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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 85 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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lois jane Offline



Beiträge: 662

30.12.2012 12:55
#51 RE: FDP in ZR Antworten

Zitat von dari im Beitrag #20
Wo ist z.B. die große Steuerreform (wobei ich überzeugt bin, dass es letztlich nicht einmal darum gehen müsste, Steuern zu senken, sondern dass viele Bürger es schon zu würdigen wüssten, wenn das Steuersystem nur einfacher würde...)?

Um es auch ein wenig biblisch auszudrücken: An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen!


Das ist es ja eben mit der FDP in Steuerfragen: der Bürger wäre v.a. an einem einfacheren Steuersystem interessiert, der FDP ging es aber jedesmal nur um Steuersenkungen. Mit dieser Position blockierte man schon 1996/97 die Steuerreform.

"Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande!"
Und nimm den Staat weg, dann bleiben unorganisierte Räuber zurück!

Llarian Offline



Beiträge: 7.117

30.12.2012 12:56
#52 RE: FDP in ZR Antworten

Zitat von rakatak im Beitrag #47
Unserem Land ist damit nicht gedient, wenn ihm auf mittelfristige Sicht das Personal ausgeht, bzw. nur noch die zweite oder dritte Reihe nach vorne strebt.

Ist zwar off-topic, aber das ist schon lange passiert.

Es gibt ja immer diesen etwas absurden Vergleich zwischen Politikern und Konzernmanagern, da ja sowohl der Wähler als auch der Aktionär an einer möglichst guten Führung interessiert ist.
Politiker benutzen den Vergleich ganz gerne um darauf hinzuweisen, dass sie viel zu wenig verdienen. Es ist ganz interessant mal die Lebensläufe und Qualifikationen von solchen Managern (die berühmten "Nieten" oder "Heuschrecken") mit denen von Spitzenpolitikern zu vergleichen. Und dann wird einem schlecht: In aller Regel ist der schlechteste Manager weit besser qualifiziert und weist eine deutlich höherwertige Vita auf als noch die höchsten Spitzenpolitiker. Im Wesentlichen rekrutiert sich die Politik aus Juristen, Beamten und Lehrern (logischerweise mit Überschneidungen). Seit die Grünen in den Parlamenten sitzen kommen auch zunehmend völlig Unqualifizierte dazu. Eben alles Leute die Zeit für die Ochsentour haben und deren wesentliches Talent sich darauf beschränkt, dass sie einen Job ausüben in den sie notfalls zurückkehren könnten, was sie aber in aller Regel nicht wollen.

Das IST die dritte Garnitur. Da sind keine Ökonomen. Oder Ingenieure. Oder Unternehmer. Ab und an vielleicht mal ein Naturwissenschaftler, das ist es dann aber auch. Und man darf auch fragen, warum sollte sich ein Fachmann das antun ? Um sich von einem Deutschlehrer (Eichel) die Weltwirtschaft erklären zu lassen ? Oder sich von einem Juristen (Schröder) als "Professor aus Heidelberg" verunglimpfen lassen ? Man muss ehrlich konstatieren dass das Personal der Politik in Deutschland ziemlich unterirdisch gecastet wird. Und man kann von einem ausgehen: Die Politik hat wenig Interesse dass sich etwas daran ändert.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

30.12.2012 12:58
#53 Lesen! Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #1
In der Folge der Rückblicke in der Zeit "zwischen den Jahren" blicke ich heute auf Artikel zum Niedergang der FDP zurück.

Als ich den Artikel schrieb, waren gerade die Beiträge von Poschardt und Rayson erschienen. Jetzt ist ein weiterer Artikel zum Thema hinzugekommen, dessen Lektüre ich unbedingt empfehle:

Was war das noch mal – der Liberalismus?

In der NZZ, von Cora Stephan.

rakatak Offline



Beiträge: 66

30.12.2012 13:03
#54 RE: FDP in ZR Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #41
(...), beim ESM sieht es ein bischen anders aus: Ich kann mich in meiner Zeit an kein einziges politisches Problem erinnern, bei dem die Meinung des Bürgers derart diametral gegen die Meinung des Bundestages gestanden hat. Der ESM wurde von allen Parteien (Kommunisten und Nazis mal aussen vor) mitgetragen. Nur vom Volk nicht. (...)


