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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 120 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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JenesuispasCharly ( gelöscht )
Beiträge:

18.01.2015 17:22
#26 RE: 5 Millionen Mal Satiremagazin Antworten

Zitat von Ludwig Weimer im Beitrag #23
Magdi Cristiano Allam, jetzt im Europaparlament,in Kairo geboren und muslimisch aufgewachsen, konvertiert zum Christentum und von Papst Benedikt XVI. getauft, schrieb schon vor 6 Jahren in seinem Buch "Europa cristiana":

"Ohne das Bewusstsein seiner Identität wird Europa sich immer mehr zu einem Niemandsland entwickeln und gleichzeitig damit in ein Land, das zu erobern ist."
Die Identität wird zerstört.
Kohl wurde als Patriot bezeichnet. Oder sein Patriotismus wurde abgestritten.
Heute gibt es das Wort "Patriot" noch, als Karteileiche.
Das ZDF (kann Link jetzt nicht bringen, war aber so) hatte schon mal die Deutschlandfahne mit rechtsradikal gleichgesetzt.
Kohl war deutsche Kanzler. Von Weizsäcker deutscher Bundespräsident.
Merkel und Gauck sind irgendwas mit Weltoffenheit, Toleranz, Menschenwürde. Deutsch ist pfui, bäh.

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 13.568

18.01.2015 17:48
#27 RE: 5 Millionen Mal Satiremagazin Antworten

Zitat von JenesuispasCharly im Beitrag #26
Das ZDF (kann Link jetzt nicht bringen, war aber so) hatte schon mal die Deutschlandfahne mit rechtsradikal gleichgesetzt.


Es handelt sich um die Kindersendung "tivi" vom 29.12.2014. Beim ZDF ist der Beitrag mittlerweile nicht mehr vorgehalten (üblicherweise werden die Beiträge nur eine Woche abrufbar gehalten; es ist müßig, hier böse Absichten unterstellen zu wollen).
Nachzusehen hier: https://www.youtube.com/watch?v=-fBs7QHF5GA im 1. Beitrag; der inkrimierte Passus findet sich bei 1:04-1:15.

Davon abgesehen ist der Ton Ihres Beitrages diesem Forum nicht angemessen. Pauschales Schimpfen fördert weder Erkenntnisse noch Dialog, sondern setzt höchstens über die Befindlichkeit des Schimpfenden in Kenntnis.

JenesuispasCharly ( gelöscht )
Beiträge:

18.01.2015 18:11
#28 RE: 5 Millionen Mal Satiremagazin Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #27
Zitat von JenesuispasCharly im Beitrag #26
Das ZDF (kann Link jetzt nicht bringen, war aber so) hatte schon mal die Deutschlandfahne mit rechtsradikal gleichgesetzt.


Es handelt sich um die Kindersendung "tivi" vom 29.12.2014. Beim ZDF ist der Beitrag mittlerweile nicht mehr vorgehalten (üblicherweise werden die Beiträge nur eine Woche abrufbar gehalten; es ist müßig, hier böse Absichten unterstellen zu wollen).
Nachzusehen hier: https://www.youtube.com/watch?v=-fBs7QHF5GA im 1. Beitrag; der inkrimierte Passus findet sich bei 1:04-1:15.

Davon abgesehen ist der Ton Ihres Beitrages diesem Forum nicht angemessen. Pauschales Schimpfen fördert weder Erkenntnisse noch Dialog, sondern setzt höchstens über die Befindlichkeit des Schimpfenden in Kenntnis.

Wenn Sie mir jetzt noch sagen, was Sie mit "Ton" meinen, werde ich ernsthaft darüber nachdenken.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

18.01.2015 19:38
#29 RE: 5 Millionen Mal Satiremagazin Antworten

Zitat von JenesuispasCharly im Beitrag #28
Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #27
Zitat von JenesuispasCharly im Beitrag #26
Das ZDF (kann Link jetzt nicht bringen, war aber so) hatte schon mal die Deutschlandfahne mit rechtsradikal gleichgesetzt.


Es handelt sich um die Kindersendung "tivi" vom 29.12.2014. Beim ZDF ist der Beitrag mittlerweile nicht mehr vorgehalten (üblicherweise werden die Beiträge nur eine Woche abrufbar gehalten; es ist müßig, hier böse Absichten unterstellen zu wollen).
Nachzusehen hier: https://www.youtube.com/watch?v=-fBs7QHF5GA im 1. Beitrag; der inkrimierte Passus findet sich bei 1:04-1:15.

Davon abgesehen ist der Ton Ihres Beitrages diesem Forum nicht angemessen. Pauschales Schimpfen fördert weder Erkenntnisse noch Dialog, sondern setzt höchstens über die Befindlichkeit des Schimpfenden in Kenntnis.

Wenn Sie mir jetzt noch sagen, was Sie mit "Ton" meinen, werde ich ernsthaft darüber nachdenken.


Ich sag's Ihnen ganz konkret: Bei nächsten Mal werden Sie gesperrt. Ohne Erklärung.

Viele Grüße, Erling Plaethe



Je suis Charlie

Emulgator Offline



Beiträge: 2.833

18.01.2015 19:39
#30 RE: 5 Millionen Mal Satiremagazin Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #22
So auch bei der Pöbelei in Frankfurt:

Zitat von FAZ, Meine zerrissene Mohammed-Karikatur
Für mich seien alle Religionen gleich viel wert, es gebe aus meiner Sicht keine absolute Wahrheit. Darauf fragte er mich nach der Weihnachtsgeschichte, um anzumerken, dass in der Bibel vieles nicht stimme.

Der islamische Prediger hat ganz offensichtlich keine realistische Vorstellung davon, wie wenig ernst die Leute hier im allgemeinen die Bibel und die Weihnachtsgeschichte nehmen.

Er meint, die Ignoranz der Nichtchristen sei Ignoranz der Christen. Wie kommt er sonst auf die Idee, auf die unchristlich-relativistische Aussage, alle Religionen seien gleich viel wert, mit Kritik an der Weihnachtsgeschichte zu antworten?

Mir hätte es Spaß gemacht, auf diesen Zeitgenossen zu treffen. Da hätte ich mir erstmal erzählen lassen, was seiner Meinung mit der Weihnachtsgeschichte nicht stimmt.

