Mit dem russischen Vorgehen auf der Halbinsel Krim ist die Machtpolitik nach Europa zurückgekehrt. Nicht dass sie jemals verschwunden gewesen wäre; sie ist aber von vielen Politikern und Politikbeobachtern in der westlichen Welt verdrängt und verleugnet worden. Russland wurde als Partner und nicht als Rivale angesehen; man glaubte tatsächlich, dass ein postmodernes Zeitalter angebrochen sei, in welchem die klassische Realpolitik keine Rolle mehr spielen würde. Putin hat diese Illusion zerstört, selbst wenn sich die westeuropäischen Diplomaten nichts sehnlicher wünschen, als die möglichst schnelle Rückkehr zur „Normalität" mit Moskau.
Für die Staaten Osteuropas und des Baltikums, die zum Teil selbst über russisch-stämmige Minderheiten verfügen, kann es keine Normalität mit einem Regime geben, das offensiv seinen Macht- und Einflussbereich ausdehnt und dabei völkerrechtliche Normen brutal ignoriert. Die NATO muss hierauf reagieren, will sie keine dauerhafte Spaltung ihrer Mitgliedsstaaten riskieren. Die Hinwendung zur Bündnis- und Landesverteidigung ist jetzt unumgänglich, da lediglich militärische Stärke von der russischen Führung als Abschreckungsmittel ernst genommen wird. In einem vorausschauenden Beitrag, der in der September/Oktober Ausgabe 2008 der ÖMZ unter dem Titel „Russlands Militär heute" erschienen ist, hat bereits Albrecht Rothacher auf die brisante Problematik aufmerksam gemacht. Mit Bezug auf die russische Aufrüstung und die hieraus sich ergebende Konsequenz für die NATO und für die EU schrieb er:
„In jedem Fall verlangt sie eine Verteidigungsstrategie beider in Gestalt eines tief gestaffelten grenznahen konventionellen Abwehrsystems vom Eismeer bis zum Berg Ararat - entlang der Narwa, des Bug und des Pruth (d.h., in etwa des Frontverlaufs vom Spätsommer 1944) - einschließlich der Möglichkeit der Vorwärtsverteidigung. Ein solch aufwendiges Verteidigungssystem bedarf im Ernstfall natürlich auch der Auffüllung durch Reservisten, die ohne die allgemeine Wehrpflicht nicht zu haben sind. Eine weitere Osterweiterung der NATO um die Ukraine und Georgien und nicht zuletzt eine demokratische Revolution in Weißrussland würden für die Sicherheit Gesamteuropas eine entscheidende Verbesserung bringen und mutmaßlich eine ähnliche Einsicht der Sinnlosigkeit einer weiteren Konfrontation mit dem Westen in Moskau auslösen, wie dies dereinst die Hochrüstungspolitik Reagans vermochte."
Hätte man in den westlichen Hauptstädten auf Rothacher gehört, der in seiner oben zitierten Empfehlung die strategischen und taktischen Atomwaffen vergessen hat, stünden wir heute besser dar und es wäre wahrscheinlich erst gar nicht zur gegenwärtigen Eskalation gekommen. Es bleibt zu hoffen, dass der Westen endlich etwas dazu gelernt hat. Ansonsten droht eine weitere Verschärfung der internationalen Lage, die extrem gefährlich werden kann.
Heute ist auf National Review Online (www.nationalreview.com) ein höchst lesenswerter Artikel von John Lenczowski erschienen, der unter dem Titel „Acting on Ukraine“ verschiedene Handlungsoptionen der USA und ihrer Verbündeten gegenüber Russland aufzeigt.
Vielen Dank, das hier "sine ira et studio" diskutieren zu wollen. Ich selber bin dabei mir eine Meinung zu bilden, wie sich unsere Regierungen verhalten und brauche noch diskursive Unterstützung.
Zitat von LenczowskiIt can be argued that the administration’s policy of letting Europe take the lead in encouraging Ukraine to integrate with it economically was wise inasmuch as it avoided sticking an American thumb directly into the Russian eye.
Da wird ein ökonomisches Detail vergessen. Die Ukraine ist eine bankrotte Staatswirtschaft, die tiefe Umstrukturierungen benötigt. Martin Hellman von der Federation of American Scientists zitiert in einem ebenfalls lesenswerten Blogeintrag den ehemaligen US-Botschafter in Moskau, Jack Matlock:
Zitat von Jack MatlockSo what if President Yanukovych had signed the EC association agreement? The money available from the IMF would not have staved off bankruptcy very long and would have required unpopular austerity measures … The upshot would be that, most likely, in a year to 18 months, and maybe even sooner, most Ukrainians would blame the EU and the West for their misery.
Es geht ja nicht darum, Regierungen zu gewinnen, die ihre Haushaltslöcher stopfen müssen, sondern darum, daß das Volk begreift, daß es von freier Marktwirtschaft und Selbstbestimmung mehr hat, als sich für seinen Diktator umbringen oder ausbeuten zu lassen. Das war ja auch die ursprüngliche Rechtfertigung dafür, was man selber davon hat, ausländische Diktatoren zu stürzen.
Zitat von LenczowskiThis policy entails pitting one ethnic or religious group against another — and even inciting pogroms by one ethnic group against another. Examples included pitting Azeris against Armenians, Meskhet Turks against Uzbeks, Abkhazians and South Ossetians against Georgians, Gagauz and Russians against Moldovans, Russians against Estonians, Lithuanians against Poles, and now Russians against Ukrainians and Poles against Ukrainians.
Ist das wirklich so absichtlich, um außenpolitische Ziele zu verfolgen? Die USA haben im Irak sicher keinen Konflikt zwischen den Volksgruppen schüren wollen, aber er war einfach da und wurde sichtbar, als die Frage aufkam, welcher Volksgruppe wohl der nächste Präsident usw. entstammen wird. Bei den baltischen Staaten ist es auch der Europarat, der anmahnt. Was macht man mit Esten, die nur Russisch sprechen und kein Estnisch (die Sprache ist schwer!). Richtiger Irredentismus wird dort keineswegs betrieben.
Zitat von LenczowskiOne thing that no one is talking about, but that needs to be implemented urgently, is a broad-scale informational campaign to counter Moscow’s extraordinary propaganda and perception-management efforts.
Funktioniert nicht. Im Zweifel glaubt jeder doch seiner eigenen Regierung, besonders, wenn kulturell keine breite Tradition vorhanden ist, regierungskritisch zu sein. Die einzige Möglichkeit ist, die Propagandalügen zu entlarven, indem man Tatsachen erzeugt, bei denen der Widerspruch der Lüge mit der realen Welt auffällt. Konkret hätte man Putin glauben sollen, daß die Bewaffneten auf der Krim keine Soldaten von ihm seien, anstatt ihm eine böse Lüge zu unterstellen. Dann hätte man eine blitzschnelle gepanzerte Friedenstruppe losgeschickt und anschließend gesehen, was Putin macht, wenn die Bewaffneten gefangen oder bekämpt werden. Beharrt er auf seiner Lüge, sieht er die gefangenen Soldaten nie wieder (was spätestens deren Angehörigen auffällt). Lenkt er ein, muß er sich bloßstellen. Lügt er wirklich nicht, kann man durch militärische Präsenz viel besser mäßigenden Einfluß auf die ukrainischen Konfliktparteien (insbesondere die Neonazis) ausüben als durch den Abwurf von Geld politischer Stiftungen in dieses korrupte Land. Die Argumentation für einen Eingriff liefert ja Putin selber: Schutz der Minderheiten auf der Krim. Auf der Krim ist die Minderheit nämlich ukrainischsprachig und krimtatarisch, nicht russisch. Prinzipiell hat man ja mittlerweile mit EU Battle Group, EUFOR, Multinationalen Korps, Eurokorps, NATO Response Force usw. ein Dickicht an Stäben und Strukturen. Sie wurden auf dem Papier alle für dieselbe Aufgabe geschaffen, also z.B. schnell in der Ukraine eingreifen zu können. Wirkliche Einheiten mit Soldaten und Gerät sind diesen Stäben aber nicht unterstellt. Das muß immer von Fall zu Fall neu zugewiesen werden. Was fest zugewiesen ist, sind lediglich die Planstellen für die Stabsoffiziere.
