Zitat von Emulgator im Beitrag #75Eine interessante Frage, ...
Eine interessante Frage nur bei Themen, bei denen ganz offensichtlich ein Dissenz zwischen Regierung und Wählern besteht. Und welche das sind, sollte hier nicht wirklich ein Thema sein. Ich kann zwar nicht beweisen, dass Morgen die Sonne aufgeht, aber als Diskussionsgrundlage sollte das kein Thema sein. Und genau so sollte es kein wirkliches Thema sein, dass Ausstieg aus der Kernkraft, Ökowende, Mindestlohn und ähnliche Themen Wahlentscheidend waren und damit für die Regierung ein klarer Wählerauftrag existiert. So klar, wie es in einer Demokratie nur geht, so lange keine Volksabstimmung genutzt wird.
Ganz anders bei solch Themen wie Abschaffung der D-Mark, Hauptstadtfrage, Bruch der Maastrichverträge, Beschneidung der Bundesbankkompetenzen, Verschleppung von Abschiebungen bei Illegalen und ähnlichen Themen, die die nationale Identität betreffen: bei diesen Themen ist für mich so klar wie nur irgendwas, dass seit Jahrzehnten keine Übereinstimmung zwischen dem Wählerwillen und der Regierung existiert und zwar unabhängig von der konkreten Regierung. Wenn sich überhaupt mal ein Politiker zu solchen Themen äußert, dann ist das Argument "so sensible Themen sollten nicht dem Populismus eines Wahlkampfs unterworfen werden".
Ich bin sowieso für Volksentscheide. Wer Volksentscheide ablehnt, tut das nach meiner Erfahrung immer aus dem Grund, dass er/sie glaubt, eine persönliche politische Präferenz würde höchst wahrscheinlich keine demokratische Mehrheit finden.
___________________ Kommunismus mordet. Ich bin bereit, über die Existenz von Einhörnern zu diskutieren. Aber dann verlange ich außergewöhnlich stichhaltige Beweise.
Zitat von Frank2000 im Beitrag #76bei diesen Themen ist für mich so klar wie nur irgendwas, dass seit Jahrzehnten keine Übereinstimmung zwischen dem Wählerwillen und der Regierung existiert ...
Jein. Ich stimme teilweise zu: Die Bevölkerung ist in diesen Fragen gespalten, Regierung und Parlament sind sich dagegen fast einig. Also keine echte Übereinstimmung. Ich würde aber bei fast allen dieser Fragen vermuten, daß bei einer Volksabstimmung eine Mehrheit im Sinne der aktuellen Regierungslinie herauskäme.
Zitat Ich bin sowieso für Volksentscheide.
Volle Zustimmung. Das würde solche Fragen klären und wieder für eine echte Identifikation mit dem demokratischen Staat sorgen.
Der Übergang in eine Demokratie nach Schweizer Muster müßte allerdings ordentlich vorbereitet sein: Erst einmal müssen die Verantwortlichkeiten von Bund, Ländern und Kommunen klar getrennt werden. Denn die Abstimmenden der verschiedenen Ebenen können ja nicht ihre Abstimmungsergebnisse miteinander verhandeln, wie das die Regierungen können. Eine Verantwortlichkeitstrennung würde auch für mehr Transparenz sorgen, notwendige Voraussetzung für eine qualifizierte öffentliche Diskussion.
Und dann sollte man erst einmal auf kommunaler Ebene, und dann auf Länderebene einige Jahre Erfahrungen sammeln. Das würde auch verhindern, daß die erste größere Sachfrage, die per Bundesvolksabstimmung entschieden wird, als Ventil für angesammelten Frust benutzt wird, unabhängig vom Inhalt.
Zitat von Frank2000 im Beitrag #76Und genau so sollte es kein wirkliches Thema sein, dass Ausstieg aus der Kernkraft, [...] Wahlentscheidend waren und damit für die Regierung ein klarer Wählerauftrag existiert.
War es nicht so, daß SPD + Grün den Kernkraftausstieg forcierten und dann CDU + FDP einen klaren Wählerauftrag (u.a. für den Ausstieg aus dem Ausstieg) bekamen? Daß dann, irgendwie im Zusammenhang mit einem japanischen Seebeben, diese Regierung plötzlich auf den schnellen Ausstieg aus dem Ausstieg aus dem Ausstieg umschwenkte, kam eher überraschend.