Zitat von Fluminist im Beitrag #22
Es ist mir selbst auch schon im Gespräch mit (saudischen) Moslimen aufgefallen, daß sie den Stellenwert des Christentums in Westeuropa völlig überschätzen. Diese Leute haben ihre eng und starr gehaltene Weltsicht und sehen auch uns aus dieser festen Perspektive. Und dann erwarten wir, daß sie ohne weiteres mit einer offenen Gesellschaft und einem so eigenartigen Konzept wie Humor umgehen können sollen. Das kann ja nicht gutgehen.
Können Sie uns mehr über das berichten, was die Saudis meinten? Ich habe mal beobachtet, daß bei gläubigen Schiiten in Deutschland gewissenhaft gelebte katholische Frömmigkeit überwiegend begrüßt wird, moderne Kirchenfeindlichkeit hingegen eher verstörend wirkt.

Wenn wir umgekehrt von dem Islamismus sprechen, dann stülpen wir dann nicht unsere individualistische Sichtweise den islamischen Ländern auf? Wird eine Heterogenität, in der es mal Islamisten, mal gemäßigte gibt, in islamischen Ländern überhaupt gesehen?

Ich selber schätze überhaupt nicht den Terminus "Islamismus". Was vielleicht gedacht war, um nicht den ganzen Islam in Kollektivhaft nehmen zu müssen, funktioniert schon sprachlich nicht. "Salafismus" ist übrigens auch so ein Fall: In der von König Abdullah von Jordanien initiierten Botschaft aus Amman wird mißbilligt, die salafistische Richtung --was immer das freilich heißen will-- als unislamisch zu bezeichnen. Desgleichen wirken auf mich sehr irritierend die (erzwungenen?) Aussagen von muslimischen Funktionären, die Terroristen seien keine Muslime, denn eigentlich dürften sie selber es nicht glauben.

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 13.568

18.01.2015 20:54
#31 RE: 5 Millionen Mal Satiremagazin Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #30
Ich habe mal beobachtet, daß bei gläubigen Schiiten in Deutschland gewissenhaft gelebte katholische Frömmigkeit überwiegend begrüßt wird, moderne Kirchenfeindlichkeit hingegen eher verstörend wirkt.


Es gibt ja in der strengen islamischen Auslegung (ob man das tolerante "Ramadan"-Laisser-faire als "Auslegung" bezeichnen kann, ist eine andere Geschichte) vier Arten des Nicht-Moslem-Seins, mit unterschiedlicher Gewichtung. Zum einen die Angehörigen der Religionen des Buches, denen man Toleranz erweisen soll, denen also der Dhimmi-Status zukommt - die hatten einmal die Offenbarung, haben sie aber verfälscht (wofür die gegenwärtigen Gläubigen nichts können); dann die Heiden - Buddhisten, Zoroastrier pp. - die Götzendienst betreiben; dann die Ungläubigen, weil sie Religion & jede Vorstellung von Gott prinzipiell verwerfen; schließlich die vom Islam Abgefallenen, weil die "in der Gnade waren" & das mit Vorsatz verworfen haben (weswegen die ärgsten Höllenstrafen ihnen bestimmt sind). Da irritiert ein Umzug aus der 1. in die 3. Wagenklasse schon.

"The boiler was filled with lager beer,
And the devil himself was the engineer;
The passengers were a most motley crew-
Church members, atheist, Gentile, and Jew.

And out of the distance there arose a yell.
"Ha, ha," said the devil, we're nearing hell!"
Then, oh, how the passengers all shrieked with pain
And begged the devil to stop the train!" (The Hell-Bound Train, c.1870)

https://www.youtube.com/watch?v=0NKcKiC0O40

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

18.01.2015 21:02
#32 RE: 5 Millionen Mal Satiremagazin Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #30
Mir hätte es Spaß gemacht, auf diesen Zeitgenossen zu treffen. Da hätte ich mir erstmal erzählen lassen, was seiner Meinung mit der Weihnachtsgeschichte nicht stimmt.

Davon würde ich mir nicht zu viel versprechen, lieber Emulgator. Nach meiner Erfahrung sind, selbst und gerade wenn man sich für Religionen interessiert, die glühenden, von Missionseifer erfüllten Anhänger einer bestimmten Religion ausgesprochen uninteressante Diskussionspartner. Die ersten paar Minuten können informativ sein, wenn man die spezifischen Tiraden noch nie vorher gehört hat, aber dann macht sich sehr bald unangenehm bemerkbar, daß ihnen der komparative Forschergeist völlig fehlt.
Zitat von Emulgator im Beitrag #30
Zitat von Fluminist im Beitrag #22
Es ist mir selbst auch schon im Gespräch mit (saudischen) Moslimen aufgefallen, daß sie den Stellenwert des Christentums in Westeuropa völlig überschätzen. Diese Leute haben ihre eng und starr gehaltene Weltsicht und sehen auch uns aus dieser festen Perspektive. Und dann erwarten wir, daß sie ohne weiteres mit einer offenen Gesellschaft und einem so eigenartigen Konzept wie Humor umgehen können sollen. Das kann ja nicht gutgehen.
Können Sie uns mehr über das berichten, was die Saudis meinten? Ich habe mal beobachtet, daß bei gläubigen Schiiten in Deutschland gewissenhaft gelebte katholische Frömmigkeit überwiegend begrüßt wird, moderne Kirchenfeindlichkeit hingegen eher verstörend wirkt.

Die Sache ist nun schon etliche Jahre her. Es waren wohlgemerkt keine professionellen Prediger oder Missionare, sondern Leute, mit denen ich beruflich länger zu tun hatte, und die einmal - ich verstand und verstehe das als Zeichen der Sympathie und Freundschaft - den Versuch unternahmen, meine Seele zu retten. Und dabei gingen sie ganz selbstverständlich vom Christentum als Basis aus und versuchten zu beweisen, inwiefern der Islam diesem überlegen und noch wahrer sei. Im Mittelalter hätte diese Art der Argumentation möglicherweise gefruchtet, aber daß inzwischen Voltaire, Diderot & Co bei uns ihr Werk verrichtet haben, haben sie offenbar noch nicht mitbekommen. Oder es könnte auch sein, daß jeder, der nicht zumindest gläubiger und aktiver Christ ist, sich nicht einmal als Dhimmi qualifiziert und ohnehin abgeschrieben und der Vernichtung geweiht ist.
Ich habe das damals höflich abgewürgt und nicht weiter verfolgt. Mit Mormonen habe ich einmal länger gesprochen (und dabei die oben genannte Erfahrung bestätigt), aber beim Islam ist mir ehrlich gesagt das Eisen zu heiß.
Zitat von Emulgator im Beitrag #30
Wenn wir umgekehrt von dem Islamismus sprechen, dann stülpen wir dann nicht unsere individualistische Sichtweise den islamischen Ländern auf?