Der Analyse, daß Obama permanent falsche Signale gesendet hat, kann ich ansonsten zustimmen. Z.B. mit der symbolischen Entsendung von einem einzigen Kriegsschiff ins Schwarze Meer und einer Handvoll Flugzeugen ins Baltikum hat Obama deutlich gezeigt, daß er militärisch nichts machen wird. Merkel legt sich ja auch schon darauf fest. Gleichzeitig signalisert man mit diesen Symbolen Putin, daß man auch nicht bereit ist, auf seine Anliegen einzugehen. Wenn Putin jetzt nachgeben würde, würde er daheim deswegen als Verlierer dastehen, der sich NATO-Druck beugen mußte. Das wäre schlecht für seine Machtbasis daheim. Also kann er nur weiter auf Konfrontation bleiben. Was Obama und Merkel betreiben, ist effektiv, die Krim Rußland zu schenken. Und nicht nur die Krim. Sind erst die Sanktionen in Kraft, hat der Westen keine Möglichkeiten mehr gegen Russland. Militär will man ja nicht. Also kann Rußland dasselbe noch in Transnistrien und Moldawien durchführen, wenn er mit der Ukraine fertig ist, ohne irgendetwas befürchten zu müssen. Das hätte auch den Vorteil, daß die Eroberung im Westen von den Wirtschaftsschäden daheim ablenken würde.
Momentan bin ich also der Meinung, daß unsere Regierungen außen- und militärpolitisch eine Katastrophe sind. Machiavellis Discorsi hat offenbar keiner gelesen.
Zitat von Emulgator im Beitrag #3Z.B. mit der symbolischen Entsendung von einem einzigen Kriegsschiff ins Schwarze Meer und einer Handvoll Flugzeugen ins Baltikum hat Obama deutlich gezeigt, daß er militärisch nichts machen wird.
Welchen Sinn machen amerikanische Kriegsschiffe im schwarzen Meer? Angesichts modernster Anti-Schiffs-Lenkwaffen auf der Krim. Tomahawk-Marschflugkörper (Reichweite mindestens 1500km) können auch vom Mittelmeer verschossen werden. Das Air Policing der baltischen Staaten wird seit 2004 von Nato-Partnern gemacht, seit Jänner 2014 ist wieder die US Air Force dran, das angesichts der Krise von 4 F-15 auf 10 F-15 ist nicht überraschend. Selbst das ist relativ wenig für die 3 baltischen Staaten. Selbst die schweizer Luftwaffe, mit immerhin 32 F-18 und noch immer einigen F-5, ist nicht in der Lage vor 8 Uhr morgens einen Jet abzufangen. (Da wundert es nicht, dass die malaysische Luftwaffe, die weniger Überschalljets als die Schweiz hat, aber einen Luftraum zu überwachen hat, der mindestens doppelt so groß wie der deutsche ist, nachts nicht in der Lage ist einen Jet abzufangen.)
Bitte denken Sie an die Umwelt bevor Sie diesen Kommentar ausdrucken
Amerikanische Kriegsschiffe, die sich im Schwarzen Meer oder in der Ostsee aufhalten, erfüllen durchaus eine sinnvolle geostrategische Aufgabe. Sie zeigen die Flagge und signalisieren damit sowohl Russland als auch den eigenen Verbündeten, dass man zur Machtprojektion nach wie vor Willens und in der Lage ist. Bereits in den achtziger Jahren hat die U.S. Navy mit einer offensiv ausgerichteten Strategie die Sowjets erfolgreich in Bedrängnis gebracht.
Das Scheitern der bisherigen westlichen Russlandpolitik, die beispielsweise 2008 vergeblich versuchte, mit einem Verzicht auf eine weitere NATO-Osterweiterung in Moskau zu Punkten, stellt heute Thomas Gutschker in einem bemerkenswerten Kommentar für die FAS fest. In dem Beitrag, der unter dem Titel „Die Ukraine gehört in die Nato“ auch auf FAZ.NET kostenlos abrufbar ist, heißt es:
„Putin hat sich nicht an die Spielregeln gehalten. Warum sollte er auch? In seiner Welt leitet sich Stärke nicht aus Regeltreue ab. Es ist genau umgekehrt: Der Starke diktiert die Regeln. Für Putin war das Innehalten der Nato 2008 nicht etwa ein Signal des Entgegenkommens, sondern der Schwäche. Der Westen zuckte vor Moskaus Drohungen zurück. Schön blöd, wer diese Angst nicht für sich ausnutzt. Putin hat es getan.“
Gutschker zieht hieraus die richtige Schlussfolgerung: „Deutschland und die anderen zögerlichen Nato-Staaten – vor allem Frankreich – müssen sich auf die neue Wirklichkeit einstellen. Sie sind jetzt nicht mehr Zuschauer, sondern Akteure im Ringen um die Zukunft der Ukraine. Wenn die sich abermals um den Beitritt zur Nato bemüht, darf sie kein zweites Mal vor den Kopf gestoßen werden.“ Dem ist im Grunde nichts hinzuzufügen.
Zitat von Realist im Beitrag #5Amerikanische Kriegsschiffe, die sich im Schwarzen Meer oder in der Ostsee aufhalten, erfüllen durchaus eine sinnvolle geostrategische Aufgabe. Sie zeigen die Flagge und signalisieren damit sowohl Russland als auch den eigenen Verbündeten, dass man zur Machtprojektion nach wie vor Willens und in der Lage ist.
Das verstehe ich nicht. Das eine Schiff kann gegen die Schwarzmeerflotte überhaupt nichts ausrichten, genau wie die 6 zusätzlichen Flugzeuge. Es ist eher eine Geisel als eine Machtdemonstration. Als Zeichen dafür, daß die USA jeden Moment bereit sind loszuschießen, falls die Lage zu sehr eskaliert ist, kann man es nicht mißverstehen. Was für Putin viel mehr eine Bedrohung wäre, wäre das freundliche Angebot, zusammen mit Rußland eine Friedenstruppe in der Ukraine zu formieren. Dank seiner Propaganda über die Nazis in der Ukraine kann er das nicht ablehnen. Gleichzeitig müßte er seine Pläne mit der Ukraine begraben. Aber dieses Angebot kann man nur machen, solange man mit Putin noch reden will. Vor dieser Möglichkeit ist Putin durch die Kriegsschiff- und Sanktionsdiplomatie jetzt sicher.
Zitat von Realist im Beitrag #5Das Scheitern der bisherigen westlichen Russlandpolitik, die beispielsweise 2008 vergeblich versuchte, mit einem Verzicht auf eine weitere NATO-Osterweiterung in Moskau zu Punkten, stellt heute Thomas Gutschker in einem bemerkenswerten Kommentar für die FAS fest. In dem Beitrag, der unter dem Titel „Die Ukraine gehört in die Nato“ auch auf FAZ.NET kostenlos abrufbar ist, heißt es:
„Putin hat sich nicht an die Spielregeln gehalten. Warum sollte er auch? In seiner Welt leitet sich Stärke nicht aus Regeltreue ab. Es ist genau umgekehrt: Der Starke diktiert die Regeln. Für Putin war das Innehalten der Nato 2008 nicht etwa ein Signal des Entgegenkommens, sondern der Schwäche. Der Westen zuckte vor Moskaus Drohungen zurück. Schön blöd, wer diese Angst nicht für sich ausnutzt. Putin hat es getan.“
Interessant ist, daß Putin genau so auch argumentiert, und zwar mit dem Kosovo. Deswegen wird es keine diplomatische Lösung geben. Eine diplomatische Lösung setzt nämlich voraus, daß man sich ernsthaft mit den Anliegen und den Argumenten der Gegenseite auseinandersetzt. Und natürlich muß die Gegenseite auch offen und ehrlich ihre wirklichen Belange artikulieren können. Das ist nicht der Fall, wenn man meint, geostrategische Ziele zu verfolgen.
Zitat von Realist im Beitrag #5vor allem Frankreich
Tja, wie es aussieht, wird Frankreich in ein paar Monaten zwei neue Hubschrauber- und Landungstruppenträger der Mistral-Klasse an Rußland ausliefern. Diese Schiffe sind nur von offensiven Wert. Und eines der Schiffe soll ausgerechnet den Namen Sewastopol bekommen. Man stelle sich nur vor, was wäre, wenn die Bundeswehr einer Fregatte den Namen Danzig gäbe! Bei der Vertragsunterzeichnung 2008 kurz nach dem Georgienkrieg meinte Sarkozy, Rußland sei ein befreundetes Land und der kalte Krieg sei vorbei. Tatsächlich hat Rußland niemals am Kalten Krieg teilgenommen, das war nur die Sowjetunion mit ihrem Programm der Weltrevolution.
