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Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 104 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Florian Offline



Beiträge: 3.180

03.09.2013 18:43
#26 RE: Obamas Syrien-Entscheidung Antworten

Zitat
Zitat von Fluminist im Beitrag #21
--------------------------------------------------------------------------------
Soll, lieber R.A., soll! Der Scherz mag zynisch sein, aber ich habe die UN nicht erfunden.
--------------------------------------------------------------------------------


Völlig richtig.




In Deutschland herrscht ja oft eine recht romantische Vorstellung über die UNO vor.

Die UN sind eine Organisation, in der jede Mitglieds-Nation seine Interessen artikulieren kann.
"Nation" bedeutet aber ganz ausdrücklich nicht "Volk".
Wie sich eine Nation intern organisiert, ist erst einmal unerheblich, solange es eine eindeutige Regierung gibt, die in der Lage ist, mit einer Stimme gegenüber der Weltgemeinschaft zu sprechen. Eine Diktatur kann auch Mitglied der UNO sein und die von ihr vertretene Nation ist aus Sicht der Uno (und des Völkerrechts ganz allgemein) ganz genauso ein Völkerrechtssubjekt wie eine Demokratie.

Die UNO-Vollversammlung ist daher auch kein "Weltparlament" in dem Sinne, dass da alle Völker der Welt eine Stimme hätten.
Sondern es ist ein Entscheidungsgremium der nationalen Regierungen, ganz egal wie diese an die Macht gekommen sind.

Das ist natürlich besser (und auch friedenssichernder) als wenn es überhaupt kein Abstimmungsorgan gäbe.
Aber man sollte die Entscheidungen der UN-Gremien halt auch nicht moralisch überhöhen, wie das gerade in Deutschland gerne gemacht wird.

Hierzulande ist ja "völkerrechtswidrig" so ziemlich das schlimmste Etikett, dass man dem Verhalten einer Regierung anheften kann.
Und insbesondere wird dabei oft übersehen, dass das Völkerrecht moralisch neutral ist. Es schützt auch Diktaturen und Menschenschinder, sofern sie in der Lage sind, eine Regierung zu bilden.
"Demokratie", "Rechtsstaat" und "Menschenrechte" sind hingegen moralisch wertende Kategorien, die durchaus im Widerspruch zum Völkerrecht stehen können.

Ein Angriff auf einen Diktator mag "völkerrechtswidrig" sein, wenn er kein UN-Mandat hat.
Er ist deshalb aber nicht automatisch unmoralisch, sondern kann moralisch ggf. durchaus geboten sein, wenn der Diktator z.B. seine eigene Bevölkerung abschlachtet.

xanopos ( gelöscht )
Beiträge:

03.09.2013 18:53
#27 RE: Obamas Syrien-Entscheidung Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #25
Weder hat Assad Bomben in Berlin legen lassen oder eine 747 in der Luft gesprengt, noch steht eine solche Frage zur Debatte.

Bombe in Berlin: 5 April 1986
Operation El Dorado Canyon: 15 April 1986

Zitat
Die USA waren angegriffen worden und haben geantwortet.


Worauf Libyen geantwortet hat:
Lockerbie, 21 Dezember 1988

Martin Offline



Beiträge: 4.129

03.09.2013 18:54
#28 RE: Obamas Syrien-Entscheidung Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #22
Und es hat auch damit zu tun, daß die Veto-Mächte China und Rußland seit einiger Zeit überhaupt keine Bereitschaft mehr zeigen, in irgendeiner Weise konstruktive Verantwortung zu übernehmen - sie mißbrauchen ihre Rolle dort ausschließlich für Machtspielchen gegen die USA.


Dasselbe behaupten die Anderen, wenn die USA ihr Veto für Israel gebraucht. So hält die Welt eine gewisse Balance - nicht zur Zufriedenheit eines Jeden, aber besser als ein unkontrollierter Weltkrieg. Wie gehabt - in den nordafrikanischen Ländern sind die Frühlingsgefühle, die uns unsere Politiker so schön an die Wand gemalt haben, inzwischen ziemlich abgeflaut. Komischerweise war mir das von Anfang an klar.

Und was 'konstruktive Verantwortung' angeht, so weisen die Russen zurecht darauf hin, dass der gemeinsame Feind der Terrorismus ist und sie haben m.W. bisher im Sicherheitsrat das Thema Drohne und beliebige Territorialverletzungen der USA nicht thematisiert. Und die Russen weisen darauf hin, dass die USA in Syrien die Teroristen stärken. Und ich würde ergänzen, dass das libysche Abenteuer den Terroristen Unmengen an Waffen in die Hände geliefert hat.

Gruß, Martin

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

03.09.2013 20:49
#29 RE: Obamas Syrien-Entscheidung Antworten

Zitat von xanopos im Beitrag #27
Zitat von Martin im Beitrag #25
Weder hat Assad Bomben in Berlin legen lassen oder eine 747 in der Luft gesprengt, noch steht eine solche Frage zur Debatte.

Bombe in Berlin: 5 April 1986
Operation El Dorado Canyon: 15 April 1986

Das war sein Vater.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Martin Offline



Beiträge: 4.129

03.09.2013 22:01
#30 RE: Obamas Syrien-Entscheidung Antworten

Zitat von xanopos im Beitrag #27
Worauf Libyen geantwortet hat: Lockerbie, 21 Dezember 1988



Das hat Libyien zumindest nie behauptet. Immerhin muss man konstatieren, dass dieser Anschlag im Vergleich zu heutigen Diskussionen vergleichsweise zivil bearbeitet wurde. Libyen hat Entschädigungen in Milliardenhöhe an Hinterbliebene bezahlt, und ein als verantwortlich gesehener Offizier wurde vor ein ordentliches Gericht gestellt. Dabei wäre der Anschlag aus amerikanischer Interessenlage weit eher als rote Linie nachvollziehbar, als ein Giftgaseinsatz im Innern irgendeines Landes. Die Maßstäbe haben sich gewaltig verschoben.

