Ich vermute, dass die Befragten überhaupt nicht interessiert, ob das Verbot ein staatliches ist, oder eines des Anbieters. Der Gedankengang ist doch eher: »Mir könnte es lästig werden, also soll es verboten werden.«
So lange ein Trinker nicht ausfällig wird, sehe ich ein Verbot sogar von privater Seite kritisch, denn wenn ich es nicht übertreibe, entsteht niemandem ein Schaden. Da gäbe es ja eher einen Grund krümelnde Kekse und Döner zu verbieten (die sind mir noch lästiger als ein Raucher in der Nähe). Dürfte mir der Betreiber dann das Trinken überhaupt verbieten? Oder die Lektüre der taz?
Ich fahre regelmäßig mit einem Regionalzug, und da sind Trinker noch nie lästig geworden. Selbst Freitag-Feierabend, wenn alles sich drängelt, und fast immer ein Student mit der Bierflasche da ist, ein Handwerker, der sie im Flaschenhalter am Fahrrad hat, und einer, der nicht im Zug, sondern schon im Bahnhof enorme Mengen Ethanol genossen hat. Wie gesagt: da sind Döner lästiger, oder Mitreisende, die sich nicht gewaschen haben, oder Mitreisende, die sich auch ohne Alkohol nicht zu benehmen wissen. Aus Einzelerfahrungen lässt sich so ein Verbot wohl kaum begründen.
Wenn sich zwei Leute gestört fühlen, und 8 nicht, wer hat dann Recht?
Wenn im Artikel schon die Unterschiede von Franzosen und Amerikanern zu Deutschen hinsichtlich Verboten angesprochen wird, dann wäre es im Kontext auch sinnig, die unterschiedliche "Alkoholgebräuche" in diesen drei Nationen zu betrachten. Hier gilt es offenbar nicht als unfein, wenn der Junggesellenabschied oder der Kegelklub im Zug seinen Bier- oder Piccolöchenvorrat aus Plastikbechern oder direkt aus der Pulle säuft und den Mitreisenden, die lieber schlafen, lesen oder arbeiten wollen, ihre überlegene Lautstärke demonstrieren. Für Amerikaner oder Franzosen wäre das keine kultivierte Form des Alkoholgenusses, selbst wenn das Abteil leer wäre und niemand gestört würde, auch nicht durch verschüttetes Bier oder herumliegende stinkende Getränkebehälter.
Selbst in Rußland ist es verpönt, alleine Alkohol zu trinken. Abends in der S-Bahn von Berlin sitzt aber immer jemand alleine (!) und leert mindestens eine Bierdose.
Die Umfrage aus Zeit-online ist für mich ein positives Zeichen, daß die Etikette sich in Deutschland weiterentwickeln kann und grenzenlose Toleranz auf dem Rückzug ist.
“Being right too soon is socially unacceptable.” ― Robert A. Heinlein
"Considering the exclusive right to invention as given not of natural right, but for the benefit of society, I know well the difficulty of drawing a line between the things which are worth to the public the embarrassment of an exclusive patent, and those which are not." -Thomas Jefferson Quelle: The Public Domain, p. 21, http://www.thepublicdomain.org/download/
Zitat von Calimero im Beitrag #42Wurden sie schon mal von nach der Arbeit heimpendelnden Alkoholkonsumenten belästigt? Oder sich vor der Arbeit einen Anzwitschernden?
Ja, das wurde ich. Manche Zugfahrten sind wahrlich kein Vergnügen.
Stellen Sie sich vor, letztens wurde ich in einer Kneipe von einem Betrunkenen angepöbelt. Alkoholverbot in der Kneipe, dringend!
Was ist denn so schwierig dran, wer sich nicht benehmen kann, fliegt raus, unabhängig vom Blutalkoholwert?