Das ist ja eigentlich nicht der Sinn von Demokratie, wenn ich das richtig verstanden habe.
Ich weiß natürlich auch, dass wir eine repräsentative und keine direkte Demokratie haben, aber wenn die Überzeugungen des Parlaments und der Bürger so weit auseinander gehen wie in den letzten Jahren, dann ist das nicht gesund. Das kann eines Tages Extremisten von rechts ein Einfallstor öffnen und das können wir alle nicht wollen.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

30.12.2012 16:21
#55 RE: Lesen! Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #53
Zitat von Zettel im Beitrag #1
In der Folge der Rückblicke in der Zeit "zwischen den Jahren" blicke ich heute auf Artikel zum Niedergang der FDP zurück.

Als ich den Artikel schrieb, waren gerade die Beiträge von Poschardt und Rayson erschienen. Jetzt ist ein weiterer Artikel zum Thema hinzugekommen, dessen Lektüre ich unbedingt empfehle:

Was war das noch mal – der Liberalismus?

In der NZZ, von Cora Stephan.


Cora Stephan ist brillant wie immer, nur eines versteh ich nicht - und hab es auch in einem älteren Beitrag von Rayson nicht verstanden:

Zitat von NZZ
Wichtiger als die Demokratie ist ihm [dem Liberalen] deshalb die Rule of Law, Rechtsstaatlichkeit, also verlässliche Institutionen und ein klares Regelwerk.


Ohne Demokratie werden die anderen Dinge nicht zu haben sein; was hat dann die unterschiedliche Gewichtung für eine Aussagekraft?
Sie sind nachgerade kennzeichnende Bestandteile des modernen Demokratiebegriffs mit den Vorsilben parlamentarisch- und repräsentativ-.

Viele Grüße, Erling Plaethe

lois jane Offline



Beiträge: 662

30.12.2012 18:08
#56 RE: Lesen! Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #55
Cora Stephan ist brillant wie immer, nur eines versteh ich nicht - und hab es auch in einem älteren Beitrag von Rayson nicht verstanden:

Zitat von NZZ
Wichtiger als die Demokratie ist ihm [dem Liberalen] deshalb die Rule of Law, Rechtsstaatlichkeit, also verlässliche Institutionen und ein klares Regelwerk.

Ohne Demokratie werden die anderen Dinge nicht zu haben sein; was hat dann die unterschiedliche Gewichtung für eine Aussagekraft?
Sie sind nachgerade kennzeichnende Bestandteile des modernen Demokratiebegriffs mit den Vorsilben parlamentarisch- und repräsentativ-.



Das ist recht einfach:

1. Demokratie heißt das die Regierung (die Legislative aber v.a. die Exekutive) in irgendeiner Form aus einer Willensäußerung des Volkes hervorgeht. Daher: Volksherrschaft.

2. Rechtstaat heißt das der Staat eben nicht willkürlich handelt sondern an Recht und Gesetz gebunden ist.

Das 1. ohne 2. zu haben ist, dürfte leicht einsichtig sein. Den der Wille des Volks muß nicht unbedingt rechtens sein, kann genauso Kapriolen schlagen wie der Fürstenwille. Weshalb ein Rechtstaat sich nicht auf bloß positivrechtliche Gesetzlichkeit beschränken, sondern sich an naturrechtlichen Grundlagen orientieren sollte. (Auch wenn dies grade im heutigen Liberalismus nicht gerne akzeptiert wird.)

Das 2. ohne 1. machbar ist, zeigt die Geschichte: so war etwa das Deutsche Kaiserreich sehr wohl - zumindest weitgehend - ein Rechtsstaat, keinesfalls aber eine Demokratie).

Ein Widerspruch zwischen 1. und 2. ist daher nicht nur denkbar. Und diesem Fall ist (nicht nur) einem Liberalen der Rechtsstaat wichtiger, sagt zumindest Cora Stephan.

"Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande!"
Und nimm den Staat weg, dann bleiben unorganisierte Räuber zurück!

Xälsbär ( gelöscht )
Beiträge:

30.12.2012 18:47
#57 RE: Lesen! Antworten

Ich stimme mit Roland Baader überein, der meinte: "Der Rechtsstaat ist im Kern eine Illusion, es gibt nur den Machtstaat."

Vielleicht sollte man statt von Rechtsstaat besser von Isonomie reden, also dem gleichen Recht für alle. Erst ohne Staat in einer reinen Privatrechtsgesellschaft wären alle Menschen vor dem Gesetz gleich.

