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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 97 Antworten
und wurde 4.320 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2 | 3 | 4
lois jane Offline



Beiträge: 662

21.05.2011 09:57
#76 RE: Wer ist eigentlich für seine Handlungen verantwortlich? Antworten

Zitat von R.A.

Zitat von lois jane
Ein bloßer zynischer Zirkelschluß ...


Aber nein, einfach nur eine Beschreibung der Realität.




Der zynische "Realist" betrachtet immer seine dunkelschwarze Weltsicht als die bloße Beschreibung der Realität.

Wie kommen Sie aber zu der Aussage, die Palis hätten nie Friende gewollt. Auch 1994 nicht?

Nicht alle natürlich, Radikalinskis gab es immer und wird es immer geben. Wie sich aber die Gewichte verschieben, wird durch die Ereignisse beeinflußt.

Zitat
Aber wenn man eine Nahost-Lösung will, dann muß man sich die Motive der Handelnden natürlich anschauen. Die Pali-Führung profitiert von der derzeitigen Situation und müßte befürchten, sich bei einer Friedenslösung massiv schlechter zu stellen. Da ist es doch ganz verständlich, daß sie so agiert wie sie es seit Jahren tut. Wenn man eine Veränderung dieser Situation will, muß man diese Motive mit einbeziehen. Und entweder die Pali-Führung rausdrängen (was wohl unrealistisch ist) oder aber deren Interessen mit einbeziehen.



Dem kann ich zustimmen. Ja, man muß sie miteinbeziehen, sie aber auch gleichzeitig - immer so weit möglich!!! - zum Frieden drängen. Auch im Interesse Israels.


Zitat
Ich habe nicht meine persönliche Präferenz dargestellt, sondern schlicht das geltende Völkerrecht.



Das geltende Völkerrecht beruht auf Souveränität von Völkerrechtssubjekten, nicht auf dem Recht des Stärkeren.

Zitat
Richtig. Deswegen erwarte ich ja auch nicht, daß Israel eine Maximallösung durchzusetzen versucht.



Nur kommt es eben darauf an, sich nicht selbst etwas vorzumachen und zu denken, wenn man überhaupt einen Pali-staat in einem Teil der PLG zuläßt, habe man schon "großzügige Zugeständnisse" (wie es Netanjahu ausdrückte) gemacht. (Ich sehe eine solche Haltung auch in Argumentationen, die lange aufzählen, warum nun diese Siedlung bleiben muß und jene Siedlung bleiben mu0.) Entscheidend ist am Ende, daß dies auch von der anderen Seite akzeptiert wird. Und genau das war mein Punkt: Israel kann den Frieden nicht diktieren. Könnte es dies, wären Begin, Scharon und Netanjahu (wenn es letzterer denn tut) ja nie auf Friedenspfaden gewandelt.

Zitat
Umgekehrt haben die Palis aber Null Anspruch auf irgendein konkretes Gebiet oder eine spezielle Grenzziehung.



Die Palis haben genauso Anspruch auf Selbstbestimmung wie die Israelis.

Zitat
Man sollte eine Grenze wählen, die einen halbwegs vernünftig geschnittenes Gebiet ergibt, das die Masse der palästinensischen Bevölkerung umfaßt. Irgendwelche Linien von 1948 sind da überhaupt nicht hilfreich oder vorbildlich.



Zum ersten wolle Zustimmung. Zum zweiten: aber irgendwo muß man doch die Verhandlungsbasis setzen. Und die Grenzen von vor 1967 sind ja nunmal allgemein anerkannt, auch (ich wiederhole mich) von Israel (wiederum mit zwei Ausnahmen).

Eine Verhandlungsbasis ist ja noch nicht das Ergebnis.

Zitat
Natürlich gibt es seltene Ausnahmen, bei denen ein neuer Krieg exakt die Grenzziehung eines vorherigen korrigiert (so wie 1918 1871 korrigiert hat). Aber meistens geht die Geschichte weiter, neue Konflikte und neue Fragen kommen auf - und wenn es dann zu neuen Grenzziehungen kommt, dann gehen die wieder ganz woanders lang und berücksichtigen nicht mehr irgendwelche Altzustände.



Aber ohne beiderseitige Akzeptanz ist es nicht haltbar. Eben wieder siehe 1871 und 1918.

Zitat
Es geht hier nicht (Golan ausgenommen) um etwaige Verhandlungen über Rückgabe der Gebiete an Ägypten oder Jordanien ...


Das ist nicht gesagt.
Es ging eine Zeitlang durchaus um eine solche Rückgabe. Dann kam die Idee eines Palästinenser-Staats auf. Diese Idee kann man aber auch wieder beiseite legen, wenn die Palis nachhaltig nichts auf die Reihe kriegen.[/quote]

Natürlich könnte man (was aber eine Wiederholung des Unrechts von 1948 wäre) - was ist denn bitteschön die Alternative? Eine Rückgabe an Jordanien bestimmt nicht. Natürlich könnte man sich eine Art Kondominium vorstellen, aber das wäre dann letztlich doch ein Palistaat.

Zitat
Im Falle Gaza wäre eine Rückkehr zu Ägypten wahrscheinlich gar nicht die dümmste Idee. Ein gemeinsamer Staat mit dem getrennten Westjordanland ist ohnehin schwierig, eigentlich schon gescheitert.



Weshalb ich ja auch eine Mehrstaatenlösung bevorzuge, sprich Gaza für sich (ägyptisch oder nicht), Westbank für sich. Könnte man ja locker konföderieren.

Zitat

Zitat
die in diesen Gebieten lebenden Menschen, die ja wohl grundsätzlich das Recht haben, in ihrer Heimat ihre Belange selbst zu gestalten


Ihre privaten Belange schon, aber nicht umbedingt die staatliche Gliederung der ganzen Region.