Zitat von Emulgator im Beitrag #6 Was für Putin viel mehr eine Bedrohung wäre, wäre das freundliche Angebot, zusammen mit Rußland eine Friedenstruppe in der Ukraine zu formieren. Dank seiner Propaganda über die Nazis in der Ukraine kann er das nicht ablehnen. Gleichzeitig müßte er seine Pläne mit der Ukraine begraben. Aber dieses Angebot kann man nur machen, solange man mit Putin noch reden will. Vor dieser Möglichkeit ist Putin durch die Kriegsschiff- und Sanktionsdiplomatie jetzt sicher.
Klar. Und der Westen ist nun verantwortlich für alles wozu sich Putin gezwungen sieht. Putin folgt keiner kongruenten Strategie. Seine Propaganda auch nicht. Sie wird den jeweiligen Umständen angepasst. Der Zweck heiligt dabei die Mittel. Nichts und niemand zwingt ihn irgendetwas abzulehnen.
Wie, lieber Emulgator, kann ein Aggressor Teil einer Frieden schaffenden Truppe sein, wenn er doch die Ursache der Kriegsgefahr ist.
Putin ist doch gar nicht an einer diplomatischen Lösung interessiert. Er tut, was er meint tun zu müssen. Gerade weil er die Ukraine nicht als eigenständig ansieht, redet der Westen und sein Russland ständig aneinander vorbei. Die Basis für diplomatische Verhandlungen, aus russischer Sicht, ist das Eingeständnis des Westens an Russland, dass es sich östlich der Grenzen der NATO um das Einflussgebiet Russlands handelt und die dortigen Vorgänge, insbesondere die, welche durch Russland ausgeübt werden, den Westen nichts angehen. Das ist so eine Art Einmischung in die inneren Angelegenheiten Russlands. Diese erstrecken sich ganz klar auf alle Länder die mal Sowjetrepubliken waren und nicht rechtzeitig der NATO beigetreten sind.
Putin braucht nicht nur die Krim, sondern die ganze Ukraine. Sie ist der wichtigste Baustein für seine Eurasische Union. Wenn er den nicht bekommt, kann er das ganze Projekt vergessen. Dann ist auch Weißrussland in Gefahr. Das wohlgemerkt wichtigste Projekt seiner gesamten Amtszeit. Die Krönung sozusagen. Es soll den wiederhergestellten Machtanspruch einer erneuerten Union der (Sowjet-) Republiken symbolisieren. Dafür steht Putin. Für die (teilweise) Revidierung der Niederlage im Kalten Krieg. Seine Geduld ist längst am Ende, nachdem auch Janukowitsch in diesem Sinn versagt hat. Putin nimmt die Angelegenheit der Ukraine jetzt selbst in die Hand. Das Ergebnis ist auf der Krim zu sehen und auch schon weiter nördlich. Für Putin geht es um sein politisches Überleben. Er würde, wenn er müsste, wohl noch viel weiter gehen. Das will niemand in Europa erleben. Deshalb ist ein militärisches Eingreifen der NATO auch sehr unwahrscheinlich. Und er versucht natürlich die Ukraine so einfach wie möglich zu bekommen. Sanktionen und Isolierung ist genau das geeignete Mittel, um es ihm so schwierig wie möglich zu machen. Die Zeit für Freundlichkeiten war schon beendet als er an die Macht kam. Nur hat es eine Zuspitzung gebraucht, um es zweifelsfrei herauszufinden.
Wie ernst es Putin ist und wie fanatisch, er die Situation vermutlich sieht soll dieses Zitat zeigen:
Zitat von http://www.telegraph.co.uk/news/worldnew...in-Donetsk.html"Russia is the only country in the world that is realistically capable of turning the United States into radioactive ash," television presenter Dmitry Kiselyov said on his weekly current affairs show.
Behind him was a backdrop of a mushroom cloud following a nuclear blast.
Kiselyov was named by President Vladimir Putin in December as the head of a new state news agency whose task will be to portray Russia in the best possible light.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #7Putin folgt keiner kongruenten Strategie. Seine Propaganda auch nicht. Sie wird den jeweiligen Umständen angepasst. Der Zweck heiligt dabei die Mittel. Nichts und niemand zwingt ihn irgendetwas abzulehnen.
Und nichts zwingt den Westen, keine Panzer in die Ukraine zu schicken, wenn sie von der ukrainischen Übergangsregierung eingeladen werden. Man kann das auch über UN oder OSZE oder notfalls den Europarat machen. Wie will Putin erklären, daß eine Friedenstruppe unnötig sei, wenn er selber in blutroten Farben die Konflikte dort ausmalt? Ein gewisser roter Faden muß auch in der Propaganda erkennbar sein. Die einfachen Russen sind ja auch nicht doof. Propaganda soll ja nicht als solche erkennbar sein, um wirksam zu sein. Tatsächlich wollten von alters her schon selbst mächtigste Autokraten noch den Anschein der Treue wahren:
Zitat von Machiavelli, Discorsi, 2. Buch 9Diese [d.h. Hannibals] Art Kriege anzufangen, war immer unter den Mächtigen gebräuchlich, welche auf Treu und Glauben und die Meinung der Welt einige Rücksicht nahmen. Will ich mit dem Fürsten Krieg anfangen, und es bestehen zwischen uns seit langer Zeit gehaltene Verträge, so werde ich mich ganz anders rechtfertigen und meine Handlungsweise beschönigen können, wenn ich einen seiner Verbündeten angreife, als wenn ich ihn selbst angreife. Greife ich aber den Freund des Fürsten an, so weiß ich, daß der Fürst entweder aufgebracht wird, und dann habe ich meine Absicht, Krieg mit ihm zu bekommen, erreicht, oder er wird nicht darüber aufgebracht, und dann entdeckt sich seine Schwäche oder Treulosigkeit, da er seinen Schutzbefohlenen nicht verteidigt. Beides muß seinem Ansehen schaden und meine Pläne erleichtern.
Putin versteht die Situationen zu nutzen. Er hat seinen Machiavelli gelesen. Außerdem richtet er seine Argumentationen primär an das russische Publikum. Haben Sie seine Pressekonferenz vom 04.03.2014 verfolgt? Es sollte über die Ukraine gehen. Aber er spricht aus eigenem Antrieb sehr lange über Dinge, die damit nicht viel zu tun haben: Daß ein ukrainischer Oligarch noch verschlagener sei als der schlimmste, reichste russische Oligarch, indem er ihn übers Ohr gehauen hat. Er spricht über Kosovo und Libyen. Da spricht doch ein zutiefst verbitterter und beleidigter Charakter! Aber wie geht man mit so einem Menschen um? Jedenfalls belohnt man ihn nicht für sein Beleidigtsein, indem man ihm Zugeständnisse macht, um die er nicht gebeten hat, und hält ihn gleichzeitig weiter beleidigt, indem man seine offen geäußerten Anliegen übergeht. Man muß sehen, wie man aus seinen Anliegen Profit für sich selber erreicht.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #7Wie, lieber Emulgator, kann ein Aggressor Teil einer Frieden schaffenden Truppe sein, wenn er doch die Ursache der Kriegsgefahr ist.
Das ist vielleicht ein Unterschied zwischen NATO-Friedenstruppen und russischen (und z.T. französischen) Friedenstruppen. Schon bei den früheren russischen Friedenstruppen, die sich ab 1993 in diversen ehemalien Sowjetrepubliken (Tadschikistan, Abchasien, Georgien, Armenien) eingenistet haben, wurden russische Regierungsinteressen verfolgt. Dazu gehörte Parteinahme und der Gebrauch von Waffen mindestens zur Drohung. Allen war das klar. Der Westen hat das anders gemacht. Sie wollten als benevolenter unparteiischer Friedensstifter auftreten. Nur leider ist jede Friedenstruppe zwangsläufig eine Konfliktpartei, nämlich für denjenigen, der den Krieg weniger fürchtet als die gegenwärtigen Machtverhältnisse. Der fühlt sich durch die Friedenstruppe angegriffen. Am Ende konnten wir sehen, daß die unparteiischen Friedenstruppen doch Partei gegen jemanden ergriffen haben. In Somalia war es Aidid, später war es Serbien.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #7Gerade weil er die Ukraine nicht als eigenständig ansieht, redet der Westen und sein Russland ständig aneinander vorbei.
