Zitat von Fluminist im Beitrag #100 ... Es ist wohl mehr ein Unbehagen, das ich verspüre, z.B. wenn die auf dubiosem Wege ruckzuck auf dem Rücken der Maidan-Proteste gebildete Übergangsregierung (wobei ich nicht überzeugt bin, daß sie mit ihrer erheblichen Beteiligung von Oligarchen und Radikalnationalen wirklich die Mehrheit der ursprünglichen friedlich Protestierenden repräsentiert) sofort anerkannt wird, ...
Auch dieser Formulierung stimme ich zu. Wobei ich nicht den Überblick darüber habe, welche Regierung die neue ukrainische Regierung schon anerkannt haben. Grundsätzlich aber finde ich es sehr wichtig für das westliche Demokratieverständnis, ein paar zehntausend Menschen auf der Straße nicht als Quasi-Regierung zu interpretieren. Sonst hätten ja auch die Demonstranten auf dem Bonner Hofgarten die Regierung beanspruchen können (immerhin 450.000 Menschen; das war die größte Massendemo der Bundesrepublik)
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #68Soll das eine Behörde beurteilen, oder wie soll das gehen?
Und warum nicht? Ist doch schon häufiger so gemacht worden. Wiener Kongreß, Kongokonferenz, die Pariser Vorortkonferenzen und die Neuordnung Europas nach dem 2. WK.
Man weiß wie es geht und mittlerweile auch welche Fehler zu vermeiden sind. Einfach mal den Krieg überspringen und so tun als hätte es ihn gegeben.
Wenn ich Sie richtig verstehe, plädieren Sie für eine Neuziehung der ukrainischen Ostgrenze nach ethnischen Kriterien?
Genau das würde vermutlich in einem riesigen Blutbad enden. Die Mehrheit der Bevölkerung im Osten und Süden der Ukraine betrachtet sich ausweislich des letzten Zensus' als ethnisch ukrainisch. Selbst wenn man in Rechnung stellt, dass ein großer Teil der Russischsprachigen im Selbstempfinden und den Loyalitäten eher diffus ausgerichtet ist und sich mit der Situation arrangieren würde, bliebe erwartungsgemäß dennoch ein sehr großer Teil der genau dies nicht täte.
Eine Westverschiebung der russischen Grenze würde die Grundlage für einen handfesten ethnischen Konflikt legen, umso schlimmer je weiter die Westverschiebung ginge. Die langfristigen Folgen wären kaum abzusehen.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #68Soll das eine Behörde beurteilen, oder wie soll das gehen?
Und warum nicht? Ist doch schon häufiger so gemacht worden. Wiener Kongreß, Kongokonferenz, die Pariser Vorortkonferenzen und die Neuordnung Europas nach dem 2. WK.
Man weiß wie es geht und mittlerweile auch welche Fehler zu vermeiden sind. Einfach mal den Krieg überspringen und so tun als hätte es ihn gegeben.
Wenn ich Sie richtig verstehe, plädieren Sie für eine Neuziehung der ukrainischen Ostgrenze nach ethnischen Kriterien?
Genau das würde vermutlich in einem riesigen Blutbad enden.
Das lassen wir dann mal das Problem vom Putin sein.
Zitat von augustin im Beitrag #102Die Mehrheit der Bevölkerung im Osten und Süden der Ukraine betrachtet sich ausweislich des letzten Zensus' als ethnisch ukrainisch. Selbst wenn man in Rechnung stellt, dass ein großer Teil der Russischsprachigen im Selbstempfinden und den Loyalitäten eher diffus ausgerichtet ist und sich mit der Situation arrangieren würde
Eben Sonst Straflager
Zitat von augustin im Beitrag #102bliebe erwartungsgemäß dennoch ein sehr großer Teil der genau dies nicht täte.
Eine Westverschiebung der russischen Grenze würde die Grundlage für einen handfesten ethnischen Konflikt legen, umso schlimmer je weiter die Westverschiebung ginge. Die langfristigen Folgen wären kaum abzusehen.
Wobei ich mich da frage wie Sie das so genau wissen können. Aktuell ist die Ukraine doch wohl ein (failed) Kunststaat ohne Staatsvolk und ohne Vergangenheit. In allem eher dem Kongo als etwa Südkorea ähnlich. Ein richtiger Staat wäre unmittelbar nach dem Auftreten dieser banditenartigen Milizen auf der Krim in der Lage gewesen die einzufangen oder zumindest zu vertreiben. Diese Nichtreaktion - noch nicht mal ein Versuch - ist doch wohl eine deutlicher Hinweis auf die Nichtexistenz eines Staates. Zu so was gehört nämlich mindestens der Wille und zumindest im Ansatz die Fähigkeit sich leicht bewaffneten irregulären Einheiten entgegenzustellen. Diese Bilder von den dortigen "ukrainischen" Kasernen auf denen die Soldaten ihre Waffen in der Waffenkammer und sich selber in der Kasernen einschließen sind doch ebenso grotesk wie vielsagend.
