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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 77 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Rayson Offline




Beiträge: 2.367

18.10.2011 16:53
#26 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Zitat von Gorgasal
Man kann noch immer gegen das Urheberrecht sein. Aber ich finde, man sollte dann ehrlicherweise mit einem Einbruch bei Literatur und bei vielen anderen kreativen Bereichen rechnen. Und nicht auf ein Neues Geschäftsmodell(TM) vertrauen, für das es noch sehr wenig Anzeichen gibt.



Ein Abschaffen des Urheberrechts steht ja realiter nicht zur Debatte. Vielmehr stehen wir vor dem Problem, dass zu seiner Durchsetzung mehr und mehr Instrumente gefordert werden, die individuelle Freiheitsrechte berühren.

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L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

18.10.2011 16:58
#27 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Zitat von Rayson
Ein Abschaffen des Urheberrechts steht ja realiter nicht zur Debatte.


Hm, nehmen wir an der gleichen Diskussion teil? Ich habe den Eindruck, dass zumindest hier in ZKZ diverse Disputanten exakt die Abschaffung des Urheberrechts fordern, teilweise auch ohne diese Forderung sich (aus meiner Sicht ziemlich unrealistische) Gedanken darüber machen, wie "die Welt nach Urheberrecht" aussehen könnte.

Zitat von Rayson
Vielmehr stehen wir vor dem Problem, dass zu seiner Durchsetzung mehr und mehr Instrumente gefordert werden, die individuelle Freiheitsrechte berühren.


Völlig richtig. Und genau weil das das Problem ist, bin ich so irritiert, wenn "Liberale" darauf reagieren wollen, indem sie das Kind mit dem Bade ausschütten und hier die Vertragsfreiheit für geistige Werke mal eben abschaffen wollen. Statt sich den eigentlichen Problemen zu widmen.

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Defender la civilización consiste, ante todo, en protegerla del entusiasmo del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito

RabenAas Offline



Beiträge: 20

18.10.2011 17:17
#28 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Zitat
Dass der Verlag den Preis "nach Belieben" festlegen kann, ist alleridngs falsch. Er muss ihn im betriebswirtschaftlich zutreffenden Rahmen festlegen. Da, wie ich oben darlegte, die Herstellungspreise für gedruckte Bücher im Vergleich zum eBook offensichtlich radikal überschätzt werden, ergeben sich für das eBook nur geringfügig niedrigere Preise


Schauen wir uns das doch mal an einem konkreten Beispiel an:
Der Roman "Die Larve" von Jo Nesbo (Ullstein Verlag) kostet in der gebundenen Ausgabe 21,99 €, die Kindle-Edition ist für 18,99 € zu haben, eine Taschenbuchausgabe gibt es noch nicht. Ein älteres Werk desselben Autors, "Headhunter", geht hingegen in der broschierten Ausgabe für 14,95 € über den Ladentisch, als Taschenbuch für nur 9,99 € und in der Kindle-Edition für 8,99 €.
Wo liegt denn jetzt der "betriebswirtschaftlich zutreffende" Preis für das E-Book? Eher bei 18,99 € oder bei 8,99 € ? Und wieso ist ein gebundenes Buch zumeist erheblich teurer als ein Taschenbuch, wenn die Herstellungspreise doch nur einen geringen Kostenanteil ausmachen?

Reader Offline



Beiträge: 803

18.10.2011 17:38
#29 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Zitat von Zettel
Der Kindle und andere E-Reader sind für den, der sie benutzt, eine feine Sache. Sie könnten auch für diejenigen, die Bücher schreiben und sie vertreiben, eine feine Sache sein, wenn sie auf diesem Vertriebsweg ebenso fair für ihre Arbeit bezahlt werden würden wie auf dem klassischen Weg, gedruckte Bücher zu produzieren und zu verkaufen.

Aber dieser neue Vertriebsweg ist überwiegend kein Weg, um sein Produkt zu verkaufen; sondern ein Weg, auf dem diese Produkte gestohlen werden. In dem kleinen Kommentar zum heutigen Zitat des Tages weise ich auf eine der absehbaren Folgen hin.




Zukünftige Generationen, die für ihre Arbeit bezahlt werden möchten, werden wohl gut daran tun, ihr Geld mit konkreten Dingen zu verdienen. Als Schreiner, zum Beispiel, zumindest solange man sich einen Tisch nicht übers Web einfach so "gratis" runterladen kann.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

18.10.2011 17:42
#30 Alice Schmidts Tagebuch Antworten

Zitat von Gorgasal
Aber wenn deutlich weniger Autoren von ihrer Arbeit leben können, dann werden halt vielleicht nur noch Professoren wie Fallersleben oder Geheimräte mit Mäzenen schreiben. "Hobby-Weingärtner" nennt Zettel das. Jemand wie Arno Schmidt? Eher nicht.

Ich habe, lieber Gorgasal, gerade das Tagebuch 1956 von Schmidts Frau Alice gelesen.

Die beiden arbeiteten Vollzeit. Er schrieb; sie fertigte die Reinschriften an, schrieb die Rohfassungen seiner Übersetzungen nach Diktat, erledigte einen großen Teil der Korrespondenz und machte natürlich die Hausarbeit. Einen freien Samstag oder Sonntag gab es nicht. Einen Tag, den Fronleichnam, wollten sie einmal ganz ohne Arbeiten verbringen, schafften das aber auch nicht.

Für ihren Lebensunterhalt kalkulierten die beiden 250 Mark im Monat; davon gingen 81 Mark für die Miete drauf. Vom Rest ein erheblicher Teil für die Anschaffung von antiquarischen Büchern, die Schmidt für seine literarischen Arbeiten brauchte (z.B. die "Insel Felsenburg"; Hannoversche Staatshandbücher, alte Ausgaben der Werke von Karl May usw.).

Der Lebensstandard sah so aus, daß es an Feiertagen Fleisch gab; das war dann meist Hackfleisch, das Schmidt in großen Mengen verschlang; dazu Nudeln oder Kartoffeln und ein Gemüse. Alice Schmidt kochte meist für zwei Tage, um Hausarbeit zu sparen und mehr bei ihrem Mann mitarbeiten zu können. Als ein "Festessen" an einem Feiertag schildert sie Kassler mit rohem Sauerkraut.

