Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #50 "O ob der Ungebildetheit des gemeinen mitteleuropäischen Weibchens!" (Balthasar Matzbach)
Mangold ist bestimmt nicht ungebildet; es ist lediglich der bekannte Orwellsche Doppelkdenk.
Der brutale Tonfall von Pirinçci ist eins zu eins abgekupfert von diversen Pamphleten aus der linksradikalen Ecke. Sei das von den "Antifaschisten", den "Tierschützern" oder "Klimaschützern", den "Antiimperialisten", "Globalisierungsgegnern", "Feministinnen" oder sonst einem Klub radikaler Wohlstandskinder, die mit ihrem Überschuss an Zeit und Luxus nichts besseres anfangen können, als die Hand zu beissen, die sie füttert.
Aber wenn zwei das gleiche tun ist es noch lange nicht das selbe... wenn linksradikale Klubs diese Sprache pflegen, dann ist das ja GERECHT. Bei Pirinçci ist es eben "hitleresk".
Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #50 "O ob der Ungebildetheit des gemeinen mitteleuropäischen Weibchens!" (Balthasar Matzbach): Hat die Dame nie Rolf Dieter Brinkmann gelesen?
Danke, lieber Ulrich Elkmann, für diesen Link. Mangold ist übrigens ein Mann.
Ich habe etwas nachgedacht. Über die Einlassung von RA, dem ich wohl Recht geben muß, und die folgenden Beiträge. Wie zum Beispiel dem von Yossarian, dem ich innerlich, emotional auf Anhieb zustimmte (nur heißt das, dass dies die objektive Sicht ist?).
Vielleicht ist es nur so, dass das was wir (also die Minderheiten Meinung) wahrnehmen nur einfach dasjenige Empfinden von Menschen ist, die einer Minderheitenmeinung innerhalb einer gesellschaftlichen Majorität angehören und dass dies sich wahrscheinlich schon immer genau so "anfühlte".
Zwei Dinge sind es allerdings, die mir unterschiedlich zu sein scheinen, im Bezug auf die Zeit als der heutige Mainstream (in Form der "68er") noch "Minderheiten Meinung" war: - Damals lebte und handelte die Majorität in dem Bewußtsein, die Majorität zu sein. Man rümpfte vielleicht die Nase, handelte sonst aber nach dem Motto "leben und leben lassen". - Heute lebt die Majorität in dem Bewußtsein, die Minorität zu sein und agiert auch entsprechend. Sie ist sehr viel agressiver im Umgang mit der Minderheitenmeinung.
Sollte ich es zuspitzen würde ich sagen, damals wurden die Abweichler als "Hofnarren" gedultet, heute hält man Abweichler für Ketzer, gegen die man tätig werden muß. Es gibt deswegen natürlich keine Zensur und wir leben immer noch in einem der liberalsten Rechtsstatten dieser Erde. Aber damals und heute ist womöglich doch anders. Ob dieses "anders sein" eine möglicherweise gefährliche Entwicklung ist oder ob man dem allem entspannt gegenüberstehen kann, weiß ich ehrlich gesagt nicht.
Im täglichen Leben mache ich allerdings definitiv ständig die Erfahrung, dass wir uns hier in Zettels Raum in einem Biotop befinden, das einem in der realen Welt niemals begegnet. Beim Urteilen sollte man sich auch immer das ins Bewußtsein rufen.
Herzlich
nachdenken_schmerzt_nicht
"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu
Zitat von Noricus im Beitrag #49Diese ganze Causa entwickelt sich wohl schön langsam zum Popcorn-Kino. Mein vorläufiger Höhepunkt: Ijoma Mangolds Einlassungen zu P.s Buch. Ich musste mich mehrmals vergewissern, dass dieser Artikel nicht in der TITANIC, sondern im Online-Portal der ZEIT erschienen ist. Ich habe mich bei einem Feuilleton-Beitrag schon lange nicht mehr so amüsiert wie bei diesem. Eine grandiose Parodie.
Der ZEIT-Artikel kommt schon fast wie ein Buchtipp rüber. Sogar mit einem sehr vertrauenerweckenden Foto Pirinccis garniert, was in solchen Fällen nicht unbedingt üblich ist. Dazu noch eine raue Menge an Leserkommentaren in einem (derzeit noch) nicht geschlossenen Kommentarbereich. Ich staune!
Einen netten Text zu Mangolds Aufregung gibts übrigens bei der Freien Welt.
Zitat von Professor Adorján F. KovácsMangold kritisiert ihn als “wild gewordenen Autodidakten” und ruft nach wissenschaftlich unterfütterten Thesen. Ach du heilige Einfalt! Wer den staatlich beauftragten Gesellschaftswissenschaftlern alles glaubt, der muss ein kindliches Vertrauen in die Wissenschaft haben. Schon in der Medizin dürften etwa 70 % der veröffentlichten Laborergebnisse kaum reproduzierbar sein. Wie ist es da wohl um durch tendenziöse Umfragen erzielte Resultate bestellt? Es ist zudem immer mager, als Journalist zu argumentieren, es dürfe sich nur äußern, wer ein Problem jahrzehntelang studiert hat – dann dürfte wohl kein einziger Journalist über irgendetwas schreiben.
Beste Grüße, Calimero
------------------------------------------------------- Vertrauen in das Volk ist fast immer unbegründet; Kultur ist das Werk weniger. - Zettel
Zitat von Noricus im Beitrag #49Diese ganze Causa entwickelt sich wohl schön langsam zum Popcorn-Kino. Mein vorläufiger Höhepunkt: Ijoma Mangolds Einlassungen zu P.s Buch. Ich musste mich mehrmals vergewissern, dass dieser Artikel nicht in der TITANIC, sondern im Online-Portal der ZEIT erschienen ist. Ich habe mich bei einem Feuilleton-Beitrag schon lange nicht mehr so amüsiert wie bei diesem. Eine grandiose Parodie.
