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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 90 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Emulgator Offline



Beiträge: 2.833

12.05.2015 14:04
#26 RE: Meckerecke: Der beleidigte Böhrnsen Antworten

Zitat von Robin im Beitrag #14
Man könnte den Bürgermeister doch auch einfach direkt wählen, oder? Dann würde bei einem Rückzieher im Nachhinein dann eben neu gewählt. Allerdings würde man sich dann vorher überlegen, wen man aufstellt. Macht sich der erfolgreiche Kandidat direkt nach der Wahl rar, weil das Wahlergebnis ihm nicht gut genug war, könnte seine Partei für die fälligen Neuwahlen vermutlich gleich darauf verzichten, einen möglichen Nachfolger aufzustellen.
So wird es wohl sein. Allerdings entfallen bei einer Direktwahl alle Gründe, für einen "Rückzieher": Erstens kandidiert bei der Direktwahl der Kandidat schon. Böhrnsen hingegen hat ja nur für ein Bürgerschaftsmandat kandidiert, nicht für das Bürgermeisteramt. Er hat nirgends unterschreiben müssen, später Bürgermeister werden zu wollen.
Zweitens ist ein direkt gewählter Bürgermeister nicht mehr von Details des Wahlergebnisses abhängig. Im gegebenen Fall hingegen spielt die tatsächliche personelle Zusammensetzung des Parlaments eine Rolle. Was ist wenn ein wichtiger "Schattenminster" kein Mandat gewonnen hat?
Drittens garantiert eine Direktwahl (freilich je nach Wahlsystem) grundsätzlich ein schöneres Ergebnis. Der Bürgermeister hat zwangsläufig >50% der Stimmen. Das ist nie zu wenig.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.833

12.05.2015 14:40
#27 RE: Meckerecke: Der beleidigte Böhrnsen Antworten

Zitat von Kallias im Beitrag #20
Wenn der Amtswechsel jedoch im Einvernehmen mit den Koalitionsparteien, die ohnehin den Nachfolger zu wählen haben, geschieht, dann sehe ich darin kein Problem.
Die SPD hat aber gar keinen Koalitionspartner, mit dem sie Einvernehmen herstellen müßte. Daß sie da vor der Wahl hatte, spielt keine Rolle. Der Parlamentarismus geht in Deutschland von der Diskontinuität aus. Das Parlament einer Legislaturperiode hat nichts mit dem Parlament der Vorgängerperiode zu tun. Genau deswegen beschließen die Parlamente jedes mal neu ihre eigene Geschäftsordnung für die neue Periode. Genau deswegen ist es auch überhaupt fällig, daß sie beim Neuzusammentritt eine Regierung wählen müssen. Das Vertrauen des alten Parlaments in die alte Regierung ist aufgelöst mit der Auflösung des alten Parlaments. Wie in Monarchien könnte man sagen: "Das alte Parlament ist tot, es beschließt nur das neue Parlament."

Zitat von Kallias im Beitrag #20
Keine andere Institution ist so verläßlich und vertrauenswürdig wie die politischen Parteien, während sich die Parteichefs, die Regierungen, die Parlamente, die obersten Gerichte oft ungern an ihr Geschwätz von gestern erinnern und immer wieder für unangenehme Überraschungen gut sind.
Diesen Ihren Eindruck erkläre ich mir dadurch, daß die Parteien und ihre Organe in unserer Verfassung sowieso weitgehend machtlos sind, also gar nichts machen können, mit denen sie Vertrauen enttäuschen könnten. Mandatsträger sind nur Recht und Gesetz und ihrem Gewissen verpflichtet, nicht den Parteien. Es gibt in unserer Verfassung kein imperatives Mandat: Wie und daß die politische Willensbildung von der Partei auf die politischen Gremien wirkt, ist nirgends kodifiziert. Daher hat ein politischer Akteur das Recht anzunehmen, daß das gar nicht geschehen muß.

Zitat von Kallias im Beitrag #20
Ob es nicht eher umgekehrt die Wähler sind, die bei den Parteien die Erwartung schüren, mit solche Spitzenkandidaten in die Wahl zu gehen, sei mal dahingestellt. Nachdem man es wieder einmal so gemacht hat, steht man jedoch bei den Wählern im Wort.
Vielleicht kann man unseren Meinungsunterschied so auf einen Nenner bringen: Sie sagen, der Anschein der Praxis ist moralisch bindend für die Ausübung, ich sage, der Anschein des Verfassungsrechts ist bindend. Und daß es nicht so schön ist, daß beide Anscheine nicht deckungsgleich sind, darin sind wir uns einig, oder?

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

12.05.2015 14:53
#28 RE: Meckerecke: Der beleidigte Böhrnsen Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #27
Die SPD hat aber gar keinen Koalitionspartner, mit dem sie Einvernehmen herstellen müßte. Daß sie da vor der Wahl hatte, spielt keine Rolle. Der Parlamentarismus geht in Deutschland von der Diskontinuität aus. Das Parlament einer Legislaturperiode hat nichts mit dem Parlament der Vorgängerperiode zu tun. Genau deswegen beschließen die Parlamente jedes mal neu ihre eigene Geschäftsordnung für die neue Periode. Genau deswegen ist es auch überhaupt fällig, daß sie beim Neuzusammentritt eine Regierung wählen müssen. Das Vertrauen des alten Parlaments in die alte Regierung ist aufgelöst mit der Auflösung des alten Parlaments. Wie in Monarchien könnte man sagen: "Das alte Parlament ist tot, es beschließt nur das neue Parlament."