Dazu möchte ich noch eine Geschichte erzählen: Ich bin, glaube ich im Jahr 2007, mal mit einem Nachtzug von Rostock nach München gefahren und hatte eigentlich einen Liegewagenplatz gebucht. Bevor ich diesen aufgeucht habe, ging ich in ein (damals noch vorhandenes) Raucherabteil, wo ich mit zwei Herren ins Gespräch gekommen bin. Wir haben uns wunderbar unterhalten, zwei richtig sympathische und interessante Kerle, von denen einer plötzlich eine Flasche (zwar relativ minderwertigen, aber irgendwie hat es gepasst) Schnaps hervorgezogen hat, die wir dann auf dem Rest der Reise zu dritt geleert haben. Noch heute denke ich gern an diese Reise zurück. Keiner war übermäßig besoffen und hat rumgepöbelt (obwohl der Eigentümer dieses Fusels vermutlich sogar Ihre Definition des "Berufsalkoholikers" getroffen hätte), niemand wurde belästigt, es sei denn, er hätte sich nur durch den schieren Anblick einer Schnapsflasche durch die durchsichtige Abteiltür belästigt gefühlt.
Ich habe den Eindruck, dass die Verbotsverliebtheit der Deutschen (und offensichtlich auch die einiger ihrer von mir eigentlich ob ihrer lässigen Lebensart hochgeschätzten südöstlichen Nachbarn) vor allem daher kommt, dass die Belästigungsschwelle vieler Zeitgenosssen atemberaubend niedrig wird. Schon mögliche Belästigungen reichen aus.
Gruß Petz
"The problem with quotes from the Internet is that it is difficult to determine whether or not they are genuine" - Abraham Lincoln
Zitat von Emulgator im Beitrag #52Die Umfrage aus Zeit-online ist für mich ein positives Zeichen, daß die Etikette sich in Deutschland weiterentwickeln kann und grenzenlose Toleranz auf dem Rückzug ist.
Diese Aussage zeigt das ganze Problem. Wäre es so, wie sie sagen, bräuchte es keine Verbote, sondern es gäbe eine gesellschaftlich akzeptierte Regel, dass man in Zügen keine alkoholischen Getränke einnimmt. In Wirklichkeit gibt es die aber gar nicht, sondern es gibt einen immer größeren Anteil, der sich von immer mehr Sachen belästigt fühlt. Seien es übergewichtige, alkoholkonsumierende, rauchende, schlecht gekleidete oder sonstwas für Menschen. Diese geringe Belästigungsschwelle auch noch als besonders gutes Benehmen zu bezeichnen wäre jetzt nichts, was mir einfallen würde..
Gruß Petz
"The problem with quotes from the Internet is that it is difficult to determine whether or not they are genuine" - Abraham Lincoln
Zitat von Meister Petz im Beitrag #55In Wirklichkeit gibt es die aber gar nicht, sondern es gibt einen immer größeren Anteil, der sich von immer mehr Sachen belästigt fühlt. Seien es übergewichtige, alkoholkonsumierende, rauchende, schlecht gekleidete oder sonstwas für Menschen.
Ja, das scheint auch mir der Fall zu sein, lieber Meister Petz. Ich sehe das im Kontext eines allgemeinen Schwenks hin zur Tugendhaftigkeit, der sich in Deutschland gegenwärtig vollzieht.
Von denjenigen, die während einer Bahnfahrt ihre Flasche Bier zum Feierabend, ihren Wein zum Essen oder den Becher Sekt als Auftakt eines Kurzurlaubs trinken, belästigt objektiv so gut wie niemand seine Mitreisenden. Man kann noch nicht einmal das Argument des "Passivtrinkens" geltend machen (oder doch? Was ist mit den Alkoholschwaden?).
Es ist allein der Anblick, den die Tugendhaften als belästigend empfinden. Sie selbst verbieten sich den Alkohol im Zug. Also ist er auch anderen zu untersagen. Das ist die Logik des Tugendterrors.
Zitat von Zettel im Beitrag #56Ich sehe das im Kontext eines allgemeinen Schwenks hin zur Tugendhaftigkeit, der sich in Deutschland gegenwärtig vollzieht.