Ich sehe das als eine bottom-up-Sache: zuerst das private, dann das lokale und erst am ende das "nationale".


Zitat

Zitat
Die Palästinensergebiete aber gehören nicht zu einem erst in den 20ern konstruierten Jordanien oder Syrien. Und eine arabische Nation hat es nie gegegeben.


Jein. Als das Mandatsgebiet aufgeteilt wurde, war zwar die Gründung eines jüdischen Staates klar, nicht aber der Status der arabischen Gebiete. Die Nachbarstaaten haben auf diese Ansprüche erhoben, sie auch 20 Jahre in Besitz gehabt, und das wurde allgemein anerkannt.




Das ist nicht die ganze Warhheit. Die Briten haben den Juden eine nationale Heimstaat im Heiligen Land versprochen, aber den "Arabern" auch gegenteilige Versprechungen gemacht. Man kann nicht immer mit Berufung auf Balfour die höhere Legitimität eines jüdischen Staates postulieren.

Die Verhältnisse in der Region sind alle jüngeren Datums, post 1918. Und da scheitert jeder Schlesienvergleich.

Zitat
Kein Trick, sondern ein Versuch (von mehreren möglichen) der Strukturierung. "Die Araber" gibt es ja als Gruppe durchaus, sie sehen sich auch selber als Volk, und die etwas willkürlich entstandene Aufteilung in Syrer, Libanesen, Jordanier etc. hilft auch nicht weiter.



Aber eine untaugliche Strukturierung.

1. Dient sie oftmals zu schiefen Vergleiche wie "die Araber haben doch schon so viel Gebiet, Israel aber ist so klein" - nur nützt das XY aus Ramallah, der gerne in seiner Heimat frei leben will, nichts.

2. Eine arabische Nation ist eine Erfindung des 20. Jahrhunderts von seiten christlicher Araber, die via Nationalismus auch mal voll dabei sein wollten. Davor gab es die islamische Ummah (wobei sich hier arabische Moslems von Nicht-Arabern abgegrenzt haben) und andere ethno-religiöse Gruppen.

Zitat
Der XY ist aber kein Staat, der hat nichts mit irgendwelchen Grenzlinien zu tun.



Er hat es aber, wenn hier munter zwischen Staaten hin- und hergeschoben wird. Und er sollte letztlich das Ziel einer politischen Lösung sein. Ebenso natürlich auch AB aus Tel Aviv.

Zitat
Das wäre dann sehr tragisch für die Hamburger gewesen. Aber leider wäre das ein nicht unüblicher Fall gewesen, Krieg und seine Folgen ist eben bitter.
Ich hätte den Hamburgern aber trotzdem nicht empfohlen, sich über Generationen in Flüchtlingslagern einzurichten und Kinder, Enkel und Urenkel zur Revanche aufzuziehen und als Selbstmordattentäter nach Paris zu schicken.



Hätten Sie also nicht. Aber was hätten sie denn nun?

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lois jane Offline



Beiträge: 662

21.05.2011 09:59
#77 Wer nichts versucht, erreicht auch nichts... Antworten

Und dennoch muß man es so gut es geht versuchen.

Mit ihrer Haltung wird es nie etwas werden, denn sie begnügen sich mit der Diagnose, daß es eh nicht ginge. Und das ist eien selbsterfüllende Prophezeiung.

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lois jane Offline



Beiträge: 662

21.05.2011 10:01
#78 RE: Wer ist eigentlich für seine Handlungen verantwortlich? Antworten

Zitat von Zettel

Zitat von Malte
Die Gleichsetzungen der deutschen Vertriebenen mit den palästinensischen sind ohne wenn und aber zutreffend.

Es gibt keine palästinensischen Vertriebenen.




Es gab 1948 sehr wohl palästinensische Vertriebene so wie es auch jüdisch-israelische Vertriebene gab.

Was sollen solche apodiktischen Aussagen, noch dazu wenn sie falsch sind?!

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lois jane Offline



Beiträge: 662

21.05.2011 10:08
#79 RE: Wer ist eigentlich für seine Handlungen verantwortlich? Antworten

Zitat von Malte

Zitat von Malte

Zitat von lois jane

Ihr Vergleich stimmt, was das Verhalten in punkto Flüchtlinge angeht, hinkt aber auf den Gesamtkonflikt. Schlesien war nunmal einige Jahrhunderte Teil Deutschlands.


Zitat von Gansguoter

Zitat
Sicher?



Ja, sicher. Wie weit wollen's denn zurück? Seit 1740 preußische Provinz, vorher zu Österreich / Habsburg; Teil des Heil. Röm. Reiches seit dem Mittelalter.


Genau. Von Deutschland ist in Ihrer Aufzählung keine Rede.

Mit dem gleichen Recht, mit dem die fiktive Palästinensernation das Rückkehrrecht einklagt, könnten das die Angehörigen der Schlesiernation machen.
Die Gleichsetzungen der deutschen Vertriebenen mit den palästinensischen sind ohne wenn und aber zutreffend.




Um mal die historischen Fakten in Erinnerung zu rufen:

Schlesien begann um 1000 als Teilherzogtum der polnischen Piasten, war zwischen diesen und Böhmen umstritten und fiel schließlich im 14. Jahrhundert an Böhmen.

Böhmen war damals Teil des deutschen Königreichs im Heiligen Römischen Reich. Mit Böhmen fiel es 1437 bzw. 1526 an die Habsburger.

Nach 1740 wurde der größte Teil Schlesiens von Preußen erobert und blieb bis 1945 preußisch, ab 1871 innerhalb des Deutschen Reichs.

Schlesien war also vom Mitte 14. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts Teil Deutschlands, das sind 600 Jahre.

