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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 77 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2 | 3 | 4
Martin Offline



Beiträge: 4.129

19.10.2011 06:34
#51 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Zitat von Gorgasal

Zitat von Martin
Alle, die irgendwann ihren Lebensunterhalt mit Schreiben verdient haben haben erst mal klein angefangen. 'Klein' heißt, sie haben als 'Hobby-Weingärtner' geschrieben, und viele haben nie aufgehört als solche zu schreiben. Wer weiß, bei der sich nun ergebenden Alterstruktur in Deutschland schreiben plötzlich viele einfach zum Zeitvertreib, versorgt durch eine kleine oder große Rente.

Es ist doch mit anderen Bereichen des persönlichen Engagements auch nicht anders: Sportler der Fußball-Bundesliga räumen ab, Handballer, Kanuten, Hochspringer treiben profimäßig Sport, ohne damit ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Wir diskutieren m.E. über ein spezielles Geschäftsmodell, das irgendwann eben ganz anders aussehen wird.


Offen gestanden habe ich Bauchschmerzen bei der Argumentation "Autoren verdienen ihren Lebensunterhalt mit einem Geschäftsmodell, das halt mal anders aussehen wird, und Literatur werden wir weiterhin haben". Warum? Weil ich bislang den Eindruck habe, exakt diese Argumentation ließe sich auf beliebige andere Berufe anwenden:
- Taxifahrer lassen sich pro Kilometer bezahlen. Aber wenn wir Taxlern einfach eine "Taxi-Flatrate" zahlen oder einfach gar nichts, dann wird sich ihr Geschäftsmodell ändern. Wer weiß, vielleicht fahren plötzlich viele einfach zum Zeitvertreib?
- Ärzte werden nach GOÄ bezahlt. Aber das Geschäftsmodell ist ja auch nicht in Stein gemeißelt. Wer weiß, vielleicht doktorn plötzlich viele einfach zum Zeitvertreib?
- Klempner...
- Und so weiter...

Und bei all diesen Berufen gehen wir nicht davon aus, dass "mal eben ein neues Geschäftsmodell entsteht". Daher finde ich diese Argumentation bei Autoren und Verlagen etwas fragwürdig.

Man kann noch immer gegen das Urheberrecht sein. Aber ich finde, man sollte dann ehrlicherweise mit einem Einbruch bei Literatur und bei vielen anderen kreativen Bereichen rechnen. Und nicht auf ein Neues Geschäftsmodell(TM) vertrauen, für das es noch sehr wenig Anzeichen gibt.




Lieber Gorgasal,

ich bin nicht gegen das Urheberrecht, ich denke aber, dass die juristischen Waffen um dieses durchzusetzen nicht beliebig sein können/dürfen, nur weil die verfügbare Technologie die Durchsetzung erschweren, auch wenn dies faktisch einer Aushöhlung des Rechts gleichkommt.

Es gibt aber dazu auch pragmatische Überlegungen: Zur Durchsetzung seiner Rechtsansprüche ist es sicher nützlich, auf entsprechende juristische Potenz zurückgreifen zu können, und dies dürfte um so mehr der Fall sein, um um so mehr Geld es geht. Das heisst, es geht in erster Linie um die großen Geschäfte. Daher besteht m.E. kein Grund, sich um das Gros der kleineren Autoren Sorgen zu machen. Des weiteren wäre ja mal interessant zu verstehen, wie viel an auf illegalen Wegen erworbene Musik oder Literatur wirklich 'konsumiert' wird, d.h. es ist denkbar, dass Musik oder Literatur nie kopiert würden, wenn sie bezahlt werden müssten, das entgangene Einkommen in einer anderen Wirklichkeit gar nicht existiert.

Gruß, Martin

siebenschlaf Offline



Beiträge: 31

19.10.2011 10:57
#52 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Verehrter Herr Techniknörgler, ich bin ein bisschen allergisch gegen aggressive Töne, halten Sie sich da bitte bei mir zurück, jedenfalls sofern Sie eine Antwort von mir wollen.

Sie haben grundsätzlich zwei Sorten Literatur: Solche, die Sie haben wollen, und solche, die Sie haben müssen.

Bei der Literatur, die Sie haben wollen, kontrollieren Sie den Preis. Wenn nämlich der für Sie, rein subjektiv, zu hoch ist, dann kaufen Sie eben nicht.

Es gibt aber vielfältige Literatur, die Sie haben müssen. Ich sollte nicht sagen: die Sie haben müssen, denn Ihre persönliche Lage kenne ich nicht; ich sollte sagen: die man haben muss.

Da ist der Student, der in der Vorlesung des Herrn Professors sitzt. Diese ist wichtig, denn der Herr da vorne prüft und er ist sehr launisch, wenn man seine neueste Publikation nicht kennt.

Ich kenne die Diskussion um wissenschaftliche Publikationen von universitäten Angestellten, da ist viel in Bewegung, deswegen umgehe ich das Thema und suche mir ein neues: Sagen wir, Sie sind Arzt. Ärzte brauchen ein klinisches Wörterbuch, sie brauchen die Blutwertlisten, sie brauchen Referenzstatistiken, sie brauchen die rote Liste, sie brauchen die Verschlüsselungscodes für die Abrechnugen. Ideale Produkte für den eReader, schön in der Manteltasche, alles zusammen. Derzeit werden diese Dinge quasi kostenlos verteilt. Der Pschyrembel kostet, glaube ich, 60 EUR - so ein Ding mal gesehen? Beeindruckend! Sehr billig. Warum? Nur ein Idiot kopiert die 1.400 Seiten (oder wieviele es sind) des Pschyrembel, wenn Sie damit fertig sind, ist die Neuauflage da, dann können Sie von vorne anfangen. Der Verlag verdient Geld aus drei Gründen: (a) das Dinge geht in Massenauflage weg, (b) es ist in der Substanz fertig und wird nur aktualisiert, (c) es erscheinen alle naslang Neuauflagen. Wenn er das nun nicht mehr kann, dann wird er das Geld aus immer weniger Stückzahl herausholen müssen. Und die Kiniken zum Beispiel müssen den kaufen, denn ohne den Pschyrembel zu benutzen und sich abzusichern begeht ein Arzt leicht einen Kunstfehler. Der ist dann noch teurer.

Dieses Beispiel lässt sich fast beliebig ausweiten.

Wenn Sie als Fachmann und Bildungsbürger bisher ein Buchbudget hatten, sagen wir 150 EUR im Monat, dann sage ich Ihnen heute präzise vorher, was passieren wird: Sie werden sehr viel weniger Geld für bestimmte Bücher ausgeben, Schmökerromane zum Beispiel, Klassikerausgaben, alte Lexika, diese Sachen, das wird es herrlich billig oder gar kostenlos in digitalisierter Form geben. Natürlich wird die Qualität hier sinken, es werden keine historisch-kritischen Ausgaben mehr erscheinen, man wird von der Substanz zehren - aber na und? Was aber zugleich passieren wird, ist, dass die Preise in anderen Segmenten steigen werden, und zwar drastisch. Denn die Kosten für die Herstellung bleiben gleich. Natürlich können die Verlage Leute entlassen, rationalisieren, Aufwand runterfahren. Aber dadurch können Sie den Verlust, der in der Mischkalkulation anfällt, nicht ausgleichen, also steigen die Preise bei den Produkten, die die Leute kaufen müssen. Am Ende der Reise werden Sie sehr wahrscheinlich deutlich mehr Geld für Bücher ausgeben als die 150 EUR im Monat.

Und warum auch nicht?! Sie müssen ja bzw. man muss ja kaufen.

Nun sagen Sie: Dann wird eben illegal kopiert.

Hmmm. Seltsame Antwort.

Erstens, Sie drohen da ganz nonchalant einen Gesetzesverstoß an. Und keinen Bagatellverstoß, wie sich diese drollige Generation einzureden versucht.

"Urheberrecht mus fallen!" hört man überall fröhlich rufen. Meinetwegen, bitteschön. Aber warum dann nicht weg mit dem Recht auf den eigenen Obstgarten? Schließlich wurzeln die Bäume tief im Boden, den der Vorstadtgärtner nicht gemacht hat, und atmen Luft, die uns allen gehört. Weg mit dem Recht am eigenen Auto! Sie haben es bezahlt, sagen Sie? Na und? Ich brauche es aber nun, und man muss mit der Zeit gehen. Außerdem kann ich Ihr Lenkradschloss und Ihre Alarmanalage nach Belieben knacken und fahre halt einfach damit los, und nun?

Zweitens - und das ist der Punkt, an dem ich immer mit dem Kopf schüttle -, wer sagt Ihnen denn, dass Sie das mit dem Kopieren können? Technik ist keine Einbahnstraße. Wenn die Industrie das will, setzt sie Standards, die Sie (und ich erst recht) nicht mal im Ansatz "knacken" können. Die Industrie mag schläfrig sein, wenn sie aber mal aufwacht, bewegt sie etwas mehr Wasser als Sie und ich. Haben Sie die Neuigkeiten über das Virus Stuxnet gelesen? Sind Sie sicher, dass man Textdateien nicht mit ähnlichen Maßnahmen schützen kann? Vielleicht heute nicht, vielleicht nicht morgen, viielleicht nicht in einem Jahr, vielleicht erst in zehn. Aber die CCC- und Hacker-Romantik wird sehr schnell zu ihrem Ende kommen.

