Zitat von Llarian im Beitrag #22Übrigens war das zu keinem Zeitpunkt ein Betrug, weil niemand dazu verpflichtet war mit den Hilfssheriffs der GEZ auch nur zu reden. Oder simpel gesagt: Denen sage ich nicht einmal die Uhrzeit.
Das stimmt schon. Aber das Nichtmelden eines Empfangsgeräts war eine Ordnungswidrigkeit (jetzt ist es das Nichtmelden des Innehabens einer Wohnung/Betriebsstätte/eines beitragspflichtigen Kfz). Wer also nicht meldet(e), handelt(e) rechtswidrig.
Zitat
Zitat Vielmehr wurde die GEZ als eine tendenziell zu bedenklichen Mitteln (Besuche der sog. Rundfunkgebührenbeauftragten) greifende Institution gesehen, der sich zu verweigern etwas von lobenswertem zivilem Ungehorsam hatte.
Tendenziell ? Wenn das tendenziell ist, was ist dann erst richtig bedenklich ?
"tendenziell zu bedenklichen Mitteln", lieber Llarian, nicht "zu tendenziell bedenklichen Mitteln".
Zitat
Zitat Dies ist vielleicht auch ein Hinweis auf eine geänderte Einstellung der Gesellschaft hinsichtlich des Abgabenzahlens.
Ich glaube nicht, dass sich diese geändert hat. Ich wüsste auch nicht warum. Ich glaube sogar das Gegenteil hat was für sich: Man hat auf die Haushaltsabgabe umgestellt, weil immer mehr aus der jungen Generation es nicht mehr eingesehen haben mit der GEZ auch nur ein Wort zu reden.
Aber ist es dann nicht der viel größere Skandal (und für die jüngere Generation nicht noch viel weniger einsichtig), für etwas zahlen zu müssen, das man vielleicht gar nicht nutzt?
Zitat von Noricus im Beitrag #26 Das stimmt schon. Aber das Nichtmelden eines Empfangsgeräts war eine Ordnungswidrigkeit (jetzt ist es das Nichtmelden des Innehabens einer Wohnung/Betriebsstätte/eines beitragspflichtigen Kfz). Wer also nicht meldet(e), handelt(e) rechtswidrig.
Rechtswidrig ja, aber die Rede war ja von Betrug. Rechtswidrig handelt man schon, wenn man über eine rote Ampel läuft.
Zitat "tendenziell zu bedenklichen Mitteln", lieber Llarian, nicht "zu tendenziell bedenklichen Mitteln".
:)) Fein gesprochen.
Zitat Aber ist es dann nicht der viel größere Skandal (und für die jüngere Generation nicht noch viel weniger einsichtig), für etwas zahlen zu müssen, das man vielleicht gar nicht nutzt?
Klar ist es das. Nur ist es schwer was dagegen zu tun.
Zitat von Noricus im Beitrag #26 Das stimmt schon. Aber das Nichtmelden eines Empfangsgeräts war eine Ordnungswidrigkeit (jetzt ist es das Nichtmelden des Innehabens einer Wohnung/Betriebsstätte/eines beitragspflichtigen Kfz). Wer also nicht meldet(e), handelt(e) rechtswidrig.
Rechtswidrig ja, aber die Rede war ja von Betrug. Rechtswidrig handelt man schon, wenn man über eine rote Ampel läuft.
Wer nicht meldet und somit um die Demokratieabgabe herumkommt, verschafft sich allerdings auch einen wirtschaftlichen Vorteil gegenüber dem zahlenden Zuschauer.
Und von Betrug - jedenfalls im juristischen Sinne - war nicht exklusiv die Rede, denn beim Abschlussarbeitsplagiat werden ein Schaden im Vermögen eines anderen und die Bereicherungsabsicht des Plagiators häufig nicht nachzuweisen sein. (Und die Steuerhinterziehung geht als Spezialgesetz dem Betrug vor.)
Der Trafikant hinterzieht die Steuer nicht, er zahlt einfach nicht. Das wirtschaftliche Ergebnis ist aber gleich (das Geld landet - vorerst - nicht in der Staatskasse).
Bleibt die Empörung hier aus, weil - wie Rayson das in seinem Kommentar (Nr. 23) dargestellt hat - der Nichtzahlende ein kleiner Selbständiger ohne Fallhöhe ist? Oder ist das Nichtzahlen einer bekannten Steuerschuld - in moralischer Hinsicht - weniger schlimm als die Falschdarstellung der Bemessunsgsgrundlage (aus der eine geringere Zahllast resultiert)?
xanopos
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02.04.2014 07:42
#30 RE: Fragen zu allen Dingen überhaupt (1): Steuerhinterziehung und Plagiat
Zitat von Noricus im Beitrag #29Bleibt die Empörung hier aus, weil - wie Rayson das in seinem Kommentar (Nr. 23) dargestellt hat - der Nichtzahlende ein kleiner Selbständiger ohne Fallhöhe ist? Oder ist das Nichtzahlen einer bekannten Steuerschuld - in moralischer Hinsicht - weniger schlimm als die Falschdarstellung der Bemessunsgsgrundlage (aus der eine geringere Zahllast resultiert)?