Gruß, Martin

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

03.09.2013 22:06
#31 RE: Obamas Syrien-Entscheidung Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #13
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #1
Obama macht einen Rückzieher in seiner Syrien-Politik.

Man könnte auch sagen: Er agiert weiterhin völlig planlos.

Wenn er ziemlich direkt nach dem Giftgasangriff einen Bestrafungsschlag gegen Assad geführt hätte (wie damals Reagan gegen Gaddafi), dann hätte das eine klar begrenzte Sache sein können. Ohne Regime change, ohne weitere Verwicklung in den Bürgerkrieg, auch ohne Konfrontation mit Rußland.

Lieber R.A., ich schätze Ihre Kompetenz, aber in diesem Fall halte ich Generalstabschef Dempsey für kompetenter. Ich verlinke gern noch einmal:
http://www.telegraph.co.uk/news/worldnew...op-general.html

Zitat von R.A. im Beitrag #13
Wenn er jetzt aber nach wochenlanger Wartezeit und mit Kongreßvotum etwas macht - dann muß er auch einen Gesamtplan vorlegen, wie es in Syrien weitergehen soll. Er kann vor dem Kongreß nicht einfach sagen: "Wir hauen da mal ein paar Sachen kaputt und ignorieren dann den weiteren Fortgang".
Aber wer in der Pflicht ist, für die nicht vernünftig lösbare Situation in Syrien eine Lösung vorzulegen, der hat schon verloren.

Genau, das sollte er aber auch ohne den Kongress zu fragen, zumindest wissen. McCain will ja den Regimewechsel. Mir ist völlig unklar wer für Assad eingewechselt werden soll. An dieser Stelle könnte ich schon wieder General Martin Dempsey verlinken …
Keine Vorstellung und keine Personen - oder Partner - nach einem Regimewechsel zu haben und die gesamte Armee und Verwaltung incl. Baath-Partei in die Wüste zu schicken, war der Fehler im Irak-Krieg. Seine Korrektur durch General Petraeus' The Surge sollte eigentlich Grund genug sein, nicht noch einmal denselben Fehler zu begehen.

Zitat
Die Beweise für die Verantwortung Assads müssen öffentlich gemacht, der Gebrauch von Massenvernichtungswaffen durch das Assad-Regime gegen das eigene Volk, belegbar sein.


Zitat von R.A. im Beitrag #13
Die meisten dieser Beweise dürften nicht gerichtsfest sein, weil geheimdienstlich gewonnen. Für die internationale Diskussion werden sie nicht viel bringen - wer nicht an Assads Schuld glauben will, wird alle diese Beweise als gefälscht beiseite schieben.

Das müssen sie nicht. Wichtig, wie immer in außenpolitischen Konflikten, ist die öffentliche Meinung. Und die wird manipuliert. Zum Beispiel in dem hartnäckig bestritten wird, dass chemische Kampfstoffe nicht in die Hände von Hisbollah und al-Qaida gelangt sind. Ich bezweifle das irgendjemand sich da wirklich sicher sein kann.

Zitat
Dann könnte diplomatischer Druck zur internationalen Kontrolle der syrischen Massenvernichtungswaffen aufgebaut werden ...


Zitat von R.A. im Beitrag #13
Und wer soll da drücken?
Ein paar Lippenbekenntnisse wird es geben, ansonsten genau nur die Unterstützung der Länder, die auch bei einem Militäreinsatz dabei wären.

Die öffentliche Meinung und eben die Länder welche bei einem Militäreinsatz dabei wären, außer GB. Die sind durch die Hektik jetzt mit der Abstimmungsniederlage im Unterhaus verbrannt.
Aber der gesamte Rest der westlichen Welt und die Arabische Liga bleibt noch. Nicht gerade wenige, die auf verlässliche Belege warten.

Zitat
... mit dem Ziel, den Missbrauch durch Syrien festzustellen und es zur Abrüstung aller Massenvernichtungswaffen zu zwingen, wie einst den Irak.


Zitat von R.A. im Beitrag #13
Und der Irak ist ja das beste Beispiel, daß "internationaler Druck" überhaupt nichts bewirkt.
Weil es eben zu wenige Akteure gibt, die wirklich Druck ausüben wollen. Und zuviele, die das Unternehmen torpedieren. Insbesondere bei der UN.

Syrien hat keine große Unterstützung in der UNO. Eigentlich haben sie nur Russland, den Iran und die Hälfte vom Libanon.
Im Fall des Irak hat der internationale Druck zu einer Eindämmung des Regimes geführt, seine Aggressivität nach außen wirksam begrenzt in dem die Fähigkeit erneute Angriffskriege gegen seine Nachbarn zu führen und zu einer Allianz der Willigen von immerhin 43 Staaten geführt.

Zitat
Wie das geschieht und ob diplomatischer Druck ausreicht, ist eine Frage die m.E. später beantwortet werden sollte.


Zitat von R.A. im Beitrag #13
Müßte das nicht umgekehrt sein?
Wenn unklar bis zweifelhaft ist, ob es eine diplomatische Lösung geben kann - dann ist doch die klassische Methode des Militärschlags die einzig sinnvolle.


Eine diplomatische Lösung sollte immer den Vorrang haben. Und Zweifel ob der Erfolgsaussichten sind ständige Begleiter dieser Bemühungen, möchte ich mal vermuten.

Die Gefährlichkeit dieses Bürgerkrieges für die Region, und darum geht es ja, liegt in der Ansammlung ausländischer, von al-Qaida und Hisbollah rekrutierten Kämpfer, die aus einem Bürgerkrieg einen Religionskrieg machen, der sich über die Grenzen Syriens auszubreiten droht.
Diese verschobene Strafaktion dämmt diese Gefahr m.E. keinesfalls ein, ganz im Gegenteil.
Und sie bringt auch kein bisschen Mehr an Sicherheit gegen die gefürchtete Proliferation von hunderten von Tonnen chemischer Massenvernichtungswaffen in den Händen von Assad. Wer will die Kontrolle eigentlich übernehmen, sollte Assad wirklich militärisch so sehr geschwächt werden, dass die Rebellen, ergo al-Qaida, Zugriff bekommen können? Ohne Bodentruppen.

