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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 109 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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C. Offline




Beiträge: 2.639

29.10.2012 18:10
#51 RE: Ausnahmezustand...? Antworten

Zitat von Loki im Beitrag #47
die Dienstaufsichtsbeschwerde von Dieter Reicherter, einem ehemaligen Vorsitzenden der Strafkammer am LG Stuttgart, die sich mit dem mir Zugetragenen nahtlos deckt.


Bitte schauen Sie sich dieses Video an. Wenn Herr Reicherter keine Durchsage gehört haben sollte, sollte er seine Ohren überprüfen lassen, vielleicht war aber auch der Lärm der Demonstranten zu groß. Diese Video ist von einem überzeugten S21 Gegner ins Netz gestellt worden. Es ist dem Video deutlich zu entnehmen, dass der Aufforderung zum Gehen nicht nachgekommen wurde.

http://www.youtube.com/watch?v=hh0NOu_WF0w

Vielleicht können sie mir eine Erklärung geben, warum nach mehrfacher Aufforderung sich Demonstanten immer noch in der sehr begrenzten Reichweite von Wasserwerfern und Polizisten aufhalten. Die Reichweite von Pfefferspray ist etwa 2 m, die Reichweite von den in Stuttgart eingesetzten Wasserwerfen maximal 20 m. Um eine Strecke von 20 Metern zurückzulegen, braucht man selbst wenn man schlecht zu Fuß ist, keine zehn Sekunden. Diese Zeit war mehr als vorhanden.

Ich bin mit einer kurzzeitig Anwesenden befreundet, die allerdings vor dem eigentlichen Geschehen den Schloßpark (anwesend aus anderen Gründen als die Demonstration) verlassen hat, weil ihr das unglaublich agressive Auftreten der Demonstranten auf den Wecker ging. Das mag Geschmacksache sein, aber mich hätte dort auch nichts gehalten.

Zu den weiteren Hintergründen mein Beitrag:S21 Entrismus

Zitat
Unter solchen Umständen die Polizei kategorisch in Schutz zu nehmen, schadet m.E. dem Rechtsstaat weitaus mehr, als es irgendein Steine werfender Chaot in irgendeinem schwarzen Block jemals könnte.



Die Polizei braucht niemand in Schutz zu nehmen, es reicht ganz einfach ihren Anordnungen Folge zu leisten und ihr nicht vor der Nase herumzutanzen.

Der Riesling gehört zu Deutschland.

Llarian Offline



Beiträge: 7.129

29.10.2012 20:20
#52 RE: Ein Prozent Gegenstandpunkt Antworten

Zitat von crithir im Beitrag #26
Und Sie glauben wirklich, dass das der Auslöser dafür ist, Gehwegplatten von 30 Meter hohen Gebäuden zu werfen?

Das alleine sicher nicht. Aber es kann ein Weg dahin sein. Ohnmacht gegenüber Unrecht gibt es in vielen Abstufungen. Und wenn jemand von der Polizei zusammengeschlagen wird (und sowas kommt nun einmal vor) und sich anschließend einer Mauer des Schweigens gegenübersieht, einem Rechtsstaat der den Täter schützt, dann verliert die Person irgendwann den Respekt vor diesem Rechtsstaat. Und wer viel Gewalt erlebt verliert irgendwann auch den Respekt vor anderer Leib und Leben. Das entschuldigt nichts, aber es kann helfen es zu verstehen. Prinzipiell glaube ich nicht daran, dass jemand als primitiver Gewalttäter und Mörder geboren wird. Und ich denke das die Mauer des Schweigens und der Verweigerung, die die bundesdeutsche Justiz um die Polizei gebildet hat, durchaus einen sehr negativen Beitrag leistet.

Zitat
Haben Sie denn nach Ihren Erfahrungen sowas auch nur jemals in Betracht gezogen?


Nein. Aber mich hat der Gummiknüppel (pardon, Rettungsstock) auch nicht getroffen. Ich habe für meinen Teil aus meiner Erfahrung einige Schlüsse über den real existierenden Rechtsstaat gezogen. Wenn ich tatsächliche Gewalt erlebt hätte, wäre vermutlich noch einiges mehr durcheinandergeraten.

Zitat
Und genau da haben wir das Problem: Wenn Sie von der Polizei mitgenommen werden, weil Sie beispielsweise betrunken Auto gefahren sind, sind Ihre Grundrechte für den Moment auch aufgehoben.


Dann bin ich auch ein Straftäter. Oder meinetwegen Vergeher. Ich habe aber keine Straftat begangen. Auch kein Vergehen. Und die Polizei hat mir dennoch meine Rechte genommen. Und was noch schlimmer ist: Sie findet das richtig. Es ist kein Fehler passiert.

Zitat
Eine nicht genehmigte Demonstration mit gewaltbereiten Individuen ist eben nicht legal, somit sind Sie auch nicht "ohne Anlass" Ihrer Freiheit beraubt worden wenn Sie sich darunter mischen, aus welchem Grund auch immer.


Sie irren sich. Und das gleich doppelt. Erstens ist eine nicht genehmigte Demo nicht illegal. Wäre Sie es, hätte man mich anzeigen können. Hat man nicht. Und ich habe mich auch nirgendwo "druntergemischt", ich bin einfach in eine Menschenmenge geraten. Das ist schonmal gar nicht illegal. Das die Polizei ihre Gründe für ihr Vorgehen hatte, bestreite ich nicht. Nur die Legalität oder Richtigkeit des Ganzen. Ich habe nichts, aber auch gar nichts strafbares oder verbotenes getan. Ich war zur falschen Zeit am falschen Ort. Das kann dumme Folgen haben, wenn man an Verbrecher gerät. Das es auch dumme Folgen hat, wenn man an die Polizei gerät, ist in meinen Augen bedenklich.

Zitat
Wenn Sie aber den Mob dadurch anonymisieren wollen, indem Sie sich genau so verkleiden wie der Rest,


Habe ich das geschrieben ? Ich trage zwar seit Jahrzehnten meine "schwarze" Uniform, bestehend aus schwarzem Oberteil, schwarzer Hose und passender Lederjacke (gehe also super als schwarzer Block oder ersatzweise als Amokläufer durch), habe mich aber noch nie vermummt. Es ist nicht verboten schwarz zu tragen. Und ich habe auch niemanden anonymisiert.