Ein Drogendealer, schließlich lebt er sehr gut vom Verkauf von Zigaretten, huch, nur 4% bleiben ihm Netto übrig, davon träumen andere nur. Dazu noch Argument das Eurofighter-Argument.
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Der Beitrag zeigt aber auch das Problem. Der Trafikant zahlt nicht, weil der Staat die Steuern nicht sinnvoll verwendet. Er fordert daher eine sinnvolle Verwendung und verspricht dann wieder Steuern zu zahlen.
Ich definiere mal: Eine sinnvolle Verwendung ist es, wenn die Steuern einen Monat auf mein Konto zu meiner freien Verfügung fließen. Und danach? Danach ist mir die Frage egal und jemand anderes kann sich darum kümmern.
Zitat von Noricus im Beitrag #29Bleibt die Empörung hier aus, weil - wie Rayson das in seinem Kommentar (Nr. 23) dargestellt hat - der Nichtzahlende ein kleiner Selbständiger ohne Fallhöhe ist?
In meinen Augen ist es die Verquickung der beiden Gedanken von Rayson und Nikosch. Die unterschiedliche Fallhöhe und die "Tatsache", dass man die Gesellschaft "zum zweiten mal bestiehlt", wobei sich die Fallhöhe direkt aus er Tatsache des "Mehrfachverbrechens" ergibt.
Oder noch drastischer, andersherum formuliert: Der kleine Mann, der ehrlich, ohne zu stehlen sein Leben lebt, wird von der Gemeinschaft bestohlen (durch seine Steuerlast), weil die Reichen, die ohnehin nur gestohlen haben, auch ihren Obulus nicht entrichten und damit noch einmal stehlen. Ein Dreifachverbrechen an einem unschuldigen Opfer also. Wer hat da kein Verständnis, wenn es "zurückschlägt"?
Etwas, das mich in der Tat irritiert und wofür ich keine wirklich schlüssige Erklärung habe ist der Umstand, dass ich ungeheuer viele Leute kenne die Hoenes moralisch harsch verurteilen, gleichzeitig aber viele Formen der Steuerhinterziehung als völlig in Ordnung ansehen, wenn sie durch sie selbst durchgeführt werden. Man kann das natürlich mit der Höhe der bewegten Beträge zu erklären suchen, aber so richtig einleuchtend erscheint mir das nicht. Da muß mehr dahinter stecken, nämlich das eigene Bewußtsein nichts Unrechtes zu tun. Eine Konstruktion, in der man sich selbst als unschuldiges Opfer eines "Dreifachverbrechens" sieht, erscheint mir da schon deutlich tragfähiger als Ausrede vor sich selbst.
Deutschland ist das Land der Gleichheit, nicht im Anfangs, sondern im Endzustand. Es ist das Land, in dem alle Menschen Brüder werden. Das fast göttliche Ideal, das Beethoven vertonte. Ich kann es mir nicht anderes erklären, als das dieses Bewußtsein der "Gleichheit im Endzustand" auch gleichzeitig das Bewußtsein über die Realität des Seins ist. Dies mag auch ein Grund dafür sein, dass Deutschland in vielfältigster Weise arge Probleme mit "anders sein" im weitesten Sinne hat und schon immer hatte. Und es mag auch ein Grund dafür sein, dass jedem der aus der Gemeinschaft heraussticht unterstellt wird, dies nur auf Kosten anderer erreicht zu haben, weil er das gottgegebene Gleichgewicht auf seine Seite verschoben hat. Und es ist evident, dass sich dieses Bekenntnis zu der "Gleichheit im Endzustand" nicht verträgt mit Freiheit, die zu allem führt nur eben nicht zur "Gleichheit im Endzustand". In diesem Bild wird Freiheit zu einem verwerflichen Werkzeug um die "göttliche Ordnung" zu sabotieren. Freiheit kann in diesem Bild, positiv besetzt, nur dann existieren, wenn man Sie so vergewaltigt, dass sie wieder "Gleichheit im Endzustand" zulässt (Die Freiheit ist grün). Es erscheint mir daher auch konsequent, dass die Theorie des Kommunismus und ihr Freiheitsbegriff, mit dem Ziel der perfekten "Endzustandsgleichheitsgesellschaft" in Deutschland geboren wurde.
Ein weiteres Axiom, welches ich zu beobachten glaube ist, dass der "Nullpunkt der Gleichheit" von jedem Individuum maximal bei sich selbst gezogen wird, eher darüber. Alle notwendigen Anpassungen (nach unten) betreffen also nie das Individum selbst aus Sicht von eben diesem. Es muß also aus Sicht des Individuums immer ein Unrecht sein, wenn an ihm selbst "gehobelt" wird. Die klassische (n-1) Sicht. Deswegen ist "Steuerhinterziehung vom Hoenes" schlimm, eigene Steuerhinterziehung nicht. Es ist der gleiche Unterschied wie bei Robin Hood und dem bösen Sherriff von Nottingham.
So gesehen wäre es der deutsche Gleichheitsgedanke, welcher die Ausschläge der moralischen Empörung steuert.
Herzlich
nachdenken_schmerzt_nicht
\"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit.\" - Montesquieu
wenn ich etwas moralisch bewerten will, frage ich mich, ungeachtet dem umstand daß ich in rechtsphilosophie nicht bewandert bin, nach dem recht. bei der thematik hoeness z.B. frage ich mich, mit welchem recht die gemeinschaft einen zugriff auf das eigentum des herrn hoeness hat. da ich kein solches recht erkennen kann, höchstens eine notwendigkeit um ein funktionierendes gemeinwesen zu finanzieren, ist steuerhinterziehung für mich nicht unmoralisch.
anders verhält es sich beim plagiat. da kann ich ein recht, sich mit fremden federn zu schmücken, nicht erkennen. von daher empfinde ich das anfertigen eines plagiats tendenziell als unmoralisch.
mit dieser betrachtungsweise fahr ich m.E. ganz gut, wenn ich etwas bewerten will.
Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #32 So gesehen wäre es der deutsche Gleichheitsgedanke, welcher die Ausschläge der moralischenEmpörung steuert.
Genau. Nur ist dieser kein typisch deutsches Phänomen. Was aber in Deutschland extrem stark betont und moralisch aufgeladen wird, ist das Thema der sozialen Gerechtigkeit. Dies macht erst aus der Gleichheit vor dem Gesetz und gleichen Chancen eine angestrebte Gleichheit in den Eigentumsverhältnissen. Da aber dieses Ideal in einer Marktwirtschaft, nicht mal in einer sozialen, nicht verwirklichbar ist, gibt es eine latentes Gefühl der ungerechten weil ungleichen Behandlung. Mit dieser Unzufriedenheit läßt sich hervorragend die öffentliche Meinung manipulieren um unliebsame Politiker loszuwerden oder eben die Steuern als das Instrument des Staates zur Verwirklichung des postulierten Ideals zu erklären. Die meisten Menschen tragen eben keine Titel und sie haben auch keine Anlässe mit Geld zu "spielen". Wie heißt es so entlarvend in einem aktuellen Werbespot mit Mario Adorf? "Mit Geld spielt man nicht." Solche Naivität geht, ohne reflektiert zu werden, locker an jedem Lottospieler vorbei. Aber nicht nur an ihm. Das Plagiat ist nichts weiter als eine Urheberrechtsverletzung, dessen Rechtfertigung auch hier schon öfter in Frage gestellt wurde und dessen Abschaffung in der liberalen Blogosphäre mehrheitlich gefordert wird.
Zettel konnte sich die Kritik an den Plagiaten leisten, denn er stand für das Urheberrecht. Und zwar ganz entschieden und ziemlich allein. So waren auch seine Differenzierungen z.B. zwischen Gutenberg und Schavan glaubwürdig und authentisch.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #34Was aber in Deutschland extrem stark betont und moralisch aufgeladen wird, ist das Thema der sozialen Gerechtigkeit. Dies macht erst aus der Gleichheit vor dem Gesetz und gleichen Chancen eine angestrebte Gleichheit in den Eigentumsverhältnissen.
Diese "Gleicheit in Eigentumsverhältnissen" meinte ich mit "Gleicheit im Endzustand" und das ist ja für mich genau das "typisch Deutsche": Der ultimative Konsenz. Alles ist gleich. Alle gemeinsam. (Als unschön erwiesen hat sich dabei leider hier und da, dass man hierzu immer auch ein paar Feindbilder braucht. Die sind leider draussen aus dem Kuschelkonsenz, selbst wenn sie gerne mitkuscheln würden.)
Klar ist natürlich auch, dass Gleichheit ein genausowichtiger Wert ist wie die Freiheit. Ja sie bedingen sich gegenseitig. Aber diese Gleichheit liegt in den Anfangsbeingungen und der Behandlung, nicht im Ergebnis.
Was mich ehrlich interessieren würde ist, wie sich der deutsche Begriff der Gleicheit historisch gesehen so an einer Ergebnisgleicheit in den Eigentumsverhältnissen ausrichten konnte. In anderen Gesellschaften hat sich der Gleicheitsgedanke, ausgehend von der frz. Revolution, ja durchaus anders entwickelt.
"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #34Was aber in Deutschland extrem stark betont und moralisch aufgeladen wird, ist das Thema der sozialen Gerechtigkeit. Dies macht erst aus der Gleichheit vor dem Gesetz und gleichen Chancen eine angestrebte Gleichheit in den Eigentumsverhältnissen.
Diese "Gleicheit in Eigentumsverhältnissen" meinte ich mit "Gleicheit im Endzustand" und das ist ja für mich genau das "typisch Deutsche": Der ultimative Konsenz. Alles ist gleich. Alle gemeinsam. (Als unschön erwiesen hat sich dabei leider hier und da, dass man hierzu immer auch ein paar Feindbilder braucht. Die sind leider draussen aus dem Kuschelkonsenz, selbst wenn sie gerne mitkuscheln würden.)
Klar ist natürlich auch, dass Gleichheit ein genausowichtiger Wert ist wie die Freiheit. Ja sie bedingen sich gegenseitig. Aber diese Gleichheit liegt in den Anfangsbeingungen und der Behandlung, nicht im Ergebnis.
Was mich ehrlich interessieren würde ist, wie sich der deutsche Begriff der Gleicheit historisch gesehen so an einer Ergebnisgleicheit in den Eigentumsverhältnissen ausrichten konnte. In anderen Gesellschaften hat sich der Gleicheitsgedanke, ausgehend von der frz. Revolution, ja durchaus anders entwickelt.
Die Entwicklung in Deutschland unterscheidet sich m.E. nur insofern, in welchem Ausmaß Regierungen diesen für ihre Politik und die Erzielung von Einnahmen benutzen. Dazu gibt es in Deutschland eine Tradition die so in anderen Ländern des Westens weniger stark ist. Oder kaum vorhanden ist.
Zitat von xanopos im Beitrag #30Dazu noch Argument das Eurofighter-Argument.
Das dürfte seinem Standing in den Medien eher genutzt haben. Hätte er etwas von einem überbordenden Sozialstaat gesagt, wären ihm wohl weniger Sympathien gewiss.
Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #32 Etwas, das mich in der Tat irritiert und wofür ich keine wirklich schlüssige Erklärung habe ist der Umstand, dass ich ungeheuer viele Leute kenne die Hoenes moralisch harsch verurteilen, gleichzeitig aber viele Formen der Steuerhinterziehung als völlig in Ordnung ansehen, wenn sie durch sie selbst durchgeführt werden.
Der Gedankengang dieser Leute ist wohl folgender: Bei ihnen selbst dient jeder hinterzogene Euro der Verbesserung der Lebensverhältnisse, während "die Reichen" ruhig noch mehr zahlen könnten und immer noch wohlhabend wären. In gewisser Weise denken diese Leute auch wieder vom Ergebnis her. Deshalb hätten sie zweifellos auch kein Problem mit einem Spitzensteuersatz von 70 Prozent für sehr gut verdienende Menschen. Denn wer z.B. 1 Million im Jahr macht, "darf" dann ja immer noch 300.000 behalten, und damit kann man kommod leben. Dass ein Spitzensteuersatz von 70 Prozent an und für sich problematisch ist, weil er einen extremen (m.E. ganz und gar unverhältnismäßigen) Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum darstellt, ist solchen Leuten nicht vermittelbar: 300.000 Euro sind ja schließlich mehr als genug.
Zitat von Noricus im Beitrag #39300.000 Euro sind ja schließlich mehr als genug.
Genau. Deshalb wird der Streik der Cockpit-Piloten auch deutlich weniger wohlwollend begleitet als der des verdi-Airport-Personals. Ein Unternehmen in dem zwei Berufsgruppen streiken und geradezu gegenteilig in ihrem Ansinnen beurteilt werden. Die Piloten sind unersättlich das Bodenpersonal hat berechtigte Ansprüche. Dabei verhandeln die Piloten schon seit zwei Jahren und der Grund für den Streik ist in erster Linie nicht die Erhöhung des Gehalts wie bei verdi, sondern eine Kürzung durch die Lufthansa. Diese hat die Übergangsversorgung für die Piloten beendet.
Zitat von Noricus im Beitrag #39Der Gedankengang dieser Leute ist wohl folgender: Bei ihnen selbst dient jeder hinterzogene Euro der Verbesserung der Lebensverhältnisse, während "die Reichen" ruhig noch mehr zahlen könnten und immer noch wohlhabend wären. In gewisser Weise denken diese Leute auch wieder vom Ergebnis her. Deshalb hätten sie zweifellos auch kein Problem mit einem Spitzensteuersatz von 70 Prozent für sehr gut verdienende Menschen. Denn wer z.B. 1 Million im Jahr macht, "darf" dann ja immer noch 300.000 behalten, und damit kann man kommod leben. Dass ein Spitzensteuersatz von 70 Prozent an und für sich problematisch ist, weil er einen extremen (m.E. ganz und gar unverhältnismäßigen) Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum darstellt, ist solchen Leuten nicht vermittelbar: 300.000 Euro sind ja schließlich mehr als genug.
Ich bin mir aus dem Verlauf der Diskussion nicht sicher, ob mit der Frage nach der moralisch begründeten Verwerflichkeit nicht letztlich nur die medial oder politisch proklamierte Verwerflichkeit gemeint war. Dort spielt der Faktor Neid und Schadenfreude auf die Großkopfeten tatsächlich ein Rolle.
Was Steuerhinterziehung oder Plagiieren betrifft habe ich eh Schwierigkeiten, dies an Moral festzumachen. Dass es dabei um Vorteilnahme geht, stört mich insofern nur begrenzt, als dass Streben nach Wohlstand der politisch gewollte Humus war, auf dem die Nachkriegsgeneration Deutschland aufgebaut hat, ohne den Bürger von staatlicher Seite durch enge Kontrollmaßnahmen einzuengen, soweit es nicht um Sicherheits- und Gesundheitsfragen ging. Vermutlich wurde in der Nachkriegszeit kaum ein Privathaus ohne irgendeine Schwarzarbeit erstellt. Wer gegen Gesetze verstoßen hat, hat die Risiken akzeptiert. Nach wie vor gilt, wo kein Kläger, da kein Richter - ein Prinzip, das ich nicht als ein unmoralisches kenne. Regularien gehen nicht notwendigerweise davon aus, dass dahinter ein 100%iger Kontrollmechanismus für Einhaltung sorgt. Es gibt eine Art Modus Vivendi.
Nehmen wir den alten Paragraphen 175, der damals als unmoralisch gesehene homosexuelle Handlungen unter bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe gestellt hatte. Was innerhalb der eigenen vier Wände passierte wurde nicht progressiv überwacht. Und viele der älteren Politiker, die sich heute so freimütig zu ihren Neigungen bekennen, dürften seinerzeit gegen dieses Strafgesetz verstoßen haben. Wäre Moral gleichbedeutend mit Einhaltung von Gesetzen könnte man sie also mit einem Beschluss des Gesetzgebers innerhalb von Minuten umkehren. Wohl kaum. Mit dem Heranwachsen lernt jeder Mensch, das Dürfen und Nicht Dürfen in eine individuelle Bewertung und auch Kosten-Nutzen-Betrachtung einzubeziehen. Ich betrachte das erst mal als zutiefst menschlich und keinesfalls unmoralisch.
Teil der Kosten-Nutzen-Betrachtung dürfte es auch sein, wenn ein Unternehmensgründer startet, ohne einen allumfassenden Beraterstab vorab alle rechtlichen Randbedingungen abzuklopfen, mit dem Restrisiko von unbekannten Kosten oder vielleicht sogar persönlicher Strafe. In der Regel fehlen anfangs die finanziellen Mittel, sich nach allen Seiten abzusichern. Auf der anderen Seite könnte man daraus auch konstruieren, dass dieser Jungunternehmer sich ja nur auf Kosten der Allgemeinheit einen Vorteil verschaffen wolle.
Wie ist das aber bei Plagiieren und Steuerhinterziehung? Den zur Zeit diskutierten Fällen ist erst mal eines gemeinsam: Die Dynamik der technischen Entwicklung hat alte Kosten-Nutzen-Erwägungen obsolet gemacht. Wer, der nicht selbst an dieser Entwicklung teil hatte, hätte selbst noch vor zehn Jahren gedacht, dass seine Dissertation mal mit mächtigen Suchmaschinen und -algorithmen konfrontiert würde? Teils waren die eigenen technischen Hilfsmittel im Vergleich zu den heutigen Konkurrenten deutlich beschränkt, Frau Schavan dürfte kaum über das Schreibmaschinenniveau hinausgekommen sein. Das Maß der Kontrolle war das Prüfungskomitee. Soll es unmoralisch sein, wenn sich jemand im Rahmen der momentanen Gegebenheiten arrangiert, auch was die Begrenzung des persönlichen Aufwands angeht? Ich meine nicht.
Wer, der sein Geld ins Ausland gebracht hatte, hätte damit gerechnet, dass es eines Tages so einfach sein könnte, Daten aus den Bankcomputern zusammenzutragen und zu kopieren, und dass Behörden diese Art Diebstahl willkommen heißen würden? Sie haben sich sozusagen verkalkuliert, was auch immer die Motive gewesen waren.
Es steckt m.E. ein Stück Unfairness darin, dass Gesetze, die unter völlig anderen Umständen (Kontrollmöglichkeiten) parlamentarische Zustimmung bekommen haben, mit neuen übermächtigen Mitteln zu verfolgen. Diese Art Machtverschiebung in Richtung Staat kann nicht beabsichtigt gewesen sein, wird aber nicht mehr hinterfragt. Es ist eine Art Windfall-Profit des Staats, dessen Vertreter sich auf der anderen Seite jeglicher Verantwortung entziehen. Der verantwortungslose Umgang mit Steuergeldern ist am Ende auch nur eine Vorteilnahme von Politikern, die sich mit ihrer Wahl ihre Pfründe sichern. Parteien/Regierungen haben den Vorteil gegenüber den Bürgern, dass sie Gesetze, gegen die sie u.U. selbst verstoßen könnten erst gar nicht beschließen (die Schweizer haben es da etwas besser). Das ist alles kein Szenario aus dem man auf andere mit dem Finger zeigen sollte.
Es wäre deshalb zu diskutieren, ob nicht unter bestimmte Verwaltungsakte ein Schlussstrich zu ziehen wäre, wenn sie unter den gegebenen Randbedingungen abgeschlossen sind. Eine Dissertation, wenn sie das Placet des Prüfungskomitees erlangt hat, eine Steuererklärung, wenn der Bescheid erteilt ist. Es ist beispielsweise auch anerkannt, dass Produkte, die vor zwanzig Jahren unter anderen Sicherheitsvorgaben in den Verkehr gebracht wurden, weiter benutzt werden dürfen, es sei denn, es ginge eine unmittelbare Gefahr von ihnen aus. Weder von Dissertationen, noch von Steuerklärungen geht dagegen Gefahr für Leib und Leben aus. Anders bei Lebensmitteln: Da fahren die Landesregierungen typischerweise ihre Kontrollen zurück.
Ich meine: Verwerflich im moralischen Sinn ist weder Steuerhinterziehung, noch Plagiieren.
Gruß, Martin
xanopos
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gelöscht
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Beiträge:
03.04.2014 08:50
#42 RE: Fragen zu allen Dingen überhaupt (1): Steuerhinterziehung und Plagiat
Zitat von Martin im Beitrag #41Es ist beispielsweise auch anerkannt, dass Produkte, die vor zwanzig Jahren unter anderen Sicherheitsvorgaben in den Verkehr gebracht wurden, weiter benutzt werden dürfen, es sei denn, es ginge eine unmittelbare Gefahr von ihnen aus.
Diese Produkte sind zwar unter "weicheren" Sicherheitsvorgaben am Markt gekommen, haben aber über die Jahre, je nach Stückzahl, Millionen oder gar Milliarden Betriebsstunden. Die Erfahrung, die Erfahrung die im Laufe des Betriebes gewonnen wurde, ersetzt jede noch so strenge Typprüfung. Andererseits wurde vor Jahrzehnten teilweise extrem überdimensioniert, so zum Beispiel bei Kernkraftwerken. Und dann stellt man die Notstromaggregate irgendwo hin...
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Lieber Martin, ich habe meine Meinung zum Thema unter der Prämisse geschrieben, dass Moral und Gesetz unterschiedlich betrachtet werden und auch gesellschaftspolitisch keinesfalls gleichzusetzen sind. Dennoch gehört die Treue zum Gesetz, zum moralisch positiv zu wertenden Verhalten. Der Umkehrschluss ist dagegen weniger eindeutig, weil es auch Gesetze geben kann die selbst moralisch verwerflich sind und trotzdem Gültigkeit haben. Ob Steuergesetze und das Urheberrecht dazu gehören, bezweifle ich. Aber wie Sie ja schon ausführten, ändern sich moralische Sichtweisen in einer Gesellschaft und mit dieser Entwicklung werden Gesetze auch wieder abgeschafft. Allerdings erleben wir gerade, und das ist ja das Thema der Diskussion, in Bezug auf die Steuergesetzgebung und auch auf das Urheberrecht eine Entwicklung, die nicht von moralischen Erwägungen getragen wird. Denn dann wäre es zu dem staatlichen, m.E. an Hehlerei grenzenden, Ermittlungsdruck wohl nicht gekommen. Und ebensowenig zu der teilweise aggressiven Vereinnahmung von Eigentumsrechten durch die Verwerter von Urheberrechten mit Billigung des Gesetzgebers. Vielmehr ist diese Entwicklung eine Folge der Möglichkeiten die sich für den Staat bietet und die er nutzt. Die Moral verkommt dabei zur Doppelmoral. Ein gutes Beispiel für die Notwendigkeit der Begrenzung staatlichen Handelns.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #43Vielmehr ist diese Entwicklung eine Folge der Möglichkeiten die sich für den Staat bietet und die er nutzt. Die Moral verkommt dabei zur Doppelmoral. Ein gutes Beispiel für die Notwendigkeit der Begrenzung staatlichen Handelns.
Jetzt werden möglicherweise viele über mich lachen, weil ich in meiner Naivität eine ganz naive, doch ernst gemeinte Frage stelle: Wenn man glaubt, die Nutzung von Doppelmoral durch die Gemeinschaft gegen das Individuum zu erkennen, sogar in dem Maße dass sie in die Nähe von Eingriffen rückt, die das Grundgesetzt eigentlich zu verhindern sucht, was tun?
Was kann man tun? Was kann ich tun?
Ganz simpel und banal sehe ich mich in einem riesengroßen Dilemma: Ich sehe eine stark einseitige Entwicklung. Ob das nun den Umgang mit Steuersündern oder andere Themen, wie Europa, Energie, Rente, Mindestlohn, Geleichberechtigung und vieles mehr betrifft. Die Angebote unserer parlamentarischen Demokratie sind im wahrsten Sinne des Wortes alternativlos. Dabei ist es gar nicht wesentlich, ob unsere Kanzlerin dieses Wort in die Politik eingeführt hat oder ob unsere Kanzlerin nur das Konstrukt unserer real existierenden Parteienlandschaft (und damit letztendlich der deutschen Mehrheit) ist. Sinngemäß habe ich einmal die treffliche Formulierung gelesen/gehört (ich glaube, es war von dem von mir sehr, sehr geschätzten Norbert Bolz): „Eine Politik welche Lösungen als alternativlos verkauft ist totalitär.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.
Ich mag naiv und pathetisch zugleich sein aber wenn mich morgens meine kleine Tochter anlächelt, mache ich mir ganz ernsthaft manchmal Sorgen darüber, in welcher Welt sie einmal leben wird. Was kann der einzelne tun, damit die Alternative (man verstehe daraunter bitte keine Anspielung auf eine Politische Partei) wiederbelebt wird in unserer parlamentarischen Demokratie, in der sogar die FDP Fürsprecher der sozial(istisch)en Alternativlosigkeit wurde. Was kann man tun, wenn man immer mehr spürt, wie einer der elementaren Grundpfeiler einer freiheitlichen Gesellschaft immer mehr im Konsenswahn erodiert: Der Schutz der Minderheiten.
Es gibt Momente, in denen ich wirklich aufkommende Verzweiflung spüre.
Herzlich
nachdenken_schmerzt_nicht
"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu
Zitat von Martin im Beitrag #41Es ist beispielsweise auch anerkannt, dass Produkte, die vor zwanzig Jahren unter anderen Sicherheitsvorgaben in den Verkehr gebracht wurden, weiter benutzt werden dürfen, es sei denn, es ginge eine unmittelbare Gefahr von ihnen aus.
Diese Produkte sind zwar unter "weicheren" Sicherheitsvorgaben am Markt gekommen, haben aber über die Jahre, je nach Stückzahl, Millionen oder gar Milliarden Betriebsstunden. Die Erfahrung, die Erfahrung die im Laufe des Betriebes gewonnen wurde, ersetzt jede noch so strenge Typprüfung. Andererseits wurde vor Jahrzehnten teilweise extrem überdimensioniert, so zum Beispiel bei Kernkraftwerken. Und dann stellt man die Notstromaggregate irgendwo hin...
Lieber xanopos,
es muss ja nicht gleich ein AKW sein. Ein 20 Jahre alter Golf entspricht auch nicht mehr dem Stand der Sicherheitstechnik.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #43Dennoch gehört die Treue zum Gesetz, zum moralisch positiv zu wertenden Verhalten. Der Umkehrschluss ist dagegen weniger eindeutig, weil es auch Gesetze geben kann die selbst moralisch verwerflich sind und trotzdem Gültigkeit haben. Ob Steuergesetze und das Urheberrecht dazu gehören, bezweifle ich.
Lieber Erling Plathe,
wir versuchen, unseren Kinder Gesetzestreue als richtig und wichtig zu vermitteln. Nur ist das in der Regel auf dem Niveau der christlichen zehn Gebote, ein Bereich, der noch einigermaßen intuitiv verstehbar ist. 95% der Eltern dürften keine Ahnung haben in welchem gesetzlichen Rahmen sie sich bewegen, das BGB ist höchstens vom Namen her bekannt. Man tut im wesentlichen das was andere machen und weiß natürlich punktuell, was verboten ist. Das funktioniert ja so einigermaßen. Wer sich aber aus dem Mainstream hinausbegibt, ob nun als Unternehmer, als Zocker an der Börse, als Erbe eines großen Vermögens, dem fehlt der Mainstream in dem er mitschwimmen kann. Er hat ein fast exponentiell höheres Risiko, irgendwo ein Gesetz nicht einzuhalten. Es geht nicht nur um moralisch verwerfliche Gesetze, es geht auch darum, dass das Gespinst an Regeln undurchschaubar ist. Ich kann mir vorstellen, dass ein Hoeneß gar keinen Überblick mehr über die steuerliche Situation seiner spekulativen Geschäfte mehr hatte. Mit 'Unwissen schützt vor Strafe nicht' macht es sich der Staat recht einfach. Und es ist nicht nur Unwissen, wer Fehler gemacht hat, dem wird die Korrektur derselben durch so hohe Hürden verbaut, dass er im Zweifel lieber den Kopf in den Sand stecken wird. Der Ruf nach Moral geht da eher in Richtung Staat.
Es geht natürlich auch darum, dass, dass sich das Individuum bewusst dem Zugriff des Staates entziehen möchte. Einmal, um ganz einfach einen Plan B zu haben, wenn der Staat sich zu einem unfreien entwickelt, oder auch einfach darum, dass der Staat vom persönlichen Einkommen bis zur Ausgabe desselben mehr als 50% in seine Kassen abzweigen will, und man damit nicht einverstanden ist. Auch hier geht der Ruf nach Moral eher in Richtung Staat.
'Treue zum Gesetz' ist eine Einstellung, die sich der Staat jeden Tag verdienen muss. Das tut er aber schon lange nicht mehr. Ich denke da gerade beispielsweise an Verordnungen in Sachen Energieeinsparung, Auflagen beim Austausch von Heizungen, usw. Ich rechne die damit verbundenen Kosten zur Staatsquote hinzu.
Zitat von Martin im Beitrag #4695% der Eltern dürften keine Ahnung haben in welchem gesetzlichen Rahmen sie sich bewegen, das BGB ist höchstens vom Namen her bekannt. Man tut im wesentlichen das was andere machen und weiß natürlich punktuell, was verboten ist.
Völlig richtig.
Zitat Das funktioniert ja so einigermaßen. Wer sich aber aus dem Mainstream hinausbegibt, ob nun als Unternehmer, als Zocker an der Börse, als Erbe eines großen Vermögens, dem fehlt der Mainstream in dem er mitschwimmen kann.
Richtig. Aber auch "im Mainstream" funktioniert es nur scheinbar. Denn auch "im Mainstream" verstoßen die Leute beständig gegen alle möglichen Gesetze und Vorschriften. Und das geht (in der Regel) deshalb gut (bzw. straffrei) aus, weil die meisten Vorschriften in der Breite gar nicht kontrolliert werden können und weil die zuständigen Behörden sich (aus Pragmatismus und aus Furcht vor allgemeinem Protest) nur auf die Verfolgung "wichtiger" Fälle beschränken.
Mein hier schon manchmal gebrachtes Lieblingsbeispiel ist das Baurecht. Was in vielen modernen Bebauungsplänen so alles drinsteht, wird bis auf die wesentlichen Grunddaten von den Bauherren weitgehend ignoriert. Das Ordnungsamt könnte wahrscheinlich den halben Gartenbestand planieren lassen, so viele nicht vom Bebauungsplan erlaubte Bäume und Sträucher wurden da gepflanzt. Aber keine Stadtverwaltung kann es sich leisten, gegen den Mainstream so brachial vorzugehen.
Zitat Ich kann mir vorstellen, dass ein Hoeneß gar keinen Überblick mehr über die steuerliche Situation seiner spekulativen Geschäfte mehr hatte.
Es gab Stellungnahmen von Fachleuten, daß ein solcher Überblick gar nicht möglich wäre - die Gesetze sind zu unklar und widersprüchlich.
Zitat Mit 'Unwissen schützt vor Strafe nicht' macht es sich der Staat recht einfach.
Volle Zustimmung. Wir haben längst den Bereich verlassen, bei dem das Wissen zumutbar vorausgesetzt werden kann.
Wenn man über Moral spricht sind alle Bürger des Staates gemeint. Das schließt auch alle direkt für den Staat tätigen Bürger ein. Deswegen und aus dem Grund, dass der Staat ja nicht außerhalb der Gesellschaft steht, kann ich nicht so recht verstehen warum moralische Anforderungen nicht an Staat und Bürger gleichermaßen gerichtet sein sollen. Die Floskel vom Volk welches die Regierung bekommt welche es verdient, sagt ja nichts anderes aus, als das Bürger mit einer theoretisch mangelhaften Moral nichts besseres bei ihrem Staat erwarten sollten. Und ich bin in der Tat der Ansicht, dass dies sehr zutreffend ist. Eigentlich ist es sogar genau anders herum. Wenn der Staat abgleitet in eine totalitäre Richtung ist es umso wichtiger, dass die Bürger ihre moralischen Werte erhalten und ihre Integrität bewahren. Nur so können sie sich schützen vor dem individuellen Abgleiten aus der Zivilisiertheit.
Was die Komplexität der deutschen Gesetzgebung anbelangt, so ist derjenige* selbst gefragt sich Hilfe zu holen oder sich selbst schlau zu machen. Dies ist nötig auch wenn die Umstände beklagenswert sind. Nachtrag: *welcher betroffen ist
Das Jammern über die undurchsichtige Gesetzgebung ist m.E. auch etwas wohlfeil, wenn ich das mal so sagen darf. Für jedes und alles wird nach einem Ordnungsrahmen verlangt. Jede noch so kleine Ausnahme muss berücksichtigt werden sonst fühlt sich irgendjemand benachteiligt oder übergangen. Die Komplexität der Gesetze reflektiert nicht zuletzt die Forderungen an den Staat. Somit dreht sich jeder im Kreis der dann auch noch einfachere Gesetze haben möchte. Denn "einfach" heißt auf deutsch: Ungerecht!
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #49Das Jammern über die undurchsichtige Gesetzgebung ist m.E. auch etwas wohlfeil, wenn ich das mal so sagen darf.
Das finde ich nun überhaupt. Erst einmal: Die deutschen Gesetze SIND undurchsichtig. Sie sind unklar, widersprüchlich und auch von Fachleuten nicht mehr komplett zu durchschauen. Das ist einfach Fakt, unabhängig davon, ob man diese Undurchsichtigkeit positiv oder negativ bewertet.
Zitat Für jedes und alles wird nach einem Ordnungsrahmen verlangt. Jede noch so kleine Ausnahme muss berücksichtigt werden sonst fühlt sich irgendjemand benachteiligt oder übergangen.
Schon richtig. Stellt aber nur dar, was zu diesen undurchsichtigen Gesetzen geführt hat. Und ist deswegen kein Grund, diese Entwicklung bzw. deren Ergebnis nicht zu bejammern.
Zitat Somit dreht sich jeder im Kreis der dann auch noch einfachere Gesetze haben möchte.
Es dreht sich nur im Kreis (bzw. erweist sich als inkompetent oder als Heuchler), wer gleichzeitig einfachere Gesetze fordert und andererseits dauernd Vorschriften für mehr Detail"gerechtigkeit" einfordert.
Das sind aber meist NICHT dieselben Leute. Insbesondere nicht bei den politischen Handelnden (bei den Wählern kommt es schon häufiger mal vor, daß beiden Positionen zugestimmt wird, weil der Widerspruch nicht erkannt wird).
Und deswegen ist das Jammern über den Gesetzeswirrwarr wichtig. Denn in der Argumentation gegen die "Gerechtigkeit" einer neuen Detailregelung kann man nur ganz schlecht mehr Ungerechtigkeit vertreten. Sondern muß darauf hinweisen, daß dieser "Gerechtigkeits"-Zuwachs zu teuer bezahlt wird - weil dadurch das Rechtssystem insgesamt kaputt gemacht wird.
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