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Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 95 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

08.02.2012 19:15
#26 RE: US-Präsidentschaftswahlen 2012 (16): Schwung für Rick? Antworten

Zitat von Rayson

Zitat von stefanolix
Wenn das folgende stimmt, dann ist er allerdings wirklich »ultrakonservativ« und wäre für mich als Mensch mit liberalen Grundsätzen absolut unwählbar




Ich brauche für diejenigen, die ich nicht wählen würde, keine Extrembezeichnungen. Und ich halte sie auch ansonsten nicht für sinnvoll. Überlassen wir das "Ultra" doch den Spülmitteln.




Das muss man sich mal vorstellen: Santorum ist sogar gegen das Recht verheirateter Ehepaare, in eigener Verantwortung ein Verhütungsmittel zu verwenden. Dazu ist er auch noch ausdrücklich homophob. Nein, für diesen Menschen brauche ich die Vorsilbe »ultra« wirklich nicht: »repressiv und antiliberal« charakterisiert ihn viel besser — um auf der sachlichen Seite zu bleiben ;-)




Edit: Ich muss es auch hier noch einmal konkretisieren: Santorum will ja nicht etwa aus seinem Glauben heraus gegen Verhütung argumentieren oder die Leute von seiner Meinung überzeugen. Das könnte man ja im Rahmen des Wettbewerbs der Meinungen akzeptieren. — Nein: Er bestreitet, dass man aus der Verfassung das Recht eines Ehepaars auf Privatsphäre und speziell auf Verhütung ableiten kann. Er will letztlich erreichen, dass der Staat den verheirateten Paaren die Verwendung der Verhütungsmittel wieder verbietet, so wie es bis in die 1960er Jahre hinein war.

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

08.02.2012 19:45
#27 RE: US-Präsidentschaftswahlen 2012 (16): Schwung für Rick? Antworten

Zitat von stefanolix
Das muss man sich mal vorstellen



Wie hier schon gesagt: Das ist römisch-katholische Lehrmeinung.

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

08.02.2012 19:45
#28 Wikipedia und Wirklichkeit Antworten

Zitat von stefanolix

Zitat von Wikipedia-Artikel über Santorum
Santorum hat öfters ausgesagt, er glaube nicht an ein Recht auf Privatsphäre in der Verfassung, auch nicht innerhalb der Ehe. Deshalb ist er ein besonderer Kritiker der Entscheidung des Supreme Court im Fall Griswold v. Connecticut aus dem Jahr 1965, in dem das Recht von Ehepaaren, Verhütungsmittel zu erwerben und zu benutzen, festgestellt wurde.

Lieber Stefanolix, bei solchen politischen Themen traue ich der deutschen Wikipedia grundsätzlich nicht, und der internationalen auch nicht immer.

Das, was Sie zitieren, wird ohne Beleg einfach behauptet. Es ist offenbar aus der internationalen Wikipedia abgeschrieben, wo es heißt:

Zitat
Santorum has stated that he does not believe a "right to privacy" is part of the Constitution; he has been critical of the Supreme Court decision in Griswold v. Connecticut (1965), which held that the Constitution guaranteed that right, and overturned a law prohibiting the sale and use of contraceptives to married couples.

Die Übersetzung ist nicht nur schludrig, sondern derjenige, der diese Passage in der deutschen Wikipedia geschrieben hat, hat entweder nichts verstanden, oder er agitiert bösartig.

Die richtige Übersetzung lautet (Hervorhebungen von mir):

Zitat
Santorum hat erklärt, er sei nicht der Meinung, daß ein "Recht auf Privatheit" Teil der Verfassung sei; er kritisiert die Entscheidung des Obersten Bundesrerichts in der Sache Griswold vs. Connecticut (1965), die urteilte, daß die Verfassung dieses Recht garantiert, und ein Gesetz annullierte, das den Verkauf von Verhütungsmitteln an verheiratete Paare und deren Verwendung verbot [138].


Die Anmerkung 138 führt zu diesem Artikel von Santorum aus dem Jahr 2005.

Wenn man ihn liest, dann wird klar, wie irreführend die deutsche und wie verkürzt die internationale Wikipedia das darstellt.

Es geht dem Juristen Santorum nämlich überhaupt nicht um das Recht auf Privatheit als solches. Er schreibt ausdrücklich, daß er das Verbot in dem annullierten Gesetz von Connecticut mißbilligt.

Es geht im darum, daß der Supreme Court in seiner Rechtsprechung nach seiner - Santorums - Auffassung die Verfassung extensiv auslegt und in sie Dingen hineininterpretiert, die dort gar nicht stehen.

Herzlich, Zettel

C. Offline




Beiträge: 2.639

08.02.2012 19:48
#29 RE: US-Präsidentschaftswahlen 2012 (16): Schwung für Rick? Antworten

Zitat von stefanolix

Das muss man sich mal vorstellen: Santorum ist sogar gegen das Recht verheirateter Ehepaare, in eigener Verantwortung ein Verhütungsmittel zu verwenden. Dazu ist er auch noch ausdrücklich homophob. Nein, für diesen Menschen brauche ich die Vorsilbe »ultra« wirklich nicht: »repressiv und antiliberal« charakterisiert ihn viel besser — um auf der sachlichen Seite zu bleiben ;-)



Ich würde Santorum eher als spitzfindig charakterisieren, aber er macht es einem wirklich nicht leicht. Ich habe versucht, den auf den ersten Blick verwirrenden Gedankengang nachzuvollziehen.

Um was ging es bei Griswold vs. Connecticut?