Die Systeme werden geschlossen sein und sie werden abgesichert sein. Haben Sie schon mal ein Buch verliehen? Einfache Sache. Haben Sie mal einen eReader verliehen? Problematische Sache, jedenfalls wenn Sie das Ding brauchen und Sie die Datei nicht kopieren können, ohne zu riskieren, dass eine Killerapplikation Ihre Hardware abschießt. Und haben Sie mal versucht, einen eReader auf den Tischkopierer zu legen und die wichtigsten drei Seiten für Ihren Kollegen rauszukopieren? Eben - geht nicht. Bingo!

Und dann werden Sie zahlen.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

19.10.2011 12:23
#53 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Lieber siebenschlaf,

vielen Dank für die sehr aufschlussreichen Informationen. Ich bitte um Nachsicht wenn mir immer noch nicht klar ist warum digitale Bücher sich nicht auch, ähnlich wie digitale Musik, irgendwann auf dem neuen Medium genauso gut oder schlecht verkaufen lassen sollen, wie auf dem alten.
Dass es Bücher gibt die man kaufen muss, fängt ja schon in der Schulzeit an. Und auch dort beginnt der Ansatz der Verteidiger des ausgehebelten Wettbewerbs auf dem Buchmarkt. Ein schützenswertes Gut, die Preise müssen für jeden erschwinglich sein, ganz besonders für Bücher mit geringer Auflage. Das kann man direkt übertragen auf die Diskussion um den ebenfalls wettbewerbsbereinigten Markt der Medikamente.
Aber was ist in den anderen Ländern die keine Buchpreisbindung haben (oder etwas ähnliches) wie z.B. UK und die USA, an deren Büchermarkt denn so viel schlechter als unserem, dass es gerechtfertigt erscheint dem Konsumenten einen freien Markt vorzuenthalten, weil es besser für ihn sein soll?
Können denn in den Ländern mit den besten Universitäten der Welt sich nur Wohlhabende Bücher kaufen?
Wieso gibt es auf diesen freien Märkten nach wie vor anspruchsvolle Literatur wie auch exzellente Fachpublikationen?

Viele Grüße, Erling Plaethe

Thiagor Offline



Beiträge: 2

19.10.2011 14:39
#54 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Zitat von Zettel

Das Buch Sarrazins stand beispielsweise kurzzeitig im Internet. Es war meines Wissens sehr schnell verschwunden, weil der Verlag offenbar konsequent eingeschritten ist.



Sie irren sich leider. Auf gewissen Internetseiten - die ich hier natürlich nicht verlinken darf - steht das Buch auch heute noch. Was für mich ein Indiz dafür ist, dass sich diese illegale Verbreitung selbst durch konsequentes Vorgehen kaum eindämmen lassen wird.

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

19.10.2011 21:16
#55 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Zitat von siebenschlaf
Verehrter Herr Techniknörgler, ich bin ein bisschen allergisch gegen aggressive Töne, halten Sie sich da bitte bei mir zurück, jedenfalls sofern Sie eine Antwort von mir wollen.



Den unsachlichen Vorwurf ignoriere ich mal. Es lässt sich schwer bei geschriebenem Test feststellen, ob etwas aggressiv gemeint war oder nicht. Nachfragen sind nicht aggressiv, sondern normal, wenn jemand vorgibt Insiderwissen zu haben.

Zitat

Wenn Sie als Fachmann und Bildungsbürger bisher ein Buchbudget hatten, sagen wir 150 EUR im Monat, dann sage ich Ihnen heute präzise vorher, was passieren wird: Sie werden sehr viel weniger Geld für bestimmte Bücher ausgeben, Schmökerromane zum Beispiel, Klassikerausgaben, alte Lexika, diese Sachen, das wird es herrlich billig oder gar kostenlos in digitalisierter Form geben. Natürlich wird die Qualität hier sinken, es werden keine historisch-kritischen Ausgaben mehr erscheinen, man wird von der Substanz zehren - aber na und? Was aber zugleich passieren wird, ist, dass die Preise in anderen Segmenten steigen werden, und zwar drastisch. Denn die Kosten für die Herstellung bleiben gleich. Natürlich können die Verlage Leute entlassen, rationalisieren, Aufwand runterfahren. Aber dadurch können Sie den Verlust, der in der Mischkalkulation anfällt, nicht ausgleichen, also steigen die Preise bei den Produkten, die die Leute kaufen müssen. Am Ende der Reise werden Sie sehr wahrscheinlich deutlich mehr Geld für Bücher ausgeben als die 150 EUR im Monat.

Und warum auch nicht?! Sie müssen ja bzw. man muss ja kaufen.



Das klingt ja fast so, als würden heute Fachbücher quersubventioniert werden. Das kann ich mir nicht vorstellen, aber mit einer entsprechenden Quelle belegt ließe ich mich überzeugen. Extraordinary claims need extraordinary evidence.

Zitat

Nun sagen Sie: Dann wird eben illegal kopiert.

Hmmm. Seltsame Antwort.



Wird die Legalität immer unattraktiver (und, wie sie prophezeien, teurer) gemacht, wird das die Konsequenz sein.


Zitat

Zweitens - und das ist der Punkt, an dem ich immer mit dem Kopf schüttle -, wer sagt Ihnen denn, dass Sie das mit dem Kopieren können? Technik ist keine Einbahnstraße. Wenn die Industrie das will, setzt sie Standards, die Sie (und ich erst recht) nicht mal im Ansatz "knacken" können. Die Industrie mag schläfrig sein, wenn sie aber mal aufwacht, bewegt sie etwas mehr Wasser als Sie und ich. Haben Sie die Neuigkeiten über das Virus Stuxnet gelesen? Sind Sie sicher, dass man Textdateien nicht mit ähnlichen Maßnahmen schützen kann? Vielleicht heute nicht, vielleicht nicht morgen, viielleicht nicht in einem Jahr, vielleicht erst in zehn. Aber die CCC- und Hacker-Romantik wird sehr schnell zu ihrem Ende kommen.

Die Systeme werden geschlossen sein und sie werden abgesichert sein. Haben Sie schon mal ein Buch verliehen? Einfache Sache. Haben Sie mal einen eReader verliehen? Problematische Sache, jedenfalls wenn Sie das Ding brauchen und Sie die Datei nicht kopieren können, ohne zu riskieren, dass eine Killerapplikation Ihre Hardware abschießt. Und haben Sie mal versucht, einen eReader auf den Tischkopierer zu legen und die wichtigsten drei Seiten für Ihren Kollegen rauszukopieren? Eben - geht nicht. Bingo!



Ich befürchte, Sie sind technisch auf dem Holzweg. Aber diese Neuigkeit über Stuxnet, auf die Sie anspielen, würde mich interessieren. Haben Sie vielleicht einen Link?


Eine "Killeraplikation", die Hardware zerstört, soll Raubkopien verhindern? Irgendwo müssen die Daten ausgegeben werden, dort kann man sie, gerade bei einfachen Texten, abfangen. Heutige Kameras sind gut. Offene System wird es immer geben, solange sie legal sind, da es Nachfrage danach gibt. Selbst China hat ja damit Schwierigkeiten. Sie vergessen, dass es absolut sichere IT nicht gibt. Jeder Kopierschutz ist "broken-by-design". Das liegt in der Natur der Sache. Alles was Sie sich an technischen Gegenmaßnahmen vorstellen behindert in erster Linie den einfachen Nutzer, der nicht gleich illegale Kopien massenhaft verbreiten will. Wer das will, muss sich vielleicht einmalig die dazu notwendige Software besorgen (evt. in einige Fällen auch spezielle Hardware, aber unwahrscheinlich), sich das nötige Wissen aneignen (mit großer Wahrscheinlichkeit lediglich wie man die Software bedient, die Hintergründe sind dafür unwichtig) und dann einmalig den Kopierschutz knacken. Nur einer von mehreren Milliarden Menschen muss das einmal durchführen. Der findet sich. Ist erst einmal eine DRM-freie Version im Umlauf, kann Sie ohne massive, grundgesetzwidrige Überwachung nicht mehr unterdrückt werden und selbst unter chinesischen Verhältnissen wäre eine Eindämmung schwierig. Und nun der Fakt, durch den sich die Content-Industrie bei immer mehr Restriktionen für diejenigen, die sich ans Gesetz halten wollten, selbst ins Knie schießt: Wenn ich mit der legalen Ausgabe weniger machen kann, als ich heute noch legal damit dürfte, dann wird die Legalität unattraktiver und die Illegalität nur umso attraktiver. Ist es für irgend eine Branche auf der Welt ratsam ihre ehrlichen, legalen und gesetzestreuen Kunden wegen illegalen Aktivitäten anderer zu bestrafen? Erwartet die Content-Industrie gar durch solche Maßnahmen ein gesellschaftliches Bewusstsein und Sympathien zu ihren Gunsten zu erzeugen? Wenn ja, dann ist die Content-Branche, die dümmste dieses Planeten. Denn man bestraft die Ehrlichen ja nicht nur faktisch, man bindet ihnen durch "Raubkopierer-sind-Verbrecher"-Clips (die hauptsächlich die ehrlichen DVD-Käufer zu Gesicht bekommen), jede Menge Lobby-Kampagnien zur Verschärfung des Urheberrechtes und zur rechtfertigung der faktischen Illegalisierung der Privatkopie (durch Verbot einen Kopierschutz zu umgehen) auch noch auf die Nase, dass man die Einschränkung der Rechte ehrlicher Kunden mit den Gesetzesübertretungen Dritter moralisch Rechtfertigt, obwohl genau diese Dritten hierdurch nicht tangiert werden. Die Einschränkungen betreffen einen ja nur solange, wie man sich an das Gesetz halten möchte. Es zu umgehen ist inzwischen trivial und es wird auch nicht durch zukünftige technische Entwicklungen erschwert werden, zumindest nicht bei passiv zu konsumierenden Inhalten, die keine Interaktivität beinhalten. Der Gang zur Illegalität wird umso verführerischer, wie es einfacher wird sich etwas sehr schnell illegal zu besorgen und einem als legaler Nutzer immer mehr rechtliche (faktisch aber nicht durchsetzbare) Restriktionen gemacht werden oder einem technische Einschränkungen näher gebracht werden sollen, die sich leicht durch einen nicht verhinderbaren Gang in die Illegalität umgehen lassen.