Wo sagt er, daß er die Ukraine nicht als eigenständig ansehe? Das unterstellen ihm unsere Zeitungskolumnisten und Politiker, und entsprechend zielen die Reden darauf ab, Putin möge die Eigenständigkeit der Ukraine wahren. Der wiederum versteht den Begriff "Eigenständigkeit" als typisch diplomatischer Euphemismus für Westbindung. Und so redet man tatsächlich aneinander vorbei. Mich erschreckt, daß unsere Regierungen das nicht kapieren und nicht verstehen, daß so Tote kommen müssen. Wiederum Machiavelli: Wer Krieg will, bekommt ihn auch.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #7Die Basis für diplomatische Verhandlungen, aus russischer Sicht, ist das Eingeständnis des Westens an Russland, dass es sich östlich der Grenzen der NATO um das Einflussgebiet Russlands handelt und die dortigen Vorgänge, insbesondere die, welche durch Russland ausgeübt werden, den Westen nichts angehen. Das ist so eine Art Einmischung in die inneren Angelegenheiten Russlands. Diese erstrecken sich ganz klar auf alle Länder die mal Sowjetrepubliken waren und nicht rechtzeitig der NATO beigetreten sind.
Wo spricht er über dieses ungelegt Ei? Die breite Masse in der Ukraine will doch gar keinen NATO Beitritt. Es ging jetzt nur um eine EU-Assoziierung. Da kann man auch fragen, ob es weise ist, daß sich die Ukraine zwischen der EU und Rußland entscheiden muß, wenn die Wirtschaft geteilt ist in eine Hälfte, für die Rußland wichtig ist, und eine Hälfte, für die Europa wichtig ist. Allerdings sieht es schon so aus, daß die USA ein eigenes Interesse an den EU-Abkommen verfolgen. In den 90ern haben die USA ja schon mal gedrängt, die Türkei aufzunehmen. Ob das so gut ist? Soll ein europäisches Pärchen heiraten, weil der Onkel aus Amerika es dazu drängt? Da bin ich auch kritisch mit unseren Regierungen. Zumal die NSA-Affäre ja noch nicht vorbei ist. Außerdem ist es doch höchst blauäugig zu glauben, Putin würde sich keine Sorgen machen, wenn ein Militärbündnis an ihn heranwächst, das dafür bekannt ist, gerne auch gegen seinen Willen Diktatoren zu stürzen.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #7Dann ist auch Weißrussland in Gefahr.
Warum sollte das so sein? Für Weißrußland und die Ukraine haben sich Rußland und die Westmächte als Garantiemächte erklärt. Nur die Westmächte sind im Fall der Ukraine nicht treu dazu. Lektion für Nordkorea und Iran: Atomwaffen erwerben und niemals abgeben!
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #7Für Putin geht es um sein politisches Überleben. Er würde, wenn er müsste, wohl noch viel weiter gehen. Das will niemand in Europa erleben. Deshalb ist ein militärisches Eingreifen der NATO auch sehr unwahrscheinlich.[...] Sanktionen und Isolierung ist genau das geeignete Mittel, um es ihm so schwierig wie möglich zu machen.
Sanktionen und Isolierung muß und kann er aussitzen. Die Sanktionen treffen nicht ihn selber. Sie treffen aber die NATO, denn im Sicherheitsrat wird künftig Fundamentalopposition betrieben werden. Der Iran bekommt also seine Atomwaffen. Würde Putin Sanktionen oder Apellen nachgeben, verliert er sein Gesicht als starker Mann. Das würde sein politisches Überleben kosten. Sind Sanktionen und Isolierung erstmal da, braucht er sogar nichts mehr zu fürchten, weil dann der Westen keine Mittel mehr hat. Krieg will ja keiner. Danach kommt noch Moldawien an die Reihe. Dann spricht auch nichts gegen ein paar Kilometer mehr an Ostseeküste. Vielleicht bei der nächsten Gelegenheit, wenn der NATO-Wanderzirkus ein neues benevolentes Gastspiel in Asien oder Afrika gibt. Wenn die Sanktionen bei den Russen wirken, kann er mit einem Krieg gut von den Wirtschaftsproblemen ablenken.
Insgesamt betrachtet machen unsere Regierungen momentan ganz, ganz viel kaputt. Man muß Putin zeigen, daß er die NATO militärisch ernst nehmen muß und gleichzeitig ihm eine Brücke bauen. Das wäre wie die bewährte Doppelstrategie aus den 80ern. Was unsere Regierungen jetzt machen, ist einen Doppelbeschluß zu fassen, hinterher aber doch nicht Diplomatie zu betreiben und auch keine Nachrüstung, weil ja so viele Pazifisten gegen Krieg sind.
Wieso sollte man Putin ausgerechnet jetzt eine „goldene Brücke“ bauen, wo er selbst gerade dabei ist, alle Brücken zum Westen abzubauen? Der NATO-Doppelbeschluss wurde im übrigen von der Sowjetunion auch abgelehnt. Erst die Politik der Stärke, wie sie von Ronald Reagan in der ersten Hälfte der achtziger Jahre vorangetrieben wurde, brachte die sowjetische Führung an den Verhandlungstisch und schließlich zum einlenken. Und Putin ist nicht Gorbatschow, den er wohl eher als Schwächling und Versager betrachtet.
Eine wettbewerbsorientierte Strategie, welche die eigenen Stärken nutzt und die Schwächen von Russland ausnutzt, ist noch am besten geeignet, um Putin klar zu machen, dass seine offensive Politik mit sehr hohen Kosten verbunden sein wird, die er sich letztlich nicht leisten kann. Genau das war der erfolgreiche Ansatz von Andrew Marshall, der wesentlich dazu beigetragen hat, den Kalten Krieg zu gewinnen.
Zitat von Realist im Beitrag #10Wieso sollte man Putin ausgerechnet jetzt eine „goldene Brücke“ bauen, wo er selbst gerade dabei ist, alle Brücken zum Westen abzubauen?
Grundsätzlich ist das Völkerrecht ja ein genossenschaftliches Recht gleicher Rechtssubjekte. Man kann Ansprüche im Rahmen dieses Rechts also nicht durch Gerichte und Polizeivollzugsorgane durchsetzen. Insofern stellt sich auch nicht so akut die Frage, ob Ansprüche wirklich gerechtfertigt sind. Fordert ein Staat etwas von einem anderen Staat, muß er ihm wenigstens die Aussicht eines Profits geben, warum er auf die Forderung eingehen soll, und sei es eine Aussicht, die nur sein Volk zu glauben braucht. Das ist Diplomatie, das ist der Bau einer Brücke. Nur in diesem Rahmen haben Auflagen und diplomatischer Druck immer funktioniert. Z.B. die Auflagen an die Türkei als Gegenleistung zum in Aussicht gestellten EU-Beitritt. Aber ich bin mir nicht sicher, ob sich in unseren Regierungen jemand dessen bewußt ist. An Rußland sind die Forderungen immer mehr geworden und es wurde immer weniger Profit für die russische Regierung sichtbar. Beispiel Wirtschaftsreformen, Syrien, Iran, Irak, Sudan, Libyen, Kosovo, Georgien, Pussy Riot, Homosexuelle, Pressefreiheit, Menschenrechte, Tschetschenien, Kadetrinne, usw.
Zitat von Realist im Beitrag #10Eine wettbewerbsorientierte Strategie, welche die eigenen Stärken nutzt und die Schwächen von Russland ausnutzt, ist noch am besten geeignet, um Putin klar zu machen, dass seine offensive Politik mit sehr hohen Kosten verbunden sein wird, die er sich letztlich nicht leisten kann.
Wirtschaftssanktionen sind nicht wettbewerbsorientiert, weil heimischen Wirtschaftssubjekten verboten wird, mit Wirtschaftssubjekten des Ziellandes Geschäfte zu machen, die im Wettbewerb besser als andere sind. Grundsätzlich kann man es ja als ein Naturrecht jedes Menschen ansehen, mit jedem anderen Handel treiben zu dürfen; auch bei Juden zu kaufen usw.. Was geht mich und meinen Geschäftspartner die Streiterei irgendwelcher Regierungen an, die doch eigentlich berufen sind, einen gedeihlichen Rechtsrahmen für unsere Geschäfte zu gewährleisten?