Zitat von Fluminist im Beitrag #100Es ist wohl mehr ein Unbehagen, das ich verspüre, z.B. wenn die auf dubiosem Wege ruckzuck auf dem Rücken der Maidan-Proteste gebildete Übergangsregierung (...) sofort anerkannt wird ...
Dubios war nur Janukowitschs Verhalten, der ein Abkommen unterzeichnet hat, dann aber ohne Versuch es umzusetzen außer Landes gegangen ist.
Ansonsten ist es nicht dubios, wenn ein frei gewähltes Parlament in einer solchen Lage mit deutlicher Mehrheit einen Übergangspräsidenten wählt und sonstige Maßnahmen zur Stabilisierung des Landes trifft. Es gibt auch keinen vernünftigen Grund, diese Übergangsregierung nicht anzuerkennen.
Bei den Vorgängen davor gibt es noch einiges aufzuklären (insbesondere die strafrechtliche Verantwortung für die Todesschüsse), aber die aktuelle ukrainische Regierung ist auf jeden Fall legitim und der einzige offizielle Ansprechpartner.
Zitat von AldiOn im Beitrag #103Aktuell ist die Ukraine doch wohl ein (failed) Kunststaat ohne Staatsvolk und ohne Vergangenheit.
Dem kann ich überhaupt nicht zustimmen. Es ist ein Staat mit einem klaren Staatsvolk (egal welcher Sprache), das sich mit ihrem Staat identifiziert. Es hat eine lange historische Tradition.
Die offizielle Anerkennung als Staat erfolgte erst nach dem ersten Weltkrieg - das ist aber in Europa nichts Besonderes. Keiner würde wohl von der Tschechei oder der Slowakei als "failed Kunststaat" sprechen. Oder von Slowenien, Kroatien und den anderen Staaten, die erst vor 20 Jahren entstanden sind - da war die Ukraine schon Jahrzehnte UN-Mitglied.
Zitat Ein richtiger Staat wäre unmittelbar nach dem Auftreten dieser banditenartigen Milizen auf der Krim in der Lage gewesen die einzufangen oder zumindest zu vertreiben.
Es hat nichts mit "richtiger Staat" zu tun, wenn man sich beim überraschenden Überfall der Kommandotruppen einer Großmacht nicht wehren kann. Angesichts der Stärke und Organisation der Invasionstruppen (die eben KEINE "banditenartigen Milizen" sind) hätte eine Gegenwehr der verstreuten ukrainischen Einheiten nur sinnloses Blutvergießen und das Risiko einer Eskalation bedeutet.
Es bedeutet nicht Verzicht auf den "Staat"-Status, wenn man nicht gleich zurückschießt.
Zitat von Fluminist im Beitrag #100Es ist wohl mehr ein Unbehagen, das ich verspüre, z.B. wenn die auf dubiosem Wege ruckzuck auf dem Rücken der Maidan-Proteste gebildete Übergangsregierung (...) sofort anerkannt wird ...
Dubios war nur Janukowitschs Verhalten, der ein Abkommen unterzeichnet hat, dann aber ohne Versuch es umzusetzen außer Landes gegangen ist.
Sie wissen hierüber wahrscheinlich mehr als ich, aber was da im einzelnen vor sich gegangen ist, erscheint mir doch noch zweifelhaft, so zweifelhaft, daß ich nicht allein Janukowitsch dafür verantwortlich machen würde, sofern keine genaueren Belege dafür vorliegen. Er setzt sich mit den Vertretern der Protestbewegung zusammen, bezeugt durch Steinmeier & Co, und trifft ein Abkommen, in denen er ihnen weitestgehende Zugeständnisse macht, und unmittelbar danach gerät die Lage, die durch das Abkommen eigentlich stabilisiert werden sollte, außer Kontrolle, es geht die Schießerei los, die Residenz des Präsidenten und Regierungsgebäude werden gestürmt... und die dann gebildete Übergangsregierung ignoriert das Abkommen, jetzt ist ja alles anders. Ich glaube schon, daß da Aufklärungsbedarf besteht, bevor man den Schwarzen Peter hastig einem der Akteure zuschiebt.
Zitat von R.A. im Beitrag #104Ansonsten ist es nicht dubios, wenn ein frei gewähltes Parlament in einer solchen Lage mit deutlicher Mehrheit einen Übergangspräsidenten wählt und sonstige Maßnahmen zur Stabilisierung des Landes trifft. Es gibt auch keinen vernünftigen Grund, diese Übergangsregierung nicht anzuerkennen.
Bei den Vorgängen davor gibt es noch einiges aufzuklären (insbesondere die strafrechtliche Verantwortung für die Todesschüsse), aber die aktuelle ukrainische Regierung ist auf jeden Fall legitim und der einzige offizielle Ansprechpartner.