Der ZEIT-Artikel kommt schon fast wie ein Buchtipp rüber. Sogar mit einem sehr vertrauenerweckenden Foto Pirinccis garniert, was in solchen Fällen nicht unbedingt üblich ist. Dazu noch eine raue Menge an Leserkommentaren in einem (derzeit noch) nicht geschlossenen Kommentarbereich. Ich staune!
Lieber Calimero, ich staune fast noch mehr über das, was Marc Felix Serrao in der Süddeutschen zum Thema geschrieben hat. Wenn man die ersten Absätze überstanden hat (die Schlimmes befürchten lassen), tut sich ein für SZ-Verhältnisse geradezu reflektierter, zwischentonreicher Artikel auf. Ich war wirklich überrascht.
Zitat von Noricus im Beitrag #49Diese ganze Causa entwickelt sich wohl schön langsam zum Popcorn-Kino. Mein vorläufiger Höhepunkt: Ijoma Mangolds Einlassungen zu P.s Buch. Ich musste mich mehrmals vergewissern, dass dieser Artikel nicht in der TITANIC, sondern im Online-Portal der ZEIT erschienen ist. Ich habe mich bei einem Feuilleton-Beitrag schon lange nicht mehr so amüsiert wie bei diesem. Eine grandiose Parodie.
Mangold droht mit den Konsequenzen von Schubladendenken bei denen, vor denen sich der Pirincci-Leser offenbar verantworten muß:
Zitat von MangoldDer Meinungsvielfalt hat das Buch einen Bärendienst erwiesen. Denn wer immer sein Wort erhebt gegen die Diskursvorherrschaft von Gender-Mainstreaming, Steuerstaat, Rauchverbot, Konstruktivismus und Adoptionsrecht für Homosexuelle, findet sich jetzt in der Gesellschaft von Akif Pirinçci wieder. Da überlegt man sich dreimal, ob man nicht doch lieber kleinlaut ins Lager der Gleichstellungsbeauftragten überläuft.
Dieses Argument kann aber auch nach hinten losgehen. Im Absatz zuvor schreibt er nämlich:
Zitat von MangoldDieses Buch ist das Produkt eines wild gewordenen Autodidakten. Im Bramarbasieren über alles und jedes, in der scheinbar widerstandslosen Herstellung von Evidenz und Zusammenhang, in der triumphalistischen Geste der Entlarvung von medialen Lügengespinsten, in seiner Mischung aus Brutalität und Heulerei erinnert das Buch – ich schwöre, ich habe noch nie einen Hitler-Vergleich gezogen in meinem Berufsleben – an Adolf Hitlers Mein Kampf.
Dieser Vergleich ist nicht nur deshalb problematisch, weil jenem Buch die humoristische Seite völlig fehlt, sondern weil er das eine oder andere verirrte Schäfchen auf die Idee bringen könnte, daß dort vielleicht auch verschwiegene Wahrheiten zu finden wären. Angesichts dessen, wie gut sich Pirinccis Buch derzeit verkauft, könnte man die Hitler-Vergleiche geradezu als Reklame für diesen mißverstehen. So wie bei Amazon, "Kunden, die dieses Buch gekauft haben, haben auch folgende gekauft..."
Zitat von Fluminist im Beitrag #56 Dieser Vergleich ist nicht nur deshalb problematisch, weil jenem Buch die humoristische Seite völlig fehlt, sondern weil er das eine oder andere verirrte Schäfchen auf die Idee bringen könnte, daß dort vielleicht auch verschwiegene Wahrheiten zu finden wären. Angesichts dessen, wie gut sich Pirinccis Buch derzeit verkauft, könnte man die Hitler-Vergleiche geradezu als Reklame für diesen mißverstehen. So wie bei Amazon, "Kunden, die dieses Buch gekauft haben, haben auch folgende gekauft..."
Warum sollte das aus Sicht von Mangold problematisch sein? Damit kann man doch den Diskussionsgegner nur um so besser verleumden. Ich weiß nicht mehr, wie oft ich schon das "Argument" gelesen habe, die These so-und-so sei falsch, weil sie AUCH von NPD-Mitglieder vertreten werde oder weil sie so ÄHNLICH sei zu Aussagen von Neonazis... die etwas moderne Variante dieser Nazi-Keule ist dann, eine Aussage sei falsch, weil AUCH von "Rechtsextremen" zu dieser Aussage Zustimmung käme...
Zitat von Calimero im Beitrag #54Einen netten Text zu Mangolds Aufregung gibts übrigens bei der Freien Welt.
Eine wesentliche Erkenntnis dieser Einlassung ist in meinen Augen folgende:
Zitat ...es muss wohl in der rabiaten Weise gemacht werden wie dies Pirinçci getan hat, sonst reagiert keiner......... Aber er wollte gehört werden, auch gegen die lärmende Brandung der Staatsmedien. Er wollte einer routinierten medialen Entsorgung vorbeugen. Darum dieser Furor, der beispiellos ist.
Ich glaube wirklich manchmal in dem behüteten Biotop der gepflegten Diskussion und des reflektierten Argumentes, in dem wir uns hier bewegen, vergessen wir manchmal wie Krotesk die Aussenwelt ist. Ich habe gestern früh (was ich sehr selten tue) das Fernsehen eingeschaltet und landete in einer "Erklärung des Treibhaus Effektes" im Kinderprogramm: Sterbende Eisbären, biblische Unwetterkatastrophen, kurz die Büchse der Pandora und Schuld alleine das CO2, produziert von den bösen Deutschen, die nur an sich selbst denken und denen die Weitsicht fehlt. Dies in einem Duktus der Selbstverständlichkeit und gewissen, objektiven Richtigkeit, der ohne jeden Zweifel auskommt - vorgetragen von Leuten, die irgenwie wie Wissenschaftler rüberkommen sollten. Wenn Kinder so etwas sehen, was soll daraus werden? Glaubt irgendwer im Ernst, dass Kinder die man so über Fernsehen bis Schule berieselt, irgendwann noch einmal über dieses Thema reflektieren werden - über eine feststehende Wahrheit?