Der Kauf von Kleidern fand nur im Schlußüverkauf statt; über jedes Kleidungsstück wurde lange debattiert. Nach langem Hin und Her entschloß man sich zum Kauf eines Kühlschranks, weil dadurch für mehrere Tage vorgekocht werden konnte. Von dem Oberstudienrat Michels, mit dem eine lose Freundschaft bestand, erhielten die beiden regelmäßig Freßpakete mit Butter, Dosenfisch und dergleichen, deren Inhalt Alice Schmidt penibel in ihr Tagebuch eintrug. Kinobesuche, Theaterbesuche, Reisen und dergleichen fanden nicht statt. Einmal in diesem Jahr 1956 ein Ausflug von Darmstadt in den Frankfurter Zoo, auf Einladung von Michels.



Das war zur Zeit des aufblühenden Wirtschaftswunders!

Schmidt schrieb ständig Kurzgeschichten, die er an zahlreiche Zeitungen schickte; pro Abdruck brachte das um die 50 Mark. Die wesentliche Einnahmequelle waren Arbeiten für den Rundfunk und für die beiden Zeitschriften "Texte und Zeichen" (deren Herausgeber Andersch schätzte Schmidt) und "Der Augenblick". Ein Nachtprogramm wurde mit ungefähr 450 Mark honoriert. Die Übersetzung eines Wälzers wurde mit 1000 Mark bezahlt.

Schmidts große Hoffnung in diesem Jahr 1956 war es, daß der Karl-May-Verlag ihn mit der kritischen Edition des Spätwerks betrauen würde, in Form einer einjährigen Anstellung. Das zerschlug sich aber.

Schmidt hätte nicht entfernt das leisten können, was er geleistet hat, wenn er nicht diese Einkünfte gehabt hätte. Finanziell gut ging es ihm erst in den letzten Jahren, nachdem sein Bewunderer Phlipp Reemtsma ihm einen Ehrsensold in der Höhe des Nobelpreises geschenkt hatte.

Herzlich, Zettel

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

18.10.2011 17:48
#31 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Zitat von Gorgasal
Hm, nehmen wir an der gleichen Diskussion teil? Ich habe den Eindruck, dass zumindest hier in ZKZ diverse Disputanten exakt die Abschaffung des Urheberrechts fordern, teilweise auch ohne diese Forderung sich (aus meiner Sicht ziemlich unrealistische) Gedanken darüber machen, wie "die Welt nach Urheberrecht" aussehen könnte.



Ich habe mir die Freiheit genommen und die Relevanz der "diversen Disputanten" im richtigen Leben berücksichtigt, also dem da draußen, wo noch mit Kreuzen auf Papier gewählt wird.

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Zettel Offline




Beiträge: 20.200

18.10.2011 18:00
#32 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Zitat von siebenschlaf

Zitat
Da die Herstellungs- und Vertriebskosten beim digitalen Buch aber ungleich niedriger sind als beim gebundenen, muß auch sein Endverbraucherpreis niedriger sein.



Woher, lieber Zettel, diese Meinung? Denn leider sind es keine Kenntnisse, die hier eingebracht werden.


Umso herzlicher der Dank für die Kenntnisse, die Sie jetzt eingebracht haben!

Ich hatte den Anteil der reinen Herstellungskosten dann tatsächlich falsch eingeschätzt; und zwar einfach aufgrund der Überlegung, daß Taschenbücher so viel billiger sind als die gebundene Ausgabe; daß andererseits bibliophile Ausgaben viel teurer sind als die Standardausgabe.

Da ich gerade etwas zu Arno Schmidt geschrieben habe, ein Beispiel: Dort kostet die "Schule der Atheisten" in der Bargfelder Ausgabe gebunden 102 Euro, broschiert 51 Euro und in der Vorzugsausgabe 186 Euro. Alle Kosten außer denen der Herstellung sind identisch.

Aber ich sehe ein, daß diese Überlegung vermutlich kurzschlüssig ist, denn die Auflagen sind verschieden und man versucht vermutlich auch an der Vorzugsausgabe mehr zu verdienen, weil man vermutet, daß deren Käufer nicht auf jeden Euro sehen müssen.

Jedenfalls noch einmal, lieber Siebenschlaf, vielen Dank für die Aufklärung.

Herzlich, Zettel

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

18.10.2011 18:15
#33 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Zitat von Zettel
Aber ich sehe ein, daß diese Überlegung vermutlich kurzschlüssig ist, denn die Auflagen sind verschieden und man versucht vermutlich auch an der Vorzugsausgabe mehr zu verdienen, weil man vermutet, daß deren Käufer nicht auf jeden Euro sehen müssen.


Dafür gibt es auch ein Fremdwort. Fremdwörter klingen gebildeter. Ich weiß das. Ich bin selbst eins

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Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

18.10.2011 18:16
#34 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Zitat von Rayson

Zitat von Gorgasal
Hm, nehmen wir an der gleichen Diskussion teil? Ich habe den Eindruck, dass zumindest hier in ZKZ diverse Disputanten exakt die Abschaffung des Urheberrechts fordern, teilweise auch ohne diese Forderung sich (aus meiner Sicht ziemlich unrealistische) Gedanken darüber machen, wie "die Welt nach Urheberrecht" aussehen könnte.



Ich habe mir die Freiheit genommen und die Relevanz der "diversen Disputanten" im richtigen Leben berücksichtigt, also dem da draußen, wo noch mit Kreuzen auf Papier gewählt wird.



"Richtiges Leben"? Hat das was mit "der Zeit nicht am Computer" zu tun? Ich höre da immer Gerüchte, die klingen faszinierend...

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Zettel Offline




Beiträge: 20.200

18.10.2011 18:17
#35 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Zitat von Gorgasal

Zitat von Zettel
Jedenfalls habe ich in den Naturwissenschaften, die ich überblicke, in den letzten beiden Jahrzehnten keinen Studenten (und übrigens auch kaum einen Mitarbeiter) mehr gekannt, der noch persönlich Fachzeitschriften bezogen hätte.

Aber das liegt daran, dass Bibliotheken diesen Zugriff haben. Hatten Bibliotheken das früher nicht? Oder warum haben Sie Ihre Journals nicht einfach dort gelesen?