Das ist vollkommen richtig, illustriert aber auch, daß Betrachtungen wie "überraschend schwach", "überraschend stark" zwar fürs stille Kämmerlein und den Stammtisch geeignet sind, aber nicht als Basis oder Rechtfertigung für irgendwelche politischen Entscheidungen dienen können. Überraschung ist ja eine Frage des Bewußtseinsstandes und des Bezugspunkts. Die Zusammensetzung des vorhergehenden Parlaments kann wegen des von Ihnen oben beschriebenen Prinzips kein Referenzpunkt sein. Irgendwelche Umfragen vor der Wahl aber auch nicht, denn diese sind bekanntlich ungenau, tendentiöser Beeinflussung unterworfen und nicht im Einklang mit den demokratischen Prinzipien der Allgemeinheit, Gleichheit und Geheimlichkeit der Wahlen. Ob der Ausgang der Wahl für jemanden überraschend ist oder nicht, ist daher völlig irrelevant, außer als subjektiver Beweggrund für diesen Jemand selbst. Es gilt nur das Wahlergebnis, absolut.



A free society is a society where it is safe to be unpopular. - Adlai Stevenson

Paul Offline




Beiträge: 1.285

12.05.2015 17:43
#29 RE: Meckerecke: Der beleidigte Böhrnsen Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #25
Zitat von Paul im Beitrag #13
Eine Überraschung kann es doch nur für den gegeben haben, der den Wahlvorhersagewahrsagern geglaubt hat. Da sage ich nur: Selber Schuld.
Können Sie das bitte begründen, warum man selber Schuld sei, wenn man Wahlprognosen (nicht "Vorhersagen", denn Prognosen Aussagen mit statistisch angebbaren Fehlerwahrscheinlichkeiten) Glauben schenkt?


Lieber Emulgator,
für mich bleiben das eine Wahlvorhersagen. ("Vorhersage" ist lt. Duden ein Synonym für "Prognose".)
http://www.duden.de/rechtschreibung/Prognose)

Abweichungen von mehr als 10% sind für mich nicht akzeptabel. Das kann ich auch vorhersagen, ohne jeden wissenschaftlichen Aufwand und dabei rein zufällig richtig liegen.

Hier die Sonntagsumfrage: (Die frühen Vorhersagen aus 2014 lasse ich mal unbeachtet, weil Vorhersagen mit einem Vorlauf von einem Jahr und mehr, wirklich nur Zufall sein können. Wobei EMNID garnicht mal so schlecht war.)
http://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%BCrger...n_2015#Umfragen

Interessant wäre es zu erfahren, wie derartige Vorhersagen ihrerseits das Wahlverhalten beeinflussen? Gibt es dazu Untersuchungen?

Zitat von Emulgator im Beitrag #25
Zitat von Paul im Beitrag #13

Dazu hätte meine Oma gesagt: Eingeschnappte Leberwurst.
Ich glaube, es ist nie weise, offen anderen Menschen irrationale Motivationen zu unterstellen und schlecht über sie zu reden.


Nein, lieber Emulgator, weise bin ich nicht. Leider.


Inzwischen bin ich aber nach einigem herumlesen zu einer anderen Meinung gekommen: Hinter dem Rücktritt steht wohl doch eine Parteistrategie.
Deshalb nimmt meine Oma die "eingeschnappte Leberwurst" zurück.

LG, Paul

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JE SUIS JUIF

Kallias Offline




Beiträge: 2.300

12.05.2015 18:02
#30 RE: Meckerecke: Der beleidigte Böhrnsen Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #27
Zitat von Kallias im Beitrag #20
Wenn der Amtswechsel jedoch im Einvernehmen mit den Koalitionsparteien, die ohnehin den Nachfolger zu wählen haben, geschieht, dann sehe ich darin kein Problem.
Die SPD hat aber gar keinen Koalitionspartner, mit dem sie Einvernehmen herstellen müßte. Daß sie da vor der Wahl hatte, spielt keine Rolle. Der Parlamentarismus geht in Deutschland von der Diskontinuität aus. Das Parlament einer Legislaturperiode hat nichts mit dem Parlament der Vorgängerperiode zu tun. Genau deswegen beschließen die Parlamente jedes mal neu ihre eigene Geschäftsordnung für die neue Periode. Genau deswegen ist es auch überhaupt fällig, daß sie beim Neuzusammentritt eine Regierung wählen müssen. Das Vertrauen des alten Parlaments in die alte Regierung ist aufgelöst mit der Auflösung des alten Parlaments. Wie in Monarchien könnte man sagen: "Das alte Parlament ist tot, es beschließt nur das neue Parlament."
Das stimmt alles natürlich. Ich fürchte, wir haben hier ein Mißverständnis: in Ihrem Beitrag #7 haben Sie argumentiert, es sei besser, gar nicht erst zu kandidieren, als aus dem Amt heraus mitten in der Legislaturperiode zurückzutreten. Darauf bezog sich meine Bemerkung, ein derartiger Amtswechsel stelle kein Problem dar, wenn der Bürgermeister es richtig handhabt und nicht etwa einfach die Brocken hinwirft, "mit soffortiger Wirkung".
Zitat von Emulgator im Beitrag #27
Vielleicht kann man unseren Meinungsunterschied so auf einen Nenner bringen: Sie sagen, der Anschein der Praxis ist moralisch bindend für die Ausübung, ich sage, der Anschein des Verfassungsrechts ist bindend. Und daß es nicht so schön ist, daß beide Anscheine nicht deckungsgleich sind, darin sind wir uns einig, oder?
Diesen beiden Aussagen stimme ich zu.

Viele Grüße,
Kallias

Emulgator Offline



Beiträge: 2.833

12.05.2015 19:57
#31 RE: Meckerecke: Der beleidigte Böhrnsen Antworten

Zitat von Paul im Beitrag #29
Abweichungen von mehr als 10% sind für mich nicht akzeptabel. Das kann ich auch vorhersagen, ohne jeden wissenschaftlichen Aufwand und dabei rein zufällig richtig liegen.