Wie haben keine Zensur. Die Frage die sich mir aber stellt ist: Wie gefärlich ist das was wir haben? - Eine Gesellschaft, welche im Streben nach Konsens jedes Reflektieren verweigert. (Das "Schaffen" der Medien ist lediglich ein Ausdruck dieses gesellschaftlichen Phänomens.) Kann eine solche Gesellschaft auf Dauer durch ein formales Regelwerk (Grundgesetz) beschützt werden oder erodiert ein solches Regelwerk zwangsläufig in einem solchen Umfeld? Wie ich an der ein oder anderen Stelle in diesem Forum schon schrieb, kann man in meinen Augen einige Umstände durchaus als das "geistige Erodieren" des Grundgesetztes im Bewußtsein der Bevölkerung interpretieren.
Herzlich
nachdenken_schmerzt_nicht
\"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit.\" - Montesquieu
Das unterschreibe ich vollständig. Ich weiß nicht wie oft ich inzwischen mit meinen Kindern solche Schwachfug besprechen musste, um wenigstens den gröbsten Unsinn zu klären, der da als "Wahrheit" in Schule und Fernsehen verkauft wurde.
Die Achse des Guten zu verlinken ist hier wahrscheinlich Wasser in den Rhein geschüttet, aber weil es zum Thema passt und ich den Beitrag gelungen finde:
Zitat Ich glaube wirklich manchmal in dem behüteten Biotop der gepflegten Diskussion und des reflektierten Argumentes, in dem wir uns hier bewegen, vergessen wir manchmal wie Krotesk die Aussenwelt ist. Ich habe gestern früh (was ich sehr selten tue) das Fernsehen eingeschaltet und landete in einer "Erklärung des Treibhaus Effektes" im Kinderprogramm:......
Ja, das ist schon richtig, was Sie schreiben, lieber nachdenlen_schmerzt_nicht, aber es gibt auch 'n bissl Licht am Ende des Tunnels, denn Kinder gucken immer seltener TV heutzutage, die haben interessantere Optionen. Es ist eher so, dass sich Opi und Omi selbst, also die typischen Fernsehgucker, am "pädagogisch wertvollen Spielzeug" dieser Art, von Opa höchstselbst angefertigt, delektieren, das die lieben Kleinen schnell in die Ecke schmeissen.
Beim altdeutsch-wilhelminisch-autoritativ geprägten Schulpädagogismus zu meiner Zeit ist der Schuss auch eher nach hinten losgegangen . Ein Abklatsch davon ist der heutige ökolinksgendergrüne Trara. Die penetranten grünen Gouvernanten sind Wiedergeborene meiner alten Pauker: Nichts anderes als ein schlechter Remake der 50er/frühe 60er-Jahre Spießerkultur - das wird sich also hoffentlich auch überleben - think positive.
Zitat von Fluminist im Beitrag #56 Dieser Vergleich ist nicht nur deshalb problematisch, weil jenem Buch die humoristische Seite völlig fehlt, sondern weil er das eine oder andere verirrte Schäfchen auf die Idee bringen könnte, daß dort vielleicht auch verschwiegene Wahrheiten zu finden wären. Angesichts dessen, wie gut sich Pirinccis Buch derzeit verkauft, könnte man die Hitler-Vergleiche geradezu als Reklame für diesen mißverstehen. So wie bei Amazon, "Kunden, die dieses Buch gekauft haben, haben auch folgende gekauft..."
Warum sollte das aus Sicht von Mangold problematisch sein? Damit kann man doch den Diskussionsgegner nur um so besser verleumden. Ich weiß nicht mehr, wie oft ich schon das "Argument" gelesen habe, die These so-und-so sei falsch, weil sie AUCH von NPD-Mitglieder vertreten werde oder weil sie so ÄHNLICH sei zu Aussagen von Neonazis... die etwas moderne Variante dieser Nazi-Keule ist dann, eine Aussage sei falsch, weil AUCH von "Rechtsextremen" zu dieser Aussage Zustimmung käme...
In meinem Freundeskreis haben wir begonnen, uns mit "Die Nazis haben auch Brot gegessen... - ja, die haben sogar geatmet! Daher ist Atmen ganz böse!" oder ähnlichem darüber lustig zu machen. Leider bleibt einem da das Lachen im Halse stecken, denn auch die Nazis haben schon gesagt (es war J. Goebbels): "Man muss eine Lüge nur oft genug wiederholen, damit sie zur Wahrheit wird" (oder so ähnlich, ist aus dem Gedächtnis) - genauso arbeiten aber die Leute von der "Gegenseite" eben auch. Sie wiederholen Lügen, oft genug, und erwarten, dass wir sie glauben. Und leider haben sie vielfach Erfolg damit.
Natürlich ist das nicht die einzige Propaganda-Methode der Nazis, die auch von linker Seite gerne verwendet wird. Und auch der klassische Judenboykott wird ja häufig aufgewärmt. Ein Schelm, wer böses dabei denkt... - aber ich wähle sicherlich keine Partei (noch einmal), die zum Boykott von jüdischen Waren (oder "israelischen Waren", weil`s besser klingt) aufruft. Meine Großeltern haben diesen Fehler nicht gemacht - und ich werde sicherlich ihr Andenken nicht dadurch mindern, dass ich dumm genug bin, diesen Fehler mehr als einmal in frühem Erwachsenenalter zu machen (wobei ich fairerweise eingestehen muss, dass die damals noch nicht so argumentiert haben).
Zitat Ich glaube wirklich manchmal in dem behüteten Biotop der gepflegten Diskussion und des reflektierten Argumentes, in dem wir uns hier bewegen, vergessen wir manchmal wie Krotesk die Aussenwelt ist. Ich habe gestern früh (was ich sehr selten tue) das Fernsehen eingeschaltet und landete in einer "Erklärung des Treibhaus Effektes" im Kinderprogramm:......