Weil es in der Regel ein einziges Exemplar gab, das mehr oder weniger heiß umkämpft war. Weil die aktuellen Hefte meist ein halbes Jahr zum Binden weg waren, bevor sie wieder verfügbar waren. Weil ich es schön fand, die Hefte zu Hause zu haben und jederzeit etwas nachsehen zu können.

Ansonsten: Wenn die Preise für Studenten teils immer noch (oder vielleicht wieder?) vergleichsweise günstig sind, dann freut mich das. Ich habe unmittelbar nur die Entwicklung der Preise für Normalbezieher verfolgt, und diese sind - solange ich das bis vor einigen Jahren verfolgt habe - horrend gestiegen.

Herzlich, Zettel

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

18.10.2011 18:44
#36 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Zitat von Zettel

Zitat von Gorgasal

Zitat von Zettel
Jedenfalls habe ich in den Naturwissenschaften, die ich überblicke, in den letzten beiden Jahrzehnten keinen Studenten (und übrigens auch kaum einen Mitarbeiter) mehr gekannt, der noch persönlich Fachzeitschriften bezogen hätte.

Aber das liegt daran, dass Bibliotheken diesen Zugriff haben. Hatten Bibliotheken das früher nicht? Oder warum haben Sie Ihre Journals nicht einfach dort gelesen?


Weil es in der Regel ein einziges Exemplar gab, das mehr oder weniger heiß umkämpft war. Weil die aktuellen Hefte meist ein halbes Jahr zum Binden weg waren, bevor sie wieder verfügbar waren. Weil ich es schön fand, die Hefte zu Hause zu haben und jederzeit etwas nachsehen zu können.



Und heutzutage hat jede Bibliothek zumindest die wichtigsten Journals elektronisch abonniert, damit entfallen diese drei Punkte. Und die übrigen Journals braucht man so selten (meist nur einzelne Artikel), dass sich das Abonnement nicht lohnt.

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Vogelfrei ( gelöscht )
Beiträge:

18.10.2011 19:21
#37 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Werter Zettel,

zu meinem Bedauern muß ich feststellen, daß Sie nun scheinbar unter die Misanthropen gegangen sind. Oder wie darf ich Ihre Auffassung, es würde niemand mehr bereit sein, für die Leistungen eines Künstlers zu löhnen, sollten seine Werke kurz- oder mittelfristig weitaus billiger oder gar kostenlos zu haben sein, verstehen? Und woraus speist sich Ihre Vermutung, daß ohne Urheberrecht in seiner heutigen Form, das Ende des bibliophilen Abendlandes geläutet hätte? Zumal es historisch gesehen wohl das Zeitalter der Aufklärung war, als Verlagswesen und Buchhandel in deutschen Landen ihren Höhepunkt zu verzeichnen hatten - und das ganz ohne Copyright (oder am Ende gar deswegen?), da ein solches, in Abwesenheit eines gemeinsamen Staates bzw. Rechtsraumes, schlicht nicht durchsetzbar gewesen wäre.

Ich denke, die Verleger wären gut damit beraten, die technischen Möglichkeiten der heutigen Zeit zu akzeptieren und ihr Geschäftsmodell danach auszurichten. Der Musikbranche jedenfalls geht es nun - da man das Unvermeidliche wohl akzeptiert hat - wieder ganz prächtig und das obwohl gerade deren Produkte de facto jederzeit kostenlos zur Verfügung stehen.