Viele Grüße, Erling Plaethe

dirk Offline



Beiträge: 1.538

03.09.2013 22:46
#32 RE: Obamas Syrien-Entscheidung Antworten

Zitat von Florian
In Deutschland herrscht ja oft eine recht romantische Vorstellung über die UNO vor.

Die UN sind eine Organisation, in der jede Mitglieds-Nation seine Interessen artikulieren kann.
"Nation" bedeutet aber ganz ausdrücklich nicht "Volk".



Exakt. Und deswegen ist der Begriff "Voelkerrecht" auch unsinnig. Es betrifft weder "Voelker", noch ist es ueberhaupt eine Art von Recht. Waere es universelles Recht, waere es (a) moralisch und wuerde keine Diktatoren schuetzen koennen und (b) unabhaengig von kuenstlichen staatlichen Grenzen. "Irdisches Recht" kann aber nur solches sein, wenn es auch durchgesetzt wird. Da jedoch fehlt bei der UN die Exekutive.

Letztlich ist das "Voelkerrecht" daher bloss eine gegenseitige Absichtserklaerung von Staaten. Von Recht, im Sinne eines universellen Rechtes, kann man nur da sprechen wo es Elemente der Menschenrechte aufgreift.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

04.09.2013 12:10
#33 RE: Obamas Syrien-Entscheidung Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #26
In Deutschland herrscht ja oft eine recht romantische Vorstellung über die UNO vor.

Richtig.
Das ist m. E. ein historisches Relikt aus der Zeit, als über den deutschen Einzelstaaten mit dem HRR eine Organisation existierte, die tatsächlich rechtsstaatlich funktionierte. Diese Erfahrung haben die meisten anderen Völker nicht.

Zitat
Wie sich eine Nation intern organisiert, ist erst einmal unerheblich


Nicht ganz, weil ja jeder Mitgliedsstaat sich zur Einhaltung der Grund- und Menschenrechte verpflichtet hat. Zumindestens auf dem Papier gibt es deswegen in der UN auch keine Diktaturen, sondern nur die vom jeweiligen Volk gewünschten Herrscher.

Zitat
Das ist natürlich besser (und auch friedenssichernder) als wenn es überhaupt kein Abstimmungsorgan gäbe.


Wenn "Abstimmung" hier im Sinne von Kommunikation gemeint ist: Ja.
Die Abstimmungen im Sinne von Mehrheit auszählen in der Vollversammlung finde ich dagegen inzwischen eher destruktiv, darauf könnte man verzichten.

Zitat
Hierzulande ist ja "völkerrechtswidrig" so ziemlich das schlimmste Etikett, dass man dem Verhalten einer Regierung anheften kann.


Richtig.
Insbesondere weil dieses Etikett völlig selektiv und meist falsch verwendet wird. Wenn in der Öffentlichkeit von "völkerrechtswidrig" geredet wird, dann sind fast immer Aktionen des Westens gemeint, und zwar solche, die in der Regel völkerrechtlich ok sind.
Die eindeutig völkerrechtswidrigen Aktionen anderer Länder werden selten mit diesem Etikett gerügt.

Zitat
Und insbesondere wird dabei oft übersehen, dass das Völkerrecht moralisch neutral ist. Es schützt auch Diktaturen und Menschenschinder, sofern sie in der Lage sind, eine Regierung zu bilden.


Das klassische Völkerrecht schon.
Aber mit ihrem UN-Beitritt haben sich ja alle Staaten auch zur Einhaltung der Menschenrechte verpflichtet. Das ist auch eine wirksame völkerrechtliche Verpflichtung - gegen die eine Mehrheit regelmäßig verstößt.

Zitat
Ein Angriff auf einen Diktator mag "völkerrechtswidrig" sein, wenn er kein UN-Mandat hat.


Nicht unbedingt.
Das Mandat vom Sicherheitsrat ist nur eine Möglichkeit von mehreren für die Rechtfertigung von Militäreinsätzen. Wenn der Einsatz mit einer der anderen Möglichkeiten begründet werden kann, ist er auch ohne UN-Mandat nicht völkerrechtswidrig.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

04.09.2013 12:19
#34 RE: Obamas Syrien-Entscheidung Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #28
Dasselbe behaupten die Anderen, wenn die USA ihr Veto für Israel gebraucht.

Na und - diese Behauptung sind eben falsch.
Man muß sich wirklich lösen von diesem oberflächlichen Formalismus, daß Behauptungen der einen oder der anderen Seite erst einmal gleichwertig wären.
Man muß inhaltlich prüfen, und dann sind eben manche Vetos im Sinne der UN-Charta richtig und andere mißbräuchlich.

Zitat
Und was 'konstruktive Verantwortung' angeht, so weisen die Russen zurecht darauf hin, dass der gemeinsame Feind der Terrorismus ist und sie haben m.W. bisher im Sicherheitsrat das Thema Drohne und beliebige Territorialverletzungen der USA nicht thematisiert.


Natürlich haben sie diese nicht thematisiert, weil die Drohnen völlig rechtmäßig sind und es auch keine beliebigen Territorialverletzungen der USA gibt. Sollte z. B. Pakistan wirklich ein Problem mit diversen US-Aktionen haben, dann müßte es erst einmal bilateral tätig werden - bisher gibt es da ja eine beiderseitige Zusammenarbeit. Ein Fall für den Sicherheitsrat ist das jedenfalls nicht.

Zitat
Und die Russen weisen darauf hin, dass die USA in Syrien die Teroristen stärken.


Das tun die USA bisher nicht.

Zitat
Beim nächsten mal ziehen die Russen eine rote Linie, falls die Saudis nicht aufhören Terroristen in Syrien zu bewaffnen


Das zumindestens hätte eine gewisse Berechtigung. Wäre aber nur glaubhaft, wenn die Russen ihrerseits nicht weiter Waffen an Assad liefern würden.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

04.09.2013 12:44
#35 RE: Obamas Syrien-Entscheidung Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #31
... aber in diesem Fall halte ich Generalstabschef Dempsey für kompetenter.