Ja, das ist schon richtig, was Sie schreiben, lieber nachdenlen_schmerzt_nicht, aber es gibt auch 'n bissl Licht am Ende des Tunnels, denn Kinder gucken immer seltener TV heutzutage, die haben interessantere Optionen. Es ist eher so, dass sich Opi und Omi selbst, also die typischen Fernsehgucker, am "pädagogisch wertvollen Spielzeug" dieser Art, von Opa höchstselbst angefertigt, delektieren, das die lieben Kleinen schnell in die Ecke schmeissen.
Beim altdeutsch-wilhelminisch-autoritativ geprägten Schulpädagogismus zu meiner Zeit ist der Schuss auch eher nach hinten losgegangen . Ein Abklatsch davon ist der heutige ökolinksgendergrüne Trara. Die penetranten grünen Gouvernanten sind Wiedergeborene meiner alten Pauker: Nichts anderes als ein schlechter Remake der 50er/frühe 60er-Jahre Spießerkultur - das wird sich also hoffentlich auch überleben - think positive.
Guter Punkt, lieber Dennis the Menace. Wenn eines immer sicher war in der Geschichte (außer vielleicht in Diktaturen), dann die oppositionellen Reflexe der Jugend, insbesondere gegenüber Lehrern und anderen "Autoritätspersonen". Und in der Tat nutzen sie wohl heute mehrheitlich andere Medien. Ich schwanke da immer tagesformabhängig ein wenig, wie hoffnungsvoll ich da sein soll. Ich hoffe mal, Sie haben recht.
Ähnlich wie es m. E. in der Regel verfehlt ist, in Deutschland von Zensur zu sprechen, gilt das gleiche für die zuweilen behauptete "Gleichschaltung der Medien", sie sind "nur" in vielen Fällen einseitig und tendenziös, aber hier z. B. mal ein sehr ausgewogener Artikel zur Strahlenbilanz in Fukushima: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wi...z-12882021.html Außerdem vergißt man oft Journalisten wie Broder, Röhl, Weimer, Fleischhauer, Stephan, Kulke, Wergin...alles ungemein produktive Publizisten, die diesen Mist eben nicht mitmachen.
Nehmen wir das mal als Hoffnungszeichen. Das wird man ja wohl noch sagen dürfen
Zitat von Fluminist im Beitrag #56 Dieser Vergleich ist nicht nur deshalb problematisch, weil jenem Buch die humoristische Seite völlig fehlt, sondern weil er das eine oder andere verirrte Schäfchen auf die Idee bringen könnte, daß dort vielleicht auch verschwiegene Wahrheiten zu finden wären. Angesichts dessen, wie gut sich Pirinccis Buch derzeit verkauft, könnte man die Hitler-Vergleiche geradezu als Reklame für diesen mißverstehen. So wie bei Amazon, "Kunden, die dieses Buch gekauft haben, haben auch folgende gekauft..."
Warum sollte das aus Sicht von Mangold problematisch sein? Damit kann man doch den Diskussionsgegner nur um so besser verleumden. Ich weiß nicht mehr, wie oft ich schon das "Argument" gelesen habe, die These so-und-so sei falsch, weil sie AUCH von NPD-Mitglieder vertreten werde oder weil sie so ÄHNLICH sei zu Aussagen von Neonazis... die etwas moderne Variante dieser Nazi-Keule ist dann, eine Aussage sei falsch, weil AUCH von "Rechtsextremen" zu dieser Aussage Zustimmung käme...
So habe ich Mangolds Argumentationsmuster auch verstanden: Ihr werdet Euch doch nicht mit dem da gemein machen wollen? Das Witzige ist ja, dass gerade Mangold mit seinem Hitler-Vergleich der Diskussion einen Bärendienst erwiesen hat.
Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #53Ich habe etwas nachgedacht. Über die Einlassung von RA, dem ich wohl Recht geben muß, und die folgenden Beiträge. Wie zum Beispiel dem von Yossarian, dem ich innerlich, emotional auf Anhieb zustimmte (nur heißt das, dass dies die objektive Sicht ist?).
Ich kann mich an dieser Stelle nur Yossarian anschließen. Die 80er Jahre waren bei den vertretenen Meinungen deutlich vielfältiger. Schauen wir auf die Politik: Fraktionsvorsitzender der Union im Bundestag war ein Alfred Dregger, der heute als Rechtspopulist vom Parteiausschluss bedroht wäre. Ministerpräsident in Bayern ein gewisser Franz Josef Strauß, der nicht für übermäßig moderate Aussagen bekannt war. Die Grünen waren gerade dabei, bundespolitische Relevanz zu erlangen, mit den heute bekannten Forderungen und diversen radikaleren (darunter eben auch denen in Sachen "Sex mit Kindern"). Es gab eine kommunismusfreundliche Linke (wie wir heute wissen: vom SED-Staat finanziert).
Im öffentlich-rechtlichen Fernsehen waren nicht alle politischen Magazine links orientiert: Es gab das "ZDF-Magazin", es gab den "Report" aus München mit jeweils klar konservativem Profil. Die FAZ war im Politikteil stockkonservativ, die "Welt" im Grunde auch. Die "Zeit" war liberal geprägt. Die "taz" war noch radikales Experimentierfeld. Heute kennt das Land keine Zeitungen mehr, nur noch die "Süddeutsche" (mal in Abwandlung einer Aussage des ollen Wilhelms).
Gestritten wurde viel heftiger als heute, aber meiner Erinnerung nach hatte die Linke damals die Moral noch nicht für sich gepachtet. Auch von den Konservativen gab es moralisch getränkte Vorwürfe, die ihren Widerhall in den Medien fanden.
Heute ist das anders. Heute ist die Moral unbestritten links. Die vordergründige Absicht zählt als Tat, angebliche Rechte angeblich unterdrückter Minderheiten bestimmen die politische Diskussion. Sekundärtugenden, mit denen auf konservativer Seite in den 80ern noch argumentiert wurde, gelten als reaktionär. Richtig ist der Hinweis auf die 80er aber insofern, als dieser Prozess zu der Zeit einsetzte, personifiziert durch Kohl, der, eingerahmt von Herz-Jesu-Sozialisten wie Blüm oder Geißler, die schleichende Bewegung nach links schon so lange mitmachte, wie er sich dadurch an der Spitze halten konnte. Merkel kopiert ihn nur.