Zitat


Und dann werden Sie zahlen.




Ja, die Content-Industrie wird mit Sympathie-Verlust bezahlen. Es ist so, als würde der Einzelhandel erfolgreich Lobby dafür machen Verbraucherrechte einzuschränken und mit Kampagnen auch noch ehrliche Kunden mit der Nase darauf stoßen, dass man sie in Geiselhaft für Ladendiebe nimmt. Es wäre, als wenn man mit dieser Rechtfertigung technische Einschränkungen in die verkauften Gegenstände einbauen würde, die von Kriminellen leicht umgangen werden können, die an der Kasse nicht entfernt werden und ein entfernen dieser Einschränkungen nach Kauf illegal wäre (wodurch die technische Einschränkung nur die ehrlichen Kunden betrifft, die sich weiterhin im Rahmen des Rechts bewegen wollen).

Zitat
"Urheberrecht mus fallen!" hört man überall fröhlich rufen. Meinetwegen, bitteschön. Aber warum dann nicht weg mit dem Recht auf den eigenen Obstgarten? Schließlich wurzeln die Bäume tief im Boden, den der Vorstadtgärtner nicht gemacht hat, und atmen Luft, die uns allen gehört. Weg mit dem Recht am eigenen Auto! Sie haben es bezahlt, sagen Sie? Na und? Ich brauche es aber nun, und man muss mit der Zeit gehen. Außerdem kann ich Ihr Lenkradschloss und Ihre Alarmanalage nach Belieben knacken und fahre halt einfach damit los, und nun?



Ja gut, schränken wir als Konsequenz halt die Rechte von ehrlichen Autokäufern und -besitzern ein. Mal abgesehen davon, dass ein Auto immer nur einer gleichzeitig fahren kann und bei bedarf an X Autos auch X Autos hergestellt und produziert werden müssen und sie sich nicht einfach eines ohne nennenswerte Kosten selber erstellen (bzw. ein anderes nachbauen) könnten. Physisches Eigentum unterscheidet sich daher fundamental von intellektuellen Monopolrechten. Schränken wir aufgrund von Gemüsedieben die Verbraucherrechte von Gemüßekonsumten ein und verbieten die Nutzung von legal erworbenen Früchten zum eigenen Anbau. Ja, dass macht Sinn...

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

19.10.2011 21:25
#56 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Zitat von Techniknörgler
Nachfragen sind nicht aggressiv, sondern normal, wenn jemand vorgibt Insiderwissen zu haben.

Siebenschlaf gibt aber nichts vor, lieber Techniknörgler, sondern er ist Verleger. Und das habe ich Ihnen bereits mitgeteilt.

Ich lese gerade ein sehr schönes Buch, das in seinem Verlag erschienen ist. Wie Sie und ich und die meisten anderen tritt er hier mit einem Nick auf.

Ich sehe es als eine besonders erfreuliche Seite dieses Forums an, daß es zu vielen Themen Fachleute gibt, von denen die anderen lernen können. Das schließt selbstverständlich kritische Diskussionen nicht aus; aber bitte nicht auf der Ebene "jemand gibt etwas vor".

Das ist - und ich bitte Sie dringend, das zu beachten - nicht der Stil, in dem hier diskutiert wird.

Herzlich, Zettel

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

19.10.2011 21:42
#57 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Zitat von Zettel

Zitat von Techniknörgler
Nachfragen sind nicht aggressiv, sondern normal, wenn jemand vorgibt Insiderwissen zu haben.

Siebenschlaf gibt aber nichts vor, lieber Techniknörgler, sondern er ist Verleger. Und das habe ich Ihnen bereits mitgeteilt.

Ich lese gerade ein sehr schönes Buch, das in seinem Verlag erschienen ist. Wie Sie und ich und die meisten anderen tritt er hier mit einem Nick auf.

Ich sehe es als eine besonders erfreuliche Seite dieses Forums an, daß es zu vielen Themen Fachleute gibt, von denen die anderen lernen können. Das schließt selbstverständlich kritische Diskussionen nicht aus; aber bitte nicht auf der Ebene "jemand gibt etwas vor".

Das ist - und ich bitte Sie dringend, das zu beachten - nicht der Stil, in dem hier diskutiert wird.

Herzlich, Zettel




Eigentlich habe ich es in einer privaten Mitteilung an Siebenschlaf (abschließend) klären wollen, aber da ich heute mit meiner ersten öffentlichen Rüge in diesem Forum bedacht wurde: Ist der Vorwurf, man würde mit Gesetzesverstößen drohen, etwa der Stil dieses Forums? Sollte mein letzter Beitrag aggressiv geklungen haben, so ist dies vermutlich der Tatsache geschuldet, dass ich beim schreiben dieser Antwort, im Gegensatz zu meiner ersten Antwort auf Siebenschlaf, etwas angesäuert war und meine Gefühlsregungen sicherlich in meine Wortwahl mit einfließen. Ich habe mir nämlich den Beitrag als ganzes durchgelesen, bevor ich eine Antwort schrieb. Zur besseren Einschätzung lasse ich ihnen daher eine Kopie meiner Nachricht an Siebenschlag zukommen.

siebenschlaf Offline



Beiträge: 31

19.10.2011 21:56
#58 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Es tut mir leid, dass ich das Gespräch mit Ihnen, Herr Techniknörgler, an dieser Stelle abbrechen muss. Denn in Ihrem letzten Post stellen Sie ein paar - wenn auch wiederum betont fordernde und aggressiv vorgebrachte - Fragen, die interessant sind.

Was mich an Ihnen zuvörderst stört, ist Ihr Unwille, die Beiträge anderer - jedenfalls meiner Person - gründlich zu lesen; so scheinen Sie mich für einen Autor zu halten, jedenfalls entnehme ich das einem anderen Post von Ihnen, obwohl ich ausdrücklich gesagt hatte, dass ich in der Hauptsache (Klein-)Verleger bin.

Vor allem aber kann und werde ich keine Impertinenzen dulden.

Wir geben uns hier alle - fast alle - große Mühe, in einem unzulänglichen Medium konzentriert komplexe Themen zu diskutieren, zudem hat Zettel, ihm sei herzlicher Dank dafür, in diesem Forum ein Gesprächsklima geschaffen, das auch Gedankenexperimenten und Vorläufigkeiten Raum gibt, sofern sie rational und erntslich vorgetragen werden, das auch Konfrontationen und Streit zulässt, solange die Form gewahrt bleibt, wo der gegenseitige Respekt und die Annahme vorherrschen, dass der Andere sich genau solche Mühe gibt, seine Sache zu vertreten, wie man selbst, und ich will Teil dieses Klimas sein und nicht dieses Klima durch Beiträge gefährden, wie ich Sie Teilnehmern wie Ihnen gegenüber schreiben müsste.

Sie haben mir eine "private message" gesandt, die eine Frechheit ist. Aus Respekt vor unserem Gastgeber hier und weil ich nicht weiß, was die Gepflogenheiten sind, poste ich diese nicht Forums-öffentlich. Allerdings verkehre ich mit Ihnen nicht im Boudoir und nunmehr auch sonst nicht mehr.

Es bleibt Ihnen unbenommen, dies als Feigheit vor Ihren bestechenden Argumenten zu interpretieren, aber Sie werden bitte verstehen, dass ich auch das nicht weiter kommentieren kann.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

19.10.2011 21:58
#59 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Zitat von Techniknörgler
Sollte mein letzter Beitrag aggressiv geklungen haben, so ist dies vermutlich der Tatsache geschuldet, dass ich beim schreiben dieser Antwort, im Gegensatz zu meiner ersten Antwort auf Siebenschlaf, etwas angesäuert war und meine Gefühlsregungen sicherlich in meine Wortwahl mit einfließen.

Das geht uns ja allen gelegentlich so, lieber Techniknörgler.

Insgesamt freue ich mich, daß auch ein so emotionalisierendes Thema hier im Forum sachlich diskutiert wird. Ich frage mich seit längerem, warum es uns (auch mich) so emotionalisiert und habe dazu auch schon einmal eine Anmerkung geschrieben. Ich glaube, es ist so etwas wie ein kleiner Clash of Cultures, eine Generationsfrage. Jedenfalls zum Teil.

Herzlich, Zettel

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

19.10.2011 22:15
#60 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Ich muss dazu sagen, dass "Zettels kleines Zimmer" eines der angenehmsten Foren ist, in denen am konstruktivsten Diskutiert wird. Manchmal schaukeln auch hier Diskussionen hoch, da muss ich mich jetzt auch an die eigene Nase fassen, aber was hier als eine aufgeregte Diskussion gilt, das wäre in den meisten anderen Foren eine sachliche Diskussion, selbst in den Niveauvolleren. Daran muss man sich auch ersteinmal gewöhnen und alte Angewohnheiten ablegen. Es fällt manchmal aber auch erst nach dem schreiben des Beitrages auf.