Zitat von Realist im Beitrag #10Genau das war der erfolgreiche Ansatz von Andrew Marshall, der wesentlich dazu beigetragen hat, den Kalten Krieg zu gewinnen.
Die NATO hat nicht den Kalten Krieg gewonnen. Krieg hat ja das Ziel, einem anderen Staat den eigenen Willen aufzuzwingen. Einen Krieg hat man gewonnen, wenn letzteres gelungen ist. Das ist der NATO aber nicht gelungen, denn welchen Willen hat sie durchgesetzt? Strittig war ja das weltrevolutionäre Programm der Sowjetunion. Die Sowjetunion hat nun die Breschnew-Doktrin aufgegeben und damit a forteriori auch das Weltrevolutionsprogramms. Das tat sie aber nicht aus Angst vor der NATO, sondern damit die kommunistischen Betonköpfe in den Satellitenstaaten ebenso mutig "subsidiäre" Reformen beginnen, wie es Gorbatschow wollte. Die Angst der Satellitenstaaten vor einem sowjetischen Einmarsch wie 1968 oder 1953 hat dort alle Reformbestrebungen gelähmt, siehe Honecker. Sie tat es also, um ihrerseits ein Ziel durchzusetzen, und das ist ihr ja auch im Fall der DDR gelungen. Es lag in der Natur der Sache, daß die Sowjetunion solche Reformen nicht anordnen konnte, weil Ziel der Reformen ja ein subsidiäreres Wirtschaftssystem --aber im Rahmen des Sozialismus-- sein sollte. Hier sollte man sich auch erinnern, daß der Kalte Krieg ja kein richtiger Krieg war, sondern nur eine gespannte diplomatische Auseinandersetzung. In diplomatischen Auseinandersetzungen --s.o.-- muß man dem anderen ein Geschäft anbieten, so daß sich keiner unterwerfen muß, denn sonst hätte man ja dasselbe wie im Krieg, und er würde sofort ausbrechen.
Übrigens hat die Sowjetunion die ganze Zeit über munter mit dem Westen Handel treiben können. Beim Afghanistaneinmarsch haben die USA kurz ihre Getreideexporte gedrosselt. Sonst ist nichts passiert. Diese marktfeindlichen Wirtschaftssanktionen sind erst später groß in Mode gekommen.
Zitat von Emulgator im Beitrag #6Das eine Schiff kann gegen die Schwarzmeerflotte überhaupt nichts ausrichten, genau wie die 6 zusätzlichen Flugzeuge.
Die Schwarzmeerflotte ist veraltet. Ein moderner Zerstörer der Burke-Klasse ist da schon mehr als ein Zeichen, vielleicht schwimmt da auch eine Unterwasserkomponente mit, dagegen hätten die Russen relativ wenig anzubieten. Aber Sie haben schon recht, ein Schiff, egal wie toll und modern macht militärisch wenig Sinn. Die Britten haben anno 1982 modernste Zerstörer verloren wie die Fliegen.
Zitat Tja, wie es aussieht, wird Frankreich in ein paar Monaten zwei neue Hubschrauber- und Landungstruppenträger der Mistral-Klasse an Rußland ausliefern. Diese Schiffe sind nur von offensiven Wert.
Außer gegen einen Gegner mit einer Marine oder Luftwaffe. Abwehrbewaffnung tragen die französischen Schiffe nämlich so gut wie gar nicht.
Bitte denken Sie an die Umwelt bevor Sie diesen Kommentar ausdrucken
Zitat von Emulgator im Beitrag #6Das eine Schiff kann gegen die Schwarzmeerflotte überhaupt nichts ausrichten, genau wie die 6 zusätzlichen Flugzeuge.
vielleicht schwimmt da auch eine Unterwasserkomponente mit, dagegen hätten die Russen relativ wenig anzubieten.
Amerikanische Uboote und Flugzeugträger können nicht ins Schwarze Meer wegen des Abkommens von Montreux (1936). Aber eine Frage am Rande: Als die Nichtrussischen Nichtsoldaten in der Einfahrt zum Hafen von Sewastopol ein altes russisches Kriegsschiff versenkten, um die ukrainische Schwarzmeerflotte zu blockieren, haben sie da nicht auch ihren eigenen Hafen lahmgelegt? Man findet dazu nichts. Aber es heißt, daß die ukrainischen Schiffe in Sewastopol gewöhnlich Bord an Bord zu den russischen liegen.
Zitat von Emulgator im Beitrag #6Das eine Schiff kann gegen die Schwarzmeerflotte überhaupt nichts ausrichten, genau wie die 6 zusätzlichen Flugzeuge.
vielleicht schwimmt da auch eine Unterwasserkomponente mit, dagegen hätten die Russen relativ wenig anzubieten.
Amerikanische Uboote und Flugzeugträger können nicht ins Schwarze Meer wegen des Abkommens von Montreux (1936).
Ein Flugzeugträger kann sich unmöglich durch den Bosporus schummeln, die Frage ist, ob es für ein U-Boot möglich ist, getaucht durch den Bosporus zu fahren.
Bitte denken Sie an die Umwelt bevor Sie diesen Kommentar ausdrucken
Zitat von xanopos im Beitrag #14Ein Flugzeugträger kann sich unmöglich durch den Bosporus schummeln, die Frage ist, ob es für ein U-Boot möglich ist, getaucht durch den Bosporus zu fahren.
Unsereins würde ja zumindest bezweifeln, daß dies klandestin & unverbucht vonstatten ginge, auch wenn vielleicht hinten kein Vortriebsquirl rotiert. Infraschall trägt unterwasser erstaunlich weit. Aber vielleicht liegt bei dieser Annahme auch ein Fall von Schädigung durch US-imperialistischen Kalte=Kriegs=Kintopp vor?
Der KGB-Offizier, den Sean Connery als litauischer KaLeu, der die Liebe des Mutterlandes des Sozialismus nicht erwidert, zu Beginn des Streifens in die Ewigen Jagdgründe (so nennen das doch die Roten Brüder?) befördert, heißt übrigens ... wait for it ... Putin.
Strittig war keineswegs nur das "weltrevolutionäre Programm" der Sowjetunion. Es handelte sich beim Ost-West-Konflikt ja nicht nur um einen ideologischen, sondern eben auch um einen machtpolitischen Konflikt. Bei solchen Auseinandersetzungen gibt es immer Gewinner und Verlierer, wenn es sich auch meistens nur um relative Gewinne und Verluste handelt. In diesem machtpolitischen Kontext ist es kaum zu bestreitten, dass der Westen gewonnen und der Ostblock verloren hat. Putin ist sich dieser Tatsache voll bewusst, was sich etwa in seiner Äußerung von der größten geopolitischen Katastrophe des 20. Jahrhunderts widerspiegelt, womit er den Untergang des sowjetischen Imperiums meint.
Wenn ich von „wettbewerbsorientierten Strategien“ spreche, meine ich damit den Wettbewerb zwischen Großmächten und nicht den zwischen Firmen. Während des Kalten Krieges gab es gerade im den Bereichen der Hochtechnologie und der Rüstungsindustrie Handels- und Ausfuhrbeschränkungen, die strategisch notwendig waren. Betrachtet man den enormen technologischen Rückstand, den Moskau trotz aller Anstrengungen nie kompensieren konnte, waren sie erfolgreich und leisteten einen nicht unerheblichen Beitrag zum Ende des Kalten Krieges.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #7Putin folgt keiner kongruenten Strategie. Seine Propaganda auch nicht. Sie wird den jeweiligen Umständen angepasst. Der Zweck heiligt dabei die Mittel. Nichts und niemand zwingt ihn irgendetwas abzulehnen.
Und nichts zwingt den Westen, keine Panzer in die Ukraine zu schicken, wenn sie von der ukrainischen Übergangsregierung eingeladen werden. Man kann das auch über UN oder OSZE oder notfalls den Europarat machen.