(Siehe z.B. hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Schlesien)

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Malte ( gelöscht )
Beiträge:

21.05.2011 10:09
#80 RE: Wer ist eigentlich für seine Handlungen verantwortlich? Antworten

Zitat von Zettel

Zitat von Malte
Die Gleichsetzungen der deutschen Vertriebenen mit den palästinensischen sind ohne wenn und aber zutreffend.

Es gibt keine palästinensischen Vertriebenen.


Ich sehe jetzt nicht, ob Ihr "keine" sich auf "palästinensische" oder "Vertriebene" bezieht.
Aber es ist unstrittig, dass im Zuge des Krieges 1948 Araber vertrieben wurden, ebenso wie 1945 Deutsche aus den Ostgebieten vertrieben wurden. Im ersten Fall war die Vertreibung nicht so brutal wie im zweiten, aber es gab Vertreibung. Das ist nicht verwunderlich. Krieg ist brutal; und die Juden haben den Krieg nicht angefangen.
Nur der Umgang damit ist unterschiedlich. Es gibt keine Schlesier, die in Zelten an der Oder leben und Polen mit Raketen angreifen. Und ein Rückkehrrecht fordern nur noch so wenige, dass die für die Politik keine Bedeutung mehr haben.

Malte ( gelöscht )
Beiträge:

21.05.2011 10:14
#81 RE: Wer ist eigentlich für seine Handlungen verantwortlich? Antworten

Zitat von lois jane
Um mal die historischen Fakten in Erinnerung zu rufen: [...]

Die kenne ich.
Mir ging es darum, dass Ihrer Meinung nach für die schlesischen Deutschen in Deutschland genügend Platz ist, aber für die palästinensischen Araber in Arabien nicht.
Natürlich gehörte Schlesien seit Menschengedenken zum deutschen Kulturraum, so wie Palästina zum arabischen.
Warum ist für die Schlesier in Deutschland genug Platz, für die Palästinenser im arabischen Raum nicht?

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

21.05.2011 10:17
#82 RE: Wer ist eigentlich für seine Handlungen verantwortlich? Antworten

Zitat von Malte

Zitat von Zettel

Zitat von Malte
Die Gleichsetzungen der deutschen Vertriebenen mit den palästinensischen sind ohne wenn und aber zutreffend.

Es gibt keine palästinensischen Vertriebenen.


Ich sehe jetzt nicht, ob Ihr "keine" sich auf "palästinensische" oder "Vertriebene" bezieht.
Aber es ist unstrittig, dass im Zuge des Krieges 1948 Araber vertrieben wurden, ebenso wie 1945 Deutsche aus den Ostgebieten vertrieben wurden.


Das ist keineswegs unstrittig.

Die Vertreibung der Deutschen aus Polen war ein offizielles Programm, beschlossen von den Großen Drei (wenn ich mich recht erinnere, in Jalta); als logischer Bestandteil der "Westverschiebung Polens". Für die Vertreibung aus der CSSR gab es meines Wissens ein solches offizielles Programm nicht (ich kann mich aber irren); sie fand aber faktisch statt.

Eine Vertreibung von Arabern aus Israel hat es nie gegeben; weder als Programm noch faktisch. Ein Teil der Araber ist geblieben; ein Teil ist wegen des Kriegs geflohen, teils auch aufgrund der Greuelpropaganda von Seiten der arabischen Staaten. Die "Vertreibung" ist ein Propagandamärchen.

Herzlich, Zettel

Gansguoter Offline



Beiträge: 988

21.05.2011 10:18
#83 RE: Wer ist eigentlich für seine Handlungen verantwortlich? Antworten

Zitat
Hätten Sie also nicht. Aber was hätten sie denn nun?



Man muss sich auch damit arrangieren, dass man durch historische Ereignisse, auch durch historische Ungerechtigkeiten nicht dort lebt und leben kann, wo man es vielleicht gerne würde. Meine Mutter und Großeltern sind aus Schlesien vertrieben. Für meine Großmutter war die Vertreibung schreiendes Unrecht, das ihr das Herz gebrochen hat, meine Mutter, wiewohl damals Kind, hat bis heute ein grundlegendes Misstrauen gegen alles, was mit Polen zu tun hat, sieht sich als Opfer eines Vertreibungsverbrechens - aber sie und ich und alle haben anerkannt, dass wir uns damit abfinden müssen, so traurig ist für die direkt betroffen auch ist. Und weder meine Oma noch meine Mutter haben je dazu aufgefordert, nun die Polen seinerseits zu vertreiben, sie haben mich nicht im Hass auf Polen erzogen, und in mir ist auch nicht der Wunsch, nach Oberschlesien zurückzukehren oder dies für Deutschland zu fordern. Und noch weniger ist irgendjemand auf die Idee gekommen, er müsste einen Sturm auf die polnischen Grenzen organisieren oder sich in Breslau in einem Bus in die Luft in sprengen.

Auch die Palästinenser müssen sich abfinden mit dem, was in den letzten 70 Jahren passiert ist und für das v.a. ihre politischen Führer die Verantwortung tragen. Und dazu gehört auch, dass sie sich mit dem Verlust ihres Häuschens in Haifa oder Jaffa oder wo immer abfinden müssen, so wie sich 12 Mio. deutsche Vertriebene und viele Mio. deutsche Vertriebenennachkommen mit dem Verlust ihrer Häuschen, ihrer Pelzmäntel, ihres Silberbestecks und ihrer Gartenlauben in Hirschberg, Breslau, Stettin, Glatz, KÖnigsberg und Danzig haben abfinden müssen. Da kann man trauern, v.a. über den Verlsut von Kultur(gütern), aber dann richtet man sich in der neuen Heimat ein und schaut nach vorne. Und genau das müssen auch die Palästinenser leisten. Und im Zweifel muss XY irgendwo in der Westbank eben unter israelischer Herrschaft leben, so wie auch abertausende deutsche Bergleute in Oberschlesien nicht vertrieben wurden, sondern sich unter polnischer Herrschaft einrichten mussten und dort noch immer leben.