Ganz bestimmt.
Aber ich sehe auch überhaupt keinen Dissens zu Dempsey.
Ein reiner Strafschlag à la Operation El Dorado wäre eben KEINE Intervention zugunsten der Rebellen. Und er würde die USA auch nicht weiter in diesen chaotischen Bürgerkrieg hineinziehen.

Zitat
McCain will ja den Regimewechsel. Mir ist völlig unklar wer für Assad eingewechselt werden soll.


Mir auch. McCains Position finde ich unrealistisch.

Zitat
Zum Beispiel in dem hartnäckig bestritten wird, dass chemische Kampfstoffe nicht in die Hände von Hisbollah und al-Qaida gelangt sind. Ich bezweifle das irgendjemand sich da wirklich sicher sein kann.


Da stimme ich zu.
Die Argumentation für die Assad-Verantwortung beim Giftangriff ist ja, daß der Angriff zu groß und koordiniert war und daß die Raketen aus Gebieten abgefeuert wurden, die unter Regierungskontrolle stehen. Plus die geheimdienstlichen Zusatzinformationen.
Daß dagegen die Rebellen irgendwo ein paar Giftgasgranaten erbeutet haben können - das wird wohl nicht völlig sicher auszuschließen sein.

Zitat
Die öffentliche Meinung und eben die Länder welche bei einem Militäreinsatz dabei wären, außer GB.


Die ergäben aber keine UN-Mehrheit.
Wer immer (wie z. B. aktuell Steinbrück) auf die "offiziellen Gremien" verweist, will in Wirklichkeit keine Reaktion auf den Giftgasangriff.

Zitat
Aber der gesamte Rest der westlichen Welt und die Arabische Liga bleibt noch.


Egal welche Beweise noch kommen: Diese Länder werden keinen Druck ausüben. Weil sie sich in ihrer Weltsicht nicht von Fakten beirren lassen werden.
Das gilt insbesondere für die Deutschen.

Zitat
Syrien hat keine große Unterstützung in der UNO. Eigentlich haben sie nur Russland, den Iran und die Hälfte vom Libanon.


Und China, und das übliche Panoptikum an US-feindlichen Regimes, z. B. in Südamerika. Es reicht aber sowieso die Unterstützung einer Veto-Macht.

Zitat
Im Fall des Irak hat der internationale Druck zu einer Eindämmung des Regimes geführt, seine Aggressivität nach außen wirksam begrenzt ...


Aber NUR, solange die USA und GB ganz aktiv die Flugverbotszonen und die Einhaltung der Sanktionen überwacht haben. Was eben keine dauerhafte Lösung sein konnte - insbesondere weil der Rückhalt für die Sanktionen immer mehr zurückging (vor allem auch in Deutschland). Und am Ende stand doch der Krieg, weil der Druck eben nicht funktioniert hat (aber zu Lasten der irakischen Bevölkerung ging).

Zitat
Eine diplomatische Lösung sollte immer den Vorrang haben.


Richtig.
Aber Diplomatie braucht Verhandlungspartner. Die ich hier nirgends sehe. Die wesentlichen Akteure (dazu müßten ja auch die Bürgerkriegsparteien gehören) sind nicht an einer diplomatischen Lösung interessiert.

Zitat
Die Gefährlichkeit dieses Bürgerkrieges für die Region, und darum geht es ja, liegt in der Ansammlung ausländischer, von al-Qaida und Hisbollah rekrutierten Kämpfer


Richtig. Deswegen haben die USA aus gutem Grund bisher nicht eingegriffen. Aber halt doch eine "rote Linie" ausgesprochen. Blödes Dilemma.

Zitat
Wer will die Kontrolle eigentlich übernehmen, sollte Assad wirklich militärisch so sehr geschwächt werden, dass die Rebellen, ergo al-Qaida, Zugriff bekommen können? Ohne Bodentruppen.


Das ist ein Risiko - aber die Konsequenz kann doch nicht sein, nur deswegen Assad zum Sieg zu verhelfen?

xanopos ( gelöscht )
Beiträge:

04.09.2013 14:53
#36 RE: Obamas Syrien-Entscheidung Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #30
Zitat von xanopos im Beitrag #27
Worauf Libyen geantwortet hat: Lockerbie, 21 Dezember 1988



Das hat Libyien zumindest nie behauptet. Immerhin muss man konstatieren, dass dieser Anschlag im Vergleich zu heutigen Diskussionen vergleichsweise zivil bearbeitet wurde. Libyen hat Entschädigungen in Milliardenhöhe an Hinterbliebene bezahlt, und ein als verantwortlich gesehener Offizier wurde vor ein ordentliches Gericht gestellt. Dabei wäre der Anschlag aus amerikanischer Interessenlage weit eher als rote Linie nachvollziehbar, als ein Giftgaseinsatz im Innern irgendeines Landes. Die Maßstäbe haben sich gewaltig verschoben.

Gruß, Martin



Anderseits, ohne Lockerbie hätte es 2011 vielleicht keine militärische Intervention von GB und der USA gegeben.

Gruß, xanopos

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

04.09.2013 15:01
#37 RE: Obamas Syrien-Entscheidung Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #34

Zitat
Und die Russen weisen darauf hin, dass die USA in Syrien die Teroristen stärken.

Das tun die USA bisher nicht.


Direkt und offiziell nicht. Obwohl das vor ein paar Monaten ja laut angedacht wurde, so daß klar ist, daß man sich das sehr gut vorstellen könnte, übrigens ein direkter Bruch des UN-Grundsatzes von der Achtung der Gleichheit und nationalen Souveränität aller Staaten.
Inoffiziell, das wissen wir natürlich nicht.