Für mich sind Tugenden etwas gutes, auch wenn man (nach einem Ausspruch von O. Lafontaine) damit ein KZ leiten könne. Freilich gibt es untugendhafte Menschen, die leicht die Tugendhaftigkeit anderer als Anklage gegen sich selber verstehen und verächtlich reagieren. Das erlebt man, wenn man in einer deutschen Gesellschaft angebotene alkoholische Getränke ablehnt, weil man sie grundsätzlich nie trinke. Bei Amerikanern oder Franzosen wird das nicht als Anlaß genommen, nun erst recht zum Alkoholkonsum zu nötigen oder spöttisch zu reagieren.
Für mich ist das ein weiteres Indiz, daß man in Deutschland ein Alkoholproblem hat.
Zitat von Zettel im Beitrag #56Ich sehe das im Kontext eines allgemeinen Schwenks hin zur Tugendhaftigkeit, der sich in Deutschland gegenwärtig vollzieht.
Für mich sind Tugenden etwas gutes (...)
Gewiß, das sind sie per definitionem. Aber Tugendhaftigkeit ist etwas anderes; jedenfalls so, wie ich das Wort verwende: Die Haltung der Frommen Helene.
Zitat von Meister Petz im Beitrag #55Diese Aussage zeigt das ganze Problem. Wäre es so, wie sie sagen, bräuchte es keine Verbote, sondern es gäbe eine gesellschaftlich akzeptierte Regel, dass man in Zügen keine alkoholischen Getränke einnimmt.
Aha. Sie halten also den Satz für wahr, daß nicht verboten werden müsse, was durch Etikette verboten sei. Glauben Sie, Diebstahl müsse verboten sein? Ja? Dann ist es in Ihren Kreisen wohl nicht anstößig, jemanden zu beklauen.
Es ist doch so, wie ich sage: Ein größerer Anteil ist für ein Alkoholverbot in Zügen, als es Abstinenzler gibt. Diese Menschen würden durch ein Alkverbot in Zügen eingeschränkt, wenn sie nicht von sich aus darauf und auf das begleitende störende Verhalten verzichten würden. Folglich muß es sehr wohl Menschen geben, die diese Regel für richtig halten und sogar selber bereit sind, sie einzuhalten.
Zitat von Meister Petz im Beitrag #54Stellen Sie sich vor, letztens wurde ich in einer Kneipe von einem Betrunkenen angepöbelt. Alkoholverbot in der Kneipe, dringend! Was ist denn so schwierig dran, wer sich nicht benehmen kann, fliegt raus, unabhängig vom Blutalkoholwert?
Die Fahrt des Zuges. Eine Kneipe kann man jederzeit verlassen, einen Zug nicht. Einen Zug betritt man, weil man zu einem anderen Ort will, eine Kneipe, um zu trinken. Das ist ganz analog zu anderen Fällen: Ein Schwimmbad sucht man auf, weil man selber baden will (und wer baden geht, egal in was, der tue unbekleidet das, laut Heinz Erhardt). Deswegen ist Badekleidung dort korrekt, in einer Kirche hingegen belästigend. Analog ist Alkoholrausch in Kneipen korrekt, in Zügen belästigend. Außerdem ist es schwieriger, mit durch Alkohol enthemmten vernünftig zu reden als mit Nüchternen. Manche werden eben zu leicht aggressiv und spüren Schmerzen nicht mehr richtig.
Zitat von Calimero im Beitrag #42Wurden sie schon mal von nach der Arbeit heimpendelnden Alkoholkonsumenten belästigt? Oder sich vor der Arbeit einen Anzwitschernden?
Ja, das wurde ich. Manche Zugfahrten sind wahrlich kein Vergnügen.
Stellen Sie sich vor, letztens wurde ich in einer Kneipe von einem Betrunkenen angepöbelt. Alkoholverbot in der Kneipe, dringend!
Mit dem Unterschied, dass eine Kneipe ein Ort zum Alkoholkonsum, die Bahn ein Transportmittel ist.
Zitat Was ist denn so schwierig dran, wer sich nicht benehmen kann, fliegt raus, unabhängig vom Blutalkoholwert?
Schon mal erlebt, dass wer aus der Bahn fliegt? Vielleicht bei überraschenden Kontrollen in der S-Bahn.