Hier die Sonntagsumfrage: (Die frühen Vorhersagen aus 2014 lasse ich mal unbeachtet, weil Vorhersagen mit einem Vorlauf von einem Jahr und mehr, wirklich nur Zufall sein können. Wobei EMNID garnicht mal so schlecht war.)
http://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%BCrger...n_2015#Umfragen
Das verstehe ich nicht. Die Umfrageergebnisse waren doch sehr treffgenau!? Beispielsweise wurden für die PDS 8-9% ermittelt und tatsächlich sind es 9,4% nach dem letzten Ergebnis des Landeswahlleiters. Nur bei der SPD war man etwas optimistisch: 4-8% Fehler, aber das war ja wohl der Grund für Böhrnsens erschrockene Aufgabe. Üblicherweise werden die Umfragestichproben so ausgewählt, daß man mit 90% Wahrscheinlichkeit 1-2% pro Partei daneben liegt. Das heißt aber auch, daß bei sehr vielen Parteien (wie dieses mal) auch eher mal eine Partei dabei ist, bei der der Prognosefehler größer als 1-2% ist.

Zitat von Paul im Beitrag #29
Interessant wäre es zu erfahren, wie derartige Vorhersagen ihrerseits das Wahlverhalten beeinflussen?
Was meinen Sie damit? Ich habe es ihnen ja angedeutet. Wir wählen ja nicht Parteien oder Parteiprogramme oder Bundeskanzler, sondern Einzelkandidaten (Erststimme bei BTW) oder Listen (Zweitstimme bei BTW). Außerdem hat die Stimme von mir Hansel nur marginalen Einfluß, d.h. selbst wenn meine Stimme ausschlaggebend sein wird, dann spielt meine Stimme nur für einen einzigen Sitz eine Rolle.

Die Erststimme ist durch die Wahlrechtsreform inzwischen fast gleichgültig, es sei denn man mag einen Kandidaten wirklich.

Für die Zweitstimme schätzt man mit dem letzten Wahlergebnis und den Umfragen ab, bis zu welchem Platz der Landeslisten die Kandidaten gewählt werden. Beispiel: Sachsen hat derzeit 16 Wahlkreise für die BTW, entsendet also 32 Abgeordnete. D.h. mit einem absehbaren Anteil von 14% für meine Erstlieblingspartei entsendet sie etwa 14%*32=4 Abgeordnete. Ich muß mir also anschauen, ob die Wackelkandidaten mit den Nummern 4 und 5 auf der Landesliste mir gefallen. Tun sie nicht? Dann betrachte ich dasselbe mit meiner Zweitlieblingspartei. Gefallen mir diese Kandidaten mehr, wähle ich meine Zweitlieblingspartei.
Wenn man in einem Land wählt, in dem Überhangmandate anfallen oder wenn man eine Partei betrachtet, die oft Erststimmensieger hervorbringt (CDU, SPD, selten SED, noch seltener Grüne), muß man das etwas modifizieren.

(Anmerkung: Das Bremer Wahlsystem ist ein bißchen anders.)

Zitat von Paul im Beitrag #29
Deshalb nimmt meine Oma die "eingeschnappte Leberwurst" zurück.
Nichts läge mir ferner als das Angedenken an Ihre verehrte Frau Großmutter zu besudeln.

Paul Offline




Beiträge: 1.285

13.05.2015 00:13
#32 RE: Meckerecke: Der beleidigte Böhrnsen Antworten

Lieber Emulgator,
ich lasse das mal mit der Wahlprognose bei Seite, weil es uns nicht weiter führt.
Wir haben ein völlig unterschiedliches Wahlverhalten.

Zitat von Emulgator im Beitrag #31
Ich habe es ihnen ja angedeutet. Wir wählen ja nicht Parteien oder Parteiprogramme oder Bundeskanzler, sondern Einzelkandidaten (Erststimme bei BTW) oder Listen (Zweitstimme bei BTW). Außerdem hat die Stimme von mir Hansel nur marginalen Einfluß, d.h. selbst wenn meine Stimme ausschlaggebend sein wird, dann spielt meine Stimme nur für einen einzigen Sitz eine Rolle.



Ich wähle immer eine Partei und deren Wahlprogramm. Dabei setze ich darauf, dass die aufgestellten Kandidaten, darauf habe ich als Nichtparteimitglied eh keinen Einfluss, das Parteiprogramm umsetzen.

Leider verhindert unser Wahlsystem meistens, dass eine Partei alleine regieren kann. Dadurch wird koalitionsbedingt auch nie ein Wahlprogramm umgesetzt. Auch kann ich die von mir gewählte Partei nie daran messen, wie viel sie von ihrem Programm umgesetzt hat, weil das immer mit dem Hinweis auf den Koalitionspartner beantwortet wird, der dies verhindert habe.
Das hat auch bei mir zu einer gewissen Wahlmüdigkeit geführt. Zu vermuten ist, bei anderen auch. Zum Zeitpunkt der Wahl weiß man eigentlich nie, was man bekommt. Das frustriert mich.

Die Parteien werden aber an diesem Wahlsystem festhalten, weil geteilte Macht immer noch besser als gar keine Macht ist.
Wenn es nach mir ginge, dann würde es ein Mehrheitswahlrecht geben, dass immer zu einer regierungsfähigen Mehrheit für eine Partei führen würde. Dadurch wäre vernünftiges regieren möglich und ich könnte als Wähler auch die Einhaltung der Wahlversprechen kontrollieren. (Aber leider hört auf mich niemand, weil meine Stimme wegen der marginalen Bedeutung, Sie haben es erwähnt, völlig uninteressant ist.)

Noch ein Nebeneffekt: Auf der Bundesebene kämen wir aus dem Dauerwahlkampf heraus. Jedenfalls ist Gabriel m.E. nur noch damit beschäftigt, unterstützt durch seine Sekundanten.

LG, Paul

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JE SUIS JUIF

Paul Offline




Beiträge: 1.285

13.05.2015 00:23
#33 RE: Meckerecke: Der beleidigte Böhrnsen Antworten

Lieber Emulgator,
ich komme doch noch mal auf die Wahlvorhersage zurück.