Die politische Freiheit in diesem Land wurde damals aber noch nicht als selbstverständlich empfunden. Man wusste: Es geht auch anders. Sicherheitspolitisch gab es zwar Illusionisten, die bestimmten aber nicht die Politik. Und die Vorgaben aus Brüssel hielten sich noch in einem erträglichen Rahmen.
Es ist schön und richtig, dass Deutschland wieder vereint ist, weil dadurch die Freiheit für die damals in den "Neuen Bundesländern" Lebenden und ihre Nachkommen ermöglicht wurde. Leider aber hat diese Vereinigung auch dazu geführt, dass die Möglichkeiten, für die notfalls mein Leben zu lassen ich damals mal gelobte, nicht nur nicht wahrgenommen, sondern mehr und mehr eingeschränkt wurden. Die Systemkonkurrenz fehlt wirklich, aber in einem ganz anderen Sinn, als es die Linke immer propagiert.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat) Je länger das Dritte Reich tot ist, um so stärker wird der Widerstand gegen Hitler und die Seinen. (Johannes Gross)
Zitat von Rayson im Beitrag #65Ich kann mich an dieser Stelle nur Yossarian anschließen. Die 80er Jahre waren bei den vertretenen Meinungen deutlich vielfältiger.....
Ich gebe dir Recht in deinem Befund. Ich habe zwar nur noch frühjugendliche Erinnerungen an die 80er, aber dein Befund deckt sich in etwa mit diesen. Ich würde sogar noch einen Schritt weiter gehen: Man denke an die RAF. Wenn es nicht gar Sympathie zu nennen ist, was einige Menschen in der Öffentlichkeit diesen im Kern totalitären Mördern entgegenbrachten, so doch zumindest einen Ansatz von Verständnis. Das hielt unserer Meinungsvielfalt anscheinend locker aus, die heute schon ihre Probleme mit Technokraten wie Sarrazin hat.
Die Frage ist, ob der Unterschied zwischen heute und damals mit „Zensur“ zu begründen ist. Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr komme ich zu dem Schluß das nicht.
Ich möchte es einmal bewußt provokant formulieren: Wäre es Zensur, wäre das ein begrüßenswerter Zustand. Warum? Dann hätten wir (die Gesellschaft) einen Angriffspunkt, einen „externen Schuldigen“ gegen den man vorgehen kann. Man hätte eine Chance nicht untätig sein zu müssen, man hätte etwas gegen das man versuchen kann vorzugehen: Nach dem Grundgesetz unrechtes staatliches Handeln.
Doch es ist nicht so. Es ist in Wahrheit in gewissem Sinne sogar schlimmer. Der Zustand den wir haben ist der, den die Mehrheit unserer Gesellschaft möchte – so sehr die Masse ihrer Individuen sich auch ständig über die Gestalter ihrer Gemeinschaft (die Politik) aufregt. Wir haben die Energiewende, Mindestlohn, Rentenwahn, das „parlamentarische Einparteienspektrum“ und vieles mehr, weil es genau das ist was die Menschen wollen, was die Gesellschaft als ihren gemeinschaftlichen Willen zum Ausdruck zu bringen imstande ist.
Wenn ich über den Umgang den ich mit Menschen pflege reflektiere, wird mir folgendes klar: Gleich wie (naturwissenschaftlich) gebildet, wie konservativ, wie vermögend sie sind, in allen sitzen diese Gedanken an „Verteilungsgerechtigkeit“, „Schöpfungsgerechtigeit“, „der Mensch als Vergewaltiger der Natur“, „Konsensglaube" und ähnliches ganz tief in ihrem Wesen. Ich bin manches Mal regelrecht schockiert darüber, welche Art von Gerechtigkeitsbegriff ich bei konservativ und liberal vermuteten Menschen finde. Diese Gedanken schlagen immer wieder durch und die Menschen merken gar nicht, dass ihnen durch diese eine rationale Sicht auf die Dinge verstellt ist. – Durch unüberwindliche, einmal akzeptierte falsche, Wahrheiten.
Dieser Zustand ist ein meinen Augen in einer Hinsicht schlimmer als Zensur, denn man kann ihn nicht ändern. – nicht ohne das Denken der Menschen zu ändern. Und dazu bräuchte es Argumente, welche heute nicht mehr satisfaktionsfähig sind oder Repression… und welcher Liberale kann das wollen? Den Teufel mit dem Beelzebub austreiben.
So gesehen erscheint mir der Befund einer vorhandenen Zensur fast schon wie die Flucht vor einer "schlimmeren Wahrheit": Die große Mehrheit der Individuen in unserer Gemeinschaft begibt sich freiwillig in diesen Zustand. Dieser Befund ist für mich selbst so schockierend, dass ich ihn eigentlich gar nicht denken möchte. Aber wenn es nicht so ist, warum wählen nicht einfach einmal 20% eine AFD? Ausschließlich um zu zeigen, dass es so im Konsens nicht weitergeht. Das Parteien wieder ein Profil schärfen müssen und nicht mit ihrem fett triefenden, ungesunden Einheitsbrei die Menschen weiter abfüllen können.
Über diesen Umstand hinaus gibt es glaube ich aber tatsächlich einen Effekt, den man leicht mit Zensur verwechseln kann: Er speist sich daraus, dass unsere Gesellschaft besonders aggressive Minderheiten besitzt, welche in Medien eine Majorität zu haben scheinen. Radikalfeministinnen, Genderwahnsinnige, Ökoweltenretter, Multikulti Jünger und ähnliches. Diese nutzen ihre gesellschaftliche Stellung (Marsch durch die Institutionen) dazu aus, ihre Gesinnung aggressiv zu vermarkten. Das sieht zwar im Ergebnis einer Zensur nicht unähnlich, ist aber keine. Und gerade weil sich diese „Denke“ in den Köpfen der meisten Menschen eben nicht wieder findet und wir keine Zensur haben, schaffen es auch Bücher wie die von Sarrazin oder Pirincci auf die Bestseller Listen und es ist möglich ein gesellschaftliches Gegengewicht zu schaffen.