Zitat Ganz anders bei solch Themen wie Abschaffung der D-Mark, Hauptstadtfrage, Bruch der Maastrichverträge, Beschneidung der Bundesbankkompetenzen, Verschleppung von Abschiebungen bei Illegalen und ähnlichen Themen, die die nationale Identität betreffen: bei diesen Themen ist für mich so klar wie nur irgendwas, dass seit Jahrzehnten keine Übereinstimmung zwischen dem Wählerwillen und der Regierung existiert und zwar unabhängig von der konkreten Regierung. Wenn sich überhaupt mal ein Politiker zu solchen Themen äußert, dann ist das Argument "so sensible Themen sollten nicht dem Populismus eines Wahlkampfs unterworfen werden".
Das ist in der Tat ein Armutszeugnis für die Demokratie.
Zitat Wer Volksentscheide ablehnt, tut das nach meiner Erfahrung immer aus dem Grund, dass er/sie glaubt, eine persönliche politische Präferenz würde höchst wahrscheinlich keine demokratische Mehrheit finden.
OK, hier melde ich mich als Gegenbeispiel. Ich bin gegen Volksentscheide als Ersatz für die parlamentarische Demokratie, weil ich eine ordentliche, der Vielschichtigkeit des Gegenstands und der Abwägung der Minderheitenrechte angemessene Debatte und Kompromißfindung bei Einbeziehung aller Wähler als politisches Tagesgeschehen für unpraktikabel halte. Und außerdem deshalb, weil es mir schwierig scheint, eine gewisse logische Kontinuität in den Entscheidungen einzuhalten. Wenn man auf 10 Fragen unabhängig von den inneren Zusammenhängen zwischen ihnen jeweils die Mehrheitsentscheidung befolgt, kommt zunächst einmal nicht besseres heraus als ein random walk, vermutlich mit Tendenz in die hedonistische Richtung. Als häufige Ergänzung zur parlamentarischen Demokratie lehne ich die Volksentscheide ab, weil wir schon ein Parlament für die politische Arbeit bezahlen und dann auch gute Arbeit bei schwierigen Fragen erwarten können sollten.
Bei Grundsatzentscheidungen, etwa Verfassungsfragen, z.B. die verschiedenen EU-Verträge, halte ich Volksentscheide hingegen für sehr wesentlich.
Zitat von Fluminist im Beitrag #78War es nicht so, daß SPD + Grün den Kernkraftausstieg forcierten und dann CDU + FDP einen klaren Wählerauftrag (u.a. für den Ausstieg aus dem Ausstieg) bekamen?
Bei der Laufzeitverlängerung für die Nuklearmeiler 2010 ging es ja nur um ein Moratorium für das Ende der Kernenergie: ob in unserer Generation oder der nächsten. Die Option für einen Ausbau oder eine offene Zukunft war spätestens seit Mitte der 80er Jahre abgelaufen; das Ende des Schnellen Brüters kann als symbolische Wegmarke gelten. Seitdem war das Thema, je nach Gusto, "politisch nicht mehr durchsetzbar" oder "nicht mehr vermittelbar". Neubauten, um die alten Reaktoren zu ersetzen, innovative Ansätze wie der Kugelhaufenreaktor oder der Flüssigsalzmeiler: kein Interesse. Von der Farce um die Endlagersuche ganz zu schweigen. Vielleicht kann man einen der habituellen Sündenfälle der Politik hier starten sehen: bei offensichtlich anzugehenden Problemen statt einer pragmatischen Lösungssuche die Augen ganz-fest zuzukneifen & eisern "das-ist-nicht-da" zu wiederholen, damit es verschwindet. Damit ist man auf diesem Feld bislang durchgekommen, & der Erfolg hat dazu geführt, daß das mittlerweile das Standardverhalten deutscher Politik ist, von Eurorettung bis Militäreinsätzen. Die aktive Seite deutscher Politik besteht darin, anderen Leuten, ob nun Expertenteams, NGOs oder fremden Regierungen (Hauptsache: nicht im eigenen Zuständigkeitsbereich), Dukatenesel zu schenken, damit die was tun oder wenigstens so tun, als ob sie was tun.