Das letzte ist wohl wahr, da Janukowitsch offenbar keine Ambitionen hat, eine Exilregierung zu führen, sagt aber wenig über die anderen Punkte aus. Aber die Legitimationsfrage beiseite, als Regierung der nationalen Einheit hat sich diese Regierung leider nicht präsentiert, jedenfalls am Anfang; ich denke an die Sache mit der russischen Sprache. Eine dumme Ungeschicklichkeit, sagen Sie, und das können Sie laut sagen, denn während Sie das leicht als Anfängerfehler beiseitewischen und vergeben, sieht die Sache im Lande anders aus. Da sind die Auswirkungen der flotten Gesetzesvorlage ziemlich fatal. Mein Gewährsmann aus Sewastopol berichtet aus seinem Verwandtenkreis, daß die ältere, noch "sowjetische" Generation sofort quasi aus alter Gewohnheit auf der Seite der Russen stand; aus der mittelalten Generation, die zunächst gar keinen Grund sah, etwas an der ukrainischen Staatszugehörigkeit zu ändern, aber zu hören ist, daß sie das Verbot der russischen Sprache als Knackpunkt empfunden haben, der sie auf die russische Seite wechseln ließ. Zu einer Regierung, die die eigene Muttersprache, die in der Region überwiegend gesprochen wird, verbieten will (in dem Maße, daß z.B. ein russischsprachiger Arzt des staatlichen Gesundheitsdiensts seine russischsprachigen Patienten nur auf ukrainisch behandeln dürfte, ggf. unter Hinzuziehung eines Dolmetschers: ob das stimmt, ist schon egal, das wesentliche ist, daß es geglaubt wird!), kann man eben kein Vertrauen haben. Da haben die Leute in Kiew schnell viel Porzellan zerschlagen und den Funken zu einem Separatismus geschlagen, der vorher gar nicht nennenswert vorhanden war. (So wie ich ja auch generell den Eindruck nicht loswerde, daß der Staatsstreich oder das jedenfalls nicht völlig verfassungskonforme Verhalten in Kiew den Gedanken, daß ja dann vieles andere auch zur beliebigen Disposition stünde, geweckt hat.)
Übrigens teilt mir mein Gewährsmann auch mit, daß auch in dem nicht der autonomen Region Krim angehörenden Bezirk Sewastopol ein (separates) Referendum stattfinden wird. Rein theoretisch ergäbe sich je nach Ausgang der Referenden daher auch die Möglichkeit, daß Sewastopol entweder eine ukrainische oder eine russische Exklave wird. Insofern ist im Hinblick hierauf:
Zitat von Emulgator im Beitrag #91Eine Bemerkung zu Kissinger:
Zitat von KissingerRussland sollte die ukrainische Souveränität über die Krim anerkennen und die Ukraine sollte die Autonomie der Krim durch international bewachte Wahlen stärken. Alle Unklarheiten über den Status der Schwarzmeerflotte in Sewastopol wären so auch beseitigt.
Sewastopol liegt nicht auf dem Gebiet der autonomen Krim. Sewastopol untersteht der Zentralregierung. Was Rußland in und vor Sewastopol macht, ist rechtlich genauso, als würde es in Kiew stattfinden. Deswegen würde eine Statusänderung der autonomen Republik an Sewastopol und der Schwarzmeerflotte nichts ändern.
Zitat von R.A. im Beitrag #105Es bedeutet nicht Verzicht auf den "Staat"-Status, wenn man nicht gleich zurückschießt.
Ach wirklich? Offenbar übermäßig gewaltaffine Leute wie ich und Putin sehen das aber ganz anders.
Und von Ihnen genannte Staaten wie Slowenien und Kroatien haben in den 90er Jahren nachdrücklich gezeigt, wie "richtige Staaten" mit so einer Situation umgehen. Es war nicht immer wirklich schön aber es hat geklappt (= sie haben ihre territoriale Integrität erhalten). In der Slowakei, in Tschechien und insbesondere in Polen wird man das genau so sehen und genau so handeln.
Zitat von AldiOn im Beitrag #103Wobei ich mich da frage wie Sie das so genau wissen können.
Ich weiß nicht, ich prognostiziere. So wie wir alle.
Zitat Aktuell ist die Ukraine doch wohl ein (failed) Kunststaat ohne Staatsvolk und ohne Vergangenheit.
Nein, beides ist falsch.
Zitat Ein richtiger Staat wäre unmittelbar nach dem Auftreten dieser banditenartigen Milizen auf der Krim in der Lage gewesen die einzufangen oder zumindest zu vertreiben. Diese Nichtreaktion - noch nicht mal ein Versuch - ist doch wohl eine deutlicher Hinweis auf die Nichtexistenz eines Staates.
Kein rationaler Staatsmann würde leichtfertig einen Krieg beginnen, den er nur verlieren kann. Die Georgier haben 2008 (zurück)geschossen und teuer dafür bezahlt.
Zitat von AldiOn im Beitrag #107Und von Ihnen genannte Staaten wie Slowenien und Kroatien haben in den 90er Jahren nachdrücklich gezeigt, wie "richtige Staaten" mit so einer Situation umgehen. Es war nicht immer wirklich schön aber es hat geklappt (= sie haben ihre territoriale Integrität erhalten).