Das Leben ist nicht immer gerecht. Aber damit muss man sich abfinden.

Gansguoter Offline



Beiträge: 988

21.05.2011 11:02
#84 RE: Wer ist eigentlich für seine Handlungen verantwortlich? Antworten

Zitat
Eine Vertreibung von Arabern aus Israel hat es nie gegeben; weder als Programm noch faktisch. Ein Teil der Araber ist geblieben; ein Teil ist wegen des Kriegs geflohen, teils auch aufgrund der Greuelpropaganda von Seiten der arabischen Staaten. Die "Vertreibung" ist ein Propagandamärchen.



Lokal begrenzt hat es meines Wissens auch Vertreibungen gegeben. Nicht als Programm, nicht in großem Umfang, wie von einigen behauptet, aber dass auch Vertreibungen vorgekommen sind, wird man zumindest nicht ausschließen können. Manchmal sind die Grenzen zwischen Flucht und Vertreibung auch fließend.

Vor einem Vierteljahr hatte ich Gelegenheit, an eienr Geschichtsstunde einer Abiturklasse in Tel Aviv teilzunehmen. Da ging es auch um die Flüchtlingsfrage. Mit völliger Selbstverständlichkeit sagte der Geschichtslehrer, ein früherer Fallschirmjägeroffizier, dass es 1948/49 Flucht gab und Flucht in Erwartung, wiederzukommen mit den siegreichen arabischen Armeen und auch Vertreibungen. "Wie viele Araber damals geflohen sind und wie viele vertrieben wurden, das ist anhand der Quellen, die es gibt, nicht im Einzelnen zu beziffern. Es tut aber auch nichts zu Sache; wir wissen, dass es beides gab, dass auf beiden Seiten Unrecht geschehen ist - aber das ändert nichts daran, dass eine Lösung jetzt nicht darin besteht, einfach alles rückgängig zu machen, indem jeder dahin zurückkehrt, von wo seine Großeltern stammen", sagte der Lehrer sinngemäß im Unterricht. Er verwies dann auch auf das Beispiel der 12 Mio. vertriebenen Deutschen, denen auch Unrecht geschehen sei, die aber gleichwohl in Deutschland integriert worden sind und die heute nicht mehr als Gruppe in Erscheinung treten. Nur so sei auch das Problem der palästinensischen Flüchtlingsnachkommen zu lösen, durch Integration in die arabischen Länder. So wie auch Israel 750.000 vertriebene und/oder geflohene Juden aus arabischen Ländern integriert hat.

Malte ( gelöscht )
Beiträge:

21.05.2011 11:27
#85 RE: Wer ist eigentlich für seine Handlungen verantwortlich? Antworten

Zitat von Zettel

Zitat von Malte

Zitat von Zettel

Zitat von Malte
Die Gleichsetzungen der deutschen Vertriebenen mit den palästinensischen sind ohne wenn und aber zutreffend.

Es gibt keine palästinensischen Vertriebenen.


Ich sehe jetzt nicht, ob Ihr "keine" sich auf "palästinensische" oder "Vertriebene" bezieht.
Aber es ist unstrittig, dass im Zuge des Krieges 1948 Araber vertrieben wurden, ebenso wie 1945 Deutsche aus den Ostgebieten vertrieben wurden.


Das ist keineswegs unstrittig. […]


Lieber Zettel,
jahrelang habe ich dieser Frage hinterhergegoogelt. Mühsam bei so einem Thema die Fakten von den Fiktionen zu trennen, die Wahrheit von der Propaganda.
Im Ergebnis kam ich zu dem Schluss, dass es im Zuge der Kriegshandlungen zu Vertreibungen kam. Die Araber in Palästina waren Kriegspartei. Man muss nicht die Logik verletzen um anzunehmen, dass die von den Arabern aus P-Dorf angegriffenen Juden in J-Dorf irgendwann klar Schiff gemacht haben. Wäre ja Wahnsinn wenn die Juden sagten: „so, meine lieben palästinensischen Feinde, Ihr habt hier die Juden massakriert, Ihr habt die Ernte in Brand gesteckt, Eure Heckenschützen schießen nach wie vor auf unsere Bauern, aber wir werden die Status Quo aufrechthalten.“

Tut mir leid, dass ich keine Links gesammelt habe; ich habe nicht geahnt das mal beweisen zu müssen.
Lassen wir einen sprechen, an dessen Aufrichtigkeit und Sachkenntnis (auch wenn man seiner Wertung nicht immer zustimmen muss) ich nicht zweifle und der unverdächtig ist irgendeiner obskuren „Friedensbewegung“ anzugehören

Zitat von Broder
Ebenso steht außer Frage, dass die Palästinenser aus ihrer Heimat vertrieben wurden, egal ob sie "freiwillig" gingen, um den Kämpfen aus dem Weg zu gehen, oder ob sie von der jüdischen "Selbstwehr" mit Gewalt dazu gebracht wurden, ihre Dörfer zu verlassen. Es war Krieg, und im Krieg gibt es keine Entscheidungen auf der Basis des freien Willens.


Meine Meinung habe ich hier zum besten gegeben. Ich stelle fest, dass andere das anders sehen. Wir haben es hier mit einer Frage zu tun, auf die wir keine endgültige Antwort finden werden. Sollte hier jemand neue Beweise einführen, werde ich die dankbar annehmen. Bis dahin werde ich mich aus dieser Diskussion raushalten.

Gansguoter Offline



Beiträge: 988

21.05.2011 12:50
#86 RE: Wer ist eigentlich für seine Handlungen verantwortlich? Antworten

Zitat
Im Ergebnis kam ich zu dem Schluss, dass es im Zuge der Kriegshandlungen zu Vertreibungen kam.