Das ist ein sehr interessanter Gedanke. Ich glaube, daß auch bei denen, die meinen, der Islam gehöre zu Deutschland, das Verständnis des Islam nicht immer so tief ist wie es sein müßte.

Geier Offline



Beiträge: 12

18.01.2015 21:28
#33 RE: 5 Millionen Mal Satiremagazin Antworten

Vielen Dank für den aktuellen Beitrag von Ludwig Weimer „5 Millionen Mal Satiremagazin“ vom 15.01.2015, in dem es ihm gelingt, von der „nebensächlichen“ Deutung des Terroranschlags in Paris auf die „Hauptsache hinzuweisen, dass die „mörderische Abrechnung“ vor allem dem Judentum gilt und bohrende Fragen stellt wie z.B.: „ Warum wollen tausende Juden aus Angst auswandern?“ oder „Jeder will Charlie sein, aber kein Jude?“

Diese Frage beantwortete ein Leser des Münchner Merkur zum Thema „Grenzen der Freiheit"; Leserbriefe 13. Januar“ so: „Ich bin nicht Charlie. Damit will ich nicht sagen dass ich diese Tat nicht auch verabscheue und nicht akzeptieren kann, dass so etwas passieren darf. Aber ich würde es sehr begrüßen, wenn die Menschen nun auch aus Solidarität bekunden würden: Ich bin Jude.“

Was es bedeutete, Jude in Deutschland zu sein, bezeugt der vor kurzem verstorbene Ralf Giodarno in seinem Buch „Erinnerungen eines Davongekommenen“ ausführlich und stellt abschließend fest: „Mein Leben ist mir immer wie ein Traum vorgekommen, seine Himmel und seine Höllen auch. Und so werde ich denn erst durch den Tod aus ihm erwachen“

Mit freundlichen Grüßen

Alfred Geier

Simon Offline



Beiträge: 334

18.01.2015 22:16
#34 RE: 5 Millionen Mal Satiremagazin Antworten

Jetzt ist mir L. Weimer mit seinem aufrüttelnden Beitrag und seiner Frage am Schluss "... Muss es so kommen?" zuvorgekommen. Ich bleibe bei meiner Gedankenführung und vielleicht kann sie als eine Art (gewagte) Antwort gesehen werden.

Zitat:

"Der islamische Prediger hat ganz offensichtlich keine realistische Vorstellung davon, wie wenig ernst die Leute hier im allgemeinen die Bibel und die Weihnachtsgeschichte nehmen.
Es ist mir selbst auch schon im Gespräch mit (saudischen) Moslimen aufgefallen, dass sie den Stellenwert des Christentums in Westeuropa völlig überschätzen. Diese Leute haben ihre eng und starr gehaltene Weltsicht und sehen auch uns aus dieser festen Perspektive. Und dann erwarten wir, dass sie ohne weiteres mit einer offenen Gesellschaft und einem so eigenartigen Konzept wie Humor umgehen können sollen. Das kann ja nicht gutgehen.


Fluminist, Gestern 23:40"

Sehr geehrter Fluminist,
Ihre Beobachtung(en) finde ich beachtenswert - gerade auch im Zusammenhang mit dem, was mir Herr Weimer eine Stunde vor Ihrem Beitrag geantwortet hat. Er tritt ein für das Offensein und das Zusammenwirken, für das "Wir-Gefühl der Freien"; für eine engagierte Meinungsbildung in diesem Forum -
vgl. wörtlich:

Zitat:Lieber Herr Simon,

das "wir" in diesem Beitrag meint unbestimmt alle Europäer und zugleich meine Identifizierung mit denen, die unsere Errungenschaften und die Freiheit verteidigen wollen, die sich also Gedanken machen und so gleichsam eine stille Gemeinde im Land oder auch eine redselige Bloggergemeinschaft im Netz bilden. Und es kommt dabei immer eine gewisse Solidarität (wo eine echte Schicksalsgemienschaft nicht der Fall oder möglich ist) mit denen hinzu, die gerade zu Opfern gemacht werden, also
z. B. aktuell mit den Juden in Frankreich und hierzulande. Ich sage "wir", weil man da nicht "man" sagen kann, denn es handelt sich da um eine zugleich kosmopolitische Weite und geistesgeschichtlich-verwandte Familiarität.

Es geht nicht um ein Bejahen jedes Einfalls im französischen Satireorgan (manche Zeichnungen finde ich nur obszön statt geistreich) oder um eine Verdoppelung in Deutschland, sondern um die Anerkennung des Mutes von Atheisten, alles Hohle und Lügenhafte aufzudecken. Hierin, in ihrer Klarsicht und ihrem Mut, fühle ich den Anruf zu einem Wir-Gefühl der Freien."