Zitat von Frank2000 im Beitrag #76Und genau so sollte es kein wirkliches Thema sein, dass Ausstieg aus der Kernkraft, Ökowende, Mindestlohn und ähnliche Themen Wahlentscheidend waren und damit für die Regierung ein klarer Wählerauftrag existiert.
Unabhängig von Diskussionen über die Zweckmäßigkeit von Volksentscheiden oder Mindestlohn: Die Wähler der Bundesregierung (genauer: des Bandeskunzlers) sind ja nur die Bundestagsabgeordneten. Die wiederum sind laut GG nur ihrem Gewissen verpflichtet und nicht irgendwelchen fiktiven Wähleraufträgen, die nirgends dokumentiert sind, und damit eben nicht klar sind.
Unsere Demokratie ist so verfaßt, daß der Wählerwille überhaupt nirgends eindeutig festgestellt wird und werden muß. Was der Wähler will, spielt nur insofern eine Rolle, als daß er hinterher verstimmt sein könnte, und nicht wieder die Regierungsliste ankreuzt. Das ist wie mit einem Unternehmer, der nur hoffen kann, daß seine Marktforschung korrekt war.
Wenn die Regierungsfraktionen meinen, eine Kompensation für eine unpopuläre Entscheidung bieten zu können, wenn eine Entscheidung medial nicht wahrgenommen wird oder wenn den Chefs die Wiederwahl egal ist, dann kann sich die Regierungskoalition alles mögliche leisten. Und wegen der Gewissenssache hat man gar keine Handhabe, irgendjemanden dafür einen Vorwurf zu machen, weil rechtlich und moralisch ist das so OK. Da hatte Müntefering Recht, daß es unfair ist, der Regierung nach dem Koalitionsvertrag Wahlversprechen vorzuhalten. Die einzige Chance ist die nächste Wahl, und nach der werden die unpopulären Entscheidungen der Vorgängerperiode nur selten rückgängig gemacht.
Es wird zwar von Politik und Journalisten gerne mit "Wählerauftrag" und "Legitimation" hantiert. Das klingt toll und demokratieromantisch, hat aber keine Substanz.
So, und jetzt hat man schöne Argumente über Volksentscheide.
Zitat von Emulgator im Beitrag #80 Unsere Demokratie ist so verfaßt, daß der Wählerwille überhaupt nirgends eindeutig festgestellt wird und werden muß. ...
Aber trotzdem existiert. Ich kritisiere ja auch gern mal die aktuellen Verhältnisse. Aber das ist was ganz anderes als zu behaupten, der demokratische Rechtsstaat würde nicht funktionieren. Zumindest in einer ruhigen Minute, abseits einer aufgeheizten Diskussion, muss man doch anerkennen, dass in Deutschland der demokratische Rechtsstaat funktioniert. Denn Bundestagswahlen bestimmen ja nicht allein über Deutschland. Unser Land ist ein komplexes Flechtwerk aus demokratischer Teilhabe:
- Bundestagswahlen - Landtagswahlen - Mitglieder von Parteien, die die Partei mitgestalten - Zivilgesellschaft in Form von Demonstrationen, Medien (und dabei leider auch Medienkampagnen) - Korrekturen durch das BVG - Lobbiismus (ja, auch das ist ein wichtiges Element der Demokratie; man denke nur an die Mega-Lobbiisten "Gewerkschaften" bzw "Unternehmen") - Volksentscheide auf Landesebene - Gewaltentrennung - Und vieles mehr
Es ist meiner Meinung nach sehr begründet zu vermuten, dass die Parteien und Politiker ein Gespür dafür haben, ob ein Thema über Rückhalt in der Bevölkerung verfügt. Ich lese immer wieder, unsere Demokratie würde ja nicht spezielle Themen zur Abstimmung geben, deswegen wären wir wie in einer Oligarchie oder einer politischen Adelsherrschaft der Willkür der Spitzenpolitiker unterworfen. Aber eine solche These lässt sich meiner Meinung nach im Allgemeinen nicht begründen. Es sind EINZELNE THEMEN, bei denen man den Eindruck hat, dass der Wahlbürger konsequent von der Entscheidung ferngehalten wird (was schlimm genug ist!!!!!!!). Aber im ALLGEMEINEN funktioniert das System.