--
„Demokratisierung impliziert [...] eine Zunahme der für bedrohliche Aktivitäten gesellschaftlich aufgewendeten Zeit; und sie ist ein Vorgang, der naturgemäß auch die sozialen Aufwendungen an Zeit erhöht, die zur Abwehr solcher zunehmenden bedrohlichen Aktionen auf sich genommen werden müssen.“ -- Hans-Hermann Hoppe

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

30.12.2012 19:41
#58 RE: Lesen! Antworten

Zitat von lois jane im Beitrag #56

Das ist recht einfach:

Naja, für mich eben nicht. Das fängt schon damit an, dass Demokratie mit den von mir erwähnten Vorsilben keinesfalls Volksherrschaft bedeutet und auch nicht meint.

Nachtrag: Und ich bezweifle sehr dass Ihr Punkt 2 ohne Punkt 1 zu haben ist. Das Beispiel des deutschen Kaiserreichs ist m.E. ein Beispiel fürs Gegenteil. Dort waren keine rechtsstaatlichen Prinzipien in der Reichsverfassung verankert. Und eine moderne Demokratie ist ohne rechtsstaatliche Prinzipien undenkbar und ohne Beispiel.
Jede heutzutage existierende Monarchie welche sich rechtsstaatlichen Prinzipien unterwirft, gilt als parlamentarische bzw. repräsentative Demokratie. Es ist reine Theorie anzunehmen, ein Rechtsstaat könne ohne Gewaltenteilung existieren.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Noricus Offline



Beiträge: 2.362

30.12.2012 21:33
#59 RE: FDP in ZR Antworten

Zitat von lois jane im Beitrag #51
Das ist es ja eben mit der FDP in Steuerfragen: der Bürger wäre v.a. an einem einfacheren Steuersystem interessiert


Dessen bin ich mir nicht so sicher. Der Bürger ist wohl vor allem daran interessiert, dass die ihm erwachsenden Aufwendungen/Ausgaben/Belastungen abzugsfähig bleiben. Aus diesem Grunde wäre eine Flat Tax in der Bevölkerung wohl letztlich nicht mehrheitsfähig, dafür ist der Reiz des Abziehens und Absetzens sowie des fiskalischen Privilegiertseins zu stark.

Eine Vereinfachung wäre auch nur dann mit den tragenden Prinzipien des Steuerrechts und verfassungsrechtlichen Erfordernissen vereinbar, wenn sie die wegfallenden Ausnahmetatbestände durch einen niedrigeren Steuersatz kompensiert. Eine Steuervereinfachung würde also jedenfalls zu nominellen Steuersenkungen führen (müssen).

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

30.12.2012 21:38
#60 RE: FDP in ZR Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #52
Zitat von rakatak im Beitrag #47
Unserem Land ist damit nicht gedient, wenn ihm auf mittelfristige Sicht das Personal ausgeht, bzw. nur noch die zweite oder dritte Reihe nach vorne strebt.


Das IST die dritte Garnitur. Da sind keine Ökonomen. Oder Ingenieure. Oder Unternehmer. Ab und an vielleicht mal ein Naturwissenschaftler, das ist es dann aber auch. Und man darf auch fragen, warum sollte sich ein Fachmann das antun ? Um sich von einem Deutschlehrer (Eichel) die Weltwirtschaft erklären zu lassen ? Oder sich von einem Juristen (Schröder) als "Professor aus Heidelberg" verunglimpfen lassen ? Man muss ehrlich konstatieren dass das Personal der Politik in Deutschland ziemlich unterirdisch gecastet wird. Und man kann von einem ausgehen: Die Politik hat wenig Interesse dass sich etwas daran ändert.





Schon wieder kann ich ihnen nur zustimmen. Und genau hier sehe ich auch ein Problem der Medien. Gerade dies sorgen ja dafür, dass man sich als potentieller Funktionär so durchsetzt. Passen einem die Aussagen von Fachleuten nicht, dann sind dies halt gekauft. Wann sagen Journalisten schonmal, etwas müsse Stimmen, nur weil die Mehrhheit der Fachleute es so sieht? Man pickt sich selektiv Fachleute und "Fachleute" heraus. Außnahme: Klimawandel. Hier hat man als Journalist tatsächlich die Mehrheit auf seiner Seite, aber das ist nur Zufall. Es passt halt gerade ins ideologische, grüne Bauchgefühl...

Ein Atomwissenschaftler ist gekauft, da vertraut man lieber einem Landschaftsarchichtekten, dessen Qualifikation in der Zugehörigkeit zur Anti-AKW-Bewegung besteht. FÜr die Tagesschau findet man auch schon einen (zumindest formal) richtig qualifizierten Fachman, der einem zustimmt.