Aber indirekt hat Obama den Rebellen doch klar damit den Rücken gestärkt, daß er im Fall des Überschreitens der berühmten roten Linie einen US-Schlag gegen die syrische Regierung in Aussicht gestellt hat. Selbst wenn sich die Rebellen mit konkreten Waffen etc. aus anderer Quelle versorgen mußten, ist das doch ein erhebliches Polster für die Moral, mit Uncle Sam als Backup läßt es sich trefflich kämpfen. Es hat sich dadurch ja auch ein konkreteres und leichter erreichbares Kampfziel ergeben, denn statt des Siegs über die Regierungstruppen brauchte man nur noch soweit weiterzukämpfen, bis sich Assad zum Druck auf die C-Taste genötigt sah.

Vielleicht wäre die Rebellion mit all ihren Kollateralschäden schon längst vorbei, wenn diese moralische Rückenstärkung der Rebellen unterblieben wäre. Vielleicht (hier bin ich wohl zu optimistisch) hätten die Rebellen die vor ein paar Monaten in den Bereich des Möglichen gerückten Verhandlungen nicht so rundweg abgelehnt, wenn sie sich nicht vom Weiterkämpfen mit früher oder später eintretendem Schritt über die rote Linie deutlich mehr Aussicht auf Erfolg hätten ausrechnen dürfen?

Rhetorisch stehen die USA eindeutig hinter den Rebellen. (Auch GB stand noch Anfang dieses Jahres ebenso eindeutig hinter ihnen. Doch die britischen Töne wurden schon vor einigen Monaten vorsichtiger, als die Zusammensetzung der Rebellen mal etwas detaillierter durch die Presse ging.)
Rhetorische Rückenstärkung durch eine Militärmacht mit Weltsheriffambitionen ist schon einiges wert.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

04.09.2013 15:25
#38 RE: Obamas Syrien-Entscheidung Antworten

Lieber R.A.,
Assad siegt, wenn der Westen nicht hilft, wem auch immer. Die Hilfe des Westens ist dafür nicht erforderlich.
Wer soll denn siegen? Wenn nicht Assad siegt, geht der Krieg weiter und immer mehr Flüchtlinge und Tote sind zu beklagen - und zu händeln.
Wenn Assad verliert, haben wir al-Qaida vor der Haustür, die sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unserer Nato-Grenze im Süden zuwenden wird.
Das ist viel näher als Afghanistan.
Also: Wer soll siegen? Von denen die es könnten?
Es gibt nur eine Antwort: Amerika.
Obama hat sein Irak in Syrien. Aber keine Koalition der 43 Willigen.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

04.09.2013 21:29
#39 RE: Obamas Syrien-Entscheidung Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #31

Diese verschobene Strafaktion dämmt diese Gefahr m.E. keinesfalls ein, ganz im Gegenteil.
Und sie bringt auch kein bisschen Mehr an Sicherheit gegen die gefürchtete Proliferation von hunderten von Tonnen chemischer Massenvernichtungswaffen in den Händen von Assad. Wer will die Kontrolle eigentlich übernehmen, sollte Assad wirklich militärisch so sehr geschwächt werden, dass die Rebellen, ergo al-Qaida, Zugriff bekommen können? Ohne Bodentruppen.


Ohne Bodentruppen?

Zitat von http://www.welt.de/politik/ausland/artic...-dem-Spiel.html
Noch mehr als diese Zahlenunstimmigkeit irritierte aber Kerry in der Senatsanhörung, als der Außenminister zunächst den geforderten Verzicht auf den Einsatz von Bodentruppen ablehnte.

Er wolle "keine Option vom Tisch nehmen", um Handlungsspielräume nicht einzuschränken, falls Syrien "implodieren" oder die Gefahr entstehen solle, dass C-Waffen in die Hände von Extremisten fallen sollten. Kerry willigte letztlich der ausdrücklichen Absage an den Bodentruppeneinsatz zu. Er signalisierte aber in dieser Situation, dass auch die Regierung offenkundig kein volles Vertrauen in die unbedingte Begrenzbarkeit eines Militärschlages hat.


Ich spekuliere mal:
C-Waffen sind in den Händen al-Qaidas und jetzt muss gehandelt werden. Die "Strafaktion" war eine Nebelkerze.

Viele Grüße, Erling Plaethe

adder Offline




Beiträge: 1.073

04.09.2013 21:38
#40 RE: Obamas Syrien-Entscheidung Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #39
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #31

Diese verschobene Strafaktion dämmt diese Gefahr m.E. keinesfalls ein, ganz im Gegenteil.
Und sie bringt auch kein bisschen Mehr an Sicherheit gegen die gefürchtete Proliferation von hunderten von Tonnen chemischer Massenvernichtungswaffen in den Händen von Assad. Wer will die Kontrolle eigentlich übernehmen, sollte Assad wirklich militärisch so sehr geschwächt werden, dass die Rebellen, ergo al-Qaida, Zugriff bekommen können? Ohne Bodentruppen.


Ohne Bodentruppen?

Zitat von http://www.welt.de/politik/ausland/artic...-dem-Spiel.html
Noch mehr als diese Zahlenunstimmigkeit irritierte aber Kerry in der Senatsanhörung, als der Außenminister zunächst den geforderten Verzicht auf den Einsatz von Bodentruppen ablehnte.

Er wolle "keine Option vom Tisch nehmen", um Handlungsspielräume nicht einzuschränken, falls Syrien "implodieren" oder die Gefahr entstehen solle, dass C-Waffen in die Hände von Extremisten fallen sollten. Kerry willigte letztlich der ausdrücklichen Absage an den Bodentruppeneinsatz zu. Er signalisierte aber in dieser Situation, dass auch die Regierung offenkundig kein volles Vertrauen in die unbedingte Begrenzbarkeit eines Militärschlages hat.

Ich spekuliere mal:
C-Waffen sind in den Händen al-Qaidas und jetzt muss gehandelt werden. Die "Strafaktion" war eine Nebelkerze.



Warum sollte man nicht nur Russland (offen? vorgeblich?) verärgern, sondern auch noch die gesamte Region weiter destabilisieren, anstatt einfach Assad freie Hand gegen die Qaida zu lassen und die Syrische Armee zur Not mit kleineren Covert Operations (ganz im Stil des Special Air Service oder ein paar "Freiwillige" analog zum Spanischen Bürgerkrieg) zu unterstützen?
Irgendwie kommt mir das komisch vor. Allerdings bin ich auch noch nicht überzeugt, dass die Syrische Armee die Waffen eingesetzt hat - oder gar ein ausdrücklicher Befehl vorgelegen hätte...