Werter Fluminist, Sie konstatieren in Bezug auf den Beitrag 21 von Emulgator und in Bezug auf den Prediger im Link "FAZ, Meine zerrissene Mohammed-Karikatur" mit den Augen eines religiösen Betrachters aus dem Islam in "christlichen Ländern wie Frankreich (!)" ein gewisses Defizit. Dieses "Defizit" ist tatsächlich vorhanden und für jeden sichtbar. Vor allem, wenn man bedenkt - wie Sie zitieren -, wer alles - abgesehen von den praktizierenden Christen - als potentielle "Christen" gesehen werden kann - gesehen wird . Zu dieser Sicht trägt noch die kollektivistische Brille und die ungewohnte individuelle Freiheit, insbesondere der freien Religionsausübung bei. - Dazu möchte ich - vielleicht auch für manchen in ungewohnter Weite - etwas anmerken, und zwar mit Hilfe von zwei Stichworten, die Sie mir geben: 1. "gewissenhaft fasten, beten und Almosen geben"..."dass sie ihren Immerhin-noch-Schriftglauben nicht mehr treu praktizieren" und 2. " im allgemeinen die Bibel und die Weihnachtsgeschichte":

Zu 1: Dieses feststellbare "Defizit" müsste keinen Christen und keinen ernstzunehmenden aufgeklärten Europäer in unüberwindbare Gewissensnot bringen. Es gilt: Nicht erst die Französische Revolution von 1789 etc. brachte der Welt "Aufklärung" - mit allen Segnungen und Defiziten in der westlichen Welt und ihren Folgen für die ganze Welt. Sondern die im geschichtlichen Rahmen des Volkes Israel sich Schritt für Schritt durchsetzende biblische Offenbarung mit seiner Erkenntnis, dass jeder Mensch gleich-wertig (!) ist vor Gott und in freiem Dienst an der für den Menschen geschaffenen Welt Gott zur Ehre gereichen kann, ist die eigentliche Revolution (!), die alles ins Rollen brachte, aber von uns Abendländern, die es besser wissen müssten, so verkannt wird. - Herr Weimer hat weiter oben einmal die Bemerkung gemacht: Religion und Religion muss nicht gleichbedeutend sein. - Das von Moslems Angemahnte gehört in den Bereich des Allgemein-Religiösen. Dies, "Religion" im Sinne von: was Gott geschuldet wird, wird in der Schrift der Juden und Christen, der Bibel, nicht abgelehnt. Es war (und ist - geschichtlich gesehen) sogar der "Mutterboden", auf dem sich in einem religionskritischen Prozess die eigentliche Revolution ereignen konnte und gegenwärtig wieder arg in Wehen liegt. Das "Religiöse" wird in der Bibel - in einer ersten Vollendung im NT - in gewisser Weise auf einer anderen Ebene überboten: Im Gottesvolk darf es keinen Armen geben. Die Gottesliebe steht und fällt mit der Bruderliebe; in den Bereich der Bruderliebe gehört auch der Fremde, der in seiner Nähe wohnt und ihm sogar zum Feind werden kann, aber trotzdem der Liebe wert bleibt. Die empfangene Gottesliebe verpflichtet zur Bruderliebe. Diese verherrlicht (religiös gesprochen) - auf ganz säkulare Weise - Gott. Sie verlangt, mehr als es jedes geregelte Allmosen geben kann, vor Gott die ganze menschliche Solidarität untereinander. Im Wort und Tun des Jesus, dem Messias-Christus, verdeutlicht, "klärt" und erfüllt sich dieser prophetische Anspruch. Zusammengefasst: Der lebendige Gott braucht diese "Opfer" des Menschen nicht; es sei denn, sie dienen einer befriedeten Gesellschaft. Die Wahrheit und Geltung dieser Botschaft besiegelte der Jude Jesus mit seinem qualvollen Kreuzestod ... -

Und damit bin ich bei Punkt 2: die Bibel im Allgemeinden und die Weihnachtsgeschichte (im Besonderen):
- Ich merke aber: Ich geriet ins Dozieren. Deshalb nur noch soviel : Die Bibel der Christen umfasst das AT im Umfang der (jüdischen) Septuaginta und die 27 Schriften des NTs. Der Versammlung des 2. Vatikanischen Konzils (1962-1965) der Katholischen Kirche ist es gelungen, für moderne Ohren zu definieren: Das Wort der Bibel ist Gottes Wort in Menschenwort. Papst Benedikt XVI. - d e r große Theologe unserer Zeit - umschrieb (abschließend) die praktische Folge davon einmal kurz so: Im Christentum wurde das Vernünftige zur Religion. - Die "Weihnachtsgeschichte" (es gibt zwei, gemeint ist wohl die im Evangelium nach Lukas) als Kern der Römischen Liturgie am 25. Dezember, zu der sich noch die meisten Christen Europas in den Kirchen einfinden, ist natürlich Teil der biblischen Offenbarung, ganz in sie eingebettet und ohne sie nicht verstehen. Natürlich hat sie - wie vorher kurz angedeutet - viel mit der allgemeinen Menschenfreundlichkeit zu tun: Franz von Assisi versuchte dieses Wunder der biblischen Schrift für seine Zeit zu veranschaulichen, Luther verfasste das Lied "Vom Himmel hoch, da komm ich her" für das familiäre Weihnachten mit Kindern ... Der Inhalt der Weihnachtsgeschichte im Evangelium des Lukas aber ist nüchtern: Zur Zeit des Kaisers Augustus, der sich in seinem Reich wegen seiner Verdienste um die Pax Romana "Retter" nennen ließ, wird der geboren, der sich für die Verwirklichung der vernünftigen göttlichen Botschaft ans Kreuz schlagen ließ. Um auszuformulieren, dass Christus der eigentliche "Retter" ist, bedurfte es des Häufleins von christlichen Gemeinden, die untereinander die "Botschaft der Engel an die Hirten" verwirklichten.

Simon

Frank Böhmert Offline




Beiträge: 927

18.01.2015 22:18
#35 RE: Zur Interpretation der Titelkarikatur Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #18
Ich denke, das Titelbild ist absichtlich mehrdeutig und vielschichtig. Das ist die Antwort der Vertreter einer aufgeklärten, die Komplexität der Wirklichkeit anerkennenden und in ihrem geistigen Vokabular erfassen könnenden Gesellschaft auf die Bescheuklappten, die alles kurz und klein schlagen, unterwerfen und vernichten wollen, was nicht in ihren eindimensionalen Kram paßt, weil dieser Kram auf so schwachen Füßen steht, daß sie eine grauenvolle Angst vor jeder Abweichung und Infragestellung haben müssen.

So sehe ich das auch.

Charlie Hebdo war übrigens heute Nachmittag am Alexanderplatz in Berlin ausverkauft. Was mich eigentlich noch mehr gefreut hat, als wenn ich eine Ausgabe bekommen hätte.

Daska Offline




Beiträge: 245

19.01.2015 08:23
#36 RE: Zur Interpretation der Titelkarikatur Antworten

Zitat von Simon im Beitrag #9

Es gibt eine ganze Reihe christlicher Forscher, darunter auch islamische Gelehrte, die sich theologisch-kritisch mit diesen Anfangs-Zusammenhängen befassen.