RabenAas Offline



Beiträge: 20

19.10.2011 22:22
#61 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Lieber siebenschlaf,

Ihr Beispiel mit dem Pschyrembel ist m.E. nicht besonders gut gewählt: die gedruckte Ausgabe ist ohnehin zum Aussterben verdammt. Anstatt sich eine dicke Schwarte ins Regal zu stellen (in dessen Nähe man dann sowieso nicht sitzt, wenn man gerade dringend etwas nachschlagen müsste) ist es erheblich sinnvoller, per PC oder mobiler Applikation online zu suchen. Die Zukunft ist hier also der Lizenzvertrag über die Online-Nutzung anstelle des Buches. Andererseits ist es nachgerade erstaunlich, dass der Pschyrembel immer noch die Cash-Cow des Verlages darstellt, schließlich kann das das Roche-Lexikon (immerhin 140.000 suchbare Einträge) seit Jahren kostenlos online genutzt werden, und auch die Wikipedia hat mittlerweile eine Menge zu bieten (insbesondere eine enorme Aktualität). Das spricht dafür, dass sich doch noch viele Leute Bücher als Deko anschaffen (und schließlich will die Tante dem Neffen zum bestandenen Staatsexamen ja auch ein Geschenk überreichen können).

Zitat
Technik ist keine Einbahnstraße. Wenn die Industrie das will, setzt sie Standards, die Sie (und ich erst recht) nicht mal im Ansatz "knacken" können. Die Industrie mag schläfrig sein, wenn sie aber mal aufwacht, bewegt sie etwas mehr Wasser als Sie und ich. Haben Sie die Neuigkeiten über das Virus Stuxnet gelesen? Sind Sie sicher, dass man Textdateien nicht mit ähnlichen Maßnahmen schützen kann? Vielleicht heute nicht, vielleicht nicht morgen, viielleicht nicht in einem Jahr, vielleicht erst in zehn. Aber die CCC- und Hacker-Romantik wird sehr schnell zu ihrem Ende kommen.


Die zehn Jahre sind längst vorbei - wer im Jahr 2000 auf der Cebit war, wird sich noch an die vielen vollmundigen Versprechen der Sicherheitsindustrie erinnern, ab jetzt aber ganz bestimmt alle Arten digitaler Assets vor den bösen Raubmörderkopierern effektiv schützen zu können. Geknackt wurden sie bis heute alle, manche schneller, andere später. Der Zusammenbruch des Kopierschutzes bei Musikverkäufen kam dann nur wenige Jahre später - aber nicht etwa aufgrund der "Knackbarkeit", sondern weil die Infrastruktur des Kopierschutzes aufwendig, teuer und fehleranfällig war und von den Kunden einfach nicht akzeptiert wurde. Einen wirklich kundenfreundlichen Kopierschutz gab es nie. Nachdem selbst Apple schließlich davon abkam, war es endgültig vorbei. Und das Ergebnis: es werden wieder gute Geschäfte gemacht.

Die Verlage stehen derzeit vor genau demselben Problem. Und auch hier kann die Lösung nur lauten: schnell ein kundenfreundliches Angebot schaffen, und das bedeutet nun mal Verzicht auf Kopierschutz sowie Preise, welche die Kunden auch bereit sind zu zahlen.

Herzliche Grüße, RabenAas

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

19.10.2011 22:23
#62 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Zitat von siebenschlaf
... und ich will Teil dieses Klimas sein und nicht dieses Klima durch Beiträge gefährden, wie ich Sie Teilnehmern wie Ihnen gegenüber schreiben müsste.

Sie haben mir eine "private message" gesandt, die eine Frechheit ist.

Mit diesem zweiten Satz, lieber Siebenschlaf, befolgen Sie allerdings leider nicht das, was Sie im ersten schreiben.

Ich bitte auch Sie um Mäßigung. Ich denke, dieser kleine Konflikt ist jetzt ausgestanden und wir können diese - aus meiner Sicht sehr fruchtbare - Diskussion fortsetzen. Es wäre schade, wenn ich den Thread schließen müßte.

Herzlich, Zettel

JeffDavis Offline



Beiträge: 448

19.10.2011 22:33
#63 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Zitat von siebenschlaf

Zweitens - und das ist der Punkt, an dem ich immer mit dem Kopf schüttle -, wer sagt Ihnen denn, dass Sie das mit dem Kopieren können? Technik ist keine Einbahnstraße. Wenn die Industrie das will, setzt sie Standards, die Sie (und ich erst recht) nicht mal im Ansatz "knacken" können. Die Industrie mag schläfrig sein, wenn sie aber mal aufwacht, bewegt sie etwas mehr Wasser als Sie und ich. Haben Sie die Neuigkeiten über das Virus Stuxnet gelesen? Sind Sie sicher, dass man Textdateien nicht mit ähnlichen Maßnahmen schützen kann? Vielleicht heute nicht, vielleicht nicht morgen, viielleicht nicht in einem Jahr, vielleicht erst in zehn. Aber die CCC- und Hacker-Romantik wird sehr schnell zu ihrem Ende kommen.

Die Systeme werden geschlossen sein und sie werden abgesichert sein. Haben Sie schon mal ein Buch verliehen? Einfache Sache. Haben Sie mal einen eReader verliehen? Problematische Sache, jedenfalls wenn Sie das Ding brauchen und Sie die Datei nicht kopieren können, ohne zu riskieren, dass eine Killerapplikation Ihre Hardware abschießt. Und haben Sie mal versucht, einen eReader auf den Tischkopierer zu legen und die wichtigsten drei Seiten für Ihren Kollegen rauszukopieren? Eben - geht nicht. Bingo!



Haben Sie, lieber Siebenschlaf, denn für Ihren Optimismus konkrete Anhaltspunkte? Nach meinen Erfahrungen scheiterte die Industrie bisher mit allen Schutzmaßnahmen. Was wurde da zB bei der BluRay nicht für ein Aufwand getrieben, um ein geschlossenes und gegen Kopieren geschütztes System zu schaffen! Und was ist das Ergebnis? Null, ich bekomme jede BluRay im Internet, die ich haben will, und kann sie mit einem Softwareplayer abspielen. Ohne Regionalcode, ohne Kopierschutz, ohne BluRay-Laufwerk. Die Musikindustrie hat mit ihren Schutzmaßnahmen auch ein kapitales Eigentor geschossen (Stichwort Sony), die zT bereits strafbare Computersabotage sein könnte. Das gilt auch für Ihre Killerapplikationen, die die Hardware des Benutzers "abschießen". Wenn mich die Industrie daran hindern will, die legal gekaufte Musik-CD auf meinem eigenen PC-Laufwerk abzuspielen, dann umgehe ich eben den Schutz, und zwar problemlos.

Mit Ebooks kenne ich mich nicht sonderlich aus, da ich nach wie vor ein richtiges Buch bevorzuge. Aber im Netz sind alle beliebigen Ebook-Formate zu bekommen. Ein Gerät zum Lesen benötige ich nicht, dafür gibt es Software, die jedes beliebige Format lesen kann.

Ich kann also Ihren Einschätzung der Leistungsfähigkeit der Industrie nicht teilen.

Gegen die Texte neuer staatlicher Regelungen liest sich das preußische Exerzierreglement wie das Feuilleton einer liberalen Wochenzeitschrift.

RabenAas Offline



Beiträge: 20

19.10.2011 22:42
#64 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Lieber siebenschlaf,

ich habe noch eine Frage: wie erklären Sie, dass ein Verlag wie galileo press elektronische Versionen einiger seiner Bücher als "openbooks" kostenlos online stellt? Es handelt sich dabei keineswegs um durchweg veraltete Ausgaben oder Ladenhüter - das Buch "Java ist auch eine Insel" beispielsweise ist DAS deutschsprachige Standardwerk für die Programmiersprache Java, und die 9. Auflage ist auch die derzeit aktuellste. Eine gedruckte Ausgabe ist natürlich ebenfalls erhältlich, zum Preis von 49,90 € (angesichts von 1.482 Seiten ein völlig normaler Preis, wie ich finde). Das Angebot gibt es bereits seit mehreren Jahren.

Herzliche Grüße, RabenAas

siebenschlaf Offline



Beiträge: 31

19.10.2011 23:01
#65 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Lieber Herr Plaethe, haben Sie Dank für Ihre Reaktion.

Sie würden mich missverstehen, besser: ich hätte mich missverständlich ausgedrückt, wenn Sie annähmen, dass ich gegen eBooks argumentiere.Das will ich nicht. eBooks sind da. Punkt. Man kann nun streiten, inwieweit sie sozusagen das "Leitmedium" des Lesens werden werden; ich glaube, das würde erstens sehr lange dauern, zweitens wohl nur in bestimmten Bereichen stattfinden und drittens von einer romantisierenden Gegenbewegung begleitet sein.

In bestimmten Bereichen, davon bin ich überzeugt, macht das eBook einen glatten "Durchmarsch". Wer gern gleichzeitig in zehn Büchern "schmökert", der wird das eBook lieben. Wer viel reist und gern seine Bücher dabei hat - ein neuer eBook-Fan. Wer Fachliteratur in großer Menge zum Beispiel in Archive mitschleppen muss - noch einer. Wer ständig aktualisierte Literatur "am Mann" braucht, um nachzuschlagen - Sie sehen, es gibt viele Gruppen.