______________________________________________________________________________

“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein

"Considering the exclusive right to invention as given not of natural right, but for
the benefit of society, I know well the difficulty of drawing a line between the
things which are worth to the public the embarrassment of an exclusive patent, and
those which are not."
-Thomas Jefferson
Quelle: The Public Domain, p. 21, http://www.thepublicdomain.org/download/

Noricus Offline



Beiträge: 2.362

30.12.2012 21:45
#61 RE: FDP in ZR Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #52
In aller Regel ist der schlechteste Manager weit besser qualifiziert und weist eine deutlich höherwertige Vita auf als noch die höchsten Spitzenpolitiker. Im Wesentlichen rekrutiert sich die Politik aus Juristen, Beamten und Lehrern (logischerweise mit Überschneidungen). Seit die Grünen in den Parlamenten sitzen kommen auch zunehmend völlig Unqualifizierte dazu.


Um mich des WWW-Jargons zu befleißigen: YJMMD! Darf ich Ihren Beitrag so verstehen, dass Juristen, Beamte und Lehrer halbwegs Unqualifizierte bzw. halbwegs Qualifizierte sind?

Tiefseetaucher Offline




Beiträge: 353

31.12.2012 15:18
#62 RE: FDP in ZR Antworten

Zitat von rakatak im Beitrag #54
Zitat von Llarian im Beitrag #41
(...), beim ESM sieht es ein bischen anders aus: Ich kann mich in meiner Zeit an kein einziges politisches Problem erinnern, bei dem die Meinung des Bürgers derart diametral gegen die Meinung des Bundestages gestanden hat. Der ESM wurde von allen Parteien (Kommunisten und Nazis mal aussen vor) mitgetragen. Nur vom Volk nicht. (...)


Das ist ja eigentlich nicht der Sinn von Demokratie, wenn ich das richtig verstanden habe.
Ich weiß natürlich auch, dass wir eine repräsentative und keine direkte Demokratie haben, aber wenn die Überzeugungen des Parlaments und der Bürger so weit auseinander gehen wie in den letzten Jahren, dann ist das nicht gesund. Das kann eines Tages Extremisten von rechts ein Einfallstor öffnen und das können wir alle nicht wollen.

Das kann eines Tages auch Extremisten von links ein Einfallstor öffnen und das will ich persönlich ebenfalls nicht.

A common mistake that people make when trying to design something completely foolproof is to underestimate the ingenuity of complete fools.
Douglas Adams

lois jane Offline



Beiträge: 662

01.01.2013 14:31
#63 RE: FDP in ZR Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #52
In aller Regel ist der schlechteste Manager weit besser qualifiziert und weist eine deutlich höherwertige Vita auf als noch die höchsten Spitzenpolitiker. Im Wesentlichen rekrutiert sich die Politik aus Juristen, Beamten und Lehrern (logischerweise mit Überschneidungen). Seit die Grünen in den Parlamenten sitzen kommen auch zunehmend völlig Unqualifizierte dazu.


Ich weiß zwar nicht, wie man darauf kommt, daß 1. Manager besser qualifiziert sein sollen (in was denn?) als alle anderen oder warum sie sich mit ihren Qualifikationen für einen ganz anderen Bereich, der Politik, besser eignen sollen. Es ist übrigens das Wesen der Demokratie, daß man für die Politik keine formalen Qualifikationen braucht.

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lois jane Offline



Beiträge: 662

01.01.2013 14:35
#64 RE: FDP in ZR Antworten

Zitat von Noricus im Beitrag #59
Zitat von lois jane im Beitrag #51
Das ist es ja eben mit der FDP in Steuerfragen: der Bürger wäre v.a. an einem einfacheren Steuersystem interessiert


Dessen bin ich mir nicht so sicher. Der Bürger ist wohl vor allem daran interessiert...


Vereinfachung heißt ja nicht Abschaffung aller Abzugsregelungen oder gar eine Flat-Tax, sondern eben eine Vereinfachung, die das System durchschaubarer macht. Das ganze ist auch eine Gerechtigkeitsfrage, denn die Kompliziertheit bevorzugt ja denjenigen, der sich die nötige Expertise einkaufen kann. Derzeit ist es jedoch so, daß selbst Steuerberater nicht mehr völlig den Wust durchblicken können.