Connecticut hatte 1873 ein Gesetz verabschiedet, dass die Benutzung von Verhütungsmittel verbietet. Der Oberste Gerichtshof hat dieses Gesetz mit dem Hinweis, dass es das Recht auf „Privatsphäre in der Ehe“ verletzt, für ungültig erklärt.

Santorum zweifelt die Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs an, da die die Verfassung nicht den Begriff der Privatsphäre beinhaltet. Der Oberste Gerichtshof soll sich aus den Gesetzen der Bundestaaten heraushalten, sondern Gesetze dem demokratischen Prozess überlassen.

Zitat von Santorum
The right to privacy is a right that was created in a law that set forth a (ban on) rights to limit individual passions. And I don't agree with that. So I would make the argument that with President, or Senator or Congressman or whoever Santorum, I would put it back to where it is, the democratic process. If New York doesn't want sodomy laws, if the people of New York want abortion, fine. I mean, I wouldn't agree with it, but that's their right. But I don't agree with the Supreme Court coming in.



Es ist nicht repressiv und antiliberal, dem Volk die Entscheidung über Gesetze zu lassen, aber manchmal ist es gut wenn der Oberste Gerichtshof (in Deutschland das Bundesvrfassungsgericht) einen Blick darauf wirft. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshof zu Griswold vs. Connecticut ist für mich mit Bezug auf den 14. Verfassungszusatz nachvollziehbar, aber es wäre noch besser gewesen, wenn Connecticut von sich aus dieses Gesetz abgeschafft hätte.

Nachtrag: Ich sehe gerade das Zettel schneller den Buzzer gedrückt hat.

http://iceagenow.info

Reader Offline



Beiträge: 803

08.02.2012 19:50
#30 RE: US-Präsidentschaftswahlen 2012 (16): Schwung für Rick? Antworten

Zitat von stefanolix
Ich darf daran erinnern, dass die Haltung der Präsidentschaftskandidaten zur Todesstrafe nicht zum ersten Mal zur Debatte steht. So wurden m. W. schon Gouverneure, die sich um die Präsidentschaft bewarben, an ihrer »Begnadigungsquote« gemessen, was 1992 im Präsidentschaftswahlkampf zu einer Verweigerung der Begnadigung führte (im Staat Arkansas unter Bill Clinton).



Hier ein zumindest den Amerikanern in Erinnerung gebliebener Austausch über die Einstellung zur Todesstrafe während eines presidential debates:
http://en.wikipedia.org/wiki/Michael_Duk...ital_punishment

Zitat
Views on capital punishment
The issue of capital punishment came up in the October 13, 1988, debate between the two presidential nominees. Because she knew the Willie Horton issue would be brought up, Dukakis's campaign manager, Susan Estrich, had prepared with Michael Dukakis an answer highlighting the candidate's empathy for victims of crime, noting the beating of his father in a robbery and the death of his brother in a hit-and-run car accident. However, when Bernard Shaw, the moderator of the debate, asked Dukakis, "Governor, if Kitty Dukakis [his wife] were raped and murdered, would you favor an irrevocable death penalty for the killer?" Dukakis replied, "No, I don't, and I think you know that I've opposed the death penalty during all of my life", and explained his stance.


Herzlich,
R.r

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

08.02.2012 19:57
#31 RE: US-Präsidentschaftswahlen 2012 (16): Schwung für Rick? Antworten

Zitat von Rayson

Zitat von stefanolix
Das muss man sich mal vorstellen


Wie hier schon gesagt: Das ist römisch-katholische Lehrmeinung.




Rick Santorum mag privat gern der römisch-katholischen Kirche folgen. Ich wünsche mir nur, dass er möglichst nie in eine Machtposition kommt ;-)

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

08.02.2012 20:04
#32 RE: US-Präsidentschaftswahlen 2012 (16): Schwung für Rick? Antworten

Zitat von stefanolix
Ich wünsche mir nur, dass er möglichst nie in eine Machtposition kommt ;-)



Ich habe diesen Wunsch nicht, jedenfalls nicht deswegen. Als Deutscher ist für mich entscheidend, welche Außenpolitik ein US-Präsident macht. Den Rest sollen die Amis für sich klären.

Im Übrigen haben andere ja hier Einwände gegen die Behauptung gebracht, dass Santorum diese Position vertritt. Ich würde bei allen ideologisch aufgheizten Fragen auch lieber der englischen Wikipedia vertrauen. Was das über die jeweiligen Nationen sagt, wäre übrigens auch mal eine interessante Betrachtung. Auf welcher Seite des Atlantiks die wirklichen Fanatiker zu Hause sind, könnte dadurch eine Neubewertung erfahren.

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

08.02.2012 20:18
#33 RE: Wikipedia und Wirklichkeit Antworten

Zitat von Rayson
Im Übrigen haben andere ja hier Einwände gegen die Behauptung gebracht, dass Santorum diese Position vertritt. Ich würde bei allen ideologisch aufgheizten Fragen auch lieber der englischen Wikipedia vertrauen. Was das über die jeweiligen Nationen sagt, wäre übrigens auch mal eine interessante Betrachtung. Auf welcher Seite des Atlantiks die wirklichen Fanatiker zu Hause sind, könnte dadurch eine Neubewertung erfahren.



OK, dann habe ich hier eine Quelle, die Santorum vielleicht etwas zuverlässiger wiedergibt, die Zeitschrift National Catholic Reporter:
http://natcath.org/NCR_Online/archives2/...802/011802f.htm

Zitat
In contemporary Western debates, this idea of unity between faith and political allegiance often puts Opus Dei-inspired politicians on the right.

Santorum was a forceful champion of this view. He told NCR that a distinction between private religious conviction and public responsibility, enshrined in John Kennedy’s famous speech in 1960 saying he would not take orders from the Catholic church if elected president, has caused “much harm in America.”

