler führt auch nicht die Geschäfte des Landes, sondern die der Bundesregierung:
Zitat von GG Art. 65Über Meinungsverschiedenheiten zwischen den Bundesministern entscheidet die Bundesregierung. Der Bundeskanzler leitet ihre Geschäfte nach einer von der Bundesregierung beschlossenen und vom Bundespräsidenten genehmigten Geschäftsordnung.
Der Kanzler schlägt die Minister zur Berufung vor, leitet die Kabinettssitzungen und gibt den Ministern ihre Orientierung. Mehr Aufgaben hat er nicht.
Zitat von ZettelWie schon gesagt, er ist Kanzler, also der Vorsteher einer Kanzlei.
Schon wahr, so ist der Begriff mal entstanden. So vor etwa 1200 Jahren. Ein bißchen hat sich aber inzwischen geändert, sowohl bei den Kompetenzen wie den Aufgaben des Amtes.
Unbeschadet der zeremoniellen Vorrangstellung des Bundespräsidenten ist der Kanzler der politische Chef des Landes. Und wie jeder Firmenchef, jeder Ministerpräsident, jeder Vereinsvorsitzende und jeder Klosterabt reicht es beim Kanzler nicht, nur geschäftsführenden die Entscheidungen anderer Leute zu protokollieren. Sondern er soll die Richtung angeben (eine Richtung, die mehrheitsfähig und akzeptabel ist) und die Sinnhaftigkeit dieser politischen Richtung darstellen. Das kann man visionär machen wie ein Brandt, oder knochentrocken wie ein Schmidt, oder mit biederem Pathos wie Kohl - und meinetwegen auch mit Haudrauf-Rhetorik wie Schröder. Aber wenn da gar nichts kommt wie bei Merkel ist das m. E. mittelfristig eine echte Gefahr für den Staat und die Demokratie.
Zitat Die wesentlichen Entscheidungen werden vom Parlament und vom Kabinett gefällt, zunehmend auch vom Bundesverfassungsgericht.
Aber diese Entscheidungen werden maßgeblich vom Chef vorbereitet und vorangetrieben. Durchaus auch mit indirekten Methoden, wie von Ihnen schon beschrieben:
Zitat Sie läßt das dynamische System sich entwickeln, greift hier und da vorsichtig und oft fast unsichtbar steuernd ein und wartet den Zeitpunkt ab, zu dem sie vielleicht ihre Kraft mit dem größten Wirkungsgrad einsetzen kann.
"Kraft mit dem größten Wirkungsgrad einsetzen" ist das Stichwort. Und nicht "zur Kenntnis nehmen, was andere Personen/Gremien entschieden haben".
Zitat Ein Kanzler, der in einer Situation, in der das möglich war, nicht mit allen Mitteln die Wiedervereinigung betrieb, hätte sich des Verfassungsbruchs schuldig gemacht und seinen Amtseid verletzt.
Das ist aber sehr graue Theorie. In der Verfassung stand nur pauschal, daß das deutsche Volk aufgefordert bleibe, die Einheit herzustellen. Eine spezielle Verpflichtung des Kanzlers gab es nicht. Und wir sind uns doch im klaren, daß ein Lafontaine, ein Schröder, und auch viele Unions-Größen, keineswegs wie Kohl mit voller Kraft auf die Wiedervereinigung hingearbeitet hätten. Sondern sie hätten die Entwicklung treiben lassen, bis die Chance vorbei ist, oder sie hätten die Vereinigung sogar aktiv sabotiert. Das wäre alles nicht Verfassungs-justiziabel gewesen.
Eine Merkel 1989 im Kanzleramt? Meine Güte, wir hätten nie eine Einheit bekommen, wer hätte sie denn zum Jagen tragen sollen?
Zitat von ZettelWie schon gesagt, er ist Kanzler, also der Vorsteher einer Kanzlei. Seine Aufgabe ist es, die Geschäfte des Landes gut zu führen. Warum muß er Ziele definieren, gar den Leuten Orientierung geben? (...) Wie schon gesagt: Für Ziele, für Orientierung in diesem gesellschaftlichen Diskussionsprozeß sind Philosophen, Literaten, Publizisten zuständig; nicht zuletzt die Religionsgemeinschaften. Nicht der Kanzler, der sein operatives Geschäft ordentlich erledigen soll und sich nicht als Praeceptor Germaniae aufspielen.