Zitat
Eine Vereinfachung wäre auch nur dann mit den tragenden Prinzipien des Steuerrechts und verfassungsrechtlichen Erfordernissen vereinbar, wenn sie die wegfallenden Ausnahmetatbestände durch einen niedrigeren Steuersatz kompensiert. Eine Steuervereinfachung würde also jedenfalls zu nominellen Steuersenkungen führen (müssen).



Es geht aber nicht um nominelle Steuersatzsenkungen - das würde ja das "hochheilige Ziel" der niedrigeren Stastsquote nicht betreffen - sondern um faktische Senkungen. Nominelle Senkungen fallen unter das, was man gewöhnlich "aufkommensneutral" nennt und da hat die F.D.P. noch jedesmal nein gesagt, weil es ihr zu wenig war.

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lois jane Offline



Beiträge: 662

01.01.2013 14:42
#65 RE: Lesen! Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #58
Zitat von lois jane im Beitrag #56

Das ist recht einfach:

Naja, für mich eben nicht. Das fängt schon damit an, dass Demokratie mit den von mir erwähnten Vorsilben keinesfalls Volksherrschaft bedeutet und auch nicht meint.


Man kann natürlich Begriffe solange umdefinieren und verdrehen, daß sie etwas völlig anderes meinen. Dann haben Sie es sich aber selbst zuzuschreiben, wenn Sie die aufgeworfene Frage nicht verstehen, nicht verstehen können. Wenn der Begriff Demokratie immer schon alles wahre, schöne, gute enthält, ja dann es ja gar kein Problem geben.

Demokratie heißt aber nuneinmal Volks-herrschaft, egal ob diese präsidial, parlamentarisch, direkt oder indirekt verwirklicht wird.

Zitat
Nachtrag: Und ich bezweifle sehr dass Ihr Punkt 2 ohne Punkt 1 zu haben ist. Das Beispiel des deutschen Kaiserreichs ist m.E. ein Beispiel fürs Gegenteil. Dort waren keine rechtsstaatlichen Prinzipien in der Reichsverfassung verankert.



Da wäre ich aber sehr gespannt, welche großen Mängel der Rechtsstaatlichkeit sie im Kaiserreich sehen und wie sie den Vorwurf begründen.

Zitat
Und eine moderne Demokratie ist ohne rechtsstaatliche Prinzipien undenkbar und ohne Beispiel.



Da drehen Sie sich aber mit allen "wahren Schotten" im Kreis. Es gibt gerade in letzter Zeit genug, wenn auch vereinzelte Beispiele, in denen das Rechtsstaatsprinzip mit Füßen getreten wird. Ja, in "modernen Demokratien".

Zitat
Jede heutzutage existierende Monarchie welche sich rechtsstaatlichen Prinzipien unterwirft, gilt als parlamentarische bzw. repräsentative Demokratie. Es ist reine Theorie anzunehmen, ein Rechtsstaat könne ohne Gewaltenteilung existieren.



Da machen Sie aber ein zweits Paket auf: Gewaltenteilung. Nun gab es etwa im Großbritannien des Jahres 1712 mehr Gewaltenteilung als heutzutage, wenn auch weniger Demokratie.

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Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

01.01.2013 17:39
#66 RE: Lesen! Antworten

Zitat von lois jane im Beitrag #65

Man kann natürlich Begriffe solange umdefinieren und verdrehen, daß sie etwas völlig anderes meinen. Dann haben Sie es sich aber selbst zuzuschreiben, wenn Sie die aufgeworfene Frage nicht verstehen, nicht verstehen können. Wenn der Begriff Demokratie immer schon alles wahre, schöne, gute enthält, ja dann es ja gar kein Problem geben.

Demokratie heißt aber nuneinmal Volks-herrschaft, egal ob diese präsidial, parlamentarisch, direkt oder indirekt verwirklicht wird.