“All of us have heard people say, ‘I privately am against abortion, homosexual marriage, stem cell research, cloning. But who am I to decide that it’s not right for somebody else?’ It sounds good,” Santourm said. “But it is the corruption of freedom of conscience.”

Santorum told NCR that he regards George W. Bush as “the first Catholic president of the United States.”

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

08.02.2012 20:33
#34 RE: US-Präsidentschaftswahlen 2012 (16): Schwung für Rick? Antworten

Zitat von C.
(…) Um was ging es bei Griswold vs. Connecticut?

Connecticut hatte 1873 ein Gesetz verabschiedet, dass die Benutzung von Verhütungsmittel verbietet. Der Oberste Gerichtshof hat dieses Gesetz mit dem Hinweis, dass es das Recht auf „Privatsphäre in der Ehe“ verletzt, für ungültig erklärt.

Santorum zweifelt die Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs an, da die die Verfassung nicht den Begriff der Privatsphäre beinhaltet. Der Oberste Gerichtshof soll sich aus den Gesetzen der Bundestaaten heraushalten, sondern Gesetze dem demokratischen Prozess überlassen.

Zitat von Santorum
The right to privacy is a right that was created in a law that set forth a (ban on) rights to limit individual passions. And I don't agree with that. So I would make the argument that with President, or Senator or Congressman or whoever Santorum, I would put it back to where it is, the democratic process. If New York doesn't want sodomy laws, if the people of New York want abortion, fine. I mean, I wouldn't agree with it, but that's their right. But I don't agree with the Supreme Court coming in.



Es ist nicht repressiv und antiliberal, dem Volk die Entscheidung über Gesetze zu lassen, aber manchmal ist es gut wenn der Oberste Gerichtshof (in Deutschland das Bundesvrfassungsgericht) einen Blick darauf wirft. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshof zu Griswold vs. Connecticut ist für mich mit Bezug auf den 14. Verfassungszusatz nachvollziehbar, aber es wäre noch besser gewesen, wenn Connecticut von sich aus dieses Gesetz abgeschafft hätte.

Nachtrag: Ich sehe gerade das Zettel schneller den Buzzer gedrückt hat.




Vielen Dank für die Klarstellungen, ebenso auch an Zettel. Es mag zwar zutreffen, dass die US-Verfassung das Wort Privatsphäre nicht enthält. Aber ich würde dieses Gesetz vehement im Widerspruch zur US-Verfassung (und nebenbei auch zu unserem Grundgesetz) sehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein solches Gesetz in einem freien und laizistischen Staat auch nur in Erwägung gezogen werden könnte.

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

08.02.2012 20:43
#35 RE: Wikipedia und Wirklichkeit Antworten

Zitat von Zettel
(…) Es geht dem Juristen Santorum nämlich überhaupt nicht um das Recht auf Privatheit als solches. Er schreibt ausdrücklich, daß er das Verbot in dem annullierten Gesetz von Connecticut mißbilligt.

Es geht im darum, daß der Supreme Court in seiner Rechtsprechung nach seiner - Santorums - Auffassung die Verfassung extensiv auslegt und in sie Dingen hineininterpretiert, die dort gar nicht stehen.



Ich bin da vehement anderer Meinung: Eine Verfassung (oder bei uns: das Grundgesetz) ist genau dazu da, dass sie uns vor solchen repressiven Gesetzen schützt. C. verwies in diesem Thread auf den 14. Zusatz zur US-Verfassung (danke!). Da steht eindeutig: Keiner der Einzelstaaten darf Gesetze erlassen oder durchführen, die die Vorrechte oder Freiheiten von Bürgern der Vereinigten Staaten beschränken […].

Um bei dem Beispiel zu bleiben: Wenn eine verheiratete Frau im Bundesstaat A die Pille nimmt, darf ihr das nach einer Übersiedlung der Familie in Bundesstaat B nicht plötzlich durch ein dort eingeführtes Gesetz verwehrt werden.

Santorum bestreitet nun offensichtlich, dass der oberste Gerichtshof ein solches Gesetz verwerfen darf. Das Gesetz ist doch aber eindeutig gegen eine elementare persönliche Freiheit des Einzelnen gerichtet. Also muss der oberste Gerichtshof das Gesetz verwerfen.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

08.02.2012 21:24
#36 RE: Wikipedia und Wirklichkeit Antworten

Zitat von stefanolix
Santorum bestreitet nun offensichtlich, dass der oberste Gerichtshof ein solches Gesetz verwerfen darf. Das Gesetz ist doch aber eindeutig gegen eine elementare persönliche Freiheit des Einzelnen gerichtet. Also muss der oberste Gerichtshof das Gesetz verwerfen.

Er bestreitet, lieber stefanolix, daß dieses konkrete Gesetz des Staats Connecticut verfassungswidrig war. Nur dann durfte das Oberste Bundesgericht es annullieren.

Ob es das nun war oder nicht - da traue ich mir nun wirklich kein Urteil zu, da ja sogar die Richter des Obersten Bundesgerichts sich nicht einig waren (es gab zwei dissenting votes).

Aber das sehe ich in unserer jetzigen Debatte nicht als den entscheidenden Punkt an. Jedenfalls ist es unzutreffend (wie die deutsche Wikipedia es tut und die internationale es jedenfalls nicht eindeutig ausschließt), Santorum zu unterstellen, er selbst sei dafür, daß Ehepaaren der Gebrauch von Verütungsmitteln verboten wird. Wie erwähnt, schreibt er in dem Artikel ausdrücklich, daß er das Connecticut-Gesetz ablehnt.