Zitat
der aber ganz klar Mittäter ist.


Diese Unterstellung ist infam.

Zitat
Und ein Recht haben Sie eben doch gebrochen, und zwar an einer nicht genehmigten Demonstration teilgenommen, mit auch noch gewaltbereiten Mitdemonstranten.


Und diese Unterstellung ist falsch.

Zitat
Das verstehe ich nicht: Sie sind bereit, für eine Meinung zu demonstrieren, aber nicht bereit, dafür auch persönlich einzustehen?


Sie haben nicht richtig hingesehen. Ich habe nicht demonstriert. Und ich habe auch nichts, wofür ich einstehen müsste. Was ich habe ist ein Recht auf Datenschutz. Das gilt auch für die Polizei.

Zitat
Und was so alles gelöscht wird, sehen wir ja ganz vorzüglich an der Vorgehensweise bei der NSU-Aufklärung ;) Auch die Vorratsdatenspeicherung, deren Freund ich sicher nicht bin, bezieht sich "nur" auf 6 Monate.


Zunächst mal gilt diese sechs Monatsfrist für Provider. Nicht für die Polizei. Und was die NSU angeht, so würde ich Ihnen in einem zustimmen: Wenn auf jenen Bändern irgendetwas wäre, dass einen Polizisten belastet, dann hätte ich keinen Zweifel daran, dass die Bänder gelöscht wären. Was das umgekehrte angeht bin ich zu sehr paranoider Informatiker um daran zu glauben das Daten in großem Stile gelöscht werden. Schon gar nicht vom Staat. Die ganze Diskussion um Vorratsdatenspeicherung, Gendatei und Bundestrojaner und wie sie geführt wird, hat mir eins absolut klar gemacht: Die Exekutive wird nie irgendetwas aus der Hand geben, von der sie auch nur die Vermutung hat, jemandem irgendwann irgendetwas nachweisen zu können, so lange sie nicht explizit dazu gezwungen wird. Von sich aus passiert da ganz sicher gar nichts.

Zitat
Das ist nun einmal auch nicht richtig: Fehlverhalten der Polizisten wird auch geahndet.


Wenn es sich überhaupt nicht vermeiden lässt, ja. Aber auch nur dann. In einer normalen Klage ohne Videobeweis haben sie vor bundesdeutschen Gerichten keine Chance. Das weiss auch die Polizei. Und darum wird die überhaupt nicht gerne gefilmt. Und darum will die Gewerkschaft der Polizei ja auch mit allen Mitteln verhindern, dass Polizisten identifizierbar gemacht werden. Und das ist das Problem.

Loki Offline



Beiträge: 128

29.10.2012 20:22
#53 RE: Ausnahmezustand...? Antworten

Zitat von C. im Beitrag #51
Bitte schauen Sie sich dieses Video an. Wenn Herr Reicherter keine Durchsage gehört haben sollte, sollte er seine Ohren überprüfen lassen, vielleicht war aber auch der Lärm der Demonstranten zu groß.


Und wenn er Federn hat, sollte er einen Ornithologen konsultieren.

Zitat von C.
Vielleicht können sie mir eine Erklärung geben, warum nach mehrfacher Aufforderung sich Demonstanten immer noch in der sehr begrenzten Reichweite von Wasserwerfern und Polizisten aufhalten.



Die sind anscheinend nicht weggegangen. Was tut das genau zur Sache? Haben Sie den Text von Reicherter überhaupt gelesen?

Zitat von C.
Ich bin mit einer kurzzeitig Anwesenden befreundet, die allerdings vor dem eigentlichen Geschehen den Schloßpark (anwesend aus anderen Gründen als die Demonstration) verlassen hat, weil ihr das unglaublich agressive Auftreten der Demonstranten auf den Wecker ging. Das mag Geschmacksache sein, aber mich hätte dort auch nichts gehalten.



Interessante Information.

Zitat von C.
Die Polizei braucht niemand in Schutz zu nehmen, es reicht ganz einfach ihren Anordnungen Folge zu leisten und ihr nicht vor der Nase herumzutanzen.



Wenn Sie mit mir kommunizieren wollen, dann tun Sie dies bitte mittels sinnvoller Sätze. Danke.

Llarian Offline



Beiträge: 7.129

29.10.2012 20:32
#54 RE: Polizeigewalt Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #28
Lieber Llarian, es gab und gibt keine friedliche Demonstration, bei der die Polizei Knüppel einsetzt. Solange Demonstranten von ihrer Demonstrationsfreiheit Gebrauch machen - sich friedlich und ohne Waffen unter freiem Himnmel zu versammeln - und solange sie sich auch sonst gesetzeskonform verhalten (wozu zum Beispiel auch das Verbot der Vermummung gehört), haben sie von der Polizei nicht nur nichts zu befürchten, sondern diese wird ihr Demonstrationsrecht gegen etwaige Störversuche schützen.

Lieber Zettel, diese Sichtweise halte ich für reichlich naiv. Sie geht an der Wirklichkeit vorbei das auch Polizisten nur Menschen sind, dass Einsatzleitungen Mist bauen und ebenso daran, dass es durchaus eine ganze Reihe von Demos gibt, die keinesfalls von der Polizei effektiv geschützt werden. Sie müssen das, was ich erzählt habe, nicht glauben. Aber es ist mir so passiert. Sie müssen auch nicht glauben, dass dieses Video keine Produktion aus Hollywood ist. Aber es ist eben so passiert.

Zitat
Aus meiner Sicht ist diese Denkweise, daß "sich Demonstranten und Polizisten Straßenschlachten liefern", vom Ansatz her falsch. Die Polizei ist keine Partei in einer Schlacht, sondern sie setzt in unser aller Auftrag Recht und Gesetz gegen diejenigen durch, die sich nicht daran halten wollen.


Nein, lieber Zettel, in meinem Namen wird niemandem ins Gesicht getreten. Und in meinem Namen werden auch nicht Unschuldige eingekesselt. Ob das in ihrem Namen geschieht, mögen Sie entscheiden. Ich glaube daran, dass sich Polizisten auch in schwierigen Situationen an die Grundrechte halten müssen. Und ich glaube das wir da Defizite haben.