Was ich möchte, ist, klarzumachen, dass dies Konsequenzen hat. Und dies sind meines Erachtens zwei. Erstens, der qualifizierte Buchhandel wird sterben. Nicht total, aber in der Fläche. Zweitens, die Buchpreise werden einerseits drastisch sinken, andererseits explodieren, weil das Mittel der Mischkalkulation stark reduziert wird oder ganz wegfällt. Die "wahren" Kosten eines Buches werden deutlicher sichtbar.

Um das gedruckte Buch ist mir nicht "bange". Es ist viel zu tief in unserer Kultur verwurzelt und es ist in vieler Beziehung sehr praktisch. Bei aller Begeisterung für das eBook, das - halten Sie sich fest - pBook (so heißt das "printed book" jetzt in Fachkreisen!) - ist nicht bloß aus konservativ-romantischen Gründen so stark durchgesetzt.

Ich nenne Ihnen zwei Gründe FÜR das gedruckte Buch.

Stellen Sie sich vor, dass ein Mann von einem Verlag verlangt, dass seine Erwähnung in einem Buch umgeschrieben wird. Nehmen wir an, er setzt sich damit vor Gericht durch. Zum Beispiel setzt Sarah Wagenknecht - ich gehe argumentativ in die Vollen! - durch, dass sie fortan nicht mehr als "Stalinistin", sondern nur noch als "freundliche Frau mit linken Ansichten" bezeichnet werden darf. Was passiert nun mit dem Buch? Das Buch, um das es geht, in Ihrem Regal nimmt Ihnen keiner mehr. Aber das Buch auf Ihrem eReader wird seine Gestalt über Nacht ändern, sobald Amazon oder ein anderer Contentmanager dem Gerichtsurteil entsprochen hat. That's right! Das Buch auf Ihrem eReader wäre nicht mehr das, was Sie gekauft haben; denn kaufen tun Sie ja kein "Buch", sondern Sie kaufen ein Nutzungsrecht an dem digitalen Text, und Sie stimmen zu, dass dieser Text geändert werden kann. Sie glauben mir nicht? Es ist bereits geschehen, Amazon hat das bereits gemacht.

Das hat natürlich große Vorteile. Nehmen wir an, ein wissenschaftliches Werk enthält einen dicken Fehler. Zack!, die Datei wird zentral geändert und alle eReader übernehmen die Korrektur. Prima!

Nehmen wir aber an, eine zentrale Stelle beschließt, dass kein Buch mehr das Wort "Neger" aufweisen darf. Zettel sprach neulich von diesem Wunsch, bezogen auf klassische amerikanische Literatur. Sind wir uns sicher, dass wir die Option, solche Texte in ihrer digitalen Form schlagartig zu ändern, dann noch schätzen?

Dieser Punkt, ich gebe es umstandslos zu, hat einen Hauch Paranoia. Deswegen komme ich rasch zum zweiten:

Juristen sind in Sachen eReader ein bisschen die Versuchskaninchen der Nation. Als ich anfing zu studieren, empfahl man uns, Disketten mit den nötigen Gesetzen zu kaufen. Die Gründe waren klug! Haben Sie einmal die dicken Gesetzessammlungen gesehen, Loseblattwerke, die quartalsweise nachsortiert werden müssen, damit sie nur ja aktuell sind - und das dann tatsächlich einschlägige Gesetz hat man sowieso nie dabei ... ? Natürlich war die Idee, diese Dinger digital aufzubereiten, genial: Eine Diskette, alles dabei, Links auf Verweise, Links zu Kommentarstellen, eigene Anmerkungen, herrlich!

Und? Pustekuchen. Spätestens kurz vor dem Examen kehrten ausnahmslos alle wieder zu den gedruckten Gesetzessammlungen zurück.

Das ist nun zwanzig Jahre her. (Ich bestrachte dieses Faktum mit einem betretenen Gefühl.) Es hat sich nichts geändert. Jeder aktive Jurist hat Onlinezugang zu digitalen Gesetzessammlungn, und trotzdem stehen noch die dicken roten Wälzer auf jedem Schreibtisch, wirklich gearbeitet wird ausschließlich in denen. Vollgeschrieben, vollgekrickelt sind die, dutzendfach unterstrichen in den verschiedensten Farben, völlig abgegriffen.

Warum, wenn die eReader so verdammt smart sind, und Juristen ja nicht zwangsläufig dumm, romantisch, technikfeindlich oder ineffektiv? Warum?

Ein verdammt ausführlicher Feldversuch, dem die Juristen da unterworfen wurden, und ein verdammt spannendes Ergebnis. Sie haben die Wahl, sie entscheiden sich für das Papier und für das eBook als fallweise Ergänzung und das seit zwanzig Jahren. - Warum also?

Ich weiß es nicht. Meine Vermutung ist, dass es daran liegt, dass höhere geistige Aufgaben einen materialen Aspekt haben, dass das Wissen eine materielle Komponente hat, dass wir Dinge "begreifen" müssen um sie wirklich zu verstehen.

Wenn mir der erste ernstzunehmende Rechtswissenschaftler, Mediziner oder Philosoph begegnet - also bitte kein Kulturwirt, Zukunftsforscher oder Informationstechnologe, oder wie diese Fächer "with no back and no bottom" alle heißen mögen -, der zusichert, dass er sein Studium, seine Ausbildung, seine Tätigkeit ohne bedrucktes Papier und auf dem eReader absolviert hat und absolviert, dann werde ich meine Position überprüfen. Bis dahin vermute ich, dass (fast) eine ganze Generation von Juristen ein ziemlich starker Hinweis darauf ist, dass wir da etwas Fundamentales am Verhältnis von Information und Material noch nicht verstanden haben.

Karl Kraus wurde einmal ein Mann vorgestellt mit dem Worten: "Er beherrscht sechzehn Sprachen!", und Kraus antwortete unbeeindruckt: "Was müssen das für Sprachen sein. Ich kann nur eine, und die beherrscht mich." - So könnte dem Mann, der sagt, er habe tausend Bücher auf dem eBook gelesen, die Antwort entgegenschallen: "Was müssen das für Bücher sein."

Ihre anderen Fragen sind hochinteressant, erlauben Sie mir, dass ich mich kurzfasse:

Die Buchpreisbindung betrifft die Verlage kaum, sie betrifft den Buchhandel. Nehmen wir an, ich verkaufe ein Buch an den Buchhändler für 10 EUR und der schlägt 5 EUR drauf und verkauft es für 15 EUR. Dann kommt eine Buchhandelskette und bietet das Buch für 10,90 EUR an, oder für 9,90 EUR, oder für 4,90 EUR, was dann? Ich habe meine 10 EUR bereits. Was wird der Kunde tun? Er wird dort kaufen, wo es am billigsten ist. Das überlebt der kleine Buchhändler nicht, jedenfalls nicht lang. Ist der kleine Buchhändler erst einmal weg, dann allerdings wird der große nicht mehr 14,90 EUR nehmen, sondern 21,90 EUR - oder aber ich komme auf die Idee, die Bücher selbst zu verkaufen, oder aber Amazon kommt auf die Idee, den großen Buchhändler anzugreifen.

Ja, der Buchmarkt in den USA und in GB ist sehr viel schlechter als der in Deutschland. Nun denken Sie wahrscheinlich, "der spinnt", weil dort sehr viele großartige Bücher erscheinen. Nun, das stimmt. Aber sitzen Sie einmal in Deadcatsbounce in Milwaukee und versuchen dort Informationen zu der Frage zu bekommen, welcher der 10.000 neuen Romane in dieser Saison ein gutes Geschenk für Ihren Sohn wäre. Sie können nun im Internet surfen, Sie können herumfragen, Sie können die Werbetexte auf Amazon lesen oder die von den Marketingsabteilungen geschriebenen Leserkommentare - einen Fachmann für Literatur, nämlich einen Buchhändler, können Sie nicht fragen, denn den gibt es nicht mehr.

Man muss die Buchhändler nicht idealisieren, viele von denen sind die reinen Schwachköpfe, sind so etwas wie die Kaschemmenwirte des Geistes. Aber dem System der Buchhandlungen in Deutschland insgesamt sollte man etwas mehr Respekt zollen. Wir sind in der Breite immer noch ein profund gebildetes Land, und haben eben nicht nur ein paar Hochleistungszentren und drumherum Verfall. Nicht, dass dies mein Bild von den USA wäre oder von GB, aber tendenziell besteht diese Gefahr dort sehr wohl.

Und vergessen Sie bitte nicht, dass die USA ein in Jahrhunderten gewachsenes Förder- und Stipendiatswesen haben. Auf fundraiser-parties für akademische, aber auch literarische Projekte werden dort immer wieder unglaubliche Beträge gesammelt. Waren Sie einmal auf einem fundraiser-dinner, wo man 1.000 EUR für ein mieses Abendessen zahlt? Ich nicht. Mir wäre das zu teuer. Und Ihnen?

Entschuldigen Sie bitte, dass ich so lang geworden bin. Es ist halt ein spannendes Thema und ich bin beruflich vorbelastet und vielleicht deswegen etwas geschwätzig.

siebenschlaf Offline



Beiträge: 31

19.10.2011 23:13
#66 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Lieber JeffDavis, da haben Sie mich nun natürlich ziemlich am Schlaffitchen: Nein, ich kann Ihnen meinen Optimismus nicht begründen. Ich wollte auch nicht in erster Linie behaupten, ich wüsste da etwas, was Sie und andere "Laien" nicht wissen. Ich wollte nur argumentieren gegen den "dann kopieren wir das halt schwarz"-Optimismus, der vorgetragen wurde.