Dem griechischen Ursprung nach, heißt Demokratie Volksherrschaft. Damit war aber keineswegs das gesamte Volk gemeint sondern nur die in der Liste der politisch Berechtigten eingetragenen. Nebenbei mussten die Mitglieder der Volksversammlung auch die Zeit haben um zu beschließen was ein Rat zuvor beraten hatte.
Die Mitglieder des Rates brauchten noch mehr Zeit als diejenigen in der Volksversammlung, was dazu führte, dass in der Volksversammlung viele nicht am Arbeitsleben teilnahmen und im Rat hauptsächlich Vermögende saßen.
Die moderne Form der Demokratie hat aus den Unzulänglichkeiten des Athener Ursprungsmodells gelernt und beginnt mit der europäischen Aufklärung und der von Montesquieu entwickelten Gewaltenteilung John Lockes. Sie fand ihren Niederschlag in der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten von Amerika von 1776 und im französischen Verfassungsentwurf von 1791. Somit gelten die USA als erstes Land welches über eine moderne Demokratie verfügt, die durch die Gewaltenteilung jeder Klasse oder Gruppe die Fähigkeit absolut zu herrschen unmöglich gemacht hat und gleichzeitig einem Abgleiten in die Tyranei vorbeugte - mit der Vermeidung der Volksherrschaft durch Gewaltenteilung.
Zitat von lois jane im Beitrag #65

Da wäre ich aber sehr gespannt, welche großen Mängel der Rechtsstaatlichkeit sie im Kaiserreich sehen und wie sie den Vorwurf begründen.

Die Reichsverfassung kannte keine Grundrechte. Inwieweit solche in den Landesverfassungen enthalten und eine Rechtsstaatlichkeit evtl. begründeten ist eine andere Frage und müsste dann ggbfs. in Bezug auf die einzelnen Länder diskutiert werden.
Zitat von lois jane im Beitrag #65
Da drehen Sie sich aber mit allen "wahren Schotten" im Kreis. Es gibt gerade in letzter Zeit genug, wenn auch vereinzelte Beispiele, in denen das Rechtsstaatsprinzip mit Füßen getreten wird. Ja, in "modernen Demokratien".

Es ist ja gerade das Problem, dass eine Vermeidung der Missachtung des Rechtsstaatsprinzips nicht durch eine Abkehr von der Demokratie erreicht werden kann. Da die Schwächung des Einen die des Anderen bedeutet, sehe ich nicht die Möglichkeit einer Trennung von Rechtsstaatlichkeit und moderner Demokratie.
Und natürlich bedeutet eine signifikante Schädigung des Rechtsstaatsprinzips auch eine Schwächung der Demokratie.
Zitat von lois jane im Beitrag #65
Da machen Sie aber ein zweits Paket auf: Gewaltenteilung. Nun gab es etwa im Großbritannien des Jahres 1712 mehr Gewaltenteilung als heutzutage, wenn auch weniger Demokratie.

Könnten Sie das noch näher ausführen?

Viele Grüße, Erling Plaethe

Hausmann Offline



Beiträge: 710

01.01.2013 18:06
#67 RE: Lesen! Antworten

Frage am Rande: Warum taucht bei den liberalen Disputationen über Recht, Demokratie usw. (Feinheiten in der Ausübung der Staatsmacht also) das Wort FREIHEIT mehr nicht auf?

Gruß!

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

01.01.2013 18:18
#68 RE: Lesen! Antworten

Zitat von lois jane im Beitrag #65
Man kann natürlich Begriffe solange umdefinieren und verdrehen, daß sie etwas völlig anderes meinen.

Zitat
"When I use a word," Humpty Dumpty said, in rather a scornful tone, "it means just what I choose it to mean—neither more nor less."

"The question is," said Alice, "whether you can make words mean so many different things."

"The question is," said Humpty Dumpty, "which is to be master that's all."


Herzlich, Zettel

Noricus Offline



Beiträge: 2.362

01.01.2013 18:30
#69 RE: FDP in ZR Antworten

Zitat von lois jane im Beitrag #64

Vereinfachung heißt ja nicht Abschaffung aller Abzugsregelungen oder gar eine Flat-Tax, sondern eben eine Vereinfachung, die das System durchschaubarer macht. Das ganze ist auch eine Gerechtigkeitsfrage, denn die Kompliziertheit bevorzugt ja denjenigen, der sich die nötige Expertise einkaufen kann. Derzeit ist es jedoch so, daß selbst Steuerberater nicht mehr völlig den Wust durchblicken können.


Da haben Sie schon Recht. Allerdings sorgt Vereinfachung nicht eo ipso für mehr Gerechtigkeit. Im Gegenteil: Bei wohlwollender Betrachtung könnte man ja sagen, dass das derzeitige System in seinem Bemühen, möglichst vielen Fällen gerecht zu werden, zu einer ungerechten Intransparenz geführt hat. Wählt man eine boshafte Perspektive, könnte man den Paragraphendschungel natürlich als verdorbenen Brei diverser Lobby-Köche schmähen. Um auf den Eingangsgedanken zurückzukommen: Das einfachste System - eine ausnahmetatbestandsfreie Flat Tax - wäre wohl nicht das gerechteste; es wäre wohl erst dann akzeptabel, wenn es die Steuerbelastung so niedrig ansetzte, dass der Staatsapparat dafür erst kräftig abspecken müsste.