Zitat
Natürlich kann es schwarze Schafe geben, wie in jedem Beruf. Aber den Begriff der Polizeigewalt mit negativer Bedeutung zu versehen ist falsch. Wir brauchen zu unserem Schutz Polizeigewalt.


Dann erklären Sie mir bitte wie Sie davon geschützt werden, dass ein Polizist aus dem Lauf heraus einem am Boden Liegenden ins Gesicht tritt. Niemand wird ernsthaft bestreiten, dass es Aufgabe der Polizei ist Steinewerfer festznehmen, ebenso wie es Aufgabe der Justiz ist diese Leute lange einzukerkern. Aber mit dem Kollateralschaden dabei, da bin ich deutlich zurückhaltender.

augustin Offline



Beiträge: 128

29.10.2012 21:25
#55 RE: Ein Prozent Gegenstandpunkt Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #11
Und in diesem Umfeld leben auch die Extremisten. Die müssen zu Anfang nicht einmal gewaltbereit sein, aber jeder Polizist, der nicht weniger prügelt als die Extremisten, sich also einen feuchten Schmutz um das Gesetz schert, was er schützens sollte, trägt dazu bei den Extremisten zu radikalisieren.


Ausgehend von meinen eigenen Erfahrungen als ehemaliger "Aktiver" der linksextremen Szene halte ich das für ziemlich unwahrscheinlich. Ich selbst habe nie zum militanten Teil gehört und selbst Gewalt ausgeübt, aber wie das dort so üblich ist, sind der "militante" und der "nicht-militante" Teil organisatorisch und personell verflochten. Man kennt seine Pappenheimer.

Diejenigen, die tatsächlich gewalttätig waren, also Polizisten mit Steinen bewarfen, (vermeintliche) Rechtsextremisten zusammenschlugen etc., waren größtenteils gewaltgeile junge Männer zwischen 16 und Ende 20, die ihre Taten aus Nervenkitzel begangen - und nur deshalb. Mit Empörung oder "Radikalisierung" hatte das überhaupt nichts zu tun. Diese Leute hätten genauso gut Hooligans werden können und ironischerweise wurden das einige später auch.

Diese "Empörung" über ungerechte übertriebene Polizeigewalt gab es auch, aber das betraf eher die naive Deckungsmasse, die passive Mehrheit, die der Minderheit Unterstützung und Schutz bot. Aus heutiger Perspektive ein ziemlich larmoyanter Haufen, der einerseits großspurig das "System" "smashen" will und andererseits rumheult, wenn dieses mal etwas härter zupackt - aber diese Leute hätten selbst niemals zum Stein oder zum Knüppel gegriffen, aus Feigheit bzw. Unvermögen, den eigenen Worten Taten folgen zu lassen.

Die wirklichen "harten Kerle" hat sowas eher nicht beeindruckt. Wenn's "auf die Fresse gab", sah man das eher sportlich, das kannte man seit Schulhoftagen.

Viele Grüße

Augustin

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

29.10.2012 21:40
#56 RE: Ein Prozent Gegenstandpunkt Antworten

Zitat von augustin im Beitrag #55
Zitat von Llarian im Beitrag #11
Und in diesem Umfeld leben auch die Extremisten. Die müssen zu Anfang nicht einmal gewaltbereit sein, aber jeder Polizist, der nicht weniger prügelt als die Extremisten, sich also einen feuchten Schmutz um das Gesetz schert, was er schützens sollte, trägt dazu bei den Extremisten zu radikalisieren.


Ausgehend von meinen eigenen Erfahrungen als ehemaliger "Aktiver" der linksextremen Szene halte ich das für ziemlich unwahrscheinlich. Ich selbst habe nie zum militanten Teil gehört und selbst Gewalt ausgeübt, aber wie das dort so üblich ist, sind der "militante" und der "nicht-militante" organisatorisch und personell verflochten. Man kennt seine Pappenheimer.

Diejenigen, die tatsächlich gewalttätig waren, also Polizisten mit Steinen bewarfen, (vermeintliche) Rechtsextremisten zusammenschlugen etc., waren größtenteils gewaltgeile junge Männer zwischen 16 und Ende 20, die ihre Taten aus Nervenkitzel begangen - und nur deshalb. Mit Empörung oder "Radikalisierung" hatte das überhaupt nichts zu tun. Die Leute hätten genauso gut Hooligans werden können und ironischerweise wurden das einige später auch.


Aus der Außensicht kann ich die Seelenverwandtschaft mit den Hooligans bestätigen. Im Februar 2011 stand ich im Dresdner Hauptbahnhof kurzzeitig zwischen zwei Reihen Polizisten, die ihrerseits eine Gruppe Rechtsradikale und eine Gruppe Linksradikale voneinander fernhielten. An dieser Stelle und zu diesem Zeitpunkt waren beide Seiten noch nicht gewalttätig; es waren wohl auch eher Nachwuchskräfte, die ich dort gesehen hatte. Aber die Hooligan-Gesänge von diversen Gewalttätigkeiten, die man dem Gegner antun möchte, waren prima einstudiert.

Zum zweiten mit dieser Beobachtung über eine »mutige antifaschistische Aktion« vom Februar 2012: Brüllen und Krach machen unter der Bahnhofskuppel, wie die Hooligans aus Leipzig es im dortigen Bahnhof immer gern tun. Das war ein richtiger Schwarzer Block. Aber sie fanden wohl keinen Vorwand oder sie wollten in diesem Fall wirklich nur Schrecken verbreiten … http://stefanolix.wordpress.com/2012/02/...hof-dd-neustadt

C. Offline




Beiträge: 2.639

29.10.2012 21:41
#57 RE: Ausnahmezustand...? Antworten

Zitat von Loki im Beitrag #53

Die sind anscheinend nicht weggegangen. Was tut das genau zur Sache? Haben Sie den Text von Reicherter überhaupt gelesen?

Ich habe direkt auf eine Passage aus Reicherters Schreiben Bezug genommen. Mir ist allerdings meine Zeit für rhetorische Spielchen zu schade zumal ich Ihr mangelndes Textverständnis nur für vorgetäuscht halte.