Zitat von Emulgator im Beitrag #31
Das verstehe ich nicht. Die Umfrageergebnisse waren doch sehr treffgenau!? Beispielsweise wurden für die PDS 8-9% ermittelt und tatsächlich sind es 9,4% nach dem letzten Ergebnis des Landeswahlleiters. Nur bei der SPD war man etwas optimistisch: 4-8% Fehler, aber das war ja wohl der Grund für Böhrnsens erschrockene Aufgabe. Üblicherweise werden die Umfragestichproben so ausgewählt, daß man mit 90% Wahrscheinlichkeit 1-2% pro Partei daneben liegt. Das heißt aber auch, daß bei sehr vielen Parteien (wie dieses mal) auch eher mal eine Partei dabei ist, bei der der Prognosefehler größer als 1-2% ist. (Fett von mir gestellt.)


Ich rechne mal anders:
1-2% daneben ist ok?
Das ist dann bei 4-8% daneben eine Abweichung von 200-800%.

Also, unter treffergenau verstehe ich etwas anderes.

Aber lassen wir das. Meine Meinung habe ich dazu geschrieben. An der wird sich nichts ändern.

LG, Paul

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JE SUIS JUIF

Emulgator Offline



Beiträge: 2.833

13.05.2015 12:24
#34 RE: Meckerecke: Der beleidigte Böhrnsen Antworten

Zitat von Paul im Beitrag #33
Ich rechne mal anders:
1-2% daneben ist ok?
Das ist dann bei 4-8% daneben eine Abweichung von 200-800%.
Rechnen Sie jetzt Prozentanteile von Prozentanteilen? Statistisch ist es so: Wenn 22% eine bestimmte Partei wählen, und man darüber eine 1000köpfige Stichprobe befragt, dann wird mit einer Wahrscheinlichkeit von 90% der geschätzte Stimmenanteil zwischen 19,9% und 24,2% liegen. Wenn es um eine 5%-Partei geht, wird er zwischen 6,2% und 3,9% liegen. Diese Fehler sind mathematisch unausweichlich. Es hat keinen Sinn, sich darüber zu grämen.
Noch größer werden die Fehler, wenn man bedenkt, daß eine Frage am Telefon etwas anderes ist, als eine geheime Stimmabgabe, für die man aber (bei Regen?) zum Wahllokal gehen muß, und auf der echte Namen stehen. Außerdem reagieren die Wähler auf die Umfrageergebnisse bei ihrem Wahlverhalten.

Lediglich den Fehler durch die Form der Umfrage am Telefon kann man mit Erfahrungswerten und Modellen minimieren. Angesichts dieser Fehlerquellen sind die Umfrageergebnisse sehr treffgenau.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

13.05.2015 12:59
#35 RE: Meckerecke: Der beleidigte Böhrnsen Antworten

Die Unausweichlichkeit der Mathematik: http://www.antimedien.de/tag/wahlprognose/

Emulgator Offline



Beiträge: 2.833

13.05.2015 13:09
#36 RE: Meckerecke: Der beleidigte Böhrnsen Antworten

Zitat von Paul im Beitrag #32
Ich wähle immer eine Partei und deren Wahlprogramm.
Das bilden Sie sich eben ein. Sie wählen in Wahrheit Kandidaten, wie Sie durch Nachlesen der Schrift auf dem Wahlzettel erkennen können. Und nur durch diesen Irrtum entsteht Ihr Frust. Allerdings gebe ich zu, daß der Irrtum durch die Parteien in Ihnen erzeugt wurde.

Zitat von Paul im Beitrag #32
Leider verhindert unser Wahlsystem meistens, dass eine Partei alleine regieren kann. Dadurch wird koalitionsbedingt auch nie ein Wahlprogramm umgesetzt.
Dadurch? Es braucht nur ein Erdbeben am anderen Ende der Welt, und ein bereits umgesetzter Programmpunkt wird wieder zurückgenommen. Aber auch so ist Politik viel zu dynamisch, um im Wahlprogramm einen Fünfjahresplan festzulegen, der dann tatsächlich umgesetzt wird. Wer hätte für sein Wahlprogramm z.B. die Subprime-Krise vorhersagen können? Oder den 11. September und OEF?

Wahlprogramme werden von den Politmarketingleuten extra wischi-waschi formuliert, damit jeder das herausliest, was ihm gefällt: "Die Familie ist uns wichtig. Mehr Geld für die Familie!" Was heißt denn das konkret? So können ja nie Gesetze aussehen. Ob die Regierungserlasse und Gesetzentwürfe von Ministerialbeamten und Juristen gerade Ihre Vorstellung widerspiegeln, die Sie sich aus den weichen Programmformulierungen gemacht haben?

Fragen Sie mal im nächsten Wahlkampf ihre Kandidaten! Die haben oftmals gar keine detaillierten Kenntnisse des Wahlprogramms. Und wenn Sie fragen, was ein bestimmter Programmpunkt konkret bedeutet, würden Sie auch von jedem Kandidaten derselben Liste (!) eine andere Antwort bekommen.

All diese Probleme hätten Sie auch bei durch das Wahlrecht praktisch garantierten Einparteienmehrheiten.