Für das operative Geschäft gibt es die Minister. Der Kanzler ist dazu da, die Richtlinien (lat. "Orientierung") zu bestimmen. Oder wie es das Grundgesetz sagt:
Zitat von GG Art. 65Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung. Innerhalb dieser Richtlinien leitet jeder Bundesminister seinen Geschäftsbereich selbständig und unter eigener Verantwortung.
Er bestimmt auch die Richtlinien der Politik. Aber er führt auch das operative Geschäft. Alle wichtigen Ministerien sind durch Abteilungen im Kanzleramt "gespiegelt". In der Europa-, in der Außenpolitik ist die Kanzlerin opertativ mindestens so beteiligt wie der Außenminister.
Das hängt natürlich von dem jeweiligen Stärkeverhältnis ab. Heinrich von Brentano war nie mehr als der Erfüllungsgehilfe Adenauers. Der Außenminister Gerhard Schröder, ein "Atlantiker", versuchte hingegen eine eigene Politik zu gestalten. Willy Brandt war untere Kiesinger ein starker Außenmininister. Genscher wuchs allmählich in die Rolle hinein und wurde immer stärker. Joschka Fischer war ein extrem starker Außenminister; Schröder verstand davon ja so wenig wie von irgend etwas. Steinmeier war ein schwacher Außenminister. Westerwelle wächst immer mehr in die Rolle des schwächsten Außenministers aller Zeiten hinein.
Ähnlich in den USA: Starke Außenminister waren zB John Foster Dulles (extrem stark), Henry Kissinger, Condoleezza Rice. Die Namen der meisten schwachen sind vergessen - es gab da mal einen Dean Rusk, einen Christian Herter, einen wiehießerdochgleich Powell.
Ja, lieber Kallias, der Kanzler "bestimmt die Richtlinien der Politik"; nämlich der Politik des Kabinetts als eine der Institutionen des demokatischen Rechtsstaats. Aber er bestimmt nicht darüber, wohin sich das Land entwickelt.
Er soll seinen Laden kontrollieren, also das Kabinett. Er soll dem Land nicht sagen, nicht der Gesellschaft, was denn seine und ihre Ziele sind.
Übrigens bezeichnet in den USA "Government" sowohl den Präsidenten, als auch den Kongreß, als auch das Oberste Bundesgericht. Das, was wir die Regierung nennen, ist lediglich die Executive Branch. Darin kommt das sehr schön zum Ausdruck, was ich sagen will: Das Kabinett ist die operative Abteilung. Mehr nicht.
Ein sehr interessantes , in Deutschland aber seltsamerweise relativ unbekanntes Buch. (C. Rice war unter Bush sen. im Nationalen Sicherheitsrat für die UdSSR zuständig und dabei intensiv in die Verhandlungen zur Wiedervereinigung eingebunden). Ebenfalls m.E. viel zu wenig gewürdigt wurde in Deutschland während ihrer Amtszeit als Außenministerin, dass sie stets sehr deutsch-freundlich eingestellt war und in den USA schon sehr früh eine klare Befürworterin der Wiedervereinigung war (und mit dieser Ansicht auch auf Bush sen. Einfluss nahm, dessen Einstellung seinerseits die Haltung der zögerlichen West-Alliierten positiv beeinflusste).
Wirklich krass fand ich in ihrem Buch ihre Beurteilung von Genscher während der Wiedervereinigungsverhandlungen, den sie erkennbar eher als unklar agierenden Hemmschuh empfand. Dazu 2 Beispiele: - die amerikanische Seite hat bewusst einige Male den damaligen US-Außenminister Baker NICHT zu Verhandlungen mit der deutschen Seite mitgenommen um dadurch erreichen zu können, dass auch Genscher nicht teilnehmen konnte. Man erhoffte sich wesentlich zielführendere und effizientere Verhandlungen. - Kohls 10-Punkte-Plan hatte dieser nicht vorab mit Genscher (dem eigentlich zuständigen Fachminister!) abgestimmt und diesen nicht einmal vorab darüber informiert.
Zitat von Florian- Kohls 10-Punkte-Plan hatte dieser nicht vorab mit Genscher (dem eigentlich zuständigen Fachminister!) abgestimmt und diesen nicht einmal vorab darüber informiert.
Ja, das hat mich damals schon gewundert, als es bekannt wurde. Wenn ich mich recht erinnere, hat er die zehn Punkte noch nicht mal im Kanzleramt entwerfen lassen, sondern sie zu Hause in Oggersheim handschriftlich entworfen oder seiner Frau in die Maschine diktiert.