Grüße

~~~
Die zunehmende Armut, welche allenthalben beklagt wird, scheint mir zuvörderst geistiger Natur.

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

18.10.2011 19:44
#38 Gewagte Interpretation einer Studie Antworten

Zitat
Sechzig Prozent der genutzten elektronischen Bücher würden derzeit illegal heruntergeladen, sagte er.



Quelle der Behauptung? Es gibt vermutlich keine seriöse, wenn man die gewagte Interpretation dieser Studie betrachtet:

Zitat

Durchschnittlich 18 digitale Bücher soll jeder "Raubkopierer" im Jahr 2010 unrechtmäßig bezogen haben. In Summe sollen mehr E-Books illegal als legal heruntergeladen worden sein.

Die hier angelegte Definition für illegale Downloads ist allerdings zweifelhaft. Laut Fußnote wurden alle Downloads, die "von Tauschbörsen, Sharehostern, privaten Websites, Blogs, Foren, ftp-Servern und Newsgroups" durchgeführt wurden, pauschal als illegal deklariert. Illegal im Sinne der DCN-Studie war damit auch der Bezug eines der Millionen gemeinfreien oder kostenlos angebotenen Titel über diese Kanäle.



Interessant bei dieser Studie ist, das hiermit wohl nicht nur Propaganda betrieben werden soll, sondern die Auftraggeber ihre Interpretation wahrscheinlich wirklich selber glauben. Man bestätigt sich in seinen Vorbehalten gegen das Neue, während eine Unterbranche der Content-Industrie, die durchaus auch Interesse am Urheberrecht hat, der IT aber näher steht, sich an dieser Studie nicht beteiligt hat: Die Computer-Spiele-Industrie. Letztere beteiligt sich in letzter Zeit nach meiner subjektiven Wahrnehmung erstaunlich selten an den Jammer-Orgien der sonstigen Content-Branche.

JeffDavis Offline



Beiträge: 448

18.10.2011 19:56
#39 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Zitat von Gorgasal

Zitat von JeffDavis
Gibt es denn Angaben dazu, wieviel Autoren tatsächlich Royalties pro Buch erhalten? In der klassischen Musik werden viele musizierende Künstler pauschal für die Aufnahme abgegolten (zB. bei Firmen wie Naxos), von den CD-Verkäufen sehen die nichts. Mich würde es nicht überraschen, wenn nur die ganz großen Autoren auf die klassische Weise beteiligt werden.


Und wenn es kein Urheberrecht mehr gibt, also die Einnahmen beispielsweise bei der Naxos einbrechen, wie lange werden die dann ihre kleinen Künstler pauschal bezahlen können?




Das hat mit meiner Frage nichts zu tun.

Im übrigen bin ich der Meinung, daß ein Urheberrecht sinnvoll und notwendig ist und habe das in einem der anderen Threads auch geschrieben. Nur: Die Anpassung an die technische Entwicklung zum Schutze der Urheber ist dennoch notwendig. Aber nicht meine Aufgabe, denn ich bin weder aus einer der betroffenen Branchen, noch schaffe ich vom Urheberrecht geschützte Werke. Darüber sollen sich die Fachleute den Kopf zerbrechen, und das tun sie auch. Nicht hier im Forum, sondern woanders (auf Stadlers Blog und das Skript von Hoeren habe ich bereits hingewiesen). Meiner Ansicht nach ist es sinnlos, starr an den bisherigen Regelungen festhalten und die Vernichtung der Kultur an die Wand zu malen, nur weil sich die Welt in diesem Punkt ändert. Ebenso sinnlos und unproduktiv ist es auch, nicht existente Gegensätze (Contentcamorra oder Grundrechte!) zu konstruieren und das Urheberrecht über Bord zu werfen, nur weil es von der Verwertungsindustrie mißbraucht wird.

Um auf Ihre Frage zurückzukommen: Wie soll ich das beantworten? Vielleicht vertreiben die Künstler die Aufnahme über das Internet selbst, vielleicht geben sie mehr Konzerte, vielleicht kommt die Subskription wieder zu Ehren wie in den 30er Jahren. Darüber müssen sich die Betroffenen selbt den Kopf zerbrechen. Der Gesetzgeber sollte mMn lediglich verhindern, daß eine Seite die Übermacht bekommt bzw. sicherstellen, daß ein gerechter Ausgleich zwischen Urheber und Kunden erfolgt.

Das Internet als Vertriebs- und Tauschweg schaffen Sie nicht aus der Welt. Wenn die Musikindustrie sich darauf nicht einstellt, verschwindet sie eben. So ist es Kutschenherstellern, Segelschiffsbauern und vielen anderen Handwerkszweigen und Industrien ergangen. Einige haben überlebt, anderen sich angepaßt, der Rest ist verschwunden. Warum sollte des bei der Musikindustrie anders sein?

Zitat von Gorgasal

Helfen Sie mir: welchen "eigentlichen Hintergrund" habe ich denn für meine Bauchschmerzen? Mir fällt nämlich partout nichts anderes ein als dass eben klassische Werke nur noch viel weniger eingespielt werden, wenn niemand mehr dafür bezahlt. Aber vielleicht habe ich das falsche Bewusstsein?



Oder einfach nicht den Überblick? Die Majors sind am stärksten betroffen und haben zugleich die stärkste Lobby. Nach meinen Beobachtungen ist der Klassikmarkt - ohnehin nur ein Nischenmarkt - viel weniger vom illegalen Download betroffen wie der Popbereich. Die vielen kleinen Firmen wie cpo, Alpha, Chandos, Caros Mitis, und wie sie alle heißen, leben von den Klassikkunden recht gut. Die meisten Sammler, die ich kenne, wollen immer noch eine CD in Händen halten.

Der "eigentliche Hintergrund" besteht darin, daß die großen Firmen, die Majors, einfach die Entwicklung verpennt haben. Nicht nur die technische, sondern auch die kommerzielle und künstlerische. Sie haben ihre Kunden nicht mehr geachtet und beachtet. Statt die 738. Einspielung der Eroica mit Herbert von Karawanken zu veröffentlichen, hätte sie es so machen müssen wie die kleinen Firmen. Es gibt noch so viel Musik, die nicht auf CD eingespielt worden ist und die man sehr wohl mit Gewinn vertreiben kann. Stattdessen mußte dasselbe Repertoire erst auf LP, dann auf CD, und schließlich auf SACD sein. Wie beim Kino: Erst VHS, dann LD, DVD und jetzt BluRay.

Statt innovativ zu bleiben, ist die Musikindustrie eingeschlafen und versucht jetzt, mit untauglichen Mitteln und unter Vorspiegelung falscher Zahlen ihr Geschäftsmodell zu retten, wobei es zu sehr bedenklichen Änderungen des Urheberrechts gekommen ist. DAS ist der eigentliche Hintergrund, den ich meinte. Aber das ist in dem anderen Thread auch alles schon endlos diskutiert worden.

Gegen die Texte neuer staatlicher Regelungen liest sich das preußische Exerzierreglement wie das Feuilleton einer liberalen Wochenzeitschrift.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

18.10.2011 20:14
#40 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Zitat von Vogelfrei
Ich denke, die Verleger wären gut damit beraten, die technischen Möglichkeiten der heutigen Zeit zu akzeptieren und ihr Geschäftsmodell danach auszurichten.