Das ist wie wie eine Kiste, in der die Regierung steht. An der Kiste ziehen tausende Menschen. Wenn niemand zieht, bleibt die Kiste einfach liegen. Wenn viele Menschen in eine Richtung ziehen, dann kompensiert diese Masse ein paar andere Leute, die in eine andere Richtung ziehen. Und wenn es viele Mitläufer gibt, dann genügen schon oft ein paar Leute, um die Richtung zu bestimmen, in die sich die Kiste bewegt. Wichtig dabei ist aber, dass die Kiste keinen eigenen Antrieb hat, mit der die Regierung die Kiste in Bewegung setzen und die Masse der Menschen überfahren könnte. So ist das im ALLGEMEINEN.
Im SPEZIELLEN gibt es da ein paar wichtige Ausnahmen. Zum Beispiel die unsägliche Ministerialbürokratie. Jedes Ministerium hat ein Eigenleben; einen monströsen, plattwalzenden Willen, ständig "etwas zu tun". Wenn man es nicht schafft, ein Ministerium mit seiner Bürokratie etwas sinnvolles zu tun zu geben, dann suchen die sich "Arbeit". Und was dabei rauskommt..
___________________ Kommunismus mordet. Ich bin bereit, über die Existenz von Einhörnern zu diskutieren. Aber dann verlange ich außergewöhnlich stichhaltige Beweise.
Zitat von Frank2000 im Beitrag #82Ich kritisiere ja auch gern mal die aktuellen Verhältnisse. Aber das ist was ganz anderes als zu behaupten, der demokratische Rechtsstaat würde nicht funktionieren. [...] Es ist meiner Meinung nach sehr begründet zu vermuten, dass die Parteien und Politiker ein Gespür dafür haben, ob ein Thema über Rückhalt in der Bevölkerung verfügt.
Ich habe nicht gesagt, die Demokratie würde bei uns nicht funktionieren. Ich habe nur darauf aufmerksam gemacht, daß das mit dem Wählerwillen nicht so bindend ist. Das ist ungefähr wie in der Marktwirtschaft. Da müssen Unternehmer abschätzen, was nachgefragt wird. Ähnlich müssen Politiker abschätzen. Und ähnlich Unternehmern können sich dabei verschätzen oder wissenden Auges ohne Marktanalyse anbieten. Für keines ist ihnen ein Vorwurf zu machen, denn es ist ihr gutes Recht und die Konsequenzen bekommen sie sowieso mit. Aber genau wie in der Marktwirtschaft beizeiten Ressourcen verschwendet werden für Produkte, die hinterher keiner will, werden auch in unserer Demokratie beizeiten unpopuläre Entscheidungen gefällt. Einen verpflichtenden Konsumentenwillen gibt es auch nicht.
Zitat von Martin im Beitrag #52Man sollte sich als Deutscher im Klaren sein, dass Rechteverwertung, Firmenübernahmen, Extraktion von Firmenschätzen ein Spezialgebiet der amerikanischen und britischen Finanzindustrie und der Anwaltskanzleien sind, und dass Deutsche oder Europäische Verhandlungsführer bei der Bewertung entsprechender Fragen am kürzeren Hebel sitzen. Deshalb habe ich für ein bisschen Angst im Zusammenhang mit TTIP Verständnis. Unterschreiben Sie Verträge, die Sie nicht vollständig verstanden haben?
TTIP-ähnliche Vereinbarungen sind ja nichts Neues. Was für mich in dem Artikel aber zusätzlich interessant ist, ist ein nicht-juristisches Kriterium: Wie gut ist eine Kanzlei gegen Hackerangriffe geschützt? Ein Schritt weiter gedacht, auch im Lichte der neuesten Enthüllungen, dass britische und US-Geheimdienste sich bei der niederländischen Firma Gemalto per Hacker-Angriff Zugang zu den Schlüsseln von SIM-Karten usw. verschafft haben, darf man getrost davon ausgehen, dass bei zwischenstaatlichen Interessenkonflikten Großbritannien oder die USA informationstechnisch am längeren Hebel sitzen. 'Attorney Client privileged communication' spielt dann nur noch insofern eine Rolle, dass diese vor Gericht formal nicht benutzt werden darf, die möglichst komplette Einsicht in diese durch eine Gegenseite dürfte aber nicht gerade einen fairen Prozess garantieren.