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

05.09.2013 10:38
#41 RE: Obamas Syrien-Entscheidung Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #37
Vielleicht wäre die Rebellion mit all ihren Kollateralschäden schon längst vorbei, wenn diese moralische Rückenstärkung der Rebellen unterblieben wäre.

Das kann ich mir nicht vorstellen.
Die Rebellen und ihre Helfer haben eine sehr massive Motivation für ihren Einsatz und sind in keiner Weise von einer nur indirekten und lauwarmen "moralischen Unterstützung" durch die USA angewiesen.

Zitat
Vielleicht (hier bin ich wohl zu optimistisch) hätten die Rebellen die vor ein paar Monaten in den Bereich des Möglichen gerückten Verhandlungen nicht so rundweg abgelehnt


Waren die im Bereich des Möglichen? Welche Zugeständnisse hätte Assad denn glaubhaft anbieten können?
Ich sehe eigentlich keine MÖglichkeit einer Verhandlungslösung, solange Assad noch im Spiel ist.

Zitat
Rhetorische Rückenstärkung durch eine Militärmacht mit Weltsheriffambitionen ist schon einiges wert.


Mal abgesehen davon, daß diese Rückenstärkung im Fall Syrien nicht wirklich erfolgte: Spätestens seit Mubarak ist in der Region doch klar, daß man sich auf die USA nicht mehr verlassen kann.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

05.09.2013 10:44
#42 RE: Obamas Syrien-Entscheidung Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #38
Assad siegt, wenn der Westen nicht hilft

Diesen Automatismus sehe ich nicht. Assad hat die bessere Bewaffnung, ist aber potentiell numerisch unterlegen. Der Ausgang des Konflikts ist m. E. ziemlich offen. Auch wenn in den letzten Monaten eher Assad im Vorteil schien - die Kämpfe sind in den zwei Jahren einige Male hin und her gegangen, einen entscheidenden Durchbruch hat es bisher nie gegeben.

Die Frage ist natürlich, was man unter "Assad siegt" versteht.
Eine Wiederherstellung des Zustands vor 2011, mit totaler Kontrolle über das ganze Land? Das halte ich eher für unwahrscheinlich.
Für Assad könnte es schon ein Sieg sein, am Leben zu bleiben und einen Teil des Landes zu kontrollieren.

Zitat
Wer soll denn siegen?


Es ist bei einem solchen Konflikt nicht gesagt, daß es überhaupt einen Sieger gibt.
Gut möglich, daß es irgendeinen Waffenstillstand wegen allgemeiner Erschöpfung gibt und Syrien in diverse Machtzonen aufgeteilt bleibt.

Zitat
Also: Wer soll siegen? Von denen die es könnten?
Es gibt nur eine Antwort: Amerika.


Beim "sollen" stimme ich ja zu. Aber ich glaube nicht, daß die USA das schaffen können.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

05.09.2013 11:19
#43 RE: Obamas Syrien-Entscheidung Antworten

Paßt genau in unsere Diskussion.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

05.09.2013 15:57
#44 RE: Obamas Syrien-Entscheidung Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #43
Paßt genau in unsere Diskussion.

Stimmt, passt. Aber der Kommentar verfehlt ein wenig das Thema, welches er behandeln möchte. Obama kann sich gar kein Eigennutz leisten, der hat ein Riesenproblem mit Russland und seinem Kampf gegen den internationalen Terrorismus. Und das ist eine Nummer zu groß für ihn. Er kann nicht anders, er braucht Hilfe. Die hat er nicht mit seinem 3.Wahl-Außenminister.
Allerdings ist sein Problem ja auch nicht ausschließlich hausgemacht. Das sollte man zu seiner Entlastung vielleicht geltend machen, finde ich. Die Beziehungen zwischen Russland und den USA sind so schlecht wie seit dem Ende des kalten Kriegs nicht mehr. Es ist ja vor allem Putin der umso aggressiver wird je länger er das Amt des Präsidenten bekleidet.
Ich bin wie Sie, lieber R.A. der Ansicht, dass auf den erneuten Giftgasangriff durch Assad reagiert werden muss. Aber nicht militärisch. Assad ist kein logisches Ziel, weil es keinen, wie auch immer gearteten Erfolg verspricht. Stattdessen sind manche seiner Gegner genau das.
Der ganze Krieg gegen al-Qaida und alles was damit an Einschränkungen von den Bürgern im Westen hingenommen werden muss, verliert seine Konsistenz. Die sowieso schon angegriffen ist. Es wäre ein Krieg gegen Feinde al-Qaidas. Und wenn Putin will, zu einer direkten Herausforderung Russlands.
Und dann ist da noch der Iran. Um ihn zu schwächen hat der Westen die Rebellion gegen Assad mal gestützt. Es ging eigentlich um den Iran.
Nun verschieben sich die Prioritäten. Dazu diese sehr aufschlussreiche Analyse von Stratfor:
http://www.stratfor.com/analysis/iran-ma...7231b52d9f35df4

Viele Grüße, Erling Plaethe

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

05.09.2013 16:38
#45 RE: Obamas Syrien-Entscheidung Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #44
Und dann ist da noch der Iran. Um ihn zu schwächen hat der Westen die Rebellion gegen Assad mal gestützt. Es ging eigentlich um den Iran.
Nun verschieben sich die Prioritäten. Dazu diese sehr aufschlussreiche Analyse von Stratfor:
http://www.stratfor.com/analysis/iran-ma...7231b52d9f35df4
Hab schon gedacht, daß wir mit Zettels ja nicht auch noch die Verweise auf Stratfor vermissen müssen.