Die IT-Branche ist jung. Die Industrie der Alten Medien hat geschlafen. Ich glaube aber nicht, dass es systematische Gründe gibt, warum der Aufwand für das "Knacken" von Kopierschutzeinrichtungen nicht so sehr in die Höhe getrieben werden sollte, dass es sich nicht mehr lohnt.

Sie haben, vermute ich, die Entwicklung um die illegalen Tauschbörsen mitbekommen. Und diese Verfolgung war je eher unlustig, eher halbherzig, trotzdem hat das drastisch abgenommen.

Die Grundsituation ist die: Keiner in der Buch- und Medien-Industrie weiß, worauf es hinauslaufen wird, alle sichern sich nach allen Seiten ab. Wir haben "Wild West", alles ist im Fluss. Spannende Zeiten - ich bin gern heute Verleger, auch wenn die Risiken extrem sind, die Chancen sind nicht schlecht. Man ist mitten in einem Umbruch, da steht man morgens gern früh auf, weil es einfach jeden Tag was Neues gibt.

Aber die Verhältnisse werden wieder zur Ruhe kommen. Denken wir an das iPad-Modell, diesen geschlossenen Verwertungs-Kreis. Sicher, einige Tüftler kommen drumherum, aber viele, sehr viele, kaufen eben doch dort, und es werden mehr. Zeitweise haben alle Pistolen umgebunden und sich ausgetobt, mit downloads und blueboxes gespielt, aber dann kommen die ersten mit Stacheldraht und es geht anders und geordneter weiter.

Also, ich weiß in Hinsicht Kopierschutz nichts, was Sie nicht auch wissen. Ich gehe aber davon aus, dass die Sache nach allen Seiten hin offen ist, auch nach der Seite hin, dass es einerseits technisch besseren, schwerer und schwerer zu knackenden Schutz geben wird und dass es andererseits sowohl politisch als auch gesellschaftlich zunehmend den Willen geben wird, die Sache geordnet anzugehen.

Die Altherren-Romantik der Alten Medien ist vorbei. Die Hacker-Romantik der Neuen Medien wird aber auch recht bald vorbei sein. Dann haben wir Filme von den Abenteuern der Hacker in den Kinos oder auf dem BlueRay-Großbildschirm und tragen zu Karneval Hacker-Kostüme.

siebenschlaf Offline



Beiträge: 31

19.10.2011 23:21
#67 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Ja, das ist wohl wahr.

Ich bedaure das. Mit meinem Entschluss, einen kleinen Teil dieser fruchtbaren Diskussion nicht weiter zu verfolgen, ist das Problem für mich ohnehin ausgestanden.

siebenschlaf Offline



Beiträge: 31

19.10.2011 23:46
#68 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Lieber RabenAas - aber wie kommen wir alle hier nur immer auf diese Namen?

- Lieber RabenAas,

die Sache ist sehr einfach, das macht sie so kompliziert. Kein Verleger weiß mehr, als Sie wissen. Das Verlagsgeschäft ist keine Geheimwissenschaft. Sicher, es gibt Kenntnisse, die man haben muss, auch Spezialkenntnisse in Spezialgebieten. Aber bei allen Dingen, die wir hier besprechen, arbeitet jeder mit nahezu den gleichen Informationen, die Sie auch haben.

Und nun sagen Sie mir also mal, wie die Sache ausgehen wird ...

Jeder experimentiert und sichert sich zugleich ab. Die Betonung liegt auf "zugleich". Sie fragen weiter unten, warum hochwertige Bücher teilweise kostenlos angeboten werden. Ich kann nur spekulieren. Vielleicht will der Verlag ausprobieren, was läuft und was nicht. Man "verschenkt" einen Titel und beobachtet, ob die Leute das gebundene Buch trotzdem kaufen. Man will Kundenbindung erreichen, dann wäre das Marketing. Sie und ich reden darüber - gutes Marketing. Denkbar ist, der Verlag hat das Buch bereits finanziert, es ist abgeschrieben, es soll ersetzt werden, das wären interne Gründe.

Wenn aber dieses Buch kostenlos angeboten wird und dieses Modell ein Erfolg ist - warum werden dann nicht mehrhochwertige Bücher kostenlos angeboten? Das Bild ist einfach uneinheitlich, widersprüchlich, genau so, wie die Meinungen der Branche uneinheitlich und widersprüchlich sind.

Zehn Jahre - entschuldigen Sie, ich musste wirklich lachen. Das sind IT-Perioden, die wir mittlerweile als normal ansehen. Alle 12 Monate doppelte Rechnerleistung und halber Preis etc. Wie lange hören wir denn, dass Krebs geheilt werden wird? Dass wir zum Mars fliegen werden? Wo ist mein auf dem Rücken anschnallbarer Düsenantrieb, der sollte schon vor fünfzig Jahren hier sein?! - Es gibt keine Regel, die besagt, dass das, was die IT-Industrie in zehn Jahren nicht geschafft hat, nicht geschafft werden kann.

Ich vertrete nicht die Meinung, dass die IT-Industrie "unknackbare" Schutzsysteme in Kürze vorlegen wird oder überhaupt vorlegen wird; ich trete nur gegen die Meinung an, dass es einen Beweis dafür gibt, dass sie das nicht kann.

Sie bestätigen mir, dass das Beispiel mit dem Pschyrembel eigentlich doch gar nicht so schlecht gewählt ist - Sie kommen sich ja im Verlauf Ihres Arguments quasi selbst auf die Schliche. Einerseits macht die Digitaliserung des Pschyrembel erheblich Sinn; andererseits gibt es das Ding immer noch auf quasi jedem Schreibtisch.

Ich habe das in einem anderen Post anhand der Gesetzessammlungen der Juristen beschrieben. Es gibt viele Gründe für das eBook. Es gibt viele Gründe für das gedruckte Buch. Keiner hat eine Patentlösung. Also wird man es praktisch herausfinden müssen.

JeffDavis Offline



Beiträge: 448

19.10.2011 23:48
#69 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Zitat von siebenschlaf

Nehmen wir aber an, eine zentrale Stelle beschließt, dass kein Buch mehr das Wort "Neger" aufweisen darf. Zettel sprach neulich von diesem Wunsch, bezogen auf klassische amerikanische Literatur. Sind wir uns sicher, dass wir die Option, solche Texte in ihrer digitalen Form schlagartig zu ändern, dann noch schätzen?
Dieser Punkt, ich gebe es umstandslos zu, hat einen Hauch Paranoia.




Sehen Sie, aus diesem Grund würde ich immer - legal, illegal, sch*egal - versuchen, mich von dieser Bevormundung zu befreien, indem ich das Ebook auf einen anderen Datenträger kopiere, so daß es nicht verändert werden kann. So mache ich es mit meinen Musik-CDs auch (wobei ich inzwischen Musik nur am PC höre, ich besitze nur noch wenige CDs). Im Netz würde man mit ziemlicher Sicherheit auch die unzensierten Fassungen bekommen. Es geht mir dabei wohlgemerkt nur um meinen rein persönlichen Gebrauch, den ich bestimme und niemand anders.


Zitat von siebenschlaf

Wenn mir der erste ernstzunehmende Rechtswissenschaftler, Mediziner oder Philosoph begegnet - also bitte kein Kulturwirt, Zukunftsforscher oder Informationstechnologe, oder wie diese Fächer "with no back and no bottom" alle heißen mögen -, der zusichert, dass er sein Studium, seine Ausbildung, seine Tätigkeit ohne bedrucktes Papier und auf dem eReader absolviert hat und absolviert, dann werde ich meine Position überprüfen. Bis dahin vermute ich, dass (fast) eine ganze Generation von Juristen ein ziemlich starker Hinweis darauf ist, dass wir da etwas Fundamentales am Verhältnis von Information und Material noch nicht verstanden haben.



Ich arbeite als Jurist nahezu ausschließlich online. Etwa 2003/2004 habe ich sämtliche Loseblattsammlungen gekündigt, weil sie einfach nicht aktuell genug sind, und der Arbeitsaufwand des Nachsortierens in keinem Verhältnis zum Informationswert steht. Danach hatte ich noch einige Jahre zwei Abos von Fachzeitschriften für meine Spezialgebiete, die ich aber inzwischen ebenfalls gekündigt habe. Bis dort die wichtigen Gerichtsentscheidungen abgedruckt sind, vergehen Monate. Die Informationen, die ich für meine tägliche Arbeit benötige, finde ich jederzeit im Netz. Mit den Kollegen tauscht man online wichtige und aktuelle Entscheidungen, Verwaltungsvorschriften oder Runderlasse aus. Für dicke Kommentare oä. hätte ich keine Verwendung mehr. Für nicht auf spezielle Gebiete spezialisierte Kanzleien mag das nicht möglich sein, aber ich habe keine Probleme mit dieser Arbeitsweise.

Gegen die Texte neuer staatlicher Regelungen liest sich das preußische Exerzierreglement wie das Feuilleton einer liberalen Wochenzeitschrift.