Hinter dieser Debatte stecken, soweit ich sehe, zwei sehr allgemeine Fragen:

-- Wie weit darf das jeweilige Oberste Gericht dabei gehen, "kreativ" (wie deutsche Juristen wohl gern sagen) die Verfassung auszulegen? In den USA gibt es da seit langem eine intensive Diskussion, und es wird dem Supreme Court immer wieder vorgeworfen, daß seine liberals, also die eher linken Richter, dazu neigten, etwas in die Verfassung hineinzuinterpretieren, was weder deren Wortlaut noch ihrem Geist entspricht. - Diese Kritik scheint mir wohlbegründet; es gibt das ja auch in Deutschland.

-- Wann darf der Staat sich in das Privatleben der Bürger einmischen? Hier bin ich gar nicht der Meinung von Santorum, der, soweit ich sehe, dem Staat zubilligt, die öffentliche Moral aufrechtzuerhalten.

Nur muß man andererseits sehen, daß lange Zeit die Meinung Santorums allgemeine Auffassung war, auch in Deutschland. Bis Anfang der siebziger Jahre war es zum Beispiel verboten und wurde u.U. mit Gefängnis bestraft, Pornografie an Erwachsene zu verkaufen. Irgendwann wurden, nachdem sie zunächst erlaubt gewesen waren, durch ein Gerichtsurteil Peep-Shows verboten. In Hamburg wurde das Salambô behördlich geschlossen, weil dort Geschlechtsverkehr auf der Bühne gezeigt worden war.

In allen diesen Fällen kam niemand zu Schaden; alle Beteiligten handelten einvernehmlich. Trotzdem trat der Staat als Hüter der Moral in Erscheinung. Ich bin strikt gegen derartige Eingriffe; aber wenn Santorum dem Staat (auch) das Amt eines Moralhüters zuweist, dann handelt er in diesem Sinn.



Übrigens hat er bei seiner Siegesrede in der vergangenen Nacht immer wieder die Freheit des Einzelnen betont. Der rote Faden dieser Rede war: Wir Amerikaner wollen, daß jeder für sich selbst entscheiden kann; aber Barack Obama spielt sich als unser Vormund auf. - Das ist die andere Seite des US-Konservativismus, mit der ich gut zurechtkomme.

Herzlich, Zettel

Llarian Offline



Beiträge: 7.127

08.02.2012 22:22
#37 RE: US-Präsidentschaftswahlen 2012 (16): Schwung für Rick? Antworten

Zitat von stefanolix
Aber m. W. hat der Präsident auf Bundesebene ein Begnadigungsrecht. Damit kann er persönlich entscheiden, ob jemand hingerichtet wird oder nicht.


Zum einen handelt es sich meines Wissens tatsächlich um ein Bundesrecht, d.h. es betrifft nur solche Verurteilten, die von einem Bundesgericht verurteilt wurden. Zum zweiten ist dieses Gnadenrecht nicht der Durchsetzung einer politischen Meinung geschuldet sondern stammt aus einer Zeit, in der die Todesstrafe eine selbstverständlich akzeptierte Tatsache war, und dazu dienen sollte, extreme Ungerechtigkeiten zu verhindern. Es wird meines Wissens nicht dazu verstanden (zumindest nicht auf Bundesebene) den eigenen politischen Standpunkt durchzusetzen. Einerseits lässt sich dadurch kein Todesurteil befehlen, andererseits ist es auch kein Freibrief für einen Gegner der Strafe sämtliche Urteile umzuwandeln. Es ist ein Gnadenrecht, nicht mehr und nicht weniger.

Zitat
Er macht natürlich den Rechtsstaat zum Herren über Leben und Tod.


Aber auch das ist bei genauer Betrachtung wenigsten ungenau. Der amerikanische Rechtstaat IST faktisch der Herr über Leben und Tod. Nichts dagegen zu haben ist nicht das selbe wie etwas etablieren zu wollen. Für die meisten Amerikaner ist die Todesstrafe Rechtstradition, sich dagegen nicht auflehnen zu wollen ist durchaus eine Position die man einnehmen kann.

Zitat
Damit entscheiden also fehlbare und unvollkommene Menschen über Leben und Tod.


Das führt zwar jetzt vom Thema weg, aber von allen Argumenten finde ich das mithin eins der schwächsten. Unschuldig sein Leben in einem Arbeitslager verbringen zu müssen ist kaum besser. Wer die Fehlbarkeit der Justiz als Absolutum einführt, der kann die Justiz im selben Atemzug abschaffen.

Zitat
So wurden m. W. schon Gouverneure, die sich um die Präsidentschaft bewarben, an ihrer »Begnadigungsquote« gemessen, was 1992 im Präsidentschaftswahlkampf zu einer Verweigerung der Begnadigung führte (im Staat Arkansas unter Bill Clinton).


Das kann man auch von der anderen Seite sehen: Warum sollte ein jeder begnadigt werden ? Es ist der Character eines Gnadenrechtes Gnade auszuüben, es ist nicht der Character eines Gnadenrechtes den Willen der Bevölkerung zu ignorieren. Wenn ein Gouverneur, Senator oder Präsident etwas gegen die Todesstrafe unternehmen möchte, dann steht ihm der demokratische Weg dazu offen, viele Bundesstaaten haben mittels ihrer Legislative die Strafe abgeschafft. Aber es ist nicht die Aufgabe einer Regierung durch ein bewusst eingebautes Schlupfloch die Legislative auszuhebeln. Und so schwer es auch aus der deutschen Rechtstradition zu sehen ist, die Amerikaner sind mehrheitlich für die Todesstrafe.