Ich sehe das alles mehr aus der Sicht der Autoren, lieber Vogelfrei. Wovon sollen sie leben? Ich habe das am Beispiel Arno Schmidt zu erläutern versucht. Und warum soll sich ein Autor die Mühe des Arbeitens machen, wenn er damit nichts mehr verdienen kann?

Was die Verhältnisse im 18. Jahrhundert angeht - da lohnten sich Raubdrucke nur dann, wenn ein Werk schon erfolgreich war, also der Autor sein Geld schon verdient hatte. Und meines Wissens waren sie auch damals nicht legal.

Und noch eine Frage: Ich verstehe immer noch nicht, wieso das Ganze ein technisches Problem ist. Wenn jeder, der beispielsweise dafür, daß er einen geschützten Text ins Internet stellt, konsequent verfolgt und hart bestraft wird (man könnte ja auch die Gesetze verschärfen), dann würde sich diese Piraterie schon in Grenzen halten lassen, denke ich.

Das Buch Sarrazins stand beispielsweise kurzzeitig im Internet. Es war meines Wissens sehr schnell verschwunden, weil der Verlag offenbar konsequent eingeschritten ist.

Herzlich, Zettel

siebenschlaf Offline



Beiträge: 31

18.10.2011 20:20
#41 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Erst einmal müssten wir die Gesamtauflage, aufgelegt und verkauft, kennen und die Aufwendungen für die Herstellung inklusive Marketing. Hinzu kommen die kalkulatorischen Kosten.

Es gibt so eine Daumenregel: Der breakeven liegt bei 5.000 verkauften Stück, echtes Marketing lohnt sich erst jenseits der 10.000. Das betrifft sicher große mittlere und große Verlage, also z.B. Ullstein.

Nehmen wir an, wir wüssten das alles, dann sind die Überlegungen recht simpel: Es gibt drei Möglichkeiten, das Buch ist weit unterm breakeven, in der unteren Nähe des breakeven oder drüber - besser: weit drüber. (Machen Sie sich bitte klar, dass 80 - 90 % der Bücher auch und gerade der größeren Verlage UNTERM breakeven liegen.)

Liegt das Buch drunter, ist die Frage, mit welcher Maßnahme kriege ich den Verkauf hoch. Lassen wir Marketing mal draußen - zu teuer. Dann wäre es eigentlich ideal, das Buch in einer neuen Form vorzulegen, z.B. das bisher nur teuer gebunden erhältliche Werk als Taschenbuch, das Taschenbuch als eBook. Mann kauft sich das Taschenbuch, findet es prima, kauft das gebundene Buch zum Verschenken; Frau kauft das eBook, kauft dann das Taschenbuch, weil sie es doch noch in Ruhe als "haptisches Erlebnis" haben will. Das sind alles Mitnahmeeffekte, Sie verkaufen die vorhandene Auflage dadurch, dass Sie sie in neuer Form anbieten. Die Gefahr ist: die neue Form erschlägt die alte, wenn also das Taschenbuch draußen ist, kauft keiner mehr das gebundene Buch, ist das eBook draußen, kauft keiner mehr das Taschenbuch. Dieses letztere ist der reale Effekt, wie man ihn beobachten kann.

Man setzt außerdme in dieser Kette immer ein bisschen auf den billigen Jacob: Die echten Fans des Autors kaufen das Buch teuer gebunden, weil sie es sofort wollen, die lediglich zufällig interessierten warten auf das Taschenbuch, zu guter Letzt kommen die Zufallsleser und Schmökerer übers eBook.

Deswegen werden Sie sehr vorsichtig sein, wenn Sie in der Nähe des breakeven liegen, welche Strategie Sie wählen, weil die eine Maßnahme die andere wirtschaftlich erschlagen kann. Deswegen wohl auch wählen die meisten Verlage so hohe Preise für die eBooks - übrigens m.E. auch für die Taschenbuchausgaben (meistens werden die ja von anderen, spezialisierten Taschenbuch-Verlagen gemacht, die Lizenzen zahlen, die dann die Gesamtrechnung über den breakeven heben, dafür aber auch die Restauflage abwürgen).

Liegt Ihr Verkauf schon über dem breakeven, wird es richtig kompliziert, weil Sie dann einschätzen müssen, wie hoch das nun steigt: ewig weiter, explosionsartig hoch, dann runter, langfristig immer ein wenig - das bedingt alles neue Strategien.

Sie sehen, es gibt kein Patentrezept, alle Verlage eiern letztlich in diesem Bereich herum, auch wenn ihnen ihre Software und die Verkaufsleiter immmer "totsichere" Vorschläge machen. Aber wichtig ist, dass die Preisgestaltung immer alle Produkte umfasst bezogen auf die Grundkosten der Herstellung; kommt dann ein neues Produkt hinzu, wie derzeit eBooks, dann haben die Verlage natürlich dafür keine Rezepte, und dann probieren sie eben aus.

Der Preis für ein eBook ist nur in diesem Multivektoren-Parallelogramm auszumachen. Denn Sie müssen verstehen: Was Sie kaufen, ist nicht das Ding "Buch" oder "Taschenbuch" oder "eBook", die Dareichungsform ist nicht der Kostenfaktor für den Verlag. Der Kostenfaktor ist die Herstellung, also Lektorat, Korrektorat, Satz, Gestaltung, diese fallen vor dem ersten Exemplar des Buches an, gleich in welcher Form Sie es erwerben. Nehmen wir an, diese betrügen 10.000 EUR (schon wär's!), dann muss ich diese aus dem Verkauf wieder einnehmen, wenn das Buch 20 EUR kostet und ich 10 davon behalten darf (schön wär's!), dann muss ich also 1.000 Stück verkaufen, um die 10.000 EUR wieder drin zu haben. Oder ich muss 2.000 Stück zu 10 EUR verkaufen, oder 4.000 Stück zu 5 EUR - you get the drift.

Dem Verlag ist es grundsätzlich ziemlich egal, ob zu 20 / 10 oder 5 EUR, der Schnitt ist immer gleich - WENN diese Stückzahlen erreicht werden.

Diese Rechnung hier ist arg simpel, aber sie beschreibt den Kern: Der Verlag macht nicht das Produkt "gedrucktes Buch", sondern es macht das "Buch" als Träger des Werkes des Autors, darin besteht die Leistung (und darin, dieses effektiv an den Markt zu bringen). Die Darreichungsform ist für den Verlag sekundär.

Das gebundene Buch ist aus zwei Gründen erheblich teurer als ein Taschenbuch: Zunächst weil es eben eine gewisse Verwertungskette gibt, die die Herstellungskosten durch das gebundene Buch wieder hereinbringen soll, dann vielleicht über das Taschenbuch noch einmal ein bisschen was dazu und schließlich über das eBook (den Ramschhandel, das Hörbuch, die Lizenzrechte) noch bisserl Sahne obendrauf. Außerdem wissen wir alle, dass das natürlich nur die eine Seite der Einschätzung eines Preises ist, es gibt noch zwei weitere: (a) was nehmen die anderen? (b) was ist das Publikum bereit zu zahlen?

(b) ist letztlich die entscheidende Frage, und insbesondere bezogen auf das eBook gibt es hier keinerlei Erfahrungen.

Wenn die Verwertung des Produktes Buches in Zukunft ausschließlich oder hauptsächlich über die Darreichungsform eBook laufen sollte, kann ich Ihnen ziemlich genau sagen, was passieren wird: Sie werden nur Massenware bekommen, die billig herzustellen ist; Sie werden nur Klassiker bekommen, deren Herstellung längst bezahlt ist; Sie werden Fachbücher, auf die Sie nicht verzichten können - akademische Literatur, Nachschlagewerke, klinische Literatur, Ausbildungsliteratur - nur noch zu Preisen bekommen, die Sie heute für lächerlich halten würden.