Ich finde es viel wichtiger, welche Philosophie ein Kandidat verfolgt. Die sind zwar ziemlich ähnlich, aber es gibt doch Schwerpunkte. Bei Frau Merkel ist die zentrale Philosophie ganz eindeutig, daß Politik trösten soll. Bei der SPD ist es, daß alle Menschen gleich sein sollen, aber ihr Wert sich an ihrem Vermögen bemißt (oder war es Einkommen?). Bei der Linken ist zusätzlich noch Israel daran Schuld. Bei den Grünen ist die Philosophie, daß Menschen mit bestimmten soziologischen Merkmalen tatsächlich identisch seien (z.B. alle Christen sind in Wahrheit eine Person), und deswegen Vergeltung für Missetaten an Dritten oder an Mutter Natur entsprechend dieser soziologischen Merkmalen geübt werden muß. Bei AfD und der neuen FDP kann man es momentan noch nicht so genau sagen.

otto ( gelöscht )
Beiträge:

13.05.2015 22:13
#37 RE: Meckerecke: Der beleidigte Böhrnsen Antworten

.....vielleicht hat der beleidigte Herr Böhrnsen ganz andere Motive, als politische Abwägungen.
Ein Ruhestand mit ca. 8400,-- € monatlich (diesen Betrag habe ich anderweitig gelesen), zuzüglich einiger nicht unerheblicher Nebenleistungen kann auch ein ausreichendes Motiv sein, sich zurück zu ziehen.

Paul Offline




Beiträge: 1.285

13.05.2015 23:18
#38 RE: Meckerecke: Der beleidigte Böhrnsen Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #35
Die Unausweichlichkeit der Mathematik: http://www.antimedien.de/tag/wahlprognose/


Lieber Martin,
danke für den Link.

LG, Paul

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JE SUIS JUIF

RichardT Offline




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14.05.2015 13:50
#39 RE: Meckerecke: Der beleidigte Böhrnsen Antworten

Was der verehrte Emulgator sagt ist richtig. Formal. Ich empfinde es wie irreführende Werbung. Überspitzt gesagt: Wenn die Politiker unter dem Label der FDP auf und antreten, dann möchte ich nicht, daß sie mir nach der Wahl erklären, daß sie nur ihrem Gewissen verpflichtet sind und ab jetzt Politik wie die Linke machen.
Das mag formal in Ordnung sein, ich fühle mich veralbert.
Nehmen wir das Beispiel Beckstein Seehofer. Ich konnte Herrn Seehofer noch nie leiden und seine Art von Politik auch nicht. Hätte ich also meine Stimme der CSU gegeben weil die Herrn Beckstein zum MP machen wollte und dann ist es plötzlich Herr Seehofer ist es für mich Wählertäuschung.
Es sind ja gerade die Parteien die so gerne mit Spitzenkandidaten Werbung machen. Man könnte ja auch die Werbestrategie ändern.
Und wenn Herr Müntefering meint, daß es unfair sei, Regierungen an den Wahlversprechen zu messen, dann mag das formal auch richtig sein.
Ich überleg mir ziemlich genau was ich meinem Junior verspreche. Wenn ich mein Versprechen zu oft nicht halte, dann gibt er nichts mehr drauf. Und auch wenn wir Wähler keine Kinder sind, aber wenn mir jemand immer irgendwas erzählt und hanz was anderes macht, warum sollte ich dem glauben und ihm meine Stimme geben?

Vielleicht kommt von dem gravierenden Unterschied zwischen dem was die Parteien, gerade in Wahlkämpfen, erzählen und dem was sie tatsächlich machen die geringe Wahlbeteiligung.

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RichardT Offline




Beiträge: 287

14.05.2015 14:09
#40 RE: Meckerecke: Der beleidigte Böhrnsen Antworten

Sehr geehrter Emulgator, Sie sagen wir wählen Kandidaten oder Listen aber keine Parteien.
gerade bei den Listen ist mir der Unterschied nicht ganz klar. Die Listen werden von den Parteien aufgestellt, und zwar nur von den Parteimitgliedern, der Wähler hat keinen Einfluss. Dadurch treiben sich im Bundestag Leute über Jahrzehnte rum die noch nie ihren eigenen Wahlkreis gewonnen haben, die man aber in Kauf nehmen muß wenn man der Meinung ist die Partei soll im Bundestag vertreten sein.
Gerade durch diese Listenwahl haben wir uns eine Politikfunktionärskaste geschaffen die meint sie kann tun und lassen was sie will. Denn die obersten kommen immer rein, sie haben ja die guten Plätze auf der Landesliste.
In Bayern und Baden Württemberg haben wir ein sehr schönes Kommunalwahlrecht. Da kann man mit kumulieren und panaschieren seine Stimmen aufteilen, kann bestimmte Kandidaten stärken und ander schwächen. Und kann guten Leuten die in der falschen Partei sind auch Stimmen zukommen lassen.

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Paul Offline




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14.05.2015 16:10
#41 RE: Meckerecke: Der beleidigte Böhrnsen Antworten

Zitat von RichardT im Beitrag #39


Lieber RichardT, genau so sehe ich das auch.

LG, Paul

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Paul Offline




Beiträge: 1.285

14.05.2015 16:51
#42 RE: Meckerecke: Der beleidigte Böhrnsen Antworten

Zitat von RichardT im Beitrag #40
Sehr geehrter Emulgator, Sie sagen wir wählen Kandidaten oder Listen aber keine Parteien.
gerade bei den Listen ist mir der Unterschied nicht ganz klar. Die Listen werden von den Parteien aufgestellt, und zwar nur von den Parteimitgliedern, der Wähler hat keinen Einfluss. Dadurch treiben sich im Bundestag Leute über Jahrzehnte rum die noch nie ihren eigenen Wahlkreis gewonnen haben, die man aber in Kauf nehmen muß wenn man der Meinung ist die Partei soll im Bundestag vertreten sein.
Gerade durch diese Listenwahl haben wir uns eine Politikfunktionärskaste geschaffen die meint sie kann tun und lassen was sie will. Denn die obersten kommen immer rein, sie haben ja die guten Plätze auf der Landesliste.
In Bayern und Baden Württemberg haben wir ein sehr schönes Kommunalwahlrecht. Da kann man mit kumulieren und panaschieren seine Stimmen aufteilen, kann bestimmte Kandidaten stärken und ander schwächen. Und kann guten Leuten die in der falschen Partei sind auch Stimmen zukommen lassen.