Slowenien und Kroatien hatten es nicht mit Russland zu tun, sondern mit Serbien. Ein himmelweiter Unterschied
Zitat In der Slowakei, in Tschechien und insbesondere in Polen wird man das genau so sehen und genau so handeln.
Die Tschechoslowakei hat '39 und '68 nicht zurückgeschossen. Aber gut, Dinge ändern sich. Wenn der Westen in der Ukraine nicht einschreitet, werden wir genau das mglw. herausfinden müssen.
Zitat von augustin im Beitrag #108Kein rationaler Staatsmann würde leichtfertig einen Krieg beginnen, den er nur verlieren kann.
Die bislang irregulären (ohne Hoheitskenzeichen) Einheiten auf der Krim zu vertreiben kann kein Kriegsgrund sein. Und wenn die sich zu erkennen geben, kann man ja immer noch zurückzucken. Allerdings kann von "einen Krieg beginnen" in jedem Fall keine Rede sein. Und was soll schon passieren? Maximal doch ein eher kleines Feuergefecht vor Ort.
Es mag sein, daß es Putin um die Krim geht. Eigentlich viel wahrscheinlicher ist aber, daß er mit diesem Kostümfest die Staatlichkeit der Ukraine und die Reaktionen des Westen austesten oder gar beide demütigen will. Diese Vermutung biete sich doch alleine deswegen an, weil dort weder die Bewegungsfreiheit der russichen Einwohner noch der russischen Flotteneinheiten irgendwie eingeschränkt wurden.
Zitat von R.A. im Beitrag #104Ansonsten ist es nicht dubios, wenn ein frei gewähltes Parlament in einer solchen Lage mit deutlicher Mehrheit einen Übergangspräsidenten wählt und sonstige Maßnahmen zur Stabilisierung des Landes trifft.
Verfassungsgemäß kann der Präsident nur direkt gewählt werden und kann sein Amt nur durch Amtsenthebung, Rücktritt oder Tod verlieren. Als Ausland kann man natürlich auch einen Präsidenten anerkennen, der gegen die Verfassung ins Amt gekommen ist. Aber Gschmäckle hat das schon, da man an der Verfassungsgestaltung über den Europarat ideell mitbeteiligt ist.
Zitat von R.A. im Beitrag #105Es ist ein Staat mit einem klaren Staatsvolk (egal welcher Sprache), das sich mit ihrem Staat identifiziert. Es hat eine lange historische Tradition.
Was erst durch die Kommunisten erfunden wurde, kann man nicht Tradition nennen. Das Nationalvolk erstand erst durch russische Kolonisation. Vorher war das fruchtbare und ressourcenreiche Land völlig unterbesiedelt. Slowenien, Kroatien oder die Slowakei sind jeweils viel länger durch eine gemeinsame Geschichte geeint. Abchasien und Ossetien nebenbei bemerkt sogar noch mehr.
Zitat von R.A. im Beitrag #105Es hat nichts mit "richtiger Staat" zu tun, wenn man sich beim überraschenden Überfall der Kommandotruppen einer Großmacht nicht wehren kann. Angesichts der Stärke und Organisation der Invasionstruppen (die eben KEINE "banditenartigen Milizen" sind) hätte eine Gegenwehr der verstreuten ukrainischen Einheiten nur sinnloses Blutvergießen und das Risiko einer Eskalation bedeutet.
Es bedeutet nicht Verzicht auf den "Staat"-Status, wenn man nicht gleich zurückschießt.
Wenn niemand jemals zurückschießt, bedeutet es das aber sehr wohl. Zur Dreielementelehre gehört eben auch die Ausübung von Staatsgewalt. Momentan scheinen diese Truppen auch noch nicht einmal gepanzert zu sein. Mit ukrainischen Waffen müßte das also möglich sein. Aber offenbar ist es nicht möglich mit ukrainischen Truppen, weil deren Zusammenhalt gegen den Gegner nicht getraut werden kann. Und da sind wir wieder beim eigentlichen Problem.
Es gibt ja sogar noch mehr Gründe für meine Einschätzung. Über einen taz-Leserbriefschreiber wurde ich auf The Anon Dog - Neues vom Putsch-Premier, seinen Geldschiebern und Kriegstreibern aufmerksam. Nun ist diese allein von Ihrem Namen The Anon Dog - h4364r's Blog auf allerhöchste Seriösität hinweisende Internetpräsenz ausweislich ihrer Themenliste ein Verbreiter unsinniger bis übler Verschwörungstheorien. Aber auch ein blindes (hier besser: mit sehr engen Scheuklappen versehenes) Huhn findet mal ein Korn und das ist hier der Fall. Es geht um die Bewertung des Hintergrundes des aktuell amtierenden Ministerpräsidenten der Ukraine Arsenij Petrowytsch Jazenjuk. Der Bewertung
Zitat "Die Partnerliste ... ist so großartig, dass ich das erst für üble Nachrede oder Satire hielt ... wenn mir jemand Geld gegeben hätte, um eine möglichst rufschädigende Sponsorenliste für die Stiftung des neuen Premierministers der Ukraine zu machen, hätte ich das so toll nicht hingekriegt."
schließe ich mich natürlich nicht an. Allerdings treffen sich die dortigen Erkenntnisse mit dem was in Arsenij Jazenjuk – Wikipedia berichtet wird. Danach ist Jazenjuk ein langjähriger Lobbyist wenn nicht sogar Handlanger des Westens. Das ist natürlich nicht ehrenrührig aber so einer ist für das Amt des Ministerpäsidenten nicht geeignet, da er ja die Interessen seines Landes nicht vertritt. Das Ganze bestätigt meine Sicht, daß die Ukraine gar kein richtiger Staat ist.