Das ist sich der wesentliche Punkt und vielleicht auch das, worauf Zettel letztlich abgezielt hat: Die Vertreibung der Deutschen aus Böhmen, Schlesien etc. erfolgte Wochen oder Monate nach Kriegsende, war planmäßig organisiert und wurde ebenso planmäßig durchgeführt aufgrund einer Entscheidung der Machthaber.

Vertreibungen von Arabern erfolgten 1948/49, so es sie gab, im unmittelbaren Zusammenhang mit Kriegshandlungen, so dass Flucht und Vertreibung hier auch nur unscharf zu trennen sind. Anders als in Osteuropa war die offizielle Haltung der Israelis, dass die Araber bleiben sollten. So auch die Unabhängigkeitserklärung und auch Aufrufe der israelischen Verantwortlichen an die Araber, etwa in Haifa.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

21.05.2011 17:44
#87 RE: Wer ist eigentlich für seine Handlungen verantwortlich? Antworten

Zitat von Gansguoter
Die Vertreibung der Deutschen aus Böhmen, Schlesien etc. erfolgte Wochen oder Monate nach Kriegsende, war planmäßig organisiert und wurde ebenso planmäßig durchgeführt aufgrund einer Entscheidung der Machthaber.

Vertreibungen von Arabern erfolgten 1948/49, so es sie gab, im unmittelbaren Zusammenhang mit Kriegshandlungen, so dass Flucht und Vertreibung hier auch nur unscharf zu trennen sind.

Ja, genau das meinte ich. Die Analogie besteht nicht zu den planmäßigen Vertreibungen von Deutschen, sondern zu der Flucht von Deutschen beispielsweise aus Ostpreußen. Wobei allerdings die Rote Armee ungleich grausamer gegen die Zivilbevölkerung vorgegangen ist als jemals die Haganah, auch wenn es sicher Übergriffe gegeben hat.

Ich habe mir jetzt einmal den sehr gründlichen Wikipedia-Artikel angesehen. Er dokumentiert vor allem, wie anders, die Kontroversen der Historiker. Offenbar ist es angesichts des fortbestehenden Konflikts noch zu früh für eine Historisierung.

Herzlich, Zettel

lois jane Offline



Beiträge: 662

04.06.2011 17:25
#88 RE: Wer ist eigentlich für seine Handlungen verantwortlich? Antworten

Zitat von Zettel

Zitat von Gansguoter
Die Vertreibung der Deutschen aus Böhmen, Schlesien etc. erfolgte Wochen oder Monate nach Kriegsende, war planmäßig organisiert und wurde ebenso planmäßig durchgeführt aufgrund einer Entscheidung der Machthaber.

Vertreibungen von Arabern erfolgten 1948/49, so es sie gab, im unmittelbaren Zusammenhang mit Kriegshandlungen, so dass Flucht und Vertreibung hier auch nur unscharf zu trennen sind.

Ja, genau das meinte ich. Die Analogie besteht nicht zu den planmäßigen Vertreibungen von Deutschen, sondern zu der Flucht von Deutschen beispielsweise aus Ostpreußen. Wobei allerdings die Rote Armee ungleich grausamer gegen die Zivilbevölkerung vorgegangen ist als jemals die Haganah, auch wenn es sicher Übergriffe gegeben hat.

Ich habe mir jetzt einmal den sehr gründlichen Wikipedia-Artikel angesehen. Er dokumentiert vor allem, wie anders, die Kontroversen der Historiker. Offenbar ist es angesichts des fortbestehenden Konflikts noch zu früh für eine Historisierung.




Mag ja alles richtig sein, daß es Unterschiede zwischen den verschiedenen Vertreibungen gab (1948 aber dann auf beiden Seiten).

Nur Vertreibungen bleiben sie dennoch. Eine Rückkehr aller oder der meisten ist ja auch in beiden Fällen illusorisch und nicht friendensförderlich.

Der einzige Unterschied liegt darin, daß wir Deutschen haben das schon länger begriffen haben, die Palis halt noch nicht. Aber vertrieben wurde in beiden Fällen.

Insofern ist das einzige "Propagandamärchen" ein Aussage wie eben7

Zitat
Eine Vertreibung von Arabern aus Israel hat es nie gegeben ...



"Ein Teil ist geblieben" wiederlegt nicht, daß andere geflohen wurden. Es ist eine beliebte Übung, von "Flucht" zu reden, aber wenn diese durch Kriegshandlungen der Gegenseite bedingt ist, dann ist sie von Vertreibung kaum noch zu unterscheiden. Von Genozid reden wir ja nicht.

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lois jane Offline



Beiträge: 662

04.06.2011 17:37
#89 RE: Wer ist eigentlich für seine Handlungen verantwortlich? Antworten

Zitat von

Zitat von lois jane
Um mal die historischen Fakten in Erinnerung zu rufen: [...]

Die kenne ich.
Mir ging es darum, dass Ihrer Meinung nach für die schlesischen Deutschen in Deutschland genügend Platz ist, aber für die palästinensischen Araber in Arabien nicht.
Natürlich gehörte Schlesien seit Menschengedenken zum deutschen Kulturraum, so wie Palästina zum arabischen.
Warum ist für die Schlesier in Deutschland genug Platz, für die Palästinenser im arabischen Raum nicht?




Es wird durch Wiederholung nicht besser.

Kann man auch sagen, für die Schlesier ist in Europa genug Platz. Oder in der Welt. Denn das ist die wirkliche Parallele. Rest-Deutschland, auf die Palis übertragen, sind eben die sehr begrenzten Gebiete in der Westbank und Gaza, Europa wäre die ganze "arabische Welt".

Adalmesih aus Jericho ist ebennicht in Medina oder Damaskus daheim, sondern in Jericho.