Shalom, Simon,
danke für diesen Hinweis. Sie werden an dieser Stelle absichtlich keine Namen und Buchtitel genannt haben. Nun wäre ich dankbar über den einen oder anderen kleinen Hinweis, dann recherchiert es sich gleich viel leichter, ... . FALLS das möglich wäre.
Beste Grüße
Daska

Reisender ( gelöscht )
Beiträge:

19.01.2015 09:12
#37 RE: 5 Millionen Mal Satiremagazin Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #30
Desgleichen wirken auf mich sehr irritierend die (erzwungenen?) Aussagen von muslimischen Funktionären, die Terroristen seien keine Muslime, denn eigentlich dürften sie selber es nicht glauben.


Das tun sie auch nicht. Beide sind Teil des Kleinen Dschiad. Der eine Teil ist gewalttätig und er andere nicht. Den nicht gewalttätige Teil bilden die Islamverbände bzw. der Koordinationsrat der Muslime in Deutschland. Auch sie wollen ja die Welt wieder zum rechten Verhalten (=Glauben) führen. Nur gehen sie den Weg durch die Instanzen.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.833

19.01.2015 10:13
#38 RE: 5 Millionen Mal Satiremagazin Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #32
Davon würde ich mir nicht zu viel versprechen, lieber Emulgator. Nach meiner Erfahrung sind, selbst und gerade wenn man sich für Religionen interessiert, die glühenden, von Missionseifer erfüllten Anhänger einer bestimmten Religion ausgesprochen uninteressante Diskussionspartner. Die ersten paar Minuten können informativ sein, wenn man die spezifischen Tiraden noch nie vorher gehört hat, aber dann macht sich sehr bald unangenehm bemerkbar, daß ihnen der komparative Forschergeist völlig fehlt.
Mit der Erwartungshaltung bringt so eine Diskussion auch nichts. Man muß sich in Klaren darüber sein, daß Weltanschauungen bei allen Menschen von der Verarbeitung und Einordnung individueller Erfahrungen und Sehnsüchte motiviert sind, auch wenn die jeweiligen Wortführer es anders darstellen. Das gilt für Voltaire wie für Luther, Mohammed, Pierre Vogel, Päpste, Prälaten und Propheten. Auch für mich. Daher sind derlei Gespräche stets Begegnungen auf ganz persönlicher, subjektiver Ebene. Es werden dort die Verschiedenheiten der Biographien und sozialen Umfelder deutlich, die nie uninteressant sind.

Aber das ist nur der Hintergrund. So etwas anzusprechen, wäre eine Torheit, weil man so die Gesprächsgrundlage sofort verdirbt. Ebenso kann man nicht meinen, mit den dogmatischen Grundlagen der eigenen Weltanschauung etwas zu erreichen. Allerdings kann man aus dieser Überlegung und eleganter Ausnutzung der üblichen Argumentationswege (die nie in sich geschlossen und widerspruchsfrei sein können) beim Diskussionsparter einige Überzeugungen erschüttern.


Zitat von Fluminist im Beitrag #32
Und dabei gingen sie ganz selbstverständlich vom Christentum als Basis aus und versuchten zu beweisen, inwiefern der Islam diesem überlegen und noch wahrer sei. Im Mittelalter hätte diese Art der Argumentation möglicherweise gefruchtet, aber daß inzwischen Voltaire, Diderot & Co bei uns ihr Werk verrichtet haben, haben sie offenbar noch nicht mitbekommen.
Auch im Mittelalter hätte das nichts gebracht. Die Meinung solcher Muslime, was Christen treiben, speist sich aus dem Koran, dessen Vorstellungen vom Christentum mit guten Willen allenfalls auf längst ausgestorbene häretische Christen zurückgeführt werden können, wenn nicht gar auf ganz platte Mißverständnisse Mohammeds. Bei rechtgläubigen Christen läuft so etwas ins Leere. Und sie können ganz genau sagen, warum. Das wäre eine Entdeckung für solche Muslime.

Zitat von Fluminist im Beitrag #32
beim Islam ist mir ehrlich gesagt das Eisen zu heiß.
Ich kann verstehen, wenn man Geschäftspartner oder Kollegen nicht aus religiösen Gründen verprellen will. Aber gerade beim Islam und bei wilden Tieren sollte man keine Angst zeigen, weil Einschüchterungspotential und militärische Überlegenheit schon von Mohammed als Beweis für Richtigkeit der eigenen Religion verwendet wurde. In Israel weiß man das. Im Westen, der die eigene Prägung durch einen Gott, der sich trotz Seiner Hinrichtung durchsetzt, auf andere Kulturen überträgt, weiß man das nicht. Israel hat 70 Jahre überstanden, im Westen kann man nicht einmal mehr im eigenen Land demonstrieren.

Zitat von Fluminist im Beitrag #32
Zitat von Emulgator im Beitrag #30
Wenn wir umgekehrt von dem Islamismus sprechen, dann stülpen wir dann nicht unsere individualistische Sichtweise den islamischen Ländern auf?

Das ist ein sehr interessanter Gedanke. Ich glaube, daß auch bei denen, die meinen, der Islam gehöre zu Deutschland, das Verständnis des Islam nicht immer so tief ist wie es sein müßte.
Da gab es letzten Advent tatsächlich den Beweis für, als in den Medien der Vorschlag auftauchte, Christen müßten als Zeichen der Toleranz für den Islam auch islamische Lieder im Gottesdienst singen. Dummerweise spricht sich der Koran selber gegen Gesang aus.

Ludwig Weimer Offline



Beiträge: 292

19.01.2015 11:25
#39 RE: 5 Millionen Mal Satiremagazin Antworten

Gedanken als Zwischenbericht:

Weil islamische Gläubige unsere Pressefreiheit bis hin zu Karikaturen über Gott und seine Propheten nicht verstehen, sondern sich das Recht nehmen, zu bestrafen und zu töten, so wie sie auch die Meinungsfreiheit innerhalb der Konfessionen des Islam und die Religionsfreiheit nicht dulden wollen, kam es so weit, dass Juden aus Frankreich fliehen wollen, müssen: „Eine Freundin rief mich an: Glaubst du, wir sollten ausreisen? – Wohin, fragte ich zurück“ (Gila Lustiger, Wir sind Charlie, aber wer bin ich?, in: Die Welt, 17.01.15).