Dürfte ich Sie (komplett unrhetorisch, sondern aus aufrichtiger Neugier) fragen, welche Vereinfachungen Sie konkret vornehmen würden?

Llarian Offline



Beiträge: 7.117

01.01.2013 18:52
#70 RE: FDP in ZR Antworten

Zitat von lois jane im Beitrag #63
Ich weiß zwar nicht, wie man darauf kommt, daß 1. Manager besser qualifiziert sein sollen (in was denn?) als alle anderen

Blick in die Vita ist meist recht erhellend und den einen oder anderen kennen zu lernen ist manchmal auch nützlich.

Zitat
oder warum sie sich mit ihren Qualifikationen für einen ganz anderen Bereich, der Politik, besser eignen sollen.


Ist kein anderer Bereich, Politik und Management haben sehr viel gemeinsam. Davon ab ist das nicht gesagt worden, nur das Manager in der Regel sehr gut qualifiziert sind und Politiker nicht.

Zitat
Es ist übrigens das Wesen der Demokratie, daß man für die Politik keine formalen Qualifikationen braucht.


In Deutschland auf jeden Fall.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

01.01.2013 19:13
#71 RE: Lesen! Antworten

Zitat von Hausmann im Beitrag #67
Frage am Rande: Warum taucht bei den liberalen Disputationen über Recht, Demokratie usw. (Feinheiten in der Ausübung der Staatsmacht also) das Wort FREIHEIT mehr nicht auf?

Hatte sich wohl versteckt in der Rechtsstaatlichkeit, den Grundrechten und der Aufklärung Montesquieus und John Lockes. Ich geh mal nachgucken ob sie noch da ist.
Nachtrag: Hab sie gefunden. Sie lebt etwas zurückgezogen und scheut die Öffentlichkeit. Als ich mich entschuldigte sie nicht erwähnt zu haben, hat sie mir gesagt dass Zettels kleines Zimmer eines ihrer Rückzugsgebiete ist.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Noricus Offline



Beiträge: 2.362

01.01.2013 21:15
#72 RE: Lesen! Antworten

Zitat von Lois Janes Signatur
"Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande!"



Weil ich vor kurzem mal wieder darauf gestoßen bin und weil es zum Thema passt: Der hl. Augustinus spricht wörtlich nicht vom Recht, sondern von der Gerechtigkeit ("remota igitur iustitia, quid sunt regna, nisi magna latrocinia") - beim Steuersystem mag man zwischen diesen beiden Begriffen durchaus eine Diskrepanz erblicken.

lois jane Offline



Beiträge: 662

01.01.2013 22:52
#73 RE: FDP in ZR Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #70
Zitat von lois jane im Beitrag #63
Ich weiß zwar nicht, wie man darauf kommt, daß 1. Manager besser qualifiziert sein sollen (in was denn?) als alle anderen

Blick in die Vita ist meist recht erhellend und den einen oder anderen kennen zu lernen ist manchmal auch nützlich.


In wessen Vita? Das beantwortet bestenfalls eine der Fragen.

Zitat

Zitat
oder warum sie sich mit ihren Qualifikationen für einen ganz anderen Bereich, der Politik, besser eignen sollen.


Ist kein anderer Bereich, Politik und Management haben sehr viel gemeinsam. Davon ab ist das nicht gesagt worden, nur das Manager in der Regel sehr gut
qualifiziert sind und Politiker nicht.




Ich würde eher sagen, daß die einen für den einen, die anderen für den anderen Bereich qualifiziert sind.

Zitat von Llarian im Beitrag #70

Zitat
Es ist übrigens das Wesen der Demokratie, daß man für die Politik keine formalen Qualifikationen braucht.

In Deutschland auf jeden Fall.



Nein, nicht in Deutschland sondern überall. Sobald es da Qualifikationen gibt, ist es keine Demokratie mehr.

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lois jane Offline



Beiträge: 662

01.01.2013 22:54
#74 RE: Lesen! Antworten

Zitat von Noricus im Beitrag #72

Zitat von Lois Janes Signatur
"Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande!"