Llarian Offline



Beiträge: 7.127

08.02.2012 22:26
#38 RE: Wikipedia und Wirklichkeit Antworten

Zitat von stefanolix
Da steht eindeutig: Keiner der Einzelstaaten darf Gesetze erlassen oder durchführen, die die Vorrechte oder Freiheiten von Bürgern der Vereinigten Staaten beschränken […].
Um bei dem Beispiel zu bleiben: Wenn eine verheiratete Frau im Bundesstaat A die Pille nimmt, darf ihr das nach einer Übersiedlung der Familie in Bundesstaat B nicht plötzlich durch ein dort eingeführtes Gesetz verwehrt werden.


Nun, bei einer so weiten Auslegung des Zusatzes, warum ist dann folgendes Beispiel falsch ?
Wenn ein unverheirateter Mann im Bundesstaat A ein vollautomatisches Maschinengewehr in seinem Auto spazieren fährt, darf ihm nach Übersiedlung in Bundesstaat B nicht plötzlich durch ein dort eingeführtes Gesetz die selbe Spazierfahrt verwehrt werden.

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

08.02.2012 22:32
#39 RE: Wikipedia und Wirklichkeit Antworten

Zitat von Zettel
Er bestreitet, lieber stefanolix, daß dieses konkrete Gesetz des Staats Connecticut verfassungswidrig war. Nur dann durfte das Oberste Bundesgericht es annullieren.

Ob es das nun war oder nicht - da traue ich mir nun wirklich kein Urteil zu, da ja sogar die Richter des Obersten Bundesgerichts sich nicht einig waren (es gab zwei dissenting votes).

Aber das sehe ich in unserer jetzigen Debatte nicht als den entscheidenden Punkt an. Jedenfalls ist es unzutreffend (wie die deutsche Wikipedia es tut und die internationale es jedenfalls nicht eindeutig ausschließt), Santorum zu unterstellen, er selbst sei dafür, daß Ehepaaren der Gebrauch von Verütungsmitteln verboten wird. Wie erwähnt, schreibt er in dem Artikel ausdrücklich, daß er das Connecticut-Gesetz ablehnt. (…)



Ich habe es jetzt auch gelesen. Obwohl

Zitat von Rick Santorum
Now, before you jump to conclusions, let me clearly state that this law was badly written, and I would not have supported it or its intent.


für einen Juristen sicher immer noch Möglichkeiten offen lässt ;-)

Er hält dieses (sehr alte) Gesetz für handwerklich schlecht gemacht und er hätte die Intention dieses Gesetzes nicht unterstützt. Das nimmt mir nicht ganz mein Misstrauen.

Denn der Rest des Artikels liest sich für mich, als wollte er den Teufel an die Wand malen: Wenn wir zulassen, dass der Oberste Gerichtshof solche Gesetze mit Verweis auf die Verfassung anulliert, dann bekommen wir irgendwann [extreme] Gesetze, wie sie Peter Singer und Steven Pinker diktiert haben könnten. Zugegeben: eine etwas freie Interpretation von mir. Aber mein Vertrauen gewinnt man mit einem solchen Artikel nicht.

C. Offline




Beiträge: 2.639

08.02.2012 22:40
#40 RE: US-Präsidentschaftswahlen 2012 (16): Schwung für Rick? Antworten

Zitat von stefanolix

Rick Santorum mag privat gern der römisch-katholischen Kirche folgen. Ich wünsche mir nur, dass er möglichst nie in eine Machtposition kommt ;-)



Zumindest verspricht die Konstellation Obama vs. Santorum chronische Hyperventilationen für die Qualitätsjournalisten und damit spannende Unterhaltung für die ganze Familie.

http://iceagenow.info

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

08.02.2012 22:43
#41 RE: US-Präsidentschaftswahlen 2012 (16): Schwung für Rick? Antworten

Zitat von Llarian

Zitat von stefanolix
Aber m. W. hat der Präsident auf Bundesebene ein Begnadigungsrecht. Damit kann er persönlich entscheiden, ob jemand hingerichtet wird oder nicht.



Zum einen handelt es sich meines Wissens tatsächlich um ein Bundesrecht, d.h. es betrifft nur solche Verurteilten, die von einem Bundesgericht verurteilt wurden. Zum zweiten ist dieses Gnadenrecht nicht der Durchsetzung einer politischen Meinung geschuldet sondern stammt aus einer Zeit, in der die Todesstrafe eine selbstverständlich akzeptierte Tatsache war, und dazu dienen sollte, extreme Ungerechtigkeiten zu verhindern. Es wird meines Wissens nicht dazu verstanden (zumindest nicht auf Bundesebene) den eigenen politischen Standpunkt durchzusetzen. Einerseits lässt sich dadurch kein Todesurteil befehlen, andererseits ist es auch kein Freibrief für einen Gegner der Strafe sämtliche Urteile umzuwandeln. Es ist ein Gnadenrecht, nicht mehr und nicht weniger. (…)




Es ist selbstverständlich kein Freibrief. Ein gewählter Präsident oder Gouverneur kann aber de facto auf seiner Zuständigkeitsebene alle zum Tode verurteilten Menschen retten oder hinrichten lassen. Er muss nur seinem Gewissen folgen und darf sich keine Gedanken um die Wiederwahl machen.

Bill Clinton hat damals entschieden, einen geistig Behinderten hinrichten zu lassen, weil es ihm politisch opportun erschien. Er wollte nicht als »Weichei« gelten. Ein anderer Gouverneur hätte diesen Verurteilten vielleicht begnadigt, um sich am Ende der politischen Laufbahn ein Denkmal zu setzen.

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

08.02.2012 22:49
#42 RE: US-Präsidentschaftswahlen 2012 (16): Schwung für Rick? Antworten

Zitat von C.
Zumindest verspricht die Konstellation Obama vs. Santorum chronische Hyperventilationen für die Qualitätsjournalisten und damit spannende Unterhaltung für die ganze Familie.