Wie berechenbar ist Wladimir Putin denn noch? Macht seine Eurasische Union, welche nichts weiter als ein neuer Anlauf für ein längst gescheitertes Konzept ist, irgendeinen wirtschaftspolitischen Sinn? Handelt es sich nicht vielmehr um machtpolitische Symbolik eines Fanatikers? Über die UNO geht es nicht (Russland ist Vetomacht im Sicherheitsrat) und die OSZE ist gespalten: http://www.nzz.ch/nzzas/nzz-am-sonntag/u...mann-1.18264009
Zitat von Emulgator im Beitrag #9Wo sagt er, daß er die Ukraine nicht als eigenständig ansehe? Das unterstellen ihm unsere Zeitungskolumnisten und Politiker, und entsprechend zielen die Reden darauf ab, Putin möge die Eigenständigkeit der Ukraine wahren. Der wiederum versteht den Begriff "Eigenständigkeit" als typisch diplomatischer Euphemismus für Westbindung. Und so redet man tatsächlich aneinander vorbei. Mich erschreckt, daß unsere Regierungen das nicht kapieren und nicht verstehen, daß so Tote kommen müssen. Wiederum Machiavelli: Wer Krieg will, bekommt ihn auch.
Von mir aus hat Putin eine andere Definition für "Eigenständigkeit". Möglicherweise ist für Putin nur das Land eigenständig, welches fähig ist Russland in radioaktive Asche zu verwandeln. Ich bleibe trotzdem bei meiner Definition und nach dieser, zeigt mir Putins Handeln, welches allein zählt, dass er eben die Eigenständigkeit der Ukraine nicht anerkennt.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #7Die Basis für diplomatische Verhandlungen, aus russischer Sicht, ist das Eingeständnis des Westens an Russland, dass es sich östlich der Grenzen der NATO um das Einflussgebiet Russlands handelt und die dortigen Vorgänge, insbesondere die, welche durch Russland ausgeübt werden, den Westen nichts angehen. Das ist so eine Art Einmischung in die inneren Angelegenheiten Russlands. Diese erstrecken sich ganz klar auf alle Länder die mal Sowjetrepubliken waren und nicht rechtzeitig der NATO beigetreten sind.
Zitat von Emulgator im Beitrag #9Wo spricht er über dieses ungelegt Ei?
Haben Sie wirklich noch nichts von der russischen Militärdoktrin des "Nahen Auslands" gehört? Putin gibt gibt ihr ein Gesicht. http://de.wikipedia.org/wiki/Nahes_Ausland
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #7Dann ist auch Weißrussland in Gefahr.
Zitat von Emulgator im Beitrag #9Warum sollte das so sein? Für Weißrußland und die Ukraine haben sich Rußland und die Westmächte als Garantiemächte erklärt. Nur die Westmächte sind im Fall der Ukraine nicht treu dazu. Lektion für Nordkorea und Iran: Atomwaffen erwerben und niemals abgeben!
Garantiemächte? Wofür? Mit "Weißrussland in Gefahr" meine ich die theoretische Möglichkeit von Tendenzen in der dortigen Bevölkerung sich ähnlich wie die Ukrainer in Richtung Europa zu orientieren.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #7Für Putin geht es um sein politisches Überleben. Er würde, wenn er müsste, wohl noch viel weiter gehen. Das will niemand in Europa erleben. Deshalb ist ein militärisches Eingreifen der NATO auch sehr unwahrscheinlich.[...] Sanktionen und Isolierung ist genau das geeignete Mittel, um es ihm so schwierig wie möglich zu machen.
Zitat von Emulgator im Beitrag #9Sanktionen und Isolierung muß und kann er aussitzen. Die Sanktionen treffen nicht ihn selber. Sie treffen aber die NATO, denn im Sicherheitsrat wird künftig Fundamentalopposition betrieben werden. Der Iran bekommt also seine Atomwaffen. Würde Putin Sanktionen oder Apellen nachgeben, verliert er sein Gesicht als starker Mann. Das würde sein politisches Überleben kosten. Sind Sanktionen und Isolierung erstmal da, braucht er sogar nichts mehr zu fürchten, weil dann der Westen keine Mittel mehr hat. Krieg will ja keiner. Danach kommt noch Moldawien an die Reihe. Dann spricht auch nichts gegen ein paar Kilometer mehr an Ostseeküste. Vielleicht bei der nächsten Gelegenheit, wenn der NATO-Wanderzirkus ein neues benevolentes Gastspiel in Asien oder Afrika gibt. Wenn die Sanktionen bei den Russen wirken, kann er mit einem Krieg gut von den Wirtschaftsproblemen ablenken.
Insgesamt betrachtet machen unsere Regierungen momentan ganz, ganz viel kaputt. Man muß Putin zeigen, daß er die NATO militärisch ernst nehmen muß und gleichzeitig ihm eine Brücke bauen. Das wäre wie die bewährte Doppelstrategie aus den 80ern. Was unsere Regierungen jetzt machen, ist einen Doppelbeschluß zu fassen, hinterher aber doch nicht Diplomatie zu betreiben und auch keine Nachrüstung, weil ja so viele Pazifisten gegen Krieg sind.
Die Macht Europas und des Westens besteht in wirtschaftlicher Hinsicht. Gegen diese ist Russland ein Zwerg. Und genau hier wird angesetzt. Europa und die NATO wären von allen guten Geistern verlassen, Russland militärisch herauszufordern.
Es wird wohl leider nicht ausreichen, lediglich ökonomisch und diploomatisch auf die russische Herausforderung zu reagieren. Auch die militärische Dimension muss berücksichtigt werden, worauf heute Job C. Henning und William Courtney in einem Beitrag auf der Homepage von „The National Interest“ aufmerksam gemacht haben. Unter dem Titel „Don't Just Sanction Russia, Deter It” arbeiten die beiden Autoren die Notwendigkeit für militärische Gegenmaßnahmen heraus.
Sie schreiben: „The initial Western response to Russian aggression in Crimea has emphasized diplomacy and economic measures, and a temporary show of military support to North Atlantic Treaty Organization (NATO) allies bordering on the former Soviet Union. With Russian forces now occupying some positions in the southern mainland and massing on Ukraine’s eastern border, stronger -- and permanent -- US and NATO defense measures are required to deter Russian aggression and raise its costs.”
Zitat von Realist im Beitrag #18Unter dem Titel „Don't Just Sanction Russia, Deter It” arbeiten die beiden Autoren die Notwendigkeit für militärische Gegenmaßnahmen heraus.
Ist es wieder so weit? Liegt der letzte Weltkrieg schon wieder zu lange zurück?
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat) Je länger das Dritte Reich tot ist, um so stärker wird der Widerstand gegen Hitler und die Seinen. (Johannes Gross)
Zitat von Realist im Beitrag #18Unter dem Titel „Don't Just Sanction Russia, Deter It” arbeiten die beiden Autoren die Notwendigkeit für militärische Gegenmaßnahmen heraus.
Ist es wieder so weit? Liegt der letzte Weltkrieg schon wieder zu lange zurück?
Meinen Sie den, den Ronald Reagan ~1982 vom Zaun gebrochen hat? (und das, wo ihn doch 450.000 Deutsche im Bonner Hofgarten bekniet haben, das Zündeln zu lassen.) Pas de chance - nicht mit unseren Cunctatoren, die schon im Vorfeld klarstellen, daß nur "Sanktionen" in Frage kommen, die a) garantiert nichts bewirken, b) ebenso garantiert nichts kosten, & c) niemanden im Kreml ärgern könnten. Und einem Hilfsgärtner, der im Weißen Haus den Chefsessel vorwärmen darf, bis die Amerikaner mal wieder Zeit haben, sich einen richtigen Präsidenten zu wählen. Unserer außenpolitischen Laienspielschar bleibt nur, um die Ukraine ein schönes Bändchen zu binden & sie als Morgengabe zu überreichen. Über die Farbe des Schleifchens wird 2014-4 - 2019-6 ganz handfest gestritten werden.
"Auswärtiges Amt @AuswaertigesAmt ·1 Std. #Steinmeier in Brüssel: Sind Beratungen über #OSZE-Mission i.d.#Ukraine heute erfolgreich, kann Arbeit an Deeskalation d. Konflikts beginnen"
"Deeskalation"... Auf welchem Planeten leben die eigentlich?
Zitat von Realist im Beitrag #18Unter dem Titel „Don't Just Sanction Russia, Deter It” arbeiten die beiden Autoren die Notwendigkeit für militärische Gegenmaßnahmen heraus.