Weil ich vor kurzem mal wieder darauf gestoßen bin und weil es zum Thema passt: Der hl. Augustinus spricht wörtlich nicht vom Recht, sondern von der Gerechtigkeit ("remota igitur iustitia, quid sunt regna, nisi magna latrocinia") - beim Steuersystem mag man zwischen diesen beiden Begriffen durchaus eine Diskrepanz erblicken.



Ja, das Recht muß natürlich auch der Gerechtigkeit entsprechen. Das war oben mein Punkt hinsichtlich des Naturrechts.

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lois jane Offline



Beiträge: 662

01.01.2013 23:03
#75 RE: Lesen! Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #66
Zitat von lois jane im Beitrag #65

Man kann natürlich Begriffe solange umdefinieren und verdrehen, daß sie etwas völlig anderes meinen. Dann haben Sie es sich aber selbst zuzuschreiben, wenn Sie die aufgeworfene Frage nicht verstehen, nicht verstehen können. Wenn der Begriff Demokratie immer schon alles wahre, schöne, gute enthält, ja dann es ja gar kein Problem geben.

Demokratie heißt aber nuneinmal Volks-herrschaft, egal ob diese präsidial, parlamentarisch, direkt oder indirekt verwirklicht wird.


Dem griechischen Ursprung nach, heißt Demokratie Volksherrschaft. Damit war aber keineswegs das gesamte Volk gemeint sondern nur die in der Liste der politisch Berechtigten eingetragenen. Nebenbei mussten die Mitglieder der Volksversammlung auch die Zeit haben um zu beschließen was ein Rat zuvor beraten hatte.
Die Mitglieder des Rates brauchten noch mehr Zeit als diejenigen in der Volksversammlung, was dazu führte, dass in der Volksversammlung viele nicht am Arbeitsleben teilnahmen und im Rat hauptsächlich Vermögende saßen.


Was mit Demos, Volk, gemeint ist, ist natürlich die Frage. Aber in der athenischen Demokratie waren alle Mitglieder des Demos (männliche, volljährige Männer) auch beteiligt. Zugehörigkeit zum Rat wurde ausgelost.

Zitat
Die moderne Form der Demokratie hat aus den Unzulänglichkeiten des Athener Ursprungsmodells gelernt und beginnt mit der europäischen Aufklärung und der von Montesquieu entwickelten Gewaltenteilung John Lockes. Sie fand ihren Niederschlag in der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten von Amerika von 1776 und im französischen Verfassungsentwurf von 1791. Somit gelten die USA als erstes Land welches über eine moderne Demokratie verfügt, die durch die Gewaltenteilung jeder Klasse oder Gruppe die Fähigkeit absolut zu herrschen unmöglich gemacht hat und gleichzeitig einem Abgleiten in die Tyranei vorbeugte - mit der Vermeidung der Volksherrschaft durch Gewaltenteilung.



Alles wahr. Dennoch handelt es sich um Volks-herrschaft. Die Gewaltenteilung - die nicht die Demokratie voraussetzt - soll nicht die Volksherrschaft vermeiden sondern Macht und Machtmißbrauch begrenzen. Egal, wer denn nun der Souverän ist.

Zitat
Zitat von lois jane im Beitrag #65

Da wäre ich aber sehr gespannt, welche großen Mängel der Rechtsstaatlichkeit sie im Kaiserreich sehen und wie sie den Vorwurf begründen.

Die Reichsverfassung kannte keine Grundrechte.



Es geht nicht um einen Grundrechtskatalog sondern darum, ob Recht und Gesetz oder Willkür gelten. Warum diskutieren Sie hier immer haarscharf am Thema vorbei?

Zitat
Zitat von lois jane im Beitrag #65
Da machen Sie aber ein zweits Paket auf: Gewaltenteilung. Nun gab es etwa im Großbritannien des Jahres 1712 mehr Gewaltenteilung als heutzutage, wenn auch weniger Demokratie.

Könnten Sie das noch näher ausführen?



1712 wurde das englische Unterhaus vom Wahlvolk gewählt, die Regierung vom Monarchen ernannt. Montesquieu nahm sich das zum Vorbild für seine Theorie.

2012 sind alle Instanzen außer dem Unterhaus faktisch machtlos. Das Unterhaus selbst macht Gesetze, wie es ihm passt und bestimmt - faktisch allein - die Regierung. Gewaltenteilung? Fehlanzeige!

"Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande!"
Und nimm den Staat weg, dann bleiben unorganisierte Räuber zurück!

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