Zitat von PhilanthropWarum eine gewachsene liberale Partei vernichten, damit sich eine neue bilden kann. Das ist eine Argumentation, die mir so gar nicht einleuchtet.
Naja, die allgemeine Wahrnehmung (hier im Forum) ist ja die, dass die FDP-Spitze gerade dabei ist die Partei zu vernichten. Warum sie das sehenden Auges tut leuchtet mir zum Beispiel nicht ein. Hier und in nahestehenden Blogs tummeln sich ja doch einige FDP-Mitglieder, und ich mir fällt spontan keiner davon ein, der die derzeitige Parteilinie aus Überzeugung gutheißt. Da wird schon staunend mitangesehen, wie die Führung die Karre gen Abgrund rollen lässt (oder in die nicht nachgefragte Richtung "mitfühlender", oder "ganzheitlicher" Liberalismus )
Beste Grüße, Calimero
---------------------------------------------------- "Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande" - De civitate dei, IV, 4, 1. Übers.: Papst Benedikt XVI, Rede vor dem Deutschen Bundestag am 22. September 2011
Zitat von PhilanthropZu Philipp Rösler möchte ich einen Vergleich aus dem Fußball wählen: Es sind immer die Vereine am erfolgreichsten, die lange auf einen Trainer, auf ein Konzept setzen.
Völlig richtig. Man muß Politikern auch Zeit lassen, sich zu entwickeln. Mein Lieblingsbeispiel ist Genscher. Der galt anfangs als Provinztrottel (auch wegen seines sächsischen Akzents), sein Wechsel ins Außenamt wurde mindestens so verspottet wie der Westerwelles. Und irgendwann hatten sich die Leute an ihn gewöhnt, und am Ende wurde er fast zum Nationalheiligen.
Zitat Er ist ein sehr intelligenter und nachdenklicher Mann, der m.E. aber sehr genau weiß, was er will und der mit Ruhe seinen Weg geht.
Das ist auch mein Eindruck. Und er erinnert mich fatal an Wolfgang Gerhardt. Ein ganz hervorragender Politiker, auch vorher in der Landespolitik sehr erfolgreich - aber er brachte nicht die schnellen Erfolge, die man an der Bundesspitze sehen wollte. Und seine seriöse Art wurde in der hektischen Medienszene nicht goutiert. Und deswegen wurde er am Ende abgesägt. Hoffentlich läuft das nun bei Rösler nicht ähnlich.
Zitat von Zettel, Hervorhebung von mir(Im Oktober dieses Jahres sind es übrigens genau dreißig Jahre, daß Helmut Schmidt als Kanzler gestürzt wurde).
Ja, so war das, lieber Gorgasal. Er wurde gestürzt, als der bisher einzige deutsche Kanzler; und zwar mit Hilfe eines konstruktiven Mißtrauensvotums. Die anderen beendeten friedlich ihre Amtszeit, erhielten kein neues Mandat vom Wähler oder traten zurück.
Es ist interessant, daß Sie über diesen Sachverhalt gestolpert sind. Was war denn der Stolperstein?
Zitat von ZettelWarten wir ab, was die Deutschen in dreißig Jahren über die Leistung Angela Merkels sagen werden.
So lange wird man nicht warten müssen. Merkels wesentliche Taktik besteht ja darin, die Probleme in die Zukunft zu verschieben. Es gibt bisher keine einzige Reform, keine Problemlösungsmaßnahme von ihr - während es beim ansonsten kompletten Versager Schröder immerhin Hartz gibt, schlecht konstruiert, aber immerhin eine größere Maßnahme mit gewissen Erfolgen.