Zitat von Fluminist im Beitrag #106daß ich nicht allein Janukowitsch dafür verantwortlich machen würde,
Alleine bestimmt nicht. Er ist wohl eine ziemlich üble Figur, aber richtige Lichtgestalten laufen da in der ganzen Szene nicht rum. Auch diesem merkwürdigen Abkommen sollte man wohl nicht zu viel Bedeutung beimessen - das war wohl die falsche Maßnahme zum falschen Zeitpunkt. Während das Abkommen verhandelt wurde, bröckelte halt draußen im Lande die Unterstützerbasis für Janukowitsch. Und als ihm das klar wurde, ist er abgehauen.
Der wesentliche Punkt ist eigentlich nur: Wenn ein Parlament feststellt, daß der Präsident plötzlich unbekannt verzogen ist, man aber dringend ein aktionsfähiges und präsentes Staatsoberhaupt braucht - dann muß eben ein Interimspräsident eingesetzt werden. Und das verbunden mit der Ankündigung von Neuwahlen zu Präsident und Parlament ist wohl die einzige vernünftige Option, um mit dem Problem fertig zu werden.
Die Legitimität der ukrainischen Regierung steht daher für mich außer Frage. Im Gegensatz zu der der Krimregierung - denn da lief das wohl durchaus wie ein Putsch ab. D.h. mit Bewaffneten im Parlament (und nicht nur Demonstranten draußen auf den Straßen) und bei den Beschlüssen war auch nur eine kleine Minderheit der Parlamentarier überhaupt noch präsent.
Zitat als Regierung der nationalen Einheit hat sich diese Regierung leider nicht präsentiert, jedenfalls am Anfang; ich denke an die Sache mit der russischen Sprache.
Massiver Fehler - völlig klar. Aber eben nur ein Vorstoß, der zurückgenommen wurde. Und in der Ostukraine hat das wohl auch keine größeren Spuren hinterlassen. Die Wirkung auf der Krim war deswegen so viel größer, weil das gut in Putins Propaganda eingepaßt werden konnte.
Klar ist aber, daß gerade bei einer Orientierung der Ukraine an Westeuropa Minderheitenrechte incl. der Sprachgleichberechtigung ziemlich sicher sind. Während bei einer Orientierung an Rußland alle Minderheiten Probleme befürchten müssen.
Zitat von Emulgator im Beitrag #111Verfassungsgemäß kann der Präsident nur direkt gewählt werden und kann sein Amt nur durch Amtsenthebung, Rücktritt oder Tod verlieren.
Siehe mein Beitrag von eben: Die Flucht Janukowitschs kann eigentlich nur als Rücktritt interpretiert werden. Jedenfalls kann ja wohl nicht erwartet werden, daß die Ukraine jetzt bis zum Ende seiner regulären Amtszeit ohne Präsidenten auskommen muß, weil der bisherige Amtsinhaber geruht irgendwo im Ausland Wohnsitz zu nehmen.
Zitat Was erst durch die Kommunisten erfunden wurde, kann man nicht Tradition nennen.
Die ukrainische Tradition gab es schon lange vor dem Kommunismus. Die Kommunisten haben hier (wie in anderen Fällen) nur anerkannt, was eben Sachstand war.
Zitat Das Nationalvolk erstand erst durch russische Kolonisation.
Nein. Es gab eine slawische Kolonisation, aus der haben sich dann die Ukrainer und die Russen und andere entwickelt.
Zitat Slowenien, Kroatien oder die Slowakei sind jeweils viel länger durch eine gemeinsame Geschichte geeint.
Nein. Nur Kroatien war eine historische Region. Slowenien und die Slowakei gab es nie als eigenständige Völker oder gar Staaten, wie die Ukraine formte sich ihr Nationalbewußtsein im 19. Jahrhundert und ihren Staat bekamen sie nach 1918.
Zitat Zur Dreielementelehre gehört eben auch die Ausübung von Staatsgewalt.
Aber nicht immer und zu jedem Zeitpunkt. Es ist unbestritten, daß die ukrainischen Behörden vor der Invasion die Staatsgewalt mit allen Facetten auch auf der Krim ausgeübt haben. Und es kommt durchaus vor, daß sich Staaten nicht gegen eine Invasion wehren, weil die Übermacht zu groß ist. Siehe beispielsweise 1939 die Tschechei, Dänemark oder Norwegen bei der deutschen Invasion. Deswegen haben sie nicht ihren Anspruch verloren, Staaten zu sein.