Zitat Ich habe den Eindruck, dass die Verbotsverliebtheit der Deutschen (und offensichtlich auch die einiger ihrer von mir eigentlich ob ihrer lässigen Lebensart hochgeschätzten südöstlichen Nachbarn) vor allem daher kommt, dass die Belästigungsschwelle vieler Zeitgenosssen atemberaubend niedrig wird.
Ich habe das Gefühl, die Freiheit den Mitmenschen auf die Nerven gehen zu dürfen, wird von einer Minderheit hochgehalten. Eagl ob man lesen, lernen oder schlafen möchte, in gefühlten 50% der Bahnfahrten ist das nicht möglich. Von 50 Personen im Wagon sind vielleicht 2 oder 2 laut. Da lobe ich mir die strengen Verbote der Bahn in den USA:
Zitat von RobinKürzlich war ich aber in Illinois mit der Bahn unterwegs. Dort waren nicht nur Alkohol und Rauchen verboten sondern auch: Essen und Trinken im Allgemeinen, Musik hören, lautes Telefonieren. Die Strafandrohungen standen direkt daneben und waren durchaus happig (dreistellige Dollarbeträge)
Mindestens 50% der Bahnfahrer will im Zug (Pendlerverkehr) lernen, lesen oder schlafen. Da kann es doch nicht so schwer sein, einen Wagon der ruheliebenden Minderheit zu widmen.
Zitat von Zettel im Beitrag #58Gewiß, das sind sie per definitionem. Aber Tugendhaftigkeit ist etwas anderes; jedenfalls so, wie ich das Wort verwende: Die Haltung der Frommen Helene.
So kann man aneinander vorbeireden. Tugendhaft ist jemand, der Tugenden hat. Der Sprachgebraucht ist belegt. Tugendhaftigkeit ist nur die Substantivierung davon.
Die fromme Helene würde ich bigott, heuchlerisch oder frömmelnd nennen. Sie fromm zu nennen, ist eine Abschätzigkeit der Tugend der Frömmigkeit, die bei Busch natürlich nicht verwundert.
Zitat von Zettel im Beitrag #58Gewiß, das sind sie per definitionem. Aber Tugendhaftigkeit ist etwas anderes; jedenfalls so, wie ich das Wort verwende: Die Haltung der Frommen Helene.
So kann man aneinander vorbeireden. Tugendhaft ist jemand, der Tugenden hat. Der Sprachgebraucht ist belegt. Tugendhaftigkeit ist nur die Substantivierung davon.
Die fromme Helene würde ich bigott, heuchlerisch oder frömmelnd nennen. Sie fromm zu nennen, ist eine Abschätzigkeit der Tugend der Frömmigkeit, die bei Busch natürlich nicht verwundert.
Das ist, lieber Emulgator, wieder ein Beispiel dafür, wie sich die Konnotation von Begriffen ändert. Wir haben das ja kürzlich diskutiert, als es um die Übersetzung von bullshit ging.
Schon das Wort "Tugend" wirkt heute altfränkisch. Erst recht "tugendhaft". Was würden Sie denken, wenn jemand sagt "Meine Frau ist tugendhaft"?
Und nun gar "Tugendhaftigkeit"! Das ist nach meinem Sprachempfinden sozusagen altfränkisch hoch drei; und deshalb kann ich dieses Wort nur in ironisierender Bedeutung verwenden.
"Eine Bürgergesellschaft, von der ein erklecklicher Teil wünscht, an dem Selbstgespräch der Machthabenden und -verwaltenden, der geldeinnehmenden und -ausgebenden Instanzen beteiligt zu werden. Die tapfere Tageszeitungsredakteurin und der ausgeschlafene Tageszeitungsredakteur helfen ihnen dabei."
"Altfränkisch" wär' das nur, wenn es sich um eine Redacteuse, Redactrice oder gar (bewahre!) eine Redaktrix handelte.