In Nigeria tötet Boko Haram alle, sogar Muslime, wenn diese nicht für die Errichtung eines Kalifats einstehen. Tausende fliehen.

Der Westen versteht, dass und warum jene nicht verstehen, aber er kann sich dennoch nicht einschüchtern lassen. Auch wenn Karikaturisten und Juden ermordet werden. Über die risikobereiten toten Zeichner las ich die berührenden Sätze: „… die waren, wie alle guten Satiriker, Humanisten, ‚Gekränkte Idealisten‘, wie es Kurt Tucholsky einmal formulierte. Ihr Antrieb war die Verzweiflung über inhumane Verhältnisse in der Welt, gegen die sie ihre Waffen richteten: den Humor“ (Deniz Yücel, Das beschissene „Aber“, in: Die Welt, 10.01.15).

Der Papst und die russische Medienaufsicht haben – aus sehr unterschiedlichen Gründen - solche Karikaturen einen Verstoß gegen die Ethik genannt.
Die Verurteilung der Morde teilen aber alle Vernünftigen, sogar die Arabische Liga. Auch wenn die sunnitische Al-Azhar-Universität in Kairo mit einer feinen Zusatzklausel die Ablehnung der Pressefreiheit dennoch einbringt: Auch wenn die Opfer „gegen heilige muslimische Gefühle verstoßen“ haben sollten, dürfe nicht Gewalt angewendet werden.

Wer von uns, in unseren Breiten, kann so etwas nachfühlen, wie das ist, nach einer Nachricht zum Tagesgeschehen sofort an Wegzugspläne denken zu müssen? Können wir es nachfühlen, wird uns als Lösung bleiben: Damit ein Zeichner nicht aus Todesangst den Mut verlieren muss, müssen alle Zeichner sein: möglichst viele die Zeichnungen drucken, kaufen. „Ich bin Charlie“, auch wenn ich kein gekränkter Idealist bin. Sondern Realist mit ‚heiligen Gefühlen‘.

Mit Grüßen
Ludwig Weimer

Emulgator Offline



Beiträge: 2.833

19.01.2015 12:58
#40 RE: 5 Millionen Mal Satiremagazin Antworten

Zitat von Ludwig Weimer im Beitrag #39
Der Westen versteht, dass und warum jene nicht verstehen,
Ich glaube nicht, daß der Westen das versteht. Was dem Westen die Presse- und Meinungsfreiheit ist dem Muslim das Ansehen des Propheten: Ein Eckpfeiler der gesellschaftlichen Regeln. Es ist klar: Das Ansehen des Propheten hilft der Akzeptanz der von ihm in die Welt gesetzten Regeln als heilige Regeln. Aber welchem Zweck dient die Presse- und Meinungsfreiheit? Gibt es einen? Wenn nicht, warum ist sie uns so wichtig, um nicht zu sagen heilig? Und wenn es einen Zweck gibt, darf dann Satire, die sich auf diese Freiheiten beruft, diesem Zweck zuwiderlaufen? Da erscheint mir der fanatische Muslim durchaus vernünftiger und verständiger als "der Westen", auch wenn mir das Ergebnis nicht gefällt.

Zitat von Ludwig Weimer im Beitrag #39
aber er kann sich dennoch nicht einschüchtern lassen.
Das ist völlig richtig, nur warum sollte er sich nicht einschüchtern lassen? Die Apostel waren fröhlich, daß sie für würdig erachtet wurden, Leid zu ertragen. Und der Herrgott erinnerte uns, wie unsinnig es ist, sich vor jemanden zu fürchten, der den Leib töten kann und danach völlig machtlos ist. Auf der eschatologischen Ebene hat der Westen einfach nichts anzubieten. Die christlichen Märtyrer der Antike und Neuzeit waren mächtiger.

Zitat von Ludwig Weimer im Beitrag #39
Wer von uns, in unseren Breiten, kann so etwas nachfühlen, wie das ist, nach einer Nachricht zum Tagesgeschehen sofort an Wegzugspläne denken zu müssen? Können wir es nachfühlen, wird uns als Lösung bleiben: Damit ein Zeichner nicht aus Todesangst den Mut verlieren muss, müssen alle Zeichner sein: möglichst viele die Zeichnungen drucken, kaufen.
Warum? Für mich ist es so: Die Mörder haben eine böse Tat aus in ihrer Sicht guten Gründen getan. Nun wissen wir aber, daß die böse Absicht eine gute Tat nicht gut macht ("Veritatis splendor"). Daraus folgt, daß die Absicht eines Mörders keine Rolle spielt. In sich schlechte Taten hat man einfach nicht zu begehen. Da erübrigt sich eine Diskussion über die Absicht. Daraus folgt wiederum, daß ich keine Handlungen ergreifen muß, die irgendwie in Interaktion mit der Absicht des Mörders stehen. Konkret brauche ich keine Solidarität mir den Opfern des Mordes in der Weise zu üben, indem ich mir etwas zueigen mache, das die Absicht der Mörder ausgelöst hat. Je ne suis pas Charlie. Je n'étais jamais Charlie, car je déteste l'humeur méprisable de Charlie Hebdo, et des tueurs n'ont pas de pouvoir à faire leur humeur plaisant pour moi.

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 13.568

19.01.2015 15:50
#41 RE: 5 Millionen Mal Satiremagazin Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #40
Je ne suis pas Charlie. Je n'étais jamais Charlie, car je déteste l'humeur méprisable de Charlie Hebdo, et des tueurs n'ont pas de pouvoir à faire leur humeur plaisant pour moi.


Schön, daß wir uns verstehen. Ich finde Heinrich Mann einen Schundliteraten, & Brecht ist nicht nur Stalinist, sondern auch noch ein feixender. Bitte erwarten Sie da von mir kein Bedauern, wenn irgendwelche Schreihälse deren Bücher auf einen Scheiterhaufen befördern.