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

18.10.2011 20:29
#42 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Zitat von siebenschlaf



Wo also entstehen im Verlag die Kosten? Die Kosten liegen jedenfalls nicht im Druck, das darf ich Ihnen vorab verraten. Den Verlag drückt allenfalls, dass er den Druck vorfinanzieren muss, die Summe also ist erheblich, ja, aber der Stückpreis sinkt seit Jahren - machen Sie sich bitte keine Illusionen über die Auswirkungen, die die angehende Entwicklung in der Druckbranche, deren Maschinenbauern und den Zulieferern haben wird.

Der Druck macht Summa summarum etwa 10 bis 20 % aus, je nach Ausstattung.



Das ist bekannt.

Zitat

Und der Vertrieb? - Meinen Sie die Auslieferung des Buches? Das übernimmt die Verlagsauslieferung, die das gedruckte Buch in kurzer Zeit an den Buch- oder Zwischenhandel gelangen lässt. Das, was die kosten, nimmt Amazon zusätzlich für das Einlesen der Daten, die Bereithaltung, die Weitergabe. Da spare ich nichts. - Meinen Sie die Verlagsvertreter, die in die Buchhandlungen reisen und die Bücher dort vorstellen (und damit zum Vertrieb gehören)? Nun, diese könnten wegfallen, weil Amazon wohl kaum Verlagsvertreter empfängt und die anderen Buchhandlungen dann pleite sind, insofern spare ich etwas ein, fürwahr, aber da der Verlagsvertreter auch der Hauptabsatzmotor des Verlages ist - und nicht etwa das berühmte "Marketing" -, verliere ich das, was ich eingespart habe, um ein Vielfaches.



Mal konkreter. Wie viel Prozent verlangt Amazon für das Einlesen der Daten, die Bereithaltung, die Weitergabe (ist damit der Verkauf gemeint, also der Betrag, der unten nochmals als an Amazon abgehender Teil des Buchpreises deklariert wird?): Ist das wirklich genau so viel wie Buch- und Zwischenhandel kosten?

Die Verlagsvertreter mögen heute der Hauptabsatzmotor des Verlages sein - aber wenn die überflüssig werden, kann ihnen als Autor das egal sein. Es ist halt kein Verlagsvertreter zwischen Buchhandlung (Amazon) und Verlag oder Autor zwischen geschaltet, ist ja auch nicht nötig, auf die Bekanntheit beim Endkunden hat das keinen Einfluss. Denn Amazon müssen sie nicht zur Übernahme ins Sortiment durch einen Verlagsvertreter bringen, die nehmen es als eBook einfach auf.





Zitat

Und nun kommt noch der Klopper.

Raten Sie einmal, was ein normaler Buchhändler an Rabatt für ein Buch bekommt? 30 bis 40 %. Das ist das, was er behält, die verbleibenden 60 - 70 % leitet er weiter an den Verlag.

Und nun noch ein Rätsel! Wie viel Prozent bekommt Amazon?

Ich darf es nicht sagen, denn es ist Vertragsgeheimnis, ich bin heute aber mal vertragsuntreu: Amazon nimmt 55 % Rabatt. Das habe ich als freier Unternehmer auf einem freien Markt so mit meinem Vertragspartner Amazon ausgehandelt, wobei die Verhanldungsstrategie von Amazon sympathisch transparentwar, denn sie lautete: Take it or leave it.



Sie haben das ohne Verlag dazwischen ausgehandelt? Das heißt Sie bekommen 45% des Endpreises? Und ansonsten bekäme der Verlag 60-70%, aber wie viel leitet der Verlag davon an den Autor weiter?

Oder ist auch in erstem Falle der Verlag dazwischen? Warum, wegen dem Lektorat? Aber Moment, Sie schrieben ja, das hat Amazon übernommen, wenn auch angeblich mit weniger Qualität. Wie nun?

Zitat

Beim gedruckten Buch habe ich eine Mischkalkulation: Manchem BH gebe ich 30, manchem BH 40, Amazon 55 %, macht insgesamt sagen wir so um 40 %.

Aber der eBook-Vertriebsweg ist Amazon, Amazon und Amazon allein, wenn wir mal von den Krautern absehen, die da noch herumwienern. Da kann ich kalkulieren, so viel ich will, es mischt sich gar nichts. 55 %. Das ist der Endwert (zzgl. versteckte Gebühren, ein anderes Thema.)



Die üblichen Übel eines Monopols, kein Vorwurf an die Digitalisierung.

Zitat

Wer bei der Digitalisierung spart, das ist Amazon. Bisher muss Amazon meine Bücher immerhin einlagern und versenden, muss mit Rücksendungen leben etc. Beim eBook fällt das aber alles weg.



Also ist das Hauptproblem fehlender Wettbewerb. Gut zu wissen. Dann weiß man, wo man mal Anrufen sollte: Beim Kartellamt.

siebenschlaf Offline



Beiträge: 31

18.10.2011 20:36
#43 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Zitat
Ich hatte den Anteil der reinen Herstellungskosten dann tatsächlich falsch eingeschätzt; und zwar einfach aufgrund der Überlegung, daß Taschenbücher so viel billiger sind als die gebundene Ausgabe; daß andererseits bibliophile Ausgaben viel teurer sind als die Standardausgabe.



Im Grunde läuft es auf eine gewisse "Subventionierung von privat wegen" hinaus: Wie in einer umgekehrten Pyramide finanzieren die Leser die Ausgaben. Über Subskription und bibliophile Ausgaben zu den gebundenen Ausgaben und dann den Tschenbuchausgaben, neuerdings den eBooks und anderen Formen wie Hörbuch. Das Taschenbuch ist fast immer reine Resteverwertung; hat der Verlag bis dahin keinen Schnitt gemacht, macht er ihn über das Taschenbuch nicht mehr, dasselbe gilt erst recht für die eBooks.

Die reale Preisgestaltung können Sie sehr einfach beobachten: Haben Sie einen "Wohlthats"-Resteladen in Ihrer Nähe? Es gibt natürlich auch andere "moderne Antiquariate" genannte "Friedhöfe der publizistischen Kuscheltiere", wo Sie in sehr kurzer Zeit nach der Premiere schon vorzügliche Bücher gebunden zu Spottpreisen als mangelfreies "Mängelexemplar" erwerben können. Damit - mehr noch als mit den eBooks - graben sich die Großverlage ihr Grab.

Solus Offline



Beiträge: 384

18.10.2011 20:57
#44 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Zitat von Zettel
Und noch eine Frage: Ich verstehe immer noch nicht, wieso das Ganze ein technisches Problem ist. Wenn jeder, der beispielsweise dafür, daß er einen geschützten Text ins Internet stellt, konsequent verfolgt und hart bestraft wird (man könnte ja auch die Gesetze verschärfen), dann würde sich diese Piraterie schon in Grenzen halten lassen, denke ich.


Das geht nicht, außer man verbietet jegliche Form verschlüßelter Kommunikation. Ich empfehle dazu http://en.wikipedia.org/wiki/Freenet durchzulesen, auch wenn das dort beschriebene Programm nicht für die Verteilung von Musik, Filmen und dergleichen ausgelegt ist; man kann ähnliche Netzwerke aufbauen, die einen vergleichbaren Grad an Anonymität erlauben und besser für die Verbreitung größerer Dateien geeignet sind. Die ständig größere werdende Bandbreite der Internetzugänge tut ihr übriges.