Und die Diskussion des obigen Artikels zeigt auch, in welche Richtung künftige Konfliktfälle gehen können: Mit dem zunehmend eingesetzten und teilweise aufgedrückten Instrument von Sanktions- und Boykottmaßnahmen kann ein Staat schneller in Haftungsfragen landen als ihm lieb ist.
Zitat von Llarian im Beitrag #63Es hat seinen Grund warum TTIP in den USA nahezu gar nicht kritisiert wird. [...] Zum einen stinkt es, dass die Verhandlungen im Geheimen stattfinden.
Das TTIP trifft wohl nirgends auf so breite Ablehnung wie in Deutschland; und daß die Verhandlungen geheim sind, ist dafür möglicherweise die Wurzel. Nicht weil Geheimverhandlungen per se schlecht oder unüblich wären, und nicht einmal weil der Durchschnittsdeutsche sich brennend dafür interessieren würde, was da im Detail ausgehandelt wird. Ich würde sogar denken, stünde das jeden Tag ausführlich in der Zeitung und würde in den Fernsehnachrichten vorgelesen, dann würden das fast alle überblättern und überhören und sich nicht im geringsten um das TTIP kümmern.
Aber die Geheimniskrämerei bringt etwas ganz anderes zutage, nämlich den Mangel an Vertrauen der Leute in ihre nationalen und europäischen Stellvertreter. Ich kann eine mir gegenüber geheim geführte Verhandlung in aller Ruhe laufen lassen, wenn ich zuversichtlich davon ausgehen kann, daß vernünftig und in meinem Interesse verhandelt wird. Und da hat gerade die EU ihren Vertrauensvorschuß längst verspielt. Selbst noch beim Euro ließ man sich die Verträge unter der Prämisse bieten, daß unsere Oberen es schon richtig machen werden, auch wenn manche sich da schon nicht mehr vorstellen konnten, daß das wirklich funktionieren würde. Aber jetzt hat der Bürger längst ganz handfeste und ihn persönlich betreffende Beispiele dafür, daß auf EU-Ebene ohne Rücksicht auf Verluste oder Proteste Dinge beschlossen werden, die weder vernünftig noch in seinem Interesse sind. Daß ich jetzt in meiner Besenkammer einen Leuchtkörper haben muß, der in den 30 Sekunden, für die ich das Licht brauche, nicht richtig hell wird und mehr Strom verbraucht als die frühere Glühbirne, ist weder vernünftig noch in meinem Interesse. Daß ich für mein Sparguthaben praktisch Null Zins bekomme, damit am anderen Ende bis zur Höllentür kreditsüchtige Regierungen billig neuen Stoff kriegen, ist weder vernünftig noch in meinem Interesse.
Diese Unsicherheit, ob man auf der internationalen Verhandlungsebene wirklich gut vertreten wird, machen sich dann die Aktivisten, die tatsächlich eine Agenda gegen Amerika und/oder die Marktwirtschaft haben, zunutze, um mit ein paar geschickten Schlagworten und Horrorstories das ganze TTIP recht flächendeckend und erfolgreich zu diskreditieren.
Zitat von Fluminist im Beitrag #85Aber die Geheimniskrämerei bringt etwas ganz anderes zutage, nämlich den Mangel an Vertrauen der Leute in ihre nationalen und europäischen Stellvertreter. Ich kann eine mir gegenüber geheim geführte Verhandlung in aller Ruhe laufen lassen, wenn ich zuversichtlich davon ausgehen kann, daß vernünftig und in meinem Interesse verhandelt wird. Und da hat gerade die EU ihren Vertrauensvorschuß längst verspielt.
Zitat von Fluminist im Beitrag #85Das TTIP trifft wohl nirgends auf so breite Ablehnung wie in Deutschland; ...
Weil die Linksextremisten nirgends sonst so gut organisiert und finanziert sind, mit bester Vernetzung in die Medien. Und weil Deutschland ohnehin ein Land ist, in dem man mit Angst gut politisch agieren kann.
Zitat ... und daß die Verhandlungen geheim sind, ist dafür möglicherweise die Wurzel.
Das glaube ich nicht. Die Anti-TTIP-Kampagne ist in weiten Teilen so verlogen und faktenfern, daß die realen Details unwichtig sind. Wären die Verhandlungen komplett öffentlich, würden die Gegner genauso Stoff für ihre Behauptungen finden - wären dann halt andere Behauptungen. Es geht schließlich nicht um eine sachbezogene Diskussion, sondern um das Schüren von Emotionen.