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

19.01.2015 16:17
#42 RE: 5 Millionen Mal Satiremagazin Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #41
Zitat von Emulgator im Beitrag #40
Je ne suis pas Charlie. Je n'étais jamais Charlie, car je déteste l'humeur méprisable de Charlie Hebdo, et des tueurs n'ont pas de pouvoir à faire leur humeur plaisant pour moi.


Schön, daß wir uns verstehen. Ich finde Heinrich Mann einen Schundliteraten, & Brecht ist nicht nur Stalinist, sondern auch noch ein feixender. Bitte erwarten Sie da von mir kein Bedauern, wenn irgendwelche Schreihälse deren Bücher auf einen Scheiterhaufen befördern.

Aber, aber. Charlie Hebdo ist doch ein Paradebeispiel dafür, daß Bestehen auf Meinungsfreiheit eben nicht Zustimmung zu allen erlaubten Meinungen bedeutet, sondern etwa das Gegenteil (wie Voltaire angeblich sagte, ...).
Das freie Erscheinen dieses Blatts zu unterstützen ist das eine, sich damit zu identifizieren ("je suis Charlie") und mithin etwa für sich auch das Recht auf freie Schmähung nicht nur aller geschmacklichen, sondern auch aller religiösen Befindlichkeiten einzufordern, ist etwas ganz anderes.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

19.01.2015 16:25
#43 RE: 5 Millionen Mal Satiremagazin Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #42

Das freie Erscheinen dieses Blatts zu unterstützen ist das eine, sich damit zu identifizieren ("je suis Charlie") und mithin etwa für sich auch das Recht auf freie Schmähung nicht nur aller geschmacklichen, sondern auch aller religiösen Befindlichkeiten einzufordern, ist etwas ganz anderes.

Nur impliziert ein Recht auf Etwas, ja nicht zwingend die Folge einer das Recht nutzenden Handlung. Ich nutze dieses Recht nicht.
Wieso muss ich da an unsere Diskussion um das Wahlrecht und mein Nichtwählen denken?

Viele Grüße, Erling Plaethe



Je suis Charlie

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

19.01.2015 16:28
#44 RE: 5 Millionen Mal Satiremagazin Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #43
Zitat von Fluminist im Beitrag #42

Das freie Erscheinen dieses Blatts zu unterstützen ist das eine, sich damit zu identifizieren ("je suis Charlie") und mithin etwa für sich auch das Recht auf freie Schmähung nicht nur aller geschmacklichen, sondern auch aller religiösen Befindlichkeiten einzufordern, ist etwas ganz anderes.

Nur impliziert ein Recht auf Etwas, ja nicht zwingend die Folge einer das Recht nutzenden Handlung. Ich nutze dieses Recht nicht.
Wieso muss ich da an unsere Diskussion um das Wahlrecht und mein Nichtwählen denken?

Na, würden Sie an einem Wahlsonntag, an dem Sie nicht zur Wahl gehen, in einem T-Shirt mit der Aufschrift "Ich bin Wähler" herumlaufen?

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

19.01.2015 16:35
#45 RE: 5 Millionen Mal Satiremagazin Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #44
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #43
Zitat von Fluminist im Beitrag #42

Das freie Erscheinen dieses Blatts zu unterstützen ist das eine, sich damit zu identifizieren ("je suis Charlie") und mithin etwa für sich auch das Recht auf freie Schmähung nicht nur aller geschmacklichen, sondern auch aller religiösen Befindlichkeiten einzufordern, ist etwas ganz anderes.

Nur impliziert ein Recht auf Etwas, ja nicht zwingend die Folge einer das Recht nutzenden Handlung. Ich nutze dieses Recht nicht.
Wieso muss ich da an unsere Diskussion um das Wahlrecht und mein Nichtwählen denken?

Na, würden Sie an einem Wahlsonntag, an dem Sie nicht zur Wahl gehen, in einem T-Shirt mit der Aufschrift "Ich bin Wähler" herumlaufen?

Wenn das Wahlrecht bedroht wäre, welches ich nicht nutze: Auf jeden Fall. Vielleicht würde ich sogar wählen gehen.

Viele Grüße, Erling Plaethe



Je suis Charlie

Emulgator Offline



Beiträge: 2.833

19.01.2015 16:36
#46 RE: 5 Millionen Mal Satiremagazin Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #42
Aber, aber. Charlie Hebdo ist doch ein Paradebeispiel dafür, daß Bestehen auf Meinungsfreiheit eben nicht Zustimmung zu allen erlaubten Meinungen bedeutet, sondern etwa das Gegenteil (wie Voltaire angeblich sagte, ...).
Stimmt, allerdings ist das wirklich schwer zu verstehen, wenn das Bestehen auf Meinungsfreiheit im Gewand einer ganz bestimmten Meinung daherkommt. Vor allem, wenn man daheim diese Freiheit so gar nicht kennt. Da sieht diese Form von Solidarität so aus, als ginge es tatsächlich um die Verächtlichmachung von Mo.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.833

19.01.2015 16:41
#47 RE: 5 Millionen Mal Satiremagazin Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #45
Wenn das Wahlrecht bedroht wäre, welches ich nicht nutze: Auf jeden Fall. Vielleicht würde ich sogar wählen gehen.
Das würde funktionieren, weil beim Wahlrecht bestimmungsgemäß geheim bleibt, wie Sie tatsächlich entscheiden. Umgekehrt pflege ich aber nicht mein Recht auf freie Meinungsäußerung, wenn ich mich einer Meinung öffentlich anzuschließen genötigt fühle, die ich nicht habe.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

19.01.2015 19:50
#48 RE: 5 Millionen Mal Satiremagazin Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #47
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #45
Wenn das Wahlrecht bedroht wäre, welches ich nicht nutze: Auf jeden Fall. Vielleicht würde ich sogar wählen gehen.
Das würde funktionieren, weil beim Wahlrecht bestimmungsgemäß geheim bleibt, wie Sie tatsächlich entscheiden. Umgekehrt pflege ich aber nicht mein Recht auf freie Meinungsäußerung, wenn ich mich einer Meinung öffentlich anzuschließen genötigt fühle, die ich nicht habe.