Warum? Ich weiß nicht, ob es dazu Literatur gibt; vermutlich. Oder hat er es selbst erläutert? Ging es ihm um absolute Geheimhaltung? Wollte er das nicht zerreden lassen? Oder war es nur Termindruck?
Was Genscher angeht, zwei Überlegungen. Zum einen ist seine indirekte, undurchsichtige Art schon kulturell Amerikanern ein Greuel, die es lieben, mit offenen Karten zu spielen. Ich kann mir gut vorstellen, daß er auf Rice als Intrigant gewirkt hat.
Das andere ist, daß in den USA ja immer wieder gemunkelt wurde, der aus der DDR stammende Genscher stehe im Dienst des KGB oder des MfS.
Was Condi Rice angeht: Ihre Deutschfreundlichkeit basierte, glaube ich, auf ihrem Antikommunismus. Wie Sie erwähnt haben, war sie damals als Expertin für den Sowjetkommunismus im Team. Sie hatte sich auch wissenschaftlich mit diesem Thema befaßt. Ihr war klar, daß eine deutsche Wiedervereinigung das Ende des Sowjetkommunismus sein würde.
Thatcher und Mitterand hatten eine andere Perspektive. Für sie kehrte mit einer Wiedervereinigung die alte Bedrohung durch Deutschland zurück. Frankreich und GB waren bei allen verbalen Beteuerungen des Gegenteils immer höchst zufrieden mit der deutschen Teilung gewesen. Von de Gaulle stammt das Wort, er liebe Deutschland so sehr, daß es ihn freue, daß es nun sogar zwei davon gebe.
Zitat von FlorianIch bin mir sicher, mit nachfolgender Beurteilung beziehe ich Prügel, u.a. von R.A.
Aber nein, ich sehe Genscher durchaus kritisch. Nicht zuletzt wegen seiner Rolle in der Partei, das war nicht immer hilfreich ...
Zitat Genscher wird überschätzt.
Sagen wir mal - er wird für die falschen Sachen geschätzt.
Genscher war ein sehr guter Innenminister. Er hat den Umweltschutz in Deutschland ganz wesentlich begründet, alle wichtigen Umweltschutzgesetze sind aus seiner Amtszeit. Danach kamen nur noch kleinere Weiterentwicklungen und massiv populistischer Unsinn.
Als Außenminister hatte er eine geniale Begabung für Vernetzung, er hatte großen Einfluß in vielen Ländern und diesen natürlich für Deutschland genutzt. Aber bei den großen Entscheidungen - genau wie von Dir beschrieben - war er nicht der zentrale Macher. Da war Kohl die absolute Führungsfigur, neben ihm einige enge Mitarbeiter. Oder auch Lambsdorff mit seinen guten atlantischen Kontakten. Genscher hat zwar die Einigungsidee immer mit voller Kraft unterstützt, auch als Parteichef, und das war natürlich wichtig - aber die Großmächte hat Kohl an Bord geholt.
Am bekanntesten ist Genscher ja durch die Szene in der Prager Botschaft geworden. Und genau da hat er eigentlich nichts Wesentliches gemacht, nur noch verkündet, was Ministerkollege Seiters (m. E. einer der wirklich unterschätzten Politiker) schon längst organisiert und verhandelt hatte. Damit ist Genscher zur Ikone geworden, nicht mit den Sachen, wo er wirklich gut war.
Zitat Kohls Leistung war es nicht, die Wiedervereinigung anzustreben, das hätte jeder Kanzler getan, der nicht pflichtvergessen gewesen wäre. Seine Leistung war das Geschick, mit dem er sie gegen den Widerstand von Thatcher und Mitterand erreicht hat.
Ihre Aussage ist richtig, aber nicht vollständig.
Zitat das hätte jeder Kanzler getan, der nicht pflichtvergessen gewesen wäre
Wenn man sich erinnert, welche Vorstellungen die damalige Opposition hatte, die war nach Ihrer Definition pflichtvergessen.
Linksgrün hatte eher die abstruse (hihi, mit diesem Wort schlagen wir eine kleine Brücke zum ursprünglichen Thema dieser Diskussion) Idee, man müsse der DDR nur genügend Zeit (und Westgeld) geben, dann würde die sich bestimmt noch zum besseren deutschen Staat mausern.
Zitat Seine Leistung war das Geschick, mit dem er sie gegen den Widerstand von Thatcher und Mitterand erreicht hat
Und gegen den von Ossi Wasserstrahl und Konsorten!