Zitat von Fluminist im Beitrag #85Das TTIP trifft wohl nirgends auf so breite Ablehnung wie in Deutschland; und daß die Verhandlungen geheim sind, ist dafür möglicherweise die Wurzel.
Ich kann das Gerede über die angeblichen "Geheimverhandlungen" echt nicht mehr hören.
Dass die einzelne Verhandlungs-Sitzung unter der Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet, stimmt natürlich. Aber das ist erstens bei jeder derartigen Verhandlung üblich - von der Koalitionsverhandlung bis zur Tarifverhandlung findet alles hinter verschlossenen Türen statt. Bekannt sind der Öffentlichkeit bei solchen Verhandlungen immer nur die Ausgangspositionen, das Verhandlungsergebnis und ggf. erreichte Zwischen-Ergebnisse. Und zweitens auch gar nicht anders machbar. Niemand würde z.B. in komplett öffentlichen Verhandlungen irgendwelche Zwischenschritt-Kompromissvorschläge machen, weil er - und die Gegenseite - dann aufgrund des öffentlichen Drucks auf etwas festgelegt wäre, was man vielleicht gar nicht will.)
ABER: In welche Richtung verhandelt wird, was die Verhandlungsziele sind: das ist bei TTIP öffentlich bekannt. Die Verhandlungspositionen der EU sind bekannt (siehe hier: http://trade.ec.europa.eu/doclib/press/index.cfm?id=1230 ). Ebenso die US-Positionen (siehe hier: https://ustr.gov/trade-agreements/free-t...hip-t-tip/t-tip ). Dass dies alles geheim sei, ist einfach ein Mythos. (Siehe z.B. auf der Verschwörungstheorie-Seite ttip-leak.eu dieses angeblich supergeheime "geleakte" Dokument mit den EU-Verhandlungspositionen: http://www.ttip-leak.eu/media/download/e...628db9a0c84.pdf Soweit ich beim groben Durchlesen erkennen konnte, steht da ungefähr das gleiche drin wie in der Veröffentlichung auf der o.g. offiziellen EU-Seite).
Auch die Verhandlungs-Zwischenergebnisse sind bekannt. Siehe z.B. hier die jüngste Presse-Mitteilung vom 5. Februar: http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/20...adoc_153110.pdf ) (Ich hatte neulich von der IHK einen einstündigen Vortrag zum Verhandlungsstand. Wäre wohl kaum möglich, wenn das alles supergeheim wäre.).
Zitat von Florian im Beitrag #88ABER: In welche Richtung verhandelt wird, was die Verhandlungsziele sind: das ist bei TTIP öffentlich bekannt. Die Verhandlungspositionen der EU sind bekannt (siehe hier: http://trade.ec.europa.eu/doclib/press/index.cfm?id=1230 ). Ebenso die US-Positionen (siehe hier: https://ustr.gov/trade-agreements/free-t...hip-t-tip/t-tip ). Dass dies alles geheim sei, ist einfach ein Mythos. (Siehe z.B. auf der Verschwörungstheorie-Seite ttip-leak.eu dieses angeblich supergeheime "geleakte" Dokument mit den EU-Verhandlungspositionen: http://www.ttip-leak.eu/media/download/e...628db9a0c84.pdf Soweit ich beim groben Durchlesen erkennen konnte, steht da ungefähr das gleiche drin wie in der Veröffentlichung auf der o.g. offiziellen EU-Seite).
Auch die Verhandlungs-Zwischenergebnisse sind bekannt. Siehe z.B. hier die jüngste Presse-Mitteilung vom 5. Februar: http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/20...adoc_153110.pdf ) (Ich hatte neulich von der IHK einen einstündigen Vortrag zum Verhandlungsstand. Wäre wohl kaum möglich, wenn das alles supergeheim wäre.).
Vielen Dank für die ausführliche Illustration meines Punkts: es kommt gar nicht auf den genauen Inhalt an, sondern die Tatsache, daß die Verhandlungen als geheim wahrgenommen werden und viele Menschen deshalb (und aus schlechter Erfahrung) befürchten, daß über ihre Köpfe hinweg und an ihren Interessen vorbei beschlossen wird, bereitet der Anti-TTIP-Propaganda einen sehr fruchtbaren Boden.
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