Zum Glück sind dem »mächtigsten Mann der Welt« ja viele rechtsstaatliche und verfassungsmäßige Grenzen gesetzt. Die USA werden sicher vier Jahre mit Santorum, aber auch weitere vier Jahre mit Obama überstehen.

Ich habe heute einiges über den Kandidaten Santorum gelernt, einiges über das Recht in den USA, aber auch einiges über »Qualitätsjournalisten« und das gesunde Misstrauen, das man ihnen entgegenbringen muss. Die Hyperventilatoren lasse ich bei solchen Themen ganz weg und komme lieber gleich hierher ;-)

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

08.02.2012 23:01
#43 RE: Wikipedia und Wirklichkeit Antworten

Zitat von Llarian
Nun, bei einer so weiten Auslegung des Zusatzes, warum ist dann folgendes Beispiel falsch ?

Wenn ein unverheirateter Mann im Bundesstaat A ein vollautomatisches Maschinengewehr in seinem Auto spazieren fährt, darf ihm nach Übersiedlung in Bundesstaat B nicht plötzlich durch ein dort eingeführtes Gesetz die selbe Spazierfahrt verwehrt werden.



Waffen sind zum Töten konstruiert. Deshalb hat selbstverständlich jeder Staat das Recht, Waffengesetze zu erlassen. Diese Gesetze richten sich doch nicht gegen die Freiheit des Menschen, sondern sie regulieren lediglich den Umgang mit Waffen in der Öffentlichkeit. Du siehst den Unterschied zum Gebrauch von Verhütungsmitteln in der Privatsphäre? — Pille und Kondom können, anders als das Maschinengewehr, das Leben und die Gesundheit von Personen in der Öffentlichkeit nicht gefährden. ;-)

Es ging in dem bewussten Gesetz um Verhütungsmittel im Rahmen der Ehe. Dabei fällt mir natürlich spontan auch das Recht auf die Unverletzlichkeit der Wohnung ein: Wie will der Staat denn so ein Gesetz ohne massive Eingriffe in die Privatsphäre durchsetzen? Also hat das Eingreifen des Obersten Gerichts doch einiges für sich — denke ich zumindest als im Grunde Liberaler …

Florian Offline



Beiträge: 3.180

09.02.2012 01:16
#44 RE: US-Präsidentschaftswahlen 2012 (16): Schwung für Rick? Antworten

Zitat
Also hat das Eingreifen des Obersten Gerichts doch einiges für sich — denke ich zumindest als im Grunde Liberaler …



Es ist dies eine Frage des Verfassungsverständnisses.
Es geht um die Frage, welche Sachverhalte vom Supreme Court entschieden werden können und welche von Staats- oder Bundesparlamenten.
Ersteres stärkt (tendenziell) das Rechtsstaatsprinzip, letzteres stärkt (tendenziell) das Demokratieprinzip.
Beides sind wichtige Verfassungsprinzipien, die allerdings wie man hier sieht, durchaus in Konflikt zueinander stehen können.


Aus Sicht des verständigen amerikanischen Wählers ist das Entscheidende tatsächlich Santorums Meinung zu diesen juristischen Prinzipien und NICHT so sehr seine inhaltliche Position bei Fragen der Abtreibung.

Faktisch hat der US-Präsident nämlich auf letzteres herzlich wenig Einfluss. (Hier empfehle ich wieder einmal den extrem guten Blog "USAerklärt" und speziell diesen Artikel:
http://usaerklaert.wordpress.com/2006/06...sichersten-ist/ )

Hingegen hat er auf letzteres durchaus Einfluss. Zum Beispiel durch die Besetzung von Richterstellen.

lois jane Offline



Beiträge: 662

09.02.2012 10:15
#45 RE: US-Präsidentschaftswahlen 2012 (16): Schwung für Rick? Antworten

Zitat von Gorgasal

Zitat von stefanolix
So gut ich die Sorge um ungeborenes Leben verstehen kann und teile: es geht in diesem speziellen Fall nicht um den »Bauch der Frau«. Es geht um die ganze Frau und ihre Entscheidung in einer extremen Situation.



Und nebenbei geht es noch um den Bauchinhalt. Wenn das tatsächlich ein Mensch ist, dann ist die Abtreibung auch für ihn eine "extreme Situation".

Zitat von stefanolix
Wenn diese Frau nach einer Vergewaltigung mit der »Pille danach« oder mit einer anderen Methode verhindert, dass sich aus einer befruchteten Eizelle ein Embryo entwickelt, dann darf es kein Gesetz und keinen anderen Zwang geben, der ihr das verbietet. Da steht für mich das Menschenrecht der Frau an erster Stelle.



Dem würde ich unter der Prämisse zustimmen, dass der Bauchinhalt kein Mensch wäre.




Da muß sich auch mal die "andere Hälfte" einschalten:

Also ich persönlich finde schon, daß ein Gesetz das dürfte. Die Absolutheit, mit der das abgelehnt wird, kann ich weder verstehen noch nachvollziehen. (Wenn der Bauchinhalt kein Mensch wäre, würde sich die Frage gar nicht stellen - auch nicht in anderen Fällen.) Nein, es geht nicht um den Bauch der Frau, sondern um den ganzen Menschen darin.