Blub ( gelöscht )
Beiträge:

20.10.2011 00:05
#70 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Ist nicht heute eh 90 % der Kultur (jenseits von staatlich subventionierten Hochkulturkünstlern) Hobby, das nicht mal einigermaßen berühmte Personen (von sehr wenigen abgesehen, Zipf lässt grüßen) davon leben können? Gab es nicht letzt den Fall, dass ein Rockmusiker nicht in den deutschen Schuldienst übernommen worden ist, weil auf den Musikkanälen zu perverse Videos mit ihm liefen, also jemand, dessen Videos hoch und runter auf VIVA und co laufen, lebt eigentlich vom Schuldienst? In der klassischen Musik finden Sie das auch, dass ein hoher Anteil der angebotenen Konzerte von Leuten kommt, die sich über andere Tätigkeiten wie Musikschule finanzieren und nicht mit ihren Werken oder Auftritten. Das gilt m.E. auch für viele Autoren.

Insofern mag man provokant fragen, was ändert sich?

siebenschlaf Offline



Beiträge: 31

20.10.2011 00:06
#71 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Sie sind ein aktiver und kenntnisreicher Mensch, das leite ich aus Ihren Beiträgen hier ab. Ihnen fällt das nicht schwer, was Sie beschreiben: kopieren und speichern von Daten, absichern von Datenbeständen, diese Dinge. Aber glauben Sie, dass das ein massenfähiges Verhalten sein wird, wenn der Schwierigkeitsgrad steigt?

Um den Einzelnen mache ich mir wenig Sorgen.

Ich hatte immer eine Zettelwirtschaft - man soll im Haus des Henkers nicht vom Stricke sprechen, aber ich muss in Zettels Haus doch das Wort Zettelwirtschaft benutzen: Notizblätter, Notizbücher, Kalender, Filofax, Postits, ich hatte alles. Vor vier Wochen habe ich das alles weggeworfen und arbeite nun konsequent auf dem iPad, und das, obwohl ich sonst nie Apple benutzt habe und kein "Apple-Ästhet" bin. Funktioniert prima! Klasse Merklisten, Terminverwaltung, OneNote, Tagebuch, sogar ein Spezialprogramm für das Schreiben von Zeitungsartikeln. Ich musste mich etwas zusammennehmen, auch wirklich alles über das iPad zu machen und nicht doch noch kleine Zettel anzufertigen, aber das geht von Tag zu Tag besser und ich bin befreit und entlastet und sehr produktiv.

Aber: Geworden, was ich bin, bin ich ohne das iPad. Und wenn man mir sagen würde, ich solle die profunde Literatur, die ich alles in allem gelesen habe - so viel war es nicht ... - auf dem iPad lesen, ich wäre doch etwas irritiert.

Meine Frage an Sie wäre, haben Sie Ihr Studium und Ihre Examensvorbereitung mit digitalen Texten absolviert? Natürlich bin ich Ihnen nicht Gram, wenn Sie mir diese persönliche Frage nicht oder doch nicht hier beantworten mögen.

JeffDavis Offline



Beiträge: 448

20.10.2011 12:12
#72 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Zitat von siebenschlaf
Meine Frage an Sie wäre, haben Sie Ihr Studium und Ihre Examensvorbereitung mit digitalen Texten absolviert? Natürlich bin ich Ihnen nicht Gram, wenn Sie mir diese persönliche Frage nicht oder doch nicht hier beantworten mögen.



Als ich studiert und meine Examina gemacht habe, gab es noch keine digitalen Texte. Das war Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre. Damals habe ich ua. den Schönfelder und Sartorius benutzt, später dann im Beruf auch die diversen Loseblatt- und Beckschen Kurzkommentare. Ich kann mir gut vorstellen, daß viele Anwälte immer noch so arbeiten, aber für mich ist das unproduktiv geworden. Man kann es sich nicht leisten, auf die Informationen aus dem Netz zu verzichten, sie sind viel aktueller. Und wenn man so spezialisiert tätig ist wie ich, kann man schnell auf die gedruckte Literatur verzichten.


Sie schrieben weiter:
„Die IT-Branche ist jung. Die Industrie der Alten Medien hat geschlafen. Ich glaube aber nicht, dass es systematische Gründe gibt, warum der Aufwand für das "Knacken" von Kopierschutzeinrichtungen nicht so sehr in die Höhe getrieben werden sollte, dass es sich nicht mehr lohnt.
Sie haben, vermute ich, die Entwicklung um die illegalen Tauschbörsen mitbekommen. Und diese Verfolgung war je eher unlustig, eher halbherzig, trotzdem hat das drastisch abgenommen.“

Interessanter Punkt. Die Industrie könnte es schaffen, das Kopieren so kompliziert zu machen, daß es für den DAU zu schwierig wird. Aber der muß es ja auch nicht können. Es genügt, wenn ein Profi den Kopierschutz knackt, dann verbreitet sich das sehr schnell im Netz. Bei Bluray war es jedenfalls so, und bei den Regionalcodes der DVD auch. Das Fiasko von Sony hat zudem gezeigt, daß die Industrie schnell eine Grenze erreicht, ab der dann der Normalkunde einfach nicht mehr kauft, bzw. sich die Firma womöglich selbst strafbar macht. Bisher haben alle Schutzmaßnahmen nur die Käufer legaler CDs und DVDs behindert und verärgert.

Abgesehen von einigen Wochen Napster-Nutzung, bevor die Firma dicht gemacht wurde, habe ich keine Erfahrung mit Tauschbörsen. Ich fand das damals ungeheuer spannend, wie einfach man an die Musik gelangen konnte. Man brauchte keine kpl CD mehr kaufen, auch wenn man nur ein einzelnes Lied haben wollte. Man fand Stücke, die es auf CD nicht oder nicht mehr gab. Man konnte Musik ausprobieren. Ich habe sogar damals eine Reihe von CDs gekauft, nachdem ich Musik des Künstlers über Napster gehört hatte. Heute nutze ich keine Tauschbörsen, weil mir die Virengefahr zu groß ist. Soweit ich weiß, sind da in der Mehrzahl Kinder, Jugendliche und Ahnungslose unterwegs. Der Rest hat andere Quellen. Auch darf man nicht vergessen, daß über die Torrents auch sehr viel legale Dateien verteilt werden.

In D hat sich übrigens eine regelrechte Abmahnindustrie entwickelt, halbherzig ist die Verfolgung in den Börsen also keineswegs. In vielen Fällen verdient die Firma mehr an der Abmahnung illegaler Downloads als am Verkauf der CD. Für die beteiligten Anwälte ist das eine lukrative Sache. Auf Internet-law.de zB findet man zu diesen Auswüchsen eine Menge fachkundiger Informationen.

Warum der Download aus Tauschbörsen abgenommen hat, weiß ich nicht genau. Meiner Meinung nach eher, weil Kinder und Jugendlichen andere Interessen haben, es praktikable legale Downloadseiten gibt, sich ein gewisser Sättigungseffekt eingestellt hat, und natürlich längst viel bessere Quellen zur Verfügung stehen, wo keine Abmahnanwälte und dergl. unterwegs sind.


„Die Grundsituation ist die: Keiner in der Buch- und Medien-Industrie weiß, worauf es hinauslaufen wird, alle sichern sich nach allen Seiten ab. Wir haben "Wild West", alles ist im Fluss. Spannende Zeiten - ich bin gern heute Verleger, auch wenn die Risiken extrem sind, die Chancen sind nicht schlecht. Man ist mitten in einem Umbruch, da steht man morgens gern früh auf, weil es einfach jeden Tag was Neues gibt.“

Ja, da stimme ich Ihnen zu. Und genau weil wir uns in einem Umbruch befinden, sollte der Gesetzgeber auch dafür sorgen, daß die Marktteilnehmer selbst die zukünftigen Geschäftsmodelle und -wege entwickeln können. Es ist bedenklich und kontraproduktiv, wenn er – wie derzeit - im Urheberrecht einseitig diejenigen begünstigt, die lediglich mit seiner Hilfe versuchen, die wirtschaftlichen Folgen ihres eigenen Versagens zu minimieren. Das betrifft vor allem die Film - und Musikindustrie. Aber auf internet-law.de werden Sie auch Artikel zum geplanten Leistungschutzrecht für Verleger finden. Hochinteressant, wie ich finde.

Ebenso abwegig und kontraproduktiv ist es meiner Ansicht nach allerdings auch, das Urheberrecht ganz oder im Kern abschaffen zu wollen. Auf den gerechten Ausgleich zwischen den Interessen des Urhebers und des Nutzers kommt es an. Dann minimiert sich auch das Problem mit den Tauschbörsen etcpp..

Gegen die Texte neuer staatlicher Regelungen liest sich das preußische Exerzierreglement wie das Feuilleton einer liberalen Wochenzeitschrift.

Llarian Offline



Beiträge: 6.920

21.10.2011 20:57
#73 rein technischer Aspekt Antworten

Zitat von siebenschlaf
Sie haben, vermute ich, die Entwicklung um die illegalen Tauschbörsen mitbekommen. Und diese Verfolgung war je eher unlustig, eher halbherzig, trotzdem hat das drastisch abgenommen.


Das ist ein Irrtum. Es ist nur nicht mehr ganz so offen wie zur Zeiten von Napster, Fasttrack, emule oder Torrents. Die Karawane ist schlicht weitergezogen und nach meinem Dafürhalten ist das Verschaffen von Content heute wesentlich leichter als zu Zeiten von Napster. Als Napster oder Fasttrack aktuell waren wurden einzelne Stücke kopiert, manchmal vielleicht eine CD. Heute gehen Gesamtwerke in Minuten durch die Datennetze, gut dezentral organisiert und ausgesprochen schwer angreifbar.