Das Problem ist demnach zweigeteilt. Zum einen „aggressive Minderheiten an Schaltpositionen“, zum anderen „der konsensuale Volkeswille“. Um die ersten ist mir nicht bang. Sie sind zwar ärgerlich und Nerv tötend, aber sie werden „kassiert“ werden. Die Einengung des eigenen (rationalen) Spektrums durch Konsensstreben und gewünschter Verteilungsgerechtigkeit ist das, was mir Sorgen macht. Das ist keine Zensur. Es ist in einer Hinischt gar schlimmer als Zensur: Es ist zwangsläufiger.
Eine Frage ist, wie diese Entwicklung (seit den 80ern) so eintreten konnte. Ich bin mir mittlerweile nicht mehr so sicher, ob man sie mit dem geschickten Marketing von aggressiven Minderheiten („68er“) erklären kann. Der Gedanke, den ich jetzt ausspreche ist unausgegoren und ich bitte jeden sehr, diesen nicht persönlich zu verstehen, weil ich damit nichts über dezidierte Individuen sagen möchte - aber die zugrunde liegende Koinzidenz ist zu "verführerisch": Ich frage mich, ob nicht nach der Wiedervereinigung die in der DDR sozialisierten Menschen einen nachhaltigen Einfluss auf die Entwicklung unserer Gesellschaft genommen haben. Wenn Menschen, Familien, ganze Generationen über Jahrzehnte in dem propagierten Idealbild der „Zustandsgleichheit“ leben, dann kann das nicht völlig spurlos an ihnen vorüber gegangen sein. Ich kann es mir einfach nicht vorstellen, dass man dem so einfach entkommt. Dazu braucht es meines Ermessens große Reflektiertheit, wie auch große Anstrengung und Bereitschaft Schmerzen zu ertragen. Und die hat nicht jeder. Wahrscheinlich haben sie sogar nur wenige. Ich denke manchesmal, es kommt nicht von ungefähr das wir einen Bundeskanzler haben welcher in der DDR sozialisiert wurde und in letzter Zeit fallen mir auch immer mehr Züge an Merkel auf, wo ich feststellen muß dass ich sowohl ihren Freiheits-, wie auch ihren Gleichheitsbegriff für problematisch halte. Zumindest letzterer gehört für mich nicht in eine konservative Partei. Für ebenso problemtisch halte ich ihr Verständnis der Grundlagen einer parlamentarischen Demokratie (das leider viele heuzutage zu teilen scheinen): Wenn sie sagt, die Menschen müssen wieder mehr Vertrauen in die Politiker haben, möchte man ihr entgegen rufen: "Die parlamentarische Demokratie ist das institutionalisierte Mißtrauen der Menschen gegenüber ihren Politikern."
In der DDR gab es so etwas zumindest nicht.
Herzlich
nachdenken_schmerzt_nicht
\"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit.\" - Montesquieu
Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #66Wenn sie sagt, die Menschen müssen wieder mehr Vertrauen in die Politiker haben, möchte man ihr entgegen rufen: "Die parlamentarische Demokratie ist das institutionalisierte Mißtrauen der Menschen gegenüber ihren Politikern."
Ganz richtig, lieber nachdenken_schmerzt_nicht! Der Wunsch nach mehr Vertrauen von den Menschen erinnert an Mielkes "Ich liebe doch alle".
Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #66 Ich frage mich, ob nicht nach der Wiedervereinigung die in der DDR sozialisierten Menschen einen nachhaltigen Einfluss auf die Entwicklung unserer Gesellschaft genommen haben. Wenn Menschen, Familien, ganze Generationen über Jahrzehnte in dem propagierten Idealbild der „Zustandsgleichheit“ leben, dann kann das nicht völlig spurlos an ihnen vorüber gegangen sein. Ich kann es mir einfach nicht vorstellen, dass man dem so einfach entkommt. Dazu braucht es meines Ermessens große Reflektiertheit, wie auch große Anstrengung und Bereitschaft Schmerzen zu ertragen. Und die hat nicht jeder. Wahrscheinlich haben sie sogar nur wenige. Ich denke manchesmal, es kommt nicht von ungefähr das wir einen Bundeskanzler haben welcher in der DDR sozialisiert wurde und in letzter Zeit fallen mir auch immer mehr Züge an Merkel auf, wo ich feststellen muß dass ich sowohl ihren Freiheits-, wie auch ihren Gleichheitsbegriff für problematisch halte. Zumindest letzterer gehört für mich nicht in eine konservative Partei. Für ebenso problemtisch halte ich ihr Verständnis der Grundlagen einer parlamentarischen Demokratie (das leider viele heuzutage zu teilen scheinen): Wenn sie sagt, die Menschen müssen wieder mehr Vertrauen in die Politiker haben, möchte man ihr entgegen rufen: "Die parlamentarische Demokratie ist das institutionalisierte Mißtrauen der Menschen gegenüber ihren Politikern."
In der DDR gab es so etwas zumindest nicht.
Lieber nachdenken_schmerzt_nicht, da ist was dran. Als jemand, der bis 1961 in einer "Zwischenwelt" aufgewachsen ist, danach körperlich in Ostberlin in einer inneren Emigration (tagsüber war ich staatenlos und abends saß ich in der "Ersten Reihe"), hat mich diese Denkweise, vor allem bei Bekannten, bei denen ich das nie vermutet hätte, nicht nur verwundert, sondern auch befremdet. Diese Denkweise ist auf die stillen Sympathisanten der DDR in der früheren BR Deutschland gestoßen und hat dort eine unheilige Allianz gebildet.