Eine Ausnahme halte ich hier moralisch für nicht akzeptabel - allerdings halte ich sie im Gesetz für tolerabel, insbesondere wenn es dadurch möglich wäre, die anderen Scheunentore zu stopfen. (Und ich glaube Santorum würde das ebenso sehen.) Denn dieses Detail ist ja nur ein Ablenkungsmanöver und ziemlich weit von der tatsächtlichen Problematik in den USA mit ihrer guten Million Abtreibungen pro Jahr - geschützt durch ein absurdes Gerichtsurteil ausdem Jahr 1973 - entfernt. Santorum ist übrigens jener, der als Senator federführend beim Verbot einer besonders grausamen Methode dabei war: http://en.wikipedia.org/wiki/Partial-Birth_Abortion_Ban_Act. In seiner Positionierung ist er somit das genaue Gegenstück sowohl des derzeitigen Präsidenten (der ja in Illinois selbst lebendgeborene sterben lassen wollte) - und in seiner Konsequenz und darin, tatsächlich was bewerkstelligt zu haben, das Gegenstück des wendigen Kandidaten Romney.

Santorum wäre persönlich auch mein Favorit, aber ich bin auch eher skeptisch, ob er gewinnen kann, insbesondere in diesem Jahr gegen Obama. Der kann sich ob der fahrigen Vorwahlsituation nur freuen.

Zitat von Gorgasal

Zitat von stefanolix
Ein hoher Politiker mag für das ungeborene Leben mit vielen anderen Aussagen und Maßnahmen Sorge tragen. Aber mit dieser speziellen Aussage: »Ich will Frauen nach einer Vergewaltigung zwingen, das Kind des Verbrechers auf die Welt zu bringen« — nur um sich in einer extrem konservativen Ecke zu platzieren — darf einfach kein Wahlkampf betrieben werden.



Aber vielleicht stellt ein Politiker wie Santorum diese Aussage nicht nur auf, um sich in einer extrem konservativen Ecke zu platzieren. Sondern weil er tatsächlich der Meinung ist, dass der besagte Bauchinhalt tatsächlich ein Mensch ist. Und dass es hier folglich um eine Abwägung zwischen den Rechten der Mutter und des Kindes geht. Und dass selbst in dieser extremen Situation die legitimen Rechte der Frau die Tötung eines Menschen nicht rechtfertigen.




Eben so ist es, Gorgasal. Darüberhinaus hat Santorum diesen angeblichen Satz ja auch nicht gesagt. Er wird, würde er denn gewählt, niemanden dazu zwingen. Aber auf Nachfrage nach Ausnahmen hat er halt die einzig konsequente und moralische Antwort gegeben. Es übrigens nicht nur das "Kind des Verbrechers" sondern auch das "Kind des Opfers".

Zitat von Gorgasal

Zitat von stefanolix
Übrigens ist es schon oft genug vorgekommen, dass gerade solche hochmoralisch tönenden Konservativen später mit Prostituierten oder Strichern erwischt wurden oder dass sie sogar selbst Frauen zur Abtreibung gebracht haben. Nicht nur in Amerika.



Damit haben Sie recht. Und was tut das jetzt zur Sache?




Nichts. Soll halt nur jeden, der es noch wagt, moralische Werte zu heben, in den Dreck zu ziehen. Kandidat für solche Verfehlungen wäre wohl eher Gingrich.

PS. Im übrigen, scheint mir oben die "Pille danach" mal wieder in der Abtreibungspille verwechselt! Ja, die "Pille danach" hat auch abtreibende (genauer: nidationshemmende) Wirkung, aber ebenso gilt das auch für die "Pille davor". Und "befruchtete Eizelle" ist ein verschleiernder Terminus - nach der Befruchtung handelt es sich per definitionem nicht mehr um eine Eizelle.

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lois jane Offline



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09.02.2012 10:22
#46 RE: US-Präsidentschaftswahlen 2012 (16): Schwung für Rick? Antworten

Zitat von Zettel

Zitat von captndelta

Zitat von SPON
In seiner Siegesrede unterstrich der strenggläubige Evangelikale euphorisch, ein besserer Herausforderer von Amtsinhaber Barack Obama bei der Wahl im November zu sein als Romney.




http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,813960,00.html



SPON schafft's wie ueblich wieder mal nicht, sogar die einfachsten Dinge etwas besser als oberflaechlich zu recherchieren...




Inzwischen wurde "der strenggläubige Evangelikale" durch "er" ersetzt.


Es gibt Flüchtigkeitsfehler und es gibt Fehler, die sozusagen diagnostischen Wert haben. Einen Katholiken verwechselt man nicht versehentlich mit einem Evangelikalen. Sondern wer so etwas schreibt, der zeigt, daß er von dem, worüber er schreibt, keine Ahnung hat.

Danke für den Fund, und herzlich,

Zettel




Da wäre ich nicht ganz so streng mit SpON - obwohl es natürlich ein krasser Fehler ist - da dergleichen ja auch schon die New York Times verbreitet hat.

Wahrscheinlich ist es aber auch für Spiegel & Co. nicht so verständlich, warum Santorum so reussieren kann - dort denkt man ja immer noch in den Kategorien von 1960, als Baptisten den Katholiken JFK nicht wählen wollten. Anti-Katholizismus besteht weiter, ist aber heute eher eine Sache der liberalen Linken als der konservativen Christen.