Der Riesling gehört zu Deutschland.

Loki Offline



Beiträge: 128

29.10.2012 21:49
#58 RE: Ausnahmezustand...? Antworten

Zitat von C. im Beitrag #57
Zitat von Loki im Beitrag #53

Die sind anscheinend nicht weggegangen. Was tut das genau zur Sache? Haben Sie den Text von Reicherter überhaupt gelesen?

Ich habe direkt auf eine Passage aus Reicherters Schreiben Bezug genommen.


Haben Sie nicht; weder haben Sie zitiert, noch läßt das von Ihnen geschriebene einen inhaltlichen Zusammenhang mit seinem Schreiben erkennen.

augustin Offline



Beiträge: 128

29.10.2012 22:06
#59 RE: Ein Prozent Gegenstandpunkt Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #52

Dann bin ich auch ein Straftäter. Oder meinetwegen Vergeher. Ich habe aber keine Straftat begangen. Auch kein Vergehen. Und die Polizei hat mir dennoch meine Rechte genommen. Und was noch schlimmer ist: Sie findet das richtig. Es ist kein Fehler passiert.


Und da dürfte sie auch richtig liegen, weil die Polizei eben nicht nur repressiv zur Aufklärung von Straftaten vorgehen muss, sondern auch präventiv zur Verhütung eben solcher - nennt sich juristisch "Gefahrenabwehr" nach Polizeirecht.

Und auch dort sind ebenso wie im repressiven Bereich die rechtlichen Befugnisse der Polizei sehr umfassend. Dazu gehören auch freiheitsentziehende Maßnahmen, wie sie bspw. ein Polizeikessel darstellt.

Das ist sehr unangenehm für Personen, die eine Zwangsmaßnahme fälschlich trifft. Aber das ist auch bei bester Amtsausübung nie gänzlich auszuschließen und geht letztlich moralisch immer auf die Kappe derer, die die Gefahr verursachen.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

29.10.2012 23:33
#60 Wie radikalisiert man sich? Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #52
Zitat von crithir im Beitrag #26
Und Sie glauben wirklich, dass das der Auslöser dafür ist, Gehwegplatten von 30 Meter hohen Gebäuden zu werfen?

Das alleine sicher nicht. Aber es kann ein Weg dahin sein. Ohnmacht gegenüber Unrecht gibt es in vielen Abstufungen. Und wenn jemand von der Polizei zusammengeschlagen wird (und sowas kommt nun einmal vor) und sich anschließend einer Mauer des Schweigens gegenübersieht, einem Rechtsstaat der den Täter schützt, dann verliert die Person irgendwann den Respekt vor diesem Rechtsstaat.

Ich bestreite nicht, lieber Llarian, daß es solche Fälle gibt. Sie sind aber nicht die Regel.

Wer sich an die Gesetze hält, der wird mit großer Wahrscheinlichkeit nie in seinem Leben unmittelbaren Zwang durch die Polizei erfahren. Die Geschichten von der Radikalisierung, weil man unschuldig der "Polizeigewalt" ausgeliefert war, sind nach meiner Erfahrung ganz überwiegend Propaganda.

Was allerdings sehr wohl passiert - ich kenne diese Strategie noch aus den frühen siebziger Jahren, als wir als Jusos auch Kontakte zu solchen Leuten hatten -, das ist die bewußt herbeigeführte Radikalisierung von Mitläufern, indem man sie sozusagen ins Feuer schickt. Sie sind selbst noch nicht "so weit", auf Polizisten einzuschlagen und Steine zu werfen; aber man sorgt dafür, daß sie in der Demo dort sind, wo das passiert und wo die Polizei sich wehrt.

Das Kalkül ist es, daß solche Genossen Gewalt erfahren und sich dadurch radikalisieren; daß sie gewaltbereit werden. Das funktionierte damals ei den K-Gruppen, bei den Streetfighters, den Spontis; es funktioniert heute bei der Antifa und dem Schwarzen Block.

Ich denke, Augustin wird das aus seiner Erfahrung bestätigen können.

Herzlich, Zettel

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

30.10.2012 11:23
#61 RE: Die Polizei -- Bedrohung und Gefahr Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #48
Dieser Vergleich, lieber Emulgator, ist abwegig. Mir ist unklar, wie Sie darauf kommen, die Verhältnisse in der DDR mit denen in einem demokratischen Rechtsstaat in Zusammenhang zu bringen.
Es ist kein Vergleich, sondern ein Gegenbeispiel gegen den enthymemisierten Obersatz gewesen, wonach aus der staatlichen Verkündigung von Gesetzen folge, daß die Organe dieses Staates sich daran auch tatsächlich hielten. Demokratie und Rechtsstaat kommen in diesem von mir Ihnen freilich behelfsweise unterstellten Obersatz nicht vor. Allerdings kann ihn man auch damit Ihre Argumentation nicht retten, denn selbst mit Demokratie und Rechtsstaat gilt folgendes nicht:

Zitat von Zettel im Beitrag #48
Wenn Polizisten sich rechtswidrig verhalten, dann muß das selbstverständlich aufgeklärt und bestraft werden; was ja auch geschieht.
Nehmen wir das Beispiel mit dem Polizisten, der in HH einem am Boden liegenden Menschen einen gezielten Fußtritt verpaßt hat. Um diesen Polizisten zu bestrafen, muß man seine Identität kennen. Die ist aber wegen Uniform und Schutzwaffen nicht erkennbar. Der einzige, der sie offenbaren kann, ist nur er selber, und dazu ist er strafprozessrechtlich ja nicht verpflichtet.