Insofern halte ich es für richtig und ehrenvoll, Kohl als Adenauers politischen Enkel zu bezeichnen. Beide haben Großes für unser Land erreicht!
Zitat Zitat von GG Art. 65 Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik
Zitat von Zettel
Zitat Er bestimmt auch die Richtlinien der Politik.
Und "Sie" bestimmt überhaupt nicht, lässt einfach treiben und guckt, was bei rauskommt
Wofür steht diese Person??? Es kann doch nicht genug sein, daß sie durch ihre Kanzlerschaft verhindert, daß die Genoss_Innen Künst, Roth, Gabriel oder Lötzsch auf diesem Posten noch mehr Unheil anrichten!
Sie meinen die Kanzlerin? Dann wäre ich Ihnen für eine etwas respektvollere Bezeichnung dankbar.
Sie steht für exakt das, wofür Adenauer gestanden hat, der in einer in mancher Hinsicht ähnlichen Situation war: Es ging um Freiheit oder Sozialismus.
Darum geht es auch heute. Solange die Kanzlerin so regiert, daß es zwar Ihnen und anderen nicht gefällt, aber hinreichend vielen Bürgern, wird dieses Land frei bleiben und prosperieren.
Fast alles, was heute Merkel vorgeworfen wird, wurde auch Adenauer vorgeworfen - er sei ideenlos, sein Regieren erschöpfe sich in Intrigen usw. Lesen Sie einmal in den Jahrgängen des "Spiegel" zwischen 1950 und Anfang der sechziger Jahre.
Er stand für dieselben Werte, für die heute Merkel steht. Wäre damals Adenauer gefallen, dann wäre Deutschland den Weg in den demokratischen Sozialismus gegangen. Würde heute Merkel fallen, dann wäre es ebenso.
Ich kann dieses Herumkritteln an Merkel nicht nachvollziehen.
Was, lieber H W, hätten wir denn von einem lupenrein konservativen CDU-Chef, der Oppositionsführer spielen dürfte? Was hätten wir von einem Kanzler Guttenberg, der in dem Amt ebenso zocken würde, wie er es jetzt getan hat?
Merkel ist keine ideale Kanzlerin. Politiker, Staatsmänner sind selten ideal. Sie ist das Beste, was Deutschland in der jetzigen Lage passieren kann.
Zitat Sie meinen die Kanzlerin? Dann wäre ich Ihnen für eine etwas respektvollere Bezeichnung dankbar.
Lieber Zettel, ich weiß ja, daß Sie Frau Merkel schätzen. Sie wissen sicher auch, wieviele despektierliche Bezeichnungen für Frau Merkel gebräuchlich sind. Ich habe mir bewußt verkniffen, eine davon zu verwenden, um Sie nicht zu verärgern. Auch wenn ich Sie erst seit kurzer Zeit kenne, ich schätze Sie sehr!
Zitat Sie steht für exakt das... ... Freiheit oder Sozialismus
Ja, Freiheit oder Sozialismus, das ist die Frage. Und ich meine sie tendiert deutlich Richtung Sozialismus.
Zitat Sie ist das Beste, was Deutschland in der jetzigen Lage passieren kann.
Vielleicht stimmt das sogar, das wäre aber doch sehr deprimierend. Sind wir wirklich so tief gesunken?
Ein wenig Hoffnung auf Besserung habe ich aber doch. Wie Herr Lammert ab und zu der offiziellen Parteilinie widerspricht, oder der Herr Schäffler von der FDP, der auf sein Amt verzichtet, weil er den Vertragsbruch "Euro-Rettungsschirm" nicht mittragen kann, das beeindruckt mich schon.
Zitat von H_WSolange die Kanzlerin so regiert, daß es zwar Ihnen und anderen nicht gefällt, aber hinreichend vielen Bürgern, ...
Genau das ist eben fraglich. Ich sagte es ja schon: Ein politischer Führer muß seinen Leuten erklären, warum er etwas macht und wieso das gut ist für Land und Leute. Nur damit kann er Loyalität bei der eigenen Mannschaft erzeugen und Wahlen gewinnen. Merkel ist dazu völlig unfähig. Und in den letzten Jahren hat die Union massiv bei Wahlen verloren, das ist mit den üblichen Effekten (Landtagswahlbonus für die Bundesopposition) nicht mehr zu erklären.
Zitat Er stand für dieselben Werte, für die heute Merkel steht.