Zitat Ich habe den Eindruck, dass die Verbotsverliebtheit der Deutschen (und offensichtlich auch die einiger ihrer von mir eigentlich ob ihrer lässigen Lebensart hochgeschätzten südöstlichen Nachbarn) vor allem daher kommt, dass die Belästigungsschwelle vieler Zeitgenosssen atemberaubend niedrig wird.
Ich habe das Gefühl, die Freiheit den Mitmenschen auf die Nerven gehen zu dürfen, wird von einer Minderheit hochgehalten. Eagl ob man lesen, lernen oder schlafen möchte, in gefühlten 50% der Bahnfahrten ist das nicht möglich. Von 50 Personen im Wagon sind vielleicht 2 oder 2 laut.
Ah! Zuerst wollte ich ja sagen, dass sie wahrscheinlich dringend einen eigenen Chauffeur bräuchten (auch Taxifahrer hören ja teilweise ohrenbeleidigende Radiosender oder sonstige nervige Musik), aber dann ging es mir auf warum ich sie für überempfindlich halte.
Es liegt an mir! Offensichtlich habe ich eine überhebliche "Rotweingürtel-Sicht" auf die Probleme der Bahnfahrer. Die paar Mal, an denen ich mit der Bahn fahre steht für mich eben nicht Lesen, Lernen oder Schlafen im Vordergrund, sondern die Fortbewegung von A nach B. Alles was da im Zug so an Merkwürdigkeiten vor sich geht, gehört für mich halt zur "kulturbereichernden" Bahnfolklore dazu. Gut angezogenen Menschen sitzen neben offensichtlichen Unterschichtlern, mancher schläft einfach, obwohl sich zwei Reihen hinter ihm eine Gruppe temperamentvoller Jungmenschen in Kietzdeutsch "unterhält". Dabei müssen diese ja laut sein, weil mindestens zwei Andere im Waggon via Handy/mp3-Player völlig in ihre jeweils präferierte Musikwelt abgetaucht sind, wovon lautstärkemäßig der ganze Fahrgastraum etwas hat. Eine skurrile Welt voller iPad-User, Schreibblock-Bekritzler, sowie Bild- und MoPo-Leser. Olfaktorisch untermalt von Duftwässerchen aller Art, aber auch der Note "pur Mensch, abgestanden" - und natürlich der Knoblauchsoße vom Döner des Typen hinter mir. Und tatsächlich, je später der Abend, desto eher mischt sich auch noch der Geruch von verschüttetem Bier darunter.
Alles in allem nicht ganz so aufregend wie die Benutzung von überfüllten südländischen Sammeltaxis, aber immerhin. Und diese bunte Welt wollen sie mit typisch deutsch/österreichischer Intoleranz in ein spaßfreies grau-tristes Refugium für Leser, Lerner und Schläfer verwandeln? Ihnen ist doch klar, für was ein Rotweingürtelbewohner wie ich sie nun hält, oder?
Beste Grüße, Calimero
---------------------------------------------------- Calimeros Rumpelkammer - Ein Raum für freie Rede und Gedanken, mittendrin im Irrenhaus.
Zitat von Zettel im Beitrag #64Das ist, lieber Emulgator, wieder ein Beispiel dafür, wie sich die Konnotation von Begriffen ändert. Wir haben das ja kürzlich diskutiert, als es um die Übersetzung von bullshit ging.
Ja, ich erinnere mich, wie dabei die Auffassungen auseinandergingen. Vielleicht sollten wir künftig Französisch sprechen, weil dort die Académie française divergierende Bedeutungen eindämmt.
Zitat von Zettel im Beitrag #64Schon das Wort "Tugend" wirkt heute altfränkisch. Erst recht "tugendhaft". Was würden Sie denken, wenn jemand sagt "Meine Frau ist tugendhaft"?
Und nun gar "Tugendhaftigkeit"! Das ist nach meinem Sprachempfinden sozusagen altfränkisch hoch drei; und deshalb kann ich dieses Wort nur in ironisierender Bedeutung verwenden.