Zitat von Zettel im Beitrag #48
In dem Fall, über den wir diskutieren, ist - soweit es dem Pressebericht zu entnehmen ist - in keiner Weise gegen das Gesetz verstoßen worden. Es gab Gefahr für Leib und Leben eines Bürgers. Ein Richter wurde eingeschaltet, Dann wurde ein Rettungsversuch unternommen. Ob sich die Befürchtung als falsch erwies, geht aus dem Bericht so wenig hervor wie die Motive für die Polizei und den Richter, die Bedrohung als gegeben zu werten.
Na doch, eine Waffe wurde nicht gefunden und der Überfallene lag im Bett, stand also gerade nicht im Begriff, jemandem Gewalt anzutun, der aus dieser Bedrohung gerettet werden müßte. Das hat die Polizei ja so bestätigt. Dieser und dem Amtsrichter hingegen genügte offenbar der bloße Verdacht oder die Beschuldigung durch irgendwen. Rechtsstaatlich ist hingegen zunächst davon auszugehen, daß keine Bedrohung im Sinne des § 241 StGB vorgelegen hat (Unschuldsvermutung).

Der Hinweis auf Bedrohungen und Gefahren ist oftmals selber eine Bedrohung und Gefahr, nämlich eine moralische, wenn damit das Vorliegen eines rechtfertigenden Notstandes begründet wird. Ein Notstand ist definitionsgemäß eine gegenwärtige Gefahr, und das ist sehr wichtig, weil die Gegenwärtigkeit objektiver feststellbar ist als alle anderen Notstandsmerkmale. Beispielsweise wird in "antikapitalistischen" Pamphleten gerne eine Bedrohung durch freien Handel postuliert, die zu gewalttätigen Demos berechtige. Die Bedrohung kann man einem Überzeugten nicht ausreden, ebenso die Verhältnismäßigkeit (ist ja so schlimm) und die Sachdienlichkeit (irgendwelche Mechanismen mit der Gesellschaft) nicht. Erkennbar ist hingegen, daß man nicht sicher den Eintritt eines Schadens vorhersehen kann, wenn man sich entschließt, ein paar Stunden später mit der Demo zu beginnen. Deswegen --und das ist für das Thema sicher bedeutsam-- kann man das Verhalten von Krawalldemonstranten nicht als Putativnotwehr entschuldigen. Dasselbe muß nun auch für Polizisten gelten, die ebenfalls selbst bei wohlwollender Aulegung erkennen können müssen, eine nicht gegenwärtige Gefahr vor sich zu haben.


Zitat von Zettel im Beitrag #48

Und nochmals meine Bitte, lieber Emulgator: Sie hatten geschrieben:

Zitat
Vielmehr war der Grund für den Einsatz die behördliche Vermutung, es könnte ein Bürger eine Feuerwaffe ohne Waffenbesitzkarte besitzen. Zumindest in Niedersachsen führt das SEK regelmäßig nächtliche Überfälle bei solchen Anlässen durch. Eine Bedrohung muß da gar nicht vorliegen, es reicht, wenn es einem mißgünstigen Nachbar so vorgekommen ist, als habe die Heckenschere ehr wie ein M16 ausgesehen.

Darüber würde ich gern Näheres wissen; vor allem die Belege erfahren.


Das hatte ich Ihnen hier ja knapp dargelegt. Der Reihe nach und lückenlos: (1) Einsatzentscheidungen der Polizei eines Landes fallen entsprechend vermuteter Straftatbestände laut feststehenden Einsatzrichtlinien und nicht etwas wegen nicht berichtenswerter Lappalien oder gar willkürlich. (2) Vermutete Straftatbestände sind so wesentlich, daß sie in Presseberichten zum Fall auch erwähnt werden. Daraus folgt, daß wir anhand der vermuteten Straftatbeständen in den Zeitungsberichten unserer Schlüsse ziehen können, warum die Einsätze erfolgt sind.
(3) In beiden Fällen lagen vermutete illegale Waffenbesitze vor, in einem eine Bedrohung. In beiden Fällen kam das SEK.
Nun ist der Rest vom Beweis hoffentlich klar.

augustin Offline



Beiträge: 128

30.10.2012 11:40
#62 RE: Polizeigewalt Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #61
Na doch, eine Waffe wurde nicht gefunden und der Überfallene lag im Bett, stand also gerade nicht im Begriff, jemandem Gewalt anzutun, der aus dieser Bedrohung gerettet werden müßte. Das hat die Polizei ja so bestätigt. Dieser und dem Amtsrichter hingegen genügte offenbar der bloße Verdacht oder die Beschuldigung durch irgendwen. Rechtsstaatlich ist hingegen zunächst davon auszugehen, daß keine Bedrohung im Sinne des § 241 StGB vorgelegen hat (Unschuldsvermutung).


Nein, Sie vermengen hier 2 Dinge. Zum einen die Durchsuchung nach Gefahrenabwehrrecht und zum anderen die strafprozessuale Durchsuchung zum Auffinden von Beweismitteln oder Personen.

Bei der ersteren gibt es gerade keine Unschuldsvermutung. Vielmehr muss seitens der Gefahrenabwehrbehörden erforscht werden, ob es hinreichende Anhaltspunkte für eine Gefahrenlage gibt. Wenn dies zu bejahen ist, können oder müssen sie je nach Gefahrenlage handeln, um die Gefahr abzuwehren.

Und so stellte sich auch der Fall in Göttingen dar. Mit dem unschönen Beiklang, dass den Beamten ein ausgesprochen dummer Fehler passierte und sie die falsche Wohnung stürmten.

Viele Grüße

Augustin

augustin Offline



Beiträge: 128

30.10.2012 11:57
#63 RE: Polizeigewalt Antworten

Zitat von Loki im Beitrag #36
Was haben wir gelacht.


Gewalt bei Polizeieinsätzen kann die Falschen treffen. Manchmal sind das Anwesende, die die Lage falsch einschätzen und tatsächlich als Störer wirken, ohne dass ihnen das und die möglichen Konsequenzen daraus bewusst wären, manchmal Personen, die fälschlich aber subjektiv nicht vermeidbar für Störer gehalten werden und manchmal auch völlig Unbeteiligte, weil ein Befehl falsch interpretiert wird oder sonstige Fehler passieren.

Das ist schlecht, Fall 2 und 3 sowieso, aber auch Fall 1. Für die Betroffenen, die Gewalt erfahren ebenso wie oftmals auch für die ausführenden Beamten, die die Konsequenzen tragen müssen und auch für den Rechtsstaat im abstrakten Sinne.

In einigen Fällen kann man darüber streiten, ob die Polizeitaktik sinnvoll und angemessen war. Das muss man im Einzelfall diskutieren.