Kurz gesagt: Wenn Netzwerke dieser Art einmal allgemein verwendet werden, lässt sich das Urheberrecht hier nurnoch mit Totalüberwachung des Internets vielleicht durchsetzen. Wahrscheinlich müsste man aber noch weiter gehen, da sich verschlüßelte Daten auch wiederum in anderen Daten verstecken lassen. Das erhöht dann zwar nocheinmal merklich die Menge an Daten, die zu übertragen sind, aber das dürfte in ein paar Jahren auch kein Problem mehr sein.
Es gibt immer einen Weg, das ganze zu umgehen, solange der Staat nicht jeden Computer ständig überwacht; und der Weg wird sich immer auf eine Art und Weise ausnutzen lassen, die ihn auch für die allgemeine Bevölkerung brauchbar macht.

JeffDavis Offline



Beiträge: 448

18.10.2011 21:02
#45 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Zitat von Zettel

Was die Verhältnisse im 18. Jahrhundert angeht - da lohnten sich Raubdrucke nur dann, wenn ein Werk schon erfolgreich war, also der Autor sein Geld schon verdient hatte. Und meines Wissens waren sie auch damals nicht legal.



Bei Noten war es eher der Name des Komponisten. Bei Vivaldi, Telemann, oder den populären ital. Opernkomponisten war es der berühmte Name, mit dem die illegalen Drucker ihr Geld machten. Dabei spielt auch eine Rolle, daß der Bedarf an Noten stets größer war als die Produktion. Meines Wissens wr es zumindest in anderen Staaten als dem Heimatstaat des Komponisten legal, und das waren ja damals viel mehr Staaten als heute. Ungenehmigte Drucke erschienen durchaus in renommierten Verlagen im Ausland. Nur wenn es dem Komponisten gelang, ein Monopol vom Monarchen zu erhalten, konnte er zumindest in diesem Land die Täter verfolgen lassen, zB. Lully für Opern in Frankreich. Das war dann - wie heute - eine Frage der Durchsetzbarkeit des Rechts.

Zitat von Zettel

Und noch eine Frage: Ich verstehe immer noch nicht, wieso das Ganze ein technisches Problem ist. Wenn jeder, der beispielsweise dafür, daß er einen geschützten Text ins Internet stellt, konsequent verfolgt und hart bestraft wird (man könnte ja auch die Gesetze verschärfen), dann würde sich diese Piraterie schon in Grenzen halten lassen, denke ich.
Das Buch Sarrazins stand beispielsweise kurzzeitig im Internet. Es war meines Wissens sehr schnell verschwunden, weil der Verlag offenbar konsequent eingeschritten ist.



Das hört sich in der Theorie so einfach an. Wenn ein Buch oder eine CD aber erst einmal im Internet sind, ist es fast unmöglich, es wieder zu entfernen. Sarrazins Buch zu finden, dauert keine 15 Sek, habe ich eben geprüft. Wie wollen sie alle die einzelnen Downloader oder Uploader ermitteln? Und alle verklagen? Wie soll das praktisch gehen? Einen gewissen Effekt erzielt man, die Musikindustrie und ihre Abmahnanwälte verdienen zT schon mehr an der Verfolgung illegaler Downloads als am Verkauf der legalen CDs. Das geht einfach aber nur bei Torrents. Und zumindest in D werden bisher nur die Uploader verfolgt. Wie wollen Sie zB verhindern, daß in Rußland oder Brasilien jemand Bücher einstellt und sie jemand in D herunterlädt?

Gegen die Texte neuer staatlicher Regelungen liest sich das preußische Exerzierreglement wie das Feuilleton einer liberalen Wochenzeitschrift.

Vogelfrei ( gelöscht )
Beiträge:

18.10.2011 21:14
#46 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Zitat von Zettel
Ich sehe das alles mehr aus der Sicht der Autoren, lieber Vogelfrei. Wovon sollen sie leben? Ich habe das am Beispiel Arno Schmidt zu erläutern versucht. Und warum soll sich ein Autor die Mühe des Arbeitens machen, wenn er damit nichts mehr verdienen kann?


Eben! Arno Schmidt hat sein Geld vornehmlich mit Auftragsarbeiten für schnellebige Medien verdient. Diese haben tagtäglichen Bedarf an neuen Texten - dieses Feld wird von der Problematik des Urheberrechts höchstens tangiert. Ansonsten bleibe ich dabei, daß Ihre Behauptung, man könne, ohne das Urheberrecht in seiner heutigen Form, als Autor kein Geld mehr verdienen, genau das ist: eine Behauptung. Die Sie m. E. nicht sonderlich gut unterfüttern können. Weder Vergangenheit (Buchdruck ohne Copyright) noch Gegenwart (ähnliche gelagerte Probleme bei Musik-, Film- und Computerspielbranche) lassen, nach meinem Dafürhalten, Ihre pessimistische Sichtweise als die wahrscheinlichere erscheinen.

Zitat von Zettel
Was die Verhältnisse im 18. Jahrhundert angeht - da lohnten sich Raubdrucke nur dann, wenn ein Werk schon erfolgreich war, also der Autor sein Geld schon verdient hatte. Und meines Wissens waren sie auch damals nicht legal.


Das ist doch heute nicht anders. Wer macht sich denn die Mühe und digitalisiert ein Werk, welches niemand haben will? Wer verbreitet die digitale Version eines Werkes, das niemanden interessiert? Nein, erst kommt der Erfolg, dann diejenigen, die an diesem möglichst kostengünstig partizipieren möchten.

Zitat von Zettel
Und noch eine Frage: Ich verstehe immer noch nicht, wieso das Ganze ein technisches Problem ist. Wenn jeder, der beispielsweise dafür, daß er einen geschützten Text ins Internet stellt, konsequent verfolgt und hart bestraft wird (man könnte ja auch die Gesetze verschärfen), dann würde sich diese Piraterie schon in Grenzen halten lassen, denke ich.


Und wie soll das aussehen? Wie wollen Sie denn sämtliche Aktionen einzelner Benutzer im Internet permanent überwachen? Das ist unmöglich. Zumindest wenn man das anonyme und dezentrale Internet nicht vollends schleifen und etliche Bürgerrechte aller Nutzer mit Füßen treten möchte. Nein, der Weg muß ein anderer sein.

Und Möglichkeiten gibt es viele. Die Musikbranche bietet ihre digitalen Titel zu einem Preis an, der das kostenlose (und illegale) dowloaden schlicht unattraktiv macht. Die Filmbranche setzt seit Jahren auf Nischenmärkte für Liebhaber und (mehr oder weniger) spektakuläre 3D-Produktionen und findet offenbar ihr Auskommen. Die im Strang bereits angesprochene Computerspielbranche wiederum setzt zunehmend auf "Community" und nur online verfügbare Inhalte, beides nur zugänglich über beim Händler erworbene und registrierte Produkte. Alles Wege, die auch dem Buchhandel und seinen Protagonisten offenstehen.

Nicht das wir uns falsch verstehen: Ich bin durchaus der Meinung, daß Leistung, die man in Anspruch nimmt, entsprechend (also zu den Bedingungen, welchen man durch die Inanspruchnahme zustimmt) entlohnt werden muß! Daher verstehe ich auch nicht, wie Sie darauf kommen, selbiges werde nicht mehr geschehen, sollte das Urheberrecht massiv geändert oder gar abgeschafft werden. Denn ich glaube kaum, daß ich der Einzige bin, der so denkt und handelt.

Grüße