Lieber RichardT,
da stimme ich Ihnen zu.
Unser Wahlsysstem für die Bundestagswahl entspricht nicht mehr den heutigen Erfordernissen bzw. den Wählerwünschen.
Vermutlich wird die Wahlverweigerung dadurch begünstigt. Das Versorgungssystem für die Politiker, nichts anderes ist die Listenwahl, trägt auch dazu bei.

Tatsächlich haben wir eine Parteienregierung.
Allzuoft sind die gewählten Spitzenpolitiker gleichzeitig auch Parteivorsitzende. Durch die Personalunion Bundeskanzler- Parteivorsitzender wird die Regierung zur Beute der Partei.

Auf dem Wahlzettel stehen zwar Personen, wir wählen trotzdem Parteien.
Deshalb ist für mich das Parteiprogramm die wichtigste Wahlentscheidung. Allerdings zeigt mir die Wahlhilfe im Internet auch schon mal ein völlig überraschendes Ergebnis. Das habe ich ignoriert und aus dem Bauch die zweitplazierte Partei gewählt.
Manche Wähler wählen nur aus dem Bauchgefühl.

Die von Emulgator in #31 geschilderte Methode der Wahlentscheidung, ist wohl nur für Wenige machbar.

Zitat
Die Erststimme ist durch die Wahlrechtsreform inzwischen fast gleichgültig, es sei denn man mag einen Kandidaten wirklich.

Für die Zweitstimme schätzt man mit dem letzten Wahlergebnis und den Umfragen ab, bis zu welchem Platz der Landeslisten die Kandidaten gewählt werden. Beispiel: Sachsen hat derzeit 16 Wahlkreise für die BTW, entsendet also 32 Abgeordnete. D.h. mit einem absehbaren Anteil von 14% für meine Erstlieblingspartei entsendet sie etwa 14%*32=4 Abgeordnete. Ich muß mir also anschauen, ob die Wackelkandidaten mit den Nummern 4 und 5 auf der Landesliste mir gefallen. Tun sie nicht? Dann betrachte ich dasselbe mit meiner Zweitlieblingspartei. Gefallen mir diese Kandidaten mehr, wähle ich meine Zweitlieblingspartei.
Wenn man in einem Land wählt, in dem Überhangmandate anfallen oder wenn man eine Partei betrachtet, die oft Erststimmensieger hervorbringt (CDU, SPD, selten SED, noch seltener Grüne), muß man das etwas modifizieren.



Das ist mir zu aufwändig, zu wissenschaftlich. Jedenfalls kann ich mir nicht vorstellen, dass der Normalbürger das so macht.

LG, Paul

Das von RichartD geschilderte Kommunalwahlrecht kenne ich nicht. Es hört sich aber schon besser an als das übliche Verfahren, das in Berlin gilt.

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JE SUIS JUIF

RichardT Offline




Beiträge: 287

14.05.2015 17:54
#43 RE: Meckerecke: Der beleidigte Böhrnsen Antworten

Geehrter Herr Paul,

grob gesagt hat jeder Wähler soviel Stimmen wie der Gemeinderat Sitze hat.
Man kann nun jedem Kandidaten eine zwei oder drei Stimmen geben. Aus verschiedenen Listen.
Übrige Stimmen die man nicht bestimmten Kandidaten geben will kann man an eine Liste geben.

Das hat dazu geführt, daß ich bei der letzten Gemeinderatswahl das erste Mal in mneinem Leben einem Kommunisten gewählt habe. Weil ich diesen speziellen Mann sehr schätze. Die ganze Liste hätte ich nie gewählt.
Der für mich große Vorteil ist, daß man sich die Kandidaten gezielt aussuchen kann. Ich wähle bspw. ganz gern nach dem Beruf. Ich gestehe, daß ich Vorurteile habe und deshalb einem Handwerksmeister mehr zutraue als einer Sozialpädagogin.

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Emulgator Offline



Beiträge: 2.833

14.05.2015 19:58
#44 RE: Meckerecke: Der beleidigte Böhrnsen Antworten

Zitat von Paul im Beitrag #42
Deshalb ist für mich das Parteiprogramm die wichtigste Wahlentscheidung. Allerdings zeigt mir die Wahlhilfe im Internet auch schon mal ein völlig überraschendes Ergebnis.
Meinen Sie den Wahl-o-Mat von der Bumszentrale für politische Bildung? Im Wahl-o-Mat für die Bundestagswahl kommen regelmäßig Fragen und Programmpunkte, für die die Bundesebene gar nicht zuständig ist. Ebenso werden vor Landtagswahlen schon mal Programmpunkte zur Außen- und Sicherheitspolitik aufgeführt.


Zitat von Paul im Beitrag #42
Das ist mir zu aufwändig, zu wissenschaftlich. Jedenfalls kann ich mir nicht vorstellen, dass der Normalbürger das so macht.
Tja, und so kommen die Nullen vom Parteitag ins Parlament, weil der Spitzenkandidat mit dem sowieso sicheren Listenplatz so sympathisch ist oder weil das Programm so wunderbar Trost spendet.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.833

14.05.2015 20:11
#45 RE: Meckerecke: Der beleidigte Böhrnsen Antworten

Zitat von RichardT im Beitrag #39
Ich empfinde es wie irreführende Werbung. Überspitzt gesagt: Wenn die Politiker unter dem Label der FDP auf und antreten, dann möchte ich nicht, daß sie mir nach der Wahl erklären, daß sie nur ihrem Gewissen verpflichtet sind und ab jetzt Politik wie die Linke machen.
Will man das imperative Mandat, muß man die Linkspartei wählen, denn das imperative Mandat ist die Marx'sche Vorstellung von Parlamentarismus.