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lois jane Offline



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09.02.2012 10:30
#47 RE: US-Präsidentschaftswahlen 2012 (16): Schwung für Rick? Antworten

Zitat von stefanolix

Zitat von C.
Santorum gibt nichts anders wieder als die Lehrmeinung der römisch-katholischen Kirche, die für alle Katholiken verbindlich ist. Sie findet sich im Katechismus de Katholischen Kirche (2270 ff.) und die "Instruktion über die Achtung vor dem beginnenden menschlichen Leben und die Würde der Fortpflanzung (Donum vitae)". Wenn diese Position als "offen frömmelnd" oder "religiös rechts" (Pitzke bei SpOn) wahrgenommen wird, ist das nicht ein Urteil über den Kandidaten, sondern über die katholische Kirche. Die katholische Kirche erwartet von ihren Mitgliedern, dass sie sich der Lehrmeinung anschließen und sich gegen Relativismus und Beliebigkeit (Ratzinger) wehren. (Damit keine Missverständnisse entstehen, ich bin unter anderem wegen donum vitae aus der katholischen Kirche ausgetreten)



Die Lehrmeinung der Katholischen Kirche kann doch aber nicht maßgebend für die Politik im Staat USA sein. Im Wahlkampf geht es um die Politik, die die Kandidaten jeweils vertreten würden, falls sie erfolgreich gegen Obama antreten würden. Es gibt eine ganz klare Trennung zwischen Staat und Kirche. Deshalb sollen Politiker (meiner Meinung nach) ihre Grundüberzeugungen klar artikulieren, aber die Diskussion solcher Extremfälle muss Privatsache bleiben.




Als solche ist sie nicht maßgeblich, aber jedem ist freigestellt ihr zu folgen. Es ist übrigens auch nicht einfach nur die "Lehrmeinung der Katholischen Kirche" sondern einfach die konsistente Position zum Schutz des ungeborenen Lebens, die eben Menschenrecht nur mit Menschenrecht aufwiegt, nicht jedoch ein Menschenrecht aufgrund von bloßer Emotion wegwirft.

Es gibt in den USA die Trennung von Kirche und Staat (was "klar" hier bedeuten soll, frage ich mich immer wieder) - das heißt 1. daß die beiden Instanzen von einander unabhängig sind, 2. das keine religiösen Voraussetzungen für politische Rechte oder Ämter zulässig sind. Privatsache heißt: da darf dir keiner reinreden, nicht: Klappe halten!

In keiner Weise macht das "First Amendment" irgendwelche Vorschriften, welchen Inhalt Gesetze haben sollen (über das genannte hinaus: Religionsfreiheit, Meinungs- und Pressefreiheit) oder was irgendjemand im Wahlkampf vertreten darf - nein, sowas verstieße sogar gegen den Punkt "Meinungsfreiheit". Klar, kann man seine Ansichten auch verbergen, so wie das Obama mit seinen "extremen Ansichten" vor vier Jahren gemacht hat. Aber verpflichtet ist niemand dazu.

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Zettel Offline




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09.02.2012 10:42
#48 RE: US-Präsidentschaftswahlen 2012 (16): Schwung für Rick? Antworten

Zitat von lois jane

Zitat von Zettel
Inzwischen wurde "der strenggläubige Evangelikale" durch "er" ersetzt.

Es gibt Flüchtigkeitsfehler und es gibt Fehler, die sozusagen diagnostischen Wert haben. Einen Katholiken verwechselt man nicht versehentlich mit einem Evangelikalen. Sondern wer so etwas schreibt, der zeigt, daß er von dem, worüber er schreibt, keine Ahnung hat.

Da wäre ich nicht ganz so streng mit SpON - obwohl es natürlich ein krasser Fehler ist - da dergleichen ja auch schon die New York Times verbreitet hat.


Wirklich? Das würde mein Bild der NYT allerdings heftig erschüttern. Könnten Sie das bitte verlinken?

Herzlich, Zettel

lois jane Offline



Beiträge: 662

09.02.2012 10:42
#49 RE: US-Präsidentschaftswahlen 2012 (16): Schwung für Rick? Antworten

Zitat von stefanolix

Zitat von Rayson

Zitat von C.
Allerdings wäre es mir persönlich lieber, wenn Glaubensfragen Privatsache bleiben würden.





Wie soll das gehen in einem Job, der nun mal auch moralisch begründete Entscheidungen verlangt?





Der Politiker zeigt mit seinen politischen und persönlichen Entscheidungen, dass er einem moralischen Kompass folgt. Das kann er aber nur im Rahmen des demokratischen und laizistischen Rechtsstaats tun. Ein Teil der Glaubensfragen wird also immer Privatsache bleiben müssen.




Nur sind die USA eben kein laizistischer Staat. Und nach obiger Schlußfolgerung wäre ein solcher grundsätzlich totalitär, wenn er dem Einzelnen Vorschriften macht, was er denn gefälligst zu denken hat und was er im Denken zu unterlassen hat.

Im übrigen ist es eine Nebelkerze: Religion spielt für die Abtreibungsfrage keine Rolle, als Atheist könnte man genau zum gleichen Schluß wie Santorum kommen. Es geht hier um die unteilbaren Menschenrechte. Der Verweis auf Privatsache dient doch bloß dazu in bestimmten Fragen eine Position zu verbieten, indem man sie als "religiös, also bäh" definiert. Inwiefern unterscheiden sich denn Gesetze gegen Mord oder Raub (angeblich rein säkular) von Gesetzen gegen Abtreibung (angeblich religiös)?

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lois jane Offline



Beiträge: 662

09.02.2012 10:44
#50 RE: US-Präsidentschaftswahlen 2012 (16): Schwung für Rick? Antworten

Zitat von C.

Zitat von Rayson

Zitat von C.
Allerdings wäre es mir persönlich lieber, wenn Glaubensfragen Privatsache bleiben würden.



Wie soll das gehen in einem Job, der nun mal auch moralisch begründete Entscheidungen verlangt?





Ist das so? Nein, die Frage ist jetzt nicht ironisch. Ich dachte bisher, dass die Entscheidungen rational begründet sein sollten. Auch hochmoralische Menschen könne rationale Entscheidungen treffen.




Eben. Santorums Position in der Frage ist rational und völlig konsequent - das unterscheidet ihn von allen anderen aktuellen Kandidaten.

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