Merkel war bisher mit drei großen Herausforderungen konfrontiert: 1.) Die "Finanzkrise". Da war sie noch in der großen Koalition, man hat sich generell vor allem gegenseitig blockiert - und deswegen hat die Regierung im wesentlichen das Richtige gemacht: Nichts. Und entsprechend schnell hat sich Deutschland wieder erholt. 2.) Fukushima. Das war eigentlich keine Herausforderung für Deutschland, wurde aber von den Medien dazu gemacht. Und Merkel hat sich dieses Problem vom Tisch geschafft, indem sie einfach umgekippt ist und völlig unverantwortlich auf Populismus gemacht hat. 3.) Die Schuldenkrise. In der Merkel eigentlich von Anfang an immer nur Zeit gekauft hat, indem sie Deutschland für immer höhere Beträge an ausländischen Schulden haften ließ.
Weder bei der Energiefrage noch bei der Schuldenfrage hat Merkel substantiell Maßnahmen ergriffen, um die Folgen ihrer Entscheidungen abzufangen. Weder gibt es ein realistisches Konzept für die künftige deutsche Energieversorgung, noch gibt es irgendeine Idee, wie Deutschland die vielen hundert Milliarden stemmen soll, die die "Eurorettung" kosten wird. In beiden Fällen agiert sie einfach nur nach dem Motto: "Nach mir die Sintflut".
Und entsprechend sind die heutigen Meinungsumfragen nur begrenzt interessant. Das Urteil in der Öffentlichkeit wird dann kippen, wenn die Folgen von Merkels Versagen zu spüren sind. Und dann wird man wahrscheinlich zum Schluß kommen, daß noch nie ein Kanzler dem Land so geschadet hat.
Zitat von Zettel, Hervorhebung von mir(Im Oktober dieses Jahres sind es übrigens genau dreißig Jahre, daß Helmut Schmidt als Kanzler gestürzt wurde).
Ja, so war das, lieber Gorgasal. Er wurde gestürzt, als der bisher einzige deutsche Kanzler; und zwar mit Hilfe eines konstruktiven Mißtrauensvotums. Die anderen beendeten friedlich ihre Amtszeit, erhielten kein neues Mandat vom Wähler oder traten zurück.
Es ist interessant, daß Sie über diesen Sachverhalt gestolpert sind. Was war denn der Stolperstein?
Oha... ganz peinlich...
Ich hatte "Helmut Kohl" (statt "Schmidt") gelesen und es als Freudsche Fehlleistung Ihrerseits gelesen, dessen Wahl 1982 als seinen Sturz verkaufen zu wollen.
Sozusagen eine Freudsche Verfreudung meinerseits. Sehr meta.
Einziger Erklärungsansatz meinerseits: die Nacht mit dem Nachwuchs war hart. Bitte um Entschuldigung!
-- Defender la civilización consiste, ante todo, en protegerla del entusiasmo del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito
Prof. Baring, im Interview bei Cicero-Online, hat seine bis noch vor ein paar Monaten freundliche Haltung gegenüber Merkels Politik offensichtlich gründlich revidiert: "Ich habe Angela Merkel wegen ihrer hohen Intelligenz und ihres immensen Fleißes immer sehr geschätzt, und besonders gefiel mir ihre Uneitelkeit. Aber seit ihrem abschätzigen Urteil über das Sarrazin-Buch im vergangenen Jahr, von dem sie einräumte, es nicht gelesen zu haben – was sie aber nicht hinderte, es „nicht hilfreich“ zu nennen und den Autor als Bundesbanker untragbar zu finden –, hat sie mehr und mehr die Bodenhaftung verloren. Es ging weiter mit der Abschaffung der Wehrpflicht ohne eine ernsthafte öffentliche Diskussion über absehbare Gefahrenlagen, Alternativen und deren Kosten. Danach kam die völlig überhastete, undurchdachte Kehrtwende in der Kernenergie, die mit unseren europäischen Partnern nicht abgestimmt war. Ihre Kurzatmigkeit findet nun ihren vorläufigen Höhepunkt im Hin und Her bei der Eurorettung. Mit den Versuchen, die jetzt unternommen werden, lässt sich die Krise um die Gemeinschaftswährung jedenfalls nicht beheben. Meiner Meinung nach hat Angela Merkel wiederholt den Kompass verloren. Sie hat Markenzeichen bürgerlicher Politik, wozu auch ein bestimmtes Familienbild und unsere westliche Bündnistreue gehören, aus Gründen des Machterhalts fallen gelassen. Es geht ihr nur noch um die Anpassung an den Zeitgeist. Mal nähert sie sich den Grünen, dann wieder der SPD. Diese bewusste Vagheit ist verhängnisvoll für ihre eigene Partei, die alle Markenzeichen davonschwimmen sieht, und natürlich für unser Land."