In der Tat war die Rebellion ab den Zeitpunkt, wo die Hisbullah der syrischen Regierung zu Hilfe kam, schon eine Stärkung Irans. Denn eigentlich sind die säkulare Baath-Partei Syriens und die Partei Gottes bzw. der Iran ja keine "natürlichen" Verbündeten. Sie haben nur dieselben Feinde. Da kann man sich nun überlegen, ob Baath-Partei und Militär trotz allem Nationalismus nicht angenehmere Gegenüber sind als die radikalpolitischen Sunniten oder Schiiten, die in den letzten Jahren mit Unterstützung der USA und Europas an Einfluß in vielen Ländern der Region gewonnen haben (Türkei, Irak, Tunesien, Ägypten).

R.A. Offline



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05.09.2013 17:15
#46 RE: Obamas Syrien-Entscheidung Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #44
Es ist ja vor allem Putin der umso aggressiver wird je länger er das Amt des Präsidenten bekleidet.

Das ist richtig. Wahrscheinlich will Putin damit seine eher bescheidene Bilanz im Inneren kompensieren. Altes Sowjetdenken.

Zitat
Ich bin wie Sie, lieber R.A. der Ansicht, dass auf den erneuten Giftgasangriff durch Assad reagiert werden muss. Aber nicht militärisch.


Ich sehe momentan keine andere Reaktionsmöglichkeit. Alle anderen realistischen Möglichkeiten sind Varianten von Wattebäuschchen werfen, also eine verkappte Akzeptanz des Gifgasangriffs.

Zitat
Assad ist kein logisches Ziel, weil es keinen, wie auch immer gearteten Erfolg verspricht.


Assad ist das einzig logische Ziel, WENN es um die Giftgassache geht und man nur in diesem Punkt ein Signal setzen will.
Und "Erfolg" würde heißen, daß er solche Angriffe künftig unterläßt. Also ein Lernerfolg à la Gaddafi. Mehr Erfolg ist in der Tat nicht drin, aber der würde auch reichen.

Zitat
Der ganze Krieg gegen al-Qaida und alles was damit an Einschränkungen von den Bürgern im Westen hingenommen werden muss, verliert seine Konsistenz.


Das ist in der Tat ein Problem. Aber für diesen Konsistenzverlust war es schlimmer, daß Obama die Muslimbrüder in Ägypten hoffiert hat.

In Syrien ist es eben nicht so, daß alle Assad-Gegner zur Kaida gehören. Die Kaida stellt eine starke Gruppe innerhalb der Rebellen, aber nicht die Mehrheit. Ich halte Szenarien für plausibel, bei denen die Rebellen gewinnen, aber die Kaida danach wieder rausdrängen - eben weil sie im wesentlichen Import ist und kaum im Lande verwurzelt ist.

Zitat
Dazu diese sehr aufschlussreiche Analyse von Stratfor


Die läßt mich doch etwas ratlos zurück. Ich sehe nicht, daß der Iran auf Seiten der Rebellen nennenswerten Einfluß hätte - er hat sich ja mitsamt seinen Hisbolla-Hilfstruppen völlig auf die Seite Assads gestellt.

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

05.09.2013 17:58
#47 RE: Obamas Syrien-Entscheidung Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #46
Assad ist das einzig logische Ziel, WENN es um die Giftgassache geht und man nur in diesem Punkt ein Signal setzen will.

Zeichen setzen ... Glaubwürdigkeit bewahren ... das scheint mir sehr die Denkweise eines Politikers zu sein, der ans Image denkt und die bei seinen Arbeitgebern (dem Volk, das ihn wählt) vorausgesetzte moralische Entrüstung bedienen will.
Erinnert mich fatal an Aktionen wie die deutsche Energiewende, die auch Bestürzung über die (leicht mit der tatsächlichen Tohoku-Katastrophe verwechselten) Fukushima-Katastrophe zum Ausdruck bringen und (trotz nachweislich vernachlässigbarer Auswirkung auf die Kohlendioxidproduktion) ein Zeichen gegen die Klimakatastrophe setzen soll.

Aber militärisch ist wohl nicht viel dran an der Idee. Jedenfalls haben sich manche sowohl britische als auch amerikanische hohe (Ex-)Militärs deutlich gegen einen Syrienschlag ausgesprochen, die gewiß über jeden Verdacht des Pazifismus erhaben sind.

Es fehlt eben das klare strategische Ziel, von den unabsehbaren Kontingenzen ganz zu schweigen.

Ob Obama für die Rolle des Oberbefehlshabers aus dem richtigen Holz geschnitzt ist? Gewählt wurde er ja wohl ursprünglich eher als Friedenspräsident, als mit erleichtertem Aufatmen begrüßte Alternative zu George W., dem er nun allerdings an Abenteuerlust kaum nachzustehen scheint.

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

05.09.2013 23:34
#48 RE: Obamas Syrien-Entscheidung Antworten

Zitat von R.A.
Man muß sich wirklich lösen von diesem oberflächlichen Formalismus, daß Behauptungen der einen oder der anderen Seite erst einmal gleichwertig wären.
Man muß inhaltlich prüfen[...]



Vielen Dank. Sie haben gut formuliert auf den Punkt gebracht, was mich auch schon lange gestört hat, aber irgendwie haben mir die Worte dafür gefehlt. "Oberflächlicher Formalismus" trifft es dagegen gut.

______________________________________________________________________________

“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

06.09.2013 05:57
#49 RE: Obamas Syrien-Entscheidung Antworten

Zitat
Ich bin wie Sie, lieber R.A. der Ansicht, dass auf den erneuten Giftgasangriff durch Assad reagiert werden muss. Aber nicht militärisch.


Zitat von R.A. im Beitrag #46
Ich sehe momentan keine andere Reaktionsmöglichkeit. Alle anderen realistischen Möglichkeiten sind Varianten von Wattebäuschchen werfen, also eine verkappte Akzeptanz des Gifgasangriffs.

Erst einmal müsste dann geklärt werden, aus welchem Recht überhaupt eine aus der Nichtakzeptanz resultierende Reaktion abgeleitet wird. Syrien hat die Chemiewaffenkonvention weder unterzeichnet noch ratifiziert.

Zitat
Assad ist kein logisches Ziel, weil es keinen, wie auch immer gearteten Erfolg verspricht.