Es gab in der DDR den Spruch, wenn etwas völlig Unverständliches und Sinnloses gemacht wurde: "Die Genossen werden sich schon was dabei gedacht haben". Das war ironisch gemeint. Merkels Werbung für "mehr Vertrauen" erinnert mich ganz fatal an diese Ansage. In diesem Punkt bin ich skeptisch. Da hat auch bei mir etwas DDR-Denken "abgefärbt", weil ich dem Lenin zugeschriebenen Auspruch zustimme: "Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser".
Ihren letzten Satz...
Zitat In der DDR gab es so etwas zumindest nicht.
...missverstehe ich jetzt mal absichtlich.
In meiner Jugend Anfang der 50ger, hörte ich ab und an mal den Spruch: "Bei Hitler war ja nun auch nicht alles schlecht". Bezogen auf die DDR höre ich jetzt auch immer mal wieder den Spruch: "die DDR mag gewesen sein wie sie will, aber es war damals nicht alles Schlecht, aber DAS......(hier mag jeder einsetzen was er will)... hat es nicht gegeben". Die menschliche Erinnerung ist sehr selektiv. Das merke ich bei mir auch. Manchmal muss ich mich bremsen, um nicht auch diesen Spruch zu sagen. Mein Gedächnis ist eben auch sehr eingeschränkt. Mit zunehmender Entfernung "vergisst" man das Unangenehme und glorifiziert die Vergangenheit. Das war die Quelle für alle Kriegserinnerungen unserer Vätergeneration. Na, jedenfalls sehr oft. Auch ich erzähle aus meiner Wehrdienstzeit nur die Schmankerl.
Aber zurück zu Merkel. Nein, ich werde ihr den Gefallen nicht tun und mein gesundes Misstrauen gegenüber der Politik und besonders den Politikern behalten. Auch wenn ich der Meinung bin, "es ist nicht alles Schlecht was sie machen".
LG, Paul
PS: Schon 1990 war ich im Westen. Jedenfalls habe ich dort gearbeitet. Zwangsläfig ergaben sich viele Gespräche mit den Westkollegen. Sie suchten das Gespräch mit mir. Sehr oft habe ich dann gehört: "Sie sind aber kein richtiger Ostler". "???" "Na die reden ganz anders." Das passierte mir immer wieder. Zunächst war ich erstaunt und auch ein bischen befremdet. Später war ich dann stolz über diese Einordnung und nahm sie als Beleg dafür, dass ich mir ein unabhängiges denken bewahrt habe. Übrigens zum Ende der DDR war ich als "Unabhängiger Bürger" Teilnehmer des Runden Tisches in Pankow. Die "Unabhängigkeit war und ist nicht immer vorteilhaft. Aber damit muss ich leben und kann es auch.
Zitat von Paul im Beitrag #68In meiner Jugend Anfang der 50ger, hörte ich ab und an mal den Spruch: "Bei Hitler war ja nun auch nicht alles schlecht". Bezogen auf die DDR höre ich jetzt auch immer mal wieder den Spruch: "die DDR mag gewesen sein wie sie will, aber es war damals nicht alles Schlecht, aber DAS......(hier mag jeder einsetzen was er will)... hat es nicht gegeben".
Beides sind Nullaussagen. Natürlich kann es gar nicht alles schlecht gewesen sein, denn nicht jeder Lebensumstand hat sich in der Zwischenzeit verändert. Die Menschen bekommen immer noch Kinder, und haben immer noch Familie - also kann man immer statuieren: "aber es war doch nicht alles schlecht". Die Arbeitnehmer haben zu jeder Zeit Geld bekommen. Es "war doch nicht alles schlecht".
Die Stossrichtung dieser Aussagen ist eine Relativierung. Mit Hilfe eines tatsächlichen vorhandenen "Nicht-schlecht-Seins" eines einzelnen Zustandes oder einer Begleiterscheinung (Familienleben war ja nicht schlecht in der DDR - immerhin hielt die Familie hoffentlich zusammen) wird versucht, das Bild eines nur an wenigen Stellen "schlechten" Systems zu vermitteln. Der Leser/Hörer soll folglich denken: "Das Familienleben war ja nicht schlecht, und dass wir alle Arbeit hatten, war ja auch nicht schlecht, und in der ZV haben wir nett zusammengesessen und Bier und Goldbrand getrunken - es war halt nicht schlecht, das Leben damals. Und dass Rentner von Sozialhilfe leben mussten (oder was auch immer) gab es auch nicht. Eigentlich war es damals besser..."
Zitat Die menschliche Erinnerung ist sehr selektiv. Das merke ich bei mir auch. Manchmal muss ich mich bremsen, um nicht auch diesen Spruch zu sagen. Mein Gedächnis ist eben auch sehr eingeschränkt. Mit zunehmender Entfernung "vergisst" man das Unangenehme und glorifiziert die Vergangenheit.
So funktioniert nun einmal das menschliche Gedächtnis. Und das ist auch gut so, denn an verarbeitete Traumata und Verletzungen und Übles möchte man sich ja auch nicht erinnern. Ich kann mich zwar daran erinnern, dass ich viele Male operiert wurde, teilweise in Not-OPs, aber daran, wie ich mich gefühlt habe, welche Angst ich bestimmt hatte und wie sehr das alles geschmerzt haben muss... kann ich mich nicht mehr erinnern. Gut, bei mir erinnert sich das Unterbewußtsein bzw. mein Nervensystem und das ist wohl auch der Ursprung meiner Fibromyalgie (und der Schmerzen, die ich jetzt erleide), aber mein Gedächtnis hat diese schmerzlichen, brutalen Dinge ausgeblendet - aus Selbstschutz. Und hätte meine Psyche das auch...
Zitat von Paul im Beitrag #68Ihren letzten Satz...
Zitat In der DDR gab es so etwas zumindest nicht.
...missverstehe ich jetzt mal absichtlich.
Lieber Paul,
danke für ihre Antwort.