Außerdem das die Schlesier nicht zurückkönnen ist nicht etwa "richtig so" sondern halt nunmal ein Fakt. In Ihrer Argumentation wird es aber nur Norm, die zu gelten hat hochstilisiert. Die Palis können auch nicht nach Israel zurück, so sehr man doch wohl verstehen kann, daß sie es gerne wollen. Auch das ein Fakt. Aber will man ihnen jetzt auch noch Rest-Palästina nehmen, weil die "Arabische Welt" ja sooooo groß ist.

Die Hamas tut es genauso: für sie sind die Juden Einwanderer aus dem Westen, die dorthin zurück sollen. Der Westen ist groß, da muß man doch nicht unbedingt in Palästina.... Doch ... muß man!!! Muß man zumindest dürfen.

Einen "arabischen Kulturraum" gibt es gar nicht "seit Menschengedenken" sondern in diesem Sinne erst seit 1918. Davor gab es das Osmanische Reich und die Islamische Welt. "Palästinensische Christen" (und die sind unter sich auch keine Einheit) gehörten da nicht dazu, man sollte sie also nicht einfach als Araber subsumieren. Und der Versuch via Arabischen Nationalismus (siehe Baath) endlich "dazuzugehören" kann ja wohl als gescheitert ansehen.

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Zettel Offline




Beiträge: 20.200

04.06.2011 18:41
#90 RE: Wer ist eigentlich für seine Handlungen verantwortlich? Antworten

Zitat von lois jane
Es ist eine beliebte Übung, von "Flucht" zu reden, aber wenn diese durch Kriegshandlungen der Gegenseite bedingt ist, dann ist sie von Vertreibung kaum noch zu unterscheiden. Von Genozid reden wir ja nicht.

Dem widerspreche ich entschieden, liebe Lois Jane.

Daß die Bevölkerung aus Kriegsgebieten flieht, ist ein (leider) normaler Vorgang. Man will der Gefahr entkommen, auch Greueltaten des Feindes. Für sich genommen ist das noch keine Vertreibung.

Eine Vertreibung liegt dann vor, wenn die Behörden eines Landes die Politik verfolgen, eine bestimmte Bevölkerung oder einen Teil davon aus einem Siedlungsgebiet zu entfernen. Das ist es, was man heute "ethnische Säuberungen" nennt. Greueltaten an der Bevölkerung können ein Mittel dazu sein; müssen es aber nicht. In der CSSR waren sie ein Mittel; die Deutschen in Polen wurden größtenteils "ordnungsgemäß" ausgewiesen; dh man sagte ihnen, bis wann sie das Land verlassen mußten.

Wie das im ersten israelisch-arabischen Krieg war, ist ja in diesem Thread ausgiebig dargelegt worden. Es gab in der zweiten Phase des Kriegs vereinzelt Vertreibungen; aber die jüdischen Behörden verfolgten keine Vertreibungspolitik. Die meisten Araber, die flohen, taten das aus Angst vor dem Krieg. Dabei spielte die arabische Greuelpropaganda eine erhebliche Rolle.

Herzlich, Zettel

lois jane Offline



Beiträge: 662

07.06.2011 10:15
#91 RE: Wer ist eigentlich für seine Handlungen verantwortlich? Antworten

Zitat von Zettel

Zitat von lois jane
Es ist eine beliebte Übung, von "Flucht" zu reden, aber wenn diese durch Kriegshandlungen der Gegenseite bedingt ist, dann ist sie von Vertreibung kaum noch zu unterscheiden. Von Genozid reden wir ja nicht.

Dem widerspreche ich entschieden, liebe Lois Jane.

Daß die Bevölkerung aus Kriegsgebieten flieht, ist ein (leider) normaler Vorgang. Man will der Gefahr entkommen, auch Greueltaten des Feindes. Für sich genommen ist das noch keine Vertreibung.




Ein Unterschied besteht aber dann, wenn es in diesem Krieg eben genau darum geht, für die eine oder andere Seite Siedlungsgebiete zu erobern, zu halten oder zurückzuerobern.

Zitat
Wie das im ersten israelisch-arabischen Krieg war, ist ja in diesem Thread ausgiebig dargelegt worden. Es gab in der zweiten Phase des Kriegs vereinzelt Vertreibungen; aber die jüdischen Behörden verfolgten keine Vertreibungspolitik. Die meisten Araber, die flohen, taten das aus Angst vor dem Krieg. Dabei spielte die arabische Greuelpropaganda eine erhebliche Rolle.



Dem kann ich sogar zustimmen:

1. Es gab Vertreibungen, aber es war nicht israelische Politik.

Was etwas anderes ist als "Es hat keine Vertreibungen gegeben."

2. Manche Palästinenser flohen, weil sie Angst vor Vertreibung oder Schlimmerem hatten, weil ihnen Greuelpropaganda das vermittelt hat.

Was wiederum etwas anderes ist als "Die Vertreibungen sind Greuelpropaganda."
Nicht die Vertreibungen sind Greuelpropaganda sondern Greuelpropaganda motivierte 1948 manche Palästinenser zur Flucht.

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R.A. Offline



Beiträge: 8.171

07.06.2011 10:34
#92 RE: Wer ist eigentlich für seine Handlungen verantwortlich? Antworten

Zitat von lois jane
Ein Unterschied besteht aber dann, wenn es in diesem Krieg eben genau darum geht, für die eine oder andere Seite Siedlungsgebiete zu erobern, zu halten oder zurückzuerobern.


Unterschied?
Es gab nur ganz wenige Kriege in der ganzen Menschheitsgeschichte, in denen es NICHT darum ging.

lois jane Offline



Beiträge: 662

07.06.2011 14:20
#93 RE: Wer ist eigentlich für seine Handlungen verantwortlich? Antworten

Zitat von R.A.