Zitat von R.A. im Beitrag #113Massiver Fehler - völlig klar. Aber eben nur ein Vorstoß, der zurückgenommen wurde.
Das "nur" würde ich in Anführungszeichen setzen, denn die Zurücknahme ändert zwar die rechtliche Lage, der Imageschaden bleibt aber. Es ist so wie wenn uns plötzlich unsere Bundesregierung abhanden käme und eine neue Übergangsregierung den Gesetzesvorschlag machte, alle Privatvermögen zu konfiszieren. Wenn sie dann nach ein paar Tagen sagen, es sei nicht so gemeint gewesen, werden sie trotzdem viel Sympathie verloren haben.
Zitat von R.A. im Beitrag #113Die Wirkung auf der Krim war deswegen so viel größer, weil das gut in Putins Propaganda eingepaßt werden konnte.
Klarer Fall, das war eine Steilvorlage, die sich propagandistisch bestens verwerten läßt, ebenso wie die nicht verfassungskonforme Absetzung Janukowitschs (ja, ich sehe Ihren pragmatischen Standpunkt durchaus, aber das Argument "wenn das geht, warum nicht auch..." ist eben nicht von der Hand zu weisen). Deshalb braucht er das Referendum wahrscheinlich nicht einmal zu verfälschen, die Propagandamaschine auf der Krim sorgt schon für das richtige Ergebnis.
Was das Referendum anbelangt, hat übrigens der Postillon wieder einmal den Nagel genau auf den Kopf getroffen (Vorsicht Satire!):
Zitat Separatisten aus den russischen Republiken Tschetschenien, Inguschetien und Dagestan bezeichneten das geplante Referendum als "beste Idee, die Putin jemals hatte". Nun wollen die Bewohner der nordkaukasischen Provinzen am 16. März zeitgleich mit der Krim ebenfalls über ihre Nationalität abstimmen. Der russische Bevölkerungsanteil in den drei Republiken liegt zwischen 0,8 und 3,6 Prozent.
Zitat von Fluminist im Beitrag #115Das "nur" würde ich in Anführungszeichen setzen, denn die Zurücknahme ändert zwar die rechtliche Lage, der Imageschaden bleibt aber.
Akzeptiert.
Zitat Klarer Fall, das war eine Steilvorlage, die sich propagandistisch bestens verwerten läßt, ebenso wie die nicht verfassungskonforme Absetzung Janukowitschs
Richtig. Es wäre auch eine ganz andere Lage, wenn Putin jetzt Druck machen würde, daß Janukowitsch wieder ins Amt kommt. Druck durch Anrufung der internationalen Gremien, vielleicht sogar durch einige Sanktionen. Das wäre ein akzeptables Anliegen, wahrscheinlich müßte die ukrainische Regierung sogar nachgeben und einen Modus vivendi mit ihrem alten Präsidenten finden. Sollte bei baldigen Neuwahlen ja auch alles machbar sein.
Und beim Minderheitenschutz kann Putin auch alles Mögliche fordern (jedenfalls so weit er sich das innenpolitisch trauen kann), auch da würde er beim Westen offenen Türen einrennen.
Aber es geht ihm natürlich überhaupt nicht um die ukrainischen Verfassungsdetails oder das Wohlergehen der russisch-sprachigen Ukrainer. Er will die Annexion, und da sind alle diese für die Krimfrage irrelevanten Sachen nur ein Vorwand.
Zitat von Emulgator im Beitrag #111Verfassungsgemäß kann der Präsident nur direkt gewählt werden und kann sein Amt nur durch Amtsenthebung, Rücktritt oder Tod verlieren.
Siehe mein Beitrag von eben: Die Flucht Janukowitschs kann eigentlich nur als Rücktritt interpretiert werden. Jedenfalls kann ja wohl nicht erwartet werden, daß die Ukraine jetzt bis zum Ende seiner regulären Amtszeit ohne Präsidenten auskommen muß, weil der bisherige Amtsinhaber geruht irgendwo im Ausland Wohnsitz zu nehmen.
Gilt allgemein die Flucht eines Präsidenten als dessen Rücktritt? Eigentlich nicht, sonst wären Exilregierungen grundsätzlich nicht anerkennenswert. Folglich kann die Flucht alleine noch nicht als Rücktritt gewertet werden, sofern der verfassungsmäßige Regierungsrahmen im Exil aufrechterhalten bleibt. Ich kann mit Ihnen, lieber R.A. aber doch noch übereinstimmen, aber dafür muß man listig sein. In der 2004er-Verfassung sah dieser verfassungsmäßige Rahmen für den Präsidenten nämlich nichts vor. Der Präsident konnte keine Regierung einsetzen, also kann man von ihm im Exil auch nicht erwarten, daß er es täte, um seine Ansprüche als Präsident aufrechtzuerhalten. Die neue/alte Präsidialverfassung, die Janokowitsch selber haben wollte, sieht hingegen vor, daß der Präsident den MinPräsident einsetzt. Das ist von Janukowitsch aber nicht geschehen, seit er das Land verlassen hat. Man muß also auf die Janukowitsch-Verfassung pochen um zu begründen, daß genau dieser nicht mehr im Amt ist.