Paul Offline




Beiträge: 1.285

14.05.2015 22:17
#46 RE: Meckerecke: Der beleidigte Böhrnsen Antworten

Zitat von RichardT im Beitrag #43
Geehrter Herr Paul,

grob gesagt hat jeder Wähler soviel Stimmen wie der Gemeinderat Sitze hat.
Man kann nun jedem Kandidaten eine zwei oder drei Stimmen geben. Aus verschiedenen Listen.
Übrige Stimmen die man nicht bestimmten Kandidaten geben will kann man an eine Liste geben.

Das hat dazu geführt, daß ich bei der letzten Gemeinderatswahl das erste Mal in mneinem Leben einem Kommunisten gewählt habe. Weil ich diesen speziellen Mann sehr schätze. Die ganze Liste hätte ich nie gewählt.
Der für mich große Vorteil ist, daß man sich die Kandidaten gezielt aussuchen kann. Ich wähle bspw. ganz gern nach dem Beruf. Ich gestehe, daß ich Vorurteile habe und deshalb einem Handwerksmeister mehr zutraue als einer Sozialpädagogin.


Lieber Herr RichardT,
das System finde ich für Gemeindewahlen besser als das bisherige.
Bei Gemeindewahlen spielen wohl auch andere Dinge eine Rolle als Parteiinteresse? Habe mitbekommen, dass dann auch schon mal parteilose mit Sachkompetenz Bürgermeister werden oder Vertreter örtlicher Bürgerzusammenschlüsse. Da könnte ich mir die Wahl eines kompetenten Kommunisten auch vorstellen (oh Gott, muss es ausgerechnet ein Kommunist sein).
Über die Sozialpädagogin schweige ich lieber.

LG, Paul

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JE SUIS JUIF

RichardT Offline




Beiträge: 287

15.05.2015 09:31
#47 RE: Meckerecke: Der beleidigte Böhrnsen Antworten

Herr Paul:
Der Kommunist ist ein Stachel im Fleisch unserer Stadtregierung. Ein besonders tiefer weil er, als Kommunist ja den Menschen verbunden ist und immer uneigennützig ist, er kann kurz gesagt von einer grünen Stadtregierung nicht so einfach wie ein reaktionärer Kapitalist abgetan werden.

Das mit der parteilosen Sachkompetenz können Sie vergessen. Bei uns stimmen die Grünen gern mal im Block ab, natürlich hält man nur aus Sachgründen die Reihen fest geschlossen.

Ich sehe auch die vermehrte Bürgerneteiligung sehr skeptisch. Es tun sich immer dieselben zusammen, man muß aufpassen mitzukriegen wer sich wo trifft und keiner weiß welche Meinungen berücksichtigtr werden. Und hinterher heißt es wir haben ja die Bürger mitreden lassen. Wie falsch man da liegen kann sah man ja beim Stuttgarter Bahnhof.

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RichardT Offline




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15.05.2015 09:44
#48 RE: Meckerecke: Der beleidigte Böhrnsen Antworten

Emulgator:

Haben wir das imperative Mandat nicht schon? Ich denke da an den Fraktioszwang.

Es muß ja auch nicht das imperative Mandat sein (ich weiß eh nichtr genau was das sein soll), es kann meinetwegen auch alles so bleieben wie es ist. Wird es sowieso, denn ich bin nicht so naiv zu glauben, daß sich die Politikgranden aus allen Parteien und Verbänden zusammensetzen und beschliessen ab sofort auf ihre Macht zu verzichten und das ganze Spiel umzukrempeln.

Ich denke nur, wenn man vorher schon weiß, daß es schwer bis unmöglich wird ein Versprechen (Wahlwerbung) zu halten, wäre es dann nicht besser das Versprechen nicht zu geben?

Sind wir Bürger denn wirklich so blöd, daß wir Wahlkampf auf unterstem Niveau brauchen und billigste Vertreter wie Ehrenmänner im Vergleich zu Politikern wirken?

Ich glaube die meisten hätten es der FDP verziehen oder sie erst recht wieder gewählt wenn sie aus der Koalition ausgeschieden wäre und es auf Neuwahlen angelegt hätte. Nicht verziehen wurde ihr, zu Recht, das Überbordwerfen aller Grundsätze und Wahlversprechen.
Wenn man vor der Wahl die Abschaffung des Entwicklungshilfeministeriums fordert und hinterher den Minister stellt ist das einfach nur noch lächerlich. Sachzwänge hin oder her.
Und wenn die Politiker eh machen können was sie wollen wegen all der Sachzwänge, dann braucht man sich auch nicht über mangelnde Wahlbeteiligung wundern.

Der SPD Mann in Bremen darf gern zurücktreten. Aber da, was ich gelesen habe, der Wahlkampf sehr auf ihn als Person ausgerichtet war, wäre eine Neuwahl richtig und gut.

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Emulgator Offline



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15.05.2015 14:03
#49 RE: Meckerecke: Der beleidigte Böhrnsen Antworten