Ist es wieder so weit? Liegt der letzte Weltkrieg schon wieder zu lange zurück?
Den hätte es aber doch einige Jahre später sogar dann gegeben, wenn der böse Mann aus Braunau nicht in Deutschland gezündelt hätte und die Deutschen als treue Verbündete des Westens zusammen mit diesem einem Einmarsch Stalins in Finland und dem Baltikum (1940), Rumänien (1941) und Polen nicht militärisch begegnet wäre. Irgendwie ein schlechtes Beispiel, finde ich. Manchmal wünschte ich mir, die Gruppe um Hammerstein-Equord und Witzleben hätten schon 1934 Erfolg gehabt und die Roten hätten sich richtig outen müssen... dann denke ich aber wieder, dass sie dann bestimmt als Verräter hingestellt würden und sich auch wieder nichts geändert hätte...
Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #20Meinen Sie den, den Ronald Reagan ~1982 vom Zaun gebrochen hat?
Es gibt schon noch einen kleinen Unterschied zwischen Selbstverteidigung und Wahrung von Interessen im Ausland.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat) Je länger das Dritte Reich tot ist, um so stärker wird der Widerstand gegen Hitler und die Seinen. (Johannes Gross)
http://www.spiegel.de/politik/ausland/uk...s-a-959314.html ______________ "Putin nannte das Krim-Referendum über einen Anschluss an Russland "überzeugend". Es sei demokratisch und im Einklang mit internationalem Recht abgelaufen." ______________
PS: http://www.n-tv.de/politik/13-04-Putin-u...le12469716.html "+++ 12:39 Putin wendet sich an deutsches und US-Volk +++ Putin dankt China, das die Situation in der Ukraine und auf der Krim in ganzer Komplexität erkennt. Er dankt auch Indien für seine Neutralität. Dann wendet er sich an das Volk der USA, dem seit der Staatsgründung Freiheit über alles geht. Er erinnert an den Beitrag Russlands zur Wiedervereinigung in Deutschland. Nun solle der Westen auch die "Wiederherstellung der Einheit" in Russland akzeptieren, sagt er. "Ich bin mir sicher, dass die Deutschen uns unterstützen werden bei der Wiedervereinigung.""
Zitat von Realist im Beitrag #16Strittig war keineswegs nur das "weltrevolutionäre Programm" der Sowjetunion. Es handelte sich beim Ost-West-Konflikt ja nicht nur um einen ideologischen, sondern eben auch um einen machtpolitischen Konflikt. Bei solchen Auseinandersetzungen gibt es immer Gewinner und Verlierer, wenn es sich auch meistens nur um relative Gewinne und Verluste handelt.
Macht wozu? Jede Regierung hat ihre Interessen, und jedes Volk hat seine Interessen. Es geht darum, diese Interessen zu befriedigen. Wenn das auf dem Wege friedlichen Handelns gelingt, dann wird dieser Weg gewählt. Hat das Volk den Eindruck, daß seine Interessen hinreichend gut durch seine Regierung verfolgt werden, dann bleibt es im Land ruhig, selbst wenn ein Diktator herrscht. Sie haben wohl die Meinung von Max Weber im Hinterkopf. Weber kann ich in vielen seiner Spekulationen nicht folgen. Eine ökonomische Motivation politischen Handelns erscheint mir nachvollziehbarer und präziser als die Postulation eines nebulösen Begriffs für Macht, die irgendwie ein Selbstzweck in der Politik sei.
Zitat von Realist im Beitrag #16In diesem machtpolitischen Kontext ist es kaum zu bestreitten, dass der Westen gewonnen und der Ostblock verloren hat. Putin ist sich dieser Tatsache voll bewusst, was sich etwa in seiner Äußerung von der größten geopolitischen Katastrophe des 20. Jahrhunderts widerspiegelt, womit er den Untergang des sowjetischen Imperiums meint.
Das hat der Westen Rußland spüren lassen, daß mit der Niederlage der Sowjetunion Rußland verloren habe. Das ist historisch falsch gewesen und politisch unklug. Historisch hat Rußland die Sowjetunion besiegt, nämlich als das russische Volk sich mit Jelzin im Augustputsch gegen die sowjetischen Generäle und Parteibetonköpfe gestellt hat. Das war nicht die NATO. Im Westen hängen Linke und Rechte gerne diesem Irrtum an. Rechte, um sich als Sieger zu fühlen, und Linke, um aus dieser eingebildeten Vormachtstellung heraus Forderungen an die eigenen wie auch an die Russische Regierung zu stellen (Homosexialität, Pussy Riot, Tschetschenien usw.). Aber --und das ist jetzt viel wichtiger-- selbst wenn man der ehrlichen Meinung ist, im Kalten Krieg gegen die Sowjetunion nur Rußland besiegt zu haben, ist es politisch unklug, diese Meinung die russische Seite spüren zu lassen. Machiavelli hat schon vor 500 Jahren gemahnt, daß man den Besiegten nicht unnötig demütigen dürfe, weil er sonst nur auf die nächste Gelegenheit wartet, sich zu rächen. Richtiger Friede ist das nicht. Wir hatten auch keinen richtigen Frieden mit Rußland. Es gab hin und wieder Luftraumverletzungen durch russische Flugzeuge. In der Hinsicht war der erste ernste Einsatz eines Eurofighters ausgerechnet von der Bundeswehr über dem Baltikum, nicht von GB über Libyen. Und zu dieser Zeit haben unsere Naivlinge in Berlin noch gedacht, man könne Rußland Vorschriften wegen Homosexuellen oder Pussy Riot machen!
Zitat von Realist im Beitrag #16Wenn ich von „wettbewerbsorientierten Strategien“ spreche, meine ich damit den Wettbewerb zwischen Großmächten und nicht den zwischen Firmen. Während des Kalten Krieges gab es gerade im den Bereichen der Hochtechnologie und der Rüstungsindustrie Handels- und Ausfuhrbeschränkungen, die strategisch notwendig waren. Betrachtet man den enormen technologischen Rückstand, den Moskau trotz aller Anstrengungen nie kompensieren konnte, waren sie erfolgreich und leisteten einen nicht unerheblichen Beitrag zum Ende des Kalten Krieges.
Das ist die These vom "Kaputtrüsten". Aber sie stimmt nicht. Wenn man heute Nordkorea betrachtet, ist der Spielraum, wie weit sich ein Land kaputtzurüsten bereit sein kann, wesentlich größer, als es die Kaputtrüstenthese im Fall der SU zuläßt. In der DDR und in der Sowjetunion war in den 80ern noch lange keine Hungersnot. Breschnew und Co. haben noch viel Spielraum gesehen, im Rüstungswettlauf mitzumachen. Sie sagen ja selber, daß die SU den Doppelbeschluß anfangs abgelehnt hat. Erst Gorbatschow wollte etwas effizientes für den Lebensstandard der Sowjetbürger und der RGW-Länder erreichen. Das war Lenins Motto vom Sozialismus, die Herrschaft der Partei und Elektrifizierung des ganzen Landes sei (letzteres als Pars pro toto für Lebensstandard verstanden). Da war Gorbatschow ein besserer Leninist als Breschnev, weil letzterer sich mit der Sowjetmacht beschieden hätte, zugunsten mehr Rüstung. Bedenken Sie: Gorbatschow wollte die Herrschaft der KPdSU behalten. Es ist ihm nur entglitten, weil er zu naiv war. Es gibt ja diese skurrile Aufnahmen, wo Gorbatschow dem gewählten Volksdeputierten Sacharow das Wort entzog. Er hatte Sacharow überhaupt diese Freiheit gegeben! Jelzins Rußland hat sich dann gegen die KPdSU gestellt und damit einen Erfolg gehabt, den die NATO nie hatte.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #17Wie berechenbar ist Wladimir Putin denn noch? Macht seine Eurasische Union, welche nichts weiter als ein neuer Anlauf für ein längst gescheitertes Konzept ist, irgendeinen wirtschaftspolitischen Sinn? Handelt es sich nicht vielmehr um machtpolitische Symbolik eines Fanatikers?
Fanatisch klebt er nur an seinem Amt. Wie jeder Politiker, und das macht ihn berechenbar. Warum gibt man ihm also nicht sein Symbol? Man muß nur darauf achten, daß es ein Symbol bleibt und keine Bedrohung wird. Da ist Diplomatie wie gutes Verkaufen: Dem anderen die Überzeugung geben, daß das Geschäft, von dem man selber profitiert, auch für ihn gut ist.