Keiner weiß, ob Merkel überhaupt für irgendwelche Werte steht. Weder ihren Worten noch ihren Taten kann man das entnehmen. Sie hat einmal versucht, für Werte zu stehen (mit dem Reformprogramm von 2005) und das sofort über Bord geworfen, als Gegenwind kam. Es ist Ihre persönliche Hoffnung, daß Merkel für Werte steht - Belege gibt es dafür m. E. nicht.
Zitat:Würde heute Merkel fallen, dann wäre es ebenso.
Besser Merkel fällt, als daß die bürgerliche Regierung fällt. Momentan sieht es danach aus, daß ihr Weiterwurschteln in eine größere Wahlniederlage 2014 führen wird. Die Bundesratsmehrheit hat sie schon vermurkst, damit sind nur noch begrenzt Reformansätze möglich. Inzwischen muß man sich fast fragen, ob wir "nur" mit rot/grün rechnen müssen, oder ob uns Merkels Mißerfolg gleich die Volksfront beschert.
Zitat von R.A.Besser Merkel fällt, als daß die bürgerliche Regierung fällt.
Wer wäre aus Ihrer Sicht der bessere Kanzler, lieber R.A.?
Ich hätte Schäuble jederzeit Merkel vorgezogen; er war der natürliche Nachfolger Kohls und wäre ein zweiter Helmut Schmidt geworden. Aber er geriet in eine Intrige.
Thomas de Maizière, der zweite ausgezeichnete Mann im Kabinett, ist ein Beamter und kein Politiker; stellen Sie sich mal die Begeisterung vor, die er mit flammmenden Reden entzünden würde!
Ursula von der Leyen vereint in sich alles das, was an Merkel kritisiert wird. Sie wäre eine zweite Merkel, nur schlechter.
Koch hat sich verabschiedet, der auch noch eine gute Option gewesen wäre.
Zitat von ZettelWer wäre aus Ihrer Sicht der bessere Kanzler, lieber R.A.?
Das ist erst einmal nicht die Frage! Wenn ich sage: "Merkel ist eine schlechte Kanzlerin", dann heißt das nicht, daß ich derzeit bessere Kandidaten sehe. Und umgekehrt ist ihre Einschätzung, Merkel wäre eine gute Kanzlerin (oder gar, Gott behüte, auf dem Niveau von Kohl oder Adenauer) auch unabhängig vom bestehenden Personal-Tableau der Union.
Wenn wir uns darauf einigen könnten: "Merkel ist eine schlechte Kanzlerin - aber es ist nichts Besseres zu kriegen", dann wäre das zwar deprimierend, aber mit solchen Realitäten müßte man dann halt leben.
Wobei ich nicht ganz so pessimistisch wegen potentieller Nachfolger wäre. Die Erfahrung zeigt, daß dann, wenn eine Nachfolge konkret ansteht, meist mehr Optionen zur Verfügung stehen als wenn das nur abstrakt diskutiert wird. Richtig ist natürlich, daß das Bundeskabinett im Bereich der Union derzeit eine traurige Versammlung darstellt. Was nun auch wieder mit bewußter Personalpolitik Merkels zu tun hat. "First class men hire first class men, second class men hire third class men" - eines ihrer wenigen Talente liegt ja darin, jede potentielle Konkurrenz klein zu machen.
Ein Nachfolger müßte aber nicht aus dem Kabinett kommen. Wenn das Kanzleramt ruft, würde sich z. B. Koch oder Merz m. E. nicht taub stellen.
Zitat von ZettelWer wäre aus Ihrer Sicht der bessere Kanzler, lieber R.A.?
Das ist erst einmal nicht die Frage!
Hm, Sie hatten geschrieben "Besser Merkel fällt, als daß die bürgerliche Regierung fällt". Impliziert das nicht eine bürgerliche Regierung, die ohne Merkel besser wäre?
Und dann stellt sich doch die Frage, mit wem als Kanzler, oder nicht?
Nein, wir können uns nicht darauf einigen, daß Merkel eine schlechte Kanzlerin ist. Adenauer und auch Kohl wurden auf die gleiche Weise kritisiert. Nur Schröder, ja der gab die Richtung vor, der formulierte Ziele. Die ökologische Erneuerung der Industriegesellschaft!
Merkel hat eine andere Eigenschaft; vielleicht schreibe ich dazu einmal etwas: Sie buhlt nicht um unsere Gunst. Völlig atypisch für einen Politiker. Sie ist vollkommen sachlich. Normalerweise schafft man es damit nicht einmal bis zum Vorsitzenden des Ortsvereins.
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