Wer seine Frau als tugendhaft lobt, ist für mich wie Lemuel (vgl. Sprüche 31). Aber wenn die Begriffe ihre Bedeutung verkehren! Oh Graus! Oh weh! Denn es spricht der Prophet:
Zitat von Jes. 5,20+22Weh denen, die Böses gut und Gutes böse nennen, die aus Finsternis Licht und aus Licht Finsternis machen, die aus sauer süß und aus süß sauer machen! [...] Weh denen, die Helden sind, Wein zu saufen, und wackere Männer, Rauschtrank zu mischen
Da spricht der Prophet über die Leiden unserer Zeit: Bedeutungsumkehrung der Begriffe, Zwangseinführung der Energiesparlampe und Alkoholkonsum in Eisenbahnzügen! (Wobei wir schon mit Sprüche 31 beim Thema angekommen wären)
Zitat von xanopos im Beitrag #61Ich habe das Gefühl, die Freiheit den Mitmenschen auf die Nerven gehen zu dürfen, wird von einer Minderheit hochgehalten.
Vielleicht sind aber auch die durch jedes laute Wort oder den anblick einer Bierflasche Genervten eine Minderheit, die sich nur fälschlicherweise für die Mehrheit hält.
Zitat von xanopos im Beitrag #61Eagl ob man lesen, lernen oder schlafen möchte, in gefühlten 50% der Bahnfahrten ist das nicht möglich. Von 50 Personen im Wagon sind vielleicht 2 oder 2 laut.
Mit dem Unterschied, dass ein Zug ein Transportmittel und keine Bibliothek oder Schlafsaal ist.
Gruß Petz
"The problem with quotes from the Internet is that it is difficult to determine whether or not they are genuine" - Abraham Lincoln
Zitat von xanopos im Beitrag #61Eagl ob man lesen, lernen oder schlafen möchte, in gefühlten 50% der Bahnfahrten ist das nicht möglich. Von 50 Personen im Wagon sind vielleicht 2 oder 2 laut.
Mit dem Unterschied, dass ein Zug ein Transportmittel und keine Bibliothek oder Schlafsaal ist.
Es gibt in den USA "Silent"-Wagons, was dort möglich ist, sollte auch hier möglich sein. Raucherabteile (Westbahn in Österreich) gibt es schon bei Privatbahnen, andere Sonderwagons folgen vielleicht.
Zitat Vielleicht sind aber auch die durch jedes laute Wort oder den anblick einer Bierflasche Genervten eine Minderheit, die sich nur fälschlicherweise für die Mehrheit hält.
Ein lautes Wort nervt mich nicht, ein Lautsein während der ganzen Zugfahrt schon.
Zitat von Llarian im Beitrag #23Übrigens: Schon mal in einem Soldatenzug gefahren? Da brauchts keinen Alkohol um eine richtig miese Zugfahrt zu erleben. Vielleicht verbieten wir die gleich mit?
Da das Thema „betrunkene Soldaten“ jetzt schon mehrfach angesprochen wurde, erlaube ich mir einen Hinweis: betrunken pöbelnde Soldaten, insbesondere, wenn diese in Uniform auftreten oder durch Uniform-/Ausrüstungsteile klar als Soldaten erkennbar sind, bekommt man sehr schnell wieder in geordnete Bahnen. Das ist natürlich einfacher, wenn man selbst gedient hat und Dienstgrade etc. auseinanderhalten kann, geht aber auch so.
Wenn also eine erste Bitte um geringere Belästigung nicht fruchtet, sagt man dem am entschiedensten auftretenden Soldaten freundlich, aber bestimmt, daß er noch eine Chance habe, seine Kameraden zur Ruhe zu bringen, andernfalls informiere man die Feldjäger. Dazu lohnt es sich, die zentrale Rufnummer des Feldjägerdienstes (01803/90 9999) im Handy zu speichern oder schnell auf dem Smartphone zu recherchieren. Bringt auch dieser Appell keine Abhilfe, kann man dort anrufen und erhält eine wirklich sehr gute Unterstützung. Dies reicht vom sehr entschiedenen Zurechtweisen der auffälligen Soldaten über das Telefon bis zum Abholen derselben am nächsten Bahnhof durch Feldjäger oder Polizei.