Ich frage mich dabei, liebe(r) siebenschlaf, wie Sie sich das rein technisch denn vorstellen. Ich darf vom Hintergrund her sagen, dass ich mal Informatik studiert habe,und mich währenddessen und auch danach auch recht gut mit dem Thema Sicherheit und Kryptographie beschäftigt habe. Ich sage Ihnen aus diesem Hintergrund heraus, dass ich keine technische Möglichkeit sehe, wie Sie es schaffen wollen, Texte, Musik oder Filme mit einem effektiven Kopierschutz zu versehen, ohne gleichzeitig die Technik grundlegender umzustellen, als es die Einführung der Flachbildschirme gegenüber den Röhrenmonitoren war. Ich wüsste kein physikalisches Prinzip, dass es jemandem unmöglich machte einen Bildschirm zu filmen, ein Musikstück aufzzuzeichnen oder ein Buch zu scannen. Das hat schon zu Zeiten der analogen Technik nie funktioniert und die digitale Technik hilft uns da nicht weiter. Ich will nicht ausschliessen, dass eine solche Technik irgendwann existiert, aber was nützt Ihnen eine Technik, wenn sie erst in 10 Jahren da ist und erst in 25 Jahren verbreitet ? Bis dahin ist das Kind doch lange in den Brunnen gefallen.

Zum zweiten frage ich mich, ob Sie meinen (ist eine ehrliche Frage), dass dieser "Krieg" denn gewonnen werden kann. Ich für meinen Teil habe über die letzten Jahre den Eindruck bekommen, die Medienindustrie WILL diesen Krieg. Und sie fängt ihn auch ziemlich gut an, nicht nur, dass sie Millionen ihrer User kriminalisiert, sie bekämpft auch die Bürgerrechte der anderen und setzt noch die Sahnehaube obendrauf, indem sie ihre Kunden auch noch verhöhnt. Wie will man eine solchen Auseinandersetzung gegen die eigenen Kunden gewinnen ? Ich frage mich das wirklich und ich frage mich noch viel mehr, wieso hochbezahlte Manager glauben, dass sie diesen Krieg gewinnen können.
Jeder User, der erfolgreich verklagt wird, wird dadurch nicht zum "ehrlichen Kunden", im Gegenteil, er wird aller Vorraussicht nach jedwelches Produkt aus diesem Bereich in Zukunft meiden oder sich noch besser absichern. Und wird mindestens 10 anderen Leuten erzählen, was passiert ist, die im Endeffekt genau das selbe tun. Ich verstehe ehrlich nicht wer in der Industrie auf Kampagnen ala "hart aber gerecht" kommt. Merken die eigentlich nicht, dass sie damit ihren Ast absägen ?

Da Sie Verleger sind, würde mich interessieren, wie Sie das sehen. Ich verstehe es nämlich wirklich nicht. Man kann vom Urheberrecht halten was man will (ich halte wenig davon), aber schon aus rein praktikablen Motiven heraus müsste man ganz sicher anders handeln, als man das heute tut. Von meinem Verständnis her (und da wo ich arbeite ist dem auch so), kann ein Anbieter egal welcher Leistung, nur dann auf dem Markt bestehen, wenn er sich mit seinem Kunden arrangiert. Ihn zu bekämpfen ist dabei das dümmste was man tun kann. Doch statt sich Gedanken zu machen, wie man seine Kunden dazu bringt, Leistung auch entsprechend zu vergelten, macht man sich lieber Gedanken wie man den Kunden maximal verprellt. Ich verstehe es nicht.

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

21.10.2011 23:20
#74 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Vielleicht, lieber Llarian, aber nur vielleicht, haben wir es hier mit einem ähnlichen Überlegenheitsgefühl zu tun, wie bei "Gutmenschen", wenn auch nicht nur und nicht in erster Linie moralisch. Man fühlt sich bei den klassischen Verwertern vielleicht dem gemeinen Kunden gegenüber intellektuell überlegen. Die alten Strukturen seien nicht nur zur Finanzierung wegen, sondern auch zur Sicherung der Qualität notwendig. Dieses Selbstbild, ob gerechtfertigt oder nicht, zeigt sich dann auch durch einen abwertenden, die Qualität in Gefahr sehenden Blick auf die USA und andere deregulierte Kultur-Märkte, in denen die Preise (z.B. für eBooks) niedriger sind und die sich an die neuen Gegebenheiten langsam anzupassen scheinen, der Status Quo und der Einfluss der alten Marktakteure also noch stärker im Wandel ist, da weniger durch Gesetze und undynamische Wirtschaftsstrukturen geschützt.

R.A. Offline



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24.10.2011 19:04
#75 RE: Zitat des Tages: Der Umsatz von Büchern bricht ein Antworten

Zitat von siebenschlaf
Warum sollen die Herstellungs- und Vertriebskosten beim digitalen Buch ungleich niedriger sein als beim gebundenen?


Weil das Kopieren einer Datei und Versenden über Internet viel preiswerter ist als der Druck eines Buchs, der physische Transport zu Grossist und Buchhändler und der Betrieb einer Buchhandlung.

Zitat
Von dieser Annahme nämlich hängt in dier Diskussion viel ab.


Richtig.
Solange der (allgemein vermutete) Preisvorteil der E-Books nicht mit einem fairen Anteil auch beim Käufer landet, fühlt sich dieser natürlich ausgenutzt - damit ist die Akzeptanz von E-Books bzw. die Akzeptanz des Kaufs von E-Books minimal.
Wobei die Konsequenz dabei nicht allgemein die Schwarzkopie ist - das ist Verbandspropaganda. Sondern üblich ist das Ausweichen auf preiswerte ausländische E-Books und die kostenlosen Klassiker.
Das sehe ich bei mir persönlich: Seit ich mein iPad habe, sind meine Ausgaben für Bücher drastisch gesunken. Nicht weil ich weniger lese (im Gegenteil), sondern weil ich die Preisgestaltung unfair finde.

Die Frage ist natürlich, ob die Vermutung beim Preisvorteil stimmt - dazu ist Ihr Beitrag sehr informativ.

Zitat
Der Druck macht Summa summarum etwa 10 bis 20 % aus, je nach Ausstattung.


OK, das mindestens sollte sich im Preis wiederfinden.

Zitat
Soll ich am Satz sparen?


Da würde ich jetzt laienhaft sagen: Ja. Ich gehe vom normalen EPub-Format aus, und da wird der Text ja ohnehin auf dem Reader (nach Vorgaben des Benutzers in Bezug auf Schriftgröße etc.) umgebrochen. Der Zusatznutzen von Satztätigkeiten bei E-Books ist mir nicht klar. Aber das ist wohl auch der geringste Kostenfaktor.

Zitat
Soll ich am Lektorat sparen?


Nein. Der Autor und der Verleger (incl. Lektorat) sollen m. E. ähnlich verdienen wie bisher, auch mit einer ähnliche Mischkalkulation aus niedrigen und hohen Auflagen. Wenn ich ihren weiteren Ausführungen folge, scheinen die Kosten für all dies bei etwa 25% des derzeitigen Endpreises zu liegen, die wären also auch für ein E-Book fällig.

Zitat
Und der Vertrieb?


Da sollte eigentlich der Hauptspareffekt sein. Der kostet bisher also 30-40% (mir ist nicht ganz klar, wo in ihrer Kalkulation der Großhandel bleibt, wahrscheinlich in diesem Prozentsatz drin).
Und ich behaupte jetzt mal, ein gutes Internet-Portal zum Vertrieb von E-Books müßte mit 20% ganz locker finanzierbar sein. Rechnerkapazität und Bandbreiten sind eigentlich vergleichsweise anspruchslos, ein vernünftiges Zahl- und Abrechnungs-system muß halt integriert werden, und nach Geschmack Zusatzfunktionen wie Kommentare und Empfehlungen.

Überschlägig müßte es also möglich sein, E-Books für etwa die Hälfte des Preises von gedruckten Büchern anzubieten, und Autoren und Verleger hätten weiter ihr Auskommen (vielleicht sogar etwas besser, wegen der geringeren Risiken/Vorfinanzierungen).

Aber da kommt jetzt der Hammer:

Zitat
Amazon nimmt 55 % Rabatt.


Und damit ist natürlich der eigentlich durch Umstellung auf E-Books erzielte Preiseffekt fast komplett weg bzw. den kassiert Amazon. Eine traumhafte Rendite, durch massiven Einsatz von Marktmacht.

Es ist wohl schwer möglich, daß ein einzelner Verleger dieses Problem angeht (obwohl man darüber diskutieren könnte, wie sicher die Marktstellung von Amazon wirklich ist). Aber das ist hier ja auch nicht das Thema.

Denn wir reden hier ja über die ganze Branche. Die Frage ist ja, wie die insgesamt mit dem Thema E-Books umgeht. Und da halte ich die bisherige Hochpreis-Strategie für hochgefährlich, das kann wirklich in die Sackgasse führen.

Aber wenn umgekehrt die Branche (also wenigstens eine Reihe von führenden Verlagen) eine realistische Preisstrategie für E-Books fährt, dann wäre das Thema "Schwarzkopien" m. E. marginal. Und wenn genug Verlage entweder auf Amazon-Konkurrenten setzen oder ein eigenes Internet-Angebot aufbauen - dann müßte sich Amazon m. E. vom hohen Roß runterbegeben und könnte nur noch einen üblichen Aufschlag nehmen.
Ich habe aber nicht das Gefühl, daß die Branchenvertreter die Entwicklung dieses Markts wirklich verstanden haben. Die agieren nur defensiv und (wie von Llarian beschrieben) gegen ihre eigenen Kunden.

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