Im Grundsatz aber - und ich habe es nie anders erlebt und nie anderes vernommen - liegt die Ursache des Polizeieinsatzes und aller daraus folgenden Konsequenzen in einer Gefahrenlage. Meist ganz konkret von einem bestimmten Personenkreis ausgelöst, der die Situation politisch instrumentalisieren will.

Und so war es auch bei der Räumung des Schlossparks. Es wurde ein Baugelände rechtswidrig besetzt, um einen Polizeieinsatz notwendig zu machen und aus der Gewalt politisches Kapital zu schlagen.

Die Polizei moralisch (!) dafür verantwortlich machen zu wollen, dass es letztlich zur Eskalation kam und auch Unbeteiligte verletzt wurden, ist m.E. etwas kurz gedacht. Denn es liegt in der Natur der Sache, dass Gewalt aus dem Ruder laufen kann.

Trotzdem kann und darf sich der Rechtsstaat niemals Kriminellen beugen.

Viele Grüße

Augustin

Llarian Offline



Beiträge: 7.129

30.10.2012 12:38
#64 RE: Wie radikalisiert man sich? Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #60
Ich bestreite nicht, lieber Llarian, daß es solche Fälle gibt. Sie sind aber nicht die Regel.

Nicht die Regel, lieber Zettel, aber eben auch nicht das seltene Einhorn, dass der Staat so gerne zu malen versucht. Anders gesagt: Es ist viel zu häufig als das man es mit einem Schulterzucken abtun kann. Es ist ein systematisches Problem. Polizisten sind mit Sicherheit nicht gewalttätiger als die Bevölkerung. Aber eben auch nicht weniger. Nur werden sie dafür (in aller Regel) nicht angeklagt.

Zitat
Wer sich an die Gesetze hält, der wird mit großer Wahrscheinlichkeit nie in seinem Leben unmittelbaren Zwang durch die Polizei erfahren.


Vor allem dann, wenn er im Zweifelsfall nicht auf seine Rechte pocht. Wer sich an einen nicht gerechtfertigten Platzverweis hält, wer sich von Demos fernhält, auf denen eben auch Idioten mitmarschieren, wer sich nicht gerechtfertigten Durchsuchungen in Zügen fügt, wer sich einem Gentest widerspruchslos fügt, wer sich auch ohne richterliche Anordnung freiwillig einer Blutprobe stellt, etc. etc. etc., der wird mit aller Wahrscheinlichkeit nie diesen Zwang erleben. Weil er sich fügt. Nur ist das nicht gleichbedeutend mit dem Halten an das Gesetz. Noch ist die Polizei nicht das Gesetz, auch wenn so mancher Polizist das nicht so sehen will.
Das heisst korrekt müsste ihr Satz lauten: Wer sich an die Anweisungen der Polizei hält, wird mit großer Wahrscheinlichkeit nie in seinem Leben unmittelbaren Zwang durch die Polizei erfahren. In der Form können wir uns darauf einigen. Nur mir ist das zu wenig.

Zitat
Die Geschichten von der Radikalisierung, weil man unschuldig der "Polizeigewalt" ausgeliefert war, sind nach meiner Erfahrung ganz überwiegend Propaganda.


Welche Erfahrung haben Sie denn, die Sie zu dieser Aussage kommen lässt ?

Zitat
Das Kalkül ist es, daß solche Genossen Gewalt erfahren und sich dadurch radikalisieren;


Ähh. Jetzt wirds ein wenig verwirrend. Erst ist es Proaganda, dann Kalül ? Was denn nu ? Wenn es Kalkül ist, dann muss es doch wohl funktionieren. Dann kann es keine Propaganda sein.

Llarian Offline



Beiträge: 7.129

30.10.2012 12:43
#65 RE: Ein Prozent Gegenstandpunkt Antworten

Zitat von augustin im Beitrag #55
Ausgehend von meinen eigenen Erfahrungen als ehemaliger "Aktiver" der linksextremen Szene
[...]
Diese "Empörung" über ungerechte übertriebene Polizeigewalt gab es auch, aber das betraf eher die naive Deckungsmasse, die passive Mehrheit, die der Minderheit Unterstützung und Schutz bot. Aus heutiger Perspektive ein ziemlich larmoyanter Haufen, der einerseits großspurig das "System" "smashen" will und andererseits rumheult, wenn dieses mal etwas härter zupackt - aber diese Leute hätten selbst niemals zum Stein oder zum Knüppel gegriffen, aus Feigheit bzw. Unvermögen, den eigenen Worten Taten folgen zu lassen.

Das heisst Sie bezeichnen sich selber als ehemaliges Mitglied eines feigen, unvermögenden,larmoryanten Haufens Deckungsmasse, der Gewalttätern und Steinewerfer Unterstützung bot ? Ich möchte Sie nicht beleidigen, aber ich kann schlecht bis gar nicht nachvollziehen, dass jemand seine Vergangenheit mit derartigen Worten belegt.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

30.10.2012 13:03
#66 RE: Polizeigewalt Antworten

Zitat von augustin im Beitrag #62
Bei der ersteren gibt es gerade keine Unschuldsvermutung. Vielmehr muss seitens der Gefahrenabwehrbehörden erforscht werden, ob es hinreichende Anhaltspunkte für eine Gefahrenlage gibt. Wenn dies zu bejahen ist, können oder müssen sie je nach Gefahrenlage handeln, um die Gefahr abzuwehren.
Da haben Sie recht, es ist zweierlei. Allerdings argumentierte Zettel mit dem Vorliegen von Verbrechen, daß die Folge von Gewaltanwendung sei. Da hätte er richtiger schreiben müssen, daß eine Vermutung vorgelegen habe. Ob nun die Aussage von irgendwem eine Tatsache ist, die die Annahme eines Tatbestandes rechtfertigt, hängt wohl von der Glaubwürdigkeit der Person ab, an die wiederum höhere Anforderungen zu stellen sind, je weitgehender die behauptete Tatsache ist. Eine gegenwärtige Gefahr (und nicht einfach eine schwammige Gefahrenlage) zu behaupten, ist nun doch sehr kühn, und ist sicher falsch, wenn der Gefährder im Bett liegt.