Diese Argumentationsfigur ist übrigens genau die, die Putin anwendet, aber auf die der Westen nicht eingeht. Man kann Putin nur erwischen, indem man sich auf seine Versionen einläßt und sie so auf einen Widerspruch führt. Wenn man nur sagt, Putin würde lügen, steht es Aussage gegen Aussage und Putin kann machen, was er will.
Zitat von R.A. im Beitrag #114Und es kommt durchaus vor, daß sich Staaten nicht gegen eine Invasion wehren, weil die Übermacht zu groß ist. Siehe beispielsweise 1939 die Tschechei, Dänemark oder Norwegen bei der deutschen Invasion. Deswegen haben sie nicht ihren Anspruch verloren, Staaten zu sein.
Es ist ja wohl ein Unterschied ob da ein paar leichtbewaffnete Irreguläre auf den Straßen rumlungern oder ob sie der Invasion einer kampfstarken Armee gegenüberstehen. Norwegen hat sich im übrigen von der ersten Minute (es wurden Schiffe der Invasionsflotte versenkt) und dann auch über längere Zeit militärisch massiv gewehrt. Die Reichswehr hatte in Nordnorwegen einen schweren Stand gegen zu Hilfe gerufene englische Truppen und mußte Fallschirmjägereinheiten in verschneiten Bergen absetzen. Das ging nur deshalb gut, da die Briten sich davonmachten, weil sie plötzlich in Frankreich gebraucht wurden.
Bei den ukrainischen Einheiten auf der Krim dürfte es sich um einen Zusammenbruch der Befehlstruktur handeln. Die höheren Offiziersränge sind übergelaufen oder verschwunden, so daß unten keine Befehle ankommen - so sie denn überhaupt gegeben werden. Und die Unteroffiziers- und Mannschaftsdienstgrade, die man da im Fernsehen sieht (von denen man ja naturgemäß auch keine eigenständigen Maßnahmen erwarten kann) sind sich vermutlich auch uneinig oder erwarten eine Klärung der Situation.
Der Nachweis, daß der Staat existiert muß wenigstens ab und zu gebracht werden. Das schafft die Ukraine genau so wenig wie der Kongo.
Zitat von R.A. im Beitrag #113Der wesentliche Punkt ist eigentlich nur: Wenn ein Parlament feststellt, daß der Präsident plötzlich unbekannt verzogen ist, man aber dringend ein aktionsfähiges und präsentes Staatsoberhaupt braucht - dann muß eben ein Interimspräsident eingesetzt werden. Und das verbunden mit der Ankündigung von Neuwahlen zu Präsident und Parlament ist wohl die einzige vernünftige Option, um mit dem Problem fertig zu werden.
Die Legitimität der ukrainischen Regierung steht daher für mich außer Frage.
Zitat von Frank Böhmert im Beitrag #119Sie zeigen angeblich Rada-Abgeordnete beim Manipulieren der Abstimmungsautomaten.
Die Photos zeigen Abgeordnete beim Bedienen der Abstimmungsautomaten. Ob das eine "Manipulation" im Sinne von illegitimer Benutzung ist, ist völlig offen (genauso offen ist, bei welchen Abstimmungen die Photos gemacht wurden). Stimmübertragung kann je nach Geschäftsordnung durchaus legal sein.
Es gibt jedenfalls eine Menge praktische Gründe, warum ich die Photos eher in Richtung "dümmliche Putin-Propaganda" einordnen würde. Gefälschte Abstimmungszahlen ließen sich mit Einbeziehung der Parlamentsverwaltung nämlich viel leichter und unauffälliger erreichen. Wenn dagegen die Verwaltung nicht einbezogen ist, d.h. wenn die normalen Kontrollmechanismen gegen Mißbrauch gelten, dann müßten die Automaten abwesender Abgeordneter ausgeschaltet sein.
Angesichts der großen Anzahl von "Partei der Regionen"-Abgeordneten, die sich inzwischen öffentlich zur neuen Regierung bekennen, ist die Mehrheit im Parlament auch völlig plausibel - da gäbe es keine Notwendigkeit irgendwelcher Manipulationen.
Solche Twitterbeiträge sind typische Desinformation. Aus dem Kontext gerissene Einzeldetails, ohne nähere Angaben, die eine Überprüfung möglich machen würden. Mit suggerierten Schlußfolgerungen ohne Substanz.
Zitat von R.A. im Beitrag #113Der wesentliche Punkt ist eigentlich nur: Wenn ein Parlament feststellt, daß der Präsident plötzlich unbekannt verzogen ist, man aber dringend ein aktionsfähiges und präsentes Staatsoberhaupt braucht - dann muß eben ein Interimspräsident eingesetzt werden. Und das verbunden mit der Ankündigung von Neuwahlen zu Präsident und Parlament ist wohl die einzige vernünftige Option, um mit dem Problem fertig zu werden.