Zitat von R.A. im Beitrag #46
Assad ist das einzig logische Ziel, WENN es um die Giftgassache geht und man nur in diesem Punkt ein Signal setzen will.
Und "Erfolg" würde heißen, daß er solche Angriffe künftig unterläßt. Also ein Lernerfolg à la Gaddafi. Mehr Erfolg ist in der Tat nicht drin, aber der würde auch reichen.

Diese Wahrscheinlichkeit eines erneuten Einsatzes wird nicht erhöht durch einen Kriegseintritt, es sei denn, die Vernichtung der Waffen gelingt. Die ganze internationale Diskussion aber hat schon eher dazu beigetragen, dass ein weiterer Chemiewaffeneinsatz durch Assad unwahrscheinlicher geworden ist. Assad mag brutal und skrupellos sein, aber nicht "irre".
Im Falle eines Angriffs einer ausländischen Macht, wird sich Syrien mit den Waffen verteidigen, welche ihm zur Verfügung stehen. Das könnte Chemiewaffen durchaus einschließen. Genau für diesen Fall hat Syrien diese Waffen angeschafft. Hier liegt deren Glaubwürdigkeit. Selbst Assad wird seine Waffen eher auf Kämpfer denn auf schlafende Kinder richten. Die zivilen Opfer werden auch bei der Bestrafungsaktion, die nichts weiter als ein Kriegseinsatz sein wird, zu beklagen sein.

Zitat
Der ganze Krieg gegen al-Qaida und alles was damit an Einschränkungen von den Bürgern im Westen hingenommen werden muss, verliert seine Konsistenz.


Zitat von R.A. im Beitrag #46
Das ist in der Tat ein Problem. Aber für diesen Konsistenzverlust war es schlimmer, daß Obama die Muslimbrüder in Ägypten hoffiert hat.

Ja, das gehört zu den außenpolitischen Katastrophen Obamas die er aber durchaus noch überbieten kann.

Zitat von R.A. im Beitrag #46
In Syrien ist es eben nicht so, daß alle Assad-Gegner zur Kaida gehören. Die Kaida stellt eine starke Gruppe innerhalb der Rebellen, aber nicht die Mehrheit. Ich halte Szenarien für plausibel, bei denen die Rebellen gewinnen, aber die Kaida danach wieder rausdrängen - eben weil sie im wesentlichen Import ist und kaum im Lande verwurzelt ist.

Nicht alle, nein. Aber sie kontrollieren Gebiete, zur türkischen Grenze. Keine öden Landschaften, besiedelte Gebiete. Und sie kommen gut an in der Bevölkerung. Al-Qaidas Vorgehen gleicht dem der Hisbollah. Sie ist erfolgreich damit und verfügt über Rückhalt in der mehrheitlich sunnitischen Bevölkerung. Al-Qaida hat aus dem Irak-Krieg gelernt und geht nicht mehr so brutal vor wie einst dort.
Sie haben keine Mehrheit unter den Rebellen, das ist richtig. Aber unter den Ausländern unter ihnen. Und die Rebellen selbst, das hatte ich in meinem ersten Syrien-Beitrag geschrieben und belegt, sind gar nicht bereit sich von der al-Nusra-Front zu distanzieren.
Ich verlinke hier einen Bericht mit einer Karte, wer welche Gebiete kontrolliert. Auch der Bericht erscheint mir glaubwürdig und ausgewogen (wenn man davon absieht, dass Sympathien für die Rebellen vorhanden sind. Aber Objektivität in einem Krieg sollte man bei beiden Seiten nicht voraussetzen, wenn auch nicht in gleichem Maße):
http://online.wsj.com/article/SB10001424...2794711158.html

Zitat
Dazu diese sehr aufschlussreiche Analyse von Stratfor


Zitat von R.A. im Beitrag #46
Die läßt mich doch etwas ratlos zurück. Ich sehe nicht, daß der Iran auf Seiten der Rebellen nennenswerten Einfluß hätte - er hat sich ja mitsamt seinen Hisbolla-Hilfstruppen völlig auf die Seite Assads gestellt.

Der Iran profitiert wie er seinerzeit im Irakkrieg profitiert hat, nicht über die Rebellen (ohne al-Qaida), sondern darüber, dass sich der Fokus verschiebt und der Iran benötigt wird für eine Friedenslösung. Syrien ist für den Iran vor allem als Transitland zur Versorgung der Hisbollah wichtig. Das geht auch ohne Assad.

Viele Grüße, Erling Plaethe

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

06.09.2013 09:55
#50 RE: Obamas Syrien-Entscheidung Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #47
Zeichen setzen ... Glaubwürdigkeit bewahren ... das scheint mir sehr die Denkweise eines Politikers zu sein, der ans Image denkt ...

Schon - aber hier ginge es nicht um das innenpolitische Image. Im Gegenteil würde Obama bei seinen Wählern eher gewinnen, wenn er die rote Linie schlicht vergißt.

Es geht aber um die außenpolitische Glaubwürdigkeit. Gerade in dieser Region gilt: Wer Drohungen in die Welt setzt, aber hinterher den Schwanz einzieht, verliert massiv an Reputation. Und damit auch entscheidende Einflußmöglichkeiten.

Zitat
Jedenfalls haben sich manche sowohl britische als auch amerikanische hohe (Ex-)Militärs deutlich gegen einen Syrienschlag ausgesprochen


Da muß man sich immer den Kontext anschauen. Wann haben sie es gesagt, um welche Art Schlag ging es, welche Ziele wurden diskutiert.
Ziemlich viele Militärs sind gegen einen vollen Militäreinsatz à la Irak - die Gründe für diese Ablehnung sind völlig nachvollziehbar. Aber eine Bestrafungsaktion direkt nach dem Giftgasangriff wäre eine völlig andere Sache gewesen.

Zitat
Ob Obama für die Rolle des Oberbefehlshabers aus dem richtigen Holz geschnitzt ist?


Bestimmt nicht. Das hat er ja inzwischen oft genug gezeigt.

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