Jedenfalls ist die Anwendung von unmittelbaren Zwang ohne Warnung ohnehin nicht erlaubt.

augustin Offline



Beiträge: 128

30.10.2012 13:18
#67 RE: Ein Prozent Gegenstandpunkt Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #66
Da haben Sie recht, es ist zweierlei. Allerdings argumentierte Zettel mit dem Vorliegen von Verbrechen, daß die Folge von Gewaltanwendung sei.


Das ist insofern nicht ganz exakt, als dass es auch andere Gefahrenlagen gibt, die unmittelbaren Zwang der Polizei rechtfertigen können. Aber meistens geht es beim polizeilichen Handeln zur Gefahrenabwehr tatsächlich um die Prävention kriminelle Aktivitäten. Prävention und Repression gehen da sehr oft Hand in Hand. So wäre es auch im Göttinger Fall gelaufen. Hätte man tatsächlich eine illegale Schusswaffe gefunden, dann hätte man nahtlos ein Ermittlungsverfahren nach StPO eingeleitet.

Der Anlass der Maßnahme war jedoch eindeutig präventiv.

Zitat
Da hätte er richtiger schreiben müssen, daß eine Vermutung vorgelegen habe. Ob nun die Aussage von irgendwem eine Tatsache ist, die die Annahme eines Tatbestandes rechtfertigt, hängt wohl von der Glaubwürdigkeit der Person ab, an die wiederum höhere Anforderungen zu stellen sind, je weitgehender die behauptete Tatsache ist.



Im Gegenteil, im Rahmen der Gefahrenabwehr ist die Schwelle zum Handeln umso niedriger je stärker die vermutete Gefahr ist. D.h. konkrekt: Wenn eine Gefahr für Leib und Leben von Menschen gegeben sein könnte, dann muss auch kleinsten Verdachtsmomenten nachgegangen werden. Im Gegenzug ist die Schwelle höher, wenn die vermutete Gefahr klein ist. Das ergibt sich aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip.

Zitat
Eine gegenwärtige Gefahr (und nicht einfach eine schwammige Gefahrenlage) zu behaupten, ist nun doch sehr kühn.



Man spricht hier im Verwaltungsrecht von einer sog. Anscheinsgefahr. Nach wohl h.M. in Literatur und Rechtsprechung ist das eine "echte Gefahr" im Sinne des Polizeirechts, die einen Eingriff rechtfertigt. Kann man drüber streiten, die Gegenmeinung ist vertretbar. Beide Seiten haben gute Argumente.

Viele Grüße

Augustin

dari Offline




Beiträge: 189

30.10.2012 13:22
#68 RE: Ein Prozent Gegenstandpunkt Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #65
Zitat von augustin im Beitrag #55
Ausgehend von meinen eigenen Erfahrungen als ehemaliger "Aktiver" der linksextremen Szene
[...]
Diese "Empörung" über ungerechte übertriebene Polizeigewalt gab es auch, aber das betraf eher die naive Deckungsmasse, die passive Mehrheit, die der Minderheit Unterstützung und Schutz bot. Aus heutiger Perspektive ein ziemlich larmoyanter Haufen, der einerseits großspurig das "System" "smashen" will und andererseits rumheult, wenn dieses mal etwas härter zupackt - aber diese Leute hätten selbst niemals zum Stein oder zum Knüppel gegriffen, aus Feigheit bzw. Unvermögen, den eigenen Worten Taten folgen zu lassen.

Das heisst Sie bezeichnen sich selber als ehemaliges Mitglied eines feigen, unvermögenden,larmoryanten Haufens Deckungsmasse, der Gewalttätern und Steinewerfer Unterstützung bot ? Ich möchte Sie nicht beleidigen, aber ich kann schlecht bis gar nicht nachvollziehen, dass jemand seine Vergangenheit mit derartigen Worten belegt.



Tja, lieber Llarian, politische Gesinnungen und Ansichten können sich eben im Laufe eines Lebens ändern. So bin auch ich - oh Wunder - nicht als wertkonservativer Fundamentalchrist mit liberalen Allüren auf die Welt gekommen. Mir geht es da ähnlich wie dem von Ihnen so gescholtenen Augustin. Man kann rückblickend durchaus sagen, dass ich an manchen Punkten meines Lebens auch Sympathisant eines "feigen, unvermögenden,larmoryanten Haufens Deckungsmasse" war. Soviel Selbstkritik muss sein!

Der schlaue Spruch von W. Churchill trifft eben doch oft ins Schwarze:

Zitat
Wer mit zwanzig kein Sozialist ist, hat kein Herz – wer es mit vierzig immer noch ist, hat keinen Verstand

Skipper ( gelöscht )
Beiträge:

30.10.2012 13:27
#69 RE: Ein Prozent Gegenstandpunkt Antworten

Zitat von dari
Tja, lieber Llarian, politische Gesinnungen und Ansichten können sich eben im Laufe eines Lebens ändern.



Ich war mit 18 beim KBW, einem Haufen durchgeknallter, stalinistischer und bei Bedarf ziemlich gewalttätiger Vollidioten.

Weshalb sollte ich denn das jetzt, über 30 Jahre später, nicht auch so benennen?

Leibniz Offline




Beiträge: 383

30.10.2012 13:34
#70 RE: Wie radikalisiert man sich? Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #64
Polizisten sind mit Sicherheit nicht gewalttätiger als die Bevölkerung.
Es gibt den Typ jungen Mannes, der sich prügeln will. Der wird angezogen von den Hooligans, aber auch von den Polizeikräften, die Hooligans in Schach halten sollen. Stefan Schubert war beides und hat darüber ein Buch geschrieben: "Gewalt ist eine Lösung". Sinngemäß: "Ich habe in zwei Welten gelebt, die sich gar nicht so sehr unterschieden haben."