Jetzt ist der Zug ja auch abgefahren. Es war ein Zeitfenster zwischen den ersten Toten auf dem Maidan und der Terminierung des Krim-Referendums, in dem man Putins Argumentation hätte aufgreifen können, um blitzschnell eine Friedenstruppe in die Ukraine zu schicken, die die gespaltenen Volksgruppen von Gewalt gegeneinander abhält. Das ist ja das Szenario, auf das sich Putin beruft.
Deutschland hätte in der Situation eine Schlüsselrolle spielen können. Zum einen weiß in Rußland jeder, daß gerade Deutschland ein Interesse an guten Beziehungen zu Rußland hat. Zum anderen kann die Bundeswehr durch die Spätaussiedler mehr russischsprachige Soldaten bereitstellen als jedes andere NATO-Land. Die Bundeswehr hätte einen Handstreich wagen können. In die Friedenstruppe hätte man dann sofort Rußland so einbinden müssen, daß er es daheim als Gewinn verkaufen kann, die Ukraine nicht an den "schwulen Westen" aufgegeben zu haben, trotzdem aber nicht freie Hand hat. Das hätte auch Zeit gebracht, eine Lösung für die Ukraine zu finden.
Leider ist von Frau Merkel da nichts zu erwarten gewesen, weil sie schon in einem viel risikoloseren Fall, nämlich Mali, die europäische Orientierung zugunsten eines Zauderpazifismus aufgegeben hat. In den politischen Absichtserklärungen gibt es ja genug, daß man schnell eine Friedenstruppe bereitstellen können wolle. Dafür hat man ja auch teure Offiziersplanstellen geschaffen in den divsersen Eurokorps, die nur aus Stäben bestehen.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #17Von mir aus hat Putin eine andere Definition für "Eigenständigkeit". Möglicherweise ist für Putin nur das Land eigenständig, welches fähig ist Russland in radioaktive Asche zu verwandeln. Ich bleibe trotzdem bei meiner Definition und nach dieser, zeigt mir Putins Handeln, welches allein zählt, dass er eben die Eigenständigkeit der Ukraine nicht anerkennt.
Es geht nicht um Definitionen. Es geht darum, daß Eigenständigkeit auf der machtpolitischen Ebene von Putin als Trojanisches Pferd betrachtet werden muß, weil die USA auf der machtpolitischen Ebene spielen. Das ist ja bei Frau Nuland sehr deutlich geworden. Wie respektieren die USA denn die ukrainische Eigenständigkeit, wenn sie aktiv Einfluß nehmen, wer lieber nicht der ukrainischen Regierung angehören soll? Wissen Sie noch, warum Deutschland dem Präsidentschaftskandidaten Obama versagt hatte, vor dem Brandenburger Tor zu reden?
Die GUS kenne ich, aber von einer Militärdoktrin steht im von Ihnen verlinkten Artikel nirgends etwas. Was die russischen Truppen im Ausland betrifft: Da sind mehrere Motivationen. Zum einen, da haben Sie Recht, sind es Machtinteressen. Aber berechenbare, russische Machtinteressen, nicht die unberechenbare westliche Benevolenz, die gut ist für albanische Mafia, aber schlecht für serbische Mafia, gut ist für schiitische Islamisten im Irak, schlecht für sunnitische Islamisten, gut für Sunniten in Syrien aber schlecht für die Schiiten. Wie soll man wissen, ob der Westen einem gewogen ist? Die andere Motivation ist einfach aus der Not geboren. Wohin mit den Soldaten? Rußland hätte seine Truppen nicht aus Deutschland abziehen können, wenn die Regierung Kohl nicht üppige Hilfen für den Bau neuer Quartiere in Rußland gezahlt hätte. Vieles von dem Geld ist verschwunden. Das Problem der Unterkünfte für russische Soldaten besteht immer noch. Der letzte Verteidigungsminister wurde von Putin rausgeschmissen, weil immer noch zu viele Soldaten keine vernünftigen Wohnungen haben.
Na, für die territoriale Integrität und Unabhängigkeit. Steht doch so in den Memoranden. Daß die Westmächte sich jetzt nicht darauf berufen, schwächt insgesamt ihr Ansehen bei ihren Verbündeten.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #17Mit "Weißrussland in Gefahr" meine ich die theoretische Möglichkeit von Tendenzen in der dortigen Bevölkerung sich ähnlich wie die Ukrainer in Richtung Europa zu orientieren.
Ganz im Gegenteil! Es wird eine strenge Austeritätspolitik über die Ukraine kommen müssen. Das Land ist schließlich Bankrott. Außerdem müssen Wirtschaft und Verwaltung komplett umgebaut werden. Das wird vorübergehend sehr unangenehm für viele Ukrainer sein, bis sich der Wohlstand einstellt. Schauen Sie nur nach Griechenland! So lange hat Lukaschenko gute Argumente für den Status quo.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #17Die Macht Europas und des Westens besteht in wirtschaftlicher Hinsicht. Gegen diese ist Russland ein Zwerg. Und genau hier wird angesetzt. Europa und die NATO wären von allen guten Geistern verlassen, Russland militärisch herauszufordern.
Rußland ist auch militärisch gegen die NATO ein Zwerg, wenn auch der größte Zwerg der Welt. Putin kalkuliert nur auf die Unentschiedenheit und die Angst vor einem Krieg. Bei einem Bundeskanzler F.J. Strauß (ja, ich weiß, er ist schon lange tot ) hätte Putin aus zwei Gründen schlechtere Karten als bei Merkel gehabt. Erstens ist dank Merkels Energiewende ja die Abhängigkeit von russichem Gas sogar gestiegen. Wir erinnern uns: Gaskraftwerke, weil Kohle zu schmutzig ist, Atomenergie Tsunamis auslöst (oder so) und erneuerbare Energie ihre Vorteile nur in dem hat, was sie nicht produziert.
Zweitens gilt "si vis pacem, para bellum". So ähnlich wurden ja auch unsere Wehrpflichtigen motiviert, wegen der Verhinderung "außenpolitischer Erpreßbarkeit", der Bekräftigung von diplomatischem Einfluß. Das stimmt natürlich nicht mehr, wenn man erklärt, kein Militär einsetzen zu wollen. Reine Spieltheorie. Die NATO ist gegenüber Rußland quasi entwaffnet.
EDIT: Falsche Postingnummern in den Zitaten korrigiert
Bitte beachten Sie diese Forumsregeln: Beiträge, die persönliche Angriffe gegen andere Poster, Unhöflichkeiten oder vulgäre Ausdrücke enthalten, sind nicht erlaubt; ebensowenig Beiträge mit rassistischem, fremdenfeindlichem oder obszönem Inhalt und Äußerungen gegen den demokratischen Rechtsstaat sowie Beiträge, die gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen. Hierzu gehört auch das Verbot von Vollzitaten, wie es durch die aktuelle Rechtsprechung festgelegt ist. Erlaubt ist lediglich das Zitieren weniger Sätze oder kurzer Absätze aus einem durch Copyright geschützten Dokument; und dies nur dann, wenn diese Zitate in einen argumentativen Kontext eingebunden sind. Bilder und Texte dürfen nur hochgeladen werden, wenn sie copyrightfrei sind oder das Copyright bei dem Mitglied liegt, das sie hochlädt. Bitte geben Sie das bei dem hochgeladenen Bild oder Text an. Links können zu einzelnen Artikeln, Abbildungen oder Beiträgen gesetzt werden, aber nicht zur Homepage von Foren, Zeitschriften usw. Bei einem Verstoß wird der betreffende Beitrag gelöscht oder redigiert. Bei einem massiven oder bei wiederholtem Verstoß endet die Mitgliedschaft. Eigene Beiträge dürfen nachträglich in Bezug auf Tippfehler oder stilistisch überarbeitet, aber nicht in ihrer Substanz verändert oder gelöscht werden. Nachträgliche Zusätze, die über derartige orthographische oder stilistische Korrekturen hinausgehen, müssen durch "Edit", "Nachtrag" o.ä. gekennzeichnet werden. Ferner gehört das Einverständnis mit der hier dargelegten Datenschutzerklärung zu den Forumsregeln.