Zitat von lois jane
Ein Unterschied besteht aber dann, wenn es in diesem Krieg eben genau darum geht, für die eine oder andere Seite Siedlungsgebiete zu erobern, zu halten oder zurückzuerobern.


Unterschied?
Es gab nur ganz wenige Kriege in der ganzen Menschheitsgeschichte, in denen es NICHT darum ging.




Wie oft ein Fall vorkommt tut ja wohl nichts zur Sache.

Nur war das in den letzten Jahrzehnten nicht derart häufig der Fall, etwa im 20. Jahrhundert: weder im 1. Weltkrieg, im 2. Weltkrieg im Westen, im Indochina- oder Vietnamkrieg, Falklandkrieg oder den drei Golfkriegen war es der Fall. In Westeuropa eigentlich sogar weder im 19. oder im 18. Jahrhundert.

Also erstmal informieren, bevor man so etwas behauptet.

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Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

07.06.2011 14:36
#94 RE: Wer ist eigentlich für seine Handlungen verantwortlich? Antworten

Zitat von lois jane

Zitat von R.A.

Zitat von lois jane
Ein Unterschied besteht aber dann, wenn es in diesem Krieg eben genau darum geht, für die eine oder andere Seite Siedlungsgebiete zu erobern, zu halten oder zurückzuerobern.


Unterschied?
Es gab nur ganz wenige Kriege in der ganzen Menschheitsgeschichte, in denen es NICHT darum ging.




Wie oft ein Fall vorkommt tut ja wohl nichts zur Sache.

Nur war das in den letzten Jahrzehnten nicht derart häufig der Fall, etwa im 20. Jahrhundert: weder im 1. Weltkrieg, im 2. Weltkrieg im Westen, im Indochina- oder Vietnamkrieg, Falklandkrieg oder den drei Golfkriegen war es der Fall. In Westeuropa eigentlich sogar weder im 19. oder im 18. Jahrhundert.



Bitte? Warum glauben Sie, haben die Deutschen den Zweiten Weltkrieg vom Zaun gebrochen? Und die Österreicher und die Russen wollten 1914 auf dem Balkan nur ein Picknick machen? Und die Argentinier mal eben ein paar Urlaubsfotos von den Falklandinseln schießen und danach wieder heimfahren?

--
Defender la civilización consiste, ante todo, en protegerla del entusiasmo del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

07.06.2011 14:48
#95 RE: Wer ist eigentlich für seine Handlungen verantwortlich? Antworten

Zitat von lois jane

Zitat von R.A.

Zitat von lois jane
Ein Unterschied besteht aber dann, wenn es in diesem Krieg eben genau darum geht, für die eine oder andere Seite Siedlungsgebiete zu erobern, zu halten oder zurückzuerobern.


Unterschied?
Es gab nur ganz wenige Kriege in der ganzen Menschheitsgeschichte, in denen es NICHT darum ging.




Wie oft ein Fall vorkommt tut ja wohl nichts zur Sache.

Nur war das in den letzten Jahrzehnten nicht derart häufig der Fall, etwa im 20. Jahrhundert: weder im 1. Weltkrieg, im 2. Weltkrieg im Westen, im Indochina- oder Vietnamkrieg, Falklandkrieg oder den drei Golfkriegen war es der Fall. In Westeuropa eigentlich sogar weder im 19. oder im 18. Jahrhundert.

Also erstmal informieren, bevor man so etwas behauptet.




Jetzt bin ich aber a bisserl baff, vor allem in Anbetracht dieses Schlußsatzes.

Im Ersten Weltkrieg sei es im Westen nicht um "Siedlungsgebiete" gegangen, also Land? Zu Elsaß-Lothringen, das Bismarck den Franzosen 1871 entrissen hatte, gab es zwischen 1871 und 1914 in Frankreich sogar das geflügelte Wort Toujours y penser, jamais en parler. Ebenso wurde es von Hitler im Zweiten Welktkrieg nach dem Sieg über Frankreich annektiert und von den Franzosen 1945 zurückannektiert.

Indochinakrieg? Da ging es überhaupt nur um Land, nämlich eben die Herrschaft über Französisch-Indochina, das im 2. Weltkrieg teils von den Japanern erobert worden war, dann von den Franzosen zum Teil zurückerobert, und das die Kommunisten untere Ho und seinem General Giap eroberten.

Vietnamkrieg? Haben Sie denn nicht mitbekommen, daß als Ergebnis dieses Kriegs Nordvietnam den bis dahin souveränen und international anerkannten Staat Südvietnam annektiert hat?

Falkland-Krieg? Ein nachgerade klassischer Krieg um Land. Argentinien hatte es dem Vereinigten Königreich geraubt, dieses eroberte es sehr schnell zurück.

Fast wäre ich geneigt, zu Ihrem Beitrag zu schreiben "Erstmal informieren, bevor man so etwas behauptet". Aber solche Bemerkungen bringen eine Diskussion nur selten voran; weswegen ich so etwas nur in den krassesten Fällen schreiben würde.

Und so einer liegt hier ja nicht vor.

Herzlich, Zettel

Gansguoter Offline



Beiträge: 988

07.06.2011 14:50
#96 RE: Wer ist eigentlich für seine Handlungen verantwortlich? Antworten

Zitat von lois jane
Wie oft ein Fall vorkommt tut ja wohl nichts zur Sache.

Nur war das in den letzten Jahrzehnten nicht derart häufig der Fall, etwa im 20. Jahrhundert: weder im 1. Weltkrieg, im 2. Weltkrieg im Westen, im Indochina- oder Vietnamkrieg, Falklandkrieg oder den drei Golfkriegen war es der Fall. In Westeuropa eigentlich sogar weder im 19. oder im 18. Jahrhundert.

Also erstmal informieren, bevor man so etwas behauptet.