Stimmt. Aber es ging mir nur darum zu verdeutlichen, dass ein Recht auf etwas nicht notwendigerweise die Nutzung dieses Rechts bedingt.
Anders ausgedrückt: Es gibt Rechte die ruhen. Man nimmt sie nicht war. Aber es ist gut zu wissen dass wenn sich die Rahmenbedingungen für einen selbst ändern, man auf diese Rechte zurückgreifen kann.
Ein freies Leben ist bestimmt von Wahlmöglichkeiten. Das, wofür man sich entscheidet nimmt man war und die anderen Möglichkeiten bleiben liegen. Ungenutzt.
Und so gibt es eben auch Bürger die von vielen, einigen oder nur wenigen ihrer Freiheiten keinen Gebrauch machen.
Mein Vergleich mit dem Wahlrecht, zielte auf eine Diskussion bei der es vor allem um die freie Entscheidung ging, zu wählen oder nicht. Als Bestandteil des Wahlrechts.

Viele Grüße, Erling Plaethe



Je suis Charlie

Ludwig Weimer Offline



Beiträge: 292

20.01.2015 12:19
#49 RE: 5 Millionen Mal Satiremagazin Antworten

Geht es im Kern mehr als um Presse- und Meinungsfreiheit?

Unter der Überschrift „Antisemitismus in Frankreich - Und was ist mit den Juden?“ liest man in FAZ.NET vom 20.1.2015:
„Das Bekenntnis ‚Ich bin Charlie‘ beschwört die Pressefreiheit. Es lässt jedoch vergessen, dass der islamistische Terror immer auch die Glaubensfreiheit bedroht. Der Antisemitismus trat in Paris offen zutage.“

Oliver Tolmein unterscheidet und präzisiert in seinem Beitrag: Die Protestbewegungen seit den Achtzigern setzten auf eine allgemeine Betroffenheit, eine Solidarität von Leidenden und in Wirklichkeit nicht Betroffenen:
„Wenn jetzt im Internet, aber auch auf Demonstrationen von Menschen, die das Satiremagazin ‚Charlie Hebdo‘ noch nie in der Hand gehalten haben, erklärt wird ‚Je suis Charlie‘, dann wird diese Politik der symbolischen Solidarisierung auf bemerkenswerte Weise fortgeführt, wobei unklar bleibt, ob die Hunderttausenden bekennenden Charlies sich auch als Opfer des brachialen Überfalls sehen oder als potentielle Karikaturisten präsentieren wollen, die mit Mut und Entschlossenheit gegen alle Drohungen zeichnen, was gezeichnet werden muss.“
Die bloß symbolische Solidarisierung sei meist nur eine Stimmung, das Diffuse ermögliche den riesigen Erfolg.

Er erinnert nochmals daran, dass die Ermordung von vier jüdischen Geiseln in der Filiale der koscheren Supermarktkette Hyper-Cacher zu keiner solchen Reaktion motivierte, und nur selten vermerkt wurde, dass die Psychoanalytikerin Elsa Cayat, die einzige Frau unter den ermordeten „Charlie Hebdo“-Mitarbeitern, Jüdin war.
Es hatte in den letzten Jahren etliche brutale Übergriffe gegen französische Juden ohne Protestwellen gegeben: 2013 Morde an vier Besuchern des Jüdischen Museums in Brüssel, 2012 an drei Schülern und einem Lehrer vor einer jüdischen Schule in Toulouse. 2013 verließen 3000 Juden, 2014 doppelt so viele Frankreich. Es ist das europäische Land mit der größten jüdischen Gemeinschaft: 500 000.

Oliver Tolmein stellt die Frage, wie die Europäer dem Geschehen in Paris gerecht werden könnten. Es betreffe in erster Linie nicht das Thema Pressefreiheit, sondern das Thema Glaubensfreiheit, und zwar vor allem die von Juden.

Erneut steht die Welt vor der Tatsache, dass viele wünschen, die Juden existierten nicht mehr und dann wäre mehr Ruhe. Erneut melden sich Thesen wie die von Joseph Roth oder George Steiner eines verdrängten Diskurses. Ich wähle einmal die Stimme des Dichters Roth: Der Antisemitismus lebe vom Ärgernis, dass die Juden einen Mann hervorbrachten, der uns nicht mehr erlaubt, egoistisch und tierisch zu leben. Entweder also Hass oder aber Neid auf das erwählte Volk (Joseph Roth, Der Antichrist, Werke 3, hrsg. von H. Kesten, 448-455). Hitlers Antisemitismus schloss die Christen absolut ein (J. Roth, Polemik, Werke 4, 658); Roth warnte den Papst und die lauen Christen in der „Österreichischen Post“ aus Paris am 15.4.1939 (Werke 4,761f).
Im Leo Baeck Institute NY liegt ein Manuskript Roths vom „Frühling 1939; darin steht:

„Der Judenhaß der Deutschen hat metaphysische, hat geradezu religiöse Gründe. Sie hassen nicht die Juden, sondern Jesus Christus, den Sprößling aus Davids Stamm. Sie selbst glauben, sie haßten den Zionsstern, aber sie hassen in Wirklichkeit das Kreuz. Sie selbst glauben, sie haßten an den Juden die Neigung zum Geld und zum Wucher und zur Ausbeutung. Aber sie hassen in Wirklichkeit das Leiden, das Leid, das die Liebe ist.“ (Werke 4, 701) Wer dieses Buch zur Hand hat, kann für Näheres auch die Betrachtung an der Klagemauer aus seinem Tagebuch von 1929 hinzulesen(558-561).

Verdeckt der Blick auf die Karikaturen vielleicht diesen Kern, das Problem der Glaubensfreiheit? Das meint heute angesichts eines nicht nur religionspluralistischen, sondern monotheistisch-desinteressierten und skeptischen Westens die Frage,ob die modernen Christen (die traditionellen ahnen nicht mal die Fragestellung) in ihrer Ethik noch auf dem Judentum wurzeln oder ob sie es aus Anpassungsgründen verleugnen. Und meint für die Säkularen, ob sie gut daran tun, die Christen dafür zu loben (und die gläubigen Juden als lästiges Fossil eben mal grade noch zu tolerieren).

Ludwig Weimer

FTT_2.0 Offline



Beiträge: 537

20.01.2015 14:48
#50 RE: 5 Millionen Mal Satiremagazin Antworten

Zitat
2013 Morde an vier Besuchern des Jüdischen Museums in Brüssel



Kleine Korrektur: Der Anschlag fand 2014 statt.

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