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

30.10.2012 13:46
#71 RE: Ein Prozent Gegenstandpunkt Antworten

Zitat von augustin im Beitrag #55

Ausgehend von meinen eigenen Erfahrungen …

Vielen Dank für Ihre Offenheit lieber augustin. Sie haben offensichtlich ganz ähnliche Erfahrungen gemacht wie ich. Deshalb ist es mir ein Bedürfnis Ihre Aussagen in vollem Umfang zu bestätigen.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Llarian Offline



Beiträge: 7.129

30.10.2012 14:53
#72 RE: Ein Prozent Gegenstandpunkt Antworten

Zitat von dari im Beitrag #68
Tja, lieber Llarian, politische Gesinnungen und Ansichten können sich eben im Laufe eines Lebens ändern.

Das können Sie. Oft tun sie das sogar. Aber nicht unbedingt die Einstellung zu Mitleid, Gewalt oder Mut. Das eine ist eine Meinung, das andere ist eine Eigenschaft des Characters. Und so sehr sich auch die Meinungen eines Menschen verändern können, so fest ist oftmals der Character dahinter.
Ich kenne eine ganze Reihe Leute aus dem linken Umfeld und vielleicht war mir das Denken selbst mal nicht so fern (jeder fängt ja mal klein und dumm an). Aber zu keinem Zeitpunkt hätte ich Gewalt als Mittel zur Politik befürwortet oder ein Verbrechen nicht ein Verbrechen genannt. Und das geht sicher auch den Leuten aus meinem Umfeld so, sonst würde ich mich nicht mit ihnen umgeben.
Ich würde sogar vermuten, dass jemand, der characterlich alles beieinander hat, auf Dauer nicht bei dem (extremen) linken Haufen bleiben kann, ohne eine echte kognitive Dissonanz zu entwickeln, aber das bleibt dahingestellt.

Zitat
Wer mit zwanzig kein Sozialist ist, hat kein Herz – wer es mit vierzig immer noch ist, hat keinen Verstand


Ich erlaube mir die Aussage von Churchill ein wenig zu modifizieren: Wer mit 20 Steine geschmissen hat, wird mit 40 keine Probleme mit einem Gummiknüppel haben.

dari Offline




Beiträge: 189

30.10.2012 15:12
#73 RE: Ein Prozent Gegenstandpunkt Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #72
Ich kenne eine ganze Reihe Leute aus dem linken Umfeld und vielleicht war mir das Denken selbst mal nicht so fern (jeder fängt ja mal klein und dumm an). Aber zu keinem Zeitpunkt hätte ich Gewalt als Mittel zur Politik befürwortet oder ein Verbrechen nicht ein Verbrechen genannt. Und das geht sicher auch den Leuten aus meinem Umfeld so, sonst würde ich mich nicht mit ihnen umgeben.


Man muss Gewalt ja nicht aktiv befürworten. Wäre mir selbst zu meinen besten linken Zeiten nie in den Sinn gekommen! Aber die Abstufungen sind da halt sehr graduell. Sie reichen von aktivem Befürworten bis hin zur fast schon sprichwörtlichen "klammheimlichen Freude", dass es endlich mal den Richtigen getroffen hat.

Zitat von Llarian im Beitrag #72
Ich würde sogar vermuten, dass jemand, der characterlich alles beieinander hat, auf Dauer nicht bei dem (extremen) linken Haufen bleiben kann, ohne eine echte kognitive Dissonanz zu entwickeln, aber das bleibt dahingestellt.


D'accord! Aber solche kognitiven Dissonanzen kommen wohl leider häufiger vor als man es wahrhaben möchte!

Tim Offline



Beiträge: 55

30.10.2012 15:22
#74 RE: Ein Prozent Gegenstandpunkt Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #72
[quote="dari"|p82840]
Ich erlaube mir die Aussage von Churchill ein wenig zu modifizieren: Wer mit 20 Steine geschmissen hat, wird mit 40 keine Probleme mit einem Gummiknüppel haben.


Hübscher Spruch, dennoch enthält er mehrere logischen Fehler.

Ich gebe Ihnen aber in dem Punkt recht, dass es mir völlig unverständlich ist, warum sich Jemand für den Polizeiberuf entscheidet.

Die Bezahlung ist schlecht, der Beruf ist gefährlich und der Rückhalt in der Bevölkerung -- wie man an Ihren Postings sieht -- ist gering. Ich hab in meinem Bekanntenkreis einen Polizisten und einen Ex-Polizisten. Sicherlich ist das keine statistisch signifikante Auswahl, aber keiner von denen ist ein Hooligan, im Gegenteil.

augustin Offline



Beiträge: 128

30.10.2012 15:56
#75 RE: Ein Prozent Gegenstandpunkt Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #72
Das können Sie. Oft tun sie das sogar. Aber nicht unbedingt die Einstellung zu Mitleid, Gewalt oder Mut. Das eine ist eine Meinung, das andere ist eine Eigenschaft des Characters. Und so sehr sich auch die Meinungen eines Menschen verändern können, so fest ist oftmals der Character dahinter.


Auch Charaktereigenschaften können sich im Laufe eines Menschenlebens ändern, insbesondere an der Schwelle zwischen Jugend und Erwachsenwerden, aber auch später.

Zitat
Ich erlaube mir die Aussage von Churchill ein wenig zu modifizieren: Wer mit 20 Steine geschmissen hat, wird mit 40 keine Probleme mit einem Gummiknüppel haben.



Das kann gut sein. Ich wundere mich allerdings, wie man als vernünftiger Mensch grundsätzlich ein Problem mit dem "Gummiknüppel" an sich haben kann.

M.E. ist es vornehmste und wichtigste Aufgabe eines Rechtsstaates das staatliche Gewaltmonopol gegenüber Rechtsbrechern durchzusetzen. Und das geht im Zweifelsfall nur durch die erforderliche Gewaltanwendung. Diese muss im liberalen Rechtsstaat reglementiert sein und kontrolliert werden, aber das ändert nichts am Grundsätzlichen.

Insofern hat sich meine grundsätzliche Einstellung zur Gewalt als solcher tatsächlich nicht geändert. Ich bin mitnichten Pazifist geworden. Geändert hat sich die grundsätzliche Einstellung zu Recht und Ordnung und die politische Einstellung zu Rechtsstaat und Demokratie.

Der "Gummiknüppel" in den Händen eines Polizisten, der nach rechtsstaatlichen Grundsätzen handelt, ist eine gute und wichtige Sache.

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