Zitat Succession and incapacity Upon the death or resignation of the President, the President of the Senate acts as interim president.[8] Alain Poher is the only person to have served in this temporary position twice. The first time was in 1969 after Charles de Gaulle's resignation and a second time in 1974 after Georges Pompidou's death. It is important to note that, in this situation, the President of the Senate became an Interim President of the Republic; they do not become the new President of the Republic as elected and therefore do not have to resign from their position as President of the Senate. In spite of his title as Interim President of the Republic, Poher is regarded in France as a former President and is listed in the presidents' gallery on elysee.fr (the President's official site). This is in contrast to acting presidents from the Third Republic.
Aus Wikipedia
im Fall des Todes und Unfähigkeit das Amt auszuüben (hier also „unbekannt verzogen“) mit irgendwelchen unpraktischen bürokratischen Festlegungen.
Natürlich gibt es auch in einer der letzten Verfassungen der Ukraine einen entsprechenden Artikel:
Zitat Artikel 112 Im Fall des vorzeitigen Ausscheidens des Präsidenten der Ukraine aus seinem Amt gemäß Art. 108, 109, 110 und 111 dieser Verfassung führt der Ministerpräsident der Ukraine dessen Amtsgeschäfte bis zu den Wahlen und der Einsetzung eines neuen Staatspräsidenten der Ukraine weiter. Der Ministerpräsident wird jedoch während dieser Vertretungsphase von der dem Präsidenten der Ukraine in den Unterabschnitten 2, 6, 8, 10, 11, 12, 14, 15, 16, 22, 25 und 27 des Artikels 106 der Verfassung der Ukraine verliehenen Rechten keinen Gebrauch machen.
Interessant ist dabei dies:
Zitat Artikel 106 [Auflistung der Aufgaben des Präsidenten] Der Präsident der Ukraine: ... 16. widerruft Akte des Ministerkabinetts sowie des Ministerrats der Autonomen Republik Krim; ...
Aber wegen der allgemein anerkannten Wirkungen der heroische Revolution der letzten Wochen braucht man sich doch darüber solche Petitessen doch keinen Kopf machen.
SF-Leser Es wäre schön und auch irgendwie praktisch einen Link zur deutschsprachigen Version der Verfassung der Ukraine aus der sie dankenswerterweise zitiert haben, mitzuliefern.
Zitat von AldiOn im Beitrag #123SF-Leser Es wäre schön und auch irgendwie praktisch einen Link zur deutschsprachigen Version der Verfassung der Ukraine aus der sie dankenswerterweise zitiert haben, mitzuliefern.
Zitat von R.A. im Beitrag #114Jedenfalls kann ja wohl nicht erwartet werden, daß die Ukraine jetzt bis zum Ende seiner regulären Amtszeit ohne Präsidenten auskommen muß, weil der bisherige Amtsinhaber geruht irgendwo im Ausland Wohnsitz zu nehmen.
Lieber R.A., das ist jetzt aber nicht Ihr Ernst, oder? Der Präsident wird an Leib und Leben bedroht, seine Residenz wird gestürmt, und innerhalb von Stunden ist ein sehr kreativer Vorgang der Regierungsumbildung und Ernennung eines Ersatzpräsidenten im Gang. Von "Wohnsitz nehmen" kann auf dieser Zeitskala ja wohl noch keine Rede sein. Klar, hätte er nach dem Motto "der Kapitän geht als letzter von Bord" in der Residenz abgewartet und hätte man seinen Kopf auf einer Stange durch Kiew getragen, dann hätte einer verfassungsgemäßen unverzüglichen Neuwahl nichts im Wege gestanden. Das wäre insofern die sauberere Lösung gewesen, und man kann Janukowitsch vorwerfen, durch übertriebene Rücksicht auf seine eigene Person den Verfassungsbruch geradezu erzwungen zu haben.
Ob man die Übergangsregierung nun für legitim hält oder nicht, folgendes scheint mir auf alle Fälle sehr problematisch zu sein:
Zitat von FAZ[Merkel und Tusk] kündigten zugleich an, dass der erste Teil des Assoziierungsabkommens zwischen der Ukraine und der Europäischen Union bereits kommende Woche unterzeichnet werden solle. Die Entscheidung darüber kann es Merkel zufolge beim Rat der EU-Außenminister am Montag in Brüssel geben.
Der EU-Außenministerrat ist gewiß legitimiert, solche Abkommen gutzuheißen, aber die Übergangsregierung der Ukraine überschreitet mit dem Abschließen langfristiger internationaler Verträge doch sicherlich ihr Mandat. Solche schwerwiegenden Richtungsentscheidungen sollten doch einer im ordentlichen demokratischen Verfahren neugewählten Regierung vorbehalten bleiben. Die Aufgabe einer Übergangsregierung kann nur sein, das Land bis zu den Neuwahlen zu verwalten und die notwendigen Schritte zu den Neuwahlen zu unternehmen.
Nachtrag: "Fait accompli" scheint das Schlüsselwort für das Vorgehen in der Ukraine von allen Seiten zu sein.
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