Zitat von RichardT im Beitrag #48
Haben wir das imperative Mandat nicht schon? Ich denke da an den Fraktionszwang.
Das ist kein imperatives Mandat im eigentlichen Sinne, weil durch den Fraktionszwang dem frisch gewählten Abgeordneten im Voraus kein Auftrag für die ganze Legislaturperiode erteilt wird, in welchem Sinne er abzustimmen hat. Der einzelne Abgeordnete kann ja durchaus noch darauf einwirken, wozu sich die Fraktion entschließt. Es wird nicht alles vom Fraktionsvorsitzenden beschlossen.
Umgekehrt kann nicht ein Abgeordneter über alles sich eine eigene Meinung bilden. Die eigentliche parlamentarische Arbeit geschieht nämlich in den Ausschüssen, in denen die Abgeordneten jeder Fraktion eine Arbeitsteilung pflegen. Entsprechend der Ausschußzugehörigkeit bekommen die Abgeordneten von der Fraktion auch Fachleute zur Beratung zugeordnet.
Insofern ergibt sich eine gewisse Fraktionsdisziplin oft zwangsläufig. Wenn trotzdem ein Abgeordneter mit der Entschließung seiner Fraktion nicht einverstanden ist, kann er sich die Gegenstimme im Parlament (natürlich nicht bei der Abstimmung in der Fraktionsversammlung) meistens schenken, weil durch die anderen Fraktionen das Abstimmungsergebnis sich sowieso nicht ändern würde. Da stimmt er lieber mit der Fraktion, um seine Fraktionskollegen eher gewogen zu machen, später mal nach seiner Linie zu stimmen.
In jüngster Zeit kann man aber beobachten, daß der Fraktionszwang bei immer mehr Fragen lockerer gehandhabt wird. Das ist sicher eine gute Entwicklung. Andersherum bin ich mir nicht sicher, ob es gut wäre, ihn zu verbieten. In den USA, wo es üblicher ist, gegen die allgemeine Linie seiner Partei zu stimmen, haben dann die einzelnen Abgeordneten so viel Einfluß, daß sie bestrebt sind, ihre eigenen Wahlkreis auf Kosten der anderen zu begünstigen. So sind z.B. schon einige Rüstungsprojekte ziemlich teuer geworden, weil diverse Abgeordnete Teilaufträge für Betriebe in ihrem Wahlkreis haben wollten.

Zitat von RichardT im Beitrag #48
Ich denke nur, wenn man vorher schon weiß, daß es schwer bis unmöglich wird ein Versprechen (Wahlwerbung) zu halten, wäre es dann nicht besser das Versprechen nicht zu geben?
Im Prinzip ja. Aber was soll man sonst sagen, warum man gewählt werden soll? Weil der Kandidat seine Haare nicht färbt? Weil er so gut Bier trinken kann? Weil er Katzen mag? Natürlich kann man vom grundsätzlich-philosophischen her argumentieren. Aber außer den Liberalen und ein bißchen den Kommunisten vertritt ja keiner mehr offen eine Denkschule und es wird auch nicht von ihm erwartet. Es ist auch fraglich, ob das die Bürger überhaupt interessiert. Wenn es um unwillkommene Bauvorhaben in der Nachbarschaft geht, ist denen egal, ob es die CDU, die Grünen oder die FDP verhindern und aus welchem Grund (Haushalt? Bewahrung der Architektur? Um Geld für ein Alternativprojekt zu haben? Oder wegen des Naturschutzes?). Die Parteien wählen dann entsprechend ihr Versprechen, damit sie mit möglichst vielen Wählern übereinstimmen. Nach dem Wahltag haben dann die Abgeordneten und Regierungsmitglieder (also nicht die Partei) Zugriff auf die wirkliche Haushalts- und Interessenlage, und dann wird trotzdem gebaut. Wie beim Bahnhof in Stuttgart.

Ich möchte dieses System nicht verteidigen oder die Mängel kleinreden. Aber es ist mir ein bißchen zu einfach, den Schwarzen Peter den Politikern zuzuschieben, weil die sofort abgewählt würden oder aus Angst davor ihr Verhalten ändern würden, wenn der Wähler sie nicht damit durchkommen lassen würde. Und damit sage ich auf die Frage:

Zitat von RichardT im Beitrag #48
Sind wir Bürger denn wirklich so blöd, daß wir Wahlkampf auf unterstem Niveau brauchen und billigste Vertreter wie Ehrenmänner im Vergleich zu Politikern wirken?
Ja, wenn auch nicht individuell, so doch jedenfalls in der Masse als Wähler.

Zitat von RichardT im Beitrag #48
Nicht verziehen wurde ihr, zu Recht, das Überbordwerfen aller Grundsätze und Wahlversprechen.
Wenn man vor der Wahl die Abschaffung des Entwicklungshilfeministeriums fordert und hinterher den Minister stellt ist das einfach nur noch lächerlich. Sachzwänge hin oder her.
Aber der Teppich ... Im Ernst gebe ich Ihnen da recht. Da haben sich bestimmte FDP-Größen mit der Aussicht auf touristische Dienstreisen kaufen lassen. Ich meine sogar, daß man es hätte riskieren müssen, die SPD-Merkel gar nicht wiederzuwählen.
Allerdings hatte die FDP auch einige gute Dinge durchgesetzt, die nur nicht so prominent in den Medien kamen. Der normale Bürger macht sich gar keine Vorstellung davon, daß Bundestag und Regierung ein Vielfaches von dem abarbeiten, was journalistisch aufbereitet wird.

Fluminist Offline




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16.05.2015 19:49
#50 RE: Meckerecke: Der beleidigte Böhrnsen Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #44
Zitat von Paul im Beitrag #42
Das ist mir zu aufwändig, zu wissenschaftlich. Jedenfalls kann ich mir nicht vorstellen, dass der Normalbürger das so macht.
Tja, und so kommen die Nullen vom Parteitag ins Parlament, weil der Spitzenkandidat mit dem sowieso sicheren Listenplatz so sympathisch ist oder weil das Programm so wunderbar Trost spendet.

Also ich habe das folgende Verfahren verwendet, das zugegeben auch etwas aufwendig ist und das Vorhandensein einer gewissen Infrastruktur voraussetzt. Ich habe mir regelmäßig Parlamentsdebatten angehört und dann die Partei gewählt, deren Abgeordnete mir im Durchschnitt am vernünftigsten und überzeugendsten erschienen. Das war eine ganz klare Sache. Wahlkampfsprüche kamen nicht in Betracht (höchstens zwecks Erheiterung).
Dieses Verfahren garantiert zwar nicht, daß ich mit allen Vorschlägen und Entscheidungen, die die Partei, die ich gewählt habe, macht, glücklich sein werde, aber ich sehe Leuten, die ich generell für vernünftig halte, Abweichungen von meiner Meinung leichter nach und habe deshalb am Ende insgesamt gesehen weniger zu bereuen.



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