Genau das ist aber unter Soldaten durchaus bekannt, ebenso die teilweise sehr schmerzhaften Folgen für den Einzelnen. Daher ist im Normalfall der Hinweis auf die Feldjäger völlig ausreichend, um auch stärker alkoholisierte Kameraden zur Besinnung zu bringen.
[Nachtrag: auch die Zugbegleiter der Deutschen Bahn kennen die Notrufnummer und helfen bei Problemen weiter.]
"Zumindest haben diese Interesse in Deutschland etliche Millionen. Und die müssen irgendwie nach Hause kommen. Der beste Weg dazu sind öffentliche Verkehrsmittel. Wen Sie das verbieten, so verstehe ich Sie, dann ist die Konsequenz deutlich mehr Alkohol im Strassenverkehr zu finden. Mit fatalen Konsequenzen."
Wie Sie sicher wissen ist Alkoholkonsum in der Oeffentlichkeit in den USA und Canada untersagt. Theoretisch duerfen Sie bspw nicht mal eine schon geoeffnete und dann wieder verschlossene Flasche Wein im Auto mit sich fuehren - auch wenn Sie selber voellig nuechtern sind.
Ich bin mir jedoch nicht sicher dass Trunkenheit am Steuer ein groesseres Problem in Nordamerika als in Deutschland ist.
Zitat von john j im Beitrag #71 Wie Sie sicher wissen ist Alkoholkonsum in der Oeffentlichkeit in den USA und Canada untersagt. Theoretisch duerfen Sie bspw nicht mal eine schon geoeffnete und dann wieder verschlossene Flasche Wein im Auto mit sich fuehren - auch wenn Sie selber voellig nuechtern sind.
Mit einem schönen Gruss von der braunen Papiertüte. Nur geht das am eigentlichen Problem vorbei.
Schwierig sind in den öffentlichen Verkehrsmitteln (und auch in der Öffentlichkeit selbst) weniger die, die Alkohol konsumieren, als die, die Alkohol konsumiert haben. Und das "Betreten" der Öffentlichkeit in alkoholisiertem Zustand ist in den USA wohl genausowenig verboten wie in Deutschland.
Zitat Ich bin mir jedoch nicht sicher dass Trunkenheit am Steuer ein groesseres Problem in Nordamerika als in Deutschland ist.
Ich auch nicht. Hat aber wie gesagt, auch keinen Bezug. Die These ist ja die, dass das Verbannen von Betrunkenen (nicht von gerade Trinkenden) aus den öffentlichen Verkehrsmitteln mehr Trunkenheitsfahrten nach sich ziehen würde. Und das wird durch die Gesetzgebung in den USA weder bestätigt noch widerlegt.
"Und das "Betreten" der Öffentlichkeit in alkoholisiertem Zustand ist in den USA wohl genausowenig verboten wie in Deutschland."
Das ist leider falsch. In der Regel ist "das "Betreten" der Öffentlichkeit in alkoholisiertem Zustand" disorderly conduct. Und kann entsprechend bestraft werden.
"Ich auch nicht. Hat aber wie gesagt, auch keinen Bezug. Die These ist ja die, dass das Verbannen von Betrunkenen (nicht von gerade Trinkenden) aus den öffentlichen Verkehrsmitteln mehr Trunkenheitsfahrten nach sich ziehen würde. Und das wird durch die Gesetzgebung in den USA weder bestätigt noch widerlegt."
"Gerade Trinkende" koennen ja, wenn sie lange genug trinken, oft genug zu Betrunkenen werden. Wo ziehen Sie da die Grenze? Und Ihre These von "dass das Verbannen von Betrunkenen (nicht von gerade Trinkenden) aus den öffentlichen Verkehrsmitteln mehr Trunkenheitsfahrten nach sich ziehen würde" halte ich durch die Situation in den USA und Canada sehr wohl widerlegt.
Jetzt auch in Deutschland: Ein nächtliches Alkoholverbot in einer bestimmten Straße durch die Stadt Göttingen wurde vom OVG gebilligt. Nächste Woche wird es die ausführliche Urteilsbegründung im Netz geben.
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