~~~
Die zunehmende Armut, welche allenthalben beklagt wird, scheint mir zuvörderst geistiger Natur.

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

18.10.2011 21:39
#47 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Zitat
Sie werden nur Massenware bekommen, die billig herzustellen ist; Sie werden nur Klassiker bekommen, deren Herstellung längst bezahlt ist; Sie werden Fachbücher, auf die Sie nicht verzichten können - akademische Literatur, Nachschlagewerke, klinische Literatur, Ausbildungsliteratur - nur noch zu Preisen bekommen, die Sie heute für lächerlich halten würden.



Wie kommen Sie zu dieser Behauptung. Warum sollte die Preise lächerlich sein? Da dann zu hoch? Das würde doch noch eher zu illegalem Kopieren motivieren!

Historisch lässt sich die Aussage überhaupt nicht belegen.

Ulrich Elkmann Online




Beiträge: 14.423

19.10.2011 01:09
#48 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

So unüblich sind Einübungen in einen neuen Modus gar nicht. Es gibt eine ganze Reihe von Autoren - professionellen Verfassern, nicht nur "Freizeitlyrikern", also solchen, die bei großen Verlagen unter Vertrag stehen, die ihre Werke, in toto, unter "creative commons"-Lizenzen frei zugänglich machen (als separate Buchveröffentlichungen sind sie allerdings, ob nun als "dead tree edition" oder als Ebook, zusätzlich erhältlich): Cory Doctorow etwa (der allerdings "im Hauptberuf" als Herausgeber der Netzquelle boingboing agiert), der kanadische SF-Autor Peter Watts, Lewis Shiner, und, als Autor von anspruchsvollen Sachbüchern, William Calvin, Robert Frenay und Kevin Kelly.
Doctorows Begründung lautet: Wenn potentielle Leser meine Bücher nicht kaufen, dann nicht, weil sie sie kostenlos herunterladen können, sondern weil sie noch nie etwas von mir gehört haben.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

19.10.2011 01:42
#49 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Lieber Nicolas Gomez Davila,

Zitat von Nicolas Gomez Davila
Ich denke, dass sich die Verlage ihr Grab selbst schaufeln. Sowohl die Buch- als auch die E-Book-Preise sind viel zu hoch. Wer will denn 16€ für ein E-Book bezahlen? Also ich nicht. In den USA gibt es hingegen sind E-Books wesentlich billiger und werden zum Teil in einer Preisspanne von 0- 0,99$ angeboten. Dort hat eben auch niemand den Anreiz E-Books illegal herunter zu laden. Tatsächlich gingen in den USA bei Amazon innerhalb kürzester Zeit mehr E-Books als physische Bücher über die "Ladentheke".

Das Ganze lässt sich also als ein selbstgemachtes Lobbyproblem beschreiben. Niemand kauft E-Books die genauso teuer sind wie gedruckte Werke und niemand kauft gedruckte Werke im Laden, wenn er sie bedeutend billiger schon im Internet erwerben kann.

Welche komplizierten Marketing-Überlegungen die Verlage bei ihrer Preisgestaltung anstellen, verstehe ich erst seit heute, dank der Beiträge von Siebenschlaf; vor allem diesem. Man wird ihnen da keine guten Ratschläge geben können, die sie nicht selbst schon bedacht haben. Das habe ich heute gelernt.

Herzlich, Zettel

PS: Willkommen als Aktiver im kleinen Zimmer!

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

19.10.2011 01:46
#50 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Zitat von Techniknörgler
Sie haben das ohne Verlag dazwischen ausgehandelt?

Darf ich Sie darauf aufmerksam machen, lieber Techniknörgler, daß siebenschlaf ja selbst der Verleger ist?

Herzlich, Zettel

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