Zitat von PhilanthropZu Philipp Rösler möchte ich einen Vergleich aus dem Fußball wählen: Es sind immer die Vereine am erfolgreichsten, die lange auf einen Trainer, auf ein Konzept setzen.
Völlig richtig. Man muß Politikern auch Zeit lassen, sich zu entwickeln. Mein Lieblingsbeispiel ist Genscher. Der galt anfangs als Provinztrottel (auch wegen seines sächsischen Akzents), sein Wechsel ins Außenamt wurde mindestens so verspottet wie der Westerwelles. Und irgendwann hatten sich die Leute an ihn gewöhnt, und am Ende wurde er fast zum Nationalheiligen.
Zitat von Uwe RichardSie meinen doch nicht etwa diesen Herrn Genscher?
Doch, genau den. Und obwohl ich in manchen Punkten meine Vorbehalte gegenüber Genscher habe - beim Umweltschutz war er gut.
Denn in der Tat hat die FDP dieses Thema in Deutschland durchgesetzt, da war von den Grünen noch gar keine Rede. Und die damals installierten Gesetze waren vernünftig, mit Augenmaß und auf Wirkung bedacht. Alle wesentlichen Verbesserungen im Umweltbereich beruhen auf diesen Maßnahmen.
Was danach kam war meist nur noch Symbolpolitik, bürokratisch und teuer, und meist entweder wirkungslos oder fast kontraproduktiv.
Zitat von Uwe RichardSie meinen doch nicht etwa diesen Herrn Genscher?
Doch, genau den. Und obwohl ich in manchen Punkten meine Vorbehalte gegenüber Genscher habe - beim Umweltschutz war er gut.
Denn in der Tat hat die FDP dieses Thema in Deutschland durchgesetzt, da war von den Grünen noch gar keine Rede. Und die damals installierten Gesetze waren vernünftig, mit Augenmaß und auf Wirkung bedacht. Alle wesentlichen Verbesserungen im Umweltbereich beruhen auf diesen Maßnahmen.
Was danach kam war meist nur noch Symbolpolitik, bürokratisch und teuer, und meist entweder wirkungslos oder fast kontraproduktiv.
Wenn das so ist, frage ich mich allerdings, wieso das von den Vertretern der FDP so gut wie nie thematisiert wird und weswegen das niemandem außerhalb der FDP bekannt ist, denn der Grundsatz: Tue Gutes und rede darüber, ist ein so schlechter nicht.
Das schlechte (öffentliche, oder besser veröffentlichte) Image der FDP ist folglich schlechtem Marketing geschuldet. Da sollte, ja muss, nachbebessert werden.
Mit freundlichem Gruß
-- „Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar“ – sagt Ingeborg Bachmann
Zitat von Uwe RichardWenn das so ist, frage ich mich allerdings, wieso das von den Vertretern der FDP so gut wie nie thematisiert wird ...
Na ja, das ist 30-40 Jahre her und interessiert im politischen Tagesgeschäft nicht mehr wirklich. Und natürlich ist es völlig unmöglich, solche Fakten in den Medien durchzubekommen. Selbst bei den wenigen nicht-linken Journalisten ist das Weltbild "den Umweltschutz haben wir den Grünen zu verdanken" fest zementiert, die würden sich nur lustig machen über jeden Politiker, der hier die Wahrheit erzählt.
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