Also, zum Stichwort "erstmal informieren" zitiere ich mal aus dem "Septemberprogramm" der Reichsregierung (ohne dass ich damit eine Diskussion lostreten will über langfristige und situationsbezogene Planungen):

"Das allgemeine Ziel des Krieges:
Sicherung des Deutschen Reichs nach West und Ost auf erdenkliche Zeit. Zu diesem Zweck muß Frankreich so geschwächt werden, daß es als Großmacht nicht neu erstehen kann, Rußland von der deutschen Grenze nach Möglichkeit abgedrängt und seine Herrschaft über die nichtrussischen Vasallenvölker gebrochen werden.

Die Ziele des Krieges im einzelnen:
1. Frankreich. Von den militärischen Stellen zu beurteilen, ob die Abtretung von Belfort, des Westabhangs der Vogesen, die Schleifung der Festungen und die Abtretung des Küstenstrichs von Dünkirchen bis Boulogne zu fordern ist. In jedem Falle abzutreten, weil für die Erzgewinnung unserer Industrie nötig, das Erzbecken von Briey. ...

2. Belgien. Angliederung von Lüttich und Verviers an Preußen, eines Grenzstriches der Provinz Luxemburg an Luxemburg. Zweifelhaft bleibt, ob Antwerpen mit einer Verbindung nach Lüttich gleichfalls zu annektieren ist. Gleichviel, jedenfalls muß ganz Belgien, wenn es auch als Staat äußerlich bestehen bleibt, zu einem Vasallenstaat herabsinken, in etwa militärisch wichtigen Hafenplätzen ein Besatzungsrecht zugestehen, seine Küste militärisch zur Verfügung stellen, wirtschaftlich zu einer deutschen Provinz werden. ...

3. Luxemburg wird deutscher Bundesstaat und erhält einen Streifen aus der jetzt belgischen Provinz Luxemburg und eventuell die Ecke von Longwy. ..."

Keine territorialen Ziele?

Gansguoter Offline



Beiträge: 988

07.06.2011 14:58
#97 RE: Wer ist eigentlich für seine Handlungen verantwortlich? Antworten

Zitat von lois jane
Dem kann ich sogar zustimmen:

1. Es gab Vertreibungen, aber es war nicht israelische Politik.

Was etwas anderes ist als "Es hat keine Vertreibungen gegeben."

2. Manche Palästinenser flohen, weil sie Angst vor Vertreibung oder Schlimmerem hatten, weil ihnen Greuelpropaganda das vermittelt hat.



Es ist ein Streit um Worte. Ich definiere Vertreibung so: "Eine Handlung verantwortlicher politischer Stellen, die darauf abzielt, eine ansässige Bevölkerung dauerhaft aus ihren angestammten Wohnsitzen gewaltsam / gegen ihren Willen zu verbringen, und zwar aus politischen Gründen, nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit einer Kriegshandlung."

Das ist ein UNterschied, ob politisch Verantwortliche sagen "Wir wollen, dass die Bevölkerungsgruppe X hier verschwindet, und werden das organisieren", oder ob im Rahmen von Kriegshandlungen Menschen ihre Wohnorte verlassen. Das ist natürlich auch nicht freiwillig, aber dann nicht unbedingt Folge einer weitreichenden Planung.

Dass Menschen während des Kriegs 1948 unfreiwillig ihre Wohnorte verlassen haben, das gab es vieltausendfach - aus Angst, wegen Propaganda, sicher auch, weil israelische Kommandeure vor Ort ihnen das mehr oder weniger nahegelegt haben.

Aber eine Vertreibung nach Abschluss der Kriegshandlungen, einen Bevölkerungstransfer über eine Demarkationslinie hinweg, nach dem Waffenstillstand - das müssen Sie mir einfach mal zeigen, denn das wäre den Augen der Weltöffentlichkeit nicht verborgen geblieben. Dazu wären heute Quellen verfügbar - wie die Ausweisungsbescheide für die Deutschen aus Polen. Also, zeigen Sie uns die Belege für einen Transfer nach Waffenstillstand, der einzig eine "Vertreibung" im engeren Sinne wäre.

lois jane Offline



Beiträge: 662

08.06.2011 09:38
#98 RE: Wer ist eigentlich für seine Handlungen verantwortlich? Antworten

Zitat von Gansguoter

Zitat von lois jane
Dem kann ich sogar zustimmen:

1. Es gab Vertreibungen, aber es war nicht israelische Politik.

Was etwas anderes ist als "Es hat keine Vertreibungen gegeben."

2. Manche Palästinenser flohen, weil sie Angst vor Vertreibung oder Schlimmerem hatten, weil ihnen Greuelpropaganda das vermittelt hat.



Es ist ein Streit um Worte.




Es ist ein Streit um Ehrlichkeit - das nicht eine Regel für die einen, eine andere für andere gilt.

Zitat
Ich definiere Vertreibung so:...



Das können Sie ja gerne tun. Das allgemeine Verständnis wird es anders sehen.

Was ja nicht heißt, das die Unterscheidung nicht richtig und wichtig ist - nur ist sie eine zwischen planvoller, ethnisch-säubernder Vertreibung und eher chaotischer Vertreibung.

Zitat
Aber eine Vertreibung nach Abschluss der Kriegshandlungen, einen Bevölkerungstransfer über eine Demarkationslinie hinweg, nach dem Waffenstillstand - das müssen Sie mir einfach mal zeigen, denn das wäre den Augen der Weltöffentlichkeit nicht verborgen geblieben. Dazu wären heute Quellen verfügbar - wie die Ausweisungsbescheide für die Deutschen aus Polen. Also, zeigen Sie uns die Belege für einen Transfer nach Waffenstillstand, der einzig eine "Vertreibung" im engeren Sinne wäre.



Habe ich das denn behauptet?

Der Punkt war einfach: nonchalant einfach mal zu bestreiten, daß es Vertreibung gegeben habe, geht nicht.

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