Trotzdem dass Sie "absichtlich mißverstehen" möchte ich noch einmal klarstellen, was ja auch Sie im Kontext andeuteten: Mein Satz bezog sich direkt auf den Vorangestellten, nämlich dass es in der DDR kein institutionalisiertes Mißtrauen des Bürgers gegen den Staat gab und so diese Erfahrung in seinem Sozialisationsprozeß für gewöhnlich fehlte. Wenn ich dabei meine sehr persönliche Erfahrung ins Kalkül ziehe, dass Kindererziehung zu ganz wesentlichen Teilen durch Vorleben, Erleben und Nachahmen geprägt ist, scheint mir diese Tatsache ganz wesentlich. Kinder leben die Werte, welche man ihnen vorlebt und sie nutzen dazu die Verhaltensweisen, welche sie von geliebten Menschen kopieren. Etwas, das nicht da ist, kann ein Kind demnach nicht lernen.
Diese Aussage war keinesfalls wertend gemeint. Ich wollte einfach ein Faktum bennen, welches in seiner Wirkung möglicherweise weit reicht.
"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu
Zitat von adder im Beitrag #69Es "war doch nicht alles schlecht". Die Stossrichtung dieser Aussagen ist eine Relativierung.
Eine kleine "Off Topic" Anemerkung hierzu, weil ich sie für Wesentlich halte. Prinzipiell haben Sie ganz sicher Recht, dass diese Aussage oft in den Kontext eines Relativierungsansinnes gestellt ist. Auf der anderen Seite führt die beharrliche Verweigerung des Bewußtseins, dass auch in diesen totalitären Sytemen eben bei weitem nicht alles schlecht war, zu einer Fehleinschätzung: Diese Gesellschaften waren keine Höllen die rein durch das Böse determiniert waren. Es waren in weiten Teilen Gesellschaften mit gewöhlichem Alltag, positivem Erleben und vorhandenen persönlichen Werten die wir auch heute teilen würden, in denen TROZTDEM die Hölle möglich war.
"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu
Zitat von adder im Beitrag #69Es "war doch nicht alles schlecht". Die Stossrichtung dieser Aussagen ist eine Relativierung.
Eine kleine "Off Topic" Anemerkung hierzu, weil ich sie für Wesentlich halte. Prinzipiell haben Sie ganz sicher Recht, dass diese Aussage oft in den Kontext eines Relativierungsansinnes gestellt ist. Auf der anderen Seite führt die beharrliche Verweigerung des Bewußtseins, dass auch in diesen totalitären Sytemen eben bei weitem nicht alles schlecht war, zu einer Fehleinschätzung: Diese Gesellschaften waren keine Höllen die rein durch das Böse determiniert waren. Es waren in weiten Teilen Gesellschaften mit gewöhlichem Alltag, positivem Erleben und vorhandenen persönlichen Werten die wir auch heute teilen würden, in denen TROZTDEM die Hölle möglich war.
Deswegen schrieb ich ja auch, dass diese Aussagen Nullaussagen sind. Selbst in absoluten Terrorregimes gibt es einen gewöhnlichen Alltag, der relativ unbeeinflusst ist. Ausnahmen bestätigen meist die Regel, aber auch in Nordkorea wird es diese Leute geben, für die der Alltag zwar unglaublich entbehrungsreich ist, das Leben aber dennoch lebenswert. Und gerade aus diesem Grund ist die Aussage "es war doch nicht alles schlecht" in diesem Land unter diesem Regime eine Relativierung - denn das was gut war, war es normalerweise trotz des Regimes oder wäre auch in jedem anderen Kontext gut gewesen. Wer 1941 in England geheiratet hat, wird auch sagen, es sei nicht alles schlecht gewesen, obwohl er vielleicht zwei Tage später ausgebombt wurde. Aber deswegen würde doch keiner sagen: "es war doch nicht alles schlecht in der Battle of Britain" - oder "es war doch nicht alles schlecht im Dreißigjährigen Krieg".
Alleine die Formulierung ist schon relativierend. Die Tatsache akzeptierend, dass es Normalität in der Hölle gab, macht die Hölle nicht weniger schlimm. Sie dann mit der Normalität zu vergleichen, dass ja "nicht alles schlecht in der Hölle" war, das versucht zumindest, die Realität zu relativieren.
Zitat von adder im Beitrag #72Die Tatsache akzeptierend, dass es Normalität in der Hölle gab, macht die Hölle nicht weniger schlimm.
Das ist nicht der Punkt auf den ich hinaus möchte.
Ich denke, dass die beiden totalitären Systeme Deutschlands von den meisten Menschen heutzutage als singuläre Ausnahmezustände gesehen werden, die man an "jeder Kleinigkeit" des täglichen Lebens hätte erkennen müssen; dass ein Leben sich nicht normal anfühlen konnte in einem solchen Staat. Im Umkehrschluß führt dies möglicherweise oft zu der Schlußfolgerung, dass solange sich Leben normal anfühlt ein totalitärer Staat fern ist. Dieser Umkehrschluß ist in meinen Augen so falsch wie gefährlich und ursächlich dafür, dass viele Menschen totalitäre Denk- und Handlungsansätze heutzutage nicht in der Lage sind zu erkennen, weil ihrer Denkschemata, mit denen Sie hier arbeiten, von den falschen Prämissen ausgehen.
In meinen Augen handelt es sich dabei um einen großen Fehler, welcher vor allem in der Aufarbeitung des dritten Reiches gemacht wird.
Ich hoffe ich konnte mich in etwa verständlich machen.
Herzlich
nachdenken_schmerzt_nicht
"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu
Zitat von adder im Beitrag #72Deswegen schrieb ich ja auch, dass diese Aussagen Nullaussagen sind.
Und es sind vor allem auch Strohmann-Aussagen. Denn es behauptet ja überhaupt niemand, alles in der DDR wäre schlecht gewesen. Sondern die Kritik richtet sich gegen Staat, Regierung und SED-Diktatur.
Wenn überhaupt, dann kann man sagen: Fast alles was die SED-Regierung zu verantworten hatte, das war schlecht gewesen. Und das was gut war in der DDR-Gesellschaft, daß haben die Leute selber gemacht, ohne oder